L 12 AS 3336/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 1738/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 3336/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20.3.2007 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat den Klägerinnen auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der Leistungen für die Kosten der Unterkunft im Rahmen des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB II).

Die Klägerinnen (Mutter und Tochter) bilden eine Bedarfsgemeinschaft. Sie beantragten am 25.7.2005 für die Zeit nach der Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses am 15.8.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie gaben an, eine Dreizimmer-Eigentumswohnung mit einer Wohnfläche von 85,35 qm zu bewohnen und hierfür 1010 EUR für September 2005 bzw. 459 EUR monatlich für Oktober bis Dezember 2005 zu bezahlen, in letzterem Betrag waren Schuldzinsen in Höhe von höchstens 354,92 EUR enthalten. Ferner war für 2005 eine Eigenheimzulage in Höhe von 2050 EUR gezahlt und diese zur Tilgung des Darlehens verwendet worden. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 10.10.2005 (so weit hier von Belang) für die Zeit ab 1.10.2005 bis 31.12.2005 monatliche Kosten der Unterkunft in Höhe von 350 EUR (vergleichbare angemessene Mietkosten), zuzüglich pauschale Heiz- und Nebenkosten in Höhe von 133,37 EUR und abzüglich anteilige Eigenheimzulage in Höhe von 170,83 Euro und Energiepauschale in Höhe von 13 EUR.

Dagegen erhob die Klägerin zu 1. Widerspruch. Sie machte (insoweit) geltend, die Eigenheimzulage dürfe nicht auf die Unterkunftskosten angerechnet werden, sie sei direkt für die Finanzierung der Unterkunft aufgewendet worden. Mit Änderungsbescheid vom 16.1.2006 bewilligte die Beklagte den Klägerinnen auch für den Monat September 2005 Leistungen, bezüglich der Kosten der Unterkunft in gleicher Höhe. Im übrigen wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.3.2006 insoweit mit der Begründung zurück, die Eigenheimzulage sei zwar nicht als Einkommen berücksichtigt worden, sie mindere aber die Verbindlichkeiten für das Wohneigentum und damit den Bedarf.

Dagegen haben die Klägerinnen am 12.4.2006 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Sie haben vorgebracht, die Berücksichtigung der Eigenheimzulage als Bedarfs mindern laufe dem Zweck der Eigenheimzulage zuwider, nämlich die Anschaffung eines selbstgenutzten Eigenheims zu ermöglichen. Die Beklagte dagegen hat die Auffassung vertreten, die Eigenheimzulage sei zur Vermeidung einer Schlechterstellung von Mietern in 12 Teilbeträgen bedarfsmindernd auf die Zinsbelastung anzurechnen.

Das SG hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20.3.2006 durch Urteil vom selben Tag den Bescheid der Beklagten vom 10.10.2005 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 16.1.2006 und des Widerspruchsbescheids vom 23.2.2006 abgeändert und die Beklagte verurteilt, den Klägerinnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1.9.2005 bis zum 31.12.2005 ohne bedarfsmindernde Berücksichtigung der Eigenheimzulage für das Jahr 2005 zu gewähren. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Bezüglich der streitigen Berücksichtigung der Eigenheimzulage hat es ausgeführt, diese sei zutreffend nicht als Einkommen im Sinne von § 11 SGB II berücksichtigt worden. Sie könne darüber hinaus aber auch nicht in der Weise leistungsmindernd berücksichtigt werden, dass sie vom Bedarf für Unterkunft und Heizung abgezogen werde. Der für die Leistungshöhe maßgebliche Bedarf für Unterkunft und Heizung bestimme sich nach § 22 Abs. 1 SGB II. Danach bestehe der Bedarf in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen (soweit diese angemessen seien). Der endgültige Leistungsanspruch werde aus der Summe dieses Bedarfs und der übrigen Bedarfe des Leistungsberechtigten (insb. z. B. des Regelbedarfs), verringert um das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen nach Maßgabe der §§ 11,12 SGB II, berechnet. Das SGB II sehe keine unmittelbare Saldierung von Bedarfen mit Einnahmen außerhalb der Berücksichtigung als Einkommen gem. § 11 SGB II vor. Deswegen sei eine Saldierung des tatsächlichen Aufwands für Unterkunft und Heizung mit der Eigenheimzulage nicht zulässig. Nur diese Auslegung des Gesetzes trage im übrigen dem Willen des Verordnungsgebers Rechnung. Der unmittelbare Abzug nicht als Einkommen zu berücksichtigender Eigenheimzulagen vom Wohnbedarf würde ansonsten die Regelung in § 1 Abs. 1 Nr. 7 Alg II-V wirtschaftlich betrachtet weitgehend leerlaufen lassen.

Gegen dieses am 20.6.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 5.7.2007 Berufung eingelegt. Sie bringt im wesentlichen wiederholend vor, bei erwerbsfähigen Hilfeempfängern nach dem SGB II sei die Eigenheimzulage zur Minderung der Zinsbelastung einzusetzen. Sie sei entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur (früheren) Sozialhilfe dem Hilfeempfänger jedenfalls nicht anrechnungsfrei zu belassen.

Die Beklagte stellt den Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 20.3.2007 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist statthaft, weil der Beschwerdewert von 500 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) im vorliegenden Fall überschritten wird, es geht um eine monatliche Eigenheimzulage von 170,83 EUR für vier Monate, also um 683,32 EUR. Die Berufung ist auch sonst zulässig, sie ist jedoch in der Sache nicht begründet.

Das SG hat im angefochtenen Urteil die hier anzuwendenden Rechtsnormen ausführlich und zutreffend zitiert. Das SG hat auch zutreffend festgestellt, dass die Eigenheimzulage nicht auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung des § 22 SGB II anzurechnen ist. Der Senat weist nach eigener rechtlicher Überprüfung die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück, er nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug und verzichtet insoweit auf eine eigene Begründung (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Berufungsvorbringen der Beklagten ist nicht geeignet, die angefochtene Entscheidung als unrichtig erscheinen zu lassen. Nachdem der Verordnungsgeber durch die Neufassung von § 1 Abs. 1 Nr. 7 Alg II-V ausdrücklich klargestellt hat, dass die Eigenheimzulage eine zweckbestimmte Einnahme ist, die nach § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist, ist es aus den vom SG genannten Gründen nicht angängig, diesen gesetzgeberischen Willen dadurch zu umgehen, dass die Eigenheimzulage auf die Zinsbelastung für die Finanzierung einer selbstgenutzten Eigentumswohnung angerechnet wird. Das SG hat insoweit zutreffend festgestellt, dass bei § 22 SGB II vom tatsächlichen Wohnbedarf auszugehen ist, soweit er angemessen ist.

Darauf, dass mit der anrechnungsfreien Eigenheimzulage Eigentum gebildet wird, was durch die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitslose nach dem SGB II nicht unterstützt werden soll, kommt es nach der Neuregelung in § 1 Abs. 1 Nr. 7 Alg II-V nicht mehr an. Eine Ungleichbehandlung mit Mietern sieht der Senat hier nicht, denn mit der (angemessenen) Miete bildet dieser gegebenenfalls Eigentum beim Vermieter. Dies dürfte nach Ansicht der Beklagten wohl noch weniger aus Grundsicherungsleistungen erfolgen. Es hat also bei der Entscheidung des Gesetz- und Verordnungsgebers zu verbleiben, die Eigenheimzulage anrechnungsfrei zu lassen.

Die Berufung der Beklagten ist damit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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