S 29 AS 123/07 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 29 AS 123/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig zur Bestreitung seines Umzuges von der Wohnung Am alten Wehrgang 8, 47061 Duisburg, in die Wohnung Heerstraße 204, 47053 Duisburg, unter Einbeziehung der bei der Gesellschaft für Beschäftigungsförderung mbH Sozialer Möbelservice Duisburg für den Antragsteller gelagerten Möbel einen Betrag in Höhe von 350,00 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers dem Grunde nach zu 1/3.

Gründe:
I.

Der Antragsteller (Ast) begehrt von der Antragsgegnerin (Ag) im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes die Beteiligung der Ag an den aufgrund eines Wohnungswechsels entstehenden Kosten.

Der 1958 geborene Ast lebte zunächst unter der Adresse Lilienthalstraße 40 in Duisburg. Er bezieht seit 2005 Leistungen der Ag.

Nachdem der damalige Vermieter des Ast der Ag mitgeteilt hatte, dass dieser bereits seit Anfang des Jahres 2007 keine Miete mehr gezahlt habe und deshalb gegen ihn schon Räumungsklage erhoben worden sei, teilte der Ast auf Nachfrage mit, er sei zum 01.09.2007 zu seiner Lebensgefährtin gezogen. Die neue Adresse laute Alter Wehrgang 8 in Duisburg.

Am 15.10.2007 trennte sich der Ast von seiner Lebensgefährtin, die ihn der Wohnung verwies. Der Ast kam zunächst bei seiner Schwägerin unter. Von diesen Umständen machte der Ast der Ag in einem persönlichen Gespräch am 30.10.2007 Mitteilung. Es sei noch bei seiner ehemaligen Lebensgefährtin gemeldet, tatsächlich aber ohne festen Wohnsitz.

Der Ast hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ein konkretes Angebot für eine Wohnung in der Heerstraße 204. Die Ag forderte ihn auf, hierüber eine Bescheinigung vorzulegen.

Am 08.11.2007 legte der Ast der Ag die angeforderte Vermieterbescheinigung vor, die von einer Anmietung der Wohnung zum 01.12.2007 ausging. Hiernach ist die Wohnung in der Heerstraße 204 rund 44 qm groß. Die Grundmiete beträgt monatlich 215,00 EUR, die Betriebskosten 94,00 EUR und die Heizkosten 44,00 EUR. Die Ag kam zu dem Ergebnis, dass die Bruttokaltmiete von 309,00 EUR nach den von ihr zugrunde gelegten Angemessenheitskriterien um 51,15 EUR zu hoch sei. Die Angemessenheitsgrenze liege bei 257,85 EUR Bruttokaltmiete. Nur dieser Betrag könne zuzüglich Heizkosten übernommen werden. Eine Kaution könne nicht gezahlt werden.

Von dieser Einschätzung machte die Ag dem Ast bei dessen Vorsprache am 08.11.2007 Mitteilung und vermerkte dies auf der Vermieterbescheinigung. Es wurde vereinbart, dass sich der Ast gegenüber dem potentiellen Vermieter um eine Senkung der Mietkosten bemühen solle.

Am 15.11.2007 schloss der Ast den Mietvertrag zu den bisher benannten Konditionen ab.

Mit Bescheid vom 20.11.2007 wurden dem Ast als unabweisbarer Bedarf Sachleistungen in Gestalt von 4 Lampen, einem "Hausratpaket", einer Bettstelle mit Lattenrost, einer Matratze, einem Oberbett mit Kopfkissen, einem Kleiderschrank, einem Wohnzimmerschrank, einem Tisch und zwei Stühlen bewilligt. Diese Gegenstände sollte sich der Ast bei der Gesellschaft für Beschäftigungsförderung mbH (GfB) Sozialer Möbelservice Duisburg abholen.

Mit Änderungsbescheid vom 23.11.2007 bewilligte die Ag dem Ast sodann laufende Leistungen. Für die Zeit vom 01.12.2007 bis 31.12.2007 legte sie hierbei einen Betrag zur Sicherung des Lebensunterhaltes von 307,00 EUR und von Kosten der Unterkunft (KdU) in Höhe von 301,85 EUR zugrunde. Aufgrund einer Sanktionierung wegen wiederholten Meldeverstoßes ergab sich ein auszukehrender Betrag von 538,85 EUR.

Mit Schreiben vom 12.12.2007 wandte sich der Ast an die Ag mit der Aufforderung, die Übernahme von Umzugskosten bis zum 19.12.2007 zu bestätigen. Eine solche Bestätigung erfolgte nicht.

Am 27.12.2007 hat sich der Ast mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung an das Gericht gewandt.

Mit diesem Antrag begehrt er die vorläufige Verpflichtung der Ag zur Übernahme von Umzugskosten, zur Zahlung der geschuldeten Mietkaution und zur Übernahme von Renovierungskosten.

Er sei nicht in der Lage, einen Umzug eigenständig - d.h. nur mit Hilfe eines Mietwagens - durchzuführen, da er bereits seit Jahren an den Folgen eines Bandscheibenvorfalls leide und es ihm deshalb schwer falle, schwere Gegenstände wie Kisten zu tragen. Über Verwandte oder Bekannte, die ihm beim Umzug helfen könnten, verfüge er nicht. Sein Bruder sei regelmäßig die ganze Woche und auch samstags berufstätig, so dass von dort eine Mithilfe nicht zu erwarten sei und auch nicht erwartet werden könne.

Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat auf telefonische Nachfrage des Gerichtes hin mitgeteilt, dass der Ast mit einer Bezifferung des angemessenen Betrages für die Beauftragung eines Umzugsunternehmens in Höhe von 350,00 EUR einverstanden sei. Er hat auf Nachfrage noch einmal ausdrücklich klargestellt, dass der Ast willens und nach eigener Einschätzung in der Lage sei, den Differenzbetrag zwischen angemessener und tatsächlicher Miete dauerhaft aus der Regelleistung oder etwaigem Hinzuverdienst zu tragen.

Der Ast beantragt schriftsätzlich,

die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Mietkaution für die Anmietung der Wohnung Heerstraße 204, Duisburg, die Renovierungskosten und die für den Umzug in die Wohnung Heerstraße 204, Duisburg erforderlichen Kosten zu übernehmen.

Die Ag beantragt schriftsätzlich,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Nach ihrer Auffassung scheitert der Anspruch der Ast auf Übernahme von Umzugskosten schon daran, dass eine Zusicherung nach § 22 Abs 3 SGB II nicht vorliegt und auch nicht erteilt werden kann. Diese Zusicherung setze nämlich nicht nur voraus, dass der Umzug selbst erforderlich war, sondern auch, dass die neue Wohnung angemessen sei. Nur dann sei der Umzug notwendig im Sinne der genannten Vorschrift.

Die hier angemietete Wohnung übersteige von den Kosten her deutlich die zugrunde zu liegende Angemessenheitsgrenze in Höhe von 257,58 EUR für die Bruttokaltmiete. Zu angemessenen Bedingungen hätten zum Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses durch den Ast auch ausreichend Wohnungen im Raum Duisburg zur Verfügung gestanden. Es sei im übrigen davon auszugehen, dass der Ast die Mietdifferenz nicht dauerhaft selbst tragen könne, so dass voraussichtlich in Kürze ein weiterer Umzug nicht vermieden werden könne. Auch deswegen komme die Beteiligung an dem jetzigen Umzug schon dem Grunde nach nicht in Betracht. Gleiches gelte für die Mietkaution.

Auch der Höhe nach seien Umzugskosten von 449,40 EUR unangemessen. Für die Anmietung eines Leihwagens und die Verköstigung der Umzugshelfer könne allenfalls eine Pauschale von 92,00 EUR gewährt werden.

Erst recht komme eine Übernahme von Renovierungskosten nicht in Betracht. Dieser Bedarf sei von der Regelleistung abgedeckt.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Ag, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist, verwiesen.

II.

Der Antrag ist zulässig.

Insbesondere besteht für die Geltendmachung im gerichtlichen Eilverfahren ein Rechtsschutzbedürfnis.

Dies setzt in dem vorliegenden Fall der Reglungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG grundsätzlich voraus, dass vor der Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtschutzes der Antragsgegner seinerseits um (einstweilige) Regelung des Rechtsverhältnisses ersucht wird (siehe Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 86b RdNr. 26b; Rothkegel, Sozialhilferecht, 1. Auflage 2005, Teil 5 Kapitel 1 RdNr. 14; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.12.2005, Az. L 9 B 105/05 AS ER, Beschluss vom 03.02.2006, Az. L 20 B 6/06 SO und weiter in ständiger Rspr.).

Die mit kurzer Frist versehene Aufforderung vom 12.12.2007 durch den Bevollmächtigten des Ast genügt diesen Anforderungen. In der Zusammenschau mit den der Ag durch persönliche Vorsprachen des Ast bekannten Lebensumständen war diese Aufforderung so zu begreifen, dass bei fortbestehenden Bedenken der Ag wenigstens eine vorläufige Regelung begehrt wurde. Das angesprochene Schreiben war zwar der dem Gericht vorliegenden Verwaltungsakte nicht zu entnehmen. Da die Ag aber den Erhalt nicht bestritten hat, waren Zugang und vorgetragener Inhalt bei der Entscheidung zugrunde zu legen.

Der Antrag ist im tenorierten Umfang auch begründet.

Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Eine derartige Anordnung muss ergehen, wenn durch das Vorbringen des Ast erkennbar wird, dass das Begehren in der Sache überwiegende Aussicht auf Erfolg hat (Anordnungsanspruch) und die Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen müssen von dem Ast glaubhaft gemacht werden (§§ 86 b Abs. 2 SGG, 920 Abs. 3 ZPO).

Der Ast hat im tenorierten Umfang (Umzugskosten) einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (siehe a)). Für die übrigen geltend gemachten Leistungen (Mietkaution, Renovierungskosten) fehlt es jedenfalls an einem Anordnungsgrund (siehe b) und c)).

a) Der Leistungsanspruch auf Übernahme der Umzugskosten ergibt sich aus § 22 Abs 3 S 1 erster Halbsatz SGB II, wonach insbesondere Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung übernommen werden können.

Die Übernahme der Umzugskosten setzt grundsätzlich die Erteilung einer entsprechenden Zusicherung im Sinne des § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II voraus.

Eine solche wurde vorliegend nicht mit bestandskräftigem Verwaltungsakt verweigert. Die Notiz auf der Vermieterbescheinigung könnte allenfalls im Wege der Auslegung als ein die Zusicherung ablehnender Verwaltungsakt erachtet werden. Mangels ausreichender Rechtsmittelbelehrung wäre ein solcher Verwaltungsakt allerdings binnen Jahresfrist mit Widerspruch anfechtbar. Ein solcher Widerspruch wäre dann - ebenfalls im Wege der Auslegung - jedenfalls dem Vorbringen im einstweiligen Rechtschutzverfahren zu entnehmen. Eine der einstweiligen Regelung des Sachverhaltes entgegenstehende Bestandskraft ist damit in jedem Fall zu verneinen.

Dass die Zusicherung andererseits auch noch nicht erteilt wurde, ist in vorliegendem Fall für die Feststellung eines Anspruchs unschädlich.

Denn ausnahmsweise bedarf es einer vorherigen Zusicherung dann nicht, wenn der Leistungsträger treuwidrig eine fristgerechte Übernahmeerklärung verweigert (so instruktiv: SG Dresden, Beschluss vom 06.06.2006, Az. S 23 AS 838/06 ER, Berlit in: Münder, Lehr- und Praxiskommentar zum SGB II, 2. Aufl. 2007, § 22, Rn. 97; Frank-Schinke in: Linhart/Adolph/Gröschel-Gundermann, Kommentar zum SGB II und SGB XII, Stand: August 2007, § 22 SGB II, Rn. 94).

Ergibt also die Prüfung, dass eine Zusicherung hätte erteilt werden müssen (Ermessensreduzierung auf Null), so kann der Leistungsbegehrende jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nicht darauf verwiesen werden, die Zusicherung zu erstreiten und deren Erteilung gegebenenfalls im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen, um sodann auf der Grundlage der Zusicherung die einzelnen hieraus ableitbaren Ansprüche gerichtlich einzufordern.

Das Tatbestandsmerkmal "bei vorheriger Zusicherung" ist dahingehend auszulegen, dass der Fall der rechtswidrig verweigerten Zusicherung ebenfalls erfasst ist und damit im Durchgriff bei einem bestehenden Anspruch auf Zusicherung auch direkt die Umzugskosten dem Grunde nach beanspruchbar sind.

Ein Anspruch auf Zusicherung ergibt sich vorliegend nicht aus § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II. Diese Vorschrift reduziert das Zusicherungsermessen auf eine Soll-Regelung, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist. Eine Veranlassung durch die Ag, beispielsweise in Gestalt einer Kostensenkungsaufforderung, liegt nicht vor. Trotz der Wohnungslosigkeit des Ast ist der Umzug auch nicht anderweitig notwendig im Sinne der Vorschrift, da dies begrifflich bereits voraussetzt, dass die ausgewählte Wohnung dem Kriterium der Angemessenheit genügt (vergl. Berlit aaO, § 22 Rn. 98 m.w.N.) Denn der Einzug in eine unangemessene Wohnung ist dann nicht notwendig, wenn ein Einzug in eine angemessene gleichermaßen möglich gewesen wäre.

Unter Zugrundelegung der von der Ag übersandten Listen liegt bei summarischer Prüfung nahe, dass zum hier streitigen Zeitpunkt ausreichend Wohnungen zur Verfügung standen, die den von der Ag postulierten Angemessenheitskriterien entsprechen.

Allerdings können Umzugskosten auch bei einem nicht notwendigen, sondern bloß sinnvollen Umzug übernommen werden, soweit die anfallenden Kosten nach Art und Höhe in einem angemessenen Verhältnis zur Dringlichkeit des Umzugswunsches stehen (Berlit aaO, § 22 Rn. 98).

Legt man diese Überlegung zugrunde, so ist eine Zusicherung nach § 22 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz SGB II auch dann zu erteilen, wenn es sich - wie hier - um einen Umzug in eine (nach Auffassung des Leistungsträgers) unangemessen teure Wohnung handelt, der Umzug als solcher aber aufgrund von Wohnungslosigkeit unstreitig notwendig ist und der Betroffene bereit (und glaubhaft in der Lage) ist, die von dem Kostenträger für angemessen gehaltenen Leistungen für die Kosten der Unterkunft aus Mitteln der Regelleistung oder durch Hinzuverdienst auf den tatsächlich mietvertraglich geschuldeten Betrag aufzustocken.

Für die Ag erweist sich ein solcher Umzug als kostenneutral. Denn die hierfür anfallenden Kosten würden auch entstehen, wenn ein Umzug in eine Wohnung stattfände, die von den Kosten her innerhalb der von der Ag anerkannten Angemessenheitsgrenze liegt.

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn das Vorbringen des Ast ist so zu verstehen, dass er die Differenz zwischen den tatsächlichen Unterkunftskosten und den von der Ag für angemessenen gehaltenen Kosten selbst tragen will und sich auch hierzu in der Lage sieht. Dies hat der Bevollmächtigte des Ast vor der Entscheidung noch einmal auf telefonische Nachfrage des Gerichtes bestätigt. Die Selbsteinschätzung des Ast erscheint auch im Hinblick auf den monatlichen Betrag von 51,15 EUR bei summarischer Prüfung noch realistisch zu sein, wenn man sich vergegenwärtigt, dass der Ast auch in der Vergangenheit eine geringfügige Beschäftigung aufgenommen hatte, aus der er nach Aktenlage monatliche Nebeneinkünfte von bis zu 150 EUR brutto erzielen konnte.

Zu der prognostischen Kostenneutralität tritt bei der erforderlichen Abwägung unter Veranlassungsgesichtspunkten noch hinzu, dass die Ag gehalten gewesen wäre, dem Ast schon bei Vorlage der Vermieterbescheinigung auf die nunmehr im gerichtlichen Verfahren aufgeführten Wohnungsangebote hinzuweisen und ihn erforderlichenfalls bei der Suche zu unterstützen. Der nach Aktenlage alleine erteilte Hinweis, der Ast möge versuchen, die Miethöhe der ihm angebotenen Wohnung herunterzuhandeln, erscheint nicht ausreichend. Denn die unstreitig gegebene Notlage des Ast (Wohnunglosigkeit) und der damit verbundene Zeitdruck verschlechterten seine Verhandlungsposition gegenüber dem Vermieter maßgeblich.

Auch außerhalb des § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II reduziert sich damit das Zusicherungsermessen der Ag im vorliegenden Fall auf Null.

Der daher "im Durchgriff" gegebene Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II beschränkt sich allerdings inhaltlich auf die notwendigen und angemessenen Kosten (so wiederum instruktiv SG Dresden, Beschluss vom 06.06.2006, Az. S 23 AS 838/06 ER, unter Verweis u.a. auf LSG Hamburg, Beschluss vom 29.03.2006, Az. L 5 B 111/06 ER AS; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.12.2005, Az. L 19 B 105/05 AS). Das Kriterium der Notwendigkeit und Angemessenheit der Kosten ergibt sich aus dem Grundsatz der Nachrangigkeit der Fürsorgeleistungen.

Der Höhe nach war der Anspruch auf Umzugskosten im einstweiligen Rechtschutzverfahren dementsprechend auf den nach den Erfahrungen des Gerichtes für einen 1-Personen-Umzug erzielbaren Kostenbetrag von 350,00 EUR zu beschränken.

Hinsichtlich dieses Anspruchs ist auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Nach dem Vortrag des Ast lagern die von der Ag bewilligten Sachleistungen zwar noch bei der GfB und sind dort geschützt. Wie lange die ehemalige Lebensgefährtin des Ast ihrerseits nach der Trennung noch bereit ist, das dort verbliebene Restmobiliar des Ast aufzubewahren, ist offen. Jedenfalls ist dem Ast schon allein deshalb das Abwarten des Ausgangs eines etwaigen Hauptsacheverfahrens nicht zumutbar, weil er auf die Ausstattung der neuen Wohnung mit den Möbeln unmittelbar angewiesen ist. Hiervon geht erkennbar auch die Ag aus, die ihm einen Großteil der Einrichtungsgegenstände nach § 23 Abs. 1 SGB II und damit unter Zugrundelegung eines - auch zeitlich - unabweisbaren Bedarfs zugesprochen hat.

Es ist auch glaubhaft vorgetragen, dass dem Ast eine eigenständige Durchführung des Umzuges nicht möglich ist. Er selbst ist aufgrund der an Eides Statt versicherten gesundheitlichen Einschränkungen nicht in der Lage, schwer zu heben. Dies erscheint aufgrund des vorgetragenen Krankheitsbildes auch unmittelbar einleuchtend. Dass ihm auch keine weiteren privaten Helfer zur Verfügung stehen, erscheint ebenfalls nachvollziehbar. Aufgrund der ebenfalls versicherten beruflichen Belastung des Bruders erscheint diesem eine Mithilfe nicht abverlangbar. Ein einzelner weiterer Helfer erscheint bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit des Ast ohnehin als zu wenig.

Dem Ast steht nach Aktenlage ein entsprechender Betrag zur Finanzierung des Umzuges nicht zur Verfügung. Auch ein Ansparen des nicht unerheblichen Betrages für den Umzug aus den Regelleistungen ist den Ast jedenfalls in dem hier nur noch zur Verfügung stehenden kurzen Zeitraum nicht abzuverlangen.

b) Ein Anspruch auf Übernahme der Mietkaution ist jedenfalls der Höhe nach zweifelhaft. Zwar könnte ein entsprechender Anspruch deshalb bestehen, weil es dem Ast am Wohnungsmarkt in seiner gegenwärtigen Situation, d.h. als wohnungslos gemeldet und im SGB-II-Leistungsbezug stehend, nicht möglich sein dürfte, ohne Aussicht auf Begleichung der Kautionsforderung durch die Ag angemessenen Wohnraum anzumieten. Der Höhe nach wäre dieser Betrag aber auf die notwendigen Kosten zu beschränken, so dass eine Begrenzung auf denjenigen Betrag nahe liegt, der sich unter Zugrundelegung einer gerade noch angemessenen Grundmiete ergibt.

Diese Frage kann aber offen bleiben, da es an einem Anordnungsgrund mangelt. Das Begehren des Ast wäre in diesem Zusammenhang erst dann als eilbedürftig anzusehen, wenn ihm durch die Nichtübernahme der Kaution (erneute) Wohnungslosigkeit unmittelbar drohen würde (LSG NRW in ständiger Rspr, siehe zuletzt Beschluss vom 13.08.2007, Az. L 9 B 102/07 AS ER).

Dies ist jedoch nicht der Fall.

Zwar erwägt der Bundesgerichtshof (BGH) in Fällen der Gewerberaummiete, dass die Nichtzahlung der Mietkaution einen Grund zur fristlosen Kündigung im Sinne des § 543 BGB darstellt (Urteil vom 21.03.2007, Az. XII ZR 36/05). Diese Erwägungen sind aber nicht auf die Wohnraummiete zu übertragen. Insoweit zieht das Regelbeispiel des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB hier enge Grenzen. Nur die fehlende laufende Mietzahlung ist eine derartig schwerwiegende Verletzung des Mietverhältnisses, dass sie eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Diese Vorschrift ist zu Ungunsten des Wohnraummieters auch nicht abdingbar, § 569 Abs. 5 BGB (vergl. Weidenkaff in: Palandt, BGB, 65. Auflage 2006, § 551 Rn. 5). Aber auch eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Satz 1 BGB wird in Fällen wie dem vorliegenden nicht in Betracht kommen. Insoweit ist Voraussetzung, dass der Mieter seine Verpflichtungen schuldhaft nicht unerheblich verletzt. Nicht unerheblicher Zahlungsverzug auch mit einer Nebenpflicht wie der Kautionszahlung ist hierfür zwar grundsätzlich ausreichend. Allerdings setzt dies eine Schuldhaftigkeit zumindest in Form von Fahrlässigkeit voraus. Schuldloser Geldmangel vermag zwar nicht vor dem Verzugseintritt zu schützen, begründet aber nicht die fahrlässige Verletzung des Mietvertrages (vergl. Weidenkaff in: Palandt, BGB, 65. Auflage 2006, § 573 Rn. 16; zur fehlenden Eilbedürftigkeit insoweit auch LSG NRW, Beschluss vom 10.04.2006, Az. L 20 B 79/06 AS ER). Der Antragsteller hat, soweit ersichtlich, seine Erwerbslosigkeit und damit das Fehlen von Geldmitteln nicht verschuldet, so dass vorliegend eine Kündigung wegen der fehlenden Kautionsleistung bei summarischer Prüfung nicht droht. Ein anderweitiges Vorgehen des Vermieters ist auch nicht vorgetragen.

c) Auch für die Renovierungskosten besteht jedenfalls kein Anordnungsgrund. Es ist schon nicht ersichtlich, ob der Ast überhaupt bei Einzug Renovierungsarbeiten schuldet, geschweige denn, dass solche Aufwendungen im einzelnen dargestellt und beziffert wurden.

Jedenfalls ist es dem Ast zuzumuten, solche Arbeiten sukzessive in Eigenarbeit zu leisten. Das schwere Heben und Tragen von Lasten, welches nach dem glaubhaft gemachten Leistungsbild auszuschließen ist, kommt hierbei erfahrungsgemäß nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Sie berücksichtigt für die Bemessung des Obsiegens und Unterliegens einen in entsprechender Anwendung von § 287 ZPO geschätzten Wert von 100 EUR für die Materialien der Wohnungsrenovierung, sowie den Umstand, dass abweichend von der Vermieterbescheinigung nach dem Mietvertrag nur zwei Monatsgrundmieten und daher ein Gesamtkautionsbetrag von 430,00 EUR geschuldet und damit - nach Auslegung - auch nur beantragt war.
Rechtskraft
Aus
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