Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 842/94
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 6083/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 07. Februar 1995 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Kläger erheben Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Herstellung von Präparaten (unter anderem Hämolysat aus Eigenblut und Urolysate aus Eigenurin) zur Durchführung einer Autohomologen Immuntherapie (AHIT).
Der am 1986 geborene Kläger zu 1) und die am 1990 geborene Klägerin zu 2) sind aufgrund der Pflichtversicherung ihres Vaters bei der Beklagten familienkrankenversichert gewesen. Beide Kläger waren an Neurodermitis erkrankt. Beim Kläger zu 1) traten seit Geburt Ekzeme an Kopf, Oberkörper und an den Extremitäten auf, die mit cortisonhaltigen und cortisonfreien Salben sowie medizinischen Bädern behandelt wurden. Er musste auf Diätnahrung eingestellt werden. Nach häufigen Bronchialerkrankungen wurde auch ein Asthma bronchiale diagnostiziert. Bei der Klägerin zu 2) traten ebenfalls bereits im Säuglingsalter allergische Erscheinungen im Sinne von Ekzemen an Hals, Brust und Extremitäten auf; daneben war es zu starken Blähungen gekommen. Auch bei ihr entwickelte sich ein Asthma bronchiale.
Die Forschungsgesellschaft für Biologische Medizin - F. GmbH - in L. stellte der Klägerin zu 2) am 28. Mai 1993 für die am 05. Mai 1993 vorgenommene Herstellung eines Urolysats aus Eigenblut einschließlich der Herstellung einer Verdünnungsreihe zur oralen Einnahme 564,30 DM (= 288,52 EUR) in Rechnung. Ferner wurden entsprechend von der F. GmbH für die am 05. Mai 1993 vorgenommene Herstellung eines Hämolysats aus Eigenblut mit Herstellung einer Verdünnungsreihe zur oralen Einnahme sowie eines Urolysats aus Eigenurin zuzüglich Herstellung einer Verdünnungsreihe zur oralen Einnahme und der Zubereitung eines Inhalats dem Kläger zu 1) am 16. Juni 1993 2.197,92 DM (= 1.123,78 EUR) in Rechnung gestellt. Diese Rechnungen wurden von den Klägern am 28. Oktober 1993 bezahlt. Die Präparate dienten zur Durchführung einer AHIT.
Im Juni 1993 beantragten die Kläger bei der Beklagten, die Kosten für eine AHIT bei dem praktischen Arzt Dr. K. in L. zu übernehmen. Dieser bestätigte in Bescheinigungen vom 24. Juni 1993 für beide Kinder, es handle sich um eine allergisch-hypererge Erkrankung bei gestörter Immuntoleranz. Er empfehle die AHIT, da diese Behandlungsmethode nach bisherigen Erfahrungen beste Erfolge gezeigt habe. Die Behandlung dauere durchschnittlich sechs Monate. Die Kosten für die Herstellung der Hämolysate und Urolysate betrügen für den Kläger zu 1) etwa 2.200,00 DM, für die Klägerin zu 2) etwa 565,00 DM. Die Behandlungsmethode bessere in den häufigsten Fällen das Beschwerdebild erheblich und führe in etwa der Hälfte der Fälle zu vollständigen Remissionen, die ärztliche Behandlung, Krankenhausaufenthalte und Kuren überflüssig machten. Arzt Dr. Ka. M. in L. schloss sich in Bescheinigungen vom 01. und 06. September 1993 den Darlegungen von Dr. K. im Wesentlichen an.
Durch Bescheide vom 18. Oktober 1993 lehnte die Beklagte die Anträge ab. Es handle sich bei der AHIT um ein neues Verfahren, das nicht ausreichend erprobt sei, oder um eine Außenseitermethode, die zwar bekannt sei, sich aber noch nicht bewährt habe. Die AHIT gehöre nicht zur vertragsärztlichen Versorgung. Mit dem Widerspruch hiergegen (Schreiben vom 17. November 1993) wiesen die Eltern der Kläger auf die Schwere des Krankheitsbilds, die Einschränkungen im gesellschaftlichen Leben sowie in der Ernährung hin und beriefen sich auf die von Dr. K. schlüssig dargelegten Erfolgshoffnungen. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten erließ die beiden zurückweisenden Widerspruchsbescheide vom 15. März 1994. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sei ermächtigt, Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-Richtlinien) zu beschließen. Von dieser Ermächtigung habe der Bundesausschuss durch die NUB-Richtlinien in der Fassung vom 04. Dezember 1990 Gebrauch gemacht. In der Anlage 2 seien die Methoden aufgeführt, die nicht als vertragsärztliche Leistungen in Anspruch genommen werden könnten. Die hier streitige AHIT sei darin nicht anerkannt, weil der diagnostische und therapeutische Nutzen nicht erwiesen sei. Der Wirksamkeits- und Wirtschaftlichkeitsnachweis sei nicht erbracht.
Mit der am 13. März 1994 beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage trugen die Klägerin wiederum vor, sie seien in ihrer Lebensführung und Ernährung stark eingeschränkt. Sie verwiesen auch auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Rheinland-Pfalz vom 26. November 1992 (L 4 K 79/91).
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Der mit Dr. K. zusammenarbeitende Dr. M., der von den Klägern auch als behandelnder Arzt benannt worden war, berichtete unter dem 14. Juni 1994 als sachverständiger Zeuge in zwei Auskünften, beim Kläger zu 1) sei durch Behandlung mit Tropfen aus Blutproteolysat ab 28. Oktober 1993 bis Jahresende eine Besserung des Lungen- und Hautbefunds erzielt worden. Bei der Klägerin zu 2) sei durch Behandlung mit Urinproteinen ab 28. Oktober 1993 eine deutliche Besserung der Hauterytheme erzielt worden. Ärztin für Kinderheilkunde Dr. Mu. berichtete in ihren schriftlichen Zeugenauskünften ebenfalls vom 14. Juni 1994 über ihre Behandlung der Kläger seit dem Säuglingsalter, sah sich aber außerstande, die inzwischen durchaus eingetretenen Besserungen zwingend auf die Durchführung der AHIT durch Dr. K. zurückzuführen. Das SG zog aus einem Parallelverfahren (S 5 Kr 613/94) noch ein dermatologisch-allergologisches Fachgutachten vom 28. Juli 1994 (Prof. Dr. J. von der Hautklinik des Klinikums der Stadt M.) bei, das bestätigte, dass die AHIT nach Dr. K. bisher keiner Prüfung unterzogen worden sei, so dass über mögliche Erfolge, Nebenwirkungen oder Dauerschäden keine konkreten Angaben möglich seien.
Durch Urteil vom 07. Februar 1995 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, nach den besonderen Umständen des Einzelfalls bestimme sich, wann Versicherte die Behandlung mit einer Außenseitermethode beanspruchen könnten. Ausschlaggebend sei insbesondere, ob ein vorheriges Ausschöpfen aller schulmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten zugemutet werden könne. Bei lebensbedrohlichen oder in das Wohlbefinden tief eingreifenden Erkrankungen werde der Versuch einer Außenseitermethode mit gewisser Erfolgsmöglichkeit früher in Betracht kommen als bei weniger schweren Krankheiten. Nur in ersteren Fällen wiege das Begehren der Versicherten höher als das Interesse der Versichertengemeinschaft, zunächst alle allgemein anerkannten Verfahren auszuschöpfen. Die AHIT biete nach objektiven Gesichtspunkten bisher keine gute Möglichkeit eines weitergehenden Behandlungserfolgs. Dies werde durch das beigezogene Gutachten bestätigt. Bei der Neurodermitis seien große und unregelmäßige Schwankungen möglich. Für die symptomatische Behandlung der Krankheitserscheinungen seien anerkannt Stereoide im Schub, pflegende Externa im Intervall, unterstützende Klimakuren und UV-Therapien. Auch die Atemwegserkrankungen seien durch Inhalation gut einzustellen gewesen. Dagegen sei das Verfahren der AHIT nicht wissenschaftlich überprüft und biete noch nicht erweislich bessere Erfolgsaussichten. Dr. K. habe bislang die von ihm eingesetzten Hämolysate und Urolysate keinen objektiven Prüfungen durch andere Ärzte unterziehen lassen. Auch seien die Behandlungserfolge nicht in kontrollierten objektiven Studien überprüft worden. Es lägen bisher allein die Berichte des Behandlers Dr. K. vor.
Gegen das am 16. Februar 1995 zwecks Zustellung zur Post gegebene Urteil haben die Kläger am (Montag) 20. März 1995 beim SG Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Das Berufungsverfahren L 4 Kr 889/95 ist zunächst auf Antrag der Beteiligten durch Beschluss vom 19. Februar 1996 zum Ruhen gebracht und von den Klägern am 27. September 2006 wiederangerufen worden.
Zur Begründung tragen die Kläger vor, die von Dr. K. ab 28. Oktober 1993 durchgeführte AHIT sei, wenn auch im Nachhinein, als notwendig und erfolgreich einzustufen, was auch durch die vorgelegte Bescheinigung der Dr. Mu. vom 02. Februar 2008 bestätigt werde. Die Darlegungen des aus einem anderen Verfahren beigezogenen Gutachtens seien nicht verwertbar, da die Krankheitsbilder erfahrungsgemäß unterschiedlich seien. Die schulmedizinischen Methoden führten zu allenfalls kurzzeitigen und oberflächlichen Erfolgen. Aus der Sicht der Schulmedizin liege eine unbehandelbare Krankheit vor, was durch die Erfolge des Dr. K. widerlegt werde. Es sei eine erhebliche Verbesserung und Linderung der Beschwerden eingetreten. Die Kläger haben auch die Ergebnisse einer Studie (Leiter Ärztlicher Direktor der Hautklinik des Klinikums M. Prof. Dr. J.) vorgelegt. In dieser Studie ist dargelegt, zwar zeige ein Vergleich der Eigenblutpräparate und der AHIT-Präparate keine signifikanten Unterschiede; die Wirksamkeit der AHIT für sich betrachtet sei jedoch als statistisch hochsignifikant positiv zu bewerten. Im Hinblick auf die individuelle Veränderung des Gesundheitszustands und die Lebensqualität habe eine überwiegende Zahl der mit AHIT behandelten Personen eine Besserung gezeigt. Die Kläger haben die Rechnungen der F. GmbH vom 28. Mai und 16. Juni 1993 vorgelegt.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 07. Februar 1995 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 18. Oktober 1993 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15. März 1994 zu verurteilen, dem Kläger zu 1) 1.123,78 EUR und der Klägerin zu 2) 288,52 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie entgegnet, durch Beschluss des damaligen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (jetzt Gemeinsamer Bundesausschuss) vom 10. Dezember 1999 (Bundesanzeiger Nr. 56 vom 21. März 2000) sei die AHIT nicht in die vertragsärztliche Versorgung aufgenommen worden. Die Beklagte hat zwei Auskünfte des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 03. Januar 2007 (an das Sozialgericht Köln) und vom 04. Juni 2007 (an sie selbst) vorgelegt, wonach sich ein signifikanter Nutzen der AHIT-Therapie nach Dr. K. auch aus der jetzt bekannt gewordenen Studie nicht nachweisen lasse; es sei nicht auszuschließen, dass auch ein Spontanverlauf zu ähnlichen Ergebnissen führen könne. Ein neuer Antrag auf Überprüfung der Methode liege nicht vor. Auf die Auskünfte (Referent Dr. v. P.) wird Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die rekonstruierten Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Die Kläger verfolgen mit der Berufung, wie sich aus dem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 07. Februar 2007 ergibt, den darin genannten Zahlungsanspruch in Höhe von 2.762,22 DM (= 1.412,30 EUR). Dieser Betrag wurde nach den vorgelegten Rechnungen vom 28. Mai und 16. Juni 1993 für die Herstellung der Präparate zur Durchführung der nach dem Vorbringen der Kläger am 28. Oktober 1993 durch Dr. K. begonnenen AHIT aufgewendet. Weitere Kosten für die Durchführung der Therapie mittels der Präparate haben die Kläger nicht geltend gemacht. Der genannte Betrag übersteigt den nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der bis zum 01. Januar 2002 geltenden Fassung maßgebenden Beschwerdewert von 1.000,00 DM, denn hier sind die Beschwerdewerte beider Beteiligter als Streitgenossen zusammenzurechnen (vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 144 Rdnr. 17 unter Hinweis auf Bundesgerichtshof [BGH] NJW 1984, 927). Die Berufung der Kläger hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat im angefochtenen Urteil zutreffend entschieden, dass die Beklagte in den streitgegenständlichen Bescheiden die Erstattung der im Zusammenhang der AHIT entstandenen Kosten zu Recht abgelehnt hat.
Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs [SGB V]). Der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht dabei nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt vor, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hat (vgl. Bundessozialgericht [BSG] BSGE 79, 125, 126 f. = SozR 3-2500 § 13 Nr. 11; BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 1).
Der Kostenerstattungsanspruch scheitert zunächst schon daran, dass, wie sich aus den vorgelegten Rechnungen vom 28. Mai und 16. Juni 1993 ergibt, die für die Durchführung der AHIT notwendigen Präparate ersichtlich von den Klägern nach der Beratung durch Dr. M., die erstmals unter dem 04. Mai 1993 dokumentiert ist, schon vor der Antragstellung und insbesondere der Bescheiderteilung vom 18. Oktober 1993 hergestellt und die Kosten dafür den Klägern in Rechnung gestellt worden sind. Darauf, dass die Rechnungen der F. GmbH erst am 28. Oktober 1993 bezahlt worden sind und an diesem Tag erst mit der Behandlung durch Dr. K. bzw. Dr. M. begonnen worden sein soll, kommt es nicht an, abgesehen davon, dass die Kläger weitere Behandlungskosten der Ärzte nicht geltend gemacht haben. Nach der Rechtsprechung des BSG können nämlich Versicherte ausschließlich dann Kostenerstattung für selbstbeschaffte Leistungen verlangen, wenn die Krankenkasse vor der Selbstbeschaffung über einen entsprechenden Leistungsantrag entschieden hat (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - m.w.N.). Soweit es letztlich um die Behandlung mittels AHIT ging, lag auch kein Fall vor, dass für die Kläger von vorneherein feststand, dass eine durch Gesetz oder Verordnung von der Versorgung ausgeschlossene Sachleistung hier verweigert werden würde und sie sich deshalb gezwungen gesehen haben, die Leistung (Beschaffung der Präparate für die Durchführung der AHIT) selbst zu beschaffen. Ihnen war vielmehr zuzumuten, sich vor der Beschaffung der Präparate an die Beklagte zu wenden und - im Hinblick auf deren Beratung die Entscheidung abzuwarten.
Unabhängig davon besteht auch deswegen kein Kostenerstattungsanspruch, weil die Beklagte zu Recht die ab 28. Oktober 1993 durchgeführte AHIT, der die beschafften Präparate gedient hatten, nicht als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung angesehen hat.
Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V ist die Krankenkasse zur Gewährung ärztlicher Behandlung verpflichtet. Der Behandlungsanspruch unterliegt allerdings den in § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V formulierten Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die Krankenkasse ist nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie im Einzelfall nach eigener Einschätzung des Versicherten, des behandelnden Arztes oder einzelner Ärzte positiv verlaufen ist oder verlaufen wird (vgl. BSGE 76, 194, 198 = SozR 3-2500 § 25 Nr. 5; BSGE 93, 236). Bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden besteht eine rechtliche Leistungspflicht der Krankenversicherung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur dann, wenn der frühere Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (seit 01. Januar 2004 Gemeinsamer Bundesausschuss) in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung zum diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat (vgl. BSGE 81, 54, 59 ff. = SozR 3-2500 § 135 Nr. 4; BSGE 86, 54, 56 = SozR 3-2500 § 135 Nr. 14; SozR 3-2500 § 92 Nr. 12). Durch die Richtlinien wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte usw.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen; vielmehr wird durch die Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl. nochmals BSGE 86, 54, 56).
Bei der AHIT als mittels Hämolysaten und Urolysaten durchzuführender Behandlungsmethode fehlt es nicht nur an einer positiven Empfehlung des früheren Bundesausschusses bzw. Gemeinsamen Bundesausschusses, sondern diese haben die streitige Methode - wie die Beklagte und das SG zutreffend dargelegt haben - ausdrücklich als nicht zu Lasten der Krankenkassen erbringbar eingestuft. Die Behandlungsmethode ist nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten (vgl. nochmals BSGE 81, 54, 58; 81, 73, 75 f.). Der frühere Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat nach eingehenden Beratungen mit Datum vom 17. Juni 1992 die AHIT nach Dr. K. der damaligen Anlage 2 der NUB-Richtlinien ("nicht anerkannt") zugewiesen und mit Datum vom 10. Dezember 1999 in die Anlage B ("Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen") der BUB-Richtlinie übertragen. Dies wurde zu einem späteren Zeitpunkt entsprechend inhaltsgleich durch den Gemeinsamen Bundesausschuss in die Anlage 2 Nr. 10 der Richtlinie "Methoden vertragsärztliche Versorgung" ("Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen") übernommen (vgl. dazu die Auskunft des Gemeinsamen Bundesausschusses an die Beklagte vom 04. Juni 2007).
An die auf der Grundlage von § 135 Abs. 1 SGB V getroffenen Entscheidungen des Bundesausschusses bzw. des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Verwaltung und Gerichte im Grundsatz ebenso gebunden, wie wenn die Entscheidung vom Gesetzgeber selbst getroffen worden wäre (vgl. BSGE 86, 54; SozR 3-2500 § 135 Nr. 1). Die Einschätzung des LSG Rheinland-Pfalz im Urteil vom 26. November 1992 (L 4 K 79/91), wonach trotz des Beschlusses vom 17. Juni 1992 die AHIT "nach wie vor als Außenseitermethode ausnahmsweise in Einzelfällen angewendet werden darf", ist durch die spätere Rechtsprechung des BSG überholt. Der Ausschluss nicht anerkannter Behandlungsmethoden nach Maßgabe von § 135 Abs. 1 SGB V und die damit einhergehende Beschränkung des Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversicherung verletzt auch kein Verfassungsrecht (vgl. BSG, Urteil vom 27. September 2005 - B 1 KR 28/03 R - m. w. N.).
Selbst wenn, was freilich nicht erfolgt ist - die Ergebnisse der seitens der Kläger in Bezug genommen Studie der Universität Mannheim aus dem Jahre 2005 zur Einleitung eines Verfahrens beim Bundesausschuss bzw. Gemeinsamen Bundesausschuss veranlasst hätten, wäre die Beklagte hier nicht verpflichtet, die Leistung für die im Jahr 1993 durchgeführte Beschaffung und Behandlung zu erbringen. Maßgeblich ist insoweit die Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt, für welchen die Erstattung von Kosten geltend gemacht wird (vgl. BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 12; SozR 3-2500 § 92 Nr. 12; BSG, Urteil vom 21. Februar 2006 - B 1 KR 22/05 R). Den entsprechenden Richtlinien kommt rechtliche Bedeutung erst ab ihrer Bekanntmachung im Bundesanzeiger zu (§ 94 Abs. 2 SGB VI). Selbst der Zeitpunkt der Beschlussfassung ist nicht maßgebend (BSG SozR 3-2500 § 92 Nr.12 ).
Der Kostenerstattungsanspruch ergibt sich nach alledem auch nicht aus den Grundsätzen des "Systemversagens". Ein solches liegt vor, wenn die fehlende Anerkennung einer Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien muss rechtswidrig unterblieben sein und deshalb die Möglichkeit eröffnet werden, das Anwendungsverbot auf andere Weise zu überwinden (vgl. BSGE 81, 54, 65 f.; SozR 3-2500 § 92 Nr. 12). Dieser Tatbestand liegt 1993 hier ersichtlich nicht vor. Wie dargelegt, hat sich der Bundesausschuss mit der streitigen Therapie befasst. Allein dass neue Gesichtspunkte bekannt geworden sind, lässt die Entscheidung nicht angreifbar werden, solange nicht dargetan ist, dass wesentlich neue wissenschaftliche Ergebnisse nicht berücksichtigt wären (vgl. BSG, Urteil vom 27. September 2005, a.a.O.). Die Studie der Universität Mannheim ist erst 2005 durchgeführt worden. Selbst diese hat noch keine eindeutig neuen günstigeren Erkenntnisse hinsichtlich der AHIT erbracht.
Schließlich ist der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) hier nicht einschlägig. Danach besteht aus verfassungsrechtlichen Gründen im Einzelfall ein Anspruch auf Behandlung mit noch nicht formal anerkannten Methoden, wenn eine nicht unwesentliche Aussicht besteht, einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung allein damit entgegenzuwirken oder den in absehbarer Zeit drohenden Verlust eines wichtigen Organs oder einer wichtigen Körperfunktion zu verhindern (vgl. hierzu BSG SozR 4-2500 § 31 Nrn. 4 und 8). Einen solchen Sachverhalt vermag der Senat im Hinblick auf den zu behandelnden Zustand der Kläger im Jahre 1993 nicht zu bejahen.
Die Kläger können sich für die Kostenerstattung auch nicht darauf berufen, dass bei ihnen die Behandlung mittels AHIT im Hinblick auf den Hautzustand erfolgreich gewesen sei, wozu sie auf die vorgelegte Bescheinigung der Dr. Mu. vom 02. Februar 2008 verwiesen haben.
Danach war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestanden nicht.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Kläger erheben Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Herstellung von Präparaten (unter anderem Hämolysat aus Eigenblut und Urolysate aus Eigenurin) zur Durchführung einer Autohomologen Immuntherapie (AHIT).
Der am 1986 geborene Kläger zu 1) und die am 1990 geborene Klägerin zu 2) sind aufgrund der Pflichtversicherung ihres Vaters bei der Beklagten familienkrankenversichert gewesen. Beide Kläger waren an Neurodermitis erkrankt. Beim Kläger zu 1) traten seit Geburt Ekzeme an Kopf, Oberkörper und an den Extremitäten auf, die mit cortisonhaltigen und cortisonfreien Salben sowie medizinischen Bädern behandelt wurden. Er musste auf Diätnahrung eingestellt werden. Nach häufigen Bronchialerkrankungen wurde auch ein Asthma bronchiale diagnostiziert. Bei der Klägerin zu 2) traten ebenfalls bereits im Säuglingsalter allergische Erscheinungen im Sinne von Ekzemen an Hals, Brust und Extremitäten auf; daneben war es zu starken Blähungen gekommen. Auch bei ihr entwickelte sich ein Asthma bronchiale.
Die Forschungsgesellschaft für Biologische Medizin - F. GmbH - in L. stellte der Klägerin zu 2) am 28. Mai 1993 für die am 05. Mai 1993 vorgenommene Herstellung eines Urolysats aus Eigenblut einschließlich der Herstellung einer Verdünnungsreihe zur oralen Einnahme 564,30 DM (= 288,52 EUR) in Rechnung. Ferner wurden entsprechend von der F. GmbH für die am 05. Mai 1993 vorgenommene Herstellung eines Hämolysats aus Eigenblut mit Herstellung einer Verdünnungsreihe zur oralen Einnahme sowie eines Urolysats aus Eigenurin zuzüglich Herstellung einer Verdünnungsreihe zur oralen Einnahme und der Zubereitung eines Inhalats dem Kläger zu 1) am 16. Juni 1993 2.197,92 DM (= 1.123,78 EUR) in Rechnung gestellt. Diese Rechnungen wurden von den Klägern am 28. Oktober 1993 bezahlt. Die Präparate dienten zur Durchführung einer AHIT.
Im Juni 1993 beantragten die Kläger bei der Beklagten, die Kosten für eine AHIT bei dem praktischen Arzt Dr. K. in L. zu übernehmen. Dieser bestätigte in Bescheinigungen vom 24. Juni 1993 für beide Kinder, es handle sich um eine allergisch-hypererge Erkrankung bei gestörter Immuntoleranz. Er empfehle die AHIT, da diese Behandlungsmethode nach bisherigen Erfahrungen beste Erfolge gezeigt habe. Die Behandlung dauere durchschnittlich sechs Monate. Die Kosten für die Herstellung der Hämolysate und Urolysate betrügen für den Kläger zu 1) etwa 2.200,00 DM, für die Klägerin zu 2) etwa 565,00 DM. Die Behandlungsmethode bessere in den häufigsten Fällen das Beschwerdebild erheblich und führe in etwa der Hälfte der Fälle zu vollständigen Remissionen, die ärztliche Behandlung, Krankenhausaufenthalte und Kuren überflüssig machten. Arzt Dr. Ka. M. in L. schloss sich in Bescheinigungen vom 01. und 06. September 1993 den Darlegungen von Dr. K. im Wesentlichen an.
Durch Bescheide vom 18. Oktober 1993 lehnte die Beklagte die Anträge ab. Es handle sich bei der AHIT um ein neues Verfahren, das nicht ausreichend erprobt sei, oder um eine Außenseitermethode, die zwar bekannt sei, sich aber noch nicht bewährt habe. Die AHIT gehöre nicht zur vertragsärztlichen Versorgung. Mit dem Widerspruch hiergegen (Schreiben vom 17. November 1993) wiesen die Eltern der Kläger auf die Schwere des Krankheitsbilds, die Einschränkungen im gesellschaftlichen Leben sowie in der Ernährung hin und beriefen sich auf die von Dr. K. schlüssig dargelegten Erfolgshoffnungen. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten erließ die beiden zurückweisenden Widerspruchsbescheide vom 15. März 1994. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sei ermächtigt, Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-Richtlinien) zu beschließen. Von dieser Ermächtigung habe der Bundesausschuss durch die NUB-Richtlinien in der Fassung vom 04. Dezember 1990 Gebrauch gemacht. In der Anlage 2 seien die Methoden aufgeführt, die nicht als vertragsärztliche Leistungen in Anspruch genommen werden könnten. Die hier streitige AHIT sei darin nicht anerkannt, weil der diagnostische und therapeutische Nutzen nicht erwiesen sei. Der Wirksamkeits- und Wirtschaftlichkeitsnachweis sei nicht erbracht.
Mit der am 13. März 1994 beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage trugen die Klägerin wiederum vor, sie seien in ihrer Lebensführung und Ernährung stark eingeschränkt. Sie verwiesen auch auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Rheinland-Pfalz vom 26. November 1992 (L 4 K 79/91).
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Der mit Dr. K. zusammenarbeitende Dr. M., der von den Klägern auch als behandelnder Arzt benannt worden war, berichtete unter dem 14. Juni 1994 als sachverständiger Zeuge in zwei Auskünften, beim Kläger zu 1) sei durch Behandlung mit Tropfen aus Blutproteolysat ab 28. Oktober 1993 bis Jahresende eine Besserung des Lungen- und Hautbefunds erzielt worden. Bei der Klägerin zu 2) sei durch Behandlung mit Urinproteinen ab 28. Oktober 1993 eine deutliche Besserung der Hauterytheme erzielt worden. Ärztin für Kinderheilkunde Dr. Mu. berichtete in ihren schriftlichen Zeugenauskünften ebenfalls vom 14. Juni 1994 über ihre Behandlung der Kläger seit dem Säuglingsalter, sah sich aber außerstande, die inzwischen durchaus eingetretenen Besserungen zwingend auf die Durchführung der AHIT durch Dr. K. zurückzuführen. Das SG zog aus einem Parallelverfahren (S 5 Kr 613/94) noch ein dermatologisch-allergologisches Fachgutachten vom 28. Juli 1994 (Prof. Dr. J. von der Hautklinik des Klinikums der Stadt M.) bei, das bestätigte, dass die AHIT nach Dr. K. bisher keiner Prüfung unterzogen worden sei, so dass über mögliche Erfolge, Nebenwirkungen oder Dauerschäden keine konkreten Angaben möglich seien.
Durch Urteil vom 07. Februar 1995 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, nach den besonderen Umständen des Einzelfalls bestimme sich, wann Versicherte die Behandlung mit einer Außenseitermethode beanspruchen könnten. Ausschlaggebend sei insbesondere, ob ein vorheriges Ausschöpfen aller schulmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten zugemutet werden könne. Bei lebensbedrohlichen oder in das Wohlbefinden tief eingreifenden Erkrankungen werde der Versuch einer Außenseitermethode mit gewisser Erfolgsmöglichkeit früher in Betracht kommen als bei weniger schweren Krankheiten. Nur in ersteren Fällen wiege das Begehren der Versicherten höher als das Interesse der Versichertengemeinschaft, zunächst alle allgemein anerkannten Verfahren auszuschöpfen. Die AHIT biete nach objektiven Gesichtspunkten bisher keine gute Möglichkeit eines weitergehenden Behandlungserfolgs. Dies werde durch das beigezogene Gutachten bestätigt. Bei der Neurodermitis seien große und unregelmäßige Schwankungen möglich. Für die symptomatische Behandlung der Krankheitserscheinungen seien anerkannt Stereoide im Schub, pflegende Externa im Intervall, unterstützende Klimakuren und UV-Therapien. Auch die Atemwegserkrankungen seien durch Inhalation gut einzustellen gewesen. Dagegen sei das Verfahren der AHIT nicht wissenschaftlich überprüft und biete noch nicht erweislich bessere Erfolgsaussichten. Dr. K. habe bislang die von ihm eingesetzten Hämolysate und Urolysate keinen objektiven Prüfungen durch andere Ärzte unterziehen lassen. Auch seien die Behandlungserfolge nicht in kontrollierten objektiven Studien überprüft worden. Es lägen bisher allein die Berichte des Behandlers Dr. K. vor.
Gegen das am 16. Februar 1995 zwecks Zustellung zur Post gegebene Urteil haben die Kläger am (Montag) 20. März 1995 beim SG Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Das Berufungsverfahren L 4 Kr 889/95 ist zunächst auf Antrag der Beteiligten durch Beschluss vom 19. Februar 1996 zum Ruhen gebracht und von den Klägern am 27. September 2006 wiederangerufen worden.
Zur Begründung tragen die Kläger vor, die von Dr. K. ab 28. Oktober 1993 durchgeführte AHIT sei, wenn auch im Nachhinein, als notwendig und erfolgreich einzustufen, was auch durch die vorgelegte Bescheinigung der Dr. Mu. vom 02. Februar 2008 bestätigt werde. Die Darlegungen des aus einem anderen Verfahren beigezogenen Gutachtens seien nicht verwertbar, da die Krankheitsbilder erfahrungsgemäß unterschiedlich seien. Die schulmedizinischen Methoden führten zu allenfalls kurzzeitigen und oberflächlichen Erfolgen. Aus der Sicht der Schulmedizin liege eine unbehandelbare Krankheit vor, was durch die Erfolge des Dr. K. widerlegt werde. Es sei eine erhebliche Verbesserung und Linderung der Beschwerden eingetreten. Die Kläger haben auch die Ergebnisse einer Studie (Leiter Ärztlicher Direktor der Hautklinik des Klinikums M. Prof. Dr. J.) vorgelegt. In dieser Studie ist dargelegt, zwar zeige ein Vergleich der Eigenblutpräparate und der AHIT-Präparate keine signifikanten Unterschiede; die Wirksamkeit der AHIT für sich betrachtet sei jedoch als statistisch hochsignifikant positiv zu bewerten. Im Hinblick auf die individuelle Veränderung des Gesundheitszustands und die Lebensqualität habe eine überwiegende Zahl der mit AHIT behandelten Personen eine Besserung gezeigt. Die Kläger haben die Rechnungen der F. GmbH vom 28. Mai und 16. Juni 1993 vorgelegt.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 07. Februar 1995 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 18. Oktober 1993 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15. März 1994 zu verurteilen, dem Kläger zu 1) 1.123,78 EUR und der Klägerin zu 2) 288,52 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie entgegnet, durch Beschluss des damaligen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (jetzt Gemeinsamer Bundesausschuss) vom 10. Dezember 1999 (Bundesanzeiger Nr. 56 vom 21. März 2000) sei die AHIT nicht in die vertragsärztliche Versorgung aufgenommen worden. Die Beklagte hat zwei Auskünfte des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 03. Januar 2007 (an das Sozialgericht Köln) und vom 04. Juni 2007 (an sie selbst) vorgelegt, wonach sich ein signifikanter Nutzen der AHIT-Therapie nach Dr. K. auch aus der jetzt bekannt gewordenen Studie nicht nachweisen lasse; es sei nicht auszuschließen, dass auch ein Spontanverlauf zu ähnlichen Ergebnissen führen könne. Ein neuer Antrag auf Überprüfung der Methode liege nicht vor. Auf die Auskünfte (Referent Dr. v. P.) wird Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die rekonstruierten Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Die Kläger verfolgen mit der Berufung, wie sich aus dem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 07. Februar 2007 ergibt, den darin genannten Zahlungsanspruch in Höhe von 2.762,22 DM (= 1.412,30 EUR). Dieser Betrag wurde nach den vorgelegten Rechnungen vom 28. Mai und 16. Juni 1993 für die Herstellung der Präparate zur Durchführung der nach dem Vorbringen der Kläger am 28. Oktober 1993 durch Dr. K. begonnenen AHIT aufgewendet. Weitere Kosten für die Durchführung der Therapie mittels der Präparate haben die Kläger nicht geltend gemacht. Der genannte Betrag übersteigt den nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der bis zum 01. Januar 2002 geltenden Fassung maßgebenden Beschwerdewert von 1.000,00 DM, denn hier sind die Beschwerdewerte beider Beteiligter als Streitgenossen zusammenzurechnen (vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 144 Rdnr. 17 unter Hinweis auf Bundesgerichtshof [BGH] NJW 1984, 927). Die Berufung der Kläger hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat im angefochtenen Urteil zutreffend entschieden, dass die Beklagte in den streitgegenständlichen Bescheiden die Erstattung der im Zusammenhang der AHIT entstandenen Kosten zu Recht abgelehnt hat.
Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs [SGB V]). Der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht dabei nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt vor, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hat (vgl. Bundessozialgericht [BSG] BSGE 79, 125, 126 f. = SozR 3-2500 § 13 Nr. 11; BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 1).
Der Kostenerstattungsanspruch scheitert zunächst schon daran, dass, wie sich aus den vorgelegten Rechnungen vom 28. Mai und 16. Juni 1993 ergibt, die für die Durchführung der AHIT notwendigen Präparate ersichtlich von den Klägern nach der Beratung durch Dr. M., die erstmals unter dem 04. Mai 1993 dokumentiert ist, schon vor der Antragstellung und insbesondere der Bescheiderteilung vom 18. Oktober 1993 hergestellt und die Kosten dafür den Klägern in Rechnung gestellt worden sind. Darauf, dass die Rechnungen der F. GmbH erst am 28. Oktober 1993 bezahlt worden sind und an diesem Tag erst mit der Behandlung durch Dr. K. bzw. Dr. M. begonnen worden sein soll, kommt es nicht an, abgesehen davon, dass die Kläger weitere Behandlungskosten der Ärzte nicht geltend gemacht haben. Nach der Rechtsprechung des BSG können nämlich Versicherte ausschließlich dann Kostenerstattung für selbstbeschaffte Leistungen verlangen, wenn die Krankenkasse vor der Selbstbeschaffung über einen entsprechenden Leistungsantrag entschieden hat (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - m.w.N.). Soweit es letztlich um die Behandlung mittels AHIT ging, lag auch kein Fall vor, dass für die Kläger von vorneherein feststand, dass eine durch Gesetz oder Verordnung von der Versorgung ausgeschlossene Sachleistung hier verweigert werden würde und sie sich deshalb gezwungen gesehen haben, die Leistung (Beschaffung der Präparate für die Durchführung der AHIT) selbst zu beschaffen. Ihnen war vielmehr zuzumuten, sich vor der Beschaffung der Präparate an die Beklagte zu wenden und - im Hinblick auf deren Beratung die Entscheidung abzuwarten.
Unabhängig davon besteht auch deswegen kein Kostenerstattungsanspruch, weil die Beklagte zu Recht die ab 28. Oktober 1993 durchgeführte AHIT, der die beschafften Präparate gedient hatten, nicht als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung angesehen hat.
Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V ist die Krankenkasse zur Gewährung ärztlicher Behandlung verpflichtet. Der Behandlungsanspruch unterliegt allerdings den in § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V formulierten Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die Krankenkasse ist nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie im Einzelfall nach eigener Einschätzung des Versicherten, des behandelnden Arztes oder einzelner Ärzte positiv verlaufen ist oder verlaufen wird (vgl. BSGE 76, 194, 198 = SozR 3-2500 § 25 Nr. 5; BSGE 93, 236). Bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden besteht eine rechtliche Leistungspflicht der Krankenversicherung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur dann, wenn der frühere Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (seit 01. Januar 2004 Gemeinsamer Bundesausschuss) in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung zum diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat (vgl. BSGE 81, 54, 59 ff. = SozR 3-2500 § 135 Nr. 4; BSGE 86, 54, 56 = SozR 3-2500 § 135 Nr. 14; SozR 3-2500 § 92 Nr. 12). Durch die Richtlinien wird nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte usw.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen; vielmehr wird durch die Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl. nochmals BSGE 86, 54, 56).
Bei der AHIT als mittels Hämolysaten und Urolysaten durchzuführender Behandlungsmethode fehlt es nicht nur an einer positiven Empfehlung des früheren Bundesausschusses bzw. Gemeinsamen Bundesausschusses, sondern diese haben die streitige Methode - wie die Beklagte und das SG zutreffend dargelegt haben - ausdrücklich als nicht zu Lasten der Krankenkassen erbringbar eingestuft. Die Behandlungsmethode ist nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten (vgl. nochmals BSGE 81, 54, 58; 81, 73, 75 f.). Der frühere Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat nach eingehenden Beratungen mit Datum vom 17. Juni 1992 die AHIT nach Dr. K. der damaligen Anlage 2 der NUB-Richtlinien ("nicht anerkannt") zugewiesen und mit Datum vom 10. Dezember 1999 in die Anlage B ("Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen") der BUB-Richtlinie übertragen. Dies wurde zu einem späteren Zeitpunkt entsprechend inhaltsgleich durch den Gemeinsamen Bundesausschuss in die Anlage 2 Nr. 10 der Richtlinie "Methoden vertragsärztliche Versorgung" ("Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen") übernommen (vgl. dazu die Auskunft des Gemeinsamen Bundesausschusses an die Beklagte vom 04. Juni 2007).
An die auf der Grundlage von § 135 Abs. 1 SGB V getroffenen Entscheidungen des Bundesausschusses bzw. des Gemeinsamen Bundesausschusses sind Verwaltung und Gerichte im Grundsatz ebenso gebunden, wie wenn die Entscheidung vom Gesetzgeber selbst getroffen worden wäre (vgl. BSGE 86, 54; SozR 3-2500 § 135 Nr. 1). Die Einschätzung des LSG Rheinland-Pfalz im Urteil vom 26. November 1992 (L 4 K 79/91), wonach trotz des Beschlusses vom 17. Juni 1992 die AHIT "nach wie vor als Außenseitermethode ausnahmsweise in Einzelfällen angewendet werden darf", ist durch die spätere Rechtsprechung des BSG überholt. Der Ausschluss nicht anerkannter Behandlungsmethoden nach Maßgabe von § 135 Abs. 1 SGB V und die damit einhergehende Beschränkung des Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversicherung verletzt auch kein Verfassungsrecht (vgl. BSG, Urteil vom 27. September 2005 - B 1 KR 28/03 R - m. w. N.).
Selbst wenn, was freilich nicht erfolgt ist - die Ergebnisse der seitens der Kläger in Bezug genommen Studie der Universität Mannheim aus dem Jahre 2005 zur Einleitung eines Verfahrens beim Bundesausschuss bzw. Gemeinsamen Bundesausschuss veranlasst hätten, wäre die Beklagte hier nicht verpflichtet, die Leistung für die im Jahr 1993 durchgeführte Beschaffung und Behandlung zu erbringen. Maßgeblich ist insoweit die Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt, für welchen die Erstattung von Kosten geltend gemacht wird (vgl. BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 12; SozR 3-2500 § 92 Nr. 12; BSG, Urteil vom 21. Februar 2006 - B 1 KR 22/05 R). Den entsprechenden Richtlinien kommt rechtliche Bedeutung erst ab ihrer Bekanntmachung im Bundesanzeiger zu (§ 94 Abs. 2 SGB VI). Selbst der Zeitpunkt der Beschlussfassung ist nicht maßgebend (BSG SozR 3-2500 § 92 Nr.12 ).
Der Kostenerstattungsanspruch ergibt sich nach alledem auch nicht aus den Grundsätzen des "Systemversagens". Ein solches liegt vor, wenn die fehlende Anerkennung einer Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. Die in § 135 Abs. 1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien muss rechtswidrig unterblieben sein und deshalb die Möglichkeit eröffnet werden, das Anwendungsverbot auf andere Weise zu überwinden (vgl. BSGE 81, 54, 65 f.; SozR 3-2500 § 92 Nr. 12). Dieser Tatbestand liegt 1993 hier ersichtlich nicht vor. Wie dargelegt, hat sich der Bundesausschuss mit der streitigen Therapie befasst. Allein dass neue Gesichtspunkte bekannt geworden sind, lässt die Entscheidung nicht angreifbar werden, solange nicht dargetan ist, dass wesentlich neue wissenschaftliche Ergebnisse nicht berücksichtigt wären (vgl. BSG, Urteil vom 27. September 2005, a.a.O.). Die Studie der Universität Mannheim ist erst 2005 durchgeführt worden. Selbst diese hat noch keine eindeutig neuen günstigeren Erkenntnisse hinsichtlich der AHIT erbracht.
Schließlich ist der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 - SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) hier nicht einschlägig. Danach besteht aus verfassungsrechtlichen Gründen im Einzelfall ein Anspruch auf Behandlung mit noch nicht formal anerkannten Methoden, wenn eine nicht unwesentliche Aussicht besteht, einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung allein damit entgegenzuwirken oder den in absehbarer Zeit drohenden Verlust eines wichtigen Organs oder einer wichtigen Körperfunktion zu verhindern (vgl. hierzu BSG SozR 4-2500 § 31 Nrn. 4 und 8). Einen solchen Sachverhalt vermag der Senat im Hinblick auf den zu behandelnden Zustand der Kläger im Jahre 1993 nicht zu bejahen.
Die Kläger können sich für die Kostenerstattung auch nicht darauf berufen, dass bei ihnen die Behandlung mittels AHIT im Hinblick auf den Hautzustand erfolgreich gewesen sei, wozu sie auf die vorgelegte Bescheinigung der Dr. Mu. vom 02. Februar 2008 verwiesen haben.
Danach war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestanden nicht.
Rechtskraft
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