Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 324/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Ablehnung der Eintragung des Klägers in das Arztregister als Facharzt für Allgemeinmedizin wegen fehlender fünfjähriger Weiterbildung.
Der 1963 geb. Kläger ist approbierter Arzt. Er ist als "praktischer Arzt" seit 01.07.1996 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Mit Urkunde der Landesärztekammer Hessen vom 31.12.2004 wurde ihm die Anerkennung als Facharzt für Allgemeinmedizin ausgesprochen. Die Beklagte ist die Kassenärztliche Vereinigung Hessen.
Der Kläger beantragte am 12.03.2007 die Eintragung als Facharzt für Allgemeinmedizin in das Arztregister durch die Beklagte.
Die Beklagte lehnte die Eintragung in das Arztregister mit Bescheid vom 27.03.2007 unter Hinweis auf die Änderung des § 95a SGB V durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 – Artikel 22 Abs. 3 - und die darin enthaltende Frist zur Eintragung in das Arztregister, bei drei- beziehungsweise vierjähriger Weiterbildungszeit in der Allgemeinmedizin, ab.
Hiergegen legte der Kläger am 05.04.2007 Widerspruch ein. In der Begründung des Widerspruchs machte er geltend, die Ablehnung bedeute für ihn ein Wettbewerbsnachteil, da immer mehr Leistungen nur noch facharztgebunden anrechenbar seien, so z. B. der Akupunktur.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Widerspruch sei unbegründet. Der Kläger habe keine fünfjährige Weiterbildungszeit absolviert. Sein Zeugnis beruhe auf der Übergangsregelung nach § 38a Heilberufsgesetz.
Hiergegen hat der Kläger am 20.07.2007 die Klage erhoben. Er trägt vor, die gesteigerten Qualitätsanforderungen verletzten ihn in seinen Rechten aus Art. 12 Abs. 1 GG. Es sei nicht ersichtlich, weshalb seine Qualifikation nicht ausreichen sollte, nur weil er die Urkunde nicht bis 31.12.2005 eingereicht habe. Ein besserer Schutz werde für die Patienten dadurch nicht erreicht. Es müsse die Inländergleichbehandlung bei Umsetzung von EG-Recht gewährleistet werden. Er begehre lediglich die Ergänzung seiner bisherigen Eintragung. Die Ausnahmeregelung für Zeiten der Kindererziehung mache deutlich, dass der Gedanke der Qualitätssicherung aus Gleichbehandlungsgründen durchbrochen werde.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 27.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Eintragung der Urkunde "Facharzt für Allgemeinmedizin" in das Arztregister vorzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Kläger habe die Voraussetzungen nach § 95a SGB V nicht nachgewiesen. Für jede neue Eintragung oder Änderung im Arztregister seien die Voraussetzungen nachzuweisen. Eine Änderung im Arztregister von "praktischer Arzt" in "Facharzt für Allgemeinmedizin" stelle nicht ein Weniger einer neuen Eintragung dar.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der Beratungen gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei Vertretern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten beraten und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Sie konnte dies ohne mündliche Verhandlung tun, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Klage ist zulässig. Sie ist aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 27.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2007 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Eintragung der Urkunde "Facharzt für Allgemeinmedizin" in das Arztregister vornimmt.
Die Beklagte hat zu Recht den Antrag auf Eintragung in das Arztregister vom 12.03.2007 abgelehnt.
Nach § 95a SGB setzt die Eintragung in das Arztregister bei Ärzten voraus:
1. die Approbation als Arzt,
2. den erfolgreichen Abschluss entweder einer allgemeinmedizinischen Weiterbildung oder einer Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet mit der Befugnis zum Führen einer entsprechenden Gebietsbezeichnung oder den Nachweis einer Qualifikation, die gemäß den Absätzen 4 und 5 anerkannt ist (§ 95a Abs. 1 SGB V).
Eine allgemeinmedizinische Weiterbildung im Sinne von § 95 Abs. 1 Nr. 2 ist nachgewiesen, wenn der Arzt nach landesrechtlichen Vorschriften zum Führen der Facharztbezeichnung für Allgemeinmedizin berechtigt ist und diese Berechtigung nach einer mindestens fünfjährigen erfolgreichen Weiterbildung in der Allgemeinmedizin bei zur Weiterbildung ermächtigten Ärzten und in dafür zugelassenen Einrichtungen erworben hat. Bis zum 31. Dezember 2008 ist eine dem Satz 1 entsprechende mindestens dreijährige Weiterbildung ausnahmsweise ausreichend, wenn nach den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften eine begonnene Weiterbildung in der Allgemeinmedizin, für die eine Dauer von mindestens drei Jahren vorgeschrieben war, wegen der Erziehung eines Kindes in den ersten drei Lebensjahren, für das dem Arzt die Personensorge zustand und mit dem er in einem Haushalt gelebt hat, die Weiterbildung unterbrochen worden ist und nach den landesrechtlichen Vorschriften als mindestens dreijährige Weiterbildung fortgesetzt werden darf. Satz 2 gilt entsprechend, wenn aus den dort genannten Gründen der Kindererziehung die Aufnahme einer vertragsärztlichen Tätigkeit in der Allgemeinmedizin vor dem 1. Januar 2006 nicht möglich war und ein entsprechender Antrag auf Eintragung in das Arztregister auf der Grundlage einer abgeschlossenen mindestens dreijährigen Weiterbildung bis zum 31. Dezember 2008 gestellt wird (§ 95a Abs. 2 SGB V). Die Voraussetzungen zur Eintragung sind auch erfüllt, wenn der Arzt auf Grund von landesrechtlichen Vorschriften zur Ausführung der Richtlinie des Rates der EG vom 15. September 1986 über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin (86/457/EWG) bis zum 31. Dezember 1995 die Bezeichnung "Praktischer Arzt" erworben hat (§ 95a Abs. 4 SGB V). Einzutragen sind auf ihren Antrag auch im Inland zur Berufsausübung zugelassene Ärzte, wenn sie Inhaber von in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ausgestellten Diplomen, Prüfungszeugnissen oder sonstigen Befähigungsnachweisen sind, die in Ausführung des Artikels 1 der Richtlinie des Rates der EG vom 15. September 1986 über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin (86/457/EWG) ausgestellt worden oder nach Artikel 6 dieser Richtlinie den in Artikel 1 geregelten Nachweisen gleichgestellt sind. Einzutragen sind auch Inhaber von in anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Diplomen, Prüfungszeugnissen oder sonstigen Befähigungsnachweisen des Facharztes, die nach Artikel 4 der Richtlinie des Rates der EG vom 16. Juni 1975 für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise des Arztes und für die Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr (75/362/EWG) anzuerkennen sind oder wenn sie, sofern sie die Eintragung bis zum 31. Dezember 1994 beantragen, Inhaber von nach Artikel 3 dieser Richtlinie anerkannten, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ausgestellten Diplomen, Prüfungszeugnissen oder sonstigen Befähigungsnachweisen des Arztes sind.
§ 95a SGB V wurde durch Art. 1 Nr. 52 Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung/Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) v. 21.12.1992, BGBl I 2266 mit Wirkung vom 01.01.1994 eingefügt und sah zunächst eine dreijährige Weiterbildungszeit vor. Art. 1 Nr. 40 Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 (GKVRefG 2000)) v. 22.12.1999, BGBl I 2626, der erst mit Wirkung ab dem 01.01.2006 in Kraft trat, ersetzte in den Abs. 2 und 3 jeweils das Wort "dreijährigen" durch "fünfjährigen", wodurch nach einer Übergangszeit von über fünf Jahren nunmehr eine fünfjährige Weiterbildung zum Facharzt Voraussetzung für die Eintragung in das Arztregister und damit der Zulassung ist. Art. 1 Nr. 5a Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze (Vertragsarztrechtsänderungsgesetz - VÄndG) v. 22.12.2006, BGBl I 3439 fügte in Abs. 2 die Sätze 2 und 3 mit rückwirkender Geltung zum 01.01.2006 (Art. 8 Abs. 2 VÄndG) ein.
Der Gesetzgeber des GSG wollte durch die Vorschrift die allgemeinmedizinische Qualifikation dadurch verbessern, dass eine - zunächst - dreijährige strukturierte Weiterbildung in der Allgemeinmedizin als obligatorische Voraussetzungen für die Kassenzulassung vorgesehen wird. Nach der Gesetzesbegründung werde damit auch gleichzeitig die sich aus der EG-Richtlinie über eine spezifische Ausbildungen in der Allgemeinmedizin ergebende Verpflichtung erfüllt, ab Januar 1995 den Zugang von Ärzten (Fachärzte ausgenommen) zur gesetzlichen Krankenversicherung von einer spezifischen allgemeinmedizinischen Qualifikation abhängig zu machen. Die inhaltliche Ausgestaltung der Qualifikation werde den landesrechtlichen Bestimmungen nach dem Weiterbildungsrecht überlassen. Auf diese Weise bleibe die Autonomie der Ärztekammern zur Ausgestaltung der Weiterbildungsanforderungen in der Allgemeinmedizin erhalten. Die dreijährige Weiterbildungszeit in der Allgemeinmedizin sei unverzichtbar und in den letzten Jahren verstärkt und ohne Gegenstimmen gefordert worden. Auch in der Allgemeinmedizin sollten ebenso wie in allen übrigen 28 ärztlichen Fachgebieten nur weitergebildete Ärzte die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung betreuen. Die Stellung des hausärztlich tätigen Allgemeinmediziners im ärztlichen Versorgungssystem mache dies unausweichlich. Dieser besitze eine einzigartige Steuerungsfunktion, die von ausschlaggebender Bedeutung sei. Neben den allgemeinmedizinischen Erfordernissen seien wesentliche Bereiche aus dem Gebiet der Inneren Medizin sowie der Allgemein- und Unfallchirurgie für den Allgemeinmediziner zu erlernen. Nach der Musterweiterbildungsordnung sei auch der Erwerb von fachkundigen Laboruntersuchungen in der Allgemeinmedizin, in Mutterschaftsvorsorge und in Früherkennung von Krankheiten bis zum Ende des ersten Lebensjahres erforderlich. Es sei unstreitig, dass diese qualitativen Anforderungen keinesfalls in einem Zeitraum unterhalb von drei Jahren erlernt werden könnten. Nur als Zulassungsvoraussetzung könne den besonderen Erfordernissen, die an eine wirtschaftliche Leistungserbringung gestellt werden müssten, Rechnung getragen werden. Nur der Allgemeinmediziner könne durch seine Überwachungs- und Verteilungsfunktion den Versicherten vor unnötigen Behandlungen durch Dritte bewahren. Nur er könne das medizinisch Notwendige veranlassen und die erhobenen Befunde in sinnvoller und wirtschaftlicher Weise zusammenführen. Die Zeit als Arzt im Praktikum werde angerechnet. Die bisherige Regelung über die Vorbereitungszeit werde gestrichen. In den Absätzen 3 bis 5 trage die Neuregelung den Anforderungen des EG-Rechts Rechnung (vgl. BT-Drs. 12/3608 zu Nr. 49 (§ 95a), S. 94). Mit der Heraufsetzung der Weiterbildungszeit für Allgemeinärzte auf fünf Jahre griff der Gesetzgeber Vorschläge im "Initiativprogramm zur Sicherstellung der allgemeinmedizinischen Versorgung" auf, die bereits in den Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern umgesetzt worden waren. Es sei deshalb davon auszugehen, dass ab dem Jahre 2006 die die Niederlassung anstrebenden Allgemeinärzte diese Anforderung erfüllten. Der Zeitraum von sechs Jahren zwischen Verkündung und Inkrafttreten dieser Regelung gebe den Allgemeinärzten mit dreijähriger Weiterbildung genügend zeitlichen Spielraum, um eventuelle Niederlassungsabsichten umzusetzen (vgl. BT-Drs. 14/1245 zu Nr. 50 (§ 95a), S. 76 f.).
Die Einfügung der Sätze 2 und 3 in Abs. 3 als Übergangsregelung zur Vorgabe einer mindestens fünfjährigen Weiterbildung bei Kindererziehungszeiten geht auf den Vorschlag des Ausschusses für Gesundheit zurück. Nach dem Ausschussbericht hat die Vorgabe einer mindestens fünfjährigen Weiterbildung dazu geführt, dass verschiedenen Ärztinnen und Ärzten, die eine drei- oder vierjährige Weiterbildung absolviert haben, bisher aber aus Gründen der Kindererziehung und der fehlenden Möglichkeit der Aufnahme vertragsärztlicher Tätigkeit noch keine Arztregistereintragung beantragt haben oder beantragen konnten, nach dem Wortlaut der Vorschriften seit dem 01.01.2006 der Zugang zur vertragsärztlichen Tätigkeit versagt werden musste. Eine ähnliche Problematik bestehe für Ärztinnen und Ärzte, die aufgrund weiterbildungsrechtlicher Übergangslösungen in den Kammerbereichen ebenfalls in Zusammenhang mit Kindererziehungszeiten noch einen Anspruch darauf hätten, die einmal begonnene allgemeinmedizinische Weiterbildung als dreijährige Weiterbildung zu beenden. Die Ergänzung des § 95a Abs. 2 sehe daher für die vorgenannten Fälle eine Ausnahme vor, nach der für eine dreijährige Übergangszeit ausnahmsweise eine mindestens dreijährige Weiterbildung für Allgemeinmedizin als ausreichend angesehen werde, wenn diese vor dem Stichtag begonnen und noch ableistbar sei oder davor abgeschlossen und nicht für eine Berufsaufnahme habe benutzt werden können (vgl. BTDrs. 16/3157, S. 4 f.).
Die bisherige Weiterbildungszeit von drei Jahren für Allgemeinmediziner hat das Bundessozialgericht (BSG) als verfassungsgemäß angesehen (vgl. BSG v. 25.11.1998 - B 6 KA 58/97 R - SozR 3-2500 § 95 Nr. 19, juris Rdnr. 14 unter Hinweis auf BSG v. 01.07.1998 – B 6 KA 25/97 - USK 98167, juris Rn. 14 ff. m.w.N.; BSG v. 13.12.2000 - B 6 KA 26/00 R - SozR 3-2500 § 95a Nr. 2, juris Rdnr. 18). Aus den gleichen Gründen handelt es sich auch bei der fünfjährigen Weiterbildungszeit um eine verfassungsgemäße Beschränkung der Berufsausübung i. S. von Art 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Das Bundesverfassungsgericht hat vertragsarztrechtliche Beschränkungen aufgrund zusätzlicher qualitativer Anforderungen gerade unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit der Versorgung als zulässig angesehen. Der Wirtschaftlichkeit diene letztlich auch die Qualitätssicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung, indem sie nicht nur ein bestimmtes Niveau der Versorgung gewährleiste, sondern auch den sparsamen Einsatz von Ressourcen (vgl. BVerfG, 1. Sen., 2. Ka., Nichtannahmebeschl. v. 16.07.2004 - 1 BvR 1127/01 - (Kernspintomographie-Vereinbarung) SozR 4-2500 § 135 Nr. 2 = ZMGR 2004, 195 = NVwZ 2004, 1347 = MedR 2004, 608 = GesR 2004, 530 = NZS 2005, 91, juris Rdnr. 25; BVerfG, 1. Sen., 2. Ka., Nichtannahmebeschl. v. 27.04.2001 - 1 BvR 1282/99 - MedR 2001, 639 = DVBl 2002, 400, juris Rdnr. 7; BVerfG, Beschl. v. 20.03.2001 - 1 BvR 491/96 - (Altersgrenze für Kassenärzte) BVerfGE 103, 172 = SozR 3-5520 § 25 Nr. 4 = NJW 2001, 1779, juris Rdnr. 57-63).
Der Bund hat auch nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG die Gesetzgebungskompetenz, die Voraussetzungen für die Zulassung als Vertragsarzt bzw. die Eintragung in das Arztregister zu regeln. Eine solche Regelung gehört der Sache nach zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. Zur in Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG genannten "Sozialversicherung" zählt auch das Vertragsarztrecht (vgl. BSG, Urt. v. 18.03.1998 - B 6 KA 23/97 R – BSGE 82, 55 = SozR 3-2500 § 135 Nr. 9, juris Rdnr. 19 m. w. N.). In der Entscheidung zur Aufteilung in eine hausärztliche und fachärztliche Versorgung hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellt, dass die Argumente, die von einer Kompetenzwidrigkeit des § 73 Abs. 1 a bis c und § 95 a Abs. 1 bis 3 SGB V ausgingen, nicht die selbständige Bedeutung der Sozialversicherung, in der eigenständige Regelungen auf Grundlage ihres Auftrages jederzeit möglich seien, berücksichtigten (vgl. BVerfG, 1. Sen., 2. Ka., Beschl. v. 17.06.1999 - 1 BvR 2507/97 - SozR 3-2500 § 73 Nr. 3 = NJW 1999, 2730 = MedR 1999, 560, juris Rdnr. 21). In der Literatur wird ferner zutreffend darauf hingewiesen, dass kein Fall der Inländerdiskriminierung vorliege, obwohl Art. 31 Abs. 1 lit. b der Richtlinie nur eine (mindestens) zweijährige Allgemeinarztausbildung verlange, da das im Rahmen der Aufwertung hausärztlicher Tätigkeit vom deutschen Gesetzgeber verfolgte Ziel wirtschaftlicher Leistungserbringung als sachlicher Differenzierungsgrund anzuerkennen sei (vgl. XP. M. Gassner, Der Einfluß des Europäischen Gemeinschaftsrechts in Rechtsetzung und Rechtsprechung auf die freien Heilberufe, ZfSH/SGB 1995, S. 470 ff., 474).
Von daher hält die Kammer § 95a SGB V für rechtmäßig. Der Kläger erfüllt auch nicht die Voraussetzungen einer fünfjährigen Weiterbildung, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Er hat auch nicht wegen der Erziehung eines Kindes in den ersten drei Lebensjahren die Weiterbildung unterbrochen. Er hat vielmehr vor Ablauf des Stichtages am 01.01.2006 ihre Weiterbildung abgeschlossen bzw. aufgrund des Übergangsrechts nach dem Heilberufsgesetz die Facharzturkunde erhalten.
Die Facharzturkunde datiert vom 31.12.2004. Es kann hier dahinstehen, wann der Kläger sie erhalten hat. Er hätte sie auf jeden Fall noch vor Auslaufen der vom Gesetzgeber eingeräumten Übergangsfrist erhalten können. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Ergänzung noch in das Arztregister eingetragen werden können. Weshalb der Kläger eine Antragstellung unterlassen hat, hat er nicht begründet. Die verspätete Antragstellung muss er sich aber selbst zurechnen lassen. Besondere Aufklärungspflichten ihm gegenüber bestanden weder für die Bezirksärztekammer noch für die Beklagte. Die Eintragung in das Arztregister ist nur von Bedeutung für eine spätere Zulassung als Vertragsarzt oder der Tätigkeit als angestellter Arzt bei einem Vertragsarzt oder Medizinischen Versorgungszentrum. Dieser Bereich gehört aber nicht zu den Aufgaben der Landesärztekammer. Eine solche Tätigkeit ist auch nicht zwingend mit dem Abschluss einer Weiterbildung verbunden. Im Verhältnis zur Beklagten bestand aber seinerzeit kein Anlass zu einer Beratung, so dass bereits deshalb eine Beratungspflicht nicht bestehen konnte. Der Kläger hat nicht vorgetragen, sich innerhalb der Übergangsfrist an die Beklagte gewandt zu haben. Letztlich ist die Versäumung der Antragsfrist ursächlich für die Ablehnung der Eintragung in das Arztregister. Wiedereinsetzungsgründe würden selbst dann, wenn die genannten Ausschlussfristen über die vom Gesetzgeber nachträglich eingeräumten Ausnahmen überhaupt eine Wiedereinsetzung zuließen, nicht vorliegen, da der Kläger nicht gehindert war, rechtzeitig einen Antrag zu stellen.
Nach allem war die Klage bereits abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den gesetzlichen Vorgaben.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Ein wirtschaftlicher Wert dieses Verfahrens ist für die Kammer nicht erkennbar. Auszugehen ist daher vom Regelstreitwert. Dies ergab den festgesetzten Streitwert.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Ablehnung der Eintragung des Klägers in das Arztregister als Facharzt für Allgemeinmedizin wegen fehlender fünfjähriger Weiterbildung.
Der 1963 geb. Kläger ist approbierter Arzt. Er ist als "praktischer Arzt" seit 01.07.1996 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Mit Urkunde der Landesärztekammer Hessen vom 31.12.2004 wurde ihm die Anerkennung als Facharzt für Allgemeinmedizin ausgesprochen. Die Beklagte ist die Kassenärztliche Vereinigung Hessen.
Der Kläger beantragte am 12.03.2007 die Eintragung als Facharzt für Allgemeinmedizin in das Arztregister durch die Beklagte.
Die Beklagte lehnte die Eintragung in das Arztregister mit Bescheid vom 27.03.2007 unter Hinweis auf die Änderung des § 95a SGB V durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 – Artikel 22 Abs. 3 - und die darin enthaltende Frist zur Eintragung in das Arztregister, bei drei- beziehungsweise vierjähriger Weiterbildungszeit in der Allgemeinmedizin, ab.
Hiergegen legte der Kläger am 05.04.2007 Widerspruch ein. In der Begründung des Widerspruchs machte er geltend, die Ablehnung bedeute für ihn ein Wettbewerbsnachteil, da immer mehr Leistungen nur noch facharztgebunden anrechenbar seien, so z. B. der Akupunktur.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Widerspruch sei unbegründet. Der Kläger habe keine fünfjährige Weiterbildungszeit absolviert. Sein Zeugnis beruhe auf der Übergangsregelung nach § 38a Heilberufsgesetz.
Hiergegen hat der Kläger am 20.07.2007 die Klage erhoben. Er trägt vor, die gesteigerten Qualitätsanforderungen verletzten ihn in seinen Rechten aus Art. 12 Abs. 1 GG. Es sei nicht ersichtlich, weshalb seine Qualifikation nicht ausreichen sollte, nur weil er die Urkunde nicht bis 31.12.2005 eingereicht habe. Ein besserer Schutz werde für die Patienten dadurch nicht erreicht. Es müsse die Inländergleichbehandlung bei Umsetzung von EG-Recht gewährleistet werden. Er begehre lediglich die Ergänzung seiner bisherigen Eintragung. Die Ausnahmeregelung für Zeiten der Kindererziehung mache deutlich, dass der Gedanke der Qualitätssicherung aus Gleichbehandlungsgründen durchbrochen werde.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 27.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Eintragung der Urkunde "Facharzt für Allgemeinmedizin" in das Arztregister vorzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Kläger habe die Voraussetzungen nach § 95a SGB V nicht nachgewiesen. Für jede neue Eintragung oder Änderung im Arztregister seien die Voraussetzungen nachzuweisen. Eine Änderung im Arztregister von "praktischer Arzt" in "Facharzt für Allgemeinmedizin" stelle nicht ein Weniger einer neuen Eintragung dar.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der Beratungen gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei Vertretern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten beraten und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Sie konnte dies ohne mündliche Verhandlung tun, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Klage ist zulässig. Sie ist aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 27.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2007 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Eintragung der Urkunde "Facharzt für Allgemeinmedizin" in das Arztregister vornimmt.
Die Beklagte hat zu Recht den Antrag auf Eintragung in das Arztregister vom 12.03.2007 abgelehnt.
Nach § 95a SGB setzt die Eintragung in das Arztregister bei Ärzten voraus:
1. die Approbation als Arzt,
2. den erfolgreichen Abschluss entweder einer allgemeinmedizinischen Weiterbildung oder einer Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet mit der Befugnis zum Führen einer entsprechenden Gebietsbezeichnung oder den Nachweis einer Qualifikation, die gemäß den Absätzen 4 und 5 anerkannt ist (§ 95a Abs. 1 SGB V).
Eine allgemeinmedizinische Weiterbildung im Sinne von § 95 Abs. 1 Nr. 2 ist nachgewiesen, wenn der Arzt nach landesrechtlichen Vorschriften zum Führen der Facharztbezeichnung für Allgemeinmedizin berechtigt ist und diese Berechtigung nach einer mindestens fünfjährigen erfolgreichen Weiterbildung in der Allgemeinmedizin bei zur Weiterbildung ermächtigten Ärzten und in dafür zugelassenen Einrichtungen erworben hat. Bis zum 31. Dezember 2008 ist eine dem Satz 1 entsprechende mindestens dreijährige Weiterbildung ausnahmsweise ausreichend, wenn nach den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften eine begonnene Weiterbildung in der Allgemeinmedizin, für die eine Dauer von mindestens drei Jahren vorgeschrieben war, wegen der Erziehung eines Kindes in den ersten drei Lebensjahren, für das dem Arzt die Personensorge zustand und mit dem er in einem Haushalt gelebt hat, die Weiterbildung unterbrochen worden ist und nach den landesrechtlichen Vorschriften als mindestens dreijährige Weiterbildung fortgesetzt werden darf. Satz 2 gilt entsprechend, wenn aus den dort genannten Gründen der Kindererziehung die Aufnahme einer vertragsärztlichen Tätigkeit in der Allgemeinmedizin vor dem 1. Januar 2006 nicht möglich war und ein entsprechender Antrag auf Eintragung in das Arztregister auf der Grundlage einer abgeschlossenen mindestens dreijährigen Weiterbildung bis zum 31. Dezember 2008 gestellt wird (§ 95a Abs. 2 SGB V). Die Voraussetzungen zur Eintragung sind auch erfüllt, wenn der Arzt auf Grund von landesrechtlichen Vorschriften zur Ausführung der Richtlinie des Rates der EG vom 15. September 1986 über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin (86/457/EWG) bis zum 31. Dezember 1995 die Bezeichnung "Praktischer Arzt" erworben hat (§ 95a Abs. 4 SGB V). Einzutragen sind auf ihren Antrag auch im Inland zur Berufsausübung zugelassene Ärzte, wenn sie Inhaber von in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ausgestellten Diplomen, Prüfungszeugnissen oder sonstigen Befähigungsnachweisen sind, die in Ausführung des Artikels 1 der Richtlinie des Rates der EG vom 15. September 1986 über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin (86/457/EWG) ausgestellt worden oder nach Artikel 6 dieser Richtlinie den in Artikel 1 geregelten Nachweisen gleichgestellt sind. Einzutragen sind auch Inhaber von in anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Diplomen, Prüfungszeugnissen oder sonstigen Befähigungsnachweisen des Facharztes, die nach Artikel 4 der Richtlinie des Rates der EG vom 16. Juni 1975 für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise des Arztes und für die Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr (75/362/EWG) anzuerkennen sind oder wenn sie, sofern sie die Eintragung bis zum 31. Dezember 1994 beantragen, Inhaber von nach Artikel 3 dieser Richtlinie anerkannten, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ausgestellten Diplomen, Prüfungszeugnissen oder sonstigen Befähigungsnachweisen des Arztes sind.
§ 95a SGB V wurde durch Art. 1 Nr. 52 Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung/Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) v. 21.12.1992, BGBl I 2266 mit Wirkung vom 01.01.1994 eingefügt und sah zunächst eine dreijährige Weiterbildungszeit vor. Art. 1 Nr. 40 Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 (GKVRefG 2000)) v. 22.12.1999, BGBl I 2626, der erst mit Wirkung ab dem 01.01.2006 in Kraft trat, ersetzte in den Abs. 2 und 3 jeweils das Wort "dreijährigen" durch "fünfjährigen", wodurch nach einer Übergangszeit von über fünf Jahren nunmehr eine fünfjährige Weiterbildung zum Facharzt Voraussetzung für die Eintragung in das Arztregister und damit der Zulassung ist. Art. 1 Nr. 5a Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze (Vertragsarztrechtsänderungsgesetz - VÄndG) v. 22.12.2006, BGBl I 3439 fügte in Abs. 2 die Sätze 2 und 3 mit rückwirkender Geltung zum 01.01.2006 (Art. 8 Abs. 2 VÄndG) ein.
Der Gesetzgeber des GSG wollte durch die Vorschrift die allgemeinmedizinische Qualifikation dadurch verbessern, dass eine - zunächst - dreijährige strukturierte Weiterbildung in der Allgemeinmedizin als obligatorische Voraussetzungen für die Kassenzulassung vorgesehen wird. Nach der Gesetzesbegründung werde damit auch gleichzeitig die sich aus der EG-Richtlinie über eine spezifische Ausbildungen in der Allgemeinmedizin ergebende Verpflichtung erfüllt, ab Januar 1995 den Zugang von Ärzten (Fachärzte ausgenommen) zur gesetzlichen Krankenversicherung von einer spezifischen allgemeinmedizinischen Qualifikation abhängig zu machen. Die inhaltliche Ausgestaltung der Qualifikation werde den landesrechtlichen Bestimmungen nach dem Weiterbildungsrecht überlassen. Auf diese Weise bleibe die Autonomie der Ärztekammern zur Ausgestaltung der Weiterbildungsanforderungen in der Allgemeinmedizin erhalten. Die dreijährige Weiterbildungszeit in der Allgemeinmedizin sei unverzichtbar und in den letzten Jahren verstärkt und ohne Gegenstimmen gefordert worden. Auch in der Allgemeinmedizin sollten ebenso wie in allen übrigen 28 ärztlichen Fachgebieten nur weitergebildete Ärzte die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung betreuen. Die Stellung des hausärztlich tätigen Allgemeinmediziners im ärztlichen Versorgungssystem mache dies unausweichlich. Dieser besitze eine einzigartige Steuerungsfunktion, die von ausschlaggebender Bedeutung sei. Neben den allgemeinmedizinischen Erfordernissen seien wesentliche Bereiche aus dem Gebiet der Inneren Medizin sowie der Allgemein- und Unfallchirurgie für den Allgemeinmediziner zu erlernen. Nach der Musterweiterbildungsordnung sei auch der Erwerb von fachkundigen Laboruntersuchungen in der Allgemeinmedizin, in Mutterschaftsvorsorge und in Früherkennung von Krankheiten bis zum Ende des ersten Lebensjahres erforderlich. Es sei unstreitig, dass diese qualitativen Anforderungen keinesfalls in einem Zeitraum unterhalb von drei Jahren erlernt werden könnten. Nur als Zulassungsvoraussetzung könne den besonderen Erfordernissen, die an eine wirtschaftliche Leistungserbringung gestellt werden müssten, Rechnung getragen werden. Nur der Allgemeinmediziner könne durch seine Überwachungs- und Verteilungsfunktion den Versicherten vor unnötigen Behandlungen durch Dritte bewahren. Nur er könne das medizinisch Notwendige veranlassen und die erhobenen Befunde in sinnvoller und wirtschaftlicher Weise zusammenführen. Die Zeit als Arzt im Praktikum werde angerechnet. Die bisherige Regelung über die Vorbereitungszeit werde gestrichen. In den Absätzen 3 bis 5 trage die Neuregelung den Anforderungen des EG-Rechts Rechnung (vgl. BT-Drs. 12/3608 zu Nr. 49 (§ 95a), S. 94). Mit der Heraufsetzung der Weiterbildungszeit für Allgemeinärzte auf fünf Jahre griff der Gesetzgeber Vorschläge im "Initiativprogramm zur Sicherstellung der allgemeinmedizinischen Versorgung" auf, die bereits in den Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern umgesetzt worden waren. Es sei deshalb davon auszugehen, dass ab dem Jahre 2006 die die Niederlassung anstrebenden Allgemeinärzte diese Anforderung erfüllten. Der Zeitraum von sechs Jahren zwischen Verkündung und Inkrafttreten dieser Regelung gebe den Allgemeinärzten mit dreijähriger Weiterbildung genügend zeitlichen Spielraum, um eventuelle Niederlassungsabsichten umzusetzen (vgl. BT-Drs. 14/1245 zu Nr. 50 (§ 95a), S. 76 f.).
Die Einfügung der Sätze 2 und 3 in Abs. 3 als Übergangsregelung zur Vorgabe einer mindestens fünfjährigen Weiterbildung bei Kindererziehungszeiten geht auf den Vorschlag des Ausschusses für Gesundheit zurück. Nach dem Ausschussbericht hat die Vorgabe einer mindestens fünfjährigen Weiterbildung dazu geführt, dass verschiedenen Ärztinnen und Ärzten, die eine drei- oder vierjährige Weiterbildung absolviert haben, bisher aber aus Gründen der Kindererziehung und der fehlenden Möglichkeit der Aufnahme vertragsärztlicher Tätigkeit noch keine Arztregistereintragung beantragt haben oder beantragen konnten, nach dem Wortlaut der Vorschriften seit dem 01.01.2006 der Zugang zur vertragsärztlichen Tätigkeit versagt werden musste. Eine ähnliche Problematik bestehe für Ärztinnen und Ärzte, die aufgrund weiterbildungsrechtlicher Übergangslösungen in den Kammerbereichen ebenfalls in Zusammenhang mit Kindererziehungszeiten noch einen Anspruch darauf hätten, die einmal begonnene allgemeinmedizinische Weiterbildung als dreijährige Weiterbildung zu beenden. Die Ergänzung des § 95a Abs. 2 sehe daher für die vorgenannten Fälle eine Ausnahme vor, nach der für eine dreijährige Übergangszeit ausnahmsweise eine mindestens dreijährige Weiterbildung für Allgemeinmedizin als ausreichend angesehen werde, wenn diese vor dem Stichtag begonnen und noch ableistbar sei oder davor abgeschlossen und nicht für eine Berufsaufnahme habe benutzt werden können (vgl. BTDrs. 16/3157, S. 4 f.).
Die bisherige Weiterbildungszeit von drei Jahren für Allgemeinmediziner hat das Bundessozialgericht (BSG) als verfassungsgemäß angesehen (vgl. BSG v. 25.11.1998 - B 6 KA 58/97 R - SozR 3-2500 § 95 Nr. 19, juris Rdnr. 14 unter Hinweis auf BSG v. 01.07.1998 – B 6 KA 25/97 - USK 98167, juris Rn. 14 ff. m.w.N.; BSG v. 13.12.2000 - B 6 KA 26/00 R - SozR 3-2500 § 95a Nr. 2, juris Rdnr. 18). Aus den gleichen Gründen handelt es sich auch bei der fünfjährigen Weiterbildungszeit um eine verfassungsgemäße Beschränkung der Berufsausübung i. S. von Art 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Das Bundesverfassungsgericht hat vertragsarztrechtliche Beschränkungen aufgrund zusätzlicher qualitativer Anforderungen gerade unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit der Versorgung als zulässig angesehen. Der Wirtschaftlichkeit diene letztlich auch die Qualitätssicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung, indem sie nicht nur ein bestimmtes Niveau der Versorgung gewährleiste, sondern auch den sparsamen Einsatz von Ressourcen (vgl. BVerfG, 1. Sen., 2. Ka., Nichtannahmebeschl. v. 16.07.2004 - 1 BvR 1127/01 - (Kernspintomographie-Vereinbarung) SozR 4-2500 § 135 Nr. 2 = ZMGR 2004, 195 = NVwZ 2004, 1347 = MedR 2004, 608 = GesR 2004, 530 = NZS 2005, 91, juris Rdnr. 25; BVerfG, 1. Sen., 2. Ka., Nichtannahmebeschl. v. 27.04.2001 - 1 BvR 1282/99 - MedR 2001, 639 = DVBl 2002, 400, juris Rdnr. 7; BVerfG, Beschl. v. 20.03.2001 - 1 BvR 491/96 - (Altersgrenze für Kassenärzte) BVerfGE 103, 172 = SozR 3-5520 § 25 Nr. 4 = NJW 2001, 1779, juris Rdnr. 57-63).
Der Bund hat auch nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG die Gesetzgebungskompetenz, die Voraussetzungen für die Zulassung als Vertragsarzt bzw. die Eintragung in das Arztregister zu regeln. Eine solche Regelung gehört der Sache nach zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. Zur in Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG genannten "Sozialversicherung" zählt auch das Vertragsarztrecht (vgl. BSG, Urt. v. 18.03.1998 - B 6 KA 23/97 R – BSGE 82, 55 = SozR 3-2500 § 135 Nr. 9, juris Rdnr. 19 m. w. N.). In der Entscheidung zur Aufteilung in eine hausärztliche und fachärztliche Versorgung hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich festgestellt, dass die Argumente, die von einer Kompetenzwidrigkeit des § 73 Abs. 1 a bis c und § 95 a Abs. 1 bis 3 SGB V ausgingen, nicht die selbständige Bedeutung der Sozialversicherung, in der eigenständige Regelungen auf Grundlage ihres Auftrages jederzeit möglich seien, berücksichtigten (vgl. BVerfG, 1. Sen., 2. Ka., Beschl. v. 17.06.1999 - 1 BvR 2507/97 - SozR 3-2500 § 73 Nr. 3 = NJW 1999, 2730 = MedR 1999, 560, juris Rdnr. 21). In der Literatur wird ferner zutreffend darauf hingewiesen, dass kein Fall der Inländerdiskriminierung vorliege, obwohl Art. 31 Abs. 1 lit. b der Richtlinie nur eine (mindestens) zweijährige Allgemeinarztausbildung verlange, da das im Rahmen der Aufwertung hausärztlicher Tätigkeit vom deutschen Gesetzgeber verfolgte Ziel wirtschaftlicher Leistungserbringung als sachlicher Differenzierungsgrund anzuerkennen sei (vgl. XP. M. Gassner, Der Einfluß des Europäischen Gemeinschaftsrechts in Rechtsetzung und Rechtsprechung auf die freien Heilberufe, ZfSH/SGB 1995, S. 470 ff., 474).
Von daher hält die Kammer § 95a SGB V für rechtmäßig. Der Kläger erfüllt auch nicht die Voraussetzungen einer fünfjährigen Weiterbildung, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Er hat auch nicht wegen der Erziehung eines Kindes in den ersten drei Lebensjahren die Weiterbildung unterbrochen. Er hat vielmehr vor Ablauf des Stichtages am 01.01.2006 ihre Weiterbildung abgeschlossen bzw. aufgrund des Übergangsrechts nach dem Heilberufsgesetz die Facharzturkunde erhalten.
Die Facharzturkunde datiert vom 31.12.2004. Es kann hier dahinstehen, wann der Kläger sie erhalten hat. Er hätte sie auf jeden Fall noch vor Auslaufen der vom Gesetzgeber eingeräumten Übergangsfrist erhalten können. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Ergänzung noch in das Arztregister eingetragen werden können. Weshalb der Kläger eine Antragstellung unterlassen hat, hat er nicht begründet. Die verspätete Antragstellung muss er sich aber selbst zurechnen lassen. Besondere Aufklärungspflichten ihm gegenüber bestanden weder für die Bezirksärztekammer noch für die Beklagte. Die Eintragung in das Arztregister ist nur von Bedeutung für eine spätere Zulassung als Vertragsarzt oder der Tätigkeit als angestellter Arzt bei einem Vertragsarzt oder Medizinischen Versorgungszentrum. Dieser Bereich gehört aber nicht zu den Aufgaben der Landesärztekammer. Eine solche Tätigkeit ist auch nicht zwingend mit dem Abschluss einer Weiterbildung verbunden. Im Verhältnis zur Beklagten bestand aber seinerzeit kein Anlass zu einer Beratung, so dass bereits deshalb eine Beratungspflicht nicht bestehen konnte. Der Kläger hat nicht vorgetragen, sich innerhalb der Übergangsfrist an die Beklagte gewandt zu haben. Letztlich ist die Versäumung der Antragsfrist ursächlich für die Ablehnung der Eintragung in das Arztregister. Wiedereinsetzungsgründe würden selbst dann, wenn die genannten Ausschlussfristen über die vom Gesetzgeber nachträglich eingeräumten Ausnahmen überhaupt eine Wiedereinsetzung zuließen, nicht vorliegen, da der Kläger nicht gehindert war, rechtzeitig einen Antrag zu stellen.
Nach allem war die Klage bereits abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den gesetzlichen Vorgaben.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Ein wirtschaftlicher Wert dieses Verfahrens ist für die Kammer nicht erkennbar. Auszugehen ist daher vom Regelstreitwert. Dies ergab den festgesetzten Streitwert.
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