S 20 AY 22/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
20
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 20 AY 22/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 AY 12/08
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klagen werden abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in entsprechender Anwendung des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.01.2008.

Der 1987 in Guinea oder Sierra Leone geborene Kläger reiste am 30.03.2002 nach Deutschland ein. Er wurde bis zum 06.05.2002 von einer Bereitschaftspflegefamilie und in einem Kinderheim im Auftrag des Jugendamtes des Beklagten (als gerichtlich bestelltem Vormund) betreut. Am 07.05.2002 verließ er das Kinderheim; sein anschließender Aufenthalt und seine Lebensführung bis 26.01.2003 sind unbekannt. Am 26.01.2003 wurde er in L. aufgegriffen, dem Jugendamt des Beklagten zugeführt und wieder in einem Kinderheim untergebracht. Ein Asylantrag des Klägers wurde durch Bescheid vom 01.08.2003 bestandskräftig abgelehnt. Seitdem ist der Kläger im Besitz einer Duldung. Bis 15.06.2006 lebte der Kläger in einem Kinderheim, ab 16.06.2006 in einem Wohnheim der "Lebenshilfe e.V.". Seit 01.01.2007 hat er eine eigene Wohnung gemietet. Der Kläger bezog von Januar 2003 bis Dezember 2006 Leistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII), und zwar vom 28.01.2003 bis 25.02.2003 nach § 42 SGB VIII, vom 26.02.2003 bis 08.12.2005 nach § 34 SGB VIII, vom 09.12.2005 bis 31.12.2006 nach §§ 41, 34 SGB VIII.

Seit dem 01.01.2007 erhielt er Leistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG, die monatsweise bewilligt wurden, im Einzelnen durch Bescheide vom 08.01.2007 ab Januar 2007, vom 11.04.2007 ab März 2007, vom 24.04.2007 ab Mai 2007, vom 21.06. und 02.07. 2007 für Juli 2007, vom 24.07.2007 ab August 2007. Dem Kläger ist seit 08.10.2007 eine (unselbstständige) Beschäftigung jeder Art gestattet.

Am 02.10.2007 beantragte der Kläger Leistungen nach § 2 AsylbLG mit der Begründung, er sei seit mehr als 48 Monaten in Deutschland; der Aufenthalt in Wohnheimen sei den Leistungen nach § 3 AsylbLG gleichzusetzen.

Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 10.10.2007 ab: Der Kläger erhalte die Leistungen nach § 3 AsylbLG erst seit dem 01.01.2007, bisher also erst 10 Monate; er erfülle deshalb nicht die Voraussetzungen eines insgesamt 48-monatigen Bezugs von Leistungen nach § 3 AsylbLG.

Dagegen legte der Kläger am 30.10.2007 Widerspruch ein. Er vertrat die Auffassung, zur Erfüllung der Voraussetzungen für Leistungen nach § 2 AsylbLG sei nicht nur der tatsächliche Bezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG maßgebend, sondern auch der Bezug anderer Leistungen von Sozialleistungsträgern wie in seinem Fall der Jugendhilfe. In dem Widerspruchsschreiben beantragte der Kläger zugleich die Neuberechnung der Leistungen für die Monate Januar bis September 2007.

Der Beklagte wies den Widerspruch gegen den Bescheid vom 10.10.2007 durch Widerspruchsbescheid vom 14.11.2007 zurück. Der eindeutige Wortlaut des § 2 AsylbLG fordere einen mindestens 48-monatigen Vorbezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG. Angesichts der zahlreichen Möglichkeiten zu (und der zuletzt auch vorgenommenen) Änderungen des AsylbLG in Kenntnis der Rechtsprechung zu Vorbezugszeiten hätte es nahegelegen, der Gesetzgeber hätte die Formulierung anders gewählt. Da er dies nicht getan habe, sei eine Gesetzeslücke nicht ersichtlich.

Dagegen hat der Kläger am 11.12.2007 Klage erhoben (S 20 AY 22/07).

Den Antrag vom 30.10.2007 auf Überprüfung der (bestandskräftigen) Bescheide bezüglich der Leistungsmonate Januar bis September 2007 lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 19.11.2007 ab mit der Begründung, die Bescheide seien rechtmäßig. Den dagegen am 11.12.2007 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 04.01.2008, zugestellt am 09.01.2008, zurück.

Dagegen hat der Kläger am 08.02.2008 Klage erhoben (S 20 AY 4/08).

Das Gericht hat die beiden Rechtsstreitigkeiten zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Der Kläger weist darauf, er halte sich seit mehr als 5 1/2 Jahren in Deutschland auf; dies würde auch zukünftig auf unbestimmte Zeit so bleiben; es bestehe daher ein Integrationsbedürfnis und damit Anspruch auf höhere Leistungen analog dem SGB XII zur Sicherung seines soziokulturellen Existenzminimums.

Der Kläger beantragt, 1.den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 10.10.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.01.2008 Leistungen nach § 2 AsylbLG analog dem SGB XII zu gewähren, 2.den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 19.11.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.01.2008 sowie entsprechender Abänderung der Leistungsbescheide für den Zeitraum Januar bis September 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.01.2007 bis 30.09.2007 Leistungen nach § 2 AsylbLG analog dem SGB XII zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Er ist der Auffassung, durch den Bezug von Leistungen nach dem SGB VIII über einen Zeitraum von 48 Monaten erfülle der Kläger nicht die Voraussetzung für eine Leistungsgewährung nach § 2 AsylbLG. Bereits der eindeutige Wortlaut der Vorschrift lasse eine derartige Auslegung nicht zu. Angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts dürfe auch nicht auf einen vermeintlich abweichenden Willen des Gesetzgebers abgestellt werden. Auch eine analoge Anwendung sei nicht möglich, denn das Gesetz enthalte keine planwidrige Regelungslücke. Das AsylbLG sei wiederholt geändert worden, zuletzt durch Gesetz vom 19.08.2007. Auch in der geänderten Fassung § 2 AsylbLG werde nach wie vor auf den Bezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG abgestellt. Soweit der Kläger die Abänderung der bestandskräftigen Leistungsbescheide für die Zeit von Januar bis September 2004 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) verlangt, ist der Beklagte der Auffassung, dass § 44 SGB X im Asylbewerberleistungsrecht keine Anwendung finde. Hier gelte der Grundsatz und das "Strukturprinzip" des Sozialhilferechts: "Keine Hilfe für die Vergangenheit".

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klagen sind zulässig, jedoch nicht begründet.

Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Der Beklagte hat zurecht sowohl den Antrag auf (höhere) Leistungen nach § 2 AsylbLG ab Oktober 2007 als auch die Rücknahme der bestandskräftigen Leistungsbescheide für die Monate Januar bis September 2007 abgelehnt.

Allerdings war entgegen der Auffassung des Beklagten eine Überprüfung und - soweit die Voraussetzungen erfüllt gewesen wären - Abänderung der bestandskräftigen Bescheide für die Leistungszeiträume seit Januar 2007 grundsätzlich möglich und zulässig gewesen. Die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 44 SGB X ergibt sich ausdrücklich aus § 9 Abs. 3 AsylbLG. Soweit das Verwaltungsgericht Münster unter Hinweis auf Strukturprinzipien des Sozialhilferechts ("keine Hilfe für die Vergangenheit") und die dazu ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 15.12.1983 - 5 C 65/82 = BVerwGE 68, 285 = FEVS 33, 133; Urteil vom 13.11.2003 - 5 C 26/02 = FEVS 55, 320) die entsprechende Anwendbarkeit des § 44 SGB X auf AsylbLG-Leistungen abgelehnt hat (VG Münster, Urteil vom 04.10.2005 - 5 K 1271/03), folgt die Kammer dieser Entscheidung nicht. Die vom VG Münster bemühte Entstehungsgeschichte stützt die Auffassung des VG nicht. Zwar heißt es in der Gesetzesbegründung, mit der entsprechenden Anwendung der aufgeführten Vorschriften des SGB X werde der zuständigen Behörde die Möglichkeit gegeben, einen Rückforderungsanspruch geltend zu machen, wenn z.B. zunächst nicht bekannt war, dass der Leistungsberechtigte über eigenes Einkommen verfügt und ihm daher zu Unrecht Leistungen erbracht worden sind, weshalb in solchen Fällen die Vorschriften über die Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten und die Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistung entsprechende Anwendung finden sollten (vgl. BT-Drucksache 13/2746, S. 17). Jedoch hat der Gesetzgeber eben nicht nur die §§ 45 bis 50 SGB X, die die Rücknahme, den Widerruf und die Aufhebung von Verwaltungsakten und die Erstattung von Leistungen zu Ungunsten von Leistungsempfängern regeln, sondern auch die Vorschrift des § 44 SGB X, der die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltunsaktes zu Gunsten des Leistungsberechtigten regelt, für anwendbar erklärt. Trotz mehrfacher Änderungen des AsylbLG und zahlreicher Möglichkeiten zur Änderung dieses Gesetzes ist der Verweis auf § 44 SGB X in § 9 Abs. 3 AsylbLG nicht gestrichen worden. Daraus wird deutlich, dass eine Zugunstenentscheidung entsprechend § 44 SGB X im AsylbLG vom Gesetzgeber gewollt war und ist. Ohnehin ist fraglich, ob die frühere Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Nichtanwendbarkeit des § 44 SGB X im Sozialhilferecht noch Bestand hat. Für das Recht der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist sie bereits aufgegeben worden (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 13.04.2005 - 12 ZB 05.262 = FEVS 56, 574; BSG, Urteil vom 16.10.2007 - B 8/9b SO 8/06 R).

Für den Anspruch auf Leistungen für die Monate September 2007 bis Januar 2008 findet § 2 Abs. 1 AsylbLG in der Fassung durch Art. 6 Abs. 2 Nr. 2 des "Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union" vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970) Anwendung. Danach ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 erhalten haben und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Das Gesetz ist am 27.08.2007 verkündet und deshalb gem. Art. 10 Abs. 1 des Gesetzes am 28.08.2007, dem Tag nach der Verkündung, in Kraft getreten. Für den weiter streitbefangenen Anspruch auf höhere Leistungen in den Monaten Januar bis August 2007 war noch § 2 Abs. 1 AsylbLG in der bis 27.08.2007 geltenden Fassung anzuwenden; danach war Voraussetzung für Leistungen analog dem SGB XII ein Vorbezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG über einen Zeitraum von insgesamt 36 Monaten.

Der Kläger hat zwar die Dauer seines Aufenthalts in Deutschland nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst. Jedoch erfüllt er für keinen der hier streitbefangenen Leistungsmonate die jeweils maßgebliche 36- oder 48-Monate-Frist des Vorbezugs von Leistungen nach § 3 AsylbLG.

Nach dem Sinn und Zweck des § 2 Abs. 1 AsylbLG sollen grundsätzlich alle Leistungsbe- rechtigten des § 1 AsylbLG nach 36 (48) Monaten Leistungen auf dem Sozialhilfeniveau des SGB XII erhalten; lediglich bei rechtsmissbräuchlich beeinflusster Aufenthaltsdauer soll dies ausgeschlossen sein (vgl. BT-Drucksache 15/420 S. 121 zu Art. 8 Nr. 3). Nach der ursprünglichen Fassung des § 2 Abs. 1 AsylbLG vom 30.06.1993 (BGBl. I S. 1074) erhielten Leistungsberechtigte bereits nach einem Zeitraum von 12 Monaten, in dem sie abgesenkte Leistungen nach dem AsylbLG erhalten hatten, die höheren Leistungen entsprechend dem BSHG. Geduldete Ausländer, die aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen nicht ausreisen konnten, erhielten sogar unmittelbar Sozialhilfe nach dem BSHG. Der Gesetzgeber des AsylbLG vom 30.06.1993 hat den Wechsel von Leistungen nach §§ 3-7 AsylbLG auf Leistungen entsprechend dem BSHG (ab 01.01.2005: SGB XII), d.h. auf Leistungen des soziokulturellen Existenzminimums damit begründet, "dass bei einem längeren Zeitraum des Aufenthalts und - mangels Entscheidung - noch nicht absehbarer weiterer Dauer nicht mehr auf einen geringeren Bedarf abgestellt werden kann, der bei einem in der Regel nur kurzen, vorübergehenden Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland entsteht. Insbesondere sind nunmehr Bedürfnisse anzuerkennen, die auf eine stärkere Angleichung an die hiesigen Lebensverhältnisse und auf bessere soziale Integration gerichtet sind" (BT-Drucksache 12/5008, S. 15). Hatte der Gesetzgeber den nicht bestehenden oder minderen Angleichs- und Integrationsbedarf ursprünglich nur für 12 Monate gesehen, so hat er diesen Zeitraum später durch das 1. AsylbLG-Änderungsgesetz vom 26.05.1997 (BGBl. I S. 1130) auf 36 Monaten ausgedehnt, allerdings mit der Begrenzung auf Personen, die Leistungen erst seit dem 01.06.1997 erhielten. Auch hierbei war es erklärte Absicht des Gesetzgebers, in den Fällen, in denen der Aufenthalt länger dauert als im Normalfall, den betroffenen Ausländern spätestens nach 3-jähriger Duldung oder Aufenthaltsgestaltung "auch eine Integration in die deutsche Gesellschaft durch öffentliche Mittel zu ermöglichen, so dass die höheren Leistungen entsprechend dem Bundessozialhilfegesetz zu gewähren sind" (BT-Drucksache 13/2746 S. 15). Die 36-Monate-Frist (ab 28.08.2007: 48-Monate-Frist) des § 2 Abs. 1 AsylbLG, nach deren Ablauf die höheren Leistungen entsprechend dem SGB XII vorgesehen sind, hat also nicht den Selbstzweck, den nach § 1 AsylbLG Leistungsberechtigten in jedem Fall ein Wirtschaften unterhalb des soziokulturellen Existenzminimuns auf der Basis der abgesenkten Leistungen nach §§ 3-7 AsylbLG zuzumuten; vielmehr legt sie fest, nach welchem Zeitraum der Gesetzgeber von einem "längeren Aufenthalt und einem damit verbundenen, legitimen Bedürfnis des Betroffenen auf Integrationsleistungen" ausgeht (BT-Drucksache 15/4645, S. 6).

In diesem Sinne hat es die Kammer zur Erfüllung der 36- bzw. 48-Monate-Frist des § 2 Abs. 1 AsylbLG genügen lassen, dass ein Leistungsberechtigter auch unmittelbare oder entsprechende Leistungen nach den Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bzw. dem SGB XII bezogen hat (Urteil vom 19.06.2007 - S 20 AY 4/07 - und vom 23.10.2007 - S 20 AY 19/06) oder dass ein Leistungsberechtigter Anspruch auf Leistungen nach § 3 AsylbLG hatte und diese Leistungen erhalten oder nur wegen zu berücksichtigtem Einkommen oder Vermögen nicht bezogen hat (Urteil vom 26.02.2008 - S 20 AY 1/08). Diese erweiternde Auslegung des § 2 AsylbLG findet ihre Grenze jedoch dort, wo die 36-/48-Monate-Frist durch bloßen Zeitablauf nach Beginn des Aufenthalts in Deutschland erfüllt wird, ohne dass (zumindest) Anspruch auf Leistungen nach § 3 AsylbLG oder höherwertige, Existenz sichernde Leistungen auf Hilfe zum Lebensunterhalt bestanden hat. Wenn der Gesetzgeber den Anspruch auf Leistungen analog dem SGB XII an einen vorherigen Anspruch auf Leistungen nach § 3 AsylbLG knüpft, muss es sich hierbei nach Auffassung der Kammer jedenfalls um vergleichbare Leistungen handeln, also solche, die Existenz sichernde Funktion haben und der Grundsicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind. Solche Leistungen hat der Kläger bis Dezember 2006 nicht erhalten. Die von ihm bezogenen Sozialleistungen sind weder solche unmittelbar nach § 3 AsylbLG noch höherwertigere Sozialhilfeleistungen nach dem BSHG oder dem SGB XII gewesen. Vielmehr hat er bis Dezember 2006 ausschließlich Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII erhalten. Bei den Leistungen nach §§ 34, 41, 42 SGB VIII handelt es sich um solche, die das Jugendamt einem Kind oder einem Jugendlichen im Rahmen seiner Inobhutnahme gewährt, im Fall des Klägers konkret die Unterbringung in geeigneten Einrichtungen oder in einer sonstigen Wohnform. Im Rahmen dieser Kinder- und Jugendhilfe werden neben der Sicherstellung des notwendigen Unterhalts und der Krankenhilfe auch Leistungen zur Erziehung, zur Persönlichkeitsentwicklung und zur eigenverantwortlichen Lebensführung gewährt. Die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sind deshalb auch nicht annähernd den Leistungen nach § 3 AsylbLG vergleichbar. Ihr Bezug vermag daher nicht die Frist nach § 2 Abs. 1 AsylbLG zu erfüllen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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