L 9 AS 67/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 28 AS 70/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 AS 67/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 13/08 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Rev. zurückgewiesen mit Beschluss vom 07.05.09
Die Berufung der Beklagten sowie die Anschlussberufung des Klägers werden zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren mit Ausnahme der Kosten der Anschlussberufung insoweit sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist noch die Verpflichtung der Beklagten zur anteiligen Übernahme der Kosten der Unterkunft des Klägers für die Zeit vom 15. - 30.04.2005.

Der 1955 geborene, ledige Kläger nahm vom 05.05.2003 an einer Rehabilitationsmaßnahme teil, während der er durch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Übergangsgeld bezog. Vom 28.12.2004 bis 17.02.2005 war er arbeitsunfähig erkrankt. Und bezog in diesem Zeitraum zuletzt Krankengeld. Mit Bescheid vom 16.03.2005 bewilligte die BfA dem Kläger Übergangsgeld nach Abschluss der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ab dem 18.02.2005 bis zum 28.04.2005 i. H. v. 25,08 Euro täglich. Am 21.03.2005 wurde das Übergangsgeld für die Zeit vom 18.02.2005 bis 15.03.2005 i. H. v. 702,24 Euro dem Konto des Klägers gutgeschrieben. Der Kontostand belief sich Ende März 2005 auf 425,78 Euro. Am 01.04.2005 wurde die Miete für den Monat April aufgrund eines Dauerauftrages von dem Konto des Klägers abgebucht. Übergangsgeldzahlungen gingen im April nicht auf seinem Konto ein.

Am 15.04.2005 beantragte der Kläger die Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und machte hierbei Kosten für Unterkunft und Heizung i. H. v. 360,70 Euro monatlich geltend.

Am 02.05.2005 wurde das Übergangsgeld für die Zeit vom 16.03. bis 28.04.2005 i. H. v. 1078,44 Euro seinem Konto gutgeschrieben.

Mit Bescheid vom 07.06.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06. bis 30.11.2005 i. H. v. 705,70 Euro monatlich. In diesem Betrag waren die Regelleistungen i. H. v. 345,00 Euro sowie Kosten für Unterkunft und Heizung i. H. v. 360,70 Euro enthalten. Die Beklagte führte aus, für Mai 2005 bestehe kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, da der Kläger Übergangsgeld i. H. v. 1078,44 Euro erhalten habe.

Am 24.06.2005 legte der Kläger Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass die Zahlung des Übergangsgeldes für die Zeit vom 16.03. - 28.04.2005 verspätet erfolgt sei. In dieser Zahlung sei das Übergangsgeld für den Monat April enthalten. Aufgrund der verspäteten Zahlung habe er im April einen kostenpflichtigen Dispo-Kredit bei seiner Bank zur Deckung seines Lebensunterhalts in Anspruch nehmen müssen. Erst nach Zahlungseingang am 02.05.2005 habe er das Konto wieder ausgleichen können.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2005 half die Beklagte im Widerspruch insofern ab, als sie dem Kläger Leistungen für die Zeit vom 15. - 30.04.2005 i. H. v. 184,00 Euro bewilligte. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Leistungen für den Monat Mai 2005 seien aufgrund berücksichtigungsfähigen Einkommens in Form des am 02.05.2005 zugegangenen Übergangsgeldes i. H. v. 1078,44 Euro, welches den Bedarf des Klägers i. H. v. 705,70 Euro übersteige, ausgeschlossen. Für die Zeit vor der Antragstellung am 15.04.2005 scheide eine Leistungsgewährung ebenfalls aus, da Leistungen nach dem SGB II nur auf Antrag erbracht würden. Schließlich könne auch die bereits am 01.04.2005 gezahlte Miete zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr als Unterkunftsbedarf berücksichtigt werden. Es bestehe lediglich ein Anspruch auf anteilige Regelleistung i. H. v. 184,00 Euro. Mit Bescheid vom 31.08.2005 führte die Beklagte ihr Teilanerkenntnis aus.

Am 27.09.2005 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Ergänzend hat er vorgetragen, es handele sich bei den Übergangsgeldleistungen um zweckbestimmte Einnahmen im Sinne des § 11 Abs. 3 SGB II, die nicht als Einkommen zu berücksichtigen seien, da sie im Zusammenhang mit der Erwerbsbefähigung bzw. einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme stünden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 07.06.2005 unter Einbeziehung des Bescheides vom 31.08.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2005 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 15.04.2005 bis zum 30.04.2005 die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung und ab dem 01.05.2005 bis zum 31.05.2005 Arbeitslosengeld II zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihre Rechtsauffassung wiederholt.

Mit Urteil vom 22.03.2006 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Beklagte zur Zahlung anteiliger Kosten für Unterkunft und Heizung für April 2005 i. H. v. 192,37 Euro verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger im April 2005 als Bedarfszeitraum keinerlei Einkommen erzielt habe. Das für die Zeit vom 01. - 28.04.2005 bewilligte Übergangsgeld sei im Laufe des April nicht zur Auszahlung gelangt und dem Kläger nicht als zu berücksichtigendes Einkommen zugeflossen. Ab dem 01.04.2005 habe damit ein Grundanspruch (Stammrecht) des Klägers auf Zahlung von Leistungen nach dem SGB II bestanden. Dieses entstehe unabhängig von einem Leistungsantrag nach § 37 SGB II. Leistungen stünden dem Hilfebedürftigen jedoch erst ab dem Tag zu, an dem diese beantragt wurden. Der Kläger könne damit ab dem 15.04.2005 Leistungen nach dem SGB II in anteiliger Höhe verlangen. Hiervon seien auch anteilige Kosten für Unterkunft und Heizung umfasst. Dem stehe nicht entgegen, dass die Miete bereits am 01.04.2005 an den Vermieter gezahlt worden sei. Gemäß § 19 S. 2 SGB II mindere allein zu berücksichtigendes Einkommen bzw. Vermögen den Leistungsanspruch. Nicht zu berücksichtigen sei dagegen der Umstand, dass (Unterkunfts-) Kosten, auf die der Hilfebedürftige aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse ab Antragstellung einen Anspruch habe, bereits vor Antragstellung von ihm gegenüber dem Vermieter erfüllt worden seien. Hierzu habe eine mietvertragliche Verpflichtung bestanden. Die Erfüllung dieser Zahlungsverpflichtung gegenüber einem Dritten führe nicht zum Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld II. Demgegenüber sei die weitergehende Klage unbegründet. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Leistungen für den Monat Mai 2005 bestehe nicht. Aufgrund des am 02.05.2005 ausgezahlten Übergangsgeld fehle es insoweit an der Hilfebedürftigkeit des Klägers. Das Übergangsgeld sei berücksichtigungsfähiges Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II. Maßgebend sei insoweit der Zeitpunkt, in dem das Einkommen dem Bedürftigen zufließe. Bei der Erfüllung von Geldforderungen stehe der tatsächliche Zufluss gegenüber der ihm zugrunde liegenden Forderung in der Regel im Vordergrund. Auch handelt es sich bei dem überzogenen Übergangsgeld nicht um zweckbestimmte Einnahmen im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II. Insbesondere bestehe keine Zweckdifferenz zwischen den Leistungen nach dem SGB II und dem Übergangsgeld. Diese Leistungen seien vielmehr zweckidentisch, da beide der Sicherstellung des Lebensunterhalts des Leistungsempfängers bieten.

Das Urteil ist am 23.05.2006 zugestellt worden.

Am 01.06.2006 hat die Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, auf die der Senat die Berufung mit Beschluss vom 26.10.2006 zugelassen.

Die Beklagte trägt vor, sie sei zu Unrecht zur Zahlung anteiliger Unterkunftskosten für die Zeit vom 15. - 30.04.2005 verurteilt worden. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung am 15.04.2005 die Miete für den Monat April 2005 bereits gezahlt habe, habe ein deckungswürdiger Bedarf im Antragsmonat nicht bestand. Dies habe zur Folge, dass auch kein Anspruch auf anteilige Unterkunftskosten für diesen Monat bestanden habe. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei der Bedarf des Klägers - soweit er sich auf die Kosten der Unterkunft beziehe - voll umfänglich gedeckt gewesen. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dürften gemäß § 3 Abs. 3 SGB II nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden könne. Der Kläger habe in eigener Verantwortung entschieden, die Miete Anfang April 2005 von seinem Konto an dem Vermieter zu überweisen. Stattdessen sei es ihm möglich gewesen, Leistungen nach dem SGB II zu beantragen. Dies sei nicht geschehen. Der Kläger habe die Kosten der Unterkunft bei Antragstellung bereits mit eigenen Mitteln gedeckt. Die Inanspruchnahme seines Dispo-Kredits sei ein mögliches Mittel, die Hilfebedürftigkeit selbst zu beseitigen.

In dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 08.11.2007 hat der Kläger Anschlussberufung eingelegt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22.03.2006 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ferner das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22.03.2006 abzuändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Er meint, der Grundanspruch auf Leistungen nach dem SGB II entstehe unabhängig von der Antragstellung bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzung des § 7 SGB II. Danach würden Personen Leistungen nach dem SGB II erhalten, wenn Hilfebedürftigkeit bestehe. Der Umfang der Hilfebedürftigkeit werde über § 9 Abs. 1 SGB II definiert. Der Leistungsumfang entspreche dann im Ergebnis der Differenz zwischen Bedarf und der Summe der Mittel, die dem Hilfebedürftigen zu dessen Deckung zur Verfügung stehen und die rechtlich nicht anderweitig geschützt seien. Unerheblich sei, ob und inwieweit zum Zeitpunkt der Antragstellung die Kosten der Unterkunft bereits im Voraus entrichtet worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig. Insbesondere ist hinsichtlich der in der mündlichen Verhandlung am 08.11.2007 eingelegten Anschlussberufung unerheblich, dass zu diesem Zeitpunkt die Berufungsfrist verstrichen war. Gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 524 Abs. 2 S. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) ist die Anschließung auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist (vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer: SGG, 8. Auflage, § 143, Rn. 5). Die Berufung der Beklagten hat der Senat zugelassen.

Die Anschlussberufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Soweit der Kläger Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01. - 31.05.2005 geltend gemacht hat. Der Bescheid vom 07.06.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2005 ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beklagte hat das dem Kläger am 02.05.2005 ausgezahlte Übergangsgeld i. H. v. 1078,44 Euro zu Recht als zu berücksichtigendes Einkommen angesehen und deshalb die Hilfebedürftigkeit und damit den Leistungsanspruch des Klägers verneint.

Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II u. a. Personen, die hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in eine Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht

1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit,
2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II sind alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der dort sowie in § 11 Abs. 3 SGB II und in § 1 Alg-II-V genannten Leistungen und Zuwendungen als Einkommen zu berücksichtigen. Gemäß § 41 Abs. 1 SGB II werden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat (so genannter Zahlungsabschnitt) berechnet. Diesen muss berücksichtigungsfähiges Einkommen daher zugeordnet werden (Monatsprinzip). Im Monatsabstand anfallende, gleichbleibend hohe laufende Einnahmen sind gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 der Alg-II-V in der bis zum 30.09.2005 geltenden Fassung, welche hier gemäß der Übergangsregelung in § 6 der Alg-II-V in der ab dem 01.10.2005 geltenden Fassung anzuwenden ist, weil der streitbefangene Bewilligungszeitraum vor dem 01.10.2005 begonnen hat, für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Für laufende Einnahmen, die - wie vorliegend - in größeren als monatlichen Zeitabständen oder in unterschiedlicher Höhe zufließen, gilt Abs. 3 entsprechend. Gemäß § 2 Abs. 3 S. 1 Alg-II-V sind derartige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sollen dann für die Zahl von ganzen Tagen nicht erbracht werden, die sich unter Berücksichtigung der monatlichen Einnahmen nach Abzug von Freibeträgen und Absatzbeträgen bei Teilung der Gesamteinnahmen durch den ermittelten täglichen Bedarf einschließlich der zu zahlenden Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung ergibt (§ 2 Abs. 3 S. 2 Alg-II-VO). Hieraus folgt, dass das dem Kläger am 02.05.2005 zugeflossene Übergangsgeld auch ab diesem Monat unabhängig von der Tatsache zu berücksichtigen ist, dass es rückwirkende Forderungszeiträume (16.03. - 28.04.2005) betraf. Maßgeblich ist der tatsächliche Zufluss. Demgegenüber ist nicht darauf abzustellen, ob Einkommen der Bedarfsdeckung eines Hilfebedürftigen während eines bestimmten - ggf. wie hier abgelaufen - Zeitraumes dienen soll (sog. "Zeitraumidentität"). Voraussetzung für den Einsatz von Einkommen und Vermögen ist vielmehr bedarfsbezogene Verwendungsmöglichkeit. Damit ist grundsätzlich bei der Prüfung der Bedürftigkeit einer aktuellen Notlage, ein aktuelles Einkommen gegenüber zu stellen. Maßgeblich ist also, ob der Lebensunterhalt in dem Zeitraum gedeckt ist, für den Leistungen beansprucht werden (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 22.11.2006, L 1 B 40/05 AS, m. w. N.). Demnach ist das dem Kläger im Mai 2005 zugeflossene Übergangsgeld ab diesem Monat als Einkommen zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist auch nicht gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II ausgeschlossen. Danach sind zweckbestimmte Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig zu beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. Das an den Kläger gezahlte Übergangsgeld wird zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung gezahlt. Es verfolgt damit denselben Zweck wie die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Senat nimmt insofern auf die zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der monatliche Bedarf des Klägers ist mit 705,70 Euro zu beziffern (Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II i. H. v. 345,00 Euro sowie Kosten für Unterkunft und Heizung i. H. v. 360,70 Euro). Dem steht ein anrechenbares Einkommen von 1078,44 Euro ab Mai 2005 gegenüber (1078,44 Euro abzüglich eines Betrages von 30,00 Euro gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 3 Abs. 1 Alg-II-V). Dementsprechend ergibt sich aus § 2 Abs. 3 S. 2 Alg-II-V, dass die Ablehnung von Leistungen an den Kläger für den Monat Mai 2005 jedenfalls rechtmäßig war.

Die Berufung der Beklagten ist ebenfalls nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger für die Zeit vom 15. - 30.04.2005 einen anteiligen Anspruch auf Zahlung der Kosten für Unterkunft und Heizung i. H. v. 192,37 Euro hat.

Gemäß § 37 Abs. 1 SGB II werden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende auf Antrag erbracht. Damit ist die Antragstellung am 15.04.2005 für den Beginn der Leistungserbringung an den Kläger maßgeblich. Gemäß § 41 Abs. 1 SGB II besteht der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht. § 41 Abs. 1 SGB II unterliegt bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der immanenten Einschränkung, dass es sich um Leistungen handeln muss, die monatlich gezahlt werden. Nur so sind die Einzelregelungen überhaupt kohärent. Aus dem Anwendungsbereich des Abs. 1 fallen deshalb Leistungen nach § 22 Abs. 3 sowie Leistungen nach § 23, welche nicht regelmäßig anfallende Sachverhalte betreffen, heraus. Alle anderen Leistungen - also auch die Kosten der Unterkunft einschließlich der Heizkosten - der §§ 19 - 29 SGB II sind Monatsleistungen (vgl. Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 41, Rn. 9). Der Kläger hatte damit einen anteiligen Anspruch auf Übernahme von Kosten für die Unterkunft im Zeitraum vom 15. - 30.04.2005. Ausgehend von Unterkunftskosten i. H. v. 360,70 Euro ergibt sich ein Anspruch i. H. v. 192,37 Euro (360,70 / 30 Kalendertage x 16). Der Kläger war insoweit - entgegen der durch die Beklagte vertretenen Rechtsauffassung - auch hilfebedürftig im o. g. Sinne. Er hat im April 2005 auch unter Berücksichtigung des für die Zeit vom 16.03. - 28.04.2005 verspätet am 02.05.2005 gezahlten Übergangsgeldes nicht erzielt (s. o.). Er hatte auch kein berücksichtigungsfähiges Vermögen im Sinne des § 12 SGB II. Das am 29.03.2005 bestehende Guthaben auf seinem Girokonto i. H. v. 425,78 Euro lag unter dem Vermögensfreibetrag i. H. v. 10550,00 Euro (49 x 200,00 Euro zzgl. 750,00 Euro; § 12 Abs. 2 Nrn. 1 und 4 SGB II). Der Kläger hatte damit bereits ab dem 01.04.2005 dem Grunde nach einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, welcher sich aufgrund der verspäteten Antragstellung aber erst ab dem 15.04.2005 realisierte. Die Hilfebedürftigkeit des Klägers ist bezüglich der Unterkunftskosten auch nicht deshalb entfallen, weil dieser aufgrund des durch den Kläger erteilten Dauerauftrages bereits am 01.04.2005 von seinem Girokonto gezahlt worden sind, so dass eine Mietschuld im April 2005 im Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr bestand. Das SGB II geht davon aus, dass Leistungen monatlich erbracht werden (§§ 20 Abs. 2, 24 SGB II). Der Bedarfszeitraum ist regelmäßig der volle Monat. Durch eine Antragstellung im laufenden Monat ändert sich grundsätzlich nichts an der monatlich durchzuführenden Bedarfsberechnung. Diese ist nicht erst ab Antragstellung durchzuführen (vgl. LSG für das Saarland, Urteil vom 27.03.2007, L 9 AS 18/06). Dementsprechend entsteht der Grundanspruch auf Leistungen nach dem SGB II unabhängig vom Antrag bereits dann, wenn die Anspruchsvoraussetzung des § 7 SGB II erfüllt sind. Der Antrag ist keine materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung, wie sich aus § 7 Abs. 1 und 2 ergibt, wo er nicht als solche genannt ist. Das Recht auf die einzelne fällige Leistung entsteht jedoch erst mit einem wirksamen Antrag. Ein nicht unmittelbar nach Eintritt der Anspruchsvoraussetzung gestellter Antrag führt zu einem begrenzten Rechtsverlust, da Leistungen - von der Ausnahme des § 37 Abs. 2 S. 2 SGB II abgesehen - nicht rückwirkend erbracht werden. Die Wirkung des Antrags sind in erster Linie verfahrensrechtlicher Art. Durch die Antragstellung wird der Leistungsträger verpflichtet, ein Verwaltungsverfahren durchzuführen. Der Antrag hat aber auch konstitutive Wirkung, d. h. ohne Antrag können keine Leistungen gewährt werden. Er ist für den Beginn der Leistungen maßgeblich (vgl. Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 37 Rn. 17, 23 und 24 m. w. N.; LSG für das Saarland, a. a. O.). Hieraus ergibt sich, dass die Entstehung des Grundanspruchs (Stammrechts) und der Beginn des konkreten Zahlungsanspruchs - wie hier - auseinander fallen können. Die Leistung ist dann für den betreffenden Monat - wie dargelegt - anteilig zu erbringen. Dies gilt nach dem o. g. auch für die Unterkunftskosten. Der Kläger war nach dem o. g. im gesamten Monat hilfebedürftig. Die Zahlung der Unterkunftskosten aus dem Schonvermögen am 01.04.2005 lässt diese Hilfebedürftigkeit nicht entfallen. Denn Selbsthilfe darf im Einzelfall nicht gefordert werden, falls sie persönlich nicht zumutbar ist (Brühl/Schoch, in LPK - SGB II, 2. Auflage, § 9, Rn. 19). Da es sich bei dem Guthaben auf dem Girokonto des Klägers um Schonvermögen gehandelt hat, konnte er nicht zumutbar auf die Selbsthilfe verwiesen werden. Die Sichtweise der Beklagten würde über dies zudem - aus Sicht des Senats ungerechtfertigten - Ergebnis führen, dass der Bedarf des Klägers in vergleichbaren Fällen vom Zeitpunkt der Fälligkeit der Mietschuld und nicht von seinen tatsächlichen nach Maßgabe des SGB II zu berurteilenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen abhängig wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das ist dann der Fall, wenn die Rechtssache eine Frage grundsätzlicher Art aufwirft, die bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist (Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 160 SGG, Rn. 6). Dies ist hinsichtlich der Frage der anteiligen Gewährung der Kosten der Unterkunft der Fall.
Rechtskraft
Aus
Saved