Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 3682/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4287/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 25. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung der bzw. die Freistellung von Kosten für das Leasing eines Bionen-Akkumulators und die Gewährung desselben für die Zukunft.
Der am 7. November 1958 geborene, bei der Beklagten versicherte Kläger leidet an Encephalomyelitis disseminata (Multiple Sklerose) von sekundär-progredientem Verlauf. Nach privatärztlicher Verordnung durch Dr. V. vom 16. April 2002 leaste der Kläger bei der Firma b.-t., deren Geschäftsführer Dr. V. ist, einen Bionen-Akkumulator "Typ A" (Vertrag vom 17. April 2002). Die monatliche Rate betrug anfangs 150 EUR und wurde wurden mit Vertrag vom 26. September 2003 auf monatlich 300 EUR angehoben. Die Firma b.-t. stellte dem Kläger entsprechende Kosten in Rechnung.
Die Bionentherapie geht auf Theorien des Psychoanalytikers W. R. aus den 1930er-Jahren zurück, der in der sog. Orgon-Energie eine universelle Lebensenergie gefunden haben will. Nach den Vertretern dieser Lehre sind Bionen Energieteilchen, die im gesamten Kosmos und überall auf der Erde in Wasser, Luft und Boden vorhanden sind. Jedes Lebewesen benötige diese biologische Energie. Erkrankungen führten zu einem erniedrigten Energiepotenzial am entsprechenden Energiemeridian. Würden Bionen gebündelt dem ganzen Körper oder bestimmten Arealen zugeführt werden, bewirke dies eine "Entkrampfung" durch die Rückführung aller Nervenpotentiale in die Normalität und eine sofortige Steigerung der Zellstoffwechselaktivität. Jedwedes Leben sei der resonatorische Ausdruck biophysikalischer, logarithmisch skaleninvarianter Fraktale der Vakuumkompressionsenergie mit Informationsaustausch und jedwege Befindlichkeitsstörung oder Krankheit sei die dissonatorische Antwort auf eine insoweit fehlende Übereinstimmung von Informationen. Die Bionentherapie wirke gegen alle Arten von Schmerzen, Entzündungen, Asthma bronchiale und Allergien und erhöhe die Immunabwehr. Sie führe zur völligen Neutralität von Elektrosmog, zur Löschung auch der stärksten geopathologischen Feldern, zur Rechtsdrehung von Milchsäuren und Aufbereitung aller unbekömmlichen Nahrungsmittel und von Wasser. Sie wirke auch bei Tieren und führe zu verbessertem Wachstum bei bzw. zur Gesundung von Pflanzen. Die Firma b.-t. bietet Bionenprodukte in Form des vom Kläger verwendeten Bionen-Akkumulators "Typ A", einer schrankähnlichen Gerätschaft zur Ganzkörperbehandlung, eines nur punktuell wirkenden Akkumulators "Typ B" und verschiedener Bionen-Kompressen an.
Der Kläger beantragte am 25. November 2003 die Übernahme der Kosten des Bionen-Akkumulators und legte hierzu ein Attest seiner Nervenärztin Dr. G. vor, wonach sich seit Anwendung der Bionentherapie die mögliche Gehfähigkeit ausgedehnt, der chronische Erschöpfungszustand reduziert und der Schlaf-Wachrhythmus besser reguliert zeige. Die Beklagte lehnte den Antrag nach Einholung einer ablehnenden Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) mit Bescheid vom 20. Februar 2004 und Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 2004 ab. Die hiergegen vom Kläger bei dem Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage (S 8 KR 1903/04) wurde mit Gerichtsbescheid vom 2. Mai 2005 abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung (L 11 KR 2320/05) nahm der Kläger nach einer Erörterung des Sach- und Streitstandes mit der Berichterstatterin des Senats zurück.
Am 9. Juni 2006 beantragte der Kläger erneut die Kostenübernahme für den Bionen-Akkumulator und verwies auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Dezember 2005, 1 BvR 347/98. Er legte den Entlassungsbericht von Prof. Dr. M., Fachklinik für Neurologie D., vor, wo sich der Kläger im April und Mai 2006 aufgehalten hatte. Dr. V. gab auf Nachfrage der Beklagten an, therapeutisches Ziel der Behandlung mit dem Bionen-Akkumulator sei die Vermeidung von weiteren Krankheitsschüben. Die Fragen, ob die Behandlung erfolgreich gewesen sei, und ob es objektivierbare Hinweise auf ein klinisch relevantes Ansprechen der Behandlung im Vergleich zu ausschließlich symptomatisch behandelten Patienten gebe, bejahte er.
Nach Einholung zweier, eine Kostenübernahme nicht befürwortenden Stellungnahmen des MDK lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. September 2006 und Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2006 eine Kostenübernahme ab.
Die hiergegen erhobene Klage des Klägers hat das SG mit Urteil vom 25. Juli 2007 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es könne offen bleiben, ob es sich bei der Bionentherapie mittels Akkumulator um eine ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethode oder um eine Heil- oder Hilfsmittel handle. Jedenfalls bestehe kein Anspruch darauf. Eine Untersuchungs- und Behandlungsmethode bedürfe einer positiven Empfehlung in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung. Liege eine Heil- oder Hilfsmittel vor, fehle es an der Aufnahme in die Heil- und Hilfsmittelrichtlinien. Zu keinem anderen Ergebnis führe der Beschluss des BVerfG vom 6. Dezember 2005, denn die Krankheit des Klägers sei weder akut lebensbedrohlich noch regelmäßig tödlich verlaufend, was auch aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. März 2007, B 1 KR 17/06 R, folge. Zudem fehlten ernsthafte Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg der Bionentherapie.
Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 17. August 2007 zugestellte Urteil am 31. August 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, es sei nicht nachvollziehbar, dass ein entscheidungsrelevanter Heilerfolg durch die Bionentherapie bestritten werde. Von Anfang April bis Ende Mai 2006 habe er den Bionen-Akkumulator nicht benutzt, worauf eine Verschlechterung eingetreten sei. Bisher seien Kosten in Höhe von 10.800 EUR entstanden.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 25. Juli 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 27. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die bisher angefallenen Kosten für den Bionen-Akkumulator in Höhe von 10.800 EUR zu erstatten und die Behandlung zukünftig zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats - jeweils auch im ersten Klage- bzw. Berufungsverfahren - Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die angefallenen Kosten für den Bionen-Akkumulator zu übernehmen und diesen zukünftig zu gewähren.
Für die Vergangenheit begehrt der Kläger die Erstattung der Leasingraten des Bionen-Akkumulators. Nachdem die Höhe der begehrten Erstattung im Berufungsverfahren mit 10.800 EUR beziffert worden ist, macht der Kläger die Leasingraten in den Jahren 2005 bis 2007 geltend. Insoweit ist die Klage teilweise unzulässig, denn nach Rücknahme der Berufung im ersten gerichtlichen Verfahren, entfaltet der Gerichtsbescheid vom 2. Mai 2005, jedenfalls zeitlich befristet bis zu seinem Erlass, materielle Rechtskraft (§ 141 Abs. 1 SGG). Eine erneute Klage ist nicht zulässig (Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005 § 141 Rdnr. 6 m.w.N.). Wenn man den Antrag vom 9. Juni 2006 (auch) als Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ansehen würde, wäre die Klage, jedenfalls die Berufung unzulässig, denn hierüber haben weder die Beklagte noch das SG entschieden.
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie nicht begründet.
Der Senat kann offen lassen, ob ein Kostenerstattungsanspruch schon daran scheitert, dass die Rechnungen der Firma b.-t. vom Kläger noch gar nicht bezahlt worden sind. Hieran bestehen Zweifel, denn der Kläger hat zuletzt eine Mahnung vom 2. Januar 2008 vorgelegt, wonach 7.200 EUR (die Leasingraten für 2006 und 2007) offen sind. Sind die Rechnungen nicht bezahlt, wäre das Begehren des Klägers als solches auf Freistellung von den Zahlungsverpflichtungen anzusehen und der Antrag, an dessen Fassung der Senat nicht gebunden ist (§ 123 SGG), entsprechend auszulegen.
Bei der vom Kläger durchgeführten Bionentherapie mittels Bionen-Akkumulator handelt es sich nicht um eine ärztliche Behandlung. Diese umfasst nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Die Benutzung des Bionen-Akkumulators setzt aber eine irgendwie geartete ärztliche Mitwirkung nicht voraus. Es handelt es sich auch um kein Heilmittel nach § 32 SGB V, denn darunter sind ärztlich verordnete Dienstleistungen zu verstehen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden dürfen (BSG, Urteil vom 28. September 2006, B 3 KR 28/05 R, für SozR vorgesehen ). Es handelt sich vielmehr um ein sächliches medizinisches Mittel, das den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder die Folgen von Gesundheitsschäden mildern oder ausgleichen soll (BSG, Urteil vom 28. September 2006, a.a.O.), damit um ein Hilfsmittel nach § 33 SGB V.
Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Alternative), einer drohenden Behinderung vorzubeugen (2. Alternative) oder eine Behinderung auszugleichen (3. Alternative), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Der hiermit nur unvollständig umschriebene Begriff des Hilfsmittels wird in § 31 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) konkretisiert, der die "Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen" betrifft und auch für die Krankenkassen als Rehabilitationsträger gilt. Danach umfasst die Versorgung mit Hilfsmitteln (Körperersatzstücke sowie orthopädische und andere Hilfsmittel) im Sinne des § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Leistungen zur medizinischen Rehabilitation behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen) die technischen Hilfen, die von den Leistungsempfängern getragen oder mitgeführt oder bei einem Wohnungswechsel mitgenommen werden können und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um einer drohenden Behinderung vorzubeugen (Nr. 1), den Erfolg einer Heilbehandlung zu sichern (Nr. 2) oder eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen (Nr. 3), soweit sie nicht allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind (so BSG, Urteil vom 28. September 2006, a.a.O.).
Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach der Vorschrift des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V besteht nicht. Konnte die Krankenkasse danach eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistungen notwendig war.
Eine unaufschiebbare Leistung (1. Fall des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V) lag nicht vor. Dies ist nur anzunehmen, wenn eine Leistungserbringung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs bis zur Entscheidung in der Krankenkasse mehr besteht (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006, B 1 KR 8/06). Der Kläger war wegen der Beschwerden, als deren Ursache die Encephalomyelitis disseminata anzusehen ist, aber schon Jahre in Behandlung. Es ist auch nicht erkennbar, dass mit der Behandlung durch den Bionen-Akkumulator nicht noch einige Zeit hätte zugewartet werden können.
Die Beklagte hat die Leistung auch nicht zu Unrecht abgelehnt (2. Fall des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V).
Der Senat kann zunächst offen lassen, ob dem Anspruch - zumindest teilweise - entgegensteht, dass die Beklagte vor dem Behandlungsbeginn noch nicht über die Behandlung entschieden hatte (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006, a.a.O.; Urteil vom 2. November 2007, B 1 KR 14/07 R). Geltend gemacht wird, wie dargelegt, eine Kostenerstattung seit Anfang 2005. Der hier ablehnende Bescheid datiert aber erst vom 27. September 2006.
In jedem Fall scheidet eine Kostenerstattung aus, weil die Beklagte nicht verpflichtet gewesen wäre, das Hilfsmittel als Sachleistung zu gewähren. Der Anspruch eines Versicherten auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Leistung - wie im vorliegenden Fall - nach eigener Einschätzung des Versicherten oder des behandelnden Arztes angezeigt ist oder einzelne Ärzte die Untersuchung befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Leistung rechtlich von der Leistungspflicht der GKV umfasst sein.
Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkasse erbrachten Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung (BSG, Urteil vom 28. September 2006, a.a.O.).
Für die Bewertung von neuen Hilfsmitteln kann jedenfalls dann grundsätzlich nichts anderes gelten, wenn es um ein Hilfsmittel geht, das der Anwendung einer neuen Behandlungsmethode dient. Dann ist zunächst die Anerkennung der neuen Behandlungsmethode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 135 SGB V herbeizuführen, ehe das der Durchführung dieser neuen Methode dienende Hilfsmittel überhaupt in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen werden kann (BSG, Urteil vom 28. September 2006, a.a.O.; vgl. auch Urteil vom 16. September 2004, B 3 KR 20/04 R, SozR 4- 2500 § 33 Nr. 8).
Die Bionentherapie ist eine neue Behandlungsmethode, weil sie als abrechnungsfähige ärztliche Leistung nicht im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 12/05 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Ihr mangelt eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses. Demgemäß ist der Bionen-Akkumulator auch nicht in den entsprechende Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V, den Richtlinien über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Hilfsmittel-Richtlinien), enthalten.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen zum so genannten "Systemversagen". Danach kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Gemeinsamen Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. In Fällen, in denen die im Gesetz vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist, muss nämlich die Möglichkeit bestehen, das Anwendungsverbot auf andere Weise zu überwinden. Ein solcher Systemmangel kann vorliegen, wenn das Verfahren vor dem Gemeinsamen Bundesausschuss von den antragsberechtigten Stellen bzw. dem Gemeinsamem Bundesausschuss selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß betrieben wurde und dies auf eine willkürliche oder sachfremde Untätigkeit bzw. Verfahrensverzögerung zurückzuführen ist (BSG, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 12/05 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 8; Urteil vom 26. September 2006, B 1 KR 3/06 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 10; Urteil vom 27. März 2007, B 1 KR 25/06 R, für SozR vorgesehen).
Ein solches Systemversagen lässt sich hier nicht feststellen. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass beim Gemeinsamen Bundesausschuss ein formelles Verfahren initiiert worden ist, er - auch vor dem Hintergrund innerhalb der GKV vorhandener Diagnoseverfahren - sonst Anlass hatte, sich mit der Bionentherapie auseinanderzusetzen und damit letztlich die Untersuchungsmethode in den Leistungskatalog der GKV hätte aufgenommen werden müssen.
Ein Anspruch des Klägers kann auch nicht darauf gestützt werden, dass seine Erkrankung so beschaffen ist, dass sie weltweit nur extrem selten auftritt und deshalb im nationalen wie internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden kann. In einem solchen Fall hat der Gemeinsame Bundesausschuss keine Befugnis, in seinen Richtlinien generalisierend zur Qualität der Untersuchung Stellung zu nehmen, weil die Sperrwirkung des in § 135 Abs. 1 SGB V vorgeschriebenen Leistungsverbots mit Erlaubnisvorbehalt nur Methoden erfasst, die bei einem bestimmten Krankheitsbild systematisch angewendet werden (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004, B 1 KR 27/02 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 1). Die Encephalomyelitis disseminata ist eine durchaus nicht seltene Erkrankung (so auch BSG, Urteil vom 27. März 2007, a.a.O.).
Zu Gunsten des Klägers folgt auch nichts aus dem Beschluss des BVerfG vom 6. Dezember 2005. Danach ist es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende medizinische Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
Um eine derartige Konstellation geht es hier aber nicht. Die Erkrankung des Klägers ist weder lebensbedrohlich noch regelmäßig tödlich verlaufend. Sie kann trotz der erheblichen, vom Senat nicht die als gering angesehenen Auswirkungen, hiermit auch nicht gleichgestellt werden. Dies hat das BSG bereits mit Urteil vom 27. März 2007, a.a.O., für die Encephalomyelitis disseminata mit sekundär-progredientem Verlauf entschieden. Der Senat schließt sich dem an.
Weiterhin steht eine dem medizinischem Standard entsprechende medizinische Behandlung zur Verfügung, nämlich die von Prof. Dr. M. durchgeführte Behandlung mit Cortison sowie die - allerdings vom Kläger abgelehnte - Behandlung mit Mitroxantron.
Schließlich vermag der Senat auch keine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf durch den Bionen-Akkumulator zu erkennen, denn die Bionentherapie ist zu weit von einem mit Vernunftgründen nachvollziehbaren Behandlungsansatz gelöst. Die von den Vertretern der Bionentherapie propagierte allgemeine Lebensenergie ist, wie auch Dr. H. und Dr. B. (beide MDK) in ihren Gutachten im Verwaltungsverfahren dargelegt hat, bisher nicht nachgewiesen worden. Schon die physikalischen Grundlagen sind nicht bewiesen. Auch das Europäische Patentamt hat in seiner Entscheidung vom 16. Mai 2006, T 0058/05, in der es um den Patentschutz für eine Bionen-Kompresse ging, deutlich ausgesprochen, dass es keinen den allgemein anerkannten naturwissenschaftlichen Kriterien entsprechenden Nachweis darüber gibt, ob die Orgonenergie bzw. Bione tatsächlich existieren, ob und in wie diese beherrschbar wären, oder ob und in welcher Art Wechselwirkungen mit pathologischen Zuständen von Patienten auftreten. Vielmehr handelt es sich um ein nach wie vor umstrittenes Grenzgebiet der Wissenschaft. Studien über eine Wirksamkeit der Bionentherapie liegen nicht vor. Die von Dr. V. im Verwaltungsverfahren dargelegten Messungen können sich höchstens auf physikalische oder chemische Phänomene beziehen, lassen jedoch Auswirkungen auf Erkrankungen am Menschen nicht erkennen. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass es Herstellern von Produkten der Bionentherapie auch wettbewerbsrechtlich untersagt worden ist, mit wissenschaftlichen Wirkungsbehauptungen auch im Bereich nicht krankhafter Beschwerden zu werben (OLG Nürnberg, Urteil vom 21. Januar 1997, 3 U 3246/96).
Daran ändern auch die Erfahrungen des Klägers mit der Methode nichts. Das bereits im früheren Verfahren vorgelegte Attest von Dr. G. enthält keine Aussagen zur Wirksamkeit der Bionentherapie. Im Entlassungsbericht von Prof. Dr. M. wurden lediglich die anamnestischen Angaben des Klägers zur Durchführung der Bionentherapie wiedergegeben, diese jedoch inhaltlich nicht bewertet. Auf Grund der hohen Entzündungsaktivitäten der Encephalomyelitis disseminata riet Prof. Dr. M. dem Kläger vielmehr, die 2002 abgebrochene medikamentöse Therapie mit Mitroxantron wiederaufzunehmen, was dieser jedoch ablehnte. Dr. K. führte in seiner ärztlichen Bescheinigung ausdrücklich an, dass er den Nutzen der Bionentherapie nicht beurteilen könne und der Umstand, dass es nach seiner Einschätzung in den letzten drei Jahren zu keiner wesentlichen Verschlechterung der Erkrankung gekommen sei, keinen sicheren Beweis darstelle, dass dies auf die Bionentherapie zurückzuführen sei. Dr. V. bejahte zwar im Verwaltungsverfahren die Fragen nach einem therapeutischen Erfolg der Behandlung mit dem Bionen-Akkumulator, ging aber nicht auf die von der Beklagten erbetene Verlaufdokumentation und etwaige objektivierbare Hinweise auf ein klinisch relevantes Ansprechen der Behandlung ein. Eine vorübergehende Besserung oder ein Stillstand der Erkrankung des Klägers kann, wie der MDK im Verwaltungsverfahren ausgeführt hat, auch ohne jede Behandlung vorkommen.
Aus den genannten Gründen, die einer Erstattung der Kosten den Bionen-Akkumulator bzw. der Freistellung von diesen Kosten entgegenstehen, scheidet auch ein Anspruch auf Gewährung für die Zukunft aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung der bzw. die Freistellung von Kosten für das Leasing eines Bionen-Akkumulators und die Gewährung desselben für die Zukunft.
Der am 7. November 1958 geborene, bei der Beklagten versicherte Kläger leidet an Encephalomyelitis disseminata (Multiple Sklerose) von sekundär-progredientem Verlauf. Nach privatärztlicher Verordnung durch Dr. V. vom 16. April 2002 leaste der Kläger bei der Firma b.-t., deren Geschäftsführer Dr. V. ist, einen Bionen-Akkumulator "Typ A" (Vertrag vom 17. April 2002). Die monatliche Rate betrug anfangs 150 EUR und wurde wurden mit Vertrag vom 26. September 2003 auf monatlich 300 EUR angehoben. Die Firma b.-t. stellte dem Kläger entsprechende Kosten in Rechnung.
Die Bionentherapie geht auf Theorien des Psychoanalytikers W. R. aus den 1930er-Jahren zurück, der in der sog. Orgon-Energie eine universelle Lebensenergie gefunden haben will. Nach den Vertretern dieser Lehre sind Bionen Energieteilchen, die im gesamten Kosmos und überall auf der Erde in Wasser, Luft und Boden vorhanden sind. Jedes Lebewesen benötige diese biologische Energie. Erkrankungen führten zu einem erniedrigten Energiepotenzial am entsprechenden Energiemeridian. Würden Bionen gebündelt dem ganzen Körper oder bestimmten Arealen zugeführt werden, bewirke dies eine "Entkrampfung" durch die Rückführung aller Nervenpotentiale in die Normalität und eine sofortige Steigerung der Zellstoffwechselaktivität. Jedwedes Leben sei der resonatorische Ausdruck biophysikalischer, logarithmisch skaleninvarianter Fraktale der Vakuumkompressionsenergie mit Informationsaustausch und jedwege Befindlichkeitsstörung oder Krankheit sei die dissonatorische Antwort auf eine insoweit fehlende Übereinstimmung von Informationen. Die Bionentherapie wirke gegen alle Arten von Schmerzen, Entzündungen, Asthma bronchiale und Allergien und erhöhe die Immunabwehr. Sie führe zur völligen Neutralität von Elektrosmog, zur Löschung auch der stärksten geopathologischen Feldern, zur Rechtsdrehung von Milchsäuren und Aufbereitung aller unbekömmlichen Nahrungsmittel und von Wasser. Sie wirke auch bei Tieren und führe zu verbessertem Wachstum bei bzw. zur Gesundung von Pflanzen. Die Firma b.-t. bietet Bionenprodukte in Form des vom Kläger verwendeten Bionen-Akkumulators "Typ A", einer schrankähnlichen Gerätschaft zur Ganzkörperbehandlung, eines nur punktuell wirkenden Akkumulators "Typ B" und verschiedener Bionen-Kompressen an.
Der Kläger beantragte am 25. November 2003 die Übernahme der Kosten des Bionen-Akkumulators und legte hierzu ein Attest seiner Nervenärztin Dr. G. vor, wonach sich seit Anwendung der Bionentherapie die mögliche Gehfähigkeit ausgedehnt, der chronische Erschöpfungszustand reduziert und der Schlaf-Wachrhythmus besser reguliert zeige. Die Beklagte lehnte den Antrag nach Einholung einer ablehnenden Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) mit Bescheid vom 20. Februar 2004 und Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 2004 ab. Die hiergegen vom Kläger bei dem Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage (S 8 KR 1903/04) wurde mit Gerichtsbescheid vom 2. Mai 2005 abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung (L 11 KR 2320/05) nahm der Kläger nach einer Erörterung des Sach- und Streitstandes mit der Berichterstatterin des Senats zurück.
Am 9. Juni 2006 beantragte der Kläger erneut die Kostenübernahme für den Bionen-Akkumulator und verwies auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Dezember 2005, 1 BvR 347/98. Er legte den Entlassungsbericht von Prof. Dr. M., Fachklinik für Neurologie D., vor, wo sich der Kläger im April und Mai 2006 aufgehalten hatte. Dr. V. gab auf Nachfrage der Beklagten an, therapeutisches Ziel der Behandlung mit dem Bionen-Akkumulator sei die Vermeidung von weiteren Krankheitsschüben. Die Fragen, ob die Behandlung erfolgreich gewesen sei, und ob es objektivierbare Hinweise auf ein klinisch relevantes Ansprechen der Behandlung im Vergleich zu ausschließlich symptomatisch behandelten Patienten gebe, bejahte er.
Nach Einholung zweier, eine Kostenübernahme nicht befürwortenden Stellungnahmen des MDK lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. September 2006 und Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2006 eine Kostenübernahme ab.
Die hiergegen erhobene Klage des Klägers hat das SG mit Urteil vom 25. Juli 2007 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es könne offen bleiben, ob es sich bei der Bionentherapie mittels Akkumulator um eine ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethode oder um eine Heil- oder Hilfsmittel handle. Jedenfalls bestehe kein Anspruch darauf. Eine Untersuchungs- und Behandlungsmethode bedürfe einer positiven Empfehlung in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung. Liege eine Heil- oder Hilfsmittel vor, fehle es an der Aufnahme in die Heil- und Hilfsmittelrichtlinien. Zu keinem anderen Ergebnis führe der Beschluss des BVerfG vom 6. Dezember 2005, denn die Krankheit des Klägers sei weder akut lebensbedrohlich noch regelmäßig tödlich verlaufend, was auch aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. März 2007, B 1 KR 17/06 R, folge. Zudem fehlten ernsthafte Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg der Bionentherapie.
Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 17. August 2007 zugestellte Urteil am 31. August 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, es sei nicht nachvollziehbar, dass ein entscheidungsrelevanter Heilerfolg durch die Bionentherapie bestritten werde. Von Anfang April bis Ende Mai 2006 habe er den Bionen-Akkumulator nicht benutzt, worauf eine Verschlechterung eingetreten sei. Bisher seien Kosten in Höhe von 10.800 EUR entstanden.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 25. Juli 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 27. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die bisher angefallenen Kosten für den Bionen-Akkumulator in Höhe von 10.800 EUR zu erstatten und die Behandlung zukünftig zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats - jeweils auch im ersten Klage- bzw. Berufungsverfahren - Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die angefallenen Kosten für den Bionen-Akkumulator zu übernehmen und diesen zukünftig zu gewähren.
Für die Vergangenheit begehrt der Kläger die Erstattung der Leasingraten des Bionen-Akkumulators. Nachdem die Höhe der begehrten Erstattung im Berufungsverfahren mit 10.800 EUR beziffert worden ist, macht der Kläger die Leasingraten in den Jahren 2005 bis 2007 geltend. Insoweit ist die Klage teilweise unzulässig, denn nach Rücknahme der Berufung im ersten gerichtlichen Verfahren, entfaltet der Gerichtsbescheid vom 2. Mai 2005, jedenfalls zeitlich befristet bis zu seinem Erlass, materielle Rechtskraft (§ 141 Abs. 1 SGG). Eine erneute Klage ist nicht zulässig (Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005 § 141 Rdnr. 6 m.w.N.). Wenn man den Antrag vom 9. Juni 2006 (auch) als Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ansehen würde, wäre die Klage, jedenfalls die Berufung unzulässig, denn hierüber haben weder die Beklagte noch das SG entschieden.
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie nicht begründet.
Der Senat kann offen lassen, ob ein Kostenerstattungsanspruch schon daran scheitert, dass die Rechnungen der Firma b.-t. vom Kläger noch gar nicht bezahlt worden sind. Hieran bestehen Zweifel, denn der Kläger hat zuletzt eine Mahnung vom 2. Januar 2008 vorgelegt, wonach 7.200 EUR (die Leasingraten für 2006 und 2007) offen sind. Sind die Rechnungen nicht bezahlt, wäre das Begehren des Klägers als solches auf Freistellung von den Zahlungsverpflichtungen anzusehen und der Antrag, an dessen Fassung der Senat nicht gebunden ist (§ 123 SGG), entsprechend auszulegen.
Bei der vom Kläger durchgeführten Bionentherapie mittels Bionen-Akkumulator handelt es sich nicht um eine ärztliche Behandlung. Diese umfasst nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Die Benutzung des Bionen-Akkumulators setzt aber eine irgendwie geartete ärztliche Mitwirkung nicht voraus. Es handelt es sich auch um kein Heilmittel nach § 32 SGB V, denn darunter sind ärztlich verordnete Dienstleistungen zu verstehen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden dürfen (BSG, Urteil vom 28. September 2006, B 3 KR 28/05 R, für SozR vorgesehen ). Es handelt sich vielmehr um ein sächliches medizinisches Mittel, das den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder die Folgen von Gesundheitsschäden mildern oder ausgleichen soll (BSG, Urteil vom 28. September 2006, a.a.O.), damit um ein Hilfsmittel nach § 33 SGB V.
Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Alternative), einer drohenden Behinderung vorzubeugen (2. Alternative) oder eine Behinderung auszugleichen (3. Alternative), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Der hiermit nur unvollständig umschriebene Begriff des Hilfsmittels wird in § 31 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) konkretisiert, der die "Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen" betrifft und auch für die Krankenkassen als Rehabilitationsträger gilt. Danach umfasst die Versorgung mit Hilfsmitteln (Körperersatzstücke sowie orthopädische und andere Hilfsmittel) im Sinne des § 26 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX (Leistungen zur medizinischen Rehabilitation behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen) die technischen Hilfen, die von den Leistungsempfängern getragen oder mitgeführt oder bei einem Wohnungswechsel mitgenommen werden können und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sind, um einer drohenden Behinderung vorzubeugen (Nr. 1), den Erfolg einer Heilbehandlung zu sichern (Nr. 2) oder eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen (Nr. 3), soweit sie nicht allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind (so BSG, Urteil vom 28. September 2006, a.a.O.).
Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach der Vorschrift des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V besteht nicht. Konnte die Krankenkasse danach eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistungen notwendig war.
Eine unaufschiebbare Leistung (1. Fall des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V) lag nicht vor. Dies ist nur anzunehmen, wenn eine Leistungserbringung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs bis zur Entscheidung in der Krankenkasse mehr besteht (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006, B 1 KR 8/06). Der Kläger war wegen der Beschwerden, als deren Ursache die Encephalomyelitis disseminata anzusehen ist, aber schon Jahre in Behandlung. Es ist auch nicht erkennbar, dass mit der Behandlung durch den Bionen-Akkumulator nicht noch einige Zeit hätte zugewartet werden können.
Die Beklagte hat die Leistung auch nicht zu Unrecht abgelehnt (2. Fall des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V).
Der Senat kann zunächst offen lassen, ob dem Anspruch - zumindest teilweise - entgegensteht, dass die Beklagte vor dem Behandlungsbeginn noch nicht über die Behandlung entschieden hatte (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006, a.a.O.; Urteil vom 2. November 2007, B 1 KR 14/07 R). Geltend gemacht wird, wie dargelegt, eine Kostenerstattung seit Anfang 2005. Der hier ablehnende Bescheid datiert aber erst vom 27. September 2006.
In jedem Fall scheidet eine Kostenerstattung aus, weil die Beklagte nicht verpflichtet gewesen wäre, das Hilfsmittel als Sachleistung zu gewähren. Der Anspruch eines Versicherten auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) unterliegt den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Leistung - wie im vorliegenden Fall - nach eigener Einschätzung des Versicherten oder des behandelnden Arztes angezeigt ist oder einzelne Ärzte die Untersuchung befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Leistung rechtlich von der Leistungspflicht der GKV umfasst sein.
Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkasse erbrachten Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung (BSG, Urteil vom 28. September 2006, a.a.O.).
Für die Bewertung von neuen Hilfsmitteln kann jedenfalls dann grundsätzlich nichts anderes gelten, wenn es um ein Hilfsmittel geht, das der Anwendung einer neuen Behandlungsmethode dient. Dann ist zunächst die Anerkennung der neuen Behandlungsmethode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 135 SGB V herbeizuführen, ehe das der Durchführung dieser neuen Methode dienende Hilfsmittel überhaupt in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen werden kann (BSG, Urteil vom 28. September 2006, a.a.O.; vgl. auch Urteil vom 16. September 2004, B 3 KR 20/04 R, SozR 4- 2500 § 33 Nr. 8).
Die Bionentherapie ist eine neue Behandlungsmethode, weil sie als abrechnungsfähige ärztliche Leistung nicht im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 12/05 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 8). Ihr mangelt eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses. Demgemäß ist der Bionen-Akkumulator auch nicht in den entsprechende Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V, den Richtlinien über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Hilfsmittel-Richtlinien), enthalten.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen zum so genannten "Systemversagen". Danach kann ungeachtet des in § 135 Abs. 1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Gemeinsamen Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde. In Fällen, in denen die im Gesetz vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist, muss nämlich die Möglichkeit bestehen, das Anwendungsverbot auf andere Weise zu überwinden. Ein solcher Systemmangel kann vorliegen, wenn das Verfahren vor dem Gemeinsamen Bundesausschuss von den antragsberechtigten Stellen bzw. dem Gemeinsamem Bundesausschuss selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß betrieben wurde und dies auf eine willkürliche oder sachfremde Untätigkeit bzw. Verfahrensverzögerung zurückzuführen ist (BSG, Urteil vom 4. April 2006, B 1 KR 12/05 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 8; Urteil vom 26. September 2006, B 1 KR 3/06 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 10; Urteil vom 27. März 2007, B 1 KR 25/06 R, für SozR vorgesehen).
Ein solches Systemversagen lässt sich hier nicht feststellen. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass beim Gemeinsamen Bundesausschuss ein formelles Verfahren initiiert worden ist, er - auch vor dem Hintergrund innerhalb der GKV vorhandener Diagnoseverfahren - sonst Anlass hatte, sich mit der Bionentherapie auseinanderzusetzen und damit letztlich die Untersuchungsmethode in den Leistungskatalog der GKV hätte aufgenommen werden müssen.
Ein Anspruch des Klägers kann auch nicht darauf gestützt werden, dass seine Erkrankung so beschaffen ist, dass sie weltweit nur extrem selten auftritt und deshalb im nationalen wie internationalen Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden kann. In einem solchen Fall hat der Gemeinsame Bundesausschuss keine Befugnis, in seinen Richtlinien generalisierend zur Qualität der Untersuchung Stellung zu nehmen, weil die Sperrwirkung des in § 135 Abs. 1 SGB V vorgeschriebenen Leistungsverbots mit Erlaubnisvorbehalt nur Methoden erfasst, die bei einem bestimmten Krankheitsbild systematisch angewendet werden (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004, B 1 KR 27/02 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 1). Die Encephalomyelitis disseminata ist eine durchaus nicht seltene Erkrankung (so auch BSG, Urteil vom 27. März 2007, a.a.O.).
Zu Gunsten des Klägers folgt auch nichts aus dem Beschluss des BVerfG vom 6. Dezember 2005. Danach ist es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende medizinische Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
Um eine derartige Konstellation geht es hier aber nicht. Die Erkrankung des Klägers ist weder lebensbedrohlich noch regelmäßig tödlich verlaufend. Sie kann trotz der erheblichen, vom Senat nicht die als gering angesehenen Auswirkungen, hiermit auch nicht gleichgestellt werden. Dies hat das BSG bereits mit Urteil vom 27. März 2007, a.a.O., für die Encephalomyelitis disseminata mit sekundär-progredientem Verlauf entschieden. Der Senat schließt sich dem an.
Weiterhin steht eine dem medizinischem Standard entsprechende medizinische Behandlung zur Verfügung, nämlich die von Prof. Dr. M. durchgeführte Behandlung mit Cortison sowie die - allerdings vom Kläger abgelehnte - Behandlung mit Mitroxantron.
Schließlich vermag der Senat auch keine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf durch den Bionen-Akkumulator zu erkennen, denn die Bionentherapie ist zu weit von einem mit Vernunftgründen nachvollziehbaren Behandlungsansatz gelöst. Die von den Vertretern der Bionentherapie propagierte allgemeine Lebensenergie ist, wie auch Dr. H. und Dr. B. (beide MDK) in ihren Gutachten im Verwaltungsverfahren dargelegt hat, bisher nicht nachgewiesen worden. Schon die physikalischen Grundlagen sind nicht bewiesen. Auch das Europäische Patentamt hat in seiner Entscheidung vom 16. Mai 2006, T 0058/05, in der es um den Patentschutz für eine Bionen-Kompresse ging, deutlich ausgesprochen, dass es keinen den allgemein anerkannten naturwissenschaftlichen Kriterien entsprechenden Nachweis darüber gibt, ob die Orgonenergie bzw. Bione tatsächlich existieren, ob und in wie diese beherrschbar wären, oder ob und in welcher Art Wechselwirkungen mit pathologischen Zuständen von Patienten auftreten. Vielmehr handelt es sich um ein nach wie vor umstrittenes Grenzgebiet der Wissenschaft. Studien über eine Wirksamkeit der Bionentherapie liegen nicht vor. Die von Dr. V. im Verwaltungsverfahren dargelegten Messungen können sich höchstens auf physikalische oder chemische Phänomene beziehen, lassen jedoch Auswirkungen auf Erkrankungen am Menschen nicht erkennen. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass es Herstellern von Produkten der Bionentherapie auch wettbewerbsrechtlich untersagt worden ist, mit wissenschaftlichen Wirkungsbehauptungen auch im Bereich nicht krankhafter Beschwerden zu werben (OLG Nürnberg, Urteil vom 21. Januar 1997, 3 U 3246/96).
Daran ändern auch die Erfahrungen des Klägers mit der Methode nichts. Das bereits im früheren Verfahren vorgelegte Attest von Dr. G. enthält keine Aussagen zur Wirksamkeit der Bionentherapie. Im Entlassungsbericht von Prof. Dr. M. wurden lediglich die anamnestischen Angaben des Klägers zur Durchführung der Bionentherapie wiedergegeben, diese jedoch inhaltlich nicht bewertet. Auf Grund der hohen Entzündungsaktivitäten der Encephalomyelitis disseminata riet Prof. Dr. M. dem Kläger vielmehr, die 2002 abgebrochene medikamentöse Therapie mit Mitroxantron wiederaufzunehmen, was dieser jedoch ablehnte. Dr. K. führte in seiner ärztlichen Bescheinigung ausdrücklich an, dass er den Nutzen der Bionentherapie nicht beurteilen könne und der Umstand, dass es nach seiner Einschätzung in den letzten drei Jahren zu keiner wesentlichen Verschlechterung der Erkrankung gekommen sei, keinen sicheren Beweis darstelle, dass dies auf die Bionentherapie zurückzuführen sei. Dr. V. bejahte zwar im Verwaltungsverfahren die Fragen nach einem therapeutischen Erfolg der Behandlung mit dem Bionen-Akkumulator, ging aber nicht auf die von der Beklagten erbetene Verlaufdokumentation und etwaige objektivierbare Hinweise auf ein klinisch relevantes Ansprechen der Behandlung ein. Eine vorübergehende Besserung oder ein Stillstand der Erkrankung des Klägers kann, wie der MDK im Verwaltungsverfahren ausgeführt hat, auch ohne jede Behandlung vorkommen.
Aus den genannten Gründen, die einer Erstattung der Kosten den Bionen-Akkumulator bzw. der Freistellung von diesen Kosten entgegenstehen, scheidet auch ein Anspruch auf Gewährung für die Zukunft aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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