S 12 KA 1033/05

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 1033/05
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Koordination der Budgetierungsmaßnahmen nach Leitzahl (LZ) 506 HVM KV Hessen und Anlage 3 zu LZ 702 HVM KV Hessen (hier: Quartal IV/03) fehlt es an einer Regelung. Eine Verwaltungspraxis kann noch hingenommen werden, wenn sie im Sinne einer sog. Bestwertregelung verfährt, also die Punktwertminderungen aufgrund der Budgetierungsmaßnahme nach LZ 506 HVM zunächst durch Abzug der Punktezahlen durchführt, die nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM zum unteren Punktwert vergütet werden. Es ist jedoch fehlerhaft, LZ 702 HVM getrennt nach ambulantem und stationärem Bereich durchzuführen, und lediglich die Punktzahlen aus dem ambulanten Bereich zum unteren Punktwert zu berücksichtigen.
1. Unter Abänderung des Honorarbescheides vom 17.06.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2005 wird die Beklagte verpflichtet, die Klägerin über ihren Honoraranspruch für das Quartal IV/03 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Honorars in dem Quartal IV/03.

Die Klägerin ist eine mit Praxissitz in A-Stadt. Sie besteht aus zwei zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten. Dr. med. B ist Facharzt für Orthopädie mit den Zusatzbezeichnungen Rheumatologie und Chirotherapie, Frau Dr. med. C ist Fachärztin für Chirurgie. In dem streitbefangenen Quartal ergaben sich folgende Abrechnungswerte:

Honorarbescheid vom 17.06.04
Nettohonorar in Euro 122.210,02
Bruttohonorar in Euro Primärkassen 72.678,50
Ersatzkassen 44.883,01
Gesamt 117.561,51
Fallzahl d. Kl. PK + EK 2.606
Maßnahme nach LZ 505 HVM keine

Maßnahme nach LZ 506 HVM
Wert aus IV/02 in Punkten 3.513.181,1
Budget aus II/02 zzgl. 2 % 3.583.444,7
Honoraranforderung in Punkten 4.119.684,5
Honoraranforderung in Punkten bereinigt 4.097.558,5
Überschreitung 514.113,8
Honoraranforderung in Punkten, bereinigt abzgl. Festvergütungen und stationärer Behandlung 3.095.990,5
Quote 83,39 %
Kürzung nach LZ 506 HVM in Punkten
PK 295.529,2
EK 218.405,4
gesamt 513.934,6

Maßnahme nach Anl. 3 zu LZ 702 HVM
Wert ambulant + stationär Ausgangsquartal II/02 in Punkten
PK 1.861.562,0
EK 1.416.129,0
gesamt 3.277.691,0

Aktuelles Quartal ambulant: Oberer PW PK 1.633.010,4
EK 1.306.328,0
Summe 2.939.338,4

Aktuelles Quartal ambulant: Unterer PW PK 147.285,1
EK 9.367,0
Summe 156.652,1

Aktuelles Quartal stationär: Oberer PW PK 228.552,0
EK 109.801,0
Summe 338.353,0

Aktuelles Quartal stationär: Unterer PW PK 421.207,0
EK 109.723,0
Summe 530.930,0

Wert ambulant + stationär Oberer PW
Aktuelles Quartal in Punkten PK 1.861.562,4
EK 1.416.129,0
gesamt 3.277.691,4

Wert ambulant + stationär Unterer PW
Aktuelles Quartal in Punkten PK 568.492,1
EK 119.090,0
gesamt 687.582,1

Summe Oberer u. Unterer PW, ambulant und stationär (PK+EK) 3.965.273,5

Wert der Honorargruppe in Punkten Bruttohonorar ist das Honorar für Primär- und Ersatzkassen ohne sonstige Kostenträger und vor Abzug von Verwaltungskosten.

Gegen den Honorarbescheid vom 17.06.2004 für das streitbefangene Quartal legte die Klägerin am 07.10.2004 Widerspruch ein. Sie trug vor, sie begehre die Auszahlung der im stationären Bereich budgetierten Leistungen (421.207,0 + 109.723,0 = 530.930,0 Punkte). Seit 2000 habe sie wegen restriktiver Vorgaben seitens der Kostenträger für das H-Krankenhaus die belegärztlichen Leistungen zurücknehmen müssen. Insofern unterliege sie bereits einer Budgetierung. Die belegärztliche orthopädische Abteilung des H-Krankenhauses sei die einzige orthopädische Abteilung des Wetteraukreises mit 280.000 Einwohnern. Es bestünden Wartezeiten von vier bis sechs Monaten. Ermächtigungen zweier Ärzte seien eingeschränkt worden.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2005 den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie erläuterte im Einzelnen die Rechenschritte und führte weiter aus, für die Honorarbegrenzung nach LZ 506 HVM seien Anhaltspunkte für eine Sonderregelung nicht ersichtlich. Budgetierungsvorgaben des Krankenhauses seien nicht zu berücksichtigen. Die von der Klägerin durchgeführten Leistungen würden von einer ausreichenden Zahl von Ärzten erbracht werden. Aus den gleichen Gründen sei eine Sonderregelung für die Maßnahme nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM nicht möglich. Das zu berücksichtigende Nettohonorar liege mit 111.561,51 Euro über dem arztgruppenbezogenen Durchschnitt von 104.703,38 Euro (52.351,96 Euro x 2).

Hiergegen hat die Klägerin am 27.10.2005 die Klage erhoben. Sie trägt ergänzend vor, bei dem Quartal IV/02 handele es sich um ein Ausreißerquartal. Es sei im stationären Bereich ein Honorarumsatz von nur 17.299,72 Euro erzielt worden, in den übrigen Quartalen immer mindestens 30.000,00 Euro. Dies liege daran, dass in diesem Quartal nur eine verminderte Zahl von Belegbetten zur Verfügung gestanden hätte. Es sei das Quartal IV/01 als Vergleichsquartal heranzuziehen. Im Krankenhausplan seien 15 Belegbetten verankert. Diese würden zusammen mit dem orthopädischen Kollegen S. genutzt, sodass Dr. B in der Regel 7 Betten zur Verfügung gestanden hätten. Im Belegarztvertrag sei festgelegt, dass kein Anspruch auf ständige Überlassung einer bestimmten Anzahl von Betten bestehe. Von diesem Recht habe der Krankenhausträger im Quartal IV/02 Gebrauch gemacht. Sie reiche eine Übersicht ein, in der die Krankenhaustage quartalsbezogen dargestellt würden. Im Quartal V/02 habe die Zahl der Krankenhaustage bei etwa 50 % des Quartalsdurchschnitts gelegen, abgesehen vom Quartal III/04, in dem Dr. B wegen einer der Beklagten gemeldeten Erkrankung eingeschränkt operiert habe. Abgesehen von statistischen Schwankungen ergäben sich keine wesentlichen Änderungen des OP-Spektrums, auch nicht im Quartal IV/02. Das Individualbudget werde auch getrennt nach ambulanten und stationären Leistungen berechnet und budgetiert. Von den angeforderten stationären Leistungen seien lediglich 258.552 Punkte von 648.759 Punkten bei den Primärkassen und 109.801 Punkten von 219.524 Punkten bei den Ersatzkassen entgolten worden. Die geringere Anzahl von Belegbetten im Quartal IV/02 sei von ihr nicht zu vertreten und bedeute im Ergebnis, dass lediglich 38,9 % der stationären Leistungen entgolten worden seien. Es solle das entsprechende Quartal des Jahres 2001 als Referenzquartal zugrunde gelegt werden. Spätestens seit Mai 1999 sei eine Unterversorgung des Wetteraukreises mit orthopädischen Akutbetten bekannt. Bei einem rechnerischen Bedarf von 87 Betten stünden für die Bevölkerung lediglich 15 orthopädische Akutbetten zur Verfügung. Sie hat auch eine Aufstellung der Endoprothesenversorgung für die 4. Quartale der Jahre 2001 – 2005 eingereicht.

Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Honorarbescheides vom 17.06.04 in der Gestalt der Widerspruchsbescheides vom 04.10.2005 die Beklagte zu verpflichten, sie über den Honoraranspruch für das Quartale IV/03 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.

Die Beklagte trägt ergänzend zu ihren Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid vor, Anhaltspunkte für eine Sonderregelung seien nicht ersichtlich. Eine nachgewiesene Praxisunterbrechung von 2 Wochen sei nicht gegeben. Die Klägerin habe nicht substantiiert dargelegt, in welchen Umfang ihr nur eine verminderte Anzahl von Belegbetten zur Verfügung gestanden habe. Hinsichtlich OP-Zahlen habe kein Unterschied zum Jahr 2001 bestanden. Eine geringere Belegbettenzahl führe nicht zwangsläufig zu einem geringeren Honorarumsatz. Es würde auch keine getrennte Budgetierung bzgl. stationärer und ambulanter Leistungen erfolgen. Beide Bereiche würden als Gesamtbudget betrachtet. Es sei daher möglich, evtl. niedrigere Honorarumsätze im stationären Bereich durch Leistungen im ambulanten Bereich auszugleichen. Grundgedanke der Individualbudgetierung sei, dem einzelnen Vertragsarzt eine gewisse Planungs- und Kalkulationssicherheit zu geben, die Punktwerte zu stabilisieren und Schwankungen zu vermeiden. Jedwede individuellen Umstände könnten nicht berücksichtigt werden. Die Klägerin habe erstmals im gerichtlichen Verfahren zur Begründung einer Sonderregelung für das Quartal IV/03 argumentiert, in dessen Referenzquartal IV/02 habe die übliche Anzahl von Belegbetten nicht zur Verfügung gestanden. Dem stünden die Ausführungen im Verwaltungsverfahren entgegen, das H-Krankenhaus habe sie gebeten, bis zu einem Budgetabschluss für 2002 sich an die OP-Zahlen des Jahres 2001 zu halten und versichert, sich für eine Erhöhung einer OP-Zahl einzusetzen. Was erreicht worden sei, bleibe offen. Anhand der Verwaltungsakte sei festzustellen, dass die Anzahl der Operationen im Hüftendoprothesen von 46 im Jahre 2004 (vgl. Bl. 45 der Verwaltungsakte) identisch sei mit der Anzahl im Jahre 2002 (vgl. Bl. 43 der Verwaltungsakte). Die Anzahl der OP-Mengen stehen bereits am Anfang des Jahres fest. Spezielle Schwankungen im IV Quartal eines jeden Jahres seien mit derartigen Aussagen zumindest nach jetzigem Kenntnisstand nicht erklärbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist auch begründet. Der Honorarbescheid vom 17.06.04 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2005 ist rechtswidrig und war deshalb abzuändern. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Neubescheidung über ihren Honoraranspruch für das Quartale IV/03 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

Die Beklagte hat durch Beschluss ihrer Abgeordnetenversammlung vom 11.06.2003 ihre Grundsätze der Honorarverteilung neu gefasst, veröffentlicht als Anlage zum Rundschreiben 5/6 der Bekanntmachung vom 25.06.2003 (info.doc Nr. 5/6 Juni 2003) (im Folgenden: HVM).

Nach Leitzahl (LZ) 506 "Begrenzung der Honorarforderungen" gilt Folgendes:

Die Honorarforderungen (Leistungsbedarf) der niedergelassenen Ärzte (ausgenommen Ärzte für Psychotherapeutische Medizin und psychotherapeutisch tätige Ärzte (VfG 55-00, VfG 55-01), Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (VfG 72, 83-81, 84, 85-21, 85-95, 86-81) sowie Ärzte/Praxen der Honorar(unter)gruppe B 2.23) unterliegen (nach vorheriger Durchführung der Maßnahmen nach LZ 501 bis 505) einer Begrenzung gemäß nachstehender Bestimmungen, sofern im aktuellen Abrechnungsquartal die Honorarforderungen (ambulant und stationär) der jeweiligen Arzt-/Fachgruppe im Vergleich zum entsprechenden Quartal des Jahres 2002 um mehr als 1 % gestiegen ist.

Bei der Feststellung der Veränderung der Honorarforderungen (des Leistungsbedarfes) ist im Ausgangsquartal auf die Honorarforderungen (Leistungsbedarf) vor Anwendung der Maßnahmen nach der seinerzeit gültigen LZ 208 und Anlagen abzustellen. Dabei bleiben Honorarforderungen (Leistungsbedarf) aus &8722; Abrechnungsfälle, die gemäß LZ 701 d zur Honorierung kommen, sowie aus &8722; Hausärztliche Grundvergütung nach Nr. 8066 (Honorargruppe 1) &8722; Leistungen, die gemäß LZ 701 d zur Honorierung kommen &8722; Vertraglich vereinbarte Kosten des Kapitels O EBM (Nrn. 3450 bis 4826 EBM – Honorargruppe 3) &8722; Kapitel U unberücksichtigt.

Liegt ein Anstieg von mehr als 1 % in einer Arzt-/Fachgruppe vor, so ist für diese Arzt-/Fachgruppe eine Honorarbegrenzung im aktuellen Abrechnungsquartal im Einzelnen wie folgt durchzuführen.

1. Für jede einzelne Praxis dieser Arzt-/Fachgruppe ist (unter der Voraussetzung einer gleichen Zahl von Praxismitgliedern) die Honorarforderung im entsprechenden Vergleichsquartal des Jahres 2002 (Ausgangsquartal - vor Anwendung der Maßnahme nach der seinerzeit gültigen LZ 208 und Anlagen) sowie im aktuellen Abrechnungsquartal festzustellen. Dabei bleiben neben den vorstehend bereits beim Vergleich auf Arzt-/Fachgruppenebene unberücksichtigt gebliebenen Honorarforderungen auch die Honorarforderungen für Leistungen, für die ein Mindestpunktwert definiert ist (in den beiden relevanten Quartalen), unberücksichtigt.

2. Bei Vergleich der gemäß Ziffer 1 festgestellten Honorarforderung (Leistungsbedarf) zwischen Ausgangs- und Abrechnungsquartal wird ein Zuwachs bis zu einer Grenze von 2 % (im Abrechnungsquartal) anerkannt. Darüber hinausgehende Honorarforderungen sind von der Honorierung ausgeschlossen.

Zur Umsetzung dieser Vorgabe des Honorierungsausschlusses wird der über die Grenze von 2 % hinausgehende Anteil der Honorarforderung im Sinne einer Quotierung auf den anerkennungsfähigen Teil der Honorarforderungen (nach Ziffer 1) reduziert um die Honorarforderungen aus &8722; stationären belegärztlichen Leistungen &8722; Abrechnungsfälle im organisierten Notdienst (Muster 19 a der Vordruckvereinbarung) &8722; Leistungen im organisierten Notdienst, die mit Nr. 99 gekennzeichnet sind, &8722; Leistungen mit festen Punktwerten und Kostenerstattungen gemäß LG 14 umgelegt.

3. Soweit für eine Praxis eine Honorarforderung im entsprechenden Vergleichsquartal des Jahres 2002 nicht zur Verfügung steht, ist die durchschnittliche Honorarforderung je Arzt der Arzt-/Fachgruppe in dem betreffenden Quartal des Jahres 2002 zugrunde zu legen. Von der genannten Voraussetzung des Nichtvorliegens einer Honorarforderung aus dem jeweiligen Quartal des Jahres 2002 ist dann nicht auszugehen, wenn mindestens ein Mitglied der Praxis bereits im entsprechenden Vorjahresquartal niedergelassen ist. In diesem Fall bestimmt sich die Honorarforderung des entsprechenden Quartal des Jahres 2002 unter Berücksichtigung der Zahl der neu in einer Praxis eingetretenen bzw. ausgeschiedenen Praxisteilnehmer, für die in der Regel die entsprechende durchschnittliche Honorarforderung je Arzt der jeweiligen Arzt-/Fachgruppe als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist.

Im Sinne einer Sonderregelung ist bei fachärztlich tätigen Internisten mit bzw. ohne Schwerpunkt (VfG 33, ausgenommen VfG 33-10) und Lungenärzte (VfG 45) für die Berechnungen nach Ziffer 1 und 2 auf die Ausgangsquartale 2/03 für das Abrechnungsquartal 3/03 bzw. 1/03 für das Abrechnungsquartal 4/03 abzustellen.

4. Ergänzende Vorgaben sowie Regelungen zur Durchführung vorstehender Begrenzungsbestimmungen erlässt der Vorstand.

Nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM gelten abweichend von den Honorierungsvorgaben in den Anlagen 1 bzw. 2 zu LZ 702 HVM betreffend die Honorierung der Honorarforderungen in den Honorargruppen A2 bzw. B2 mit einem rechnerischen Verteilungspunktwert für die nachstehend aufgeführten Honorar(unter)gruppen Sonderregelungen:

1. Honorar(unter)gruppen A 2.1 bis A 2.3.1, B 2.1 bis B 2.5.1, B 2.6, B 2.7.1, B 2.8 und B 2.9 Für die einzelnen Praxen in den Honorar(unter)gruppen A 2.1 bis A 2.3.1, B 2.1 bis B 2.5.1, B 2.6, B 2.7.1, B 2.8 und B 2.9 gelten bei getrennter Anwendung in den einzelnen Honorar(unter)gruppen folgende Bewertungsvorgaben:

1. Für die der Honorargruppe 2 zugeordneten Honorarforderungen aus ambulanter und stationärer Tätigkeit steht bei getrennter Betrachtung für Primär- und Ersatzkassen jeweils maximal das der Praxis für die vergleichbare Honorarforderung in Punkten im entsprechenden Quartal des Jahres 2002 bei Primärkassen und bei Ersatzkassen vergütete Honorarvolumen zur Verfügung. Die Honorarzahlung im aktuellen Quartal reduziert sich anteilig im Verhältnis zur Reduktion der Honorarforderungen bei Vergleich zwischen aktuellem Abrechnungsquartal und entsprechendem Vorjahresquartal.

2. Soweit für eine Praxis eine solche Honorarzahlung im entsprechenden Quartal des Jahres 2002 nicht zur Verfügung steht, ist auf die durchschnittliche Honorarzahlung je Arzt der Arzt-/Fachgruppe (in dem betreffenden Quartal des Jahres 2002) abzustellen mit der dazugehörigen durchschnittlichen Honorarforderung in Punkten. Von der genannten Voraussetzung des Nichtvorliegens einer Honorarforderung bzw. Honorarzahlung aus dem jeweiligen Quartal des Jahres 2002 ist dann nicht auszugehen, wenn mindestens ein Mitglied der Praxis bereits im entsprechenden Vorjahresquartal niedergelassen gewesen ist. In diesem Fall bestimmt sich die durchschnittliche Honorarzahlung des entsprechenden Quartals des Jahres 2002 unter Berücksichtigung der Zahl der neu in eine Praxis eingetretenen bzw. ausgeschiedenen Praxisteilnehmer, für die in der Regel die entsprechende durchschnittliche Honorarforderung bzw. Honorarzahlung je Arzt-/Fachgruppe als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist. Wird eine Einzelpraxis übernommen, kann anstelle der Regelung nach Satz 1 auch die Honorarzahlung aus der bisherigen Praxistätigkeit im entsprechenden Vergleichsquartal des Jahres 2002 zugrunde gelegt werden. Ist eine "junge Praxis" nach Maßgabe der LZ 505 von der fallzahlabhängigen Bewertung freigestellt, kann hier maximal ihre Fallzahl im aktuellen Quartal multipliziert mit der durchschnittlichen fallbezogenen Honorarforderung bzw. mit der durchschnittlichen fallbezogenen Honorarzahlung zuerkannt werden. Ziffer 1 letzter Absatz gilt für alle Fallgestaltungen unter Ziffer 2 entsprechend.

3. In begründeten Ausnahmefällen (Urlaub, Krankheit etc.) kann auf Beschluss des zuständigen Geschäftsausschusses anstelle des entsprechenden Vergleichsquartals aus dem Jahre 2002 als Referenzquartal das entsprechende Quartal des Jahres 2001 zugrunde gelegt werden.

4. Steht im Rahmen der Honorarabrechnung des aktuellen Quartals kein ausreichendes Honorarvolumen für die Bedienung der bisherigen Honorarzahlungen nach Ziffer 1 sowie von Honorarforderungen, berechnet nach Ziffer 2, an die teilnehmenden Ärzte bzw. Praxen in den jeweiligen Honorar(unter)gruppen zur Verfügung, so ist eine Quotierung unter Berücksichtigung des zur Verfügung stehenden Verteilungsbetrages vorzunehmen.

5. Ergänzende Vorgaben sowie Regelungen zur Durchführung der Honorierungsbestimmungen erlässt der Vorstand.

Die Regelungen selbst sind nicht zu beanstanden.

Die Budgetierung nach LZ 506 HVM und das Individualbudget nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM dienen gerade einer Punktwertstabilisierung, indem sie Leistungsausweitungen nur begrenzt zulassen. Das Bundessozialgericht hat sog Individualbudgets wiederholt für rechtens erklärt, die nach Abrechnungsergebnissen des jeweiligen Arztes aus vergangenen Zeiträumen bemessen wurden und dessen gesamtes Leistungsvolumen umfassten (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 08.02.2006 - B 6 KA 25/05 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 23 = BSGE 96, 53 = MedR 2006, 603 = NZS 2006, 667, juris Rdnr. 23 unter Hinweis auf BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 5; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 6 Rdnr. 9, 11; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr. 2, jeweils Rdnr. 53, 56; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr. 10 Rdnr. 21, 25; - vgl. auch die Beispielsaufzählung in BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 17 Rdnr. 22). Dem liegt die berechtigte Annahme zu Grunde, dass der in der Vergangenheit erreichte Praxisumsatz bei typisierender Betrachtung ein maßgebendes Indiz für den Umfang ist, auf den der Vertragsarzt seine vertragsärztliche Tätigkeit ausgerichtet hat. Die sachliche Rechtfertigung für solche Honorarkontingente ergibt sich aus dem Ziel, die Anreize zur Ausweitung der Leistungsmenge zu verringern, dadurch die Gesamthonorarsituation zu stabilisieren und damit die Kalkulierbarkeit der Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit zu verbessern sowie die Versorgungsqualität zu steigern (vgl. BSG, Urt. v. 10.12.2003 - B 6 KA 54/02 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 5 = BSGE 92, 10 = GesR 2004, 325 = NZS 2004, 612, juris Rdnr. 17). Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass die Rechtssprechung des Bundessozialgerichts zu den Praxisbudgets von der Rechtmäßigkeit der Praxisbudgets für die Vergangenheit ausgeht. Lediglich für die Zukunft sollte eine Neubemessung vorzunehmen sein (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 23.05.2007 - B 6 KA 16/06 R – juris Rdnr. 13 m.w.N.).

Der von der Rechtsprechung des BSG aufgestellte Schutz beinhaltet lediglich die Möglichkeit, im aktuellen Quartal bis zum Durchschnitt der Fachgruppe wachsen zu können. Umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen - typischerweise insbesondere neu gegründete Praxen - müssen die Möglichkeit haben, durch Erhöhung der Zahl der von ihnen behandelten Patienten den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Dem Vertragsarzt muss die Chance bleiben, durch Qualität und Attraktivität seiner Behandlung oder auch durch eine bessere Organisation seiner Praxis neue Patienten für sich zu gewinnen und so legitimerweise seine Position im Wettbewerb mit den Berufskollegen zu verbessern. Das gilt für die damit verbundenen Umsatzsteigerungen jedenfalls bis zum Durchschnittsumsatz der Fachgruppe (vgl. BSG, Urt. v. 10.12.2003 - B 6 KA 54/02 R -, aaO., juris Rdnr. 26). Ein unbegrenztes Wachstum auch in den ersten Jahren einer Zulassung wird damit nicht garantiert. Nach den von der Klägerin in den streitbefangenen Quartalen erzielten Honorarumsätzen ist nicht ersichtlich, dass sie damit unterhalb der Umsätze ihrer Fachgruppe liegen würde. Dies wird auch nicht vorgetragen. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass das Honorar unangemessen wäre mit der Folge, dass die Klägerin einen Anspruch auf ein höheres Honorar hätte (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - SozR 4-2500 § 72 Nr. 2 = BSGE 94, 50 = GesR 2005, 307 = MedR 2005, 538 = Breith 2005, 817, juris Rdnr. 129 ff.).

Ausgehend von ihren Regelungen im HVM hat die Beklagte zunächst nach LZ 506 HVM insgesamt 513.934,6 Punkte als Kürzungsvolumen errechnet. Soweit die Beklagte für die Budgetierungsmaßnahme nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM ein Punktezahlvolumen von 156.652,1 Punkten für den ambulanten Bereich und 530.930,0 Punkte für den stationären Bereich, jeweils gesamt für den Primär- und Ersatzkassenbereich, errechnet hat, geht sie fehlerhaft von einer getrennten Berechnung für den ambulanten und stationären Bereich aus. In Anlage 3 zu LZ 702 Abschnitt 1.1 unterliegen die der Honorargruppe 2 zugeordneten Honorarforderungen aus "ambulanter und stationärer Tätigkeit" der Budgetierungsmaßnahme. Diese ist lediglich getrennt durchzuführen für den Primär- und Ersatzkassenbereich. Gerade im Hinblick auf die ausdrückliche Erwähnung einer "getrennten Betrachtung" für die Kassenbereiche ist die Vorschrift dahingehend zu verstehen, dass die Honorarforderungen aus ambulanter und stationärer Tätigkeit nicht gesondert budgetiert werden sollen. Dies wird auch dem Sinn und Zweck der Regelung gerecht. Es bleibt dem Vertragsarzt jeweils vorbehalten, ob er den Schwerpunkt seiner Tätigkeit im ambulanten oder im stationären Bereich erbringt. Beides wird abrechnungstechnisch der ambulanten Versorgung zugerechnet. So bleibt es ihm auch vorbehalten, ob er die belegärztliche Tätigkeit aufgibt und sich vermehrt der ambulanten Behandlung widmet. Die Individualbudgetierung nach Leitzahl 702 HVM soll insbesondere eine Ausweitung des Leistungsvolumens verhindern bzw. gibt dem Arzt eine Kalkulationsgrundlage auf den früher abgerechneten Werten. Es ist ab nicht ersichtlich, weshalb deshalb zwischen ambulanter und stationärer, d.h. belegärztlicher Tätigkeit zu differenzieren sei. Hieran fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung im HVM, wobei hier dahingestellt bleiben sein kann, ob eine solche Regelung im Hinblick auf einen Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers zulässig wäre. Ferner kann hier weiter dahingestellt bleiben, ob die fehlerhafte Anwendung der Regelungen zu einer Beschwer des Klägers bei isolierter Betrachtung der Maßnahme nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM geführt hat, da der Kläger sowohl im ambulanten als auch stationären Bereich das Budget überschritten hat, so dass es in beiden Bereichen zu einer Vergütung zum unteren Punktwert geführt hat. Entscheidend ist jedenfalls, dass die Beklagte bei Koordinierung beider Budgetmaßnahmen Punkte aus dem oberen Punktwertbereich abgezogen hat.

Zur Koordination beider Budgetierungsmaßnahmen fehlt es an jeglicher Regelung. Wenn auch die Kammer erhebliche Bedenken hegt, dass dies vom Satzungsgeber nicht selbst eindeutig und nachvollziehbar geregelt wird, was sich insofern auch durch fehlende und insbesondere nachvollziehbare Erläuterungen in den Honorarbescheiden auswirkt, so kann die Praxis der Beklagten noch hingenommen werden, wenn sie im Sinne der von ihr sogenannten Bestwertregelung verfährt, also die Punktwertminderungen aufgrund der Budgetierungsmaßnahme nach LZ 506 HVM zunächst durch Abzug der Punktezahlen durchführt, die nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM zum unteren Punktwert vergütet werden. Im Falle des Klägers hat die Beklagte aber aufgrund ihres fehlerhaften Ansatzes, LZ 702 HVM getrennt nach ambulantem und stationärem Bereich durchzuführen, lediglich die Punktzahlen aus dem ambulanten Bereich zum unteren Punktwert berücksichtigt. Dies war für die Kammer umso unverständlicher, als auch die Maßnahme nach LZ 506 HVM nicht zwischen ambulanter und stationärer Tätigkeit unterscheidet und von daher auch die Kürzungsmaßnahme nicht eindeutig einem dieser Bereiche zugeordnet werden kann. Nach der Berechnung der Beklagten entfallen so im Primärkassenbereich von den nach LZ 506 HVM zu kürzenden 295.529,2 Punkten lediglich 147.285,1 Punkte auf den unteren Punktwert, das ist das Punktzahlvolumen, das im ambulanten Bereich zum unteren Punktwert vergütet wird. Die weiteren 148.244,1 Punkte werden aber vom oberen Punktwert abgezogen und nicht von den übrigen sich aus dem stationären Bereich ergebenen Punkten zum unteren Punktwert. Entsprechend ist die Beklagte auch im Ersatzkassenbereich verfahren. Die Beklagte wird daher bei einer Neubescheidung ein Individualbudget nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM zwar getrennt nach Kassenbereichen, aber nicht getrennt nach ambulanter und belegärztlicher Tätigkeit vorzunehmen haben. Die sich aus LZ 506 HVM ergebende Punktezahlminderung wird sie dann zunächst vollständig mit den Punkten abzugelten haben, die nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM zum unteren Punktwert vergütet worden sind, unabhängig davon, ob diese Punkte im ambulanten oder stationären Bereich angefallen sind. Erst dann, wenn dann noch weitere Punkte aufgrund der Maßnahme nach LZ 506 HVM verbleiben sollten, können diese aus dem Bereich, der zum oberen Punktwert vergütet wurde, abgezogen werden. Eine solche Vorgehensweise folgt auch aus dem Sinn und Zweck beider Maßnahmen. LZ 506 HVM dient, auch nach dem Vortrag der Beklagten, insbesondere als Nachfolgerin der sogenannten Praxisbudgets dazu, Verwerfungen bei der Honorarverteilung innerhalb der Fachgruppen zu verhindern, in dem dann, wenn das Punktezahlvolumen der Fachgruppe insgesamt über bestimmte Werte steigt, eine Budgetierungsmaßnahme greifen muss, die dann auch bei den einzelnen Ärzten ansetzt. Hierdurch soll eine Stabilisierung des Punktwertes folgen, damit auch Stützungsmaßnahmen bei einem Abfall des Punktwertes, die auf Kosten anderer Fachgruppen gehen würden, verhindert werden. Demgegenüber dient die Anlage 3 zu LZ 702 HVM insbesondere dazu, Verwerfungen innerhalb der Fachgruppe zu verhindern, indem an Referenzwerte früherer Quartale angeknüpft wird und eine Garantie für eine bessere Bewertung, den sogenannten oberen Punktwert gegeben wird, Überschreitungen aber nur noch zu einem unteren Punktwert vergütet werden. Beides ist aber unabhängig davon, ob das Punktezahlvolumen im ambulanten oder belegärztlichen Bereich erzielt wird, von daher ist nicht ersichtlich, welcher Sinn einer getrennten Budgetierung zukommen sollte. Entsprechend wird auch dem HVM danach nicht differenziert.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Beklagte aber nicht verpflichtet, bei Anwendungen der Budgetierungsmaßnahme nach Anlage 3 zu LZ 702 HVM als Referenzquartal das Quartal IV/01 anstatt des Quartals IV/02 heranzuziehen. Die Schwankungen, die sich insbesondere in den jeweils 4. Quartalen hinsichtlich der vom Kläger genannten operativen Leistungen ergeben, beruhen im Wesentlichen auf einem Steuerungsverhalten, das der Sphäre der Klägerin zuzurechnen ist. Die Klägerin hat zwar in der mündlichen Verhandlung nochmals dargelegt, dass insbesondere der Krankenhausträger aufgrund entsprechender Vereinbarungen mit den Krankenkassen darauf hingewirkt habe, zum Teil geringere Leistungen zu erbringen, und insofern bei vorhandenem Bedarf die geringere Leistungserbringung insbesondere im Referenzquartal IV/02 nicht von ihr veranlasst sei. Der von ihr gegebene Hinweis, die Leistungsmenge sei von ihr im Ergebnis nicht zu beeinflussen, da die Patienten nicht auf die notwendige Operation hätten länger warten können, war für die Kammer aber insofern nicht nachvollziehbar, als offensichtlich gerade im Referenzquartal IV/02 aus letztlich im stationären Bereich geltenden Budgetbedingungen weniger Leistungen erbracht worden waren, ohne dass aus Sicht der Klägerin ein geringerer Bedarf unmittelbar festzustellen gewesen wäre. Letztlich handelte es sich um eine Begrenzung der Leistungstätigkeit, die die Klägerin aber gegen sich gelten lassen muss, was im Übrigen auch für die anderen Ärzte gilt, die, aus welchen Gründen auch immer, im entsprechenden Referenzquartal geringere Leistungen erbracht haben. Dieses Leistungsverhalten ist der Sphäre der Klägerin zuzurechnen und nicht unmittelbar Sicherstellungsgründen geschuldet. Von daher vermochte die Kammer nicht zu beanstanden, dass die Beklagte diesbezüglich keine Notwendigkeit einer Ausnahmeregelung sah. Vor einer Neubescheidung wird sie daher aus diesem Grund nicht abweichend entscheiden müssen.

Im Ergebnis war der Klage aber stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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