L 15 VS 24/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 9 VS 14/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VS 24/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29.09.2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung des Beklagten zur Rücknahme des rechtsverbindlichen Bescheides vom 18.02.1982 gem. § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) und der Anerkennung eines "chronischen Reizknies links nach Zustand nach isolierter vorderer Kreuzbandruptur und nunmehriger Instabilität nach Bandplastik und bei Gonarthrose" als Wehrdienstbeschädigungsfolge (WDBF) und Versorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v.H. ab dem frühest möglichen Zeitpunkt.

Der 1959 geborene Kläger leistete von Januar 1979 bis März 1980 Wehrdienst. Am 03.04.1981 beantragte er Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) bzw. Bundesversorgungsgesetz (BVG) und machte geltend, sich im Februar 1980 beim dienstlichen Sport (Pferdsprung) eine Verletzung des linken Knies zugezogen zu haben.

Im Rahmen der Musterungsuntersuchung gab der Kläger an, den Fußballsport aktiv zu betreiben. In der Einlegekarte zur G-Karte findet sich unter dem 21.02.1980 der Eintrag: "Patient beim Sport i.D. mit linkem Knie umgeknickt. Sichtliche Schwellung. Dg. Distorsion, Innengelenkserguss, Th. Ichtiolverband. WV am 25.02.1980, "Sport befreit".

Anlässlich der versorgungsärztlichen Untersuchung durch Dr.P. am 27.01.1982 gab der Kläger u.a. an, nach seiner Entlassung aus der Bundeswehr als Bauhelfer gearbeitet zu haben; ab und zu habe er noch Beschwerden am linken Knie gehabt; Ende Juli 1980 sei er auf der Baustelle in eine etwa einen Meter tiefe Grube hinuntergesprungen, dabei habe er sich erneut das linke Kniegelenk verdreht und es sei wieder ein Erguss aufgetreten. Der blutige Erguss sei vom Hausarzt akupunktiert worden mit anschließender stationärer Behandlung in der Orthopädischen Klinik S ... Dr.P. gelangte in seinem Gutachten vom 03.02.1982 unter Auswertung der Behandlungsunterlagen zu dem Ergebnis, bei der Sportverletzung habe es sich um eine Zerrung des linken Kniegelenkes mit einer Ergussbildung gehandelt; diese Zerrung habe sich jedoch durch die erfolgte Behandlung zurückgebildet. Bei der Entlassung aus der Bundeswehr hätten keine wesentlichen Folgen dieser Zerrung mehr vorgelegen; der Kläger sei auch als Bauhelfer wieder arbeitsfähig gewesen; die im Juli 1980 aufgetretene erneute Zerrung des linken Kniegelenkes mit blutiger Ergussbildung habe sich inzwischen auch wieder zurückgebildet. Folgen der wehrdienstlichen Kniegelenkszerrung links vom Februar 1980 lägen nicht mehr vor und hätten auch ein halbes Jahr nach dem schädigenden Ereignis ebenfalls nicht mehr vorgelegen.

Mit Bescheid vom 18.02.1982 lehnte daraufhin der Beklagte die Gewährung von Versorgungsleistungen ab.

Am 11.01.1999 beantragte der Kläger über seine Prozessbevollmächtigten wegen des Dienstunfalls vom Februar 1980 erneut Versorgung. Seit der Entlassung aus der Bundeswehr habe er regelmäßig Beschwerden am linken Knie gehabt, wobei ihm häufig das Kniegelenk herausgesprungen sei; auch sei das linke Knie häufig angeschwollen, weshalb er mehrmals habe punktiert werden müssen. Im Oktober 1998 hätten die Radiologen Dres.F./H. eine vollständige Ruptur des vorderen Kreuzbandes links festgestellt. Mit Schreiben vom 02.03.1999 erachtete er den Bescheid vom 18.02.1992 für rechtswidrig, zumal es sich bei den Verletzungen aufgrund des Sportunfalles vom 21.02.1980 nicht um eine Zerrung des linken Kniegelenkes gehandelt habe. Er sei zum damaligen Zeitpunkt lediglich geröntgt worden, so dass die tatsächlichen Verletzungen (Kreuzbandriss) nicht hätten festgestellt werden können. Dies sei erst mit Hilfe der Computertomographie im Jahre 1998 möglich gewesen, wo ein alter Kreuzbandriss festgestellt worden sei. Deshalb sei der Bescheid vom 18.02.1982 zurückzunehmen und eine erneute Verbescheidung vorzunehmen.

Bei der versorgungsärztlichen Untersuchung durch den Versorgungsarzt K. gab der Kläger am 09.04.1999 an, es bestünde keine gravierende Beschwerdesymptomatik am Kniegelenk. Bei längerem Gehen schilderte er eine Überwärmung am linken Kniegelenk, normales Gehen zu ebener Strecke sei wieder möglich. Der Versorgungsmediziner stellte in seinem Gutachten vom 26.04.1999 u.a. fest, eine wesentliche Bandschädigung anläßlich des Sportunfalls sei aufgrund der Untersuchungsparameter der Orthopädischen Klinik S. sowie auch der fachchirurgischen Befunddokumentationen ausgeschlossen. Eine WDBF verneinte er. Die schädigungsfremden "Umbauveränderungen des linken Kniegelenkes" bewertete er mit einem GdB von 10.

Mit Bescheid vom 02.06.1999 lehnte der Beklagte eine Rücknahme des Bescheides vom 18.02.1982 nach § 44 SGB X ab und verwies insbesondere darauf, die Verletzungen anlässlich der Sportausbildung am 21.02.1980 seien noch innerhalb der Wehrdienstzeit (Ende 31.03.1980) folgenlos abgeheilt, danach hätten keine Folgen einer WDB mehr festgestellt werden können.

Seinen anschließenden Widerspruch vom 28.06.1999 begründete der Kläger im Wesentlichen damit, auch nach Beendigung des Wehrdienstes hätten noch Unfallfolgen vorgelegen, die damals jedoch nicht erkannt worden seien. Dass er nicht gesund aus der Bundeswehr entlassen worden sei, zeige sich auch darin, dass er sich wegen des Kniegelenks in der Zeit vom 04.08. bis 06.08.1980, also gut vier Monate später, in stationäre Behandlung in die Orthopädische Fachklinik S. hätte begeben müssen. Dort sei der Kreuzbandriss auch nicht festgestellt worden. Es möge sein, dass er nach der Wehrdienstzeit als Bauhelfer gearbeitet habe. Dies sei nur unter ständigen Schmerzen möglich gewesen, auch sei ihm ständig das Knie "herausgesprungen". Außerdem versicherte er, nach dem 21.02.1980 keinen Unfall gehabt zu haben, bei dem das Knie verletzt worden wäre. Im Übrigen verwies er auf den Arztbrief des Kreiskrankenhauses Z. vom 14.12.1998.

Der Versorgungsarzt Dr.M. stellte am 26.07.1999 fest, nach der vorliegenden Befundlage lasse sich eine im Februar 1980 erfolgte schwerwiegende Schädigung von Knieinnenbandstrukturen ausschließen. Damals habe es sich lediglich um eine Zerrung gehandelt. Ein schwerer Kniebandinnenschaden hätte aber zwangsläufig zu einem deutlichen blutigen Gelenkserguss führen müssen bzw. hätte zu einer sofortigen Funktionseinbuße geführt. Der Kläger habe jedoch im Juli 1980 bei der Tätigkeit als Bauhelfer einen erneuten Unfall mit Ausbildung eines blutigen Gelenksergusses erlitten, dies spreche durchaus für eine höhergradige Verletzung im Kniegelenk. Bei der Untersuchung durch Dr.P. hätten sich jedoch stabile Bandverhältnisse gefunden, so dass man selbst für diesen Zeitpunkt nicht von einer vorderen Kreuzbandruptur ausgehen könne.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.1999 wies der Beklagte mit im wesentlichen gleichlautender Begründung wie zuvor den Widerspruch vom 25.06.1999 zurück.

Seine anschließende Klage vom 20.09.1999 zum Sozialgericht Landshut begründete der Kläger u.a. mit der Vorlage des Attestes des Dr.D. vom 30.08.1999 sowie des Befundes der Radiologen Dres.F./H. vom 02.11.1998. Dr.D. führte u.a. aus, aufgrund der Angaben des Klägers und des im Oktober 1998 erhobenen kernspintomographischen Befundes sei zwingend davon auszugehen, dass der Unfall vom Februar 1980 eine insolierte vordere Kreuzbandruptur verursacht habe.

Der nach Beiziehung der Befunde der behandelnen Ärzte von Amts wegen beauftragte Sachverständige Dr.F. stellte in seinem orthopädischen Gutachten vom 27.05.2003 u.a. fest, beim Kläger hätten in der Zeit vom 21.02. bis 31.08.1980 außer einer relativ rasch abgeheilten Verzerrung des linken Kniegelenkes keine Gesundheitsstörungen vorgelegen, die wahrscheinlich durch schädigende Einwirkungen des Wehrdienstes hervorgerufen oder verschlimmert worden seien. Analysiere man die WDB-Akte zur Art und Schwere des Unfallereignisses, so ergebe sich zunächst, dass der Kläger zur Musterung angegeben habe, aktiver Fußballspieler zu sein. In der G-Kartei vom 21.02.1980 finde sich ein handschriftlicher Eintrag, diagnostiziert worden sei eine Distorsion mit Gelenkserguss, ansonsten seien dem mageren Befund keine weiteren Einzelheiten zu entnehmen, insbesondere keine Hinweise auf eine Bänderschwäche oder Funktionsstörung. Fünf Tage später habe sich der Kläger wieder vorgestellt, gefunden worden sei ein Knirschen an der Kniescheibe, die Gelenkskonturen seien verstrichen gewesen. Im März 1980 sei eine stationäre Aufnahme erfolgt. Wegen rezidivierender Kniegelenksergüsse sei der Kläger vom 04.08. bis 06.08.1980 stationär in der Orthopädischen Fachklinik S. behandelt worden, ein Unfallereignis sei nicht vermerkt. Vielmehr sei zur Vorgeschichte ausgeführt worden, seit Februar des Jahres bestünden plötzliches Anschwellen und Schmerzhaftigkeit im linken Kniegelenk. Ausdrücklich habe sich der Kläger an ein genaueres Unfallereignis nicht erinnern können. Beschwerden hätten zum Untersuchungszeitpunkt nicht bestanden. Bei dem damals 21-jährigen Kläger seien die Konturen am linken Knie leicht verstrichen gewesen, ein Erguss sei nicht verifiziert worden, das Gelenk sei völlig frei beweglich gewesen. Schublade und Seitenbänder seien unauffällig und intakt gewesen, so dass also zu diesem Zeitpunkt keine Bänderschwäche bestanden hätte. Radiologisch seien die Verhältnisse normal beschrieben worden. Beachtenswert sei eine sehr stark erhöhte Harnsäure von 11,0 mg/%, woraus sich wahrscheinlich die Neigung zu rezidivierenden Kniegelenksergüssen erkläre. Weitere Hinweise zur Gicht ergäben sich aus den beigezogenen Behandlungsunterlagen der AOK Bayern aus der Zeit vom 09.07.1990 bis 13.12.2001. Es treffe nicht zu, wenn in der Klagebegründung ausgeführt werde, lediglich die Seitenbänder seien stabil gewesen. Zutreffend sei vielmehr, dass auch an den Kreuzbändern weder 1980 noch 1982 irgendeine Insuffizienz diagnostiziert hätte werden können. Da noch 1982 die Kreuzbänder des linken Kniegelenkes völlig stabil gewesen seien, könne folglich auch keine Kreuzbandläsion am 21.02.1980 entstanden sein und auch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht anlässlich des Zweitunfalls Ende Juli 1980 als Bauhelfer. Vielmehr lägen wiederholte Hinweise auf eine gichtige Gelenkerkrankung vor, welche die rezidivierenden Ergussbildungen, sekundären degenerativen Veränderungen und auf Dauer auch eine Beteiligung des Bandapparates an den Verschleißerscheinungen erkläre.

In seiner Stellungnahme zu diesem Gutachten bestätigte der Kläger, nach seiner Entlassung aus der Bundeswehr eine Stelle als Bauhelfer angenommen zu haben. Er hätte damals allerdings große Knieprobleme gehabt und nur deshalb den Arzt nicht aufgesucht, weil er Angst gehabt hätte, entlassen zu werden. Richtig sei auch, dass er Ende Juli 1980 während der beruflichen Tätigkeit in eine Grube gesprungen sei, möglicherweise seien die zu diesem Zeitpunkt angerissenen Kreuzbänder dann ganz gerissen, jedenfalls hätte schon eine erhebliche Vorschädigung der Kreuzbänder durch den Unfall während der Bundeswehrzeit vorgelegen. Das Knie sei in der Zeit vom 21.02. bis Ende Juli 1980 stets angeschwollen gewesen.

Mit Gerichtsbescheid vom 29.09.2003 wies das Sozialgericht Landshut die Klage im Wesentlichen unter Hinweis auf das Gutachten des Dr.F. ab. Da die Gewährung von Versorgungsrente eine WDBF von mindestens 25 v.H. voraussetze, sei der Antrag des Klägers auf Rücknahme des Bescheides vom 18.02.1982 zu Recht vom Beklagten abgelehnt worden.

Mit seiner Berufung vom 28.11.2003 zum Bayer. Landessozialgericht verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Insbesondere rügte er, der Sachverständige Dr.F. habe sich nicht mit dem Attest des Dr.D. auseinandergesetzt.

Im Erörterungstermin vom 08.04.2004 beantragte er, Dr.D. nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gutachterlich zu hören. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 27.08.2004 die Ausführungen des Sachverständigen Dr.F. zu dem Problem eines "angeblich zweiten Unfalles Ende Juli 1980" dadurch in Frage, dass in einem solchen Falle ein berufsgenossenschaftliches Heilverfahren hätte durchgeführt werden müssen. Der Hinweis des Dr.F. , weder am 21.02.1980 noch im Juli 1980 hätte eine Kreuzbandläsion stattgefunden, weil das Kniegelenk stabil gewesen sei, sei falsch, da mit und ohne Kreuzband ein Kniegelenk bei intaktem Seitenbandapparat bei der klinischen Untersuchung stabil sei. Nachdem der Beweis für einen zweiten Unfall im Juli 1980 mangels Dokumentation eines Unfallmechanismus nicht angetreten werden könne, andererseits der Unfall am Pferde aber geeignet gewesen sei, beim Kläger eine isolierte vordere Kreuzbandruptur zu erzeugen, sei deshalb der angeschuldigte Unfall anzuerkennen und die daraus resultierenden WDBF mit 30 v.H. zu bewerten.

Der Beklagte widersprach in seinem Schreiben vom 17.11.2004 der Beurteilung des Sachverständige Dr.D. und legte gleichzeitig das chirurgische Gutachten nach Aktenlage des Dr.H. vom 15.11.2004 vor. Die Tatsache, dass isolierte vordere Kreuzbandrupturen möglicherweise bisweilen nicht hätten diagnostiziert werden können - was angesichts der stattgehabten zeitnahen fachorthopädischen Untersuchungen vorliegend wohl aber ausgeschlossen werden könne - ändere nichts daran, dass hier eine wehrdienstbedingte Gesundheitsschädigung/Bänderverletzung nicht nachgewiesen sei. Diese Nichterweislichkeit einer anspruchsbegründenden Tatsache gehe jedoch zu Lasten des Klägers. Im Übrigen setze sich Dr.D. über die unverrückbare Tatsache hinweg, dass nach Befundberichten der orthopädischen Fachklinik S. vom 25.08.1980 Schubladenphänomene sowie Seitenbänder beidseits unauffällig und intakt gewesen seien, wobei eine beidseits schmerzfreie Beweglichkeit der Kniegelenke registriert worden sei. Dieser Befund hinsichtlich der Bandstabilität sei auch durch die versorgungsärztliche Begutachtungsuntersuchung vom 27.01.1982 bestätigt worden, wobei die Kniegelenkskonturen als unauffällig, der Bandapparat als fest und die Beweglichkeit beider Kniegelenke als frei beschrieben worden seien. Dabei habe weder eine Reizergussbildung noch eine Muskelminderung vorgelegen. Bei stationärem Aufenthalt und eingehender Untersuchung in einer orthopädischen Fachklinik müsse folglich davon ausgegangen werden, dass dem leisestens Verdacht auf eine stattgehabte Kreuzbandruptur in jedem Falle nachgegangen worden wäre und nicht, wie von Dr.D. unterstellt, von ungeübten Untersuchern ausgegangen werden könne, mit der Konsequenz, dass eine eindeutige vordere Kreuzbandverletzung folglich nicht anerkannt worden wäre.

Mit Schreiben vom 13.12.2004 berief sich der Kläger auf Dr.D. , der den Sachverständigen Dr.F. widerlegt hätte.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29.09.2003 sowie den Bescheid des Beklagten vom 02.06.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.1999 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 18.02.1982 zurückzunehmen, ein "chronisches Reizknie links nach Zustand nach isolierter vorderer Kreuzbandruptur und nunmehriger Instabilität nach Bandplastik und bei Gonarthrose" als Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen und Versorgung nach einer MdE von 30 v.H. zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29.09.1003 zurückzuweisen.

Zum Verfahren beigezogen wurden die SVG- und WDB-Akten sowie die Akten des Sozialgerichts Landshut, S 9 VS 14/99.

Bezüglich des weiteren Sachverhalts in den Verfahren des Beklagten wird gem. § 202 SGG und § 540 der Zivilprozessordung (ZPO) auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die dort angeführten Beweismittel, hinsichtlich des Sachverhalts im Berufungsverfahren auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der Berufungsakten nach § 136 Abs.2 SGG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die ohne Zulassung statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 142 ff., 151 SGG), jedoch nicht begründet und deshalb zurückzuweisen.

Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29.09.2003 und der ihm zugrunde liegende Bescheid des Beklagten vom 02.06.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.08.1999 sind nicht zu beanstanden.

Der Kläger hat keinen Anspruch gem. § 44 SGB X auf Rücknahme des rechtsverbindlichen Ablehnungsbescheides vom 18.02.1982. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, beim Kläger als WDBF ein "chronisches Reizknie links bei Zustand nach isolierter vorderer Kreuzbandruptur und nunmehriger Instabilität nach Bandplastik und Gonarthrose" anzuerkennen und ihm ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt Versorgung nach den §§ 80 Satz 1, 81 Abs.1 und Abs.5 Satz 1, 88 Abs.1 Satz 1 SVG i.V.m. § 9 BVG zu gewähren. Diese Gesundheitsstörungen und Funktionsbeeinträchtigungen sind nicht Folge einer WDB.

Die Überprüfung der bisher rechtsverbindlich abgelehnten Kniebeschwerden des Klägers im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des früheren Ablehnungsbescheides weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 Abs.1 SGB X). Der Kläger hat deshalb keinen Anspruch darauf, dass die frühere Verwaltungsentscheidung mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wird, eine Rücknahme für die Zukunft scheidet ebenfalls aus.

Nach § 81 Abs.1 SVG ist Wehrdienstbeschädigung eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung (1), durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall (2) oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse (3) herbeigeführt worden ist. Hinsichtlich der Beweislage ist dabei davon auszugehen, dass die wehrdienstlichen Einflüsse, die im wesentlichen die Schädigung herbeigeführt haben, nachzuweisen sind (BSG vom 24.09.1992, Az.: 9a RV 31/90 in SozR 3-3200 § 81 Nr.6). Nach ständiger Rechtsprechung in allen Zweigen der sozialen Entschädigung müssen dabei die Schädigung und die Schädigungsfolgen nachgewiesen werden. Ist dies der Fall, dann genügt zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als WDBF die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 81 Abs.6 Satz 1 SVG), d.h. es müssen wesentlich mehr Gründe dafür als dagegen sprechen.

Von den oben genannten drei Alternativen einer möglichen WDB kommt nur die zweite Alternative in Betracht. Bezüglich der beiden anderen wurde weder seitens der Klageseite Einschlägiges vorgetragen noch ergeben sich Anhaltspunkte hierfür aus den Akten.

Zwar ist in der Einlegekarte zur G-Karte unter dem 21.02.1980 ein dienstlicher Sportunfall (beim Pferd- oder Bocksprung) beschrieben, wonach der Kläger mit dem linken Knie umknickte und dadurch eine sichtliche Schwellung mit einem Innengelenkserguss erlitt. Behandelt wurde er mit einem Ichtiol-Salbenverband, eine Wiedervorstellung war für den 25.02.1980 vorgemerkt. Diese Schädigung war jedoch danach folgenlos abgeheilt.

So stellte Dr.P. bei der versorgungsärztlichen Untersuchung des Klägers am 27.01.1982 fest, Folgen der wehrdienstlichen Kniegelenkszerrung links vom Februar 1980 lägen nicht vor und hätten auch ein halbes Jahr nach dem schädigenden Ereignis nicht mehr vorgelegen. Bei der Sportverletzung habe es sich lediglich um eine Zerrung des linken Kniegelenkes mit einer Ergussbildung gehandelt. Diese Zerrung habe sich jedoch durch die erfolgte Behandlung zurückgebildet. Dagegen habe der Kläger bei dieser Untersuchung selbst angegeben, nach seiner Entlassung aus der Bundeswehr als Bauhelfer gearbeitet zu haben, ab und zu habe er noch Beschwerden im linken Knie gehabt. Ende Juli 1980 sei er auf der Baustelle in eine etwa einen Meter tiefe Grube hinuntergesprungen und habe sich dabei erneut das linke Kniegelenk verdreht, es sei wieder ein Erguss aufgetreten. Der blutige Erguss sei vom Hausarzt akupunktiert worden, anschließend sei er in der Orthopädischen Klinik S. vom 04. bis 06.08.1980 stationär behandelt worden. Die Röntgenaufnahmen beider Kniegelenke hätten einen unauffälligen Befund ergeben, laborchemisch sei eine deutlich erhöhte Harnsäure aufgefallen. Eine Weiterbehandlung sei nicht mehr erfolgt. Zu dem gleichen Ergebnis gelangte im wesentlichen auch der Versorgungsarzt K. in seinem Gutachten vom 26.04.1999 sowie der im Widerspruchsverfahren gehörte Versorgungsarzt Dr.M. in seiner Stellungnahme vom 26.07.1999.

Auch der im Sozialgerichtsverfahren von Amts wegen gehörte Sachverständige Dr.F. stellt in seinem orthopädischen Gutachten vom 27.05.2003 u.a. fest, beim Kläger hätten in der Zeit vom 21.02. bis 31.08.1980 außer einer relativ rasch abgeheilten Zerrung des linken Kniegelenkes keine weiteren relevanten Gesundheitsstörungen vorgelegen. In der G-Kartei vom 21.02.1980 finde sich ein handschriftlicher Eintrag, diagnostiziert worden sei eine Distorsion mit Gelenkserguss, ansonsten seien dem mageren Befund keine weiteren Einzelheiten zu entnehmen, insbesondere keine Hinweise auf eine Bänderschwäche oder Funktionsstörung. Fünf Tage später habe sich der Kläger wieder vorgestellt, gefunden worden sei ein Knirschen an der Kniescheibe, die Gelenkskonturen seien verstrichen gewesen. Im März 1980 sei eine stationäre Aufnahme erfolgt. Wegen rezidivierender Kniegelenksergüsse sei der Kläger vom 04.08. bis 06.08.1980 stationär in der Orthopädischen Fachklinik S. behandelt worden, ein Unfallereignis sei nicht vermerkt, Beschwerden hätten zum Untersuchungszeitpunkt nicht bestanden. Bei dem damals 21-jährigen Kläger seien die Konturen am linken Knie leicht verstrichen gewesen, ein Erguss sei nicht verifiziert worden, das Gelenk sei völlig frei beweglich gewesen. Schublade und Seitenbänder seien unauffällig und intakt gewesen, so dass zu diesem Zeitpunkt keine Bänderschwäche bestanden hätte. Radiologisch seien die Verhältnisse normal beschrieben worden. Es treffe nicht zu, wenn in der Klagebegründung ausgeführt werde, lediglich die Seitenbänder seien stabil gewesen. Zutreffend sei vielmehr, dass auch an den Kreuzbändern weder 1980 noch 1982 irgendeine Insuffizienz diagnostiziert hätte werden können. Da noch 1982 die Kreuzbänder des linken Kniegelenkes völlig stabil gewesen seien, könne folglich auch keine Kreuzbandläsion am 21.02.1980 entstanden sein und auch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht anlässlich des Zweitunfalls Ende Juli 1980 als Bauhelfer.

Diese objektive Befunddokumentation, die eine relevante Schädigung während des Wehrdienstes ausschließt, wird auch nicht durch das nach § 109 SGG erstellte Gutachten des Dr.D. vom 27.08.2004 in Frage gestellt. Wenn dieser die Ausführungen des Sachverständigen Dr.F. zu dem Problem eines "angeblich zweiten Unfalles Ende Juli 1980" dadurch zu entkräften versucht, dass in einem solchen Falle ein berufsgenossenschaftliches Heilverfahren hätte durchgeführt werden müssen, so kann sich der Senat dieser Argumentation nicht anschließen. Dieser denkbare Einwand ist jedenfalls nicht geeignet, den fehlenden Nachweis einer Schädigung durch den Sportunfall am 21.02.1980 zu ersetzen. Ebensowenig kann sich der Senat der weiteren Argumentation des Dr.D. anschließen, der mangels des Beweises eines zweiten Unfalls im Juli 1980 (mangels Dokumentation eines Unfallmechanismus) schließt, dass andererseits der Unfall am Pferd geeignet gewesen sei, beim Kläger eine isolierte vordere Kreuzbandruptur zu erzeugen, weshalb der angeschuldigte Unfall anzuerkennen sei. Abgesehen davon, dass spätestens in der Orthopädischen Fachklinik S. bei vorhandenem Verdacht einer schwereren Knieverletzung diesem Verdacht fachärztlich sicherlich nachgegangen worden wäre, geht Dr.D. auf die erstaunlich hohen Harnsäurewerte des Klägers von 11,0 mg/% im Rahmen seiner Kausalitätsbetrachtung sowie auf die Vielzahl möglicher anderer Verletzungen in den 19 Jahren nach Beendigung des Wehrdienstes überhaupt nicht ein.

Unabhängig von dieser Kausalitätsproblematik ist jedoch festzustellen, dass sich der Kläger für den Nachweis der von ihm vorgetragenen WDB auf keinerlei objektive Befunde beziehen kann, so dass bereits aus diesem Grund eine Anerkennung der von ihm geltend gemachten Gesundheitsstörungen als WDBF nicht in Betracht kommt.

Insgesamt hat demnach das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren keine neuen Erkenntnisse erbracht, die für die Unrichtigkeit der Vorentscheidung vom 18.02.1982 sprechen könnten, so dass sich die Verwaltung zu Recht auf die Bindungswirkung ihrer bisherigen Entscheidung berufen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (vgl. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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