Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SB 740/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 4067/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. April 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der Klägerin wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse statt eines Grads der Behinderung (GdB) von 40 nunmehr ein GdB von mindestens 50 festzustellen ist.
Bei der 1945 geborenen Klägerin stellte das frühere Versorgungsamt H. (VA) erstmalig mit Bescheid vom 26. Juni 1997 einen GdB von 30 wegen verbildender Veränderungen der Wirbelsäule mit Reizerscheinungen, Kopfschmerz, Bandscheibenschaden, Knochenschwund und eines Krampfaderleidens fest. Im Februar 2001 beantragte die Klägerin eine Neufeststellung. Unter Aufhebung des Bescheids vom 26. Juni 1997 stellte das VA daraufhin mit Bescheid vom 28. Mai 2001 einen GdB von 40 seit dem 07. Februar 2001 wegen nachfolgender Funktionsbeeinträchtigungen fest: 1. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Kopfschmerzsyndrom, Nervenwurzelreizerscheinungen, Bandscheibenschaden, 2. Krampfadern, 3. Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Arthrose. In der dieser Feststellung zugrunde liegenden versorgungsärztlichen Stellungnahme wurde die Funktionsbeeinträchtigung Nr. 1 mit einem Teil-GdB von 30, die Funktionsbeeinträchtigung Nr. 2 mit einem Teil-GdB von 10 und die Funktionsbeeinträchtigung Nr. 3 mit einem Teil-GdB von 20 bewertet. Den hiergegen eingelegten Widerspruch nahm die Klägerin zurück. Im Mai 2002 beantragte sie wiederum eine Neufeststellung, die bestandskräftig abgelehnt wurde.
Im Rahmen des streitgegenständlichen Neufeststellungsantrags vom 10. Juni 2003 machte die Klägerin eine Verschlimmerung ihrer Schmerzen an den Armen, den Beinen und den Knien sowie der Arthrose geltend. Das VA holte den Befundbericht des behandelnden Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie, Durchgangsarzt Dr. T. vom 24. Juni 2003 ein, der auch den Arztbrief des Radiologen Dr. Wo. vom 27. Februar 2003, in dem über eine Magnetresonanztomographie des rechten Knies berichtet wurde, übersandte. Dr. Ro. vom versorgungsärztlichen Dienst gelangte nach Auswertung dieser Unterlagen zu der Überzeugung, eine wesentliche Änderung sei nicht eingetreten. Darauf gestützt lehnte das VA mit Bescheid vom 4. August 2003 den Antrag auf Neufeststellung ab. Die bei der Klägerin vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen wurden wie folgt beschrieben: Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Kopfschmerzsyndrom, Bandscheibenschaden, Schulter-Arm-Syndrom, Krampfadern und eine Funktionsbehinderung beider Kniegelenke.
Hiergegen richtete sich der am 4. September 2003 von der Klägerin erhobene Widerspruch. Sie führte aus, im Bereich der Lendenwirbelsäule lägen schwere funktionelle Auswirkungen vor, da sie unter Ausstrahlungen in beide Beine und Sensibilitätsstörungen leide und ständig ein Korsett tragen müsse. Aufgrund der Gesundheitsstörung an der Halswirbelsäule habe sie ständige Kopfschmerzen und der rechte Arm sei öfter vollkommen taub. Daher sei hinsichtlich der Beeinträchtigungen der Wirbelsäule insgesamt ein GdB von 40 angemessen. Zudem rechtfertigten die regelmäßig an der linken Schulter auftretenden Entzündungen sowie schmerzhaften Bewegungen eine eigenständige Bewertung der Funktionsbeeinträchtigungen an der Schulter. Ferner sei aktuell eine Meniskusoperation durchgeführt worden. Eine Belastung sei nur schwer möglich. Im Attest von 26. September 2003 bescheinigte Dr. T. u. a., die Klägerin laufe derzeit mit zwei Gehstöcken. Auf Veranlassung des VA übersandte Dr. T. einen erneuten Befundbericht vom 28. November 2003, dem er den ärztlichen Entlassungsbericht aus der stationären Behandlung im Klinikum am G.brunnen H. vom 7. Oktober 2003 über die dort durchgeführte diagnostische Arthroskopie und arthroskopische Innenmeniskushinterhorn-Resektion beifügte. Auch unter Auswertung dieser neuen Unterlagen gelangte Dr. Ro. vom versorgungsärztlichen Dienst zu der Auffassung, es sei keine wesentliche Änderung eingetreten. Hinsichtlich der Wirbelsäule würden keine neurologischen Symptome beschrieben. An den Knien sei nur eine geringe Einschränkung der Beugung dokumentiert. Rezidivierende Schmerzen seien bei der Bewertung bereits berücksichtigt worden. Wesentliche degenerative Veränderungen der Schulter lägen nicht vor. Die beschriebenen Beschwerden seien auf die Störungen an der Halswirbelsäule zurückzuführen. Darauf gestützt wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2004 zurück. Nach der Knieoperation könne das rechte Knie bei einem Streckdefizit von 5 Grad bis 90 Grad gebeugt werden. Das linke Knie könne voll gestreckt und bis 95 Grad gebeugt werden. Dieses Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung begründe keine höhere Einstufung des GdB als bisher angenommen.
Deswegen erhob die Klägerin am 10. März 2004 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Sie wiederholte ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und wies ergänzend auf eine erneut im Mai 2004 durchgeführte Meniskusoperation hin. Hierzu reichte die Klägerin den Bericht der Orthopädischen Klinik Markgröningen vom 5. Mai 2004 über eine aufgrund einer Innenmeniskus-Läsion durchgeführten Arthroskopie am rechten Kniegelenk mit Innenmeniskus-Hinterhorn-Nachresektion ein. Das SG erhob Beweis durch die Einholung dreier sachverständiger Zeugenauskünfte von Dr. T ... Dieser verwies auf zunehmende Kniebeschwerden besonders am rechten Knie. Er fügte seiner schriftlichen Zeugenaussage den weiteren Arztbrief des Radiologen Dr. Wo. vom 8. März 2004 sowie den Arztbrief der Orthopädischen Klinik M. vom 20. April 2004 bei und nannte zuletzt auch Funktionsdaten für die Beweglichkeit der Wirbelsäule und der Kniegelenke. Die Klägerin führte hierzu aus, zwar rechtfertigten die Funktionsdaten für die Kniegelenke nur einen GdB von 20. Jedoch seien die ständigen Reizerscheinungen, die im Bericht von Dr. Wo. genannt würden, zusätzlich zu berücksichtigen. Schließlich verwies die Klägerin unter Vorlage eines weiteren Attests auf die Unterstützung von Dr. T., der ebenfalls von einem GdB von 50 ausgehe.
Mit Urteil vom 11. April 2006 wies das SG die Klage unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid ab. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens im Klageverfahren schloss es sich der Einschätzung des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten an. Im Übrigen seien die beschriebenen Funktionseinschränkungen nicht mit dem Verlust eines Beines im Unterschenkel oder dem Verlust eines Armes im Unterarm oder gar einer weitgehenden Versteifung der gesamten Wirbelsäule zu vergleichen. Weder die von Dr. T. beschriebenen Schmerzen im Bereich beider Schultergelenke, noch die festgestellten degenerativen Veränderungen des linken Sprunggelenks rechtfertigten einen höheren GdB. Das Urteil wurde den Bevollmächtigten der Klägerin am 17. Juli 2006 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
Hiergegen richtet sich die am 11. August 2006 beim Landesozialgericht (LSG) eingelegte Berufung der Klägerin. Sie rügt die Bewertung der an den Knien, dem Sprung- und Schultergelenk vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. April 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 4. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Februar 2004 zu verurteilen, den GdB mit mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Der Beklagte legt im Hinblick auf die im Berufungsverfahren durchgeführte weitere Beweisaufnahme eine ergänzende Stellungnahme des versorgungsärztlichen Dienstes - Dr. B. - vom 10. September 2007 vor. Dieser führt aus, angesichts der im Gutachten wiedergegebenen Beweglichkeitsprüfung könne nur von mittelgradigen Funktionseinbußen in zwei Wirbelsäulenabschnitten, die mit einem GdB von 30 zu bewerten seien, ausgegangen werden. Schwergradige Funktionsbehinderungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten als Voraussetzung für eine Höherbewertung oder ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom seien nicht gegeben. Auch neurologische Ausfallerscheinungen hätten nicht bestanden.
Der Senat hat Dr. T. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Auf sein Antwortschreiben vom 20. März 2007 nebst beigefügtem Arztbrief des Radiologen PD Dr. Ha. vom 4. Juli 2005 wird Bezug genommen.
Ferner hat der Senat von Amts wegen Prof. Dr. R. (Orthopäde - Unfallchirurg) mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser diagnostizierte im Gutachten vom 29. Mai 2007 degenerative Veränderungen (Osteochondrosen, Spondylosen, Spondylarthrosen) aller Wirbelsäulenabschnitte mit mittelgradiger Funktionsbehinderung und rezidivierenden bis anhaltenden Muskelreizerscheinungen, degenerative Veränderungen (Arthrosen) beider Kniegelenke sowie Senk-/Spreizfüße beidseits. Die Veränderungen an der Wirbelsäule seien in drei Abschnitten mittelgradig. Die Behinderungen durch die Veränderungen der Kniegelenke seien rechts als mittelgradig, links als gering einzustufen. Die von der Klägerin im Bereich der Sprunggelenke geltend gemachten Beschwerden würden tatsächlich im Bereich der Mittelfüße liegen. Die Behinderungen hieraus seien als gering einzustufen. Unter Bezugnahme auf frühere Röntgenaufnahmen aus dem Jahr 2001 und unter Annahme eines schleichenden Vorgangs schätzte der Sachverständige den Gesamt-GdB mit 50 ab Juni 2003 ein und legte dabei für die Beeinträchtigungen an der Wirbelsäule einen Teil-GdB von 40, an den Kniegelenken von 20 und wegen der Senk-/Spreizfußbildung von 10 zugrunde. Wegen des weiteren Inhalts seines Gutachtens wird auf Bl. 33 bis 50 LSG-Akte Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte des Beklagten und der Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Denn der Bescheid des Beklagten vom 4. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Februar 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass in den Verhältnissen, wie sie der letzten Feststellung zugrunde gelegen haben, keine Änderung eingetreten ist, die so wesentlich war, dass sie eine Höherbewertung des GdB gerechtfertigt hätte. Entsprechend der Einschätzung des Beklagten lagen zum Zeitpunkt des Erhöhungsantrags vom 10. Juni 2003 die Voraussetzungen für die Feststellung eines GdB von 50 nicht vor.
Nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Von einer solchen ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Änderung im Gesundheitszustand des Antragstellers auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung oder Herabsetzung des GdB um wenigstens 10 folgt (BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R - zitiert nach Juris Rn. 12 mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R - BSGE 82, 176, SozR 3-3870 § 4 Nr. 24).
Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB (im Sinne des Gesamt-GdB nach Rn 19 Abs. 1 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz - AHP - Herausgeber: Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung, Bonn, 2004) nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Die im Rahmen des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) festgestellten Maßstäbe geltend entsprechend. Bei der Feststellung des GdB sind im Interesse der gleichmäßigen Beurteilung der Behinderungen die AHP zugrunde zu legen, bei denen es sich nach der Rechtsprechung um antizipierte Sachverständigengutachten handelt und die wie untergesetzliche Normen anzuwenden sind (BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R zitiert nach Juris Rn 13). Der im Verfügungssatz des Bescheids festzustellende GdB ist Ergebnis einer Gesamtwürdigung der Auswirkungen der verschiedenen Teilhabebeeinträchtigungen unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander (vgl. AHP Rn 19, Seite 24).
Unter Beachtung dieser Grundsätze lagen bei der Klägerin zum Zeitpunkt des Erhöhungsantrags keine Funktionsbeeinträchtigungen vor, die einen GdB von 50 bedingten. Im Vergleich zur letzten Feststellung des GdB von 40 im Mai 2001 hat sich damit keine wesentliche Änderung ergeben. Insbesondere kann nicht von einer wesentlichen Zunahme der Funktionsbeeinträchtigungen an der Wirbelsäule ausgegangen werden. Diese wurden im Bescheid vom 28. Mai 2001 mit einem Teil-GdB von 30 bewertet. Dem lag die Annahme mittelgradiger funktioneller Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten unter Einbeziehung der einhergehenden Reizerscheinungen und Kopfschmerzen zugrunde. Nach den AHP Seite 116 sind mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten mit einem GdB von 30 bis 40 zu bewerten. Hinsichtlich der Unterscheidung zwischen mittelgradigen und schweren funktionellen Auswirkungen wird auf das Ausmaß der Verformung, der Bewegungseinschränkung oder Instabilität sowie die Häufigkeit und Stärke auftretender Wirbelsäulensyndrome abgestellt.
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass bei der Klägerin auch zum Zeitpunkt des Erhöhungsantrags mittelgradige funktionelle Auswirkungen lediglich in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorlagen und sich insoweit der Gesundheitszustand der Klägerin im Vergleich zum Mai 2001 nicht erheblich verschlechtert hat. Der Senat stützt sich dabei auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. B. vom 10. September 2007. Soweit Prof. Dr. R. in seinem Gutachten vom 29. Mai 2007 zu der Einschätzung gelangte, es lägen mittelgradige Funktionsbeeinträchtigungen in drei Wirbelsäulenabschnitten vor, überzeugt dies nicht. Denn die Entfaltbarkeit der Brustwirbelsäule zeigte sich nach den Feststellungen von Prof. Dr. R. frei (Ottsches Zeichen 30 auf 33 cm). Daher wendet Dr. B. zutreffend ein, es könnten lediglich in zwei Wirbelsäulenabschnitten mittelgradige Funktionsbeeinträchtigungen anerkannt werden. Den Bewegungsmaßen kommt bei der Einordnung der Schwere eines Wirbelsäulenschadens eine herausragende Rolle zu. Schmerzen sind lediglich dann zusätzlich zu beachten, wenn sie über das übliche Maß hinausgehen (AHP Rn 18 Abs. 8, Seite 24). Vorliegend besteht ein Spannungsverhältnis zwischen der Beweglichkeit aller Wirbelsäulenabschnitte und den festgestellten schweren degenerativen Veränderungen. Prof. Dr. R. beschreibt die Beweglichkeit als "erstaunlich" gut. Darin kommt zum Ausdruck, dass der Gutachter angesichts der festgestellten degenerativen Veränderungen nicht mit diesen Bewegungsmaßen gerechnet hat. Das Vorliegen degenerativer Veränderungen rechtfertigt jedoch für sich nicht die Feststellung einer Funktionsbeeinträchtigung. Die von der Klägerin im Rahmen der Demonstration der tatsächlich vorhandenen Beweglichkeit empfundenen, vom Gutachter beschriebenen Schmerzen rechtfertigen keine höhere Bewertung des GdB. Die Schmerzen strahlten bei der Beweglichkeitsprüfung der Halswirbelsäule bis in den Hinterkopf aus. Bei Prüfung der Beweglichkeit der Brust- und Lendenwirbelsäule gelang es der Klägerin nur, ihre Hände bis auf Kniehöhe zu bringen und musste sich dann danach sofort unter heftigen Schmerzangaben mit beiden Händen auf den Oberschenkeln abstützen. Diese Schmerzangaben sind vor dem Hintergrund der durch Röntgenaufnahmen festgestellten degenerativen Veränderungen plausibel. Diese liegen im Bereich der Halswirbelsäule ausgeprägt in den Segmenten C 5 / C6 und C 6 / C 7 mit Verschmälerung der Bandscheibenräume und kräftiger Randzackenbildung an Grund- und Deckplatten und Arthrosen der kleinen Wirbelgelenke vor, im Bereich der Brustwirbelsäule mit Verschmälerung der Bandscheibenräume, vor allem in der mittleren Brustwirbelsäule und kräftigen Randanwulstungen in allen Bewegungssegmenten, die auf der rechten Seite zum Teil zur Brückenbildung zwischen benachbarten Wirbelkörpern geführt haben, im Bereich der Lendenwirbelsäule in deutlicher Form ab dem 3. Lendenwirbelkörper mit kräftigen Randzackenbildungen, Verschmälerung des Bandscheibenraumes L 4 / L 5 und weitgehender Aufhebung des Bandscheibenraumes zwischen L 5 und Kreuzbein bei beginnender Brückenbildung links. Andererseits konnte Prof. Dr. R. bei der Begutachtung jedoch keine Muskelverhärtungen ertasten. Die vornehmlich an den Bewegungsausmaßen orientierten GdB-Werte in den AHP schließen jedoch die üblicherweise vorhandenen Schmerzen ein und berücksichtigen erfahrungsgemäß selbst besonders schmerzhafte Zustände. Nur wenn nach dem Ausmaß und Sitz der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende, eine spezielle ärztliche Behandlung erfordernde Schmerzhaftigkeit anzunehmen ist, können höhere Werte angesetzt werden (AHP Rn 18 aaO) Eine spezielle ärztliche Behandlung der Klägerin wegen der Schmerzhaftigkeit ist nicht ersichtlich. Dass die Klägerin bei Anerkennung eines Teil-GdB von 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen an der Wirbelsäule erhebliche Schmerzen hat, unterliegt keinen Zweifeln. Diese sind jedoch bereits mit berücksichtigt.
Des weiteren liegt bei der Klägerin eine Funktionsbeeinträchtigung wegen ihrer Beschwerden in den Kniegelenken, vornehmlich dem rechten Kniegelenk vor. Eine funktionell störende Einschränkung der Beweglichkeit ist jedoch nach den Feststellungen von Prof. Dr. R. nicht gegeben. Eine solche wird auch von Dr. T. nicht beschrieben. Zu bewerten sind jedoch die arthroskopisch und kernspintomographisch nachgewiesenen Knorpel- und Meniskusschäden rechts sowie geringere Knorpelschäden links. Hierdurch sind Reizerscheinungen, die auch zu operativen Eingriffen geführt haben, zu erklären. Nach den AHP sind ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke mit anhaltenden Reizerscheinungen einseitig ohne Bewegungseinschränkung mit einem GdB von 10 bis 30 zu bewerten. Die Bewertung mit einem GdB von 20 ist angesichts der nach Prof. Dr. R. ausgeprägten Knorpelschäden im rechten Kniegelenk sachgerecht. Zwar bewertete der behandelnde Arzt Dr. T. in seiner sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem SG im November 2004 die Kniebeschwerden mit einem GdB von 30. Da die Klägerin bei der Begutachtung durch Prof. Dr. R. die Schmerzen in den Kniegelenken jedoch im Unterschied zu den Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule nur als belastungsabhängig angab, und aus der Notwendigkeit operativer Eingriffe nicht direkt auf damit in Zusammenhang stehende Funktionsbeeinträchtigungen geschlossen werden kann, bestehen gegen die Einschätzung von Prof. Dr. R. keine Bedenken.
Die von Prof. Dr. R. festgestellte Senk-/Spreizfußbildung hat nur geringe Auswirkungen und ist mit einem GdB von 10 zu bewerten. Sie wirkt sich nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB aus. Gleiches gilt für die vom Beklagten festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen, die mit den bei der Klägerin vorliegenden Krampfadern einhergehen.
Soweit im Widerspruchsverfahren eine eigenständige Bewertung der Funktionsbeeinträchtigung aufgrund einer Erkrankung der linken Schulter geltend gemacht wurde, konnte Prof. Dr. R. in diesem Bereich keinen Befund mit Krankheitswert feststellen. Die insoweit geschilderten Beschwerden der Klägerin strahlen von der Halswirbelsäule aus. Dem wurde bei der Bewertung des GdB für die Wirbelsäulenschäden Rechnung getragen.
Der Gesamt-GdB ist vor diesem Hintergrund nach wie vor mit 40 zu bewerten.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der Klägerin wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse statt eines Grads der Behinderung (GdB) von 40 nunmehr ein GdB von mindestens 50 festzustellen ist.
Bei der 1945 geborenen Klägerin stellte das frühere Versorgungsamt H. (VA) erstmalig mit Bescheid vom 26. Juni 1997 einen GdB von 30 wegen verbildender Veränderungen der Wirbelsäule mit Reizerscheinungen, Kopfschmerz, Bandscheibenschaden, Knochenschwund und eines Krampfaderleidens fest. Im Februar 2001 beantragte die Klägerin eine Neufeststellung. Unter Aufhebung des Bescheids vom 26. Juni 1997 stellte das VA daraufhin mit Bescheid vom 28. Mai 2001 einen GdB von 40 seit dem 07. Februar 2001 wegen nachfolgender Funktionsbeeinträchtigungen fest: 1. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Kopfschmerzsyndrom, Nervenwurzelreizerscheinungen, Bandscheibenschaden, 2. Krampfadern, 3. Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Arthrose. In der dieser Feststellung zugrunde liegenden versorgungsärztlichen Stellungnahme wurde die Funktionsbeeinträchtigung Nr. 1 mit einem Teil-GdB von 30, die Funktionsbeeinträchtigung Nr. 2 mit einem Teil-GdB von 10 und die Funktionsbeeinträchtigung Nr. 3 mit einem Teil-GdB von 20 bewertet. Den hiergegen eingelegten Widerspruch nahm die Klägerin zurück. Im Mai 2002 beantragte sie wiederum eine Neufeststellung, die bestandskräftig abgelehnt wurde.
Im Rahmen des streitgegenständlichen Neufeststellungsantrags vom 10. Juni 2003 machte die Klägerin eine Verschlimmerung ihrer Schmerzen an den Armen, den Beinen und den Knien sowie der Arthrose geltend. Das VA holte den Befundbericht des behandelnden Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie, Durchgangsarzt Dr. T. vom 24. Juni 2003 ein, der auch den Arztbrief des Radiologen Dr. Wo. vom 27. Februar 2003, in dem über eine Magnetresonanztomographie des rechten Knies berichtet wurde, übersandte. Dr. Ro. vom versorgungsärztlichen Dienst gelangte nach Auswertung dieser Unterlagen zu der Überzeugung, eine wesentliche Änderung sei nicht eingetreten. Darauf gestützt lehnte das VA mit Bescheid vom 4. August 2003 den Antrag auf Neufeststellung ab. Die bei der Klägerin vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen wurden wie folgt beschrieben: Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Kopfschmerzsyndrom, Bandscheibenschaden, Schulter-Arm-Syndrom, Krampfadern und eine Funktionsbehinderung beider Kniegelenke.
Hiergegen richtete sich der am 4. September 2003 von der Klägerin erhobene Widerspruch. Sie führte aus, im Bereich der Lendenwirbelsäule lägen schwere funktionelle Auswirkungen vor, da sie unter Ausstrahlungen in beide Beine und Sensibilitätsstörungen leide und ständig ein Korsett tragen müsse. Aufgrund der Gesundheitsstörung an der Halswirbelsäule habe sie ständige Kopfschmerzen und der rechte Arm sei öfter vollkommen taub. Daher sei hinsichtlich der Beeinträchtigungen der Wirbelsäule insgesamt ein GdB von 40 angemessen. Zudem rechtfertigten die regelmäßig an der linken Schulter auftretenden Entzündungen sowie schmerzhaften Bewegungen eine eigenständige Bewertung der Funktionsbeeinträchtigungen an der Schulter. Ferner sei aktuell eine Meniskusoperation durchgeführt worden. Eine Belastung sei nur schwer möglich. Im Attest von 26. September 2003 bescheinigte Dr. T. u. a., die Klägerin laufe derzeit mit zwei Gehstöcken. Auf Veranlassung des VA übersandte Dr. T. einen erneuten Befundbericht vom 28. November 2003, dem er den ärztlichen Entlassungsbericht aus der stationären Behandlung im Klinikum am G.brunnen H. vom 7. Oktober 2003 über die dort durchgeführte diagnostische Arthroskopie und arthroskopische Innenmeniskushinterhorn-Resektion beifügte. Auch unter Auswertung dieser neuen Unterlagen gelangte Dr. Ro. vom versorgungsärztlichen Dienst zu der Auffassung, es sei keine wesentliche Änderung eingetreten. Hinsichtlich der Wirbelsäule würden keine neurologischen Symptome beschrieben. An den Knien sei nur eine geringe Einschränkung der Beugung dokumentiert. Rezidivierende Schmerzen seien bei der Bewertung bereits berücksichtigt worden. Wesentliche degenerative Veränderungen der Schulter lägen nicht vor. Die beschriebenen Beschwerden seien auf die Störungen an der Halswirbelsäule zurückzuführen. Darauf gestützt wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2004 zurück. Nach der Knieoperation könne das rechte Knie bei einem Streckdefizit von 5 Grad bis 90 Grad gebeugt werden. Das linke Knie könne voll gestreckt und bis 95 Grad gebeugt werden. Dieses Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung begründe keine höhere Einstufung des GdB als bisher angenommen.
Deswegen erhob die Klägerin am 10. März 2004 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Sie wiederholte ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und wies ergänzend auf eine erneut im Mai 2004 durchgeführte Meniskusoperation hin. Hierzu reichte die Klägerin den Bericht der Orthopädischen Klinik Markgröningen vom 5. Mai 2004 über eine aufgrund einer Innenmeniskus-Läsion durchgeführten Arthroskopie am rechten Kniegelenk mit Innenmeniskus-Hinterhorn-Nachresektion ein. Das SG erhob Beweis durch die Einholung dreier sachverständiger Zeugenauskünfte von Dr. T ... Dieser verwies auf zunehmende Kniebeschwerden besonders am rechten Knie. Er fügte seiner schriftlichen Zeugenaussage den weiteren Arztbrief des Radiologen Dr. Wo. vom 8. März 2004 sowie den Arztbrief der Orthopädischen Klinik M. vom 20. April 2004 bei und nannte zuletzt auch Funktionsdaten für die Beweglichkeit der Wirbelsäule und der Kniegelenke. Die Klägerin führte hierzu aus, zwar rechtfertigten die Funktionsdaten für die Kniegelenke nur einen GdB von 20. Jedoch seien die ständigen Reizerscheinungen, die im Bericht von Dr. Wo. genannt würden, zusätzlich zu berücksichtigen. Schließlich verwies die Klägerin unter Vorlage eines weiteren Attests auf die Unterstützung von Dr. T., der ebenfalls von einem GdB von 50 ausgehe.
Mit Urteil vom 11. April 2006 wies das SG die Klage unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid ab. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens im Klageverfahren schloss es sich der Einschätzung des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten an. Im Übrigen seien die beschriebenen Funktionseinschränkungen nicht mit dem Verlust eines Beines im Unterschenkel oder dem Verlust eines Armes im Unterarm oder gar einer weitgehenden Versteifung der gesamten Wirbelsäule zu vergleichen. Weder die von Dr. T. beschriebenen Schmerzen im Bereich beider Schultergelenke, noch die festgestellten degenerativen Veränderungen des linken Sprunggelenks rechtfertigten einen höheren GdB. Das Urteil wurde den Bevollmächtigten der Klägerin am 17. Juli 2006 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
Hiergegen richtet sich die am 11. August 2006 beim Landesozialgericht (LSG) eingelegte Berufung der Klägerin. Sie rügt die Bewertung der an den Knien, dem Sprung- und Schultergelenk vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. April 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 4. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Februar 2004 zu verurteilen, den GdB mit mindestens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Der Beklagte legt im Hinblick auf die im Berufungsverfahren durchgeführte weitere Beweisaufnahme eine ergänzende Stellungnahme des versorgungsärztlichen Dienstes - Dr. B. - vom 10. September 2007 vor. Dieser führt aus, angesichts der im Gutachten wiedergegebenen Beweglichkeitsprüfung könne nur von mittelgradigen Funktionseinbußen in zwei Wirbelsäulenabschnitten, die mit einem GdB von 30 zu bewerten seien, ausgegangen werden. Schwergradige Funktionsbehinderungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten als Voraussetzung für eine Höherbewertung oder ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom seien nicht gegeben. Auch neurologische Ausfallerscheinungen hätten nicht bestanden.
Der Senat hat Dr. T. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Auf sein Antwortschreiben vom 20. März 2007 nebst beigefügtem Arztbrief des Radiologen PD Dr. Ha. vom 4. Juli 2005 wird Bezug genommen.
Ferner hat der Senat von Amts wegen Prof. Dr. R. (Orthopäde - Unfallchirurg) mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser diagnostizierte im Gutachten vom 29. Mai 2007 degenerative Veränderungen (Osteochondrosen, Spondylosen, Spondylarthrosen) aller Wirbelsäulenabschnitte mit mittelgradiger Funktionsbehinderung und rezidivierenden bis anhaltenden Muskelreizerscheinungen, degenerative Veränderungen (Arthrosen) beider Kniegelenke sowie Senk-/Spreizfüße beidseits. Die Veränderungen an der Wirbelsäule seien in drei Abschnitten mittelgradig. Die Behinderungen durch die Veränderungen der Kniegelenke seien rechts als mittelgradig, links als gering einzustufen. Die von der Klägerin im Bereich der Sprunggelenke geltend gemachten Beschwerden würden tatsächlich im Bereich der Mittelfüße liegen. Die Behinderungen hieraus seien als gering einzustufen. Unter Bezugnahme auf frühere Röntgenaufnahmen aus dem Jahr 2001 und unter Annahme eines schleichenden Vorgangs schätzte der Sachverständige den Gesamt-GdB mit 50 ab Juni 2003 ein und legte dabei für die Beeinträchtigungen an der Wirbelsäule einen Teil-GdB von 40, an den Kniegelenken von 20 und wegen der Senk-/Spreizfußbildung von 10 zugrunde. Wegen des weiteren Inhalts seines Gutachtens wird auf Bl. 33 bis 50 LSG-Akte Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte des Beklagten und der Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Denn der Bescheid des Beklagten vom 4. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Februar 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass in den Verhältnissen, wie sie der letzten Feststellung zugrunde gelegen haben, keine Änderung eingetreten ist, die so wesentlich war, dass sie eine Höherbewertung des GdB gerechtfertigt hätte. Entsprechend der Einschätzung des Beklagten lagen zum Zeitpunkt des Erhöhungsantrags vom 10. Juni 2003 die Voraussetzungen für die Feststellung eines GdB von 50 nicht vor.
Nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Von einer solchen ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Änderung im Gesundheitszustand des Antragstellers auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung oder Herabsetzung des GdB um wenigstens 10 folgt (BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R - zitiert nach Juris Rn. 12 mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R - BSGE 82, 176, SozR 3-3870 § 4 Nr. 24).
Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB (im Sinne des Gesamt-GdB nach Rn 19 Abs. 1 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz - AHP - Herausgeber: Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung, Bonn, 2004) nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Die im Rahmen des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) festgestellten Maßstäbe geltend entsprechend. Bei der Feststellung des GdB sind im Interesse der gleichmäßigen Beurteilung der Behinderungen die AHP zugrunde zu legen, bei denen es sich nach der Rechtsprechung um antizipierte Sachverständigengutachten handelt und die wie untergesetzliche Normen anzuwenden sind (BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R zitiert nach Juris Rn 13). Der im Verfügungssatz des Bescheids festzustellende GdB ist Ergebnis einer Gesamtwürdigung der Auswirkungen der verschiedenen Teilhabebeeinträchtigungen unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander (vgl. AHP Rn 19, Seite 24).
Unter Beachtung dieser Grundsätze lagen bei der Klägerin zum Zeitpunkt des Erhöhungsantrags keine Funktionsbeeinträchtigungen vor, die einen GdB von 50 bedingten. Im Vergleich zur letzten Feststellung des GdB von 40 im Mai 2001 hat sich damit keine wesentliche Änderung ergeben. Insbesondere kann nicht von einer wesentlichen Zunahme der Funktionsbeeinträchtigungen an der Wirbelsäule ausgegangen werden. Diese wurden im Bescheid vom 28. Mai 2001 mit einem Teil-GdB von 30 bewertet. Dem lag die Annahme mittelgradiger funktioneller Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten unter Einbeziehung der einhergehenden Reizerscheinungen und Kopfschmerzen zugrunde. Nach den AHP Seite 116 sind mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten mit einem GdB von 30 bis 40 zu bewerten. Hinsichtlich der Unterscheidung zwischen mittelgradigen und schweren funktionellen Auswirkungen wird auf das Ausmaß der Verformung, der Bewegungseinschränkung oder Instabilität sowie die Häufigkeit und Stärke auftretender Wirbelsäulensyndrome abgestellt.
Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass bei der Klägerin auch zum Zeitpunkt des Erhöhungsantrags mittelgradige funktionelle Auswirkungen lediglich in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorlagen und sich insoweit der Gesundheitszustand der Klägerin im Vergleich zum Mai 2001 nicht erheblich verschlechtert hat. Der Senat stützt sich dabei auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. B. vom 10. September 2007. Soweit Prof. Dr. R. in seinem Gutachten vom 29. Mai 2007 zu der Einschätzung gelangte, es lägen mittelgradige Funktionsbeeinträchtigungen in drei Wirbelsäulenabschnitten vor, überzeugt dies nicht. Denn die Entfaltbarkeit der Brustwirbelsäule zeigte sich nach den Feststellungen von Prof. Dr. R. frei (Ottsches Zeichen 30 auf 33 cm). Daher wendet Dr. B. zutreffend ein, es könnten lediglich in zwei Wirbelsäulenabschnitten mittelgradige Funktionsbeeinträchtigungen anerkannt werden. Den Bewegungsmaßen kommt bei der Einordnung der Schwere eines Wirbelsäulenschadens eine herausragende Rolle zu. Schmerzen sind lediglich dann zusätzlich zu beachten, wenn sie über das übliche Maß hinausgehen (AHP Rn 18 Abs. 8, Seite 24). Vorliegend besteht ein Spannungsverhältnis zwischen der Beweglichkeit aller Wirbelsäulenabschnitte und den festgestellten schweren degenerativen Veränderungen. Prof. Dr. R. beschreibt die Beweglichkeit als "erstaunlich" gut. Darin kommt zum Ausdruck, dass der Gutachter angesichts der festgestellten degenerativen Veränderungen nicht mit diesen Bewegungsmaßen gerechnet hat. Das Vorliegen degenerativer Veränderungen rechtfertigt jedoch für sich nicht die Feststellung einer Funktionsbeeinträchtigung. Die von der Klägerin im Rahmen der Demonstration der tatsächlich vorhandenen Beweglichkeit empfundenen, vom Gutachter beschriebenen Schmerzen rechtfertigen keine höhere Bewertung des GdB. Die Schmerzen strahlten bei der Beweglichkeitsprüfung der Halswirbelsäule bis in den Hinterkopf aus. Bei Prüfung der Beweglichkeit der Brust- und Lendenwirbelsäule gelang es der Klägerin nur, ihre Hände bis auf Kniehöhe zu bringen und musste sich dann danach sofort unter heftigen Schmerzangaben mit beiden Händen auf den Oberschenkeln abstützen. Diese Schmerzangaben sind vor dem Hintergrund der durch Röntgenaufnahmen festgestellten degenerativen Veränderungen plausibel. Diese liegen im Bereich der Halswirbelsäule ausgeprägt in den Segmenten C 5 / C6 und C 6 / C 7 mit Verschmälerung der Bandscheibenräume und kräftiger Randzackenbildung an Grund- und Deckplatten und Arthrosen der kleinen Wirbelgelenke vor, im Bereich der Brustwirbelsäule mit Verschmälerung der Bandscheibenräume, vor allem in der mittleren Brustwirbelsäule und kräftigen Randanwulstungen in allen Bewegungssegmenten, die auf der rechten Seite zum Teil zur Brückenbildung zwischen benachbarten Wirbelkörpern geführt haben, im Bereich der Lendenwirbelsäule in deutlicher Form ab dem 3. Lendenwirbelkörper mit kräftigen Randzackenbildungen, Verschmälerung des Bandscheibenraumes L 4 / L 5 und weitgehender Aufhebung des Bandscheibenraumes zwischen L 5 und Kreuzbein bei beginnender Brückenbildung links. Andererseits konnte Prof. Dr. R. bei der Begutachtung jedoch keine Muskelverhärtungen ertasten. Die vornehmlich an den Bewegungsausmaßen orientierten GdB-Werte in den AHP schließen jedoch die üblicherweise vorhandenen Schmerzen ein und berücksichtigen erfahrungsgemäß selbst besonders schmerzhafte Zustände. Nur wenn nach dem Ausmaß und Sitz der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende, eine spezielle ärztliche Behandlung erfordernde Schmerzhaftigkeit anzunehmen ist, können höhere Werte angesetzt werden (AHP Rn 18 aaO) Eine spezielle ärztliche Behandlung der Klägerin wegen der Schmerzhaftigkeit ist nicht ersichtlich. Dass die Klägerin bei Anerkennung eines Teil-GdB von 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen an der Wirbelsäule erhebliche Schmerzen hat, unterliegt keinen Zweifeln. Diese sind jedoch bereits mit berücksichtigt.
Des weiteren liegt bei der Klägerin eine Funktionsbeeinträchtigung wegen ihrer Beschwerden in den Kniegelenken, vornehmlich dem rechten Kniegelenk vor. Eine funktionell störende Einschränkung der Beweglichkeit ist jedoch nach den Feststellungen von Prof. Dr. R. nicht gegeben. Eine solche wird auch von Dr. T. nicht beschrieben. Zu bewerten sind jedoch die arthroskopisch und kernspintomographisch nachgewiesenen Knorpel- und Meniskusschäden rechts sowie geringere Knorpelschäden links. Hierdurch sind Reizerscheinungen, die auch zu operativen Eingriffen geführt haben, zu erklären. Nach den AHP sind ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke mit anhaltenden Reizerscheinungen einseitig ohne Bewegungseinschränkung mit einem GdB von 10 bis 30 zu bewerten. Die Bewertung mit einem GdB von 20 ist angesichts der nach Prof. Dr. R. ausgeprägten Knorpelschäden im rechten Kniegelenk sachgerecht. Zwar bewertete der behandelnde Arzt Dr. T. in seiner sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem SG im November 2004 die Kniebeschwerden mit einem GdB von 30. Da die Klägerin bei der Begutachtung durch Prof. Dr. R. die Schmerzen in den Kniegelenken jedoch im Unterschied zu den Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule nur als belastungsabhängig angab, und aus der Notwendigkeit operativer Eingriffe nicht direkt auf damit in Zusammenhang stehende Funktionsbeeinträchtigungen geschlossen werden kann, bestehen gegen die Einschätzung von Prof. Dr. R. keine Bedenken.
Die von Prof. Dr. R. festgestellte Senk-/Spreizfußbildung hat nur geringe Auswirkungen und ist mit einem GdB von 10 zu bewerten. Sie wirkt sich nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB aus. Gleiches gilt für die vom Beklagten festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen, die mit den bei der Klägerin vorliegenden Krampfadern einhergehen.
Soweit im Widerspruchsverfahren eine eigenständige Bewertung der Funktionsbeeinträchtigung aufgrund einer Erkrankung der linken Schulter geltend gemacht wurde, konnte Prof. Dr. R. in diesem Bereich keinen Befund mit Krankheitswert feststellen. Die insoweit geschilderten Beschwerden der Klägerin strahlen von der Halswirbelsäule aus. Dem wurde bei der Bewertung des GdB für die Wirbelsäulenschäden Rechnung getragen.
Der Gesamt-GdB ist vor diesem Hintergrund nach wie vor mit 40 zu bewerten.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
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