L 5 KR 6123/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 8404/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 6123/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Die Krankenkassen unterliegen nicht nur dem Willkürverbot aus Art. 3 GG. Es kann nicht nur eine sachwidrige Ungleichbehandlung nach Belieben der Krankenkassen verboten sein, im Verfahren der Vertragsvergabe ist vielmehr eine faire Gleichbehandlung aller Bieter geboten. Eine strengere Prüfung ist angebracht, wenn die fragliche Maßnahme in den Schutzbereich eines anderen eingreift - hier die Grundrechte der betroffenen Pharma-Unternehmen -.

2. Bei Verfahren zum Abschluss von Rabattverträgen gem. § 130a Abs. 8 SGB V muss zwar kein förmliches Vergabeverfahren stattfinden, es ist jedoch in allen Fällen ein transparentes, diskriminierungsfreies, verhältnismäßiges und nachprüfbares Auswahlverfahren durchzuführen. Hierbei kann nicht außer Acht gelassen werden, dass das Vergaberecht in langer Rechtsentwicklung schon herausgearbeitet hat, was im Zusammenhang mit einer Ausschreibung und der anschließenden Vergabe als fair und transparent anzusehen ist. Es spricht also nichts dagegen, zumindest die Grundsätze des materiellen Vergaberechts der §§ 97 bis 101 GWB entsprechend heranzuziehen, also auch auf die zum Teil im Vergaberecht nach dem GWB i. V. m. der VOL/A zum Ausdruck kommenden Regelungen für ein "faires Ausschreibungsverfahren" zurückzugreifen.

3. Der gem. § 130a Abs. 9 SGB V von der Sozialgerichtsbarkeit
insgesamt zu gewährende Rechtsschutz wird dann gewährleistet,
wenn das Vergaberecht entsprechend auch auf Ausschreibungen
von Rabattverträgen angewendet wird, allerdings mit der Maßgabe,
dass vorrangig die Vorschriften des materiellen Sozialrechts gelten
und innerhalb dieses Rahmens bei der Umsetzung öffentlich-rechtlicher
Aufträge vergaberechtliche Grundsätze heranzuziehen sind. Konkret
bedeutet dies, dass das SGB V überall dort zur Anwendung kommt,
wo pharmazeutische Unternehmer nicht als Bieter, sondern als Adressat
von Rechten und Pflichten nach dem SGB V angesprochen sind (wie etwa
in § 130a Abs. 8 SGB V). Erst dort, wo eine Ausschreibung stattfindet,
sind ihre Rechte als Bieter entsprechend dem Vergaberecht zu beachten.

4. Die Krankenkassen müssen die Leistungen so erschöpfend beschreiben,
dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen und die Angebote miteinander verglichen werden können. Vorhandene Zahlen über
das zu erwartende Verordnungsvolumen müssen die Krankenkassen den
Bietern zur Verfügung stellen, um den Bietern eine zuverlässige Preisermittlung
zu ermöglichen.

5. Die Krankenkassen müssen ihre Ausschreibung in Lose zerlegen, um
auch kleineren und mittleren Unternehmen eine Beteiligung bei
umsatzstarken Wirkstoffen zu ermöglichen. Dies folgt auch aus dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil wegen des in Bezug auf die
Versicherten der Krankenkasse zu erwartenden bundesweiten "faktischen Verkaufsverbots" (vgl. § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V) nicht zum Zuge
gekommene Bieter in ihrer wirtschaftlichen Existenz bei einer ausschließlich bundesweiten Ausschreibung unverhältnismäßig stark betroffen sind.
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin und der Beigeladenen Ziff.1 wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Dezember 2007 aufgehoben. Den Antragstellerinnen wird untersagt, in dem vorliegenden Verfahren zum Abschluss von Rabattverträgen Zuschläge auf die vom Sozialgericht im Beschluss vom 20. Dezember 2007 - S 10 KR 8404/07 ER - unter Ziff. 2 genannten Wirkstoffe zu erteilen. Die Anträge der Antragstellerinnen auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes werden zurückgewiesen. Die weitergehenden Feststellungsanträge der Antragstellerinnen werden ebenfalls zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten beider Instanzen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Ziff. 2 bis Ziff. 32. Der Streitwert wird auf 2.500.000.- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die aufschiebende Wirkung der am 21. November 2007 gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf vom 31. Oktober 2007 eingereichten Klagen. Im Ergebnis ist damit streitig, ob den Antragstellerinnen, Beschwerdegegnerinnen und Klägerinnen zu gestatten ist, das Vergabeverfahren zum Abschluss von Rabattverträgen fortzuführen und auf die von ihnen ausgewählten wirtschaftlichen Angebote hinsichtlich insgesamt 83 verschiedener Wirkstoffe Zuschläge zu erteilen.

Die Antragstellerinnen haben bundesweit gemeinsam unter Federführung der Antragstellerin Ziff. 1 (AOK Baden-Württemberg) für insgesamt 83 Wirkstoffe die auf dem Markt in Deutschland für diese Wirkstoffe tätigen in- und ausländischen Pharmaunternehmen mit Schreiben vom 3. August 2007 aufgefordert, bis zum 3. September 2007 12:00 Uhr ein entsprechendes - bis 31. Dezember 2007 verbindliches - Angebot für eine Rabattvereinbarung nach § 130 a Abs. 8 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2009 bei der Antragstellerin Ziff. 1 abzugeben (siehe Bl. 93 f. SG-Akte).

Das Schreiben vom 03. August 2007 lautete auszugsweise wie folgt:

"Rabattvereinbarung gem. § 130 a Abs. 8 SGB V - Vereinbarungszeitraum 1.Januar 2008 bis 31.Dezember 2009 -

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie bereits im Jahr 2007 umgesetzt, haben sich die AOKs erneut darauf verständigt, gemeinschaftlich die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise von Arzneimitteln durch Rabattvereinbarungen nachhaltig zu steigern. Die Federführung hierbei liegt beim Unterzeichner.

Um eine Gleichbehandlung aller pharmazeutischen Unternehmer zu gewährleisten, werden vor dem Hintergrund der Marktbedeutung der teilnehmenden AOKs und des zu erwartenden, erheblichen Einflusses auf den pharmazeutischen Markt pharmazeutische Unternehmer, die ausschreibungsgegenständliche Arzneimittel herstellen, gleichlautend angeschrieben. Ferner können die Inhalte des Ihnen vorliegenden Schreibens im e-Bundesanzeiger vom 06.08.2007 eingesehen werden.

Die Beteiligung steht allen inländischen und ausländischen pharmazeutischen Unternehmern frei, die ausschreibungsgegenständliche, zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähige Arzneimittel in Deutschland anbieten.

Hiermit bitten wir Sie, ein Angebot für eine Rabattvereinbarung gem. § 130 Abs. 8 SGB V, im Folgenden Vereinbarung genannt, in der nachfolgend beschriebenen Form abzugeben. Die Vereinbarung mit Anlagen 2 und 3 ist beigefügt.

In der Anlage 1 zur Vereinbarung sind Wirkstoffe, für die Rabattvereinbarungen abgeschlossen werden sollen, aufgeführt. Es ist ebenfalls angegeben, mit wie vielen Rabattpartnern maximal je Wirkstoff Vereinbarungen geschlossen werden sollen. Um die Lieferfähigkeit im Vereinbarungszeitraum sicherzustellen, gilt - eine ausreichende Zahl von Angeboten vorausgesetzt - grundsätzlich: je Wirkstoff werden Vereinbarungen mit drei pharmazeutischen Unternehmen, für verordnungsstarke Wirkstoffe mit vier pharmazeutischen Unternehmen geschlossen. Der Vereinbarungszeitraum beträgt 2 Jahre (1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2009).

Wir bitten Sie, ein Rabattangebot für die Wirkstoffe abzugeben, die Ihr Unternehmen im Rahmen der Versorgung der Versicherten in den AOK´s verfügbar machen kann. Es ist möglich, ein Rabattangebot für einen oder mehrere Wirkstoffe abzugeben. Die Anzahl der von Ihnen angebotenen Wirkstoffe hat keine Auswirkung auf die einheitliche Auswahlentscheidung der teilnehmenden AOKs bei den jeweiligen Wirkstoffen.

Es wird pro Wirkstoff nur ein Angebot von verbundenen Unternehmen zugelassen. Verbundene Unternehmen in diesem Sinne sind Unternehmen die - unabhängig von Ihrer Rechtsform - zueinander in einem Abhängigkeits- oder Beherrschungsverhältnis im Sinne von § 17 AktG stehen oder Konzernunternehmen im Sinne von § 18 AktG sind. Gehen dennoch entsprechende Mehrfachangebote verbundener Unternehmen ein, werden alle Angebote der betreffenden verbundenen Unternehmen wirkstoffbezogen von der Auswahl ausgeschlossen.

In der Anlage 1 der Vereinbarung ist wirkstoffbezogen differenziert für die verschiedenen Packungsarten je ein Schwellenwert als rechnerische Vergleichsbasis für Rabattangebote angegeben. Bitte tragen Sie zu jedem Wirkstoff in das dafür vorgesehene Tabellenfeld einen Prozentwert ein, um welchen alle Schwellenwerte für sämtliche Packungsarten des betreffenden Wirkstoffs unterschritten werden. Die absolute Rabatthöhe je Packung errechnet sich aus der Differenz zwischen dem jeweiligen Apothekenpreis zum Abgabezeitpunkt und dem Ergebnis der Schwellenwertunterschreitung durch das Angebot.

Um aufgrund des Bezugs auf den Apothekenverkaufspreis bei niedrigpreisigen Produkten ein durch den Rabatt defizitäres Ergebnis für den pharmazeutischen Unternehmer zu vermeiden, erfolgt eine Kappung des Rabatts, sobald der jeweilige Apothekenverkaufspreis abzüglich der absoluten Rabatthöhe den Betrag von 10,25 EUR unterschreitet.

Die Bestimmung der Rabatthöhe und die Rabattberechnung sowie die zugehörigen Begriffe werden in § 2 der Vereinbarung beschrieben. Beispielhafte Rabattberechnungen und zusätzliche Erläuterungen sind der Vereinbarung beigefügt (Anlagen 2 und 3 der Vereinbarung).

Die Auswahl der Angebote je Wirkstoff erfolgt nach folgenden Kriterien:

1. Produktbreite

Ziel bei der Auswahl von Angeboten ist es, die marktübliche und für die Therapievielfalt erforderlichen Packungsarten mit rabattierten Arzneimitteln zu besetzen. Es müssen daher mindestens 75 % der innerhalb des Wirkstoffs 2006 zu Lasten der AOKs abgerechneten Arzneimittelpackungen über die jeweilige Packungsart von dem Angebot erfasst sein.

2. Wirtschaftlichkeit des Rabattangebots

Das Ausmaß der Schwellenunterschreitung durch das jeweilige Angebot je Wirkstoff ist entscheidend.

Nicht maßgeblich ist die Höhe jeweiliger Apothekenverkaufspreise. Es werden daher die drei bzw. vier Angebote je Wirkstoff ausgewählt, die die Schwellenwerte des Wirkstoffs um den höchsten Prozentwert ("U" gem. § 2 Abs. 2 der Vereinbarung) unterschreiten.

Die AOKs werden aus den eingehenden Angeboten nach den o.g. Kriterien Rabattpartner auswähle. Die maximale Anzahl der Rabattpartner ist je Wirkstoff in der Anlage 1 zur Vereinbarung gelistet. Im Falle des Vorliegens identischer, die maximale Anzahl der Rabattpartner übersteigender Angebote für einen Wirkstoff entscheidet das Los.

Ihre Angebote werden vertraulich behandelt. Bei einem Vertragsschluss mit Ihrem Unternehmen können gewährte Rabatte ggf. im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen gegenüber weiteren Vertragspartnern offengelegt werden.

Sollte die Wahl auf Ihr Unternehmen fallen, so werden wir uns zeitnah mit Ihnen in Verbindung setzen und Ihnen die seitens der AOKs unterzeichnete Vereinbarung zukommen lassen.

Für Rückfragen wenden Sie sich bitte ausschließlich an folgende e-Mail Adresse: a ... Wir hoffen, dass unsere Anfrage auf Ihr Interesse stößt und freuen uns auf Ihr Angebot.

Eine inhaltsgleiche Veröffentlichung dieses Anschreibens erfolgte im elektronischen Bundesanzeiger am 6. August 2007 mit Korrekturen vom 10. und 28. August 2007 (Bl. 111/135 SG-Akte).

Der als Anlage beigefügte Entwurf einer Vereinbarung gem. § 130 a Abs. 8 SGB V sieht in § 2 Abs. 1 eine Verpflichtung der pharmazeutischen Unternehmer vor, der AOK Rabatte auf alle Arzneimittel seines Unternehmens, die vertragsgegenständliche Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen beinhalten, zu gewähren. Nach Abs. 3 werden im Fall von Preissenkungen im Gesamtmarkt eines Wirkstoffs in einem abgerechneten Quartal gegenüber dem Vorquartal um mehr als 5 % die Schwellenwerte des betreffenden Wirkstoffs entsprechend mit Wirkung zum Beginn des Folgequartals abgesenkt. Bei Feststellung einer entsprechenden Schwellenwertabsenkung wird der pharmazeutische Unternehmer zeitnah in Kenntnis gesetzt. Nach § 5 Abs. 2 unterliegen sämtliche Verordnungsdaten und Kalkulationsdaten der Geheimhaltung. Die gesetzlichen Bestimmungen des Datenschutzes sind zu beachten. Der Pharmazeutische Unternehmer stellt sicher, dass die Informationen, die die AOK bzw. der AOK Bundesverband zur Verfügung stellen, nur für den in der Vereinbarung vorgesehenen Zweck genutzt und nicht an Dritte weitergegeben werden. Nach § 6 Abs. 1 verpflichten sich die AOK, während der Vertragslaufzeit zu den vertragsgegenständlichen Wirkstoffen keine Vereinbarungen gem. § 130 a Abs. 8 SGB V außerhalb der Ausschreibung vom 3. August 2007 zu schließen. Der pharmazeutische Unternehmer hat nach § 6 Abs. 3 für die Dauer des Vertrages die Lieferfähigkeit der vereinbarten Arzneimittel an den Großhandel bzw. die Apotheken zu gewährleisten. Kommt es entgegen dieser Verpflichtung innerhalb von 12 Monaten zu einem Lieferausfall für ein Arzneimittel über einen Zeitraum von aufsummiert 20 Werktagen, verwirkt der Unternehmer nach § 7 Abs. 1 eine Vertragsstrafe, es sei denn er kann nachweisen, dass ihn im Bezug auf die Lieferauswahl kein Verschulden trifft. Als angemessene Höhe der Vertragsstrafe werden 20 von 100 des Umsatzes für das betreffende Arzneimittel vereinbart.

In den weiteren Anlagen sind konkrete Muster von Rabattangeboten beschrieben und werden Berechnungsbeispiele zur absoluten Rabatthöhe, zur Schwellenwertanpassung und zur Berechnung der Schwellenwertanpassung gegeben. In einer letzten Anlage werden typische Fragen beantwortet und unter Nr. 4 daraufhingewiesen, dass per E-Mail gestellte Verständnisfragen von der AOK in der Reihenfolge des Eingangs kurzfristig beantwortet werden. Ziel der AOK sei es, das Auswahlergebnis den teilnehmenden pharmazeutischen Unternehmen bis spätestens September 2007 bekannt zu geben. Aus den bis zum Ablauf der Angebotsfrist eingegangenen Angeboten wurden je Wirkstoff 3 bis 4 Pharmaunternehmen ausgewählt, mit denen Rabattverträge abgeschlossen werden sollten. Mit Schreiben vom 14.September 2007 (Bl. 178 f. SG-Akte bezüglich der Beigeladenen Ziff. 9) informierten die Antragstellerinnen alle Pharmaunternehmen, die ein Angebot abgegeben hatten "im Vorgriff" auf die zu erfolgenden Vertragsschlüsse, die "14 Tage nach Absendung dieser Vorabinformation beabsichtigt seien". Eine Benennung der jeweils ausgewählten Pharmaunternehmen enthielt dieses Schreiben nicht.

Daraufhin beantragte die Beigeladene Ziff. 1 (T. P. GmbH) mit Schreiben vom 25. September 2007 (Bl. 78 f. SG-Akte) bei der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens nach den §§ 102, 107 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) mit der Begründung, die Antragstellerinnen hätten mit ihrem Vorgehen gegen mehrere vergaberechtliche Vorgaben verstoßen. Unter anderem verweist sie noch darauf, dass ihr mitgeteilt worden sei, sie erhalte den Zuschlag für fünf Wirkstoffe. Diese machten aber nur den äußerst geringen Anteil von 287.897 EUR, das bedeute um 0,3% des bisherigen Umsatzes der Beigeladenen 1 mit der AOK, aus. Der Gesamtumsatz in Deutschland haben 2006 27.131 912 EUR betragen, mit der AOK bislang 8.510.181 EUR, die Umsätze mit der AOK machten damit 31% des deutschen und 22% des weltweiten Gesamtumsatzes (38.552.862 EUR) aus. Weiter führte die Beigeladene 1 dort noch aus, im Hinblick darauf, dass die Ausschreibung keinerlei Angaben enthalte, welche Verkaufszahlen die Bieter als potenzielle Vertragspartner während der Vertragslaufzeit zu erwarten hätten. In dem AOK-Modellen gebe es keinerlei vereinbartes Mengen- unter Gerüst als Grundlage für einen zu kalkulieren des Angebot der Bieter. Ein Bieter könne vor allen Dingen nicht voraus sehen, und ob er in dem Falle, das er als einer von drei ausgebildeten Bieter den Zuschlag erhalte, später überhaupt eine Packung des betroffenen Arzneimittels verkaufe. Es könne nämlich sein, dass die betroffenen Apotheken sich für einen Wirkstoff nur ein Arzneimittel jeweils eines der drei ausgebildeten Bieter beschafften (dies würden aller Wahrscheinlichkeit nach solche der großen Arzneimittelhersteller sein, die für viele Wirkstoffe den Zuschlag erhielten, dass hierdurch der Einkauf und die Logistik für die Apotheken wesentlich vereinfacht werde). Ein Hersteller wie die Beigeladene Ziff. 1 habe also nach der Leistungsbeschreibung der Antragstellerinnen selbst im Falle eines Zuschlags keinerlei Planungs- und Kalkulationssicherheit. Damit habe es die Ausschreibung der Beigeladenen Ziff. 1 und anderen Bietern unmöglich gemacht, eine wirtschaftlich vernünftige und tragbare Preisermittlung und damit ein Angebot über die Rabatthöhe durchzuführen.

Die Beigeladene Ziff. 9 (Fa. b. p. GmbH) schloss sich der Argumentation der Beigeladenen Ziff. 1 an und machte geltend, die Antragstellerinnen seien öffentliche Auftraggeber. Durch die Bildung eines Einkaufskartells würden die Antragstellerinnen gegen das Gebot des Wettbewerbsprinzips aus § 97 Abs. 1 GWB verstoßen, der durchgeführte Wettbewerb entspreche auch nicht den Anforderungen der reglementierten Vergabe. Unter anderem seien die Mindestfristen für die Abgabe der Angebote von 52 bzw. 40 Tagen nicht beachtet worden. Die Unterlagen hätten auch keine Kalkulationsgrundlagen, etwa Daten aus vergangenen Zeiträumen, enthalten. Die Referenzdaten zur "Produktbreite" seien den Anbietern nicht mitgeteilt worden.

Die Beigeladene Ziff. 21 (Fa. e. GmbH) schloss sich den Antragsstellerinnen an, der Abschluss von Rabattierungsverträgen stelle keinen Beschaffungsvorgang dar.

Die Antragstellerinnen sind den Anträgen entgegengetreten. Sie haben zunächst die rechtliche Ausgangssituation und dabei insbesondere die Regelung in § 130 a Abs. 9 SGB V dargelegt, wonach die Sozialgerichte für Streitigkeiten aus der Vorschrift des § 130 a SGB V zuständig seien. Eine Rechtswegzuständigkeit der Vergabekammern und -senate bestehe wegen § 69 SGB V nicht, auch liege kein öffentlicher Auftrag im Sinne des § 99 Abs. 1 GWB vor. Die Nachprüfungsanträge seien auch schon unzulässig. Der Vortrag sei völlig unsubstanziiert, ein konkreter Vergaberechtsverstoß sei nicht aufgezeigt worden. Sämtliche Beanstandungen seien bei Lektüre der Ausschreibungsunterlagen förmlich an den Haaren herbeigezogen und begründeten nicht einmal die Möglichkeit eines Vergaberechtsverstoßes. Die Antragsstellerinnen des Nachprüfungsverfahrens (also die Beigeladenen Ziff. 1 bis 7 diese Verfahrens) hätten zudem ein vorbehaltsloses Angebot abgegeben. Dies führe dazu, dass sie mit ihren vergaberechtlichen Beanstandungen, die sie zudem erst mehr als 10 Tage nach Erhalt der Bieterinformation vom 14.09.2007 ausgesprochen hätten, präkludiert seien. Die Rügen beträfen im wesentlichen bereits aus der Bekanntmachung erkennbare Umstände, etwa die Nichtdurchführung eines EU-weiten Verfahrens. Diese Mängel hätten die Beigeladenen erst gerügt, nachdem ihnen mitgeteilt worden sei, dass sie nach Abschluss des Bewertungsverfahrens nicht zum Zuge gekommen sei. Die Rügen der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 seien erst recht unbegründet, weil ihnen das Ausschreibungsverfahren aus der vorhergehenden Ausschreibung bekannt gewesen sei. Angesichts der breiten Aufmerksamkeit, welche die ersten AOK - Rabattvereinbarungen in der Fachöffentlichkeit gefunden hätten, und angesichts der durch die Verbände der Arzneimittelhersteller hierzu sowie zur Neuausschreibung verbreiteten vergaberechtlichen Informationen sei schlechterdings nicht nachvollziehbar, wenn jetzt vorgetragen werde, es habe der Inanspruchnahme fachanwaltlichen Rates bedurft, um mögliche Verfahrensfehler zu erkennen. Eine Aufteilung in Regionallose sei zwar erwogen, aber nicht für zweckmäßig erachtet worden, um eine weitere Vertragszersplitterung zu verhindern. Mit Blick auf den Mittelstandschutz sei eine wirkstoffbezogene Ausschreibung erfolgt, die sogar drei oder vier pharmazeutischen Unternehmen pro Wirkstoff die Chance eines Vertragsschlusses biete. Darüber hinaus seien die Ziele des Mittelstandschutzes (Sicherung der Anbietervielfalt und Vermeidung von Konzentrationen bei einzelnen Wirkstoffen) durch Zulassung nur eines Angebots pro Wirkstoff für verbundene Unternehmen "berücksichtigt worden." Der pauschale Vorwurf der Begünstigung großer Pharmahersteller treffe nicht zu. Gegen den Vorwurf des Nachfragekartells sei einzuwenden, dass nach § 130 a Abs. 8 Satz 1 SGB V Rabattvereinbarungen nicht nur von einzelnen Krankenkassen, sondern auch von deren Verbänden geschlossen werden können. Gemeinschaftliche Ausschreibung sei vom Gesetzgeber also auch gerade vorgesehen. Auch daraus ergebe sich, dass Rabattvereinbarungen nicht zwingend regional zu begrenzen seien.

Nach mündlicher Verhandlung hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf mit Beschluss vom 31. Oktober 2007 (Aktenzeichen VK-31/2007-L, Bl. 48 f. SG-Akte) den Antragstellerinnen (dort Antragsgegnernen) untersagt, hinsichtlich der im Einzelnen dort bezeichneten Wirkstoffe auf die vorliegenden Angebote Zuschläge zu erteilen. Die Vergabekammer vertrat hierbei die Auffassung, der Nachprüfungsantrag sei zulässig, eine vorrangige Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit bestehe nicht, auch sei ihre örtliche Zuständigkeit gegeben. Der für die Vergabe öffentlicher Aufträge maßgebende Schwellenwert von 211.000 EUR sei vorliegend überschritten. Die Antragstellerinnen seien auch öffentliche Auftraggeber, auch die Merkmale eines öffentlichen Auftrages (Leistungserbringung gegen Entgelt an einen öffentlichen Auftraggeber) lägen vor. Eine vergaberechtsfreie Dienstleistungskonzession liege hier ebenso wenig wie eine Bereichsausnahme nach § 100 Abs. 2 GWB vor. Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet, da die Antragstellerinnen gegen das Gleichbehandlungs- und Transparenzgebot aus § 97 Abs. 1 GWB verstoßen hätten, indem sie das Kriterium der Produktbreite aufgestellt und gewertet hätten, das Daten beinhalte, die für die Bieter sowohl vor Erstellung ihres Angebotes wie nach Auswertung nicht zugänglich gemacht worden seien. Des Weiteren führte die Vergabekammer noch aus, es könne dahinstehen, ob eine weitere fortwirkende Rechtsverletzung der Beigeladenen Ziff. 1 durch die unterbliebene europaweite Veröffentlichung vorliege. Vorsorglich sei jedoch darauf hinzuweisen, dass eine unterbliebene europaweite Veröffentlichung kaum geeignet erscheine, eine fortwirkende Rechtsverletzung zu begründen, wenn ein Unternehmen ein Angebot habe abgeben können. Zum weiteren Inhalt der Entscheidung wird auf den Inhalt des Beschlusses vom 31. Oktober 2007 (Bl. 48 f. SG-Akte) verwiesen.

Gegen diesen Beschluss haben die Antragstellerinnen beim Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf am 22. November 2007 sofortige Beschwerde eingelegt (Aktenzeichen VII Verg 44/07). In diesem Verfahren hat das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 18. Dezember 2007 entschieden:

Tenor:

1. Das Oberlandesgericht Düsseldorf ist für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf vom 31. Oktober 2007 (VK-31/2007-L) zuständig. 2. Das Beschwerdeverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (C-300/07) über die Vorlage des Senats gemäß Beschluss vom 23. Mai 2007 (VII Verg 50/06) ausgesetzt.

Wegen der Einzelheiten des Beschlusses siehe Bl. 718 f. der SG-Akte. Die Antragstellerinnen haben am 19. Dezember 2007 die Beschwerde zum OLG (VII Verg 44/07) zurückgenommen.

Zuvor hatten die Antragstellerinnen bereits am 21. November 2007 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf, gerichtet gegen die Bezirksregierung Düsseldorf, erhoben (Aktenzeichen S 10 KR 8405/07), über die noch nicht entschieden ist.

Mit Beschluss vom 20. Dezember 2007 hat das SG im Klageverfahren S 10 KR 8405/07 vorab über den Rechtsweg entschieden und den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für zulässig erklärt. Gegen diesen Beschluss haben die Antragsgegnerin am 27. Dezember 2007 und die Beigeladene Ziff. 1 am 16. Januar 2008 Beschwerde zum Landessozialgericht erhoben, der das SG nicht abgeholfen und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat (Beschluss vom 27. Dezember 2007). Mit Beschluss vom 6. Februar 2008 (L 5 KR 316/08 B) hat der Senat die Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen Ziff. 1 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Dezember 2007 zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zum Bundessozialgericht (BSG) zugelassen.

Gleichzeitig mit der Klageerhebung haben die Antragstellerinnen beim SG die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Sie begehren damit zum einen, die aufschiebende Wirkung ihrer beim SG eingereichten Klage anzuordnen, zum anderen ihnen zu gestatten, das Vergabeverfahren zum Abschluss von Rabattverträgen fortzuführen und auf die von ihnen ausgewählten Angebote bezüglich der im Einzelnen genannten Wirkstoffe Zuschläge zu erteilen. Sie haben zur Begründung ausführlich dargelegt, dass in Streitigkeiten in Angelegenheiten von Rabattverträgen nach § 130 a Abs. 9 SGB V ausdrücklich der Sozialrechtsweg eröffnet sei. Die Sozialgerichte und nicht die Vergabekammern und Vergabesenate der Oberlandesgerichte seien zuständig. Die Beschlüsse der Vergabekammer seien deshalb offensichtlich rechtswidrig, an ihrer Vollziehung bestehe kein öffentliches Interesse. Die Aufrechterhaltung der Zuschlagsverbote bis zur Entscheidung in der Hauptsache sei unverhältnismäßig und für die Antragstellerinnen unzumutbar. Die Bieter, die an ihre Angebote nur bis zum 31. Dezember 2007 gebunden seien, hätten sich bereit erklärt, ihr Angebot bis zum 29. Februar 2007 zu verlängern. Bis dahin müssten die Antragstellerinnen die Rabattvereinbarungen unterzeichnet haben, andernfalls werde ein mit erheblichen Aufwand durchzuführendes neues Ausschreibungsverfahren erforderlich. Dies sei ihr aber nicht zuzumuten. Die Einsparpotenziale der Antragstellerinnen bewegten sich im beitragssatzwirksamen Bereich um ca. 400.000,00 EUR pro Jahr (Hochrechnung), abhängig von der ärztlichen Verordnungsweise und den Substitutionsmöglichkeiten der Apotheken. Zudem sei nicht ersichtlich, weshalb eine Ausschreibung unter Beachtung der von den Beigeladenen gerügten materiellen Vorgaben zu einem anderen Ergebnis hätte führen sollen. Das Interesse der AOK und der Allgemeinheit überwiege das Interesse der Beigeladenen erheblich. Werde der Zuschlag nicht erteilt, könne das zu erwartende Einsparvolumen von 400.000,00 EUR pro Jahr nicht realisiert werden.

Die Antragsgegnerin, Beschwerdeführerin und Beklagte (Land Nordrhein-Westfalen, Bezirksregierung Düsseldorf) ist dem entgegengetreten und hat die Auffassung vertreten, der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit sei nicht gegeben, da bereits zuvor das Nachprüfungsverfahren beschritten worden sei und deswegen über die Zuständigkeit nur und ausschließlich im Nachprüfungsverfahren nach den §§ 102 ff. GWB entschieden werden könne. Letztendlich zuständiger Entscheidungsträger sei insoweit das OLG Düsseldorf im Beschwerdeverfahren gemäß den §§ 116 ff. GWB. Da die sofortige Beschwerde der Antragstellerinnen zum OLG Düsseldorf zeitlich vor den hier streitgegenständlichen Anträgen anhängig geworden sei, wäre in jedem Fall die vorgreifliche Zuständigkeit des OLG Düsseldorf gegeben, weil der Rechtsweg zu ihm zuerst "beschritten" worden sei. Weiterhin sei die Antragsgegnerin, das Land Nordrhein-Westfalen bzw. die Bezirksregierung Düsseldorf, nicht passiv legitimiert, da sie in keinerlei Hinsicht am Nachprüfungsverfahren der Vergabekammer beteiligt sei. Wenn überhaupt müssten sich die Anträge gegen die Vergabekammer wenden. Allerdings sei die Vergabekammer selbst nicht beteiligungsfähig im Sinne von § 70 SGG. Insoweit sei die Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 202 SGG i.V.m. den §§ 241 und 245 Zivilprozessordnung (ZPO) festzustellen, da in Nordrhein-Westfalen eine gesetzliche Regelung der Passivlegitimation bzw. der Vertretungsbefugnisse fehle, wenn eine Klage gegen einen Verwaltungsakt einer Vergabekammer des Landes Nordrhein-Westfalen gerichtet werde. Im Übrigen werde hinsichtlich der Unbegründetheit der Anträge auf die zutreffenden Gründe des angegriffenen Beschlusses der Vergabekammer Bezug genommen. Es sei nicht nachvollziehbar und nicht erkennbar, dass dieser Beschluss offensichtlich rechtswidrig sein könnte. Auch aus sozialrechtlicher Sicht bestünden im Hinblick auf die anwendbaren §§ 19 bis 21 GWB an der Rechtmäßigkeit des Verhaltens der Antragstellerinnen bei der Anbahnung der Rabattverträge ernstliche Zweifel.

Mit Beschluss vom 22. November 2007 hat das SG die Beigeladene Ziff. 1 (T. P. GmbH) nach § 75 Abs. 2 SGG und mit Beschluss vom 27. November 2007 die im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf beigeladenen Pharmaunternehmen gemäß § 75 Abs. 1 SGG zum vorliegenden Verfahren beigeladen.

Die Beigeladene Ziff. 1 hat ausgeführt, auch ihrer Auffassung nach sei der Sozialrechtsweg vorliegend nicht eröffnet. Des Weiteren hat sie darauf verwiesen, während ein Individualinteresse der Antragstellerinnen am Vollzug von rechtswidrig zustande gekommenen Rabattverträgen von vornherein nicht bestehen könne, stehe für die Beigeladene Ziff. 1 aufgrund der beabsichtigten Verträge die wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel, da sie mit 40 streitgegenständlichen Wirkstoffen über 31% ihrer Gesamtumsätze in Deutschland erziele. Auf jeden Fall seien die beiden Anträge auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes unbegründet. Die Antragstellerinnen hätten gegen das Gebot der Nichtdiskriminierung und Transparenz verstoßen. Vorab sei klarzustellen, dass vorliegend auch das SG im Rahmen seiner Zuständigkeit die volle Wirksamkeit von EG-Richtlinien (hier Vergaberichtlinie 2004/18/EG und Nachprüfungsrichtlinie 89/665/EWG) garantieren müsse, indem es das nationale Recht richtlinienkonform auslege oder gegebenenfalls jede möglicherweise entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lasse. Zu Recht habe die Vergabekammer einen groben Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot und das Transparenzgebot des § 97 Abs. 1 GWB festgestellt. Als öffentliche Auftraggeber unterlägen die Antragstellerinnen dem GWB. Auch stelle die Rabattvereinbarung einen öffentlichen Auftrag, nämlich einen Lieferauftrag, dar. Weiterhin verletze das Verhalten der Antragstellerinnen Grundrechte der Pharmaunternehmen, insbesondere der Beigeladenen Ziff. 1 aus Art. 12 und 3 des Grundgesetzes (GG). Im Übrigen wird hinsichtlich der Einzelheiten auf das umfangreiche Vorbringen der Beigeladenen Ziff. 1 Bezug genommen.

Die Beigeladene Ziff. 9 (b. P. GmbH) hat u. a. geltend gemacht, dem Rechtsweg zu den Sozialgerichten stehe überdies der Beschluss des OLG Düsseldorf vom 18. Dezember 2007 entgegen.

Mit Beschluss vom 20. Dezember 2007 hat das SG zum einen die aufschiebende Wirkung der am 21. November 2007 gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf vom 31. Oktober 2007 eingereichten Klage angeordnet und ferner den Antragstellerinnen gestattet, das Vergabeverfahren zum Abschluss von Rabattverträgen fortzuführen und auf die von ihnen ausgewählten wirtschaftlichsten Angebote bezüglich bestimmter im Einzelnen aufgezählter Wirkstoffe Zuschläge zu erteilen.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene Ziff. 1 haben gegen den ihren Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis zugestellten Beschluss am 27. Dezember 2007 bzw. 16. Januar 2008 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen und die es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat (Beschluss vom 27. Dezember 2007).

Zur Begründung macht die Antragsgegnerin zunächst geltend, die bislang bezeichnete Beklagte bzw. Antragsgegnerin, nämlich die Bezirksregierung Düsseldorf, sei nicht passiv legitimiert und nicht prozessführungsbefugt. Die Antragsgegnerin sei nach der eindeutigen Regelung in § 7 Abs. 2 LOG NRW selbst lediglich Behörde (Landesmittelbehörde). Wenn man mit dem SG dem Behördenprinzip folge, sei jedenfalls auch mit Sicherheit die Bezirksregierung Düsseldorf nicht die richtige Antragsgegnerin, da sie gar nicht über den Streitgegenstand verfügen könne, sie aufgrund der persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit der Vergabekammern (§ 105 GWB) keinerlei Verfügungsbefugnis über den Streitgegenstand habe. Nicht anderes sei aber der Fall, wenn man vom Rechtsträgerprinzip ausgehe, denn dann seien zwar die Anträge bzw. die Klage gegen das Land Nordrhein-Westfalen zu richten, aber auch diesem fehle es an der notwendigen Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand. Schließlich gebe es auch keinen unmittelbar gegen die Vergabebehörde gerichteten Rechtsbehelf, könnten diese selbst nicht verklagt werden. Es handele sich zwar organisatorisch um Verwaltungsbehörden, das Gesetz habe aber die Vergabekammern wie die Richter und Gerichte mit absoluter Unabhängigkeit ausgestattet. Sie seien lediglich an das Gesetz gebunden und völlig weisungsfrei. Dass die Vergabebehörden, insbesondere die Vergabekammer, wie Gerichte "Gerichtsimmunität" für sich in Anspruch nehmen könnten, ergebe sich aus ihrer Gerichtsähnlichkeit. Im Übrigen wird unter Wiederholung der bereits vor dem SG gemachten Ausführungen geltend gemacht, der Rechtsweg zu den Sozialgerichten sei nicht gegeben. Ausführungen zur Entscheidung in der Sache selbst werden von der Antragsgegnerin keine gemacht.

Die Beigeladene Ziff. 1 rügt zunächst ebenfalls die Zulässigkeit des Rechtsweges und vertritt in dem Zusammenhang in weiten Zügen die Position auch der Antragsgegnerin. Konkret bestehe der Grundsatz des Vorrangs des Europarechts, die Vorschriften der Richtlinie 2004/18/EG könnten nicht durch § 69 SGB V verdrängt werden. § 69 SGB V sei schon deshalb nicht anwendbar, da pharmazeutische Unternehmen keine "Leistungserbringer" i. S. des SGB V seien. Die Vorschriften der Richtlinie 2004/18/EG fänden jedoch Anwendung, die AOKs seien Einrichtungen des öffentlichen Rechts und damit öffentliche Auftraggeber i. S. v. Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie. Insbesondere nach der Entscheidung des EuGH vom 13. Dezember 2007 in der Rs C-337/06 Bayerische Rundfunk u.a. zu der Eigenschaft der deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als öffentliche Auftraggeber könne hieran kein Zweifel mehr bestehen. Ebenso wie die öffentl.-rechtlichen Rundfunkanstalten durch die obligatorische zu entrichtenden Rundfunkgebühren, würden die gesetzlichen Krankenkassen durch die Pflichtbeiträge ihrer Mitglieder mittelbar staatlich finanziert. Konkret seien verschiedene Vorschriften der Richtlinie 2004/18/EG, insbesondere der Grundsatz der Transparenz und Nichtdiskriminierung verletzt worden. Insbesondere liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Transparenz und Gleichbehandlung aus Art. 2 Richtlinie 2004/18/EG vor, aus dem sich ein individueller Rechtsnachteil für die Beigeladene Ziff. 1 ergebe. So seien alle Gesichtspunkte anzugeben, die wenn sie bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen wären, diese Vorbereitung hätten beeinflussen können (so EuGH Rs C-331/04 ATI, Slg. 2005 I-10109 Rdnr. 28). Gegen eben diesen Grundsatz sei jedoch vorliegend verstoßen worden. Auf Grund des "black box"-Charakters des Kriteriums der Produktbreite und dessen Anwendung sei es der Beigeladene Ziff. 1 nicht möglich gewesen, festzustellen, ob das Kriterium der Produktbreite für ihre Arzneimittel erfüllt sei. Folglich habe sie ihre Angebote bezüglich der einzelnen Wirkstoffe (und Packungsgrößen) nicht entsprechend anpassen können. Ein weiterer Verstoß gegen das Gleichbehandlungs- und Transparenzgebot des Art. 2 der Richtlinie ergebe sich im übrigen auf Grund der mangelnden Angabe der detaillierten Umsatzdaten für die jeweiligen einzelnen Wirkstoffe für die Vergangenheit. Diese Daten seien eine Mindestvoraussetzung für eine Kalkulation der Rabattangebote. Andere gesetzliche Krankenkassen wie die Bahn-BKK und die IKKgesund plus hätten bei ihren Ausschreibungen von Rabatteverträge nach § 130a SGB V diese Daten den Bietern zur Verfügung gestellt und damit der Beigeladene Ziff. 1 eine bessere Kalkulation ihrer Angebote ermöglicht. Je nach Umsatzmenge wäre dann die Gewährung eines höheren Rabatts möglich und damit auch ein Zuschlag für die betreffenden weiteren Wirkstoffe wahrscheinlich(er) gewesen. Darüber hinaus liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz auch deshalb vor, weil die Antragstellerinnen einigen Bietern auf Nachfrage selektive verschiedene relevante zusätzliche Informationen zu der Ausschreibung, insbesondere über das Kriterium der Produktbreite ohnedies gleichzeitig der Beigeladenen Ziff. 1 oder anderen Bietern mitzuteilen. Dies hätten die Antragstellerinnen in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer des Bundes eingestanden (siehe Blatt 5960-6066 der Vergabeakte Parallelverfahren L 5 KR 507/08 ER-B ). Das Verhalten der Antragstellerinnen verletze die Beigeladene Ziff. 1 in ihrem Grundrecht aus Art. 3 und Art. 12 GG. Die besonders schweren negativen Effekte auf mittelständische Pharma-Unternehmen und den Fortbestand eines effektiven Wettbewerbs im Pharmasektor durch die Bildung eines Nachfragekartells auf Seiten der Antragstellerinnen habe das BKartA bereits detailliert analysiert und darauf hingewiesen, dass hierdurch eine schwer wiegende Schädigung des Wettbewerbs zwischen den Pharma-Unternehmen drohe (siehe Schreiben des BKartA vom 22. November 2006). Ihr sei lediglich ein Zuschlag für fünf Wirkstoffe erteilt worden, der nur einen Anteil von 0,3% des bisher mit den AOKen erzielten Umsatzes ausmache. Diese Eingriff in die Rechte der Beigeladenen Ziff. 1 aus Art. 12 GG sei in jedem Fall auch unverhältnismäßig, da diese gemeinsame Ausschreibung der Antragstellerinnen nicht erforderlich sei, um die mit den Rabattverträge beabsichtigten Einsparungen bei den Rabattverträge zu erreichen. Die gemeinsame Ausschreibung sei auch nicht verhältnismäßig im engeren Sinne, da sie zu besonders schweren wirtschaftlichen Eingriffen für die bei der Auswahl nicht berücksichtigten Pharmafirmen führe. Es liege auch eine Verletzung von Art. 3 GG vor, so handele es sich um kein faires Verfahren, da die Antragstellerinnen nicht alle Bieter über nachträgliche, für die Angebotsabgabe relevante ergänzende Angaben informiert hätten. Durch das Auswahlkriterium der Produktbreite von 75% als solches seien kleine Pharma-Unternehmen strukturell diskriminiert und gegenüber größeren Vollsortimentanbietern benachteiligt, da sie oftmals nicht über eine vollständige Palette der Packungsgrößen verfügten. So sei etwa die Beigeladene Ziff. 1 konkret mit fünf Geboten am Kriterium der Produktbreite gescheitert.

Die Beigeladene Ziff. 9 führt noch - ohne Stellung eigener Anträge - aus, auch ihrer Auffassung nach sei hier das Vergaberecht anzuwenden, insbesondere seien auch die §§ 104, 116 GWB für sämtliche Vergaben im Sinne der §§ 97 ff. GWB als leges speciales gegenüber § 51 Abs. 1, Abs. 2 SGG und § 130 a Abs. 9 SGB V anzusehen und daher der Rechtsweg zu den Vergabesenaten bei den Oberlandesgerichten gegeben. Zunächst genüge das für den Antragstellerinnen benannte Zuschlags- und Wertungskriterium der Produktbreite nicht den Anforderungen an ein transparentes und diskriminierungsfreies Vergabe-/Verwaltungsverfahren und verstoße damit sowohl gegen den Grundsatz des fairen Verwaltungsverfahrens als auch gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz und das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) abgeleitete Verfahrensgrundsatz des fairen Verfahrens gelte auch für das Verwaltungsverfahren. Die Antragstellerinnen hätten für das vorliegende Vergabeverfahren entscheidende Kriterium der Produktbreite weder für die Bieter, u. a. die Beigeladene Ziff. 9, verständlich formuliert noch sei eine vernünftige Angebotskalkulation auf der Grundlage der Angaben der Antragstellerinnen möglich gewesen. Sowohl das Anschreiben der Antragstellerinnen vom 3. August 2007 als auch die Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger vom 6. August 2007 hinsichtlich der Ausschreibung von Rabattverträgen enthalte Angaben dazu, mit der Anforderung welcher Mengen je Wirkstoff oder Packungsarten für den Vertragszeitraum zurechnen sei. Zumindest Vergleichswerte aus den Vorjahren hätten aber zur Verfügung gestellt werden müssen, um den Bietern insofern die bestmögliche Hilfestellung zur Erarbeitung von tragfähigen Angeboten zu ermöglichen. Da der Beigeladene Ziff. 9 dadurch seitens der Antragstellerinnen auch die wirtschaftliche Schoße, über den einen Wirkstoff Finasterid hinaus, Rabattverträge abschließen zu können, genommen worden sei, sei sie auch in Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG verletzt. Die in Rede stehende Ausschreibung sei von allen 16 regionalen AOKen - den Antragstellerinnen - gemeinsam durchgeführt worden. Dieser Zusammenschluss stelle eine Kartellbildung auf Beschaffungsseite dar, die unzulässig sei. Die Antragstellerinnen hätten durch die Bildung des "Einkaufskartells" die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit des Abschlusses von Rabattverträgen missbräuchlich in wettbewerbsbeschränkender Weise und damit rechtswidrig angewendet. Das gemeinschaftliche Vorgehen der Antragstellerinnen stelle eine Bündelung von sehr großer Nachfragemacht dar. Dies insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Antragstellerinnen einen Anteil von mindestens 40% am Verordnungsvolumens der gesetzlichen Krankenversicherung repräsentierten. Folglich liege ein Verstoß gegen das Verbot der missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung nach § 19 GWB vor, der auch gem. § 69 Satz 2 SGB V im Bereich des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechend anzuwenden sei. Diese Vorgehensweise der Antragstellerinnen wäre jedoch leicht vermeidbar gewesen, wenn sie ihren Bedarf jeweils getrennt durch einzelne landesweite Ausschreibungen gedeckt hätten. Dies wäre zum einen Mittelstands freundlich gewesen und zum anderen würden diejenigen Pharma-Unternehmen, die jetzt keine oder nur in sehr geringem Umfang Rabattverträge schließen könnten, nicht in ihrer Existenz gefährdet.

Der Bevollmächtigte der Beigeladenen Ziff. 11 macht zunächst geltend, das hier der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht gegeben sei, sondern allein gegen die Entscheidung der Vergabekammer der Rechtsweg zum OLG Düsseldorf zulässig gewesen wäre. In der Sache macht er geltend, dass die Bieter durch die Ausschreibung in ihren Rechten verletzt worden seien. Insbesondere wäre die Beigeladene Ziff. 11 bei rechtskonformer Gestaltung der Ausschreibung in der Lage gewesen, ein für die Antragstellerinnen noch attraktiveres Angebot abzugeben. Hiervon habe sie sich auf Grund der Gestaltung der Ausschreibung und des den Bietern aufgebürdeten Risikos außer Stande gesehen. Es fehle an einer eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung, die Antragstellerinnen hätten es auch unterlassen, alle die Preisbindung beeinflussenden Umstände anzugeben. So fehlten jegliche Angaben darüber, welche Mengen der jeweiligen Wirkstoffe abgenommen würden. Damit fehle eine wesentliche Grundlage für die Kalkulation der Angebote.

Die Beigeladenen Ziff. 22 und Ziff. 23 - ohne Stellung eigener Anträge - machen über ihren Bevollmächtigten ebenfalls geltend, ihrer Meinung nach sei der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht gegeben, vielmehr sei hier gegenüber Entscheidungen der Vergabekammern zwingend gemäß §§ 116 ff. GWB der Rechtsweg zu den Vergabesenaten der Oberlandesgerichte vorgegeben. In der Sache selbst wird nichts weiter vorgetragen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Dezember 2007 aufzuheben und die Anträge der Antragstellerinnen auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zurückzuweisen.

Die Beigeladene Ziff. 1 beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Dezember 2007 aufzuheben und die Anträge der Antragstellerinnen auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zurückzuweisen, hilfsweise den Antragstellerinnen zu untersagen, das Vergabeverfahren zum Abschluss von Rabattverträgen fortzuführen und auf die von ihnen ausgewählten wirtschaftlichsten Angebote bezüglich der Wirkstoffe Alfuzosin, Allopurinal, Amiodaron, Amisulprid, Amlopidin, Carvedilol, Ciprofloxacin, Citalpram, Doxazosin, Finasterid, Furosemid, Glimeprid, Isosorbit mononitrat, Lamotrigin, Lisinopril (und Hydrochlorothiazid), Metroprolol, Mirtazapin, Nitrendipin, Omeprazol, Paroxetin, Ranitidin, Roxithromycin, Sertralin, Spironolacton, Sumatriptan, Tamsulosin, Terazosin, Trmadol, Verapamil, Doxepin, Isosorbit dinitrat, Levodopa und Decarboxylasehemmer, Metropolol und Trimipramin Zuschläge zu erteilen.

Die Antragstellerinnen beantragen,

die Beschwerde der Antragsgegnerin und der Beigeladenen Ziff. 1 zurückzuweisen und unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts vom 20. Dezember 2007 1. festzustellen, dass die am 21. November 2007 gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf vom 31. Oktober 2007 beim Sozialgericht eingereichte Klage aufschiebende Wirkung hat und 2. festzustellen, dass die Zustellung des Nachprüfungsantrages der Beigeladenen Ziff. 1 mangels Anwendbarkeit des Vierten Teils des GWB (§§ 97 - 129 GWB) kein gesetzliches Zuschlagsverbot nach § 115 Abs. 1 GWB ausgelöst hat und die Antragstellerinnen berechtigt sind, das Vergabeverfahren zum Abschluss von Rabattverträgen fortzuführen und auf die von ihnen ausgewählten wirtschaftlichsten Angebote bezüglich der Wirkstoffe Alfuzosin, Allopurinal, Amiodaron, Amisulprid, Amlopidin, Carvedilol, Ciprofloxacin, Citalpram, Doxazosin, Finasterid, Furosemid, Glimeprid, Isosorbit mononitrat, Lamotrigin, Lisinopril (und Hydrochlorothiazid), Metroprolol, Mirtazapin, Nitrendipin, Omeprazol, Paroxetin, Ranitidin, Roxithromycin, Sertralin, Spironolacton, Sumatriptan, Tamsulosin, Terazosin, Trmadol, Verapamil, Doxepin, Isosorbit dinitrat, Levodopa und Decarboxylasehemmer, Metropolol und Trimipramin Zuschläge zu erteilen.

3. Den Antrag auf einstweilige Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Sozialgerichts Stuttgart (S 10 KR 8404/07 ER) zurückzuweisen.

Hilfsweise wird beantragt, die Beschwerden mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass sich das Eilverfahren hinsichtlich der Wirkstoffe Bisoprolol, Enalapril und Hydrochlorothiazid, Gabapentin, Ramipril und Hydrochlorothiazid, Simavastatin erledigt hat.

Die Antragstellerinnen halten die Entscheidung des SG Stuttgart vom 20. Dezember 2007 für zutreffend. Sie haben im Weiteren dargelegt, dass verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Durchführung der Rabattvorschriften nicht bestünden. Dass Bundesverfassungsgericht habe sich in zwei Entscheidungen mit der Verfassungsmäßigkeit von § 130a SGB V beschäftigt und die dagegen gerichteten Verfassungsbeschwerden der pharmazeutischen Unternehmer zurückgewiesen. Eine Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit der Bieter liege nicht vor. Die Antragstellerinnen bewegten sich auf verfassungsrechtlich sicherem Grund.

Die konkreten Einwände gegen das Ausschreibungsverfahren der Antragstellerinnen seien an den Haaren herbeigezogen. § 130 Abs. 8 SGB V erlaube den Krankenkassen oder ihren Verbänden den Abschluss von Rabattverträgen. Wenn somit die Ausschreibung durch den AOK Bundesverband zulässig sei, dann dürften auch alle einzelnen Krankenkassen gemeinsam solche Verträge abschließen. Ein Kontrahierungszwang bestehe nicht, die Produkte der unterlegenen Bieter blieben auch im Falle des Nichtabschlusses einer Rabattvereinbarung mit den Antragstellern zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnungsfähig. Zudem stelle der Markt der von der GKV ausgeschriebenen Arzneimittel lediglich einen Teilmarkt des Gesamtmarkts an Arzneimittel dar.

Die Nichtvorlage der Verordnungszahlen für das Jahr 2006 sei weder verfahrensfehlerhaft noch rechtsstaatswidrig. Die Verordnungsdaten aus der Vergangenheit seien für die Kalkulation der Bieter nicht notwendig, praktisch sogar unbrauchbar, wenn nicht sogar irreführend. Während des Ausschreibungsverfahrens sei das Fehlen der Daten nicht gerügt worden. Die Zahlen würden auch von Dienstleistern angeboten und könnten von den pharmazeutischen Unternehmern mit zumutbarem Aufwand beschafft werden. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb die Bieter in Kenntnis der Zahlen andere Angebote abgegeben hätten.

Sie hätten auch bewusst wirkstoffbezogen ausgeschrieben und damit Fachlose gebildet. Der Gesetzgeber habe die Durchführung bundesweiter Ausschreibungen in § 130a Abs. 8 SGB V ausdrücklich zugelassen. Er habe damit gezielt die Möglichkeit bundesweiter, nicht regional beschränkter Abschlüsse von Arzneimittelrabattverträgen eröffnet. Mit der Zulässigkeit der Durchführung einer bundesweiten Ausschreibung seien damit verbundene Nachteile einzelner systemimmanent. Die wirkstoffbezogene Ausschreibung ermögliche gerade auch solchen Herstellern und Vertreibern mit engen Sortimenten eine erfolgreiche Teilnahme an der Ausschreibung. Durch die Berücksichtigung von vier Rabattpartnern sei ein weiteres mittelstandsfreundliches Element eingebaut worden. Die Bildung von Teillosen wäre aus wirtschaftlicher Sicht und aus Gründen der praktischen Umsetzung einer bundesweiten Ausschreibung unterlegen gewesen. Probleme hätten sich durch den erheblichen organisatorischen Aufwand bei den Antragstellerinnen und bei Ärzten und Apothekern in Grenzbereichen der Regionalgebiete ergeben, die unterschiedliche Produkte verschreiben, bevorraten und abgeben müssten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte (vier Bände), die SG-Akten (vier Bände Bl. 1-956), die vorgelegten Kopien des Vergabekammerverfahrens VK 31/2007 (5 Leitzordner) sowie die beigezogenen Akten des Vergabesenats beim OLG Düsseldorf, die Akten des Vergabekammerverfahrens VK 31/2007 im Original (5 Leitzordner) sowie 27 weitere Leitzordner der Vorgangsakte (einschließlich der Ausschreibungsunterlagen der Antragstellerinnen und der abgegebenen Angebote) sowie die nochmals vorgelegten Vergabeakten der Antragstellerin Ziff. 1 Bezug genommen.

II.

Die zulässigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen Ziff. 1 sind zulässig und begründet.

A. Zum Rechtsweg und zur Beteiligtenfähigkeit 1. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist gegeben. Der Senat entscheidet hierüber ebenso wie das SG im Rahmen der Eilentscheidung mit. Eine Vorabentscheidung gemäß § 17 a GVG wäre allenfalls zu überlegen gewesen, wenn auch die Rechtsbeschwerde zum BSG hätte zugelassen werden können. Während der BGH dies für das Verfügungsverfahren bejaht (siehe Beschluss vom 9. November 2006 - I ZB 28/06 - in NJW 2007, 1819) hält das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im Eilverfahren die Rechtsbeschwerde nach § 17 a Abs. 4 Sätze 4 und 5 GVG für unzulässig (siehe Beschlüsse vom 8. August 2006 - 6 B 65/06 - in NVwZ 2006, 1291 und vom 4. September 2006 - 6 B 68/06-).

Hinsichtlich der Zulässigkeit des Rechtsweges wird im Übrigen auf den Beschluss des erkennenden Senates vom 6. Februar 2008 (L 5 KR 316/08 B), der inzwischen mit der Rechtsbeschwerde beim BSG angefochten wurde (B 1 SF 1/08 R), wie auch den weiteren Beschluss des Senates zur Zulässigkeit des Rechtsweges vom 18. Februar 2008 (L 5 KR 528/08 B) im Parallelverfahren gegen die 2. Vergabekammer beim Bundeskartellamt, der auch allen Beteiligten im Verfahren hier bekannt ist, Bezug genommen. Der Senat hatte in diesen Entscheidungen bezüglich der jeweils parallel noch beim SG anhängigen Hauptsacheverfahren (S 10 KR 8405/07 bzw. S 10 KR 8605/07) im Rahmen der Beschwerde über die Vorabentscheidung des SG über den Rechtsweg gemäß § 17 a Abs. 3 GVG die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für die hier streitige Ausschreibung der Rabattvereinbarungen nach § 130 a Abs. 8 SGB V bestätigt. Von einer weiteren Darstellung und Ausführungen wird im Übrigen im Hinblick darauf abgesehen.

2. Soweit von Seiten der Antragsgegnerin geltend gemacht wurde, die Bezirksregierung Düsseldorf sei der falsche Beklagte/Antragsgegner, richtiger Beklagter/Antragsgegner sei an sich die Vergabekammer, diese sei aber nicht beteiligungsfähig, sodass an und für sich das Verfahren auszusetzen sei, um eine Klärung der Beteiligtenfähigkeit durch das Land Nordrhein-Westfalen herbeizuführen, greift dies nicht durch.

Gem. § 70 SGG sind fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, 1.natürliche und juristische Personen, 2.nichtrechtsfähige Personenvereinigungen, 3.Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt, 4.gemeinsame Entscheidungsgremien von Leistungserbringern und Krankenkassen oder Pflegekassen

Die Vergabekammer Düsseldorf ist zwar selbst nicht beteiligtenfähig. Sie ist gemäß § 2 der Verordnung über Einrichtung und Zuständigkeit der Vergabekammern im Nachprüfungsverfahren für die Vergabe öffentlicher Aufträge (Zuständigkeitsverordnung Nachprüfungsverfahren - ZuStVO NpV NRW -) vom 23. Februar 1999 bei jeder Bezirksregierung jeweils eingerichtet worden. Gemäß § 2 Abs. 5 bestellt der Regierungspräsident bzw. die Regierungspräsidentin die hauptamtlichen Mitglieder und deren Stellvertreter/innen und ernennt auch die ehrenamtlichen beisitzenden Mitglieder und deren Stellvertreter/innen (siehe Bl. 285/286 SG-Akte). Anders als das Ausführungsgesetz zum Sozialgerichtsgesetz (AG-SGG) NRW (§ 3) bzw. das Ausführungsgesetz zur Verwaltungsgerichtsordnung (AG-VwGO) NRW (§ 5) sehen das AG-SGG Baden-Württemberg bzw. AG-VwGO Baden-Württemberg keine Regelung nach dem Behördenprinzip vor (Beteiligtenfähigkeit der Behörden - siehe § 70 Nr. 3 SGG -). Damit verbleibt es beim Rechtsträgerprinzip (siehe Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl., § 70 Rdnr. 4). Rechtsträger der Bezirksregierung Düsseldorf, bei der die Vergabekammer wiederum eingerichtet ist, ist das Land Nordrhein-Westfalen. Dies ist damit der richtige Antragsgegner bzw. Beklagte. Gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO ist die Klage zu richten gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat; zur Bezeichnung der Beklagten genügt die Angabe der Behörde. Dies heißt, mit der Bezeichnung der Behörde Bezirksregierung Düsseldorf, bei der wiederum die Vergabekammer eingerichtet ist, ist das beklagte Land Nordrhein-Westfalen ausreichend bezeichnet. Eine § 78 VwGO entsprechende ausdrückliche Regelung findet sich im SGG nicht. Es kann jedoch hier auf diese Regelung der VwGO für das öffentlich-rechtliche Gerichtsverfahren entsprechend zurückgegriffen werden. Daher ist hier lediglich das Rubrum entsprechend zu korrigieren, dahingehend, dass richtiger Beklagter das Land Nordrhein-Westfalen ist.

Soweit im Übrigen von Seiten der Antragsgegnerin auch darauf abgestellt wird, die Bezirksregierung bzw. auch das Land NRW könnten nicht Antragsgegner bzw. Beklagter sein, da sie der Vergabekammer keine Weisungen erteilen könnten, greift auch dies nicht durch. Der Senat weist an dieser Stelle u. a. darauf hin, dass etwa im Kassenarztrecht eine ähnliche Konstellation bei den bei den Kassenärztlichen Vereinigungen eingerichteten Disziplinarausschüssen besteht. Diese sind in ihren Entscheidungen ebenfalls unabhängig und unterliegen keinem Weisungsrecht der Kassenärztlichen Vereinigungen (siehe etwa § 2 Nr. 6 der Disziplinarordnung der KV Baden-Württemberg). Da sie aber auch über keine Beteiligtenfähigkeit verfügen, ist Beklagte die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung. Dies ist auch in keiner Weise streitig. Aus den selben Gründen ist, auch wenn die Vergabekammer nicht beteiligtenfähig ist und umgekehrt weder die Bezirksregierung noch das Land Nordrhein-Westfalen den Mitgliedern der Vergabekammer Weisungen erteilen können, dennoch der Rechtsträger - hier das Land Nordrhein-Westfalen - richtiger Beklagter.

Auch das von Seiten der Antragsgegnerin noch angeführte Beispiel mit einem Amtsrichter, der auch nicht verklagt werden könne, wenn er unzulässigerweise die AOK zur Erbringung von Leistungen gegenüber einem Versicherten verurteilt hätte (mit Hinweis auf das Richterprivileg in § 839 Abs. 2 BGB) geht fehl. Es handelt sich vorliegend nicht um einen Haftungsprozess gegen die Vergabekammer, sondern es geht allein um die Frage, ob eine Verwaltungsbehörde (die auch die Vergabekammer nach wie vor darstellt) rechtswidrig gehandelt hat und im Hinblick darauf ihr Verwaltungsakt gegebenenfalls in der Hauptsache aufzuheben wäre. Es gehört zu den üblichen Verfahren vor den allgemeinen bzw. besonderen Verwaltungsgerichten, dass die von Verwaltungsbehörden bzw. bei diesen eingerichteten Stellen erlassenen Verwaltungsakte von den Gerichten auf ihre Richtigkeit überprüft werden.

3. Nachdem das Sozialgericht Stuttgart das um vorläufigen Rechtsschutz angerufene Gericht ist, der Senat in der Hauptsache den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für gegeben hält und eine (weitere) Vorabentscheidung gem. § 17a GVG im Eilverfahren nicht stattfinden soll, hat der Senat im Beschwerdeverfahren über einstweiligen Rechtsschutz zu entscheiden, jedenfalls solange, wie ihm keine anderslautende Entscheidung des BSG über die Rechtswegszuständigkeit vorliegt. Eine solche ist bei der am 26. Februar 2007 beim Senat eingegangenen Aktenanforderung des BSG im dortigen Verfahren B 1 SF 1/08 R weder bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 27. Februar 2007 ergangen noch war sie bis zum hier für die Eilbedürftigkeit maßgebenden Datum des 29. Februar 2008, dem Ablauf der Bindung der Bieter an ihre Angebote, zu erwarten. Der Senat ist daher jedenfalls bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung über den Rechtsweg für die anhängigen Fragen des vorläufigen Rechtsschutzes der gesetzliche Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Grundgesetz (GG) (vgl. dazu auch Beschluss des Senats vom 18. Februar 2007 - L 5 KR 528/07 B, Umdruck S.49).

B. Zur Zulässigkeit der Anträge auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes 1. Rechtsgrundlage für den von den Antragstellerinnen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem SG gestellten Antrag Ziff. 1 ist § 86 b Abs.1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

Bezüglich des Antrages Ziff. 2 der Antragstellerinnen ist maßgebliche Rechtsgrundlage § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG. Gem. § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG (Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage) nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Voraussetzung ist neben einem Anordnungsanspruch, also dem materiellen Anspruch, den der Antragsteller als Kläger im Hauptsacheverfahren geltend macht, ein Anordnungsgrund. Darunter ist die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung zu verstehen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss gerechtfertigt sein. Daher müssen Gründe vorliegen, aus denen sich ihre besondere Dringlichkeit ergibt. Bei Auslegung und Anwendung des § 86b Abs. 2 SGG sind das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und die Pflicht zum Schutz betroffener Grundrechte zu beachten, namentlich dann, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Versagung vorläufigen Rechtsschutzes Grundrechte des Antragstellers erheblich, über den Randbereich hinaus und womöglich in nicht wieder gut zu machender Weise verletzten könnte: Ferner darf oder muss das Gericht ggf. auch im Sinne einer Folgenbetrachtung bedenken, zu welchen Konsequenzen für die Beteiligten die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei späterem Misserfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren einerseits gegenüber der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes bei nachfolgendem Obsiegen in der Hauptsache andererseits führen würde (zu alledem etwa Puttler, in NK-VwGO § 123 Rdnr. 97 ff.).

Die Anträge sind auch beide statthaft. Insbesondere steht hier der Statthaftigkeit des Antrages Ziff. 2 nicht entgegen, dass die Antragstellerinnen zugleich einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der von ihnen erhobenen Klage nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG gestellt haben. In Übereinstimmung mit dem SG findet auch nach Auffassung des Senates aufgrund der hier gegebenen Sondersituation, begründet in dem dem vorliegenden Verfahren vorausgegangenen Verfahren vor der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf ausnahmsweise der in § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG vorgesehene Ausschluss einer gleichzeitigen Antragstellung nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG und § 86 b Abs. 2 SGG ("soweit ein Fall des Abs. 1 nicht vorliegt ...") keine Anwendung. Die Antragstellerinnen weisen in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass allein mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung (bzw. der hier wohl richtigerweise deklaratorischen Feststellung, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat - dazu später im Einzelnen -) der gegen das Zuschlagsverbot von den Antragstellerinnen erhobenen Anfechtungsklage noch nicht die Wirkung eintritt, dass sie Rabattverträge mit ausgewählten Pharmaunternehmen abschließen dürfen. Der Senat geht zwar, wie zum einen schon seinen Vorabentscheidungen vom 6. Februar und 18. Februar 2008 zur Frage des Rechtsweges zu entnehmen ist und wie er im Späteren auch noch im Einzelnen ausführen wird, davon aus, dass hier das GWB, konkret das Vergaberechtsverfahren, keine Anwendung findet. Auf der anderen Seite ist aber durch das hier tatsächlich eingeleitete Verfahren nach dem GWB und die Entscheidung der Vergabekammer zu berücksichtigen, dass hier jedenfalls zumindest der Rechtsschein einer vergaberechtlichen Entscheidung der Vergabekammer im Raum steht und damit die weitere Frage, ob hier nicht § 115 Abs. 1 GWB einem unmittelbaren Vollzug des Vergabeverfahrens durch die Antragstellerinnen allein aufgrund der Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage entgegenstehen könnte, wonach nach Zustellung eines Antrages auf Nachprüfung an den Auftraggeber (hier: die Antragstellerinnen) dieser vor einer Entscheidung der Vergabekammer und dem Ablauf der Beschwerdefrist nach § 117 Abs. 1 GWB den Zuschlag nicht erteilen darf. Nach Anordnung der aufschiebenden Wirkung mit dem Wegfall der in § 118 Abs. 3 GWB angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit des Zuschlagsverbotes lebt dieses in § 115 Abs. 1 GWB vorgesehene Zuschlagsverbot wieder auf. Um effektiven Rechtsschutz erlangen zu können, waren daher die Antragstellerinnen - im Hinblick gerade auf die auch zweifelhafte Frage, ob das GWB anzuwenden ist oder nicht, und daraus sich weitere Rechtsfolgen ergeben oder nicht - gehalten, im Rahmen der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes einen Antrag sowohl nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG als auch nach § 86 b Abs. 2 SGG zu stellen.

2. Gemäß § 86 a Abs. 1 SGG haben zwar grundsätzlich Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung u. a. in durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Ein solcher durch Bundesgesetz vorgeschriebener Fall können die Regelungen über den Sofortvollzug nach den §§ 115 ff. GWB darstellen. Da von der Beigeladenen Ziff. 1 der Weg des Nachprüfungsverfahrens nach dem GWB beschritten worden ist, ist insoweit auch die Regelung in § 115 Abs. 1 GWB zu beachten, die eine solche Regelung im Sinne von § 86 b Abs. 2 Nr. 4 SGG (wohl) darstellt. Da die Vergabekammer weiter durch ihr Tätigwerden und ihren Beschluss vom 31. Oktober 2007 nach dem GWB den Rechtsschein eines Verfahrens nach dem GWB einschließlich der Regelungen über den Sofortvollzug geschaffen hat, besteht im Rahmen eines effektiven Rechtsschutzes die Notwendigkeit, neben der Anordnung der aufschiebenden Wirkung (bzw. der Feststellung derselben) auch eine Regelungsanordnung zu beantragen.

3. Da allerdings der Senat - wie bereits angesprochen - der Auffassung ist, das Vergaberecht nach dem GWB (§§ 97 ff.) finde keine Anwendung, finden also auch die §§ 115, 117, 118 GWB keine Anwendung. Das heißt weiter, dass die Klage der Antragstellerinnen vor dem SG gemäß § 86 a Abs. 1 SGG unmittelbar aufschiebende Wirkung hat, da gerade ein durch Bundesgesetz angeordneter Sofortvollzug im Sinne von § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG nicht vorliegt. Ein Feststellungsantrag - wie er jetzt von Seiten der Antragstellerinnen formuliert wurde - darauf, auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Beschluss der Vergabekammer ist daher mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig (siehe Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl., § 86 b Rdnr. 15). In solchen Fällen hat aber das Gericht die Möglichkeit auf Antrag auszusprechen, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat (Meyer-Ladewig, a.a.O.). Da hier konkret auch die Vergabekammer, wie im Übrigen wohl auch die Beigeladenen - soweit sie sich jedenfalls geäußert haben - davon ausgehen, die Regelung über die Sperre hinsichtlich eines Zuschlages nach den §§ 115 f. GWB gelte fort, ist der Antrag der Antragstellerinnen dahingehend auszulegen, dass hier der Senat aussprechen möge, dass die Klage aufschiebende Wirkung habe, um hier eine Klarstellung herbeizuführen.

Da, wie bereits ausgeführt, das GWB nach Auffassung des Senates keine Anwendung findet, besteht an sich auch nicht die Notwendigkeit, eine Regelungsanordnung zu treffen, da in diesem Fall die bereits kraft Gesetzes (§ 86 a Abs. 1 SGG) geltende aufschiebende Wirkung der Klage dazu führt, dass die Untersagungsverfügung der Vergabekammer keine Wirkung entfalten kann und vielmehr die Antragstellerinnen in diesem Falle in ihrem Handeln nicht eingeschränkt wären. Im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes im Zusammenhang mit der Ausschreibung von Rabattvereinbarungen und unter Beachtung auch des von der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG, geändert durch die Richtlinie 92/13/EWG und zuletzt durch Richtlinie 2007/66/EG vom 11. Dezember 2007 geforderten Rechtsschutzes bedeutet dies aber umgekehrt die Statthaftigkeit des Antrages der Beigeladenen Ziff. 1 auf Verpflichtung der Antragstellerinnen, den Zuschlag auf die Angebote zu unterlassen. Eine echte Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 5 SGG ist auch die Unterlassungsklage, z. B. auf Unterlassung wettbewerbswidrigen Verhaltens gegen einen anderen Sozialleistungsträger (siehe BSGE 84, 67). Solche Klagen gehen auf Unterlassen einer drohenden hoheitlichen Handlung (siehe LSG Bremen, SozSich 1987, 223). Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes setzt auch hier voraus, dass die Rechtsordnung gerade dem betroffenen Kläger - sei es durch einfaches Recht, sei es durch Grundrechte - eine subjektive Rechtsposition verliehen hat, diese gerichtlich geltend zu machen (so BSGE 84, 67 mit Hinweis auf: BVerfGE 78, 214, 226; 83, 182, 185; BSGE 43, 134, 141 = SozR 4100 § 34 Nr. 6; BVerwGE 39, 329, 336; 96, 302, 305 mwN; Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee - Grundlagen und Aufgaben der verwaltungsrechtlichen Systembildung 1998, 69; P.-M. Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, 1991, 316 ff). Lässt sich dem anzuwendenden Recht eine Grundlage für den geltend gemachten Anspruch nicht unmittelbar entnehmen, ist im Wege der Auslegung des einfachen Rechts unter Berücksichtigung des Schutzbereichs von Grundrechten zu ermitteln, ob die einschlägigen gesetzlichen Regelungen nicht nur eine objektive Ordnung aufstellen, sondern auch dazu dienen, dem Kläger ein subjektives Recht zur Wahrung seiner Interessen einzuräumen (sog Schutznormlehre: BVerfGE 83, 182, 194 f; BVerwGE 78, 40, 42 f; Schmidt-Aßmann aaO 70 mwN; P.-M. Huber aaO 316 ff). Die Forderung einer Betroffenheit in eigenen Rechten als Zulässigkeitsvoraussetzung der Klage dient der Abwehr von Popularklagen (statt vieler: BSGE 43, 134, 141 = SozR 4100 § 34 Nr. 6 mwN). Das tatsächliche Bestehen des geltend gemachten Rechts ist dagegen eine Frage der materiellen Begründetheit der Klage. Die Klagebefugnis fehlt nur dann, wenn dem Kläger das geltend gemachte Recht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen kann, die Möglichkeit einer Verletzung seiner subjektiven Rechte nicht möglich erscheint (sog Möglichkeitstheorie: BSGE 43, 134, 141 = SozR 4100 § 34 Nr. 6; BSG Urteil vom 11. Mai 1999 - B 11 AL 69/98 R - zur Veröffentlichung vorgesehen; BVerwGE 96, 302, 305; Wahl in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung - Kommentar, Vorb § 42 Abs 2 RdNr. 117; Eyermann/Happ, Verwaltungsgerichtsordnung - Kommentar, 10. Aufl. 1998, § 42 RdNr. 93 mit Hinweis auf den systematischen Zusammenhang mit § 113 VwGO).

Eine Verletzung subjektiver Rechte der Beigeladenen Ziff. 1 kommt hier in Betracht. Der Senat hat deswegen in dem hier anhängigen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Ergebnis auch bezüglich des damit vorbeugenden einstweiligen Unterlassungsantrages der Beigeladenen Ziff. 3 und 5 wie bei einer Regelungsanordnung die Voraussetzungen nach den oben bereits dargestellten Kriterien zu prüfen.

C. Die Begründetheit der Anträge 1. Zunächst hat der Senat festzustellen, dass die (Anfechtungs)-Klage der Antragstellerinnen gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirkregierung Düsseldorf vom 31. Oktober 2007 aller Voraussicht nach auch Aussicht auf Erfolg hat. Die Vergabekammer war nicht zuständig, da das GWB (Vergaberecht) keine Anwendung findet. Der Beschluss vom 31. Oktober 2007 im Verfahren VK 31/2007 wäre daher schon aus diesen Gründen rechtswidrig und aufzuheben.

2. Im Hinblick auf den vorbeugenden einstweiligen Unterlassungsantrag der Beigeladenen Ziff. 1 hat der Senat die Rechtmäßigkeit des Ausschreibungsverfahrens der Antragstellerinnen zu prüfen. Im Rahmen der in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung ist er dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Antragstellerinnen ihr in § 130a Abs. 8 SGB V eingeräumtes weites gestalterisches Ermessen nicht verletzt haben, die Umsetzung der Ausschreibung jedoch an erheblichen Mängeln gelitten hat, die eine Wiederholung der Ausschreibung erforderlich machen.

Ausgangspunkt der rechtlichen Prüfung ist § 130a Abs. 8 SGB V.

Gemäß § 130 a Abs. 8 SGB V (in der Fassung zuletzt des Gesetzes vom 26. März 2007 mit Wirkung vom 1. April 2007) können Krankenkassen oder ihre Verbände mit pharmazeutischen Unternehmern zusätzlich zu den Abschlägen nach den Abs. 1 und 2 Rabatte für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel vereinbaren (Satz 1). Dabei kann auch ein jährliches Umsatzvolumen sowie eine Abstaffelung von Mehrerlösen gegenüber dem vereinbarten Umsatzvolumen vereinbart werden (Satz 2). Rabatte nach Satz 1 sind von den pharmazeutischen Unternehmern an die Krankenkassen zu vergüten (Satz 3). Eine Vereinbarung nach Satz 1 berührt Abschläge nach den Abs. 1, 3 a und 3 b nicht (Satz 4). Die Krankenkassen oder ihre Verbände können Leistungserbringer oder Dritte am Abschluss von Verträgen nach Satz 1 beteiligen oder diese mit dem Abschluss solcher Verträge beauftragen (Satz 5).

Gemäß § 130 a Abs. 9 SGB V ist bei Streitigkeiten in Angelegenheiten dieser Vorschrift der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben.

§ 130a SGB V ist verfassungsgemäß (BVerfG Beschlüsse vom 26. März 2003 -1 BvR 112/03- und vom 13. September 2005 - BvF 2/03 -). Mit dieser Vorschrift zieht der Gesetzgeber die pharmazeutischen Unternehmer in den Kreis der Leistungserbringer ein (Schneider in jurisPK-SGB V, § 130a Rn 3). Sie ist vor dem Hintergrund zu verstehen, dass der Gesetzgeber die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den pharmazeutischen Unternehmen (als Leistungserbringer im weiteren Sinne) öffentlich-rechtlich ausgestaltet hat. Dementsprechend hat auch der Senat mit Beschlüssen vom 18. Februar 2008 den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für eröffnet angesehen. Im 4. Kapitel "Beziehung der Krankenkassen zu den Leistungserbringern" 1. Abschnitt - Allgemeine Grundsätze - des SGB V bestimmt § 69 Satz 1, dass dieses Kapitel sowie die §§ 63 und 64 abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden, einschließlich der Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses und der Landesausschüsse nach den §§ 90 bis 94 regeln. Die §§ 19 bis 21 des GWB gelten gemäß § 69 Satz 1 1. Halbsatz entsprechend; dies gilt nicht für Verträge von Krankenkassen oder deren Verbänden mit Leistungserbringern, zu deren Abschluss die Krankenkassen oder deren Verbände gesetzlich verpflichtet sind und bei deren Nichtzustandkommen eine Schiedsamtsregelung gilt. Gemäß § 69 Satz 4 gelten für die Rechtsbeziehungen nach den Sätzen 1 und 2 im Übrigen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des § 70 und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach diesem Kapitel vereinbar sind. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, soweit durch diese Rechtsbeziehungen Rechte Dritter betroffen sind (§ 69 Satz 5 SGB V).

§ 130a Abs. 8 SGB V räumt zunächst den Krankenkassen einen weiten Gestaltungsspielraum für den Abschluss von Rabattverträgen ein, weil der Gesetzgeber ihnen insoweit keine weiteren konkreten Vorgaben gemacht hat. Soweit die Antragstellerinnen beschlossen haben, Rabattverträge grundsätzlich nur für einzelne Wirkstoffe und mit einer zweijährigen Laufzeit abzuschließen sowie drei, bei umsatzstarken Wirkstoffen vier Bietern den Zuschlag zu erteilen, bewegen sie sich innerhalb des sozialrechtlichen Spielraums, den ihnen der Gesetzgeber in § 130a Abs. 8 SGB V eingeräumt hat. Dies gilt auch, soweit sie grundsätzlich eine Produktbreite von 75 % verlangen (Rechtsfehler sind - wie nachstehend noch ausführlich dargelegt wird - ihr in diesem Zusammenhang nur im Ausschreibungsverfahren bei den notwendigen Informationen für Bieter unterlaufen). Grundrechte der Bieter werden dadurch nicht tangiert. Erfolgt unternehmerische Berufstätigkeit am Markt nach den Grundsätzen des Wettbewerbs, wird die Reichweite des Freiheitsschutzes auch durch die rechtlichen Regeln mitbestimmt, die den Wettbewerb ermöglichen und begrenzen (BVerfGE 105,252 und BVerfG vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03). Dagegen umfasst das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb und auf Sicherung zukünftiger Erwerbschancen (vgl. BVerfGE 24, 36 sowie BVerfGE 116, 135).

Der Wortlaut von § 130a Abs. 8 SGB V enthält jedoch keine Anhaltspunkte, nach welchen Maßstäben die Rügen zu beurteilen sind, die von Bietern erhoben werden und die nicht eine fehlerhafte Anwendung von § 130a Abs. 8 SGB V beanstanden. So wurde den Antragstellerinnen vorgeworfen, sie hätten sich unfair verhalten, als sie den Bietern vorhandene, aber geheim gehaltene Zahlen vorenthalten haben, die jedoch für die Entscheidung des Bieters, ob und wenn ja, welches Angebot abgegeben werden soll, von Bedeutung sind, sowie eine Ungleichbehandlung darin gesehen, dass durch die bundesweite Ausschreibung kleinere und mittelständische Bieter benachteiligt werden.

Für die Lösung dieser Beanstandungen lassen sich weder aus dem Wortlaut des § 130a SGB V noch anderer Vorschriften des SGB V irgendwelche Anhaltspunkte entnehmen, zumal dem SGB V auch sonst hinsichtlich der Ausschreibungspflichten von Krankenkassen keine einheitliche Wortwahl und Systematik zu entnehmen ist und es auch bei Einzelverträgen weder eine ausdrückliche Ausschreibungspflicht vorsieht noch das förmliche Verfahrensrecht der §§ 97 ff GWB für anwendbar erklärt (vgl. Goodarzi/Junker, NZS 2007, 632,633). Die Antragstellerin Ziff. 1 hat sich in der mündlichen Verhandlung darauf berufen, sie könne ohne weitere rechtliche Bindung agieren, sofern sie nicht gegen das Willkürverbot verstoße. Demgegenüber halten die Beigeladene Ziff 1 und die Antragsgegnerin eine materiell-rechtliche Prüfung unter direkter Anwendung der §§ 97 -101 GWB (und darüber hinaus durch die Vergabekammern und -senate) für geboten.

3. a. Vergaberechtliche Ausgangslage In Deutschland ist Grundlage der staatlichen Beschaffung traditionell das Haushaltsrecht. Dieses hat nach § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder (Haushaltsgrundsätzegesetz - HGrG) die wirtschaftliche und sparsame Verwendung der Haushaltsmittel zum Ziel. Zu diesem Zweck legt § 30 HGrG die öffentliche Ausschreibung als Regelform der Auftragsvergabe fest. Dieser Grundsatz wird in den Haushaltsordnungen des Bundes und der Länder sowie den landesrechtlichen Gemeindehaushaltsverordnungen dahin konkretisiert, dass beim Abschluss von Verträgen nach einheitlichen Richtlinien zu verfahren ist (BVerfG im Beschluss vom 13. Juni 2006 -1 BvR 1160/03- in BVerfGE 116, 135; vgl. etwa § 55 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung (BHO), § 55 Abs. 2 der Saarländischen Landeshaushaltsordnung, § 31 Abs. 2 der Saarländischen Gemeindehaushaltsverordnung). Derartige Richtlinien enthalten die Verdingungsordnungen, die von Verdingungsausschüssen ausgearbeitet werden, welche aus Vertretern von Bund, Ländern und Gemeinden sowie von Verbänden der Wirtschaft und von Gewerkschaften bestehen. So gilt für Bauleistungen die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (im Folgenden: VOB), deren Teil A das Verfahren für die Vergabe von Bauaufträgen regelt. Die Verfahrensregeln der Verdingungsordnungen werden von dem zuständigen Minister als Verwaltungsvorschriften erlassen (BVerfGE 116, 135).

Der traditionelle verwaltungsinterne Ansatz des deutschen Vergaberechts musste unter dem Einfluss des europäischen Gemeinschaftsrechts teilweise aufgegeben werden (BVerfGE 116, 135). Neben den wirtschaftlichen Grundfreiheiten des primären Gemeinschaftsrechts gelten für die öffentliche Auftragsvergabe seit den 1970er Jahren sekundärrechtliche Vorgaben. Seit Mitte der 1990er Jahre regelten vier Richtlinien die Rahmenbedingungen der Auftragsvergabe: die Baukoordinierungsrichtlinie (Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993, ABl Nr. L199 vom 9. August 1993, S. 54), die Lieferkoordinierungsrichtlinie (Richtlinie 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993, ABlNr.L199 vom 9. August 1993, S. 1), die Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie (Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992, ABl Nr. L209 vom 24. Juli 1992, S. 1) und die Sektorenrichtlinie (Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993, ABl Nr. L199 vom 9. August 1993, S. 84). Diese Richtlinien definierten den Begriff des öffentlichen Auftraggebers und gliederten das Vergabeverfahren detailliert in vier Abschnitte (Verfahrenswahl, Bekanntmachung, Eignungsprüfung und Zuschlag). In den Anwendungsbereich der Richtlinien fielen jedoch nicht sämtliche öffentliche Aufträge. Europaweite Ausschreibungen waren erst vorgeschrieben, wenn die in den Richtlinien festgesetzten Schwellenwerte erreicht wurden.

Die Vergaberichtlinien sahen die Einräumung von subjektiven Rechten der Bieter vor (BVerfGE 116, 135). Zur Durchsetzung dieser Rechte wurden die Rechtsmittelrichtlinie (Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989, ABl Nr.L395 vom 30. Dezember 1989, S. 33) und die Rechtsmittelrichtlinie betreffend die Sektoren (Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25. Februar 1992, ABl Nr.L76 vom 23. März 1992, S. 14) erlassen, nach denen die Mitgliedstaaten ein formelles Nachprüfungsverfahren für die Einhaltung des Verfahrens der Vergabe öffentlicher Aufträge einzurichten haben. Als Mindeststandards wurden unter anderem die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz, die Möglichkeit der Aufhebung rechtswidriger Vergabeentscheidungen und die Gewährung von Schadensersatz festgelegt.

Das gemeinschaftsrechtliche Vergaberecht wurde zwischenzeitlich geändert. Ende März 2004 wurden zwei neue Koordinierungsrichtlinien verabschiedet (Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004, ABlNr.L134 vom 30. April 2004, S. 1; ABl Nr.L134 vom 30. April 2004, S. 114), die eine teilweise Neuordnung des Vergabeverfahrens vorsehen. Die Rechtsmittelrichtlinien gelten dagegen fort.

Mit dem am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Vergaberechtsänderungsgesetz vom 26. August 1998 (BGBl I S. 2512) gab der Gesetzgeber die bis dahin geltende haushaltsrechtliche Lösung auf, soweit der Anwendungsbereich der Vergaberichtlinien reichte. Das materielle Vergaberecht wurde in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen integriert.

Für Aufträge, deren Betrag den jeweils maßgeblichen Schwellenwert erreicht oder übersteigt - (vgl. § 100 Abs. 1, § 127 Nr. 1 GWB i.V.m. § 2 Nr. 4 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge - Vergabeverordnung (im Folgenden: VgV)) -, sind die allgemeinen Grundsätze der Vergabe in § 97 GWB festgelegt. Die Einzelheiten des Vergabeverfahrens werden dabei in der VgV geregelt, die ihrerseits in ihren §§ 4ff. auf die Verdingungsordnungen verweist. § 97 Abs. 7 GWB räumt den am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen ein subjektives Recht auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren ein.

Für die Durchsetzung sehen §§ 102ff. GWB ein besonderes Nachprüfungsverfahren vor. Zur Nachprüfung sind zunächst die nach § 104 GWB auf Bundes- und auf Landesebene einzurichtenden Vergabekammern berufen. Diese üben gemäß § 105 Abs. 1 GWB ihre Tätigkeit im Rahmen der Gesetze unabhängig und in eigener Verantwortung aus. Das Nachprüfungsverfahren wird durch Antrag eingeleitet, zu dem gemäß § 107 GWB jedes Unternehmen befugt ist, das ein Interesse an dem Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB geltend macht, durch die ihm ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Nach Zustellung des Antrags darf der Auftraggeber gemäß § 115 Abs. 1 GWB den Zuschlag vor einer Entscheidung der Vergabekammer und dem Ablauf der zweiwöchigen Beschwerdefrist des § 117 Abs. 1 GWB nicht erteilen. Die Vergabekammer untersucht nach § 110 Abs.1 Satz 1 GWB den Sachverhalt von Amts wegen (BVerfgE 116, 135).

Vergaberechtlich hat der Gesetzgeber des SGB V in den Fällen, in denen Selektivverträge den potenziellen Vertragspartnern neben der Abschlussfreiheit auch inhaltliche Gestaltungsfreiheit einräumen, bereits ein rudimentäres Ausschreibungsverfahren vorgeschrieben, ohne insoweit die unmittelbare Anwendung der Vorschriften des GWB anzuordnen. Die auf der VO-Ermächtigung des § 78 SGB IV beruhende Verordnung über das Haushaltswesen in der Sozialversicherung (SVHV), die den Trägern der Sozialversicherung bei Beschaffungsvorgängen eine öffentliche Ausschreibung vorschreibt, nimmt hiervon Verträge über die Erbringung gesetzlicher Versicherungsleistungen ausdrücklich aus (§ 22 SVHV).

b. Verfassungsrechtliche Vorgaben Das Bundesverfassungsgericht hat in dem bereits zitierten Beschluss vom 13. Juni 2006 (1 BvR 1160/03 in BVerfGE 116, 135) - dort im Falle eines unter dem Schwellenwert liegenden Auftragsvolumen, aufgrund dessen das Vergaberecht keine Anwendung fand - darauf verwiesen, dass jedenfalls der aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Anspruch auf Gleichbehandlung bei Vergabeentscheidungen ein gegen den Staat gerichtetes subjektives Recht, dessen Verletzung der Benachteiligte mit Hilfe des Justizgewährungsanspruches rügen könne, begründe. Der staatlichen Stelle, die einen öffentlichen Auftrag vergibt, ist es verwehrt, das Verfahren oder die Kriterien der Vergabe willkürlich zu bestimmen. Darüber hinaus kann die tatsächliche Vergabepraxis zu einer Selbstbindung der Verwaltung führen. Aufgrund dieser Selbstbindung kann den Verdingungsordnungen als den verwaltungsinternen Regelungen über Verfahren und Kriterien der Vergabe eine mittelbare Außenwirkung zukommen (vgl. BVerfGE 73, 280, 299 f.; 111, 54, 108; BVerwGE 35, 159, 161; 104, 220, 223; BGHZ 139, 259, 267; BVerfGE 116, 135). Jeder Mitbewerber muss eine faire Chance erhalten, nach Maßgabe der für den spezifischen Auftrag wesentlichen Kriterien und des vorgesehenen Vergabeverfahrens berücksichtigt zu werden. Eine Abweichung von solchen Vorgaben kann eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG bedeuten. Insofern verfügt jeder Mitbewerber über ein subjektives Recht, für das effektiver Rechtsschutz gewährleistet werden muss (vgl. BVerfG, Beschluss des 1. Senats vom 23. Mai 2006 - 1 BvR 2530/04 - in BB 2006, Seite 1702).

Der allgemeine Justizgewährungsanspruch soll den Rechtsuchenden so weit wie möglich auch davor bewahren, dass durch die sofortige Vollziehung einer Maßnahme Tatsachen geschaffen werden, die für den Fall, dass sich die Maßnahme als rechtswidrig erweist, nicht mehr rückgängig gemacht werden können (vgl. BVerfGE 35, 263 (274); 37, 150 (153); 46, 166 (178); 51, 268 (284); 65, 1 (70); 67, 43 (58); 79, 69 (74); 93, 1 (13)). Aus ihm können zu diesem Zweck auch Vorwirkungen auf ein Verfahren einer staatlichen Stelle folgen, das einem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren vorgelagert ist (vgl. BVerfGE 61, 82 (110); 69, 1 (49)). Bei der Ausgestaltung des Rechtsschutzes hat der Gesetzgeber die verschiedenen betroffenen Interessen unter Beachtung der Eigenarten der jeweiligen Konfliktlage aufeinander abzustimmen (BVerfGE 116, 135).

Bei der gerichtlichen Kontrolle von Vergabeentscheidungen ist eine Konfliktlage in einem Rechtsverhältnis zu bewältigen, an dem beteiligt sind: die staatliche Stelle, die den umstrittenen Auftrag vergibt, um ihre öffentlichen Aufgaben zu erfüllen; ferner der erfolgreiche Bieter, der ein Interesse an einer raschen Zuschlagsentscheidung und einer zuverlässigen Vertragserfüllung hat; schließlich erfolglose Bieter wie die Beschwerdeführerin, die ein Interesse an möglichst effektivem Schutz ihrer privatrechtlich ausgeformten Verfahrensrechte haben (BVerfGE 116, 135).

Je weiter die Rechtsschutzmöglichkeiten der erfolglosen Bieter ausgedehnt werden, desto eher können sowohl die öffentlichen Interessen, denen die Erfüllung des vergebenen Auftrags letztlich dienen soll, als auch die Interessen des erfolgreichen Bieters behindert oder sogar vereitelt werden. Aufgrund des zeitlichen und sächlichen Aufwands, den ein Nachprüfungsverfahren erfordert, kann zudem die Wirtschaftlichkeit der Vergabe leiden. Diese Folgen kann ein solches Verfahren unabhängig davon bewirken, ob sich die Rügen des erfolglosen Bieters letztlich materiell-rechtlich als begründet oder als unbegründet erweisen. Zudem besteht das Risiko, dass der erfolglose Bewerber seine Rechtsschutzmöglichkeiten in sachwidriger oder sogar missbräuchlicher Weise nutzt. Auch dadurch kann die Vergabe unwirtschaftlich oder das Beschaffungsziel ganz verfehlt werden (BVerfGE 116, 135).

Wird andererseits erfolglosen Bietern durch die Verfahrensgestaltung effektiver Primärrechtsschutz versagt, kann das nicht nur die Durchsetzung rechtlich begründeter individueller Anliegen verhindern. Daneben kann auch das öffentliche Interesse an einem rechtmäßigen Handeln der Verwaltung und an einem wirtschaftlichen Umgang mit Haushaltsmitteln beeinträchtigt werden. Den kollidierenden Privatinteressen sowohl des erfolgreichen Bieters als auch der erfolglosen Wettbewerber entspricht jeweils auch ein öffentliches Interesse. Das komplexe Geflecht öffentlicher und privater Interessen kann nicht in einer Weise aufgelöst werden, die alle Interessen gleichermaßen befriedigt (BVerfGE 116, 135).

Das wirtschaftliche Interesse des erfolglosen Bieters an einer Auftragsvergabe genießt nicht als solches verfassungsrechtlichen Schutz, sondern nur hinsichtlich der Beachtung des Gleichheitssatzes bei der Gestaltung von Verfahren und der Auswahl sowie Anwendung der Kriterien der Vergabe. Der erfolglose Bieter ist durch die Auftragsvergabe in einer bloßen Umsatzchance, nicht in seiner persönlichen Rechtsstellung betroffen. Wird der erfolglose Bieter auf einen Schadensersatzanspruch verwiesen, kann sein auf den Erhalt einer Umsatzchance gerichtetes Interesse durch einen solchen Anspruch grundsätzlich ausgeglichen werden. Im Übrigen darf bei der Abwägung typisierend berücksichtigt werden, dass die einzelne Auftragsvergabe für den Bieter in der Regel lediglich eine Umsatzmöglichkeit unter vielen darstellt (BVerfGE 116, 135).

Der allgemeine Justizgewährungsanspruch wirkt allerdings auf die Auslegung und Anwendung der privatrechtlichen und zivilprozessualen Normen ein, auf die sich ein erfolgloser Bieter stützen kann, um Rechtsschutz gegen eine rechtswidrige Übergehung bei der Auftragsvergabe zu erlangen. Die Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen der Normen, aus denen sich ein Schadensersatzanspruch des erfolglosen Bieters ergeben kann, müssen in einer Weise bestimmt werden, die seinem auf die Beachtung des Art. 3 Abs. 1 GG gerichteten Rechtsschutzinteresse hinreichend Rechnung trägt. Darüber hinaus entspricht es dem Justizgewährungsanspruch, dass dem erfolglosen Bieter die Feststellungsklage eröffnet ist, die allerdings - wie auch sonst - ein jeweils ausreichendes Feststellungsinteresse verlangt (BVerfGE 116, 135).

c. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 02. Mai 2007 - 6 B 10/07 - den Grundsatz wiederholt, dass sich die öffentliche Hand bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in aller Regel auf dem Boden des Privatrechts bewegt, so dass für Streitigkeiten über die hierbei vorzunehmende Auswahl des Vertragspartners nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben ist (juris-Umdruck Rn 5 mit zahlreichen Zitaten aus der älteren Rechtsprechung des BVerwG); den sehr umfangreichen Gegenmeinungen (vgl. die Zitate a.a.O. Rn 5) der Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte könne nicht gefolgt werden. Der Staat unterscheide sich als Nachfrager am Markt nicht grundlegend von anderen Marktteilnehmern (Hinweis auf BVerfGE 116, 135; Rn 52). Insbesondere die Bindung der im Vergabeverfahren vorzunehmenden Auswahl an das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs. 1 GG führe nicht dazu, dass das Rechtsverhältnis zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und den Bietern als öffentlich-rechtlich anzusehen ist (BVerwG a.a.O Rn 10).

Eine öffentlich-rechtliche Einordnung der Beziehungen lasse sich schließlich auch nicht durch Heranziehung der so genannten Zweistufentheorie (Hinweis auf die Urteile vom 6. Juni 1958 und 8. März 1962) erreichen. Die Zweistufentheorie sei nur dann zur rechtlichen Bewertung eines Vorgangs angemessen, wenn dieser durch eine Mehrphasigkeit der Aufgabenwahrnehmung gekennzeichnet sei. Dies sei typischerweise dann der Fall, wenn die Entscheidung über das "Ob" einer öffentlichen Leistung durch Verwaltungsakt erfolgt, während deren Abwicklung - das "Wie" - mittels eines privatrechtlichen Vertrags durchgeführt wird. Hiervon unterscheide sich jedoch die Entscheidung über die Vergabe eines öffentlichen Auftrags erheblich, weil das Vergabeverfahren seiner Struktur nach eben nicht zweistufig sei. Die öffentlich-rechtliche Überlagerung der privatrechtlichen Auftragsvergabe könne vielmehr ohne Weiteres nach den Grundsätzen des Verwaltungsprivatrechts bewältigt werden, indem die ordentlichen Gerichte die Ergänzungen, Modifizierungen und Überlagerungen des Privatrechts durch öffentlich-rechtliche Bindungen mit zu entscheiden hätten (BVerwG a.a.O.Rn 15m.w.N).

d. Europarechtliche Vorgaben: Die Diskussion, ob Vergaberecht nicht auf Verträge nach dem SGB V Anwendung findet, wird von den Befürwortern einer direkten vergaberechtlichen Lösung (vgl. insbesondere die den Beteiligten bekannten Beschlüsse des OLG Düsseldorf vom 18. und 19. Dezember 2007 - VII Verg 44/07 bzw. 45-51/07 aus dem Parallelverfahren L 5 KR 507/08 ER-B ) mit der europarechtlichen Überlagerung des Vergaberechts begründet. Europarechtlich seien den Bietern Rechte und Verfahrensgarantien eingeräumt, die der nationale Gesetzgeber nicht abschaffen könne. Insbesondere sei in Zweifelsfragen davon auszugehen, dass Vergaberecht ausdrücklich ausgeschlossen werden müsse. Da § 130a Abs. 8 SGB V keinen dementsprechenden Ausschluss enthalte, gelte Vergaberecht automatisch. Diese Meinung beruft sich auf die Richtlinie 2004/18/EG vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge.

Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18/EG enthält die Definition des "Öffentlichen Auftraggebers" und schreibt als Grundsatz für die Vergabe von Aufträgen in Art. 2 vor, dass die öffentlichen Auftraggeber alle Wirtschaftsteilnehmer gleich und nichtdiskriminierend behandeln und in transparenter Weise vorgehen.

Das europäische Vergaberecht wird in Deutschland praktisch eins zu eins in dem 4. Teil des GWB (§§ 96 bis 101 sog. Kartellvergaberecht) in nationales Recht umgesetzt. Das GWB definiert u. a. die Begriffe "öffentliche Auftraggeber" (§ 98), "öffentliche Aufträge" (§ 99) und listet in § 100 Abs. 2 Aufträge auf, die nicht unter das Vergaberecht fallen.

Ob die Richtlinie 2004/18/EG auch für das Gesundheitswesen gilt, lässt sich dieser Richtlinie nicht zweifelsfrei entnehmen: In der Vergaberichtlinie 2004/18/EG sind einerseits hinsichtlich "öffentlicher Dienstleistungsaufträge" unter anderem im Anhang II unter Nr. 26 das "Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen", unter Nr. 27 "sonstige Dienstleistungen" aufgeführt, sodass vor allem in Blick auf Nr. 27 von einer abschließenden und umfassenden Regelung auszugehen ist. Als öffentliche Auftraggeber sind unter anderem im Anhang III für Deutschland auch Sozialversicherungen (Krankenkassen, Unfall- und Rentenversicherungsträger) genannt. Auf der anderen Seite ist im 6. Erwägungsgrund der Richtlinien bestimmt, dass die Vergaberichtlinie dem Erlass oder der Durchsetzung von Maßnahmen nicht entgegenstehen solle, "die zum Schutz ... der Gesundheit ..." notwendig sind.

Der Senat hat bereits im Beschluss vom 18. Februar 2007 - L 5 KR 528/08 - B die Auffassung vertreten, diese europarechtlichen Regelungen erforderten nicht zwingend die direkte Anwendung der §§ 97 ff GWB. Bei § 130 a SGB V handelt es sich um eine Materie, die dem Kernbereich der Krankenversicherung zuzuordnen ist. Für diesen Bereich sind europarechtliche Regelungen grundsätzlich nicht einschlägig, weil die Regelungshoheit im Bereich der Sozialen Sicherungssysteme grundsätzlich dem nationalen Gesetzgeber vorbehalten ist. Europäisches Recht findet insoweit lediglich zur Lösung grenzüberschreitender Sachverhalte Anwendung. Insoweit überrascht es nicht weiter, dass die Richtlinie 2004/18/EG vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge und ihr folgend § 100 Abs. 2 GWB Gesundheitssysteme nicht weiter erwähnen und mangels Kompetenz auch keine Ausnahme vorsehen kann. Soweit der Kernbereich der §§ 97 bis 101 GWB europarechtlich vorgegeben ist, ist er auch von den Sozialgerichten bei der materiell-rechtlichen Prüfung entsprechend zu berücksichtigen. Die Befassung der Sozialgerichte mit der gerichtlichen Kontrolle genügt europarechtlichen Vorgaben, die nicht zwingend die Institution und das Verfahren nach § 102 ff. GWB fordern.

An dieser Auffassung hält der Senat fest.

Aus der Rechtsprechung des EUGH folgt zunächst nichts anderes:

In Festbetragsurteil (EuGH Urteil vom 16. März 2004 - Rs C-264/01 u.a. - Slg. 2004, I-02493 = NJW 2004, 2743 ff) hatte der EuGH auf Vorlage des BGH zu klären, ob die Wettbewerbsvorschriften des EG-Vertrags auf Zusammenschlüsse von Krankenkassen (Spitzenverbände) Anwendung finden, so weit diese im Arzneimittelbereich Festbeträge festsetzen, bis zu deren Kosten die von ihnen vertretenen Krankenkassen die Kosten des Arzneimittels übernehmen. Der EuGH verneint dies, weil die Krankenkassen auch insoweit keine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, sondern eine Regulierung des Gesundheitsmarktes vorliege. Der EuGH nimmt dabei Bezug auf seine Charakterisierung der Krankenkassen in der Rs Poucet und Pistre und unterstreicht die "rein soziale Aufgabe" der Krankenkassen. Sie hätten die Pflicht, die ihnen gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit zu erbringen, das heißt so effizient und kostengünstig wie möglich. Die Krankenkassenverbände verfolgten bei der Festsetzung von Festbeträgen kein eigenes Interesse, das sich von dem rein sozialen Zweck der Krankenkassen trennen ließe. Im Ergebnis verneint der EuGH die Unternehmereigenschaft der Krankenkassen sinngemäß mit dem Argument, dass diese bei der Festbetrags-Festsetzung gar nicht anders können und keine andere Wahl hätten (so Schlegel in SGb 2007, 700, 709). Die Nachfrageseite der Krankenkassen wird im Festbetragsurteil nicht beleuchtet. Diese war indessen Gegenstand der Entscheidung des Gerichts Erster Instanz in der Rs FENIN, einem Zusammenschluss spanischer Unternehmen, die medizinische Erzeugnisse für Krankenhäuser vertreiben. FENIN ging gegen Praktiken des spanische Gesundheitssystems beim Einkauf medizinischer Geräte vor. Das Gericht stellte klar, dass der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit nicht durch die nachfragende Einkaufstätigkeit als solche, sondern allein durch das Anbieten von Gütern oder Dienstleistungen auf dem Markt gekennzeichnet sei (Schlegel in SGb 2007, 709; EuGH, Gericht Erster Instanz, Urteil vom 4. März 2003 - Rs T-319/99 FENIN, EuZW 2003, 283). Dies wird von dem Gedanken getragen, das allein die spätere Verwendung der erworbenen Erzeugnisse den Charakter der Einkaufstätigkeit bestimme. Übertragen auf die Sozialversicherung bedeutete dies in der Rs FENIN, dass die später angebotenen Sozialleistungen den wirtschaftlichen Charakter der Einkaufstätigkeit ausschließen. Der EuGH hat die Entscheidung bestätigt (Große Kammer des EuGH vom 10. November 2005 - Rs C 205/03 P). Damit bleibt festzuhalten: Kann auf Grund der Rechtsprechung des EuGH eine unternehmerische Tätigkeit verneint werden, kommt es nicht mehr darauf an, ob es sich um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse handelt und die Voraussetzungen des Art. 86 Abs. 2 EGV für eine - ausnahmsweise - Nichtanwendbarkeit der wettbewerbsrechtlichen Vorschriften des EGV vorliegen (siehe Schlegel SGb 2007, 709 mwN). Weil die Krankenkassen nach dem gegenwärtigen Stand der EuGH-Rechtsprechung insoweit nicht als Unternehmen im Sinne des Europäischen Wettbewerbsrechts anzusehen sind, gibt es auf den Beschaffungsmärkten der Krankenkassen für Zulieferer/Leistungserbringer auch keinen Schutz vor Diskriminierung und Behinderung durch die Art. 81, 82 EGV, sondern allenfalls nach nationalem Wettbewerbsrecht, SGB V-Recht oder Verfassungsrecht - Art. 1, 3, 12 GG - (Schlegel aaO).

Zur Frage, ob europarechtlich die uneingeschränkte Anwendung der §§ 97 ff GWB gefordert ist, wird bei in einem Teil der jüngeren Literatur - wie er insbesondere von den Beigeladenen ins Feld geführt wurde - die Auffassung vertreten, dass das Vergaberecht und das Nachprüfungsverfahren nach den §§ 97 ff. GWB auch auf das hier streitige Verfahren der Ausschreibung zum Abschluss einer Rabattvereinbarung Anwendung finde (siehe etwa Koenig/Klahn/Schreiber in GesR 2007, Seite 559 f; Byok in GesR 2007 Seite 553 f). Es gibt daneben aber auch Auffassungen in der Literatur, die letztlich zu dem Ergebnis gelangen, dass unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Entscheidung das Wettbewerbsrecht keine Anwendung findet (siehe Schlegel in SGb 2007, 700f.; Bloch/Pruns in SGb 2007, 645 f.; siehe auch Sauter/Ellerbrock in GesR 2007, Seite 497 ff.).

In dem Zusammenhang ist schon die Frage, ob es sich bei den Krankenkassen um einen öffentlichen Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB handelt, streitig. Bloch/Pruns sind zwar der Auffassung, dass es sich hierbei um einen öffentlichen Auftraggeber handelt und dies auch schon sich aus der Tatsache ergebe, dass die Krankenkassen ausdrücklich im Anhang III der Richtlinie 2004/18/EG (III. Deutschland, 1.1. Körperschaften) aufgeführt seien, außerdem wiesen die Krankenkassen auch eine besondere Staatsgebundenheit auf (siehe a.a.O, Seite 646). Demgegenüber verweisen Sauter/Ellerbrock bereits darauf, dass das Gericht erster Instanz beim Europäischen Gerichtshof in seinem Urteil vom 4. März 2003 (EuG-Urteil 04.03.2003, Slg 2003, II-357, 372) die Unternehmenseigenschaft des dortigen im Streit stehenden Spanischen Öffentlichen Gesundheitsdienstes (SNS) verneint habe und insoweit zu Recht der Gesetzgeber in seiner schriftlichen Begründung zu § 69 SGB V, unter Berufung auf die europäische Rechtsprechung zur wirtschaftlichen Tätigkeit gesetzlicher Krankenkassen, sie bei ihrer Beschaffungstätigkeit für ihre Versicherten nicht als wirtschaftlich tätig ansieht und demzufolge sie keine Unternehmen im Sinne des Kartellverbots in Art. 81 EG und des Missbrauchsverbots in Art. 82 EGV darstellten (siehe Sauter/Ellerbrock a.a.O., Seite 503). Letztlich verneinen etwa Bloch/Pruns die Anwendung des GWB u. a. auch mit Hinweis darauf, dass es zum einen schon am Beschaffungselement und zum anderen auch am Element der Entgeltlichkeit bei entsprechenden Versorgungsverträgen konkret am Beispiel des Einkaufs von medizinischen Leistungen fehle.

Schlegel (SGb 2007, 700-712) kommt zu dem Ergebnis, die EG besitze keine Regelungskompetenz zur Harmonisierung der Systeme sozialer Sicherheit. Eine solche Kompetenz ergebe sich insbesondere nicht aus Art 152 EGV. Auch das Vergaberecht biete keine Handhabe dafür, die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Nationalstaaten für den Bereich der sozialen Sicherheit (Hinweis auf Art. 152 Abs. 5 EGV) leerlaufen zu lassen. Das Vergaberecht sei keine im EGV primärrechtlich ausdrücklich als solche ausgewiesene Querschnittsaufgabe mit Geltungs- oder Anwendungsvorrang in allen Politikbereichen der EG. Seiner Meinung nach dürfe das ausschließliche Recht der Mitgliedsstaaten, den Kernbereich ihrer sozialen Sicherheit nach eigenem Ermessen zu gestalten, durch sekundäres Gemeinschafts-Vergaberecht nicht zur leeren Hülse verkommen. Wo allerdings nach den Vorschriften des SGB V ein Ausschreibungsverfahren stattfinden müsse, spreche nichts dagegen, die Vorschriften der SVHV (mit ausdrücklicher Geltung der jeweils geltenden Verdingungsordnungen - vgl. § 22 SVHV) entsprechend anzuwenden, zumal den Trägern der Sozialversicherung der Umgang mit diesen Vorschriften bekannt sei.

Engelmann (jurisPK SGB V, § 69 Rn 191 -204) verneint eine unmittelbare Anwendung des Kartellvergaberechts auf die Leistungsbeschaffungsverträge und widerspricht entschieden der Auffassung, § 69 SGB V sei im Blick auf das europäische Vergaberecht einschränkend dahin auszulegen, dass die im GWB geregelten Vergabevorschriften durch die Reglung des §69 SGB V nicht verdrängt werden könnten. Krankenkassen seien keine öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Der Begriff des öffentlichen Arbeitgebers sei funktional auszulegen, die Krankenkassen fielen nicht darunter. Sie unterlägen deshalb auch bei öffentlichen Aufträgen oberhalb der Schwellenwerte nicht den Verpflichtungen des Vergaberechts.

4. Folgerungen

a. Die genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Juni 2006 - 1 BvR 1160/03 legt eine Prüfung des Verhaltens der Krankenkassen unter entsprechender Beachtung der Grundsätze des Vergaberechts nahe. Bereits aus dieser Entscheidung ist abzuleiten, dass jeder Bieter einen Anspruch auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung geltend machen kann. Aus allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen folgt weiterhin ein Anspruch auf ein faires und transparentes Verfahren (vgl. dazu etwa BSG v. 23. Februar 2005 - B 6 KA 81/03 - juris Umdruck Rn 31 zu verfahrensrechtlichen Anforderungen an die Auswahlentscheidung eines Zulassungsausschusses). Mit Engelmann (jurisPK, SGB V, § 69 Rn 205) braucht auch nach Auffassung des Senats zwar kein förmliches Vergabeverfahren stattzufinden, es ist jedoch in allen Fällen ein transparentes, diskriminierungsfreies, verhältnismäßiges und nachprüfbares Auswahlverfahren durchzuführen. Dabei kann nicht außer Acht gelassen werden, dass das Vergaberecht in langer Rechtsentwicklung schon herausgearbeitet hat, was im Zusammenhang mit einer Ausschreibung und der anschließenden Vergabe als fair und transparent anzusehen ist. Es spricht also nichts dagegen, zumindest die Grundsätze des materiellen Vergaberecht der §§ 97 bis 101 GWB entsprechend heranzuziehen.

Der von den Antragstellerinnen vertretenen Auffassung, dass ihr Verhalten im Zusammenhang mit dem Abschluss von Rabattverträgen allein im Willkürverbot des Grundgesetzes eine rechtliche Grenze findet, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die gerichtliche Kontrolldichte kann sich dabei nicht nur darauf beschränken, erst bei solch gravierenden Grundrechtsverstößen einzugreifen. Eine Reduzierung des gerichtlichen Rechtsschutzes allein auf das Willkürverbot wird von der Rechtsprechung des BSG nur bei besonderen Ausschüssen, wie etwa dem Schiedsamt (vgl. BSG v. 28. April 2004 - B 6 KA 62/03 R) oder dem vom Bewertungsausschuss gem. § 85 SGB V erstellten Regelungswerk des EBM (BSG v. 8. September 2004 - B 6 KA 82/03 R) angenommen, weil der Gesetzgeber diesen Einrichtungen eine weite autonome Entscheidungskompetenz eingeräumt hat. Aber bereits die auf Willkürkontrolle beschränkte frühere Rechtsprechung des BSG zur defensiven Konkurrentenklage wurde vom BVerfG (Kammerbeschluss vom 17. August 2004 - 1 BvR 378/00) beanstandet, weil den davon mittelbar betroffenen Ärzten damit nicht in ausreichendem Maße Rechtsschutz gewährt werde. Abgesehen davon liegt eine vergleichbare Sachverhaltskonstellation hier nicht vor. Bei Verträgen, die den unterlegenen Bieter von ca. einem Drittel des für ihn erreichbaren Marktes ausschließen (dazu unten unter 4.c.), und dem obsiegenden Bieter außerordentlich weitreichende Lieferpflichten auferlegen, kann die juristische Kontrolldichte nicht geringer sein als bei Materialbeschaffungen der öffentlichen Hand knapp über dem Schwellenwert. Darüber hinaus greift das Willkürverbot zu kurz. Es kann nicht nur eine sachwidrige Ungleichbehandlung nach Belieben der Krankenkasse verboten sein, im Verfahren der Vertragsvergabe ist vielmehr eine faire Gleichbehandlung aller Bieter geboten. Eine strengere Prüfung ist angebracht, wenn die fragliche Maßnahme in den Schutzbereich eines anderen eingreift - hier die Grundrechte der Beigeladenen - (BVerfGE 74, 9, 24; 88, 87, 96; 89, 69, 89; 91, 346, 363; Jarass/Pieroth GG Kommentar 8. Aufl., Art. 3 Rn. 21).

b. Einer gänzlichen oder teilweise Heranziehung der Vorschriften der §§ 102 bis 129 GWB über das Nachprüfungsverfahren bedarf es hingegen nicht, wie schon in den Beschlüssen des Senats vom 06. Februar 2007 - L 5 KR 316/08 B und vom 18. Februar 2007 - L 5 KR 528/08 B über den Rechtsweg zu den Sozialgerichten dargelegt wurde (ebenso Engelmann in jurisPK, SGB V, § 69 Rn 190). Der sowohl vom BVerfG im oben zitierten Beschluss als auch in Art. 2 Abs. 1 der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG, geändert durch die Richtlinie 92/13 EWG, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2007/66/EG vom 11. Dezember 2007 geforderte effektive Rechtsschutz kann auch hier in dem Verfahren vor den Sozialgerichten auf der Grundlage der vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Kriterien gewährt werden.

Hiergegen kann nicht eingewendet werden, die Vorschriften in § 86a bzw. 86 b SGG über die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes böten keinen effektiven Rechtsschutz. In der Praxis müssen die Vorschriften des SGG über den einstweiligen Rechtsschutz weit höheren Anforderungen gerecht werden als denen der Gleichbehandlung im Rahmen des Liefer- oder Warenverkehrs. Sozialgerichte entscheiden über vorläufigen Rechtsschutz häufig bei persönlichen und finanziellen Notlagen von existentieller Bedeutung für die Betroffenen und haben insbesondere im Bereich der Krankenversicherung die Aufgabe, Gefahren für die Gesundheit und das Leben der Versicherten abwenden. §§ 86a und 86b SGG lehnen sich in ihrem Regelungsinhalt zudem eng an die Vorschriften in § 80 und § 123 VwGO an. Der Vorwurf, diese Vorschriften der VwGO böten nur unzureichenden vorläufigen Rechtsschutz, kann ernsthaft aber nicht erhoben werden.

c. Eine Konstellation, wie sie vom BVerwG im Urteil vom 2. Mai 2007 - 6 B 10/07 - und vom BVerfG im Beschluss vom 13. Juni 2006 - 1 BvR 1160/03 - vorausgesetzt wurde, ist hier nicht gegeben. Beide Urteile basieren auf der Annahme, der Staat (das wären hier die Krankenkassen) unterscheide sich in seiner Rolle als Nachfrager nicht grundlegend von anderen Marktteilnehmern. Von dieser Annahme kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Die gesetzlichen Krankenkassen unterscheiden sich insofern grundlegend von anderen Marktteilnehmern, weil sie knapp 90 % der Menschen in der Bundesrepublik arzneipflichtige Arzneimittel als Sachleistung zur Verfügung stellen, allein die Antragstellerinnen haben für 40 % davon, also für über ein Drittel der Gesamtbevölkerung eine entsprechende gesetzliche Verpflichtung (vgl. § 31, 34 SGB V). Die öffentlich-rechtliche Überlagerung kann dabei nicht nur nach den Grundsätzen des Verwaltungsprivatrechts von anderen Gerichten geprüft und mitberücksichtigt werden. Der Gesetzgeber hat in § 69 SGB V sich gegen das bis dahin praktizierte Verwaltungsprivatrecht ausgesprochen und ausschließlich den Sozialgerichten die Aufgabe übertragen, anfallende Rechtsstreitigkeiten mit privaten Leistungserbringern mit den Mitteln des öffentlichen Rechts zu lösen. Dies gilt erst Recht für eine Vorschrift wie § 130a SGB V, wo der Gesetzgeber die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit zusätzlich in das Gesetz geschrieben hat.

Die Besonderheiten der Rabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V bestehen darin, dass es sich hier nicht nur um die reine Ausschreibung einer staatlichen Leistung handelt. Vielmehr steht die Ausschreibung im Zusammenhang mit der Leistungspflicht der Krankenkassen, ihren Versicherten die vom Gesetz vorgesehenen Arzneimittel zur Verfügung zustellen. Ohne Rabattverträge läuft die Versorgung der Versicherten weiter wie bisher, mit Hilfe der Rabattverträge soll es den Krankenkassen demgegenüber ermöglicht werden, sich Arzneimittel zukünftig günstiger beschaffen zu können als zuvor. Die Rabattverträge werden nicht innerhalb der bisherigen Wettbewerbsstrukturen (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 18. Februar 2008 - L 5 KR 528/08 Umdruck S. 41) ausgeführt, sie haben notwendigerweise eine vom Gesetzgeber gewollte Veränderung der bisherigen Preis- und damit auch Wettbewerbsstrukturen zur Folge (zur Verfassungsmäßigkeit BVerfG Beschluss vom 26.März 2003 - 1 BvR 112/03). Dem unterlegenen Mitbewerber entgeht nicht nur eine Chance innerhalb des Wettbewerbs, er ist über die Regelung des § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V auch für die Laufzeit der Rabattverträge vom Wettbewerb -jedenfalls von Versicherten der AOK und damit von mehr als einem Drittel der Bevölkerung - ausgeschlossen. Da die Apotheker in § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V gesetzlich gehalten sind, die Rabattverträge bei der Verteilung der Medikamente zu beachten, führt dies in Bezug auf den unterlegenen Mitbieter dazu, dass für dessen Arzneimittel hinsichtlich der Versicherten der Antragstellerinnen faktisch ein Verkaufsverbot in den Apotheken für die Laufzeit des Rabattvertrags besteht. Die Rabattverträge enthalten also einen Eingriff in die Wettbewerbschancen, der seiner Intensität nach weit gravierender ist als bei einer üblichen Vergabe, wo der Staat (etwa bei Bauleistungen, Büromöbeln oder Postdienstleistungen) nur einer von mehreren Nachfragern ist.

In Analogie zu dem Modell der Mehrstufentheorie (vgl. BVerwG v. 2. Mai 2007 - 6 B 10/07 - Rn 15) hält der Senat es daher für erforderlich, streng zwischen den rechtlichen Vorgaben des SGB V und denen des Vergaberechts zu unterscheiden. Auszugehen ist zunächst davon, dass die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den pharmazeutischen Unternehmern öffentlich-rechtlicher Natur sind (BVerfG Beschluss v. 13. September 2005 - 2 BvF 2/03 -). Geboten ist danach ein öffentlich-rechtlicher Rechtsschutz in Bezug auf die Vorschriften des SGB V und ein weiterer Rechtsschutz in Bezug auf das nachgeordnete Vergabeverfahren, wobei der gesamte Rechtsschutz nach § 130a Abs. 9 SGB V durch die Sozialgerichtsbarkeit zu erfolgen hat. Dieser Rechtsschutz wird dann gewährleistet, wenn das Vergaberecht entsprechend auch auf Ausschreibungen von Rabattverträgen angewendet wird, allerdings mit der Maßgabe, dass vorrangig die Vorschriften des materiellen Sozialrechts gelten und innerhalb diese Rahmens bei der Umsetzung öffentlich-rechtlicher Aufträge vergaberechtliche Grundsätze heranzuziehen sind. Konkret bedeutet dies, dass SGB V überall dort zur Anwendung kommt, wo pharmazeutische Unternehmer nicht als Bieter, sondern als Adressat von Rechten und Pflichten nach dem SGB V angesprochen sind, wie etwa in § 130 Abs. 8 SGB V. Erst dort, wo eine Ausschreibung stattfindet, sind ihre Rechte als Bieter entsprechend Vergaberecht zu beachten. Eine Vermischung darf nicht stattfinden.

d. Als Ergebnis der europarechtlichen Prüfung unter 3.d. bleibt festzuhalten, dass sowohl das Primärrecht als auch die Richtlinie 2004/18/EG in ihrem 6. Erwägungsgrund Raum lassen für eine nur eingeschränkte Anwendung vergaberechtlicher Vorschriften (so auch Schlegel SGb 2007, 712).

Auf Grund der europarechtlichen Überlagerung werden Bietern zwar bestimmte Rechte eingeräumt, die jedoch - wie unten aufgezeigt - nicht weiter reichen als öffentlich-rechtlicher Rechtsschutz ohnedies reicht. Die praktischen Unterschiede zwischen einer entsprechenden Anwendung von Vergaberecht und der Anwendung des Gleichheitssatzes sowie allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätze sind dabei nicht groß, wie die nachstehenden Ausführungen unter Abschnitt 5. zeigen: Die Prüfung unter entsprechender Anwendung des Vergaberechts und unter allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen führt im vorliegenden Fall jeweils zu übereinstimmenden Ergebnissen.

Nationales Vergaberecht hat aber trotz der europarechtlichen Überlagerung keinen Vorrang vor den Regelungen des SGB V, die für den Bereich des Gesundheitswesen lex specialis zu den allgemeinen Vergaberegelungen sind.

Wie die Entstehungsgeschichte des Vergaberechts zeigt, handelt es sich bei der Vergabe von Leistungen um einen Rechtsakt, der von den Verwaltungsgerichten inzwischen grundsätzlich dem Zivilrecht zugeordnet wird (siehe zuletzt mit weiteren Nachweisen BVerwG Urt. v. 2. Mai 2007 - 6 B 10/07 -). Dies erscheint konsequent: Nachdem (etwa bei Bauten öffentlicher Träger) die Frage, ob der Bau öffentlich-rechtlich zulässig ist, in vorgelagerten, vor den Verwaltungsgerichten geführten Rechtsstreitigkeiten hinsichtlich Planfeststellung, Baugenehmigung o.ä. ausgetragen ist, enthält die anschließende Ausschreibung und Vergabe lediglich noch die praktische Umsetzung durch die Inanspruchnahme privater Anbieter. Für das Verhältnis zwischen Vergabebehörden und privaten Bietern sind die (inzwischen abgeschlossenen) vorgelagerten öffentlich-rechtlichen Fragen regelmäßig ohne Bedeutung; ihr Verhältnis geht über die Abwicklung des Auftrags regelmäßig nicht hinaus.

Wenn aber das Rechtsverhältnis zwischen Bieter und Vergabebehörde im Zivilrecht angesiedelt ist, so bedurfte es noch der Stärkung der Rechtsposition der Bieter durch öffentlich-rechtliche Grundsätze, die dem Zivilrecht sonst weitgehend fremd sind, um eine Gleichbehandlung und ein faires Verfahren zu ermöglichen. Die in Art 2 der Richtlinie 2004 /18/EG vorgegebenen europarechtlichen Grundsätze der Gleichbehandlung, des Diskriminierungsverbots und der Transparenz betreffen also lediglich das reine Abwicklungsverhältnis zwischen Vergabebehörde und Bieter und bringen als Folge einen Bieterschutz, den das Zivilrecht in dieser Form bis dahin nicht gekannt hat.

Wird dieses nachgeordnete Verfahren indes öffentlich-rechtlich kontrolliert - wie dies vom Senat auf Grund der Regelung des § 130 a Abs. 9 SGB V und der darin vorgeschriebenen umfassenden Rechtswegzuweisung auch für die Ausschreibung und den Abschluss von Rabattverträgen angenommen wird (vgl. Beschlüsse vom 06. Februar 2008 - L 5 KR 316/08 B - und vom 18. Februar 2008 - L 5 KR 528/08 B -), so würde es gleichwohl zu keiner Ausweitung der Rechte der Bieter kommen, wenn die europarechtlichen Grundsätze der Gleichbehandlung, des Diskriminierungsverbots oder der Transparenz ebenfalls angewendet würden. Denn bei Anwendung öffentlichen Rechts ist die Überwachung der Einhaltung des Gleichheitsgrundsatzes und die Ahndung der besonders verwerflichen Form der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, der Diskriminierung, selbstverständliche Pflicht des Sozialgerichts. Der Transparenzgrundsatz trifft zwar die Besonderheiten des Vergaberechts in besonders treffender Weise, im Grundsatz handelt es sich dabei aber nur um eine besondere Ausprägung des aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Grundsatzes des fairen Verfahrens. Darüber hinaus gilt für alle staatlichen Einrichtungen der das gesamte öffentliche Recht mit beherrschende Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB (ständige Rechtsprechung des BSG, zuletzt Urt. v. 12. Dezember 2007- B 12 AL 1/06 R), der auch bei Auswahlverfahren der Krankenkassen etwa dem Arglistverbot (vgl. von Wulffen/Roos SGB X, § 40 Rn 9) oder dem Grundsatz des Verbots des "venire contra factum proprium" (dazu BSG v. 18. August 2005 - B 7a/7 AL 94/04 R) Geltung verschafft. Hinzu kommt das öffentlich-rechtliche Verbot unangemessener Vertragsbedingungen (vgl. dazu § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Dies alles dürfte in der Praxis zu gleichen Ergebnissen führen. Die Vorgaben der Richtlinie 2004/18/EG gehen somit im Ergebnis über die auch sonst für das öffentlich-rechtliche Handeln von Behörden geltenden Grundsätze nicht hinaus.

e. Besonderheiten ergeben sich allerdings daraus, dass das Vergaberecht nur innerhalb des höherrangigen Gesetzesrechts des SGB V entsprechend angewendet werden kann. Vergaberechtlich kann nicht als unerlaubt angesehen werden, was sozialrechtlich zulässig oder sogar bindend vorgeschrieben ist.

Die Besonderheiten der Verträge nach dem SGB V bestehen darin, dass die vorgelagerten öffentlich-rechtlichen Fragen und die nachgeordneten Probleme der Abwicklung des öffentlichen Auftrags in der Praxis vermischt werden. Als ein in der Praxis auftretendes Problem wurde in der Entscheidung des BVerfG v. 13. Juni 2006 -1 BvR 1160/03 - Rn 35 genannt, dass das Vergaberecht zum Zwecke der Durchsetzung von politischen Zielen, die außerhalb des eigentlichen Beschaffungsvorgangs lägen, instrumentalisiert werde. Schlegel (SGb 2007,700,712) warnt davor, dass sich Vergaberecht wie Mehltau über die gesamte nationale Rechtsordnung des Gesundheitssystems legt und diese leer laufen lässt.

Wenn das SGB V den Krankenkassen die Befugnis zugesteht, Rabattverträge abzuschließen, so räumt es damit den Krankenkassen zur Ausfüllung dieser Befugnis einen weiten Gestaltungsspielraum ein, der von den Krankenkassen entsprechend ausgefüllt werden kann und der von den Betroffenen im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen hinzunehmen ist (BVerfG v. 26. März 2003 - 1 BvR 112/03 -). Im vorliegenden Fall haben die Antragstellerinnen vier verschiedene Modelle, wie Rabattverträge in der Praxis durchgeführt werden können, unter Abwägung der entsprechenden Vor- und Nachteile diskutiert. Die Entscheidung darüber, ob der schlussendlich eingeschlagene Weg rechtmäßig ist, ist eine öffentlich-rechtliche Frage (BVerfG vom 13. September 2005 - 2 BvF 2/03 - Rn 159), die das Vergaberecht nicht tangiert, sondern ausschließlich der Prüfung der zutreffenden Rechtsanwendung des § 130a Abs. 8 SGB V zuzuordnen ist, die der Sozialgerichtsbarkeit vorbehalten ist. Dieser Frage war bei summarischer Prüfung im einstweiligen Anordnungsverfahren indes nicht weiter nachzugehen, weil substantiierte Rügen insoweit nicht vorgebracht worden sind. Hat sich die Krankenkasse für einen bestimmten Weg zur Umsetzung der Rabattverträge entschieden, kann Vergaberecht -direkt oder analog- erst auf der Stufe der praktischen Umsetzung Anwendung finden.

Wird allerdings bei der Nachprüfung von Vergabeverfahren nicht strikt zwischen den bindenden Vorschriften des SGB V und den Problemen des eigentlichen Vergabeverfahrens unterschieden, hat dies die praktische Folge, dass die Gesetzesvorgaben des SGB V am Maßstab der VOL/A einer nur kraft Rechtsverordnung (§ 4 Abs. 2 VgV) geltenden Haushaltsvorschrift, gemessen werden. Kritisieren Anwälte das Verhalten einer Krankenkasse so ist grundsätzlich zunächst zu fragen, ob diese Verhalten nicht auf Grund bindender öffentlich-rechtlicher Vorgaben des SGB V gerechtfertigt ist. Unterbleibt dies, wird den Krankenkassen unter Berufung auf die VOL/A der Vollzug des Willens des parlamentarischen Gesetzgebers unmöglich gemacht, Gesetzesrecht somit unter Berufung auf die VOL/A außer Kraft gesetzt.

f. Die Bedeutung des Vorrangs des SGB V und die analoge Anwendung der Grundsätze des Vergaberechts auf die reine Umsetzung der Ausschreibung ermöglicht auch sinnvolle Lösungen in anderen Bereichen des SGB V, wo der Gesetzgeber, wie etwa in §§ 125 Abs. 2; 127 Abs. 1-4; 129 Abs. 5 und 5b; 129a Satz 1; 130a Abs. 8; 132 Abs. 1 Satz 1; 132a Abs. 2; 132c Abs. 1; 132d Abs. 1; 133 Abs. 1 und 2; 140e SGB V Einzelverträge mit oder ohne ausdrückliche Ausschreibung vorsieht.

5. Im Rahmen der nun hier durchzuführenden gerichtlichen Kontrolle findet auf Grund des Gesagten wegen der gesetzgeberischen Entscheidung das Vergaberecht nach den §§ 97 ff. GWB in Verbindung auch mit der VOL/A nicht unmittelbar Anwendung. Der Senat hat aber das Ausschreibungsverhalten der Antragstellerinnen an Art. 3 GG zu messen (siehe Beschluss des BVerfG vom 13. Juni 2006 a.a.O.). Auch ist es nach Auffassung des Senats durchaus sachgerecht auch auf die zum Teil im Vergaberecht nach dem GWB i.V.m.d. VOL/A zum Ausdruck kommenden Regelungen für ein "faires Ausschreibungsverfahren" zurückgreifen. Im Übrigen hat er gemäß § 69 SGB V in entsprechender Anwendung die §§ 19 bis 21 GWB ohnehin zu berücksichtigen.

5.a. Gemäß § 19 Abs. 1 GWB ist die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen verboten. Ein Unternehmen ist gemäß § 19 Abs. 2 GWB marktbeherrschend, soweit es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt 1. ohne Wettbewerber ist oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder 2. eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat; hierbei sind insbesondere sein Marktanteil, seine Finanzkraft, sein Zugang zu den Beschaffungs- oder Absatzmärkten, Verflechtungen mit anderen Unternehmen, rechtliche oder tatsächliche Schranken für den Marktzutritt anderer Unternehmen, der tatsächliche oder potenzielle Wettbewerb durch innerhalb oder außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes anhängige Unternehmen, die Fähigkeit, sein Angebot oder seine Nachfrage auf andere Waren oder gewerbliche Leistungen umzustellen, sowie die Möglichkeit der Marktgegenseite, auf andere Unternehmen auszuweichen, zu berücksichtigen (Satz 1).

Zwei oder mehr Unternehmen sind marktbeherrschend, soweit zwischen ihnen für eine bestimmte Art von Waren oder gewerblichen Leistungen ein wesentlicher Wettbewerb nicht besteht und soweit sie in ihrer Gesamtheit die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllen (Satz 2). Gemäß § 19 Abs. 3 Satz 1 GWB wird vermutet, dass ein Unternehmen marktbeherrschend ist, wenn es einen Marktanteil von mindestens einem Drittel hat. Ein Missbrauch liegt gemäß § 19 Abs. 4 GWB insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen 1. die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen in einer für den Wettbewerb auf dem Markt erheblichen Weise ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt; 2. Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; ... 3. ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist; 4 ...

Vor dem Hintergrund, dass die sechzehn AOK-Landesverbände hier bundesweit gemeinsam, und nicht jeder Landesverband z.B. auf sein Gebiet/Bundesland beschränkt, ausschreiben und unter Berücksichtigung des weiteren Umstandes, dass alle AOK-Landesverbände gemeinsam ca. 40 % der Nachfrage auf dem Markt der Arzneimittel ausmachen (siehe § 19 Abs. 3 GWB, wonach ab mindestens einem Drittel Marktanteil eine Marktbeherrschung vermutet wird bzw. im europäischen Recht schon ab 15%; siehe Stn. des Bundeskartellamtes vom 22. November 2006), könnte sich die Frage der Marktbeherrschung durch die Antragstellerinnen stellen.

Durch die bundesweite Ausschreibung erwartet die AOK nach den Worten ihres in der mündlichen Verhandlung anwesenden Mitglieds ihrer Geschäftsführung deutlich günstigere Preise als bei einer Ausschreibung in Regionallosen. Sie erstrebt damit deutlich bessere Preise als sie sie üblicherweise hätte erzielen können und nimmt damit in Kauf, dass - auf Grund ihrer martktbeherrschenden Stellung - zahlreiche Firmen in Schwierigkeiten geraten. Das Verfahren hat gezeigt, dass als Folge der Rabattverträge mittelständische Firmen in große Schwierigkeiten kommen können, wie das Beispiel der Beigeladenen Ziff 1 im Verfahren hier und der Beigeladenen Ziff 1, 2 und 4 im Verfahren L 5 KR 507/08 ER-B zeigt. Aber selbst wenn eine Firma den Zuschlag erhalten hat, hat sie enorme Probleme. Sie muss ihre Kapazitäten extrem stark erhöhen (im Falle der Beigeladenen Ziff 1 des Verfahrens L 5 KR 507/08 ER-B um das Vierzigfache) und diese Kapazitäten auf praktisch Null zurückfahren, wenn sie bei der Anschlussausschreibung leer ausgeht.

Es liegt auf der Hand, dass die Rabattverträge die bisherigen Wettbewerbs- und Marktverhältnisse ändern. Dies hat der Bundesgesetzgeber so gewollt und ist im Grundsatz verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG v. 26. März 2003 - 1BvR 112/03 -). Die Antragstellerinnen haben im Verfahren darauf hingewiesen, sie hätten wirkstoffbezogen ausgeschrieben und damit insgesamt 83 (bundesweite) Fachlose gebildet; dies genüge. Allerdings liegt die Annahme auf der Hand, dass eine bundesweite Ausschreibung den Wettbewerb noch sehr viel stärker beeinträchtigt als eine auf mehrere regionale Lose begrenzte Ausschreibung. Gründe hiervon abzusehen sind von den Antragstellerinnen für den Senat nicht plausibel gemacht worden. Die Antragstellerinnen haben sich mit diesem Problem weder vor der Ausschreibung noch im sozialgerichtlichen Verfahren in ausreichender Weise auseinandergesetzt. Der Aktenvermerk über die Sitzung vom 13. Juni 2007 enthält dazu nur unzureichende Angaben: "Eine darüber hinausgehende Losbildung lehnen die Sitzungsteilnehmer ab. Sie argumentieren, dass eine Losbildung zu einer Zersplitterung der Angebote führe und eine einheitliche Kommunikation unmöglich mache. Auch wird darauf hingewiesen, dass der Reiz gerade darin bestehe, die Marktmacht der AOK zu nutzen und die Nachfrage zu bündeln"

Ob damit einer der oben beschriebenen Missbrauchstatbestände tatsächlich erfüllt ist oder ob die Ausschreibung der einzelnen Wirkstoffe und damit die Bildung von bundesweit 83 Fachlosen genügt, braucht der Senat bei der im einstweiligen Anordnungsverfahren vorgesehenen nur summarischen Prüfung nicht abschließend zu beantworten. Dies kann im Ergebnis auch offen bleiben, da sich das Vergabeverfahren schon aus anderen Gründen als rechtswidrig erweist (dazu im Folgenden noch).

b. Es sind auch derzeit keine Anhaltspunkte erkennbar, dass von Seiten der Antragstellerinnen eine Diskriminierung bzw. eine unbillige Behinderung im Sinne von § 20 GWB vorliegt.

c. Auch wenn man der Auffassung ist, dass weder das europäische Vergaberecht noch das nationale Vergaberecht Anwendung findet, weil es sich bei den Krankenkassen schon nicht um öffentliche Auftraggeber oder Unternehmen im Sinne des Kartellrechts handelt, so sind jedenfalls, wie auch bereits oben ausgeführt und auch im Ergebnis vom Bundesverfassungsgericht im zitierten Beschluss vom 13. Juni 2006 zum Ausdruck gebracht, vergaberechtliche Mindeststandards zu berücksichtigen. Hierbei kann durchaus zur Orientierung auf die vergaberechtlichen Regelungen, insbesondere die VOL/A zurückgegriffen werden (siehe hierzu etwa auch § 22 Abs. 2 SVHV).

aa. Dies bedeutet konkret, dass auch unter Beachtung von Art. 3 GG hier die in § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A Abschnitt 2 aufgestellten Anforderungen an die Leistungsbeschreibung herangezogen werden können. Danach ist die Leistung eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben, dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und die Angebote miteinander verglichen werden können. Würde man anders verfahren, wäre dies im Regelfall als unfair zu qualifizieren.

Dem genügen die Angaben der Antragstellerinnen in der Leistungsbeschreibung nicht. Hier ist den Bietern keine eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung zur Kalkulation ihrer Angebote zur Verfügung gestellt worden. Das Angebotsaufforderungsschreiben sowie die dazugehörenden Unterlagen enthalten keine Angaben dazu, mit welchen Abrufmengen die Antragstellerinnen je Wirkstoff und Packungsart für den Vertragszeitraum rechnen. Um eine einwandfreie Preisermittlung zu ermöglich, sind außerdem alle sie beeinflussenden Umstände festzustellen und in den Verdingungsunterlagen anzugeben (§ 8 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A). Zusätzlich ist beim Rahmenvertrag gemäß § 3 a Nr. 4 Abs. 1 Satz 2 VOL/A das in Aussicht genommene Auftragsvolumen so genau wie möglich zu ermitteln und zu beschreiben, braucht aber nicht abschließend festgelegt zu werden. Die Antragstellerinnen haben die durch das Wissenschaftliche Institut der Ortskrankenkassen (WIdO) statistisch ermittelten Verordnungsdaten 2006 der Berechnung der so genannten Produktbreite zugrunde gelegt. Die Antragstellerinnen können zwar nicht wissen, welche Abrufmengen auf sie bzw. dann letztlich auch die pharmazeutischen Unternehmen in den Jahren 2008 und 2009 zukommen. Dennoch stellen die Daten des Jahres 2006 durchaus eine gewisse Orientierungsgröße dar. Für die Berechnung des von den Bietern geforderten Rabatts geben diese Daten zumindest Anhaltspunkte für das zu erwartende Jahresvolumen des jeweiligen Wirkstoffs in den anzubietenden Packungsgrößen und Darreichungsformen. Soweit die Antragstellerinnen in dem Zusammenhang hinsichtlich der geforderten Veröffentlichung aller Zahlen einwenden, sie hätten keinerlei Einfluss auf die Menge der Verordnungen und die zu beschaffenden Arzneimittel, greift dies nicht durch. Denn es ist nach aller Erfahrung nicht damit zu rechnen, dass diese externen Faktoren, auf die die Krankenkassen keinen Einfluss haben, wie hier die Krankheiten der Versicherten (Morbiditätsentwicklung) oder das Verordnungsverhalten der Ärzte, sich in den kommenden Jahren wesentlich verändern. Die vorhandenen Informationen in Form von aktuellen Verordnungsdaten sind daher grundsätzlich zur Verfügung zu stellen, damit die Bieter (die pharmazeutischen Unternehmen) ihre Rabattangebote wirtschaftlich berechnen können.

Auch der weitere Einwand der Antragstellerinnen, einer Veröffentlichung dieser Daten an die Bieter stünden datenschutzrechtliche Erwägungen entgegen, greift nicht durch. Nach § 67 Abs. 1 SGB X sind Sozialdaten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (§ 35 Abs.1 Satz 1 SGB I). Die Verordnungsdaten 2006 sind zwar exklusiv für die Antragstellerinnen ermittelt worden, sie lassen jedoch keine Rückschlüsse auf personenbezogene Daten der Versicherten, also Sozialdaten, zu. Sie lassen zwar möglicherweise Rückschlüsse auf die Krankheiten der Versicherten der Antragstellerinnen in ihrer Gesamtheit zu. Ob allerdings insoweit die Daten tatsächlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Verhältnis zu den übrigen gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen darstellen, kann letztlich auch dahingestellt bleiben. Zweifelhaft erscheint dies allerdings schon vor dem Hintergrund in § 35 Abs. 4 SGB I, wonach Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Sozialdaten gleichstehen. Das heißt aber mit anderen Worten, dass an dieser Stelle nicht an irgendwelche Geschäftsgeheimnisse der Sozialversicherungsträger oder hier konkret der Krankenkassen gedacht ist, sondern vielmehr an die Geschäftsgeheimnisse, von denen der Sozialversicherungsträger z. B. bei Betriebsprüfungen oder etwa jetzt hier im Rahmen der Rabattangebote Kenntnis erlangt. Auch aus der Regelung in § 305a SGB V (i. d. F. vom 1. April 2007) ergibt sich nichts anderes. Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen beraten gem § 305a SGB V in erforderlichen Fällen die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit (Satz 1). Ergänzend können die Vertragsärzte den Kassenärztlichen Vereinigungen die Daten über die von ihnen verordneten Leistungen nicht versichertenbezogen übermitteln, die Kassenärztlichen Vereinigungen können diese Daten für ihre Beratung des Vertragsarztes auswerten und auf der Grundlage dieser Daten erstellte vergleichende Übersichten den Vertragsärzten nicht arztbezogen zur Verfügung stellen (Satz 2). Die Vertragsärzte und die Kassenärztlichen Vereinigungen dürfen die Daten nach Satz 2 nur für im Sozialgesetzbuch bestimmte Zwecke verarbeiten und nutzen (Satz 3). Ist gesetzlich oder durch Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 nichts anderes bestimmt, dürfen Vertragsärzte Daten über von ihnen verordnete Arzneimittel nur solchen Stellen übermitteln, die sich verpflichten, die Daten ausschließlich als Nachweis für die in einer Kassenärztlichen Vereinigung oder einer Region mit mindestens jeweils 300.000 Einwohnern oder mit jeweils mindestens 1.300 Ärzten insgesamt in Anspruch genommenen Leistungen zu verarbeiten; eine Verarbeitung dieser Daten mit regionaler Differenzierung innerhalb einer Kassenärztlichen Vereinigung, für einzelne Vertragsärzte oder Einrichtungen sowie für einzelne Apotheken ist unzulässig (Satz 4). Satz 4 gilt auch für die Übermittlung von Daten über die nach diesem Buch verordnungsfähigen Arzneimittel durch Apotheken, den Großhandel, Krankenkassen sowie deren Rechenzentren (Satz 5). Abweichend von Satz 4 dürfen Leistungserbringer und Krankenkassen Daten über verordnete Arzneimittel in vertraglichen Versorgungsformen nach den §§ 63, 73b, 73c, 137f oder 140a nutzen (Satz 6).

So ergibt sich insbesondere aus der Regelung in § 305a Satz 4 SGB V kein Verbot bezüglich der hier im Streit stehenden bundesweiten Verordnungszahlen der einzelnen Wirkstoffe. Der Regelung in Satz 4 ist unmissverständlich lediglich zu entnehmen, dass es untersagt ist, die entsprechenden Daten soweit zu differenzieren, dass sie etwa auf einzelne Ärzte, Landkreise oder Ähnliches konkretisiert werden können, es ist konkret von der "regionalen Differenzierung innerhalb einer Kassenärztlichen Vereinigung" (Satz 4) die Rede. Die hier lediglich im Streit stehende Mitteilung der bundesweiten Verordnungszahlen steht nicht im Widerspruch dazu, und aus Sicht des Senates auch nicht eine Differenzierung zumindest auf Landesebene.

Jedenfalls haben die Antragstellerinnen insoweit auch folgerichtig in § 5 Abs. 2 des Rabattvertrages zum Ausdruck gebracht, dass sämtliche Verordnungsdaten und Kalkulationsdaten der Geheimhaltung unterliegen. Nach § 5 Abs. 2 Satz 3 des Rabattvertrages hat der pharmazeutische Unternehmer sicherzustellen, dass er die Informationen, die AOKs bzw. der AOK-Bundesverband zur Verfügung zu stellen, nur für den in der Vereinbarung vorgesehenen Zweck nutzt und nicht an Dritte weitergibt. Diese Vorgehensweise aber könnten die Antragstellerinnen entsprechend auch für die Mitteilung der Verordnungsdaten im Rahmen der Angebotserstellung verwenden. Hierzu könnten die Antragstellerinnen die Bieter durch Erklärung verpflichten, dass sie die sodann zur Verfügung gestellten Verordnungsdaten nur für die Erstellung des Angebotes nutzen und die Daten nicht an Dritte weitergeben. Ein gänzliches Vorenthalten der Verordnungsdaten lässt die Bieter insoweit im Ungewissen, erschwert ihre Kalkulation unnötigerweise in erheblichem Maße und stellt damit vorliegend eine unverhältnismäßige Einschränkung der Bieter in ihren entsprechend zu berücksichtigenden Rechten aus den §§ 3 a Nr. 4 Abs. 1 Satz 2, 8 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A dar.

Die Beigeladene Ziff. 1 hat bereits in ihrem Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens vom 25. September 2007 die fehlerhafte Leistungsbeschreibung gerügt, insbesondere auch, dass keinerlei "vereinbartes Mengen- oder Volumengerüst als Grundlage für ein zu kalkulierendes Angebot der Bieter" gegeben gewesen sei. Diesbezüglich ist noch darauf hinzuweisen, dass es zwar den Antragstellerinnen aus den bereits oben genannten Gründen eigentlich hätte möglich sein müssen, den pharmazeutischen Unternehmen und damit auch der Beigeladenen Ziff. 1 die Verordnungszahlen aus dem Jahr 2006 zur Verfügung zu stellen mit der weiteren Folge, dass auf dieser Basis die Bieter dann hätten kalkulieren können, selbstverständlich unter dem Vorbehalt, dass auch die Antragstellerinnen - da sie keinen Einfluss auf das Verordnungsverhalten der Ärzte oder auch das Bestellverhalten der Apotheker haben - keine verlässliche Zahlen darüber abgeben können, wie sich dann das Abrechnungsvolumen auf die Firmen, die den Zuschlag erhalten, verteilt, sei es gleichmäßig zu etwa jeweils 25 % oder auch mit Abweichungen nach oben oder unten.

bb. Auch das Wertungskriterium Produktbreite genügt nicht den Anforderungen an Transparenz und Klarheit. Nach den Angaben der Antragstellerinnen war für das Erreichen der 75 %-Grenze der prozentuale Anteil der einzelnen Verpackungsarten für den jeweiligen Wirkstoff maßgebend, der anhand der Verordnungshäufigkeit der einzelnen Verpackungsarten im Bereich der Antragstellerinnen im Jahr 2006 berechnet worden sei. Sofern es für einen Wirkstoff beispielsweise vier Verpackungsarten gab und diese gleich häufig verordnet wurden, betrug deren Gewicht damit jeweils 25 %. Ein Hersteller, der drei der Verpackungsarten anbietet, erfüllte damit das Kriterium, ohne dass es auf seine tatsächlichen Absatzkapazitäten bezüglich der einzelnen Verpackungsarten angekommen wäre. Sofern die von ihm hergestellten drei Verpackungsarten im Bereich der Antragstellerinnen jedoch lediglich ein Gewicht von 20 % ausgemacht hätten, während 40 % auf die vierte Verpackungsart entfallen wären, hätte der Hersteller dagegen das Kriterium der Produktbreite verfehlt. Zweifelhaft erscheint hier auch in der Tat, ob die in den Verdingungsunterlagen gewählte Formulierung, dass "mindestens 75 % der innerhalb des Wirkstoffs 2006 zu Lasten der AOKs abgerechneten Arzneimittelpackungen über die jeweilige Packungsart von dem Angebot erfasst sein müssen" von einem verständigen Bieter in dem oben genannten Sinne verstanden werden musste. Zum einen könnte der Verweis auf die im vergangenen Jahr zu Lasten der Antragstellerinnen abgerechneten Verpackungen als Bezugnahme auf die absoluten Absatzmengen der Verpackungsarten im Bereich der Antragstellerinnen aufzufassen sein. Dass 75 % der letztjährigen Absatzmenge im Bereich der Antragstellerinnen vom Angebot "umfasst" sein müssen, wäre dann als - allerdings unscharf formuliertes - Kapazitätskriterium zu verstehen. Hierfür würde das erkennbare Interesse der Antragstellerinnen daran sprechen, Angeboten solcher Hersteller einen Zuschlag zu erteilen, die ein für den Bedarf der Antragstellerinnen ausreichendes Produktionsvolumen aufweisen. Zum anderen könnte das 75 %-Kriterium auf die im Bereich der Antragstellerinnen abgesetzten Verpackungsarten ohne eine Gewichtung nach der Häufigkeit des Absatzes bezogen werden. Aber selbst wenn man den Antragstellerinnen folgt, dass ein verständiger Bieter die Anforderung der Produktbreite in dem von ihnen dargelegten Sinne hätte verstehen müssen, ändert dies nichts an der Intransparenz des Kriteriums. Dies folgt schon daraus, dass die Antragstellerinnen den Bietern die von ihnen zur Berechnung der 75 %-Grenze herangezogenen Abrechnungsdaten vorenthalten und auch nicht anderweitig das prozentuale Gewicht der einzelnen Verpackungsarten offengelegt haben. Ein Bieter, der nicht sämtliche Verpackungsarten herstellt, konnte daher nicht erkennen, ob die von ihm produzierten Verpackungsarten das Kriterium insgesamt erfüllen. Es war ihm deshalb auch nicht möglich, sich - etwa durch die Ausweitung seines Produktionsprogramms - auf diese Anforderungen einzustellen. Dass es deswegen auch zu (kostspieligen) Missverständnissen gekommen ist, zeigt der Vortrag der Beigeladenen Ziff 1 in der mündlichen Verhandlung des Senats, die zusätzliche Produkte/Lizenzen erworben hat und später zur Kenntnis nehmen musste, dass entgegen ihrer Annahme ihr Angebot schon wegen nicht ausreichender Produktbreite nicht zum Zuge kommen konnte.

cc. Wie bereits angesprochen, ist ohne Mitteilung des zu erwartenden Verordnungsvolumens eine Einschätzung des Kalkulationsrisikos nicht möglich. Zwar folgt aus § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A, dass Wagnisse in die Sphäre des öffentlichen Auftraggebers fallen und nicht dem Auftragnehmer auferlegt werden dürfen, wenn das jeweilige Risiko auf Umständen und Ereignissen beruht, auf die der Auftragnehmer keinen Einfluss hat, das Risiko nach Art und Umfang ungewöhnlich ist und die Einwirkung des Risikos auf Preise und Fristen durch den Auftragnehmer nicht geschätzt werden kann (so etwa OLG Düsseldorf im Beschluss vom 19. Oktober 2006 - Verg 39/06). Diese Regelung in § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A stellt folglich nicht allein auf die mit einer Vertragsbedingung möglicherweise verbundenen Ungewissheiten ab, sondern fordert zusätzlich, dass diese Ungewissheiten eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation des Angebotspreises für den Bieter unzumutbar machen. Hinzunehmen sind aber eben Risiken, soweit diese dem Bieter noch eine kaufmännisch vernünftige Kalkulation seines Angebotspreises ermöglichen. In dem Zusammenhang ist noch zu berücksichtigen, dass bei der Schwellenwertabsenkung nach § 2 Abs. 3 des Rabattvertrages im Fall von Preissenkungen im Gesamtmarkt des Wirkstoffes um mehr als 5 % eine Ungewissheit hinsichtlich der Preiskalkulation gegeben ist. Der Bieter kann mögliche Preissenkungen, wenn er die ungefähr zu erwartenden Absatzzahlen nicht kennt, kalkulatorisch nicht ausreichend berücksichtigen.

Zusammenfassend sei nochmals darauf hingewiesen, dass nach Einschätzung des Senats keine Gründe erkennbar sind, weshalb den Antragstellerinnen gegenüber den beigeladenen Firmen nicht bezüglich jedes Wirkstoffes Angaben über das in der Vergangenheit erfolgte Verschreibungsvolumen, aufgeschlüsselt auch nach Darreichungsform und Packungsgröße möglich sein sollten. Irgendwelche Sozialdaten werden dadurch nicht verletzt, insbesondere können damit nicht einzelne Versicherte von Außenstehenden identifiziert werden.

In dem Zusammenhang kommt noch hinzu, dass also die Antragstellerinnen den Herstellern, die in der Ausschreibung obsiegt haben, auch nicht die Abnahme der Produkte zu dem angebotenen Preis in der gesamten vereinbarten Vertragslaufzeit garantieren, sondern eine zusätzliche, höhere Rabattgewährung für den Fall verlangen, dass die Preise der drei günstigsten Anbieter unter das Preisniveau der nicht ausgewählten Anbieter fallen sollten. Damit könnten nicht zum Zuge gekommene finanzkräftige Anbieter ihre Preise ohne großes eigenes Risiko senken, um so die Ausschreibungsgewinner zu zwingen, ihrerseits ihre Preise weiter abzusenken. Hat ein Anbieter - wie von den Antragstellerinnen bezweckt - knapp kalkuliert, um seine Chancen, ausgewählt zu werden, zu erhöhen, und würde er anschließend während der Laufzeit des Rabattvertrages gezwungen, seine Preise weiter zu senken, müsste er unter Umständen die Arzneimittel in großem Umfang mit Verlust während der restlichen Laufzeit des Rabattvertrags liefern, so dass nicht auszuschließen ist, dass er in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten könnte. Obwohl bereits im Verfahren vor den Vergabekammern beanstandet, haben die Antragstellerinnen für die Erforderlichkeit dieser Klausel nichts weiter vorgetragen, was um so wichtiger gewesen wäre, weil angesichts der nur kurzen Laufzeit der Rabattverträge sich die Notwenigkeit einer solchen Regelung nicht ohne weiters aufdrängt. § 3 Abs. 3 der vorgesehenen Rabattvereinbarung verlangt also ohne zureichenden Grund ein für den Bieter unzumutbares Wagnis und darf deswegen so nicht Vertragsinhalt werden.

dd. § 5 Nr. 1 der VOL/A bestimmt u. a., dass der Auftraggeber in jedem Falle, in dem dies nach Art und Umfang der Leistung zweckmäßig ist, diese - z. B. nach Menge, Art - in Lose zu zerlegen habe, damit sich auch kleinere und mittlere Unternehmen um Lose bewerben können. Die einzelnen Lose müssen so bemessen sein, dass eine unwirtschaftliche Zersplitterung vermieden wird. Die Vorschrift konkretisiert damit bei öffentlich-rechtlicher Betrachtungsweise den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, um die bei Nichterhalt eines Rabattvertrags verbundenen Auswirkungen des in Bezug auf die Versicherten der Antragstellerinnen zu erwartenden bundesweiten "faktischen Verkaufsverbots" (vgl. § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V dazu oben 4.c.) in den Apotheken zu mindern, nicht zum Zug gekommenen Bietern also die Chance zu geben, wenigstens in Teilen des Bundesgebietes die AOK beliefern zu können.

Die Antragstellerinnen haben zwar, wie sie geltend machen, für jeden Wirkstoff ein eigenes Los gebildet (also 83 Lose), diese allerdings jeweils bundesweit für alle AOKs einheitlich ausgeschrieben und nicht begrenzt etwa auf ihr Gebiet bzw. die jeweiligen Bundesländer. Soweit die Antragstellerinnen weiter ausführen, durch die Bildung einzelner Lose für jeden Wirkstoff sei auch mittelständischen und kleineren Unternehmen die Möglichkeit gegeben, am Verfahren teilzunehmen, überzeugt dies insofern nicht, als zum einen gerade aufgrund der vorenthaltenen Verordnungsdaten kein Bieter einigermaßen verlässlich abschätzen kann, welche möglichen Umsatzmengen bei einem Zuschlag für eine bundesweite Belieferung aller AOKs auf ihn zukommen. Je nach Wirkstoff kann es sich um Umsatzmengen handeln, die ein kleineres oder mittelständiges Unternehmen bundesweit gar nicht erbringen kann, sodass dieses dann zumindest bei einzelnen Wirkstoffen wieder ausgeschlossen ist. Dagegen wäre bei einer Losbildung für einzelne Bundesländer oder Regionen dann durchaus auch für kleinere oder mittelständige Unternehmen eine Beteiligung bei umsatzstarken Wirkstoffen möglich.

Gerade im Hinblick auch auf die Rüge der Beigeladenen Ziff. 1, dass sie bislang von ihrem gesamten inländischen Umsatz in einer Größenordnung von gut 27 Mio. EUR über 8 Mio. EUR mit den AOKs abgewickelt hat und nunmehr lediglich Zuschläge für Wirkstoffe mit einem Volumen von ca. 290.000 EUR erhalten hat, zeigt sich die Bedeutung einer größeren, auch regionalen Losbildung, um kleineren oder mittelständigen Unternehmen eine faire Chance zu geben. Auch im Verfahren L 5 KR 507/08 ER-B unterstreicht der Vortrag der dortigen Beigeladenen Ziff 1, 2 und 4 die Notwendigkeit einer regionalen Losbildung in ebenso eindrücklicher Weise.

ee. Ob und inwieweit im Übrigen die Kriterien für eine Vergabe von Einzelaufträgen auch zu berücksichtigen wären (§ 3 a Nr. 4 Abs. 6 VOL/A) oder wie die unterbliebene europaweite Ausschreibung rechtlich zu würdigen wäre, kann der Senat im Rahmen der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung dahingestellt lassen, da schon die oben dargestellten Punkte die Verpflichtung der Antragstellerinnen, den Zuschlag zu den beabsichtigten Rabattverträgen zu unterlassen, begründen.

6. Folgenabwägung

Im Rahmen der nunmehr noch vorzunehmenden Folgenabwägung hatte der Senat einerseits das (auch öffentliche) Interesse an einem baldigen Abschluss der Rabattvereinbarungen zur Senkung der Arzneimittelkosten und damit Stabilisierung der Kosten im Gesundheitswesen wie auch der Beitragssätze, und andererseits das Interesse der betroffenen Pharma-Unternehmen, insbesondere der kleineren und mittelständigen Unternehmen, die nicht zum Zuge gekommen sind und deren wirtschaftliche Existenz einschließlich der betroffenen Arbeitsplätze bei einer Fortsetzung des Verfahrens und Abschluss der entsprechenden Rabattverträge möglicherweise gefährdet sein könnte, zu beachten. Da eine Rückabwicklung im Falle eines jetzt erfolgenden Abschlusses von Rabattverträgen bei einer anderen Entscheidung in der Hauptsache - unabhängig von rechtlichen Fragen - schon rein praktisch nicht mehr möglich wäre, hat das Interesse der Antragstellerinnen im Verhältnis zu dem Interesse der konkret betroffenen Firmen zurückzutreten. Hierbei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Antragstellerinnen ohne weiteres - nunmehr unter Beachtung der vom Senat angesprochenen Kritikpunkte - das Ausschreibungsverfahren wiederholen können und sodann - wenn auch mit einigen Monaten Verspätung - zumindest noch etwa ab Mitte 2008 bis Ende 2009 die Vorteile der Rabattvereinbarungen nutzen könnten. Insbesondere steht ein gänzlicher Wegfall des geplanten Einsparvolumens in Höhe von ca. 400 Mio EUR keineswegs im Raum. Es liegt vielmehr nun an den Antragstellerinnen durch eine zügige und beanstandungsfreie Ausschreibung die Verluste beim Einsparvolumen so gering wie möglich zu halten.

III.

Aus diesen Gründen ist auf den Antrag der Antragsgegnerin und der Beigeladenen Ziff. 1 der Beschluss des SG Stuttgart vom 20. Dezember 2007 aufzuheben. Auf den Antrag der Beigeladenen Ziff. 1 war den Antragstellerinnen zu untersagen, den Zuschlag zu den Rabattverträgen zu erteilen. Die weitergehenden Anträge der Antragstellerinnen konnten keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Streitwert ist von den Beteiligten mit 33 Millionen EUR benannt worden, nach § 52 Abs. 4 Gerichtskostengesetz (GKG) ist der Streitwert im Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nicht über 2,5 Millionen EUR festzusetzen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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