Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 23 AL 1282/04
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 303/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Mobilitätsbeihilfen sollen nicht die Kosten für eine Einsatzwechseltätigkeit, d.h. für eine Tätigkeit mit typischerweise ständig wechselnden Tätigkeitsstätten, abdecken. Die im Zusammenhang mit einer Einsatzwechseltätigkeit anfallenden Zusatzkosten für den Arbeitnehmer muss grundsätzlich der Arbeitgeber nach § 670 BGB, der auch auf Dienst- und Arbeitsverhältnisse anwendbar ist, tragen.
2. Bezüglich der auswärtigen Arbeitsstelle muss auf den Sitz des Arbeitsgebers abgestellt werden. Dabei geht es nicht vordergründig um den im Handelsregister eingetragenen Sitz des Unternehmens, sondern um die jeweilige Organisationseinheit, die das Arbeitsverhältnis \"betreut\", d.h. den Einsatz des Arbeitsnehmers regelt.
2. Bezüglich der auswärtigen Arbeitsstelle muss auf den Sitz des Arbeitsgebers abgestellt werden. Dabei geht es nicht vordergründig um den im Handelsregister eingetragenen Sitz des Unternehmens, sondern um die jeweilige Organisationseinheit, die das Arbeitsverhältnis \"betreut\", d.h. den Einsatz des Arbeitsnehmers regelt.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 11. November 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Fahrkostenbeihilfe.
Der 1977 geborene Kläger ist in B wohnhaft und schloss am 23. März 2004 mit der Firma A. P. GmbH F. , Niederlassung B. , einen Arbeitsvertrag als Leiharbeitnehmer ab. Der Kläger wurde ab dem 25. März 2004 für den Niederlassungsbereich B. eingestellt für allgemeine Produktionsarbeiten in Industrie und Handel.
Am 18. März 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Fahrkostenbeihilfe. Er gab insoweit an, dass er ab dem 25. März 2004 bei der B. AG in N. eingesetzt sei und mit dem Pkw zur Arbeitsstelle fahre (25 km Hin- und Rückfahrt).
Mit Bescheid vom 2. April 2004 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Fahrkostenbeihilfe ab, da bezüglich der Arbeitsstelle auf den Sitz des Arbeitgebers abgestellt werden müsse und dieser vorliegend mit dem Wohnort des Klägers identisch sei.
Den hiergegen am 8. April 2004 eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2004 zurück. Als Arbeitsstelle sei der Ort anzusehen, an dem der Arbeitgeber die Vorkehrungen zur Verrichtung der Arbeit treffe. Das sei in der Regel der Sitz des Arbeitgebers als Organisationseinheit. Fahrten zu gegebenenfalls auswärtigen Arbeitsorten bzw. Schulungsorten seien nicht zu fördern. Hier sei der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht gefordert. Als Arbeitgeber des Klägers sei die A. P. GmbH in B. anzusehen. Die Arbeitsstelle sei damit identisch mit dem Wohnort des Klägers.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 13. Mai 2004, bei der Beklagten am 19. Mai 2004 eingegangen, erneut "Widerspruch" ein. Die Beklagte gab das Schreiben des Klägers an das Sozialgericht Dresden ab. Das dort am 28. Juni 2004 eingegangene Schrei-ben wurde als Klage angelegt.
Mit Gerichtsbescheid vom 11. November 2005 hat das Sozialgericht den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 2. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2004 aufgehoben und zugleich die Beklagte verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Gewährung von Fahrkostenbeihilfe vom 18. März 2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ermessensfehlerfrei neu zu entscheiden. Nach § 53 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) würden die Mobilitätshilfen bei Aufnahme einer Beschäftigung bei auswärtiger Arbeitsaufnahme die Übernahme der Kosten für die täglichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle (Fahrkostenbeihilfe) umfassen. Zu Unrecht habe die Beklagte im Falle des Klägers die Anspruchsvoraussetzung der auswärtigen Arbeitsaufnahme verneint. Bei dem Begriff der Auswärtigkeit komme es nicht auf den Sitz des Betriebes, sondern auf den konkreten Arbeitsort an. Auch vom Sinn und Zweck der Regelung des § 53 SGB III her, der darin bestehe, die berufliche Mobilität des Arbeitslosen zu erleichtern, könne es nicht darauf ankommen, ob der Betriebssitz des potentiellen Arbeitgebers und der Wohnort des Arbeitslosen in ein- und derselben politischen Gemeinde liegen, wenn der tatsächliche Arbeitsort außerhalb des Wohnortes des Arbeitslosen liegt und dem Arbeitslosen daher tatsächlich Kosten für die Fahrten zum konkreten Arbeitsort entstehen. Insbesondere würde die umgekehrte Konstellation bei einem Abstellen auf den Betriebssitz des potentiellen Arbeitgebers zu widersinnigen Ergebnissen führen (Niederlassung des Arbeitgebers nicht identisch mit Wohnort des Arbeitslosen, aber der konkrete Einsatzort am Wohnort des Arbeitslosen). Das Förderziel der Vorschrift könne nur dann erreicht werden, wenn auf den konkreten Arbeitsort und nicht auf den Betriebssitz abgestellt werde. Im Übrigen sei der Betriebssitz der Firma A. P. GmbH in F ... Der Kläger habe auch durch Vorlage seiner Arbeitsplatzzuweisung und einsatzbezogenen Leistungen nachgewiesen, dass er tatsächlich außerhalb seines Wohnortes in B. , nämlich in N. und L., im Förderzeitraum eingesetzt gewesen sei. Dass der Kläger an verschiedenen auswärtigen konkreten Arbeitsorten eingesetzt gewesen sei, hindere die Förderfähigkeit nicht. Der Arbeitsvertrag des Klägers benenne gerade keinen konkreten Arbeitsort, so dass der Kläger vertragsgemäß an jedem Arbeitsort in Deutschland eingesetzt werden könne. Im Übrigen schließe die im Arbeitsvertrag des Klä-gers in Bezug genommene Vorschrift des § 8.7 des Manteltarifvertrages Zeitarbeit vom 22. Juli 2003 Aufwendungsersatz ausdrücklich aus, soweit er nicht einzelvertraglich geregelt sei. Der Arbeitsvertrag des Klägers regele ausdrücklich keinen Aufwendungsersatz nach § 670 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Der Kläger habe somit für seine Einsätze an den auswärtigen Arbeitsorten N. und L. keinen Anspruch auf Fahrkostenersatz gegenüber seinem Arbeitgeber. Der Gerichtsbescheid ist der Beklagten am 30. November 2005 zuge-stellt worden.
Gegen den Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 19. Dezember 2005 Berufung eingelegt und macht weiterhin geltend, dass die Niederlassung in B. der Firma A. P. GmbH F. als Arbeitsstelle des Klägers anzusehen sei. Der Arbeitgeber sei grundsätzlich nach § 670 BGB verpflichtet, dem Arbeitnehmer diejenigen Aufwendungen zu ersetzen, die dem Ar-beitnehmer bei der Ausführung der ihm übertragenen Aufgaben entstanden seien und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Wenn hier die Übernahme solcher Aufwendungen durch die §§ 8.3 und 8.4 des Manteltarifvertrages Zeitarbeit i.V.m. den §§ 2 bis 4 des Entgeltrahmentarifvertrages Zeitarbeit auf eine Wegezeitvergütung begrenzt werde, so könne dies nicht zu Lasten der Versichertengemeinschaft gehen.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 11. November 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat sich zur Berufung nicht geäußert und auch keinen Sachantrag gestellt.
Nach den vom Kläger im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Arbeitsplatzzuweisungen war der Kläger ab dem 25. März 2004 bei der B. AG in N. , ab dem 22. Juni 2004 bei "B. + P. " in B. , ab dem 16. August 2004 bei "B. + P. " in L. , ab dem 30. August 2004 bei "B. + P. " in B. , ab dem 9. September 2004 wieder bei der B. AG in N. und ab dem 13. September 2004 erneut bei der B. + P. " in B. eingesetzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens des Klägers verhandeln und entscheiden, weil er hierauf in der Ladung hingewiesen worden ist (vgl. § 153 Abs. 1 i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte sowie gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, da die angegriffenen Bescheide rechtmäßig sind und den Kläger deshalb nicht beschweren (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Fahrkostenbeihilfe gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 3 b SGB III.
Nach § 53 Abs. 1 SGB III in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung können Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, durch Mobilitätshilfen gefördert werden, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist. Nach § 53 Abs. 2 Nr. 3 SGB III umfassen die Mobilitätshilfen bei auswärtiger Arbeitsaufnahme die Übernahme der Kosten für die Fahrt zum Antritt einer Arbeitsstelle (a), tägliche Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle (b), eine getrennte Haushaltsführung (c) und einen Umzug (d). Die Vorschrift des § 53 SGB III regelt verschiedene Unterstützungsleistungen, welche die Aufnahme einer neuen Beschäftigung erleichtern bzw. ermöglichen sollen. Damit soll der Vielzahl von Zusatzausgaben Rechnung getragen werden, die beim Antritt einer neuen Arbeitsstelle anfallen und für die der Arbeitslose in der Regel in Vorleistung treten muss, bis er sein erstes Gehalt erhält und damit die erhöhten Anfangskosten auffangen kann. § 53 Abs. 2 Nr. 3 SGB III regelt dabei die Leistungen bei auswärtiger Arbeitsaufnahme, wobei die Fahrkostenbeihilfe, die Trennungskostenbeihilfe und die Umzugskostenbeihilfe im Zusammenhang betrachtet werden müssen. Diese Beihilfen sollen bei einer Arbeitsstelle außerhalb des Wohnortes des Arbeitssuchenden die Kosten für tägliche Pendelfahrten oder, soweit ein Pendeln nicht zu-mutbar ist, die Kosten einer getrennten Haushaltsführung abdecken. Sofern ein Umzug zur Verkürzung der Wegstrecke zur neuen Arbeitsstelle erfolgt, kann eine Umzugskostenbeihilfe gewährt werden. Aus dieser Systematik ergibt sich, dass diese Beihilfen keinesfalls die Kosten für eine Einsatzwechseltätigkeit, d. h. für eine Tätigkeit mit typischerweise ständig wechselnden Tätigkeitsstätten, abdecken sollen. Die im Zusammenhang mit einer Einsatzwechseltätigkeit anfallenden Zusatzkosten für den Arbeitnehmer muss grundsätzlich der Arbeitgeber nach § 670 BGB, der auch auf Dienst- und Arbeitsverhältnisse anwendbar ist (vgl. Weidenkaff, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch [66. Aufl., 2007], § 611 RdNr. 125, m.w.N.), tragen. Soweit im Einzelfall eine solche Übernahme (durch einzelvertragliche Regelung oder durch Tarifvertrag) nicht oder nur teilweise erfolgt, kann dies konsequenterweise nicht zu Lasten der Versichertengemeinschaft gehen. Solche Kosten stehen nicht im Zusammenhang mit der Aufnahme einer neuen Beschäftigung, sondern resultieren aus den Besonderheiten der Einsatzwechseltätigkeit. Sofern bei einer Einsatzwechseltätigkeit die Gewährung von Mobilitätshilfen nach § 53 Abs. 2 Nr. 3 SGB III überhaupt in Betracht kommt (z.B. § 53 Abs. 2 Nr. 3a SGB III), muss bezüglich der auswärtigen Arbeitsstelle jedoch auf den Sitz des Arbeitgebers abgestellt werden. Dabei geht es nicht vordergründig um den im Handelsregister eingetragenen Sitz eines Unternehmens, sondern um die jeweilige Organisationseinheit, die das Arbeitsverhältnis "betreut", d. h. den Einsatz des Arbeitnehmers regelt.
Danach hat der Kläger im maßgeblichen Förderzeitraum (vgl. § 54 Abs. 4 SGB III) keinen Anspruch auf die Gewährung einer Fahrkostenbeihilfe, da diese Mobilitätshilfe nicht zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig war und darüber hinaus keine auswärtige Arbeitsaufnahme i.S.d. § 53 Abs. 2 Nr. 3b SGB III vorliegt. Arbeitgeber des Klägers ist die A. P. GmbH mit Sitz in F ... Als für das konkrete Arbeitsverhältnis zuständige Organisationseinheit ist jedoch die Niederlassung dieser GmbH in B. anzusehen. Die Personalberaterin dieser Niederlassung hat den Arbeitsvertrag mit dem Kläger für den Niederlassungsbereich in B. abgeschlossen. Nach den zum Inhalt des Arbeitsvertrages gemachten A. Verhaltensrichtlinien für Mitarbeiter ist die Niederlassung sowohl für die Arbeitsplatzzuweisung als auch für die Gewährung von Erholungsurlaub zuständig. Der Kläger ist danach auch verpflichtet, eventuelle Arbeitsverhinderungen oder Änderungen im persönlichen Bereich bei der Niederlassung zu melden. Die dem Kläger entstandenen Kosten für die Fahrten zwischen seinem Wohnort und den konkreten Einssatzstellen stehen nicht im Zusammenhang mit der Aufnahme der Beschäftigung bei seinem Arbeitgeber, sondern sind vielmehr auf die Arbeitsplatzzuweisungen seines Arbeitgebers zurückzuführen. Da sowohl Wohnort als auch Arbeitsstelle (= Sitz des Arbeitgebers) des Klägers in B. ist, liegt auch keine auswärtige Arbeitsaufnahme i.S.d. § 53 Abs. 2 Nr. 3 SGB III vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Fahrkostenbeihilfe.
Der 1977 geborene Kläger ist in B wohnhaft und schloss am 23. März 2004 mit der Firma A. P. GmbH F. , Niederlassung B. , einen Arbeitsvertrag als Leiharbeitnehmer ab. Der Kläger wurde ab dem 25. März 2004 für den Niederlassungsbereich B. eingestellt für allgemeine Produktionsarbeiten in Industrie und Handel.
Am 18. März 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Fahrkostenbeihilfe. Er gab insoweit an, dass er ab dem 25. März 2004 bei der B. AG in N. eingesetzt sei und mit dem Pkw zur Arbeitsstelle fahre (25 km Hin- und Rückfahrt).
Mit Bescheid vom 2. April 2004 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Fahrkostenbeihilfe ab, da bezüglich der Arbeitsstelle auf den Sitz des Arbeitgebers abgestellt werden müsse und dieser vorliegend mit dem Wohnort des Klägers identisch sei.
Den hiergegen am 8. April 2004 eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Mai 2004 zurück. Als Arbeitsstelle sei der Ort anzusehen, an dem der Arbeitgeber die Vorkehrungen zur Verrichtung der Arbeit treffe. Das sei in der Regel der Sitz des Arbeitgebers als Organisationseinheit. Fahrten zu gegebenenfalls auswärtigen Arbeitsorten bzw. Schulungsorten seien nicht zu fördern. Hier sei der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht gefordert. Als Arbeitgeber des Klägers sei die A. P. GmbH in B. anzusehen. Die Arbeitsstelle sei damit identisch mit dem Wohnort des Klägers.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 13. Mai 2004, bei der Beklagten am 19. Mai 2004 eingegangen, erneut "Widerspruch" ein. Die Beklagte gab das Schreiben des Klägers an das Sozialgericht Dresden ab. Das dort am 28. Juni 2004 eingegangene Schrei-ben wurde als Klage angelegt.
Mit Gerichtsbescheid vom 11. November 2005 hat das Sozialgericht den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 2. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Mai 2004 aufgehoben und zugleich die Beklagte verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Gewährung von Fahrkostenbeihilfe vom 18. März 2004 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ermessensfehlerfrei neu zu entscheiden. Nach § 53 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) würden die Mobilitätshilfen bei Aufnahme einer Beschäftigung bei auswärtiger Arbeitsaufnahme die Übernahme der Kosten für die täglichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle (Fahrkostenbeihilfe) umfassen. Zu Unrecht habe die Beklagte im Falle des Klägers die Anspruchsvoraussetzung der auswärtigen Arbeitsaufnahme verneint. Bei dem Begriff der Auswärtigkeit komme es nicht auf den Sitz des Betriebes, sondern auf den konkreten Arbeitsort an. Auch vom Sinn und Zweck der Regelung des § 53 SGB III her, der darin bestehe, die berufliche Mobilität des Arbeitslosen zu erleichtern, könne es nicht darauf ankommen, ob der Betriebssitz des potentiellen Arbeitgebers und der Wohnort des Arbeitslosen in ein- und derselben politischen Gemeinde liegen, wenn der tatsächliche Arbeitsort außerhalb des Wohnortes des Arbeitslosen liegt und dem Arbeitslosen daher tatsächlich Kosten für die Fahrten zum konkreten Arbeitsort entstehen. Insbesondere würde die umgekehrte Konstellation bei einem Abstellen auf den Betriebssitz des potentiellen Arbeitgebers zu widersinnigen Ergebnissen führen (Niederlassung des Arbeitgebers nicht identisch mit Wohnort des Arbeitslosen, aber der konkrete Einsatzort am Wohnort des Arbeitslosen). Das Förderziel der Vorschrift könne nur dann erreicht werden, wenn auf den konkreten Arbeitsort und nicht auf den Betriebssitz abgestellt werde. Im Übrigen sei der Betriebssitz der Firma A. P. GmbH in F ... Der Kläger habe auch durch Vorlage seiner Arbeitsplatzzuweisung und einsatzbezogenen Leistungen nachgewiesen, dass er tatsächlich außerhalb seines Wohnortes in B. , nämlich in N. und L., im Förderzeitraum eingesetzt gewesen sei. Dass der Kläger an verschiedenen auswärtigen konkreten Arbeitsorten eingesetzt gewesen sei, hindere die Förderfähigkeit nicht. Der Arbeitsvertrag des Klägers benenne gerade keinen konkreten Arbeitsort, so dass der Kläger vertragsgemäß an jedem Arbeitsort in Deutschland eingesetzt werden könne. Im Übrigen schließe die im Arbeitsvertrag des Klä-gers in Bezug genommene Vorschrift des § 8.7 des Manteltarifvertrages Zeitarbeit vom 22. Juli 2003 Aufwendungsersatz ausdrücklich aus, soweit er nicht einzelvertraglich geregelt sei. Der Arbeitsvertrag des Klägers regele ausdrücklich keinen Aufwendungsersatz nach § 670 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Der Kläger habe somit für seine Einsätze an den auswärtigen Arbeitsorten N. und L. keinen Anspruch auf Fahrkostenersatz gegenüber seinem Arbeitgeber. Der Gerichtsbescheid ist der Beklagten am 30. November 2005 zuge-stellt worden.
Gegen den Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 19. Dezember 2005 Berufung eingelegt und macht weiterhin geltend, dass die Niederlassung in B. der Firma A. P. GmbH F. als Arbeitsstelle des Klägers anzusehen sei. Der Arbeitgeber sei grundsätzlich nach § 670 BGB verpflichtet, dem Arbeitnehmer diejenigen Aufwendungen zu ersetzen, die dem Ar-beitnehmer bei der Ausführung der ihm übertragenen Aufgaben entstanden seien und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Wenn hier die Übernahme solcher Aufwendungen durch die §§ 8.3 und 8.4 des Manteltarifvertrages Zeitarbeit i.V.m. den §§ 2 bis 4 des Entgeltrahmentarifvertrages Zeitarbeit auf eine Wegezeitvergütung begrenzt werde, so könne dies nicht zu Lasten der Versichertengemeinschaft gehen.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 11. November 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat sich zur Berufung nicht geäußert und auch keinen Sachantrag gestellt.
Nach den vom Kläger im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Arbeitsplatzzuweisungen war der Kläger ab dem 25. März 2004 bei der B. AG in N. , ab dem 22. Juni 2004 bei "B. + P. " in B. , ab dem 16. August 2004 bei "B. + P. " in L. , ab dem 30. August 2004 bei "B. + P. " in B. , ab dem 9. September 2004 wieder bei der B. AG in N. und ab dem 13. September 2004 erneut bei der B. + P. " in B. eingesetzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens des Klägers verhandeln und entscheiden, weil er hierauf in der Ladung hingewiesen worden ist (vgl. § 153 Abs. 1 i.V.m. § 110 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte sowie gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, da die angegriffenen Bescheide rechtmäßig sind und den Kläger deshalb nicht beschweren (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Fahrkostenbeihilfe gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 3 b SGB III.
Nach § 53 Abs. 1 SGB III in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung können Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, durch Mobilitätshilfen gefördert werden, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist. Nach § 53 Abs. 2 Nr. 3 SGB III umfassen die Mobilitätshilfen bei auswärtiger Arbeitsaufnahme die Übernahme der Kosten für die Fahrt zum Antritt einer Arbeitsstelle (a), tägliche Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle (b), eine getrennte Haushaltsführung (c) und einen Umzug (d). Die Vorschrift des § 53 SGB III regelt verschiedene Unterstützungsleistungen, welche die Aufnahme einer neuen Beschäftigung erleichtern bzw. ermöglichen sollen. Damit soll der Vielzahl von Zusatzausgaben Rechnung getragen werden, die beim Antritt einer neuen Arbeitsstelle anfallen und für die der Arbeitslose in der Regel in Vorleistung treten muss, bis er sein erstes Gehalt erhält und damit die erhöhten Anfangskosten auffangen kann. § 53 Abs. 2 Nr. 3 SGB III regelt dabei die Leistungen bei auswärtiger Arbeitsaufnahme, wobei die Fahrkostenbeihilfe, die Trennungskostenbeihilfe und die Umzugskostenbeihilfe im Zusammenhang betrachtet werden müssen. Diese Beihilfen sollen bei einer Arbeitsstelle außerhalb des Wohnortes des Arbeitssuchenden die Kosten für tägliche Pendelfahrten oder, soweit ein Pendeln nicht zu-mutbar ist, die Kosten einer getrennten Haushaltsführung abdecken. Sofern ein Umzug zur Verkürzung der Wegstrecke zur neuen Arbeitsstelle erfolgt, kann eine Umzugskostenbeihilfe gewährt werden. Aus dieser Systematik ergibt sich, dass diese Beihilfen keinesfalls die Kosten für eine Einsatzwechseltätigkeit, d. h. für eine Tätigkeit mit typischerweise ständig wechselnden Tätigkeitsstätten, abdecken sollen. Die im Zusammenhang mit einer Einsatzwechseltätigkeit anfallenden Zusatzkosten für den Arbeitnehmer muss grundsätzlich der Arbeitgeber nach § 670 BGB, der auch auf Dienst- und Arbeitsverhältnisse anwendbar ist (vgl. Weidenkaff, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch [66. Aufl., 2007], § 611 RdNr. 125, m.w.N.), tragen. Soweit im Einzelfall eine solche Übernahme (durch einzelvertragliche Regelung oder durch Tarifvertrag) nicht oder nur teilweise erfolgt, kann dies konsequenterweise nicht zu Lasten der Versichertengemeinschaft gehen. Solche Kosten stehen nicht im Zusammenhang mit der Aufnahme einer neuen Beschäftigung, sondern resultieren aus den Besonderheiten der Einsatzwechseltätigkeit. Sofern bei einer Einsatzwechseltätigkeit die Gewährung von Mobilitätshilfen nach § 53 Abs. 2 Nr. 3 SGB III überhaupt in Betracht kommt (z.B. § 53 Abs. 2 Nr. 3a SGB III), muss bezüglich der auswärtigen Arbeitsstelle jedoch auf den Sitz des Arbeitgebers abgestellt werden. Dabei geht es nicht vordergründig um den im Handelsregister eingetragenen Sitz eines Unternehmens, sondern um die jeweilige Organisationseinheit, die das Arbeitsverhältnis "betreut", d. h. den Einsatz des Arbeitnehmers regelt.
Danach hat der Kläger im maßgeblichen Förderzeitraum (vgl. § 54 Abs. 4 SGB III) keinen Anspruch auf die Gewährung einer Fahrkostenbeihilfe, da diese Mobilitätshilfe nicht zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig war und darüber hinaus keine auswärtige Arbeitsaufnahme i.S.d. § 53 Abs. 2 Nr. 3b SGB III vorliegt. Arbeitgeber des Klägers ist die A. P. GmbH mit Sitz in F ... Als für das konkrete Arbeitsverhältnis zuständige Organisationseinheit ist jedoch die Niederlassung dieser GmbH in B. anzusehen. Die Personalberaterin dieser Niederlassung hat den Arbeitsvertrag mit dem Kläger für den Niederlassungsbereich in B. abgeschlossen. Nach den zum Inhalt des Arbeitsvertrages gemachten A. Verhaltensrichtlinien für Mitarbeiter ist die Niederlassung sowohl für die Arbeitsplatzzuweisung als auch für die Gewährung von Erholungsurlaub zuständig. Der Kläger ist danach auch verpflichtet, eventuelle Arbeitsverhinderungen oder Änderungen im persönlichen Bereich bei der Niederlassung zu melden. Die dem Kläger entstandenen Kosten für die Fahrten zwischen seinem Wohnort und den konkreten Einssatzstellen stehen nicht im Zusammenhang mit der Aufnahme der Beschäftigung bei seinem Arbeitgeber, sondern sind vielmehr auf die Arbeitsplatzzuweisungen seines Arbeitgebers zurückzuführen. Da sowohl Wohnort als auch Arbeitsstelle (= Sitz des Arbeitgebers) des Klägers in B. ist, liegt auch keine auswärtige Arbeitsaufnahme i.S.d. § 53 Abs. 2 Nr. 3 SGB III vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
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