Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
20
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 20 AY 20/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 AY 3/08
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in entsprechender Anwendung des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) ab September 2007.
Die am 00.00.1978 geborene Klägerin ist ghanaische Staatsangehörige. Sie hat zwei Kinder, die am 00.00.2004 bzw. am 00.00.2006 geboren wurden. Die Klägerin reiste am 05.07.2004 nach Deutschland ein. Sie bezieht seit 07.07.2004 bis heute von dem Beklagten Leistungen nach §§ 3 bis 7 AsylbLG. Von Dezember 2005 bis Juli 2007 lebten die Klägerin und ihre Kinder mit dem erwerbstätigen Vater der Kinder, E.N., in einer Haushaltsgemeinschaft zusammen. In dieser Zeit wurden Einkommen/Unterhaltsleistungen des Herrn N. auf den Bedarf der Klägerin nach dem AsylbLG mindernd angerechnet. Dies führte dazu, dass in den Monaten Dezember 2005, Juli und August 2006 kein Bedarf bestand und deshalb keine Leistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG gezahlt wurden. Soweit der Beklagte im Widerspruchsbescheid und darauf bauend die Klägerin mitgeteilt haben, auch für Januar 2007 seien keine Leistungen nach § 3 AsylbLG gezahlt worden, wird dies durch den Bewilligungsbescheid vom 03.01.2007 (Bl. 474 ff. der Verwaltungsakte) und die darauf erfolgte Auszahlung per Scheck (Bl. 482 der Verwaltungsakte) widerlegt. Das zweite Kind der Klägerin erhält seit 01.06.2007, dass erste Kind seit 01.08.2007 Sozialhilfe nach dem SGB XII. Seit 01.08.2007 leben die Klägerin und ihre Kinder nicht mehr mit Herrn N. zusammen.
Die Bewilligung der Leistungen nach dem AsylbLG erfolgten seit Juli 2004 (fast immer) durch jeweiligen Verwaltungsakt für einen Monat, zuletzt durch Bescheid vom 02.05.2007 für Mai 2007, durch Bescheid vom 30.05.2007 für Juni 2007, durch Bescheid vom 06.07.2007 für Juli 2007, durch Bescheid vom 06.08.2007 für August 2007 und durch Bescheid vom 28.09.2007 für September 2007.
Gegen den Bescheid vom 28.09.2007 legte die Klägerin am 24.10.2007 Widerspruch ein und beantragte, ihr Leistungen gem. § 2 AsylbLG zu gewähren sowie den bereits bestandskräftigen Bescheid vom 06.08.2007 nach Maßgabe des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufzuheben und die vorenthaltenden Leistungen nach § 2 AsylbLG nachzuzahlen. Sie vertrat die Auffassung, aufgrund ihrer Einreise am 05.07.2004 in das Bundesgebiet und des Umstandes, dass sie seitdem im Leistungsbezug nach dem AsylbLG gestanden habe, stünden ihr spätestens ab August 2007 Leistungen nach § 2 AsylbLG analog dem SGB XII zu; eines Antrags für eine Leistungsumstellung habe es nicht bedurft; zum Zeitpunkt des Anspruches auf Leistungsumstellung habe noch die 36-Monatsfrist nach § 2 AsylbLG alter Fassung (a.F.) gegolten.
Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 05.11.2007 zurück. Er meinte, ein privilegierter Anspruch auf Leistungen analog dem SGB XII scheitere bereits daran, dass die Klägerin nicht über eine Dauer von insgesamt 36 bzw. 48 Monaten tatsächlich Grundleistungen nach § 3 AsylbLG erhalten habe. Der Beklagte listete folgende Zeiträume eines tatsächlichen Bezugs von Leistungen nach § AsylbLG auf: - 07.07.2004 - 31.12.2004 5 Monate 25 Tage - 01.01.2005 - 30.11.2005 11 Monate - 01.01.2006 - 30.06.2006 6 Monate - 01.09.2006 - 31.12.2006 4 Monate - 01.02.2007 - 31.08.2007 7 Monate - 01.09.2007 - 30.11.2007 3 Monate insgesamt 36 Monate 25 Tage Für die Monate Dezember 2005, Juli und August 2006 sowie Januar 2007 habe wegen anzurechnenden Einkommens kein Leistungsanspruch bestanden. Deshalb habe die Klägerin weder bis zum Inkrafttreten der Neufassung des § 2 Abs. 1 AsylbLG am 28.08.2007 über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten, noch ab deren Inkrafttreten bis aktuell über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten.
Dagegen hat die Klägerin am 18.11.2007 Klage erhoben (S 20 AY 20/07).
Den im Widerspruchsbescheid vom 24.10.2007 gestellten Antrag auf Überprüfung des bestandskräftigen Bescheides vom 06.08.2007 und Nachzahlung höherer AsylbLG-Leistungen (bereits ab August 2007) hat der Beklagte durch Bescheid vom 12.11.2007 und Widerspruchsbescheid vom 07.12.2007 abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage ist unter dem Az. S 20 AY 1/08 gesondert anhängig.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Anhebung der Leistungsbezugsfrist von bisher 36 auf nunmehr 48 Monaten für sie nicht maßgeblich sei, da sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderung bereits einen von Amts wegen zu beachtenden, lediglich vorenthaltenen Anspruch auf Analogleistungen gehabt habe. Sie bezieht sich insoweit auf einen Beschluss der Kammer vom 12.10.2007 (S 20 AY 12/07 ER). Auf die 36-Monatsfrist seien nicht nur Zeiten des tatsächlichen Bezugs von Leistungen nach § 3 AsylbLG anzurechnen, sondern auch solche Zeiten, in den der Lebensunterhalt anderweitig als durch einen tatsächlichen Bezug von Grundleistungen sichergestellt worden sei. Sie habe auch während der kurzen Unterbrechungszeiträume durch die Sicherstellung des Lebensunterhaltes durch Erwerbseinkommen des Kindesvaters/Lebensgefährten potenziell einen Anspruch auf Grundleistungen nach § 3 AsylbLG gehabt, der allein wegen des Nachrangprinzips nicht zum Tragen gekommen sei. Sie würde unter Verletzung ihres Grundrechtes auf Achtung ihrer Menschenwürde nach Art. 1 GG zu einem bloßen Objekt staatlichen Handels herabgewürdigt, würde sie in dieser Fallkonstellation darauf verwiesen werden können, weiterhin unterhalb des sozialkulturellen Existenzminimums lediglich Grundleistungen in Anspruch zu nehmen.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 28.09.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2007 zu verpflichten, ihr Leistungen gemäß § 2 AsylbLG nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Er bleibt bei seiner Auffassung, dass für die Erfüllung der 36- bzw. 48-Monatsfrist nur Zeiten des tatsächlichen Bezugs von Leistungen nach §§ 3 bis 7 AsylbLG berücksichtigt werden können. Das von der Klägerin gewünschte Ergebnis ließe sich rechtsdogmatisch nur über das Rechtsinstitut einer analogen Anwendung des § 2 AsylbLG dergestalt erzielen, dass anstelle des im Wortlaut des Gesetzes ausdrücklich geforderten Leistungsbezuges "über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG" auch Zeiträume einzubeziehen seien, in denen überhaupt keine (Sozial-)Leistungen tatsächlich bezogen worden seien. Eine Analogie sei nur zulässig, wenn das Gesetz ein planwidrige Regelungslücke enthalte. Eine solche sei jedoch nicht ersichtlich. Das AsylbLG sei wiederholt geändert worden, zuletzt durch das Gesetz vom 19.08.2007, durch das die 36-Monats-Frist auf eine 48-Monats-Frist verlängert worden sei. Auch in der geänderten Fassung des § 2 AsylbLG werde aber nach wie vor auf den Bezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG in der (verlängerten) Frist abgestellt. Angesichts dieser eindeutigen Aussage des Gesetzgebers bleibe kein Raum für eine analoge Anwendung bzw. eine anspruchsbegründende Auslegung.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffende AsylbLG-Akte sowie der ebenfalls beigezogenen Ausländerakte, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen haben.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand ist allein der Bescheid vom 28.09.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2007. Der Bescheid vom 28.09.2007 betrifft zwar nur die Bewilligung der AsylbLG-Leistungen für den Monat September 2007. Jedoch hat die Klägerin im Widerspruch vom 24.10.2007 deutlich gemacht, dass es ihr um die grundsätzliche Klärung des Anspruchs auf höhere Leistungen nach § 2 AsylbLG anstelle derjenigen nach § 3 AsylbLG geht. Dementsprechend hat der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 05.11.2007 nicht nur über den Anspruch für den Monat September 2007, sondern auch für die Folgemonate, also zumindest bis einschließlich November 2007 entschieden. Gemäß § 95 SGG ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, Gegenstand der Klage (vgl. dazu ausführlich BSG, Urteil vom 08.02.2007 - B 9b AY 1/06 R).
Entgegen der Auffassung der Klägerin findet für den hier streitbefangenen Anspruch ab September 2007 § 2 Abs. 1 AsylbLG in der Fassung durch Artikel 6 Abs. 2 Nr. 2 des "Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union" vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970) Anwendung. Danach ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 erhalten haben und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Das Gesetz ist am 27.08.2007 verkündet und deshalb gemäß Artikel 10 Abs. 1 des Gesetzes am 28.08.2007, dem Tag nach der Verkündung, in Kraft getreten. Es kann hier dahinstehen, ob die Auffassung der Klägerin zutrifft, dass für die Erfüllung der Frist nach § 2 Abs. 1 AsylbLG auch die Monate Dezember 2005 sowie Juli und August 2006 heranzuziehen sind und deshalb allein durch Zeitablauf die bei Erlass des Bewillingsbescheides vom 06.08.2007 noch geltende 36-Monatsfrist des § 2 Abs. 1 AsylbLG a.F. verstrichen war mit der Folge, dass die Klägerin für August 2007 einen Anspruch auf Analogleistungen nach dem SGB XII gehabt hätte. Denn für die Leistungsbewilligungsmonate ab September hatte sich das Recht und damit die Frist des § 2 Abs. 1 AsylbLG geändert.
Sozialhilfeleistungen, zu den auch solche nach dem AsylbLG zählten, sind keine rentenähnlichen Dauerleistungen und werden grundsätzlich nur für die nächstliegende Zeit bewilligt. Zwar ist der Leistungsträger nicht gehindert, den Hilfefall für einen längeren Zeitraum zu regeln; entscheidend ist jedoch, was Inhalt des betreffenden Verwaltungsakts ist (BSG, Urteil vom 08.02.2007 - B 9b AY 1/06 R). Der Beklagte hat - dies ergibt sich aus den Verwaltungsakten - seit Juli 2004 fast immer, jedenfalls aber in dem hier entscheidungserheblichen Zeitfenster durch Einzelbescheide Monat für Monat Leistungen nach § 3 AsylbLG bewilligt. Der Beklagte hat also die Leistungen nicht mit Dauerwirkung, sondern stets nur für die jeweiligen Monate bewilligen wollen und bewilligt. Daraus folgt, dass der jeweilige Bescheid nur bis zum Ende des jeweiligen Bewilligungsmonats galt und für den neuen Bewilligungsmonat der Anspruch stets neu - unter Beachtung des jeweils geltenden Rechts - zu prüfen war. Soweit dies in dem von der Klägerin zitierten Beschluss der Kammer vom 12.10.2007 (S 20 AY 12/07) anders beurteilt worden ist, wird diese Rechtsauffassung nicht aufrechterhalten. Für den geltend gemachten Anspruch für September 2007 und die Folgemonate bis aktuell Januar 2008 hat die Klägerin die maßgeblichen 48-Monatsfrist des Bezugs von Leistungen nach § 3 AsylbLG nicht erfüllt. Denn vom 07.07.2004 bis einschließlich heute (29.01.2008) sind erst 42 Monate und 23 Tage verstrichen. Im Hinblick darauf bedarf es keiner weiteren Erörterung und Entscheidung, ob zur Erfüllung der 48-Monatsfrist auch die Monate Dezember 2005 sowie Juli und August 2006 zu berücksichtigen sind. Denn auch unter Einbeziehung dieser Monate sind vom 07.07.2004 - dem Beginn von Leistungen nach § 3 AsylbLG - bis heute keine 48 Monate vergangen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Kammer geht davon aus, dass die Differenz zwischen den Leistungen nach § 2 AsylbLG und denjenigen nach § 3 AsylbLG für die Monate September bis November 2007, jedenfalls aber bis Januar 2008 die Berufungssumme nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG übersteigt. Nur für den Fall, dass das Landessozialgericht hinsichtlich des Streitgegenstands zu einer anderen Beurteilung kommt als die Kammer, hat sie die Berufung zugelassen, weil sie der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst (vgl. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in entsprechender Anwendung des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) ab September 2007.
Die am 00.00.1978 geborene Klägerin ist ghanaische Staatsangehörige. Sie hat zwei Kinder, die am 00.00.2004 bzw. am 00.00.2006 geboren wurden. Die Klägerin reiste am 05.07.2004 nach Deutschland ein. Sie bezieht seit 07.07.2004 bis heute von dem Beklagten Leistungen nach §§ 3 bis 7 AsylbLG. Von Dezember 2005 bis Juli 2007 lebten die Klägerin und ihre Kinder mit dem erwerbstätigen Vater der Kinder, E.N., in einer Haushaltsgemeinschaft zusammen. In dieser Zeit wurden Einkommen/Unterhaltsleistungen des Herrn N. auf den Bedarf der Klägerin nach dem AsylbLG mindernd angerechnet. Dies führte dazu, dass in den Monaten Dezember 2005, Juli und August 2006 kein Bedarf bestand und deshalb keine Leistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG gezahlt wurden. Soweit der Beklagte im Widerspruchsbescheid und darauf bauend die Klägerin mitgeteilt haben, auch für Januar 2007 seien keine Leistungen nach § 3 AsylbLG gezahlt worden, wird dies durch den Bewilligungsbescheid vom 03.01.2007 (Bl. 474 ff. der Verwaltungsakte) und die darauf erfolgte Auszahlung per Scheck (Bl. 482 der Verwaltungsakte) widerlegt. Das zweite Kind der Klägerin erhält seit 01.06.2007, dass erste Kind seit 01.08.2007 Sozialhilfe nach dem SGB XII. Seit 01.08.2007 leben die Klägerin und ihre Kinder nicht mehr mit Herrn N. zusammen.
Die Bewilligung der Leistungen nach dem AsylbLG erfolgten seit Juli 2004 (fast immer) durch jeweiligen Verwaltungsakt für einen Monat, zuletzt durch Bescheid vom 02.05.2007 für Mai 2007, durch Bescheid vom 30.05.2007 für Juni 2007, durch Bescheid vom 06.07.2007 für Juli 2007, durch Bescheid vom 06.08.2007 für August 2007 und durch Bescheid vom 28.09.2007 für September 2007.
Gegen den Bescheid vom 28.09.2007 legte die Klägerin am 24.10.2007 Widerspruch ein und beantragte, ihr Leistungen gem. § 2 AsylbLG zu gewähren sowie den bereits bestandskräftigen Bescheid vom 06.08.2007 nach Maßgabe des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufzuheben und die vorenthaltenden Leistungen nach § 2 AsylbLG nachzuzahlen. Sie vertrat die Auffassung, aufgrund ihrer Einreise am 05.07.2004 in das Bundesgebiet und des Umstandes, dass sie seitdem im Leistungsbezug nach dem AsylbLG gestanden habe, stünden ihr spätestens ab August 2007 Leistungen nach § 2 AsylbLG analog dem SGB XII zu; eines Antrags für eine Leistungsumstellung habe es nicht bedurft; zum Zeitpunkt des Anspruches auf Leistungsumstellung habe noch die 36-Monatsfrist nach § 2 AsylbLG alter Fassung (a.F.) gegolten.
Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 05.11.2007 zurück. Er meinte, ein privilegierter Anspruch auf Leistungen analog dem SGB XII scheitere bereits daran, dass die Klägerin nicht über eine Dauer von insgesamt 36 bzw. 48 Monaten tatsächlich Grundleistungen nach § 3 AsylbLG erhalten habe. Der Beklagte listete folgende Zeiträume eines tatsächlichen Bezugs von Leistungen nach § AsylbLG auf: - 07.07.2004 - 31.12.2004 5 Monate 25 Tage - 01.01.2005 - 30.11.2005 11 Monate - 01.01.2006 - 30.06.2006 6 Monate - 01.09.2006 - 31.12.2006 4 Monate - 01.02.2007 - 31.08.2007 7 Monate - 01.09.2007 - 30.11.2007 3 Monate insgesamt 36 Monate 25 Tage Für die Monate Dezember 2005, Juli und August 2006 sowie Januar 2007 habe wegen anzurechnenden Einkommens kein Leistungsanspruch bestanden. Deshalb habe die Klägerin weder bis zum Inkrafttreten der Neufassung des § 2 Abs. 1 AsylbLG am 28.08.2007 über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten, noch ab deren Inkrafttreten bis aktuell über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten.
Dagegen hat die Klägerin am 18.11.2007 Klage erhoben (S 20 AY 20/07).
Den im Widerspruchsbescheid vom 24.10.2007 gestellten Antrag auf Überprüfung des bestandskräftigen Bescheides vom 06.08.2007 und Nachzahlung höherer AsylbLG-Leistungen (bereits ab August 2007) hat der Beklagte durch Bescheid vom 12.11.2007 und Widerspruchsbescheid vom 07.12.2007 abgelehnt. Die dagegen erhobene Klage ist unter dem Az. S 20 AY 1/08 gesondert anhängig.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Anhebung der Leistungsbezugsfrist von bisher 36 auf nunmehr 48 Monaten für sie nicht maßgeblich sei, da sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderung bereits einen von Amts wegen zu beachtenden, lediglich vorenthaltenen Anspruch auf Analogleistungen gehabt habe. Sie bezieht sich insoweit auf einen Beschluss der Kammer vom 12.10.2007 (S 20 AY 12/07 ER). Auf die 36-Monatsfrist seien nicht nur Zeiten des tatsächlichen Bezugs von Leistungen nach § 3 AsylbLG anzurechnen, sondern auch solche Zeiten, in den der Lebensunterhalt anderweitig als durch einen tatsächlichen Bezug von Grundleistungen sichergestellt worden sei. Sie habe auch während der kurzen Unterbrechungszeiträume durch die Sicherstellung des Lebensunterhaltes durch Erwerbseinkommen des Kindesvaters/Lebensgefährten potenziell einen Anspruch auf Grundleistungen nach § 3 AsylbLG gehabt, der allein wegen des Nachrangprinzips nicht zum Tragen gekommen sei. Sie würde unter Verletzung ihres Grundrechtes auf Achtung ihrer Menschenwürde nach Art. 1 GG zu einem bloßen Objekt staatlichen Handels herabgewürdigt, würde sie in dieser Fallkonstellation darauf verwiesen werden können, weiterhin unterhalb des sozialkulturellen Existenzminimums lediglich Grundleistungen in Anspruch zu nehmen.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 28.09.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2007 zu verpflichten, ihr Leistungen gemäß § 2 AsylbLG nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Er bleibt bei seiner Auffassung, dass für die Erfüllung der 36- bzw. 48-Monatsfrist nur Zeiten des tatsächlichen Bezugs von Leistungen nach §§ 3 bis 7 AsylbLG berücksichtigt werden können. Das von der Klägerin gewünschte Ergebnis ließe sich rechtsdogmatisch nur über das Rechtsinstitut einer analogen Anwendung des § 2 AsylbLG dergestalt erzielen, dass anstelle des im Wortlaut des Gesetzes ausdrücklich geforderten Leistungsbezuges "über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG" auch Zeiträume einzubeziehen seien, in denen überhaupt keine (Sozial-)Leistungen tatsächlich bezogen worden seien. Eine Analogie sei nur zulässig, wenn das Gesetz ein planwidrige Regelungslücke enthalte. Eine solche sei jedoch nicht ersichtlich. Das AsylbLG sei wiederholt geändert worden, zuletzt durch das Gesetz vom 19.08.2007, durch das die 36-Monats-Frist auf eine 48-Monats-Frist verlängert worden sei. Auch in der geänderten Fassung des § 2 AsylbLG werde aber nach wie vor auf den Bezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG in der (verlängerten) Frist abgestellt. Angesichts dieser eindeutigen Aussage des Gesetzgebers bleibe kein Raum für eine analoge Anwendung bzw. eine anspruchsbegründende Auslegung.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffende AsylbLG-Akte sowie der ebenfalls beigezogenen Ausländerakte, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen haben.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Streitgegenstand ist allein der Bescheid vom 28.09.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2007. Der Bescheid vom 28.09.2007 betrifft zwar nur die Bewilligung der AsylbLG-Leistungen für den Monat September 2007. Jedoch hat die Klägerin im Widerspruch vom 24.10.2007 deutlich gemacht, dass es ihr um die grundsätzliche Klärung des Anspruchs auf höhere Leistungen nach § 2 AsylbLG anstelle derjenigen nach § 3 AsylbLG geht. Dementsprechend hat der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 05.11.2007 nicht nur über den Anspruch für den Monat September 2007, sondern auch für die Folgemonate, also zumindest bis einschließlich November 2007 entschieden. Gemäß § 95 SGG ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, Gegenstand der Klage (vgl. dazu ausführlich BSG, Urteil vom 08.02.2007 - B 9b AY 1/06 R).
Entgegen der Auffassung der Klägerin findet für den hier streitbefangenen Anspruch ab September 2007 § 2 Abs. 1 AsylbLG in der Fassung durch Artikel 6 Abs. 2 Nr. 2 des "Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union" vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970) Anwendung. Danach ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 erhalten haben und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Das Gesetz ist am 27.08.2007 verkündet und deshalb gemäß Artikel 10 Abs. 1 des Gesetzes am 28.08.2007, dem Tag nach der Verkündung, in Kraft getreten. Es kann hier dahinstehen, ob die Auffassung der Klägerin zutrifft, dass für die Erfüllung der Frist nach § 2 Abs. 1 AsylbLG auch die Monate Dezember 2005 sowie Juli und August 2006 heranzuziehen sind und deshalb allein durch Zeitablauf die bei Erlass des Bewillingsbescheides vom 06.08.2007 noch geltende 36-Monatsfrist des § 2 Abs. 1 AsylbLG a.F. verstrichen war mit der Folge, dass die Klägerin für August 2007 einen Anspruch auf Analogleistungen nach dem SGB XII gehabt hätte. Denn für die Leistungsbewilligungsmonate ab September hatte sich das Recht und damit die Frist des § 2 Abs. 1 AsylbLG geändert.
Sozialhilfeleistungen, zu den auch solche nach dem AsylbLG zählten, sind keine rentenähnlichen Dauerleistungen und werden grundsätzlich nur für die nächstliegende Zeit bewilligt. Zwar ist der Leistungsträger nicht gehindert, den Hilfefall für einen längeren Zeitraum zu regeln; entscheidend ist jedoch, was Inhalt des betreffenden Verwaltungsakts ist (BSG, Urteil vom 08.02.2007 - B 9b AY 1/06 R). Der Beklagte hat - dies ergibt sich aus den Verwaltungsakten - seit Juli 2004 fast immer, jedenfalls aber in dem hier entscheidungserheblichen Zeitfenster durch Einzelbescheide Monat für Monat Leistungen nach § 3 AsylbLG bewilligt. Der Beklagte hat also die Leistungen nicht mit Dauerwirkung, sondern stets nur für die jeweiligen Monate bewilligen wollen und bewilligt. Daraus folgt, dass der jeweilige Bescheid nur bis zum Ende des jeweiligen Bewilligungsmonats galt und für den neuen Bewilligungsmonat der Anspruch stets neu - unter Beachtung des jeweils geltenden Rechts - zu prüfen war. Soweit dies in dem von der Klägerin zitierten Beschluss der Kammer vom 12.10.2007 (S 20 AY 12/07) anders beurteilt worden ist, wird diese Rechtsauffassung nicht aufrechterhalten. Für den geltend gemachten Anspruch für September 2007 und die Folgemonate bis aktuell Januar 2008 hat die Klägerin die maßgeblichen 48-Monatsfrist des Bezugs von Leistungen nach § 3 AsylbLG nicht erfüllt. Denn vom 07.07.2004 bis einschließlich heute (29.01.2008) sind erst 42 Monate und 23 Tage verstrichen. Im Hinblick darauf bedarf es keiner weiteren Erörterung und Entscheidung, ob zur Erfüllung der 48-Monatsfrist auch die Monate Dezember 2005 sowie Juli und August 2006 zu berücksichtigen sind. Denn auch unter Einbeziehung dieser Monate sind vom 07.07.2004 - dem Beginn von Leistungen nach § 3 AsylbLG - bis heute keine 48 Monate vergangen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Kammer geht davon aus, dass die Differenz zwischen den Leistungen nach § 2 AsylbLG und denjenigen nach § 3 AsylbLG für die Monate September bis November 2007, jedenfalls aber bis Januar 2008 die Berufungssumme nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG übersteigt. Nur für den Fall, dass das Landessozialgericht hinsichtlich des Streitgegenstands zu einer anderen Beurteilung kommt als die Kammer, hat sie die Berufung zugelassen, weil sie der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst (vgl. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
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