L 21 RJ 139/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 205/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 RJ 139/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen sowie die Klage gegen den Bescheid vom 23. März 2004 abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Verfahren vor dem Landessozialgericht nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der Kläger erlernte von September 1989 bis Mitte Juli 1991 den Beruf des Maurers. Nach Tätigkeiten im Baugewerbe, auf einem Zeltplatz (Mai 1993 bis September 1993), weiteren Zeiten im Baugewerbe (18. April 1996 bis 17. Juni 1996, anschließend bis 02. August 1997) war er zuletzt bis zum 08. September 2000 im Baugewerbe tätig. Ab dem 11. September 2000 bezog der Kläger Leistungen der Sozialhilfe, ab 01. Januar 2005 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch SGB II. Beim zuständigen Arbeitsamt meldete er sich zuletzt am 11. September 2000.

Nachdem der Kläger am 13. Mai 2001 überfallen worden war und dabei Messerstichverletzungen im Rücken und im Thoraxbereich erlitten hatte, beantragte er am 10. April 2002 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab als Gesundheitsstörungen Stiche im Rücken- und Thoraxbereich und psychische Schäden an. Der Kläger reichte im Verwaltungsverfahren einen ärztlichen Bericht des behandelnden Facharztes für Psychiatrie Dr. med. F K vom 14. April 2002 ein, worin ein schweres depressives reaktives Syndrom mit Angststörung und eine periphere Neuralgie mit radikulären Ausfällen im Bereich D 4 bis D 8 diagnostiziert wurde. Eine Arbeitsunfähigkeit wurde ab 14. Juni 2001 angegeben. Weiter lag eine Epikrise der Fachärztin für Psychiatrie A. K vom 14. Dezember 2001 vor, worin eine posttraumatische Belastungsstörung nach Überfall mit thorakaler Messerstichverletzung rechts angegeben wurde.

Mit Bescheid vom 09. August 2002 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger erfülle nicht die erforderliche Wartezeit von fünf Jahren mit anrechenbaren Zeiten nach § 43 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch SGB VI i. V. m. § 50 Abs. 1 SGB VI. Für diese Wartezeit seien nur vier Jahre und zwei Kalendermonate mit anrechenbaren Zeiten zu berücksichtigen.

Mit dem hiergegen am 19. August 2002 erhobenen Widerspruch (Schreiben vom 18. August 2001) machte der Kläger geltend, er könne nicht verstehen, aus welchen Gründen die Zeiten der Berufsausbildung vom 01. September 1989 bis 15. Juli 1991 und vom 16. Oktober 1991 bis 31. Dezember 1991 nicht als Beitragszeiten anerkannt würden. Er bat um Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.

Mit Bescheid vom 23. Oktober 2002 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit der weiteren Begründung ab, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI seien nicht erfüllt. Im maßgeblichen Zeitraum vom 19. August 1996 bis 18. August 2001 seien nur ein Jahr und sechs Kalendermonate mit entsprechenden Beiträgen belegt. Hiergegen machte der Kläger mit Widerspruch vom 03. Dezember 2002 weitere Zeiten zur Berücksichtigung als rentenrechtliche Zeiten geltend.

Mit weiterem Bescheid vom 27. Januar 2003 wurde der Antrag auf Gewährung der beantragten Rente mit der Begründung abgelehnt, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI seien nicht erfüllt, weil in dem maßgeblichen Zeitraum vom 10. April 1997 bis 09. April 2002 nur ein Jahr und drei Kalendermonate mit entsprechenden Beiträgen belegt seien.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2003 den Widerspruch mit der weiteren Begründung zurück, dass selbst bei Eintritt eines von dem Kläger geltend gemachten Leistungsfalls am 13. Mai 2001 die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. In dem angenommenen Zeitraum seien lediglich 22 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen vorhanden. Bei diesem Sachverhalt sei es nicht angezeigt, durch einen medizinischen Sachverständigen prüfen zu lassen, ob teilweise oder volle Erwerbsminderung vorliege. Der Widerspruchsbescheid ist am 20. Februar 2003 von der Beklagten mit einfacher Post abgesandt worden.

Mit seiner am 24. März 2003 vor dem Sozialgericht Neuruppin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat seine Beschäftigungsverhältnisse für den Zeitraum ab 1989 aufgeführt und geltend gemacht, dass er keine Kopien für Leistungen vom Arbeitsamt zur Gerichtsakte reichen könne, da er keine Leistungen bezogen habe. Er habe aber des Öfteren Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt. Weiterhin hat der Kläger ein ärztliches Attest des Dr. med. F K vom 18. März 2002 zur Gerichtsakte gereicht.

Mit Gerichtsbescheid vom 13. Oktober 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid Bezug genommen. In dem Zeitraum von fünf Jahren vor der Antragstellung und im Zeitraum von fünf Jahren vor dem Tag der Messerstichverletzungen seien keine drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt. Die Zeiten, für die Nachweise erbracht worden seien, seien im Versicherungsverlauf, zuletzt vom 27. Januar 2003, aufgeführt. Daraus ergäben sich 22 Monate mit Pflichtbeiträgen bezogen auf den Tag der Messerstichverletzungen. Selbst mit den von dem Kläger geltend gemachten weiteren sieben Monaten Beitragszeiten ergäbe sich nicht die geforderte Mindestanzahl von zu belegenden Kalendermonaten.

Gegen den ihm am 16. Oktober 2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 07. November 2003 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er sei niedergestochen worden und sei seitdem krank und behindert. Er habe hierüber ärztliche Atteste. Er sei Opfer von drei Tätern geworden. Bei ihm sei ein Grad der Behinderung von 50 anerkannt. Wenn ihm Monate fehlen sollten, seien sie von den Tätern zu holen. Hätten die drei Täter ihn nicht niedergestochen und solche Schäden verursacht, hätte er keinen Rentenantrag gestellt. Er könne nicht dafür zur Verantwortung gezogen werden.

Er sei in B und O arbeitslos gemeldet gewesen. Darüber habe er keine Unterlagen mehr. Der Kläger hat geltend gemacht, dass er bis Ende Februar 1998 im Sozialhilfebezug gestanden habe, und ab Ende März 1998 und bis einschließlich April 1998 bei einer Baufirma beschäftigt gewesen sei. Von Mai 1998 bis Ende Juni 1998 sei er bei B P beschäftigt gewesen. Soweit beim Arbeitsamt als Arbeitsbeginn der 01. August 1998 angegeben worden sei, handele es sich um einen Schreibfehler. Von August 1998 bis zum Beginn seiner Tätigkeit im August 1999 bei C habe er Sozialhilfe bezogen. Bei der Firma C habe er auch über den 15. November 1999 hinaus gearbeitet, hierüber habe er aber keine Unterlagen mehr. Im März 2000 sei er beim Arbeitsamt gemeldet gewesen, habe aber keine Leistungen bezogen. Dort sei ihm die Stelle ab April 2000 vermittelt worden. Im März 2000 habe er Sozialhilfe bezogen. Nach der Beschäftigung bis September 2000 sei er durchgängig arbeitslos ohne Leistungsbezug gewesen und habe Sozialhilfe bezogen.

Der Kläger hat bei der Beklagten am 05. Oktober 2003 außergerichtlich vorgesprochen und weitere Beschäftigungszeiten geltend gemacht und Unterlagen eingereicht.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 13. Oktober 2003 sowie die Bescheide der Beklagten vom 09. August 2002, 23. Oktober 2002 sowie vom 27. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2003 sowie den Bescheid vom 23. März 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbs-minderung ab dem 10. April 2002 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nachdem die Beklagte weitere Zeiten mit Pflichtbeiträgen berücksichtigt hatte, hat sie mit Bescheid vom 23. März 2004 den Rentenantragmit der Begründung abgelehnt, dass im maßgeblichen Zeitraum vom 19. August 1996 bis 18. August 2001 nur ein Jahr und zehn Kalendermonate mit entsprechenden Beiträgen belegt sind. Bei einem behaupteten Leistungsfall vom 13. Mai 2001 seien im maßgeblichen Zeitraum vom 13. Mai 1996 bis 12. Mai 2001 nur 25 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien damit zum behaupteten Leistungsfall ebenfalls nicht erfüllt. Dem Bescheid ist ein Versicherungsverlauf vom 23. März 2004 beigefügt. Selbst wenn von der Bundesagentur für Arbeit die im Schreiben vom 03. Januar 2006 angegebenen Zeiten der Arbeitslosmeldung vom 06. August 1996 bis 28. Oktober 1996, vom 03. März 2000 bis 02. April 2000 und vom 11. September 2000 Berücksichtigung fänden, seien zum angegebenen Leistungsfall nur 34 Monate mit Pflichtbeitragszeiten in der Frist vom 01. Juni 1995 bis 11. Mai 2001 belegt.

Zwar verlängere sich der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung u. a. um Anrechnungszeiten und um Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liege. Aus der Gesetzesformulierung folge jedoch, dass lediglich das Merkmal der Unterbrechung für die Berücksichtigung als Verlängerungszeiten nicht und sämtliche andere Voraussetzungen für die Anerkennung als Anrechnungszeit nach § 58 SGB VI gefordert werden. Damit sei für die Anerkennung von Zeiten einer Arbeitslosigkeit als Anrechnungszeit u. a. die Meldung als Arbeitsuchender bei einer deutschen Agentur für Arbeit vorausgesetzt. Die letzte diesbezügliche Meldung des Klägers sei am 11. September 2000 erfolgt. Am 10. Dezember 2000 sei diese Meldung erloschen (§ 38 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Drittes Buch SGB III ).

Die Zeit bis zu einer erneuten Meldung als Arbeitsuchender könne Überbrückungstatbestand sein. Aus den übersandten Ablichtungen aus den beigezogenen Sozialhilfevorgängen könne zumindest bis zur Vorsprache am 08. Mai 2001 die so genannte einfache Arbeitslosigkeit ohne Meldung bei einer deutschen Agentur für Arbeit nachgewiesen werden. Diese Zeit vom 11. Dezember 2000 bis 08. Mai 2001 sei daher in einem neuen Versicherungsverlauf als Überbrückungszeit vermerkt worden. Mangels Meldung einer deutschen Agentur für Arbeit sei die Berücksichtigung dieser Zeit als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit jedoch nicht zulässig. Mithin liege auch kein Verlängerungstatbestand gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 1 und 3 SGB VI vor. Unter Berücksichtigung eines neu erstellten Versicherungsverlaufs vom 15. Februar 2007 ergebe sich für einen angenommenen Leistungsfall am 13. Mai 2001, dass anstelle der geforderten 36 Monate in dem maßgeblichen Zeitraum vom 01. November 1995 bis 11. Mai 2001 lediglich 31 Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten vorhanden seien, so dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen weiter nicht erfüllt seien.

Die Beklagte hat weitere Ermittlungen zu den vom Kläger anlässlich der Vorsprache vom 15. Oktober 2004 vorgetragenen Beschäftigungszeiten angestellt und den diesbezüglich geführten Schriftverkehr zur Gerichtsakte gereicht.

Am 27. Juli 2002 hat die Beklagte einen Bescheid nach § 149 Abs. 5 SGB VI für Zeiten bis zum 31. Dezember 1999 erstellt. Unter dem 30. Januar 2007 hat die Beklagte Daten bis zum 10. Dezember 2000 festgestellt.

Der Senat hat die Leistungsakten der Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsagentur Osowie die Verwaltungsakten der Beklagten nebst ärztlichen Aktenteilen beigezogen. Im ärztlichen Aktenteil Band II befindet sich das Gutachten des Arbeitsamtsärztlichen Dienstes vom 16. Januar 2002, welches von dem Facharzt für Arbeitsmedizin, Dr. med. H, nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstellt worden ist. Darin wird zusammenfassend zum Leistungsvermögen ausgeführt (Blatt 11 ff. des ärztlichen Aktenteils der Verwaltungsakte der Beklagten):

"Fähigkeitsstörungen bestehen für Tätigkeiten mit schwerem Heben und Tragen speziell mit der rechten oberen Körperhälfte und dem rechten Arm. Es besteht eine Störung der Feinkoordination im Bereich der rechten Finger/Hand. Weiterhin sind zu vermeiden Tätigkeiten in großen Menschenansammlungen sowie Hektik, Stress und Überstundenarbeit. Der Prob. kann in einer maximalen mittelschweren körperlichen Arbeit unter Vermeidung der o. g. körperlichen Teilbelastung vollzeitig tätig sein. Im Bereich Maurer/Fliesenleger keine ausreichende Leistungsfähigkeit, für den Bereich Bürotätigkeit/IT ausreichend belastbar. Berufliche Reha ist zu empfehlen."

Es wurde angegeben, dass der Kläger vollschichtig im Freien, in Werkhallen, in temperierten Räumen mittelschwere körperlichen Arbeiten stehend, gehend und sitzend verrichten könne.

Weiter befindet sich in dem ärztlichen Aktenteil ein für das Sozialgericht Neuruppin zum Az. S 3 SB 174/03 erstellter Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin L vom 19. Januar 2004 sowie ein Befundbericht der Fachärztin für Psychiatrie K vom 14. Januar 2004, worin für den Behandlungszeitraum vom 18. August 2003 bis 06. Januar 2004 angegeben wird, dass sich der Gesundheitszustand nicht erheblich verschlechtert oder deutlich gebessert habe und keine neuen Leiden hinzugekommen seien. Weiter befindet sich in den Akten ein ärztlicher Bericht des Priv. Doz. Dr. med. E, Ärztlicher Direktor des Fachkrankenhauses Lungenheilkunde und Thoraxchirurgie, vom 11. April 2002 Hierin wurde angegeben:

"Ein sonst gesunder junger Mann (geboren 1972) dürfte auch durch residuale pneurale Veränderungen nicht erwerbsgemindert sein. Eine Befundung ohne klin. Untersuchung ist unmöglich."

Weiter befindet sich bei den Akten das im Rahmen des Rechtsstreits vor dem Sozialgericht Neuruppin zum Az ... S 3 V 179/03 / S 3 SB 174/03 durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. M nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom 07. Juni 2004 erstellte Gutachten. Wegen des Inhalts wird auf Blatt 35 bis 43 des ärztlichen Aktenteils der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Der Sachverständige hat folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:

- posttraumatische Belastungsstörungen mit Agoraphobie (Wegeangst, Sozialangst), - Neigung zu somatoformen Schmerzen und depressiven Verstimmungen, - dependente (abhängige) Persönlichkeitsstörung, - mehrere Narben nach Messerstichverletzungen, - Narben rechter Unterschenkel nach Motorradunfall.

Wesentliche Änderungen gegenüber den Verhältnissen im April 2002 seien nicht eingetreten. Die Behinderungen hätten sich nicht wesentlich verschlechtert. Der Kläger sei in seiner Wegefähigkeit hinsichtlich öffentlicher Verkehrsmittel eingeschränkt. Er bewege sich noch selbständig mit dem eigenen Motorrad und könne auch noch Fußwege bis zu einer halben Stunde allein zurücklegen. Gefahren für sich oder andere ergäben sich beim Zurücklegen von Wegstrecken im Ortsverkehr, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden (2000 m binnen 30 Minuten unter zumutbaren Umständen), nicht.

Weiter befindet sich in dem ärztlichen Aktenteil ein Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. L vom 09. August 2004, das nach ambulanter Untersuchung vom 06. August 2004 erstellt worden ist. Als Diagnosen werden eine posttraumatische Belastungsstörung, eine Agoraphobie und eine somatoforme Schmerzstörung angegeben. Hinsichtlich der sozialmedizinischen Einschätzung wird in dem Gutachten ausgeführt (Blatt 56 des ärztlichen Teils der Verwaltungsakte der Beklagten):

"Es handelt sich hier um einen Behandlungsfall. Vollschichtiges Leistungsvermögen in seiner letzten Tätigkeit als Maurer sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Vermeidung von Stress und in Menschenansammlungen. Wegefähigkeit für den Individualverkehr (Motorrad) ist gegeben. Medizinische Reha Maßnahme ist indiziert bei vorliegendem Antrag."

In der letzten beruflichen Tätigkeit bestehe ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (Aktenzeichen ), auf die Leistungsakte der Bundesagentur für Arbeit sowie auf die Leistungsakten des Sozialamtes des Landkreises Oberhavel (3 Bände) verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand des Rechtsstreits im Berufungsverfahren sind die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 06. August 2002 und 23. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2003. Der Bescheid vom 23. März 2004, mit dem die Beklagte im Berufungsverfahren wiederholt den Rentenantrag abgelehnt hat, ist nach § 96 SGB VI Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Hierüber ist - da dieser Bescheid nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war - im Wege der Klage zu entscheiden.

Die zulässige Berufung und die zulässige Klage sind unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides sowie der Bescheid vom 23. März 2004 sind rechtmäßig, weil der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der Kläger ist nicht voll erwerbsgemindert.

Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Der Kläger ist in seiner Leistungsfähigkeit durch die von der Neurologin und Psychiaterin Dr. L in ihrem Gutachten vom 09. August 2004 festgestellten Gesundheitsstörungen, nämlich - einer posttraumatischen Belastungsstörung, - einer Agoraphobie, - einer somatoformen Schmerzstörung,

beeinträchtigt.

Diese Gesundheitsstörungen, die das Leistungsvermögen des Klägers beeinflussen, sind auch von dem Psychiater Dr. M in dem aufgrund der ambulanten Untersuchung vom 07. Juni 2004 für das Sozialgericht Neuruppin in den anhängigen Rechtsstreiten zu den Aktenzeichen Az.: S 3 V 179/03 und S 3 SB 174/03 erstellten Gutachten angegeben worden. Weitere Gesundheitsstörungen hat der Kläger auch nicht mit seinem Rentenantrag geltend gemacht. Im weiteren Verwaltungs-, Widerspruchs- und anschließenden Klageverfahren im Rentenstreitverfahren hat der Kläger jeweils seine psychische Belastung geltend gemacht. Nach dem von dem Sachverständigen Dr. M wiedergegebenen orthopädischen Status liegen auf orthopädischem Fachgebiet keine solchen Gesundheitsstörungen vor, die Einschränkungen des Leistungsvermögens bedingen. Insofern ist die diesbezügliche Beurteilung des Leistungsvermögens der Dr. L in ihrem Gutachten vom 09. August 2004 schlüssig und überzeugend, soweit dort keine Einschränkungen hinsichtlich der Haltungsarten angegeben werden. Die beim Kläger danach vorliegenden Gesundheitsstörungen lagen auch seit dem Überfall vor. Das Leistungsvermögen hat sich nicht durch weitere Gesundheitsstörungen oder eine Verschlechterung der gesundheitlichen Situation geändert. Bereits mit dem ärztlichen Gutachten des Arbeitsamtsärztlichen Dienstes vom 16. Januar 2002, welches zeitnah zum stattgehabten Unfallereignis aufgrund ambulanter Untersuchung erstellt worden ist, wird ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich mittelschwere Arbeiten in allen Haltungsarten angegeben. Die behandelnde Fachärztin für Psychiatrie K gibt in dem Befundbericht vom 14. Januar 2004 an, dass sich der Gesundheitszustand in dem Zeitraum seit 18. März 2003 nicht geändert hat. Neue Erkrankungen werden nicht benannt.

Anhaltspunkte dafür, dass das Leistungsvermögen des Klägers aufgrund der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Leiden in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt ist, ergeben sich nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht. Nach den beigezogenen ärztlichen Unterlagen und den festgestellten Gesundheitsstörungen ist der Kläger danach noch in der Lage, körperliche Tätigkeiten vollschichtig, d. h. mindestens sechs Stunden arbeitstäglich, auszuüben.

Der Arbeitsmarkt ist auch nicht wegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder wegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung für den Kläger verschlossen, so dass ihm keine konkrete, ihm zumutbare Tätigkeit zu benennen ist. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen kann dann angenommen werden, wenn die Fähigkeit des Versicherten, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten, zusätzlich in erheblichem Umfange eingeschränkt ist. Die Leiden auf psychiatrischem und neurologischem Fachgebiet beschränken das Leistungsvermögen des Klägers schon nicht nur auf den Bereich körperlich leichter Arbeiten.

Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger wegen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage ist, Arbeitsstätten aufzusuchen, ergeben sich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht. Die Fähigkeit, Gehstrecken zurückzulegen, ist nicht eingeschränkt. Dies ergibt sich aus den Feststellungen des Sachverständige Dr. M. Zwar ist der Kläger möglicherweise nicht in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, worauf der Sachverständige Dr. M abstellt. Der Kläger ist aber in der Lage, ein Motorrad zu fahren, und benutzt dieses auch. Er hat auch selbst angegeben, dass er Fußstrecken täglich zurücklegen kann. Er ist daher in der Lage, Arbeitsplätze mit Verkehrsmitteln aufzusuchen.

Zwar ist nicht zu verkennen, dass der Kläger, was auch mit den vorliegenden Gutachten festgestellt ist, nach dem erlittenen Überfall mit Messerstichen an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet und hieraus die von den Gutachtern Dr. M und Dr. L genannten Einschränkung resultieren. Bezogen auf die Erwerbsfähigkeit folgen daraus aber nicht solche Einschränkungen, die volle bzw. teilweise Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI bedingen. Nach allem liegt ein Leistungsfall der Erwerbsminderung, da der Kläger auch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich eine Erwerbstätigkeit ausüben kann und daher auch nicht teilweise erwerbsgemindert ist (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI), nicht vor.

Der Kläger hat, da er nicht vor dem 02. Januar 1961 geboren ist, keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI.

Da schon kein Leistungsfall der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung im Sinne der §§ 43, 240 SGB VI nachgewiesen ist, kam es auf die weitere Erfüllung der beitragsrechtlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Leistungsfall nicht entscheidungserheblich an. Die besonderen beitragsrechtlichen Voraussetzungen lagen jedoch – wie die Beklagte und das Sozialgericht zutreffend angenommen haben – auch für den von dem Kläger geltend gemachten Leistungsfall nicht vor. Da eine Verschlechterung der gesundheitlichen Situation des Klägers nach dem am 12. Mai 2001 erlittenen Überfall wie dargestellt nicht vorliegt und der Kläger eine Erwerbsminderung bezogen auf diese Ereignisse geltend macht, sind auch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zu dem von dem Kläger angegebenen Leistungsfall am 12. Mai 2001 zu prüfen. Voraussetzung ist, dass für den Kläger in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zu berücksichtigen sind (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

Die beitragsrechtlichen Voraussetzungen sind auch nicht nach § 241 Abs. 2 SGB VI entbehrlich. Danach sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit besonderen Zeiten nach § 241 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 SGB VI belegt sind. Der Kläger hat nicht vor dem 01. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit nach § 50 SGB VI erfüllt.

Ausgehend von einem am 12. Mai 2001 eingetreten Leistungsfall müssten danach in dem Zeitraum vom 12. Mai 1996 bis 11. Mai 2001 mindestens 36 Monate mit Pflichtbeitragszeiten belegt sein. Dies ist nicht der Fall. In diesem Zeitraum liegen nach dem Versicherungsverlauf vom 25. Februar 2007 27 Monate mit Pflichtbeitragszeiten vor. Dabei hat die Beklagte die von dem Kläger zuletzt noch geltend gemachten Beschäftigungszeiten bei der K GmbH vom 01. Januar 1997 bis 13. April 1997, bei B P vom 01. August 1998 bis 08. August 1999, die Tätigkeit vom Mai 1998 bis Ende Juli 1999, die Zeit der von dem Kläger angegebenen Arbeitstätigkeit im Februar 2000, die Zeit der Beschäftigung im April 1998 bei einer Baufirma berücksichtigt. Soweit der Kläger noch im Erörterungstermin vom 10. Oktober 2005 vorgetragen hatte, dass er ebenfalls von Dezember 1999 bis einschließlich Januar 2000 bei der Firma C gearbeitet habe, konnte er dies nicht nachweisen und hat die Berücksichtigung dieses Zeitraums nicht mehr geltend gemacht. Da der Kläger weiter selbst angegeben hat, dass er von der Bundesagentur für Arbeit keine Leistungen bezogen hat, hat die Beklagte auch in Übereinstimmung mit der beigezogenen Verwaltungsakte der Bundesagentur für Arbeit keine Pflichtbeitragszeiten wegen Leistungsbezugs berücksichtigt. Weitere Beitragszeiten in dem hier zugrunde zu legenden Zeitraum hat der Kläger nicht geltend gemacht.

Auch unter Berücksichtigung der Verlängerung des Fünfjahreszeitraums vor Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit lassen sich keine drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit feststellen.

Nach § 43 Abs. 3 SGB VI verlängert sich der genannte Zeitraum um

1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezuges einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, soweit während dieser Zeit eine selbständige Tätigkeit nicht ausgeübt worden ist, die mehr als geringfügig oder nur unter Berücksichtigung des Gesamteinkommens geringfügig war, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag oder eine Zeit nach Nr. 1 oder 2 liegt, die nicht auch Pflichtbeitragszeiten sind.

Der Fünfjahreszeitraum war, wie die Beklagte im Schriftsatz vom 16. März 2007 zutreffend angenommen hat, maximal bis zum 01. November 1995 zu verlängern. Bei dem Kläger kommen als Verlängerungstatbestände nur Zeiten der Arbeitslosigkeit nach § 58 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI in Betracht. Voraussetzung dafür ist, dass der Kläger bei einer deutschen Agentur für Arbeit bzw. bei der Bundesanstalt für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet war und eine öffentlich-rechtliche Leistung bezogen hat. Dies lag nach dem Akteninhalt in den Zeiträumen mit Sozialhilfebezug vom 06. August 1996 bis 28. Oktober 1996, vom 03. März 2000 bis 02. April 2000 und vom 11. September 2000 bis einschließlich 10. Dezember 2000 vor. Damit war der Fünfjahreszeitraum nach § 43 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI um sechs Monate, d. h. bis zum 01. November 1995, zu verlängern. Voraussetzung für weitere Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit wäre, was die Beklagte ebenfalls zutreffend annimmt, dass eine Meldung bei einem deutschen Arbeitsamt vorgelegen hat. Eine solche lag für die Zeit ab 11. Dezember 2000 nicht mehr vor. Die letzte Meldung zur Bundesanstalt für Arbeit am 11. September 2000 war, da sie nicht nach Ablauf von drei Monaten erneuert worden war, erloschen (BSG v. 27.02.1991, 5 RJ 90/89, BSGE 68, 163-167; v. 15.12.1994, 4 RA 64/93, SozR 3-2600 § 58 Nr. 2; Niesel in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, SGB VI, § 58 Anm. 29). Da eine (weitere) Meldung zur Bundesagentur für Arbeit sich nicht aus den beigezogenen Sozialhilfeakten und den Leistungsakten der Bundesagentur für Arbeit ergibt, scheidet eine weitere Anerkennung als Anrechnungszeiten zur Verlängerung des Fünfjahreszeitraums aus. Die Zeit ab 11. Dezember 2000 ist eine Überbrückungszeit wegen Arbeitslosigkeit ohne Meldung (vgl. Niesel, a. a. O., Anm. 103). Mit einer solchen Zeit kann der Anschluss an den Fünfjahreszeitraum gewahrt werden, sie verlängert diesen jedoch nicht.

In dem somit anzunehmenden Zeitraum vom 01. November 1995 bis 11. Mai 2001 liegen 30 Monate mit Pflichtbeitragszeiten vor, mithin ebenfalls keine drei Jahre.

Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren ist auch nicht ausnahmsweise entbehrlich.

Nach § 43 Abs. 5 SGB VI ist eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren nicht erforderlich, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig nach § 53 SGB VI erfüllt ist. Die Voraussetzungen einer allgemeinen Wartezeiterfüllung nach § 53 Abs. 1 SGB VI liegen nicht vor. Die allgemeine Wartezeit ist auch nicht nach § 53 Abs. 2 SGB VI vorzeitig erfüllt. Danach ist die allgemeine Wartezeit auch vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden sind und in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Letzteres ist bei einem unterstellten Eintritt der vollen Erwerbsminderung am 12. Mai 2001 nicht der Fall. In dem danach maßgeblichen Zeitraum vom 11. Mai 2001 bis 12. Mai 1999 hat der Kläger lediglich elf Monate Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt. Dieser Zeitraum ist auch nicht nach der Regelung in § 53 Abs. 2 Satz 2 SGB VI zu verlängern, weil die dort genannten Voraussetzungen (Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres) nicht vorliegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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