Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KR 5022/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 253/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 100/07 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 19. Juli 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 3.041,55 Euro festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Beginn der Versicherungspflicht der für die Klägerin tätigen Organisten.
Die Klägerin ist Trägerin der Kirchengemeinde St. J. in K ... Die Beigeladenen natürlichen Personen sind als Kirchenorganisten dort tätig.
Aufgrund der Betriebsprüfung vom 03.11.2003 bis 13.08.2004 forderte die Beklagte für den Prüfzeitraum 01.01.1999 bis 31.12.2002 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 3.041,55 Euro einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 660,44 Euro nach. Die Klägerin habe die Organisten im Prüfzeitraum zu Unrecht als Selbständige geführt, tatsächlich seien diese jedoch abhängig beschäftigt, so dass die entsprechenden Beiträge nachzuzahlen seien (Bescheid vom 20.08.2004/Wider- spruchsbescheid vom 23.06.2005). In dieser Entscheidung führte die Beklagte zudem aus, die Versicherungspflicht habe mit der Aufnahme der Beschäftigung als Organist begonnen, die davon abweichende Regelung, wonach die Versicherungspflicht erst mit dem Tag der Bekanntgabe des Bescheides eintrete, sei tatbestandlich nicht erfüllt, weil drei im Einzelnen benannte Voraussetzungen nicht erfüllt seien.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth haben die Klägerin und die Beklagte übereinstimmend erklärt, die Versicherungspflicht der Organisten sei dem Grunde nach nicht mehr streitig, sondern lediglich der Beginn der Versicherungspflicht ab Bescheidbekanntgabe. Dementsprechend hat die Klägerin beantragt, die Entscheidung abzuändern und den Beginn der Versicherungspflicht erst ab 27.08.2004 festzustellen.
Mit Urteil vom 19.07.2006 hat das Sozialgericht diesem Begehren stattgegeben und festgestellt, die Versicherungspflicht der im Prüfzeitraum beschäftigten Organisten beginne erst am 27.08.2004. Die im Einzelnen benannten tatbestandlichen Voraussetzungen für den späteren Beginn seien erfüllt, weil weder die Klägerin noch deren gesetzlicher Vertreter vorsätzlich oder grob fahrlässig von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen seien. Ein eventuelles Fehlverhalten des Erzbischöflichen Ordinariats müsse sich die Klägerin nicht zurechnen lassen, insoweit sei eine Abrechnungsstelle nicht anzunehmen.
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und geltend gemacht, die Voraussetzungen für den späteren Versicherungsbeginn seien nicht erfüllt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.07.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen habe keine Anträge gestellt.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 14.11.2007 waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch begründet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen späteren Beginn der festgestellten Versicherungspflicht sind nicht erfüllt, § 7b SGB IV.
Streitgegenständlich ist der Bescheid vom 20.08.2004/Wider- spruchsbescheid vom 23.06.2005 nur noch hinsichtlich der Frage, wann der Versicherungsbeginn für die erfassten Organisten anzunehmen ist. Nach der übereinstimmenden Erklärung der Klägerin und der Beklagten vor dem Sozialgericht Bayreuth ist nicht mehr darüber zu befinden, ob die Organisten im Rahmen eines selbständigen Honorarverhältnisses oder als versicherungspflichtige Beschäftigte gemäß § 7 Abs.1 SGB IV anzusehen sind. Unstreitig liegen insoweit versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse vor, in dieser Hinsicht ist die Entscheidung der Beklagten bestandskräftig geworden.
Die Versicherungspflicht aus einem Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Abs.1 SGB IV beginnt mit der Aufnahme der faktischen Tätigkeit. Weil streitgegenständlich die Versicherungspflicht lediglich im Prüfzeitraum ist und die im Bescheid/Widerspruchsbescheid erfassten Organisten in dieser Zeit bereits tätig waren, ist Versicherungspflicht ab dem 01.01.1999 festzustellen.
Die Ausnahmevorschrift für einen späteren Beginn gemäß § 7b SGB IV ist tatbestandlich nicht erfüllt. Es fehlt bereits an der Zustimmung der Beschäftigten gemäß § 7b Nr.1 SGB IV. Die betroffenen Beigeladenen haben die Zustimmung bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht erteilt. Eines Hinweises des Senates hierauf bedurfte es nicht, denn die Beklagte hatte bereits im Ausgangsbescheid die tatbestandlichen Voraussetzungen, insbesondere auch die § 7b Nr.1 SGB IV aufgelistet. Sie hat zudem in der Berufungsbegründung ausdrücklich die Zustimmung der Beschäftigten thematisiert. Gleichwohl hat die Klägerin, die sich auf die Ausnahmevorschrift des späteren Versicherungsbeginnes beruft, dazu nichts vorgetragen. Auch die beigeladenen Organisten haben sich dazu nicht geäußert. Gesichtspunkte, die eine Geltendmachung der fehlenden Zustimmung hindern könnten, sind damit nicht ersichtlich.
Die Beitragsnachforderung der Beklagten ist auch nicht verjährt, denn die vierjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs.1 Satz 1 SGB IV war für die Dauer der Betriebsprüfung gehemmt gemäß § 25 Abs.2 SGB IV. Die Beklagte war damit im Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch berechtigt, Beiträge für 1999 nachzufordern. Auf die Frage der 30-jährigen Verjährung bei vorsätzlich vorenthaltenen Beiträgen ist damit nicht näher einzugehen, § 25 Abs.1 Satz 2 SGB IV.
Auch der Höhe nach sind gegen die Beitragsnachforderungen der Beklagten keine Bedenken ersichtlich, vielmehr hat die Beklagte ausgehend von der Dokumentation der Klägerin und den zutreffend ausgewerteten Aufzeichnungen die Höhe der Beiträge richtig berechnet. Dies wird auch von der Klägerin oder den anderen Beigeladenen nicht bestritten. Zudem war die Beklagte auch berechtigt, wegen Verstoßes gegen die Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten eines Arbeitgebers gemäß § 27f Abs.1 SGB IV, was der Klägerin vorzuhalten ist, einen Summenbescheid zu erlassen gemäß § 28f Abs.2 SGB IV. Insoweit ist festzustellen, dass auch die dort errechneten Beiträge zutreffend sind. Sollte insoweit die Klägerin nachträglich die Höhe des Arbeitsentgeltes nachweisen können, wird ihr durch den Summenbescheid kein Nachteil erwachsen, denn nach § 27f Abs.2 Satz 5 SGB IV wäre dann die Beklagte zur Abänderung des Summenbescheides verpflichtet.
Auch gegen die dem Grunde und der Höhe nach zutreffend berechneten Säumniszuschläge bestehen keine Einwände, § 24 SGB IV. Die Klägerin hat gegen die Säumniszuschläge keine Einwände vorgetragen, solche sind auch nicht ersichtlich. Die der Klägerin gemäß § 24 Abs.2 SGB IV obliegende Glaubhaftmachung ist weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsverfahren erfolgt.
Damit steht fest, dass der Bescheid vom 20.08.2004/Wider- spruchsbescheid vom 23.06.2005 aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist. Unter Aufhebung des abändernden Urteils des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.07.2006 war deshalb auf die Berufung der Beklagten die Klage voll umfänglich abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs.1 VwGO.
Die Höhe des Streitwerts entspricht der Festsetzung der ersten Instanz, § 47 Abs.2 Satz 1 GKG.
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, § 160 SGG.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 3.041,55 Euro festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Beginn der Versicherungspflicht der für die Klägerin tätigen Organisten.
Die Klägerin ist Trägerin der Kirchengemeinde St. J. in K ... Die Beigeladenen natürlichen Personen sind als Kirchenorganisten dort tätig.
Aufgrund der Betriebsprüfung vom 03.11.2003 bis 13.08.2004 forderte die Beklagte für den Prüfzeitraum 01.01.1999 bis 31.12.2002 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 3.041,55 Euro einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 660,44 Euro nach. Die Klägerin habe die Organisten im Prüfzeitraum zu Unrecht als Selbständige geführt, tatsächlich seien diese jedoch abhängig beschäftigt, so dass die entsprechenden Beiträge nachzuzahlen seien (Bescheid vom 20.08.2004/Wider- spruchsbescheid vom 23.06.2005). In dieser Entscheidung führte die Beklagte zudem aus, die Versicherungspflicht habe mit der Aufnahme der Beschäftigung als Organist begonnen, die davon abweichende Regelung, wonach die Versicherungspflicht erst mit dem Tag der Bekanntgabe des Bescheides eintrete, sei tatbestandlich nicht erfüllt, weil drei im Einzelnen benannte Voraussetzungen nicht erfüllt seien.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth haben die Klägerin und die Beklagte übereinstimmend erklärt, die Versicherungspflicht der Organisten sei dem Grunde nach nicht mehr streitig, sondern lediglich der Beginn der Versicherungspflicht ab Bescheidbekanntgabe. Dementsprechend hat die Klägerin beantragt, die Entscheidung abzuändern und den Beginn der Versicherungspflicht erst ab 27.08.2004 festzustellen.
Mit Urteil vom 19.07.2006 hat das Sozialgericht diesem Begehren stattgegeben und festgestellt, die Versicherungspflicht der im Prüfzeitraum beschäftigten Organisten beginne erst am 27.08.2004. Die im Einzelnen benannten tatbestandlichen Voraussetzungen für den späteren Beginn seien erfüllt, weil weder die Klägerin noch deren gesetzlicher Vertreter vorsätzlich oder grob fahrlässig von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen seien. Ein eventuelles Fehlverhalten des Erzbischöflichen Ordinariats müsse sich die Klägerin nicht zurechnen lassen, insoweit sei eine Abrechnungsstelle nicht anzunehmen.
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt und geltend gemacht, die Voraussetzungen für den späteren Versicherungsbeginn seien nicht erfüllt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.07.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen habe keine Anträge gestellt.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 14.11.2007 waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch begründet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen späteren Beginn der festgestellten Versicherungspflicht sind nicht erfüllt, § 7b SGB IV.
Streitgegenständlich ist der Bescheid vom 20.08.2004/Wider- spruchsbescheid vom 23.06.2005 nur noch hinsichtlich der Frage, wann der Versicherungsbeginn für die erfassten Organisten anzunehmen ist. Nach der übereinstimmenden Erklärung der Klägerin und der Beklagten vor dem Sozialgericht Bayreuth ist nicht mehr darüber zu befinden, ob die Organisten im Rahmen eines selbständigen Honorarverhältnisses oder als versicherungspflichtige Beschäftigte gemäß § 7 Abs.1 SGB IV anzusehen sind. Unstreitig liegen insoweit versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse vor, in dieser Hinsicht ist die Entscheidung der Beklagten bestandskräftig geworden.
Die Versicherungspflicht aus einem Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Abs.1 SGB IV beginnt mit der Aufnahme der faktischen Tätigkeit. Weil streitgegenständlich die Versicherungspflicht lediglich im Prüfzeitraum ist und die im Bescheid/Widerspruchsbescheid erfassten Organisten in dieser Zeit bereits tätig waren, ist Versicherungspflicht ab dem 01.01.1999 festzustellen.
Die Ausnahmevorschrift für einen späteren Beginn gemäß § 7b SGB IV ist tatbestandlich nicht erfüllt. Es fehlt bereits an der Zustimmung der Beschäftigten gemäß § 7b Nr.1 SGB IV. Die betroffenen Beigeladenen haben die Zustimmung bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht erteilt. Eines Hinweises des Senates hierauf bedurfte es nicht, denn die Beklagte hatte bereits im Ausgangsbescheid die tatbestandlichen Voraussetzungen, insbesondere auch die § 7b Nr.1 SGB IV aufgelistet. Sie hat zudem in der Berufungsbegründung ausdrücklich die Zustimmung der Beschäftigten thematisiert. Gleichwohl hat die Klägerin, die sich auf die Ausnahmevorschrift des späteren Versicherungsbeginnes beruft, dazu nichts vorgetragen. Auch die beigeladenen Organisten haben sich dazu nicht geäußert. Gesichtspunkte, die eine Geltendmachung der fehlenden Zustimmung hindern könnten, sind damit nicht ersichtlich.
Die Beitragsnachforderung der Beklagten ist auch nicht verjährt, denn die vierjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs.1 Satz 1 SGB IV war für die Dauer der Betriebsprüfung gehemmt gemäß § 25 Abs.2 SGB IV. Die Beklagte war damit im Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch berechtigt, Beiträge für 1999 nachzufordern. Auf die Frage der 30-jährigen Verjährung bei vorsätzlich vorenthaltenen Beiträgen ist damit nicht näher einzugehen, § 25 Abs.1 Satz 2 SGB IV.
Auch der Höhe nach sind gegen die Beitragsnachforderungen der Beklagten keine Bedenken ersichtlich, vielmehr hat die Beklagte ausgehend von der Dokumentation der Klägerin und den zutreffend ausgewerteten Aufzeichnungen die Höhe der Beiträge richtig berechnet. Dies wird auch von der Klägerin oder den anderen Beigeladenen nicht bestritten. Zudem war die Beklagte auch berechtigt, wegen Verstoßes gegen die Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten eines Arbeitgebers gemäß § 27f Abs.1 SGB IV, was der Klägerin vorzuhalten ist, einen Summenbescheid zu erlassen gemäß § 28f Abs.2 SGB IV. Insoweit ist festzustellen, dass auch die dort errechneten Beiträge zutreffend sind. Sollte insoweit die Klägerin nachträglich die Höhe des Arbeitsentgeltes nachweisen können, wird ihr durch den Summenbescheid kein Nachteil erwachsen, denn nach § 27f Abs.2 Satz 5 SGB IV wäre dann die Beklagte zur Abänderung des Summenbescheides verpflichtet.
Auch gegen die dem Grunde und der Höhe nach zutreffend berechneten Säumniszuschläge bestehen keine Einwände, § 24 SGB IV. Die Klägerin hat gegen die Säumniszuschläge keine Einwände vorgetragen, solche sind auch nicht ersichtlich. Die der Klägerin gemäß § 24 Abs.2 SGB IV obliegende Glaubhaftmachung ist weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsverfahren erfolgt.
Damit steht fest, dass der Bescheid vom 20.08.2004/Wider- spruchsbescheid vom 23.06.2005 aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist. Unter Aufhebung des abändernden Urteils des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.07.2006 war deshalb auf die Berufung der Beklagten die Klage voll umfänglich abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs.1 VwGO.
Die Höhe des Streitwerts entspricht der Festsetzung der ersten Instanz, § 47 Abs.2 Satz 1 GKG.
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, § 160 SGG.
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