Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 14 Kr 71/93
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 16. Oktober 1992 wird zurückgewiesen.
II. Die Klage gegen die Bescheide der Beklagten vom 4. Juni 1993, 4. Mai 1994, 14. Juni 1994, 12. Januar 1995 und 14. Februar 1995 wird abgewiesen.
III. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung dem Grunde und der Höhe nach für den Zeitraum ab 1983 streitig.
Die Klägerin und der Kläger betreiben eine Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (Klägerin), deren Gegenstand ein "Veranstaltungs-Service” ist. Im einzelnen führt sie Ton-, Licht- und Bühnen-Technik, durch, betreibt Künstlervermittlung, erstellt Konzept, Planung und Durchführung von Werbeshows, Modenschauen, Musikfestivals, Betriebsfesten und ähnlichen Veranstaltungen. Sie ist Mitglied im Interessenverband Deutscher Konzertveranstalter und Künstlervermittler e.V. Erstmals am 10. Juli 1989 übersandte die Beklagte der Klägerin einen Fragebogen zur Überprüfung der Abgabepflicht, den die Klägerin jedoch nicht beantwortete. Nach zweimaliger erfolgloser Erinnerung stellte sie mit Bescheid vom 16. November 1989 fest, daß die Klägerin zum Kreis der abgabepflichtigen Unternehmen nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz gehöre. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin betreibe ein Unternehmen im Sinne des § 24 Abs. 1 Ziff. 3 Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG). Den hiergegen am 11. Dezember 1989 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 1990 zurück.
Am 28. Juni 1990 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Fulda Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie betreibe im wesentlichen eine Modenschaudirektion und Vermittlungsagentur. Als Modenschaudirektion liefere sie von ihr gestaltete Modenschauen. Vom Kunden beziehe sie hierfür eine Gesamtvergütung, aus der auch die mitwirkenden Models und Moderatoren bezahlt würden. Dieser Zweig der gewerblichen Tätigkeit begründe ihres Erachtens keine Abgabepflicht, weil es sich bei den mitwirkenden Personen nicht um darstellende Künstler oder Künstlerinnen im Sinne des § 2 Satz 1 KSVG handele. Aber auch für die Agenturtätigkeit bestehe keine Abgabepflicht. Sie erhalte hier zwar eine Vermittlungsvergütung, Entgeltzahlungen an Künstler leiste sie jedenfalls seit 1987 nicht mehr. In den Jahren 1983 bis 1986 habe sie zwar Entgeltzahlungen geleistet, ein Beitragsanspruch der Beklagten hinsichtlich dieser Jahre sei jedoch verjährt. Soweit das Finanzamt XH. in seinen Gewinnermittlungsbögen für die Jahre ab 1987 "Gagen” festgehalten habe, handele es sich hierbei lediglich um durchlaufende Posten im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 2 Einkommenssteuergesetz. Diese durchlaufenden Posten seien keine Entgeltzahlungen im Sinne des § 25 KSVG. Als Agentur ziehe sie lediglich von Fall zu Fall für die Künstler Vergütungen ein und zahle sie nach Abzug der Vermittlungsprovision aus. Die so beschriebene Tätigkeit erfülle weder den Tatbestand des § 24 Abs. 1 Ziff. 2 KSVG noch die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Ziff. 3 KSVG. Eine Agentur sei keine Konzertdirektion. Im Verhältnis zwischen Künstler und Veranstalter sei sie nicht selbst Vertragspartner, sondern ausschließlich vermittelnder Vertreter. Entsprechend der Systematik des KSVG erfasse dies als abgabepflichtige Unternehmer jedoch nur die "Vermarkter”. Als Vermarkter könne jedoch nur angesehen werden, wer Entgelt im Sinne des § 25 KSVG zahle. Während des Klage- und Berufungsverfahrens hat die Beklagte mit mehreren Bescheiden über die Höhe der Beiträge ab Januar 1983 entschieden. Zunächst hat sie mit Bescheid vom 25. Mai 1991 (Widerspruchsbescheid vom 19. November 1991) über die Höhe der Beiträge für den Zeitraum von Januar 1983 bis Dezember 1991 entschieden. Diese Bescheide waren Gegenstand des beim Sozialgericht Fulda anhängigen Verfahrens mit dem Aktenzeichen S-2c/An-477/91. Mit Bescheid vom 12. Dezember 1991 (Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 1992) hat die Beklagte ihren ersten Beitragsbescheid abgeändert und festgestellt, daß der Beitragsanspruch für den Zeitraum von Anfang 1983 bis Ende 1985 verjährt sei. Für den Zeitraum von Januar 1986 bis Dezember 1991 hat sie insgesamt an Beiträgen 48.998,36 DM gefordert, wobei der Berechnung für die Jahre 1986 bis 1990 eine Schätzung zugrunde lag. Gegen diese Bescheide hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Fulda Klage erhoben (Az.: S-2c/An-99/92). Mit Bescheid vom 4. Juni 1993 hat die Beklagte über die für das Beitragsjahr 1992 zu fordernden Beiträge entschieden. Aufgrund einer im März 1994 erstmals durchgeführten Betriebsprüfung hat die Beklagte mit Bescheid vom 4. Mai 1994 in Abänderung ihrer bisherigen Bescheide über die Abgabeschuld für die Jahre von 1989 bis 1993 neu entschieden. Sie hat hierfür insgesamt 3.906,40 DM gefordert. Mit Bescheid vom 14. Juni 1994 hat sie in Abänderung ihrer bisherigen Bescheide neu über die Beiträge für die Jahre 1986 bis 1988 entschieden. Hierfür hat sie einen Betrag von 122,55 DM gefordert. Mit weiterem Bescheid vom 14. Februar 1995 hat sie für das Beitragsjahr 1994 23,43 DM als Beitragsschuld festgestellt. Am 7. Februar 1995 hat die Klägerin insgesamt 4.121,28 DM gezahlt. Mit Bescheid vom 12. Januar 1995 hat die Beklagte Vorauszahlungen für die Monate Januar und Februar 1995 festgelegt.
Mit Urteil vom 16. Oktober 1992 hat das Sozialgericht Fulda die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen im wesentlichen ausgeführt, daß die Klägerin zu den abgabepflichtigen Unternehmen nach dem KSVG gehöre. Die angefochtenen Verwaltungsakte vom 16. November 1989 und 13. Juni 1990 seien nicht rechtswidrig. Zwar sei die Klägerin mit der von ihr betriebenen Modenschaudirektion nicht abgabepflichtig. Dieses Tätigkeitsfeld beinhalte keine darstellende Kunst. Die werbende Präsentation der Waren eines Modehauses durch Models lasse sich diesem Tätigkeitsfeld nicht zuordnen. Dies gelte ebenfalls für die Tätigkeit der Moderatoren, die die präsentierten Waren und mitwirkenden Models dem Publikum sprachlich vorstellten. Die Abgabepflicht sei jedoch wegen der von der Klägerin betriebenen "Vermittlungsagentur” begründet. Diese Tätigkeit erfülle die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Ziff. 2 KSVG a.F. bzw. § 24 Abs. 1 Ziff. 3 KSVG n.F. Der dort enthaltene Begriff "Konzertdirektion” beziehe sich auf den Bereich musikalische Aufführungen und Veranstaltungen. Nach § 24 Abs. 1 Ziff. 2 KSVG a.F. umfasse er unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Bezugrahmens jede professionelle unternehmerische Tätigkeit, die dazu beitrage, daß Musikwerke durch selbständige Künstler aufgeführt werden, soweit es sich nicht "ausschließlich um eine vermittelnde Tätigkeit” handele. Die Betonung liege hierbei auf dem Wort ausschließlich, der Aufgabenbereich der Klägerin, den der von ihr selbst vorgelegte Engagement-Vertrag vom 20. November 1991 beschreibe, gehe jedoch weit über eine ausschließlich vermittelnde Tätigkeit hinaus. Die Klägerin habe hierin Vorbereitung, Gestaltung und Durchführung eines Rahmenprogramms, in welchem Künstler und Musikgruppen auftreten, übernommen. Sie habe somit nicht ausschließlich Künstler vermittelt, sondern ein komplettes Programm zur Verfügung gestellt. Die Abgabepflicht sei deshalb begründet.
Gegen das am 21. Januar 1993 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 27. Januar 1993 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung. Zur Begründung trägt sie über ihren Prozeßbevollmächtigten vor, das Sozialgericht gehe in seinem angefochtenen Urteil fehl, soweit es die von ihr betriebene Agentur als abgabepflichtiges Unternehmen im Sinne des § 24 KSVG betrachte. Die Agentur vermittle ausschließlich die Künstler an Kunden. Den Auftrittsvertrag würden die Kunden mit den Künstlern abschließen, die Agentur handele dabei als Vertreterin des Künstlers. Nur der Kunde sei jedoch Vertragspartei und zahle ein Entgelt an den Künstler. Soweit die Agentur das Entgelt beim Kunden in Empfang nehme und an den Künstler auszahle, geschehe das als Empfangsvertreterin namens des Künstlers. Zwar hätten das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 23. Januar 1992 (Az.: L-5a-51/91) und das Bayerische Landessozialgericht mit Urteil vom 12. November 1992 (Az.: L-4/Kr-67/91) in gleichgelagerten Fällen entschieden, daß Abgabepflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz bestehe. In beiden Fällen, in denen er auch Prozeßbevollmächtigter gewesen sei, habe er jedoch mit guten Gründen Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht erhoben. Auf die Begründung dieser Nichtzulassungsbeschwerde nimmt er für die Klägerin ausdrücklich Bezug (vgl. Bl. 177 bis 182 der Gerichtsakte). Letztendlich sei sie nur ein "Serviceunternehmen”, das für die Veranstalter Dienstleistungen erbringe (Schriftsatz vom 20. September 1995). Aus diesem Grunde seien auch die im Klage- und Berufungsverfahren ergangenen Beitragsbescheide aufzuheben.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
1) das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 16. Oktober 1992 und die Bescheide der Beklagten vom 16. November 1989, 25. Mai 1991 und 12. Dezember 1991 jeweils in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13. Juni 1990, 19. November 1991 und 27. Februar 1992 aufzuheben.
2) Die Bescheide vom 4. Juni 1993, 4. Mai 1994, 14. Juni 1994, 12. Januar 1995 und 14. Februar 1995 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die Klägerin gehöre mit der von ihr betriebenen Agentur grundsätzlich zu den abgabepflichtigen Unternehmen. Soweit sich die Klägerin zur Begründung ihrer Ansicht auf die von ihrem Prozeßbevollmächtigten in vergleichbaren Fällen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde beziehe, habe das Bundessozialgericht (BSG) nunmehr mit Urteil vom 20. April 1994 (3/12 RK 31/92) entschieden, daß derartige Unternehmen der Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung unterliegen würden. In dieser Entscheidung habe das Bundessozialgericht klargestellt, daß alle Tätigkeitsformen nach dem Handelsgesetzbuch die grundsätzliche Abgabepflicht begründen würden. Auch sei die Berufung und Klage gegen die genannten Beitragsbescheide abzuweisen. Diese Bescheide seien gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden. Sie beruhten auf den Ergebnissen der Betriebsprüfung vom März 1994 und erfaßten die dort festgestellten Entgelte.
Das Gericht hat die Beteiligten mit Verfügung vom 6. September 1995 darauf hingewiesen, daß sämtliche Beitragsbescheide gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden sind.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung waren die Beteiligten weder erschienen noch vertreten.
Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte sowie auf die Akten des beim Hessischen Landessozialgericht anhängigen Beschwerdeverfahrens mit den Aktenzeichen L-14/Kr-33/94A und L-14/Kr-34/94A und auf die Gerichtsakte des Sozialgerichts Fulda mit dem Aktenzeichen S-2c/An-99/92 Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung konnte der Senat trotz Abwesenheit der Beteiligten aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, weil diese in der Ladung auf die Möglichkeit hingewiesen worden sind (§§ 110, 124 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 151 SGG). Auch die Klage gegen die im Berufungsverfahren ergangenen Beitragsbescheide ist zulässig, denn diese sind gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden. Gemäß § 96 Abs. 1 SGG wird auch ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens, soweit er nach Klageerhebung den Verwaltungsakt durch einen neuen abändert oder ersetzt. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 20. April 1994 in SGb 1995, 220 ff), welcher sich der Senat anschließt, ausdrücklich auch für das Verhältnis zwischen einem zunächst angegriffenen Grundfeststellungsbescheid und späteren Beitragsbescheiden der Höhe nach. Im Berufungsverfahren entscheidet das Landessozialgericht insoweit als erste Instanz, d.h. auf Klage und nicht auf Berufung (Hess. LSG in E-LSG, Vb 003).
Die Berufung ist sachlich jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Fulda die Klage abgewiesen, denn die Klägerin gehört zu den nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz abgabepflichtigen Unternehmen.
Wer abgabepflichtig ist bestimmt § 24 KSVG. Für den streitigen Teilzeitraum von Januar 1983 bis Dezember 1988 galt dieses Gesetz in der Fassung vom 27. Juli 1981 (BGBl. I, S. 705 ff). In dieser Fassung bestimmte das Gesetz in § 24 Abs. 1 Ziff. 2, daß zur Künstlersozialabgabe ein Unternehmer verpflichtet ist, der eines oder mehrere der folgenden Unternehmen betreibt: Theater- und Konzertdirektionen, sofern sie nicht ausschließlich eine vermittelnde Tätigkeit ausüben. Für den Zeitpunkt vom 1. Januar 1989 bis zur letzten mündlichen Verhandlung gilt das Gesetz in seiner Fassung vom 18. Dezember 1987 (BGBl. I, S. 2794 ff). In der danach geltenden Fassung ist gemäß § 24 Abs. 1 Ziff. 3 zur Künstlersozialabgabe ein Unternehmer verpflichtet, wenn er eines der folgenden Unternehmen betreibt: Theater-, Konzert- und Gastspieldirektionen sowie sonstige Unternehmen, deren Zweck darauf gerichtet ist, künstlerische Werke aufzuführen oder künstlerische Leistungen darzubieten. Nach beiden Fassungen ist die von der Klägerin betriebene Agentur abgabepflichtig, denn sie betreibt eine Konzertdirektion im Sinne des Gesetzes. Nach eigenem Vortrag hat die Klägerin bis 1986 Künstler für Veranstaltungen Dritter selbst engagiert und ihre Leistungen vergütet. Seit 1987 vermittelt sie Verträge zwischen Künstlern und Veranstaltern. Nach dem von ihr selbst im Klageverfahren vorgelegten beispielhaften Engagementvertrag mit dem Autohaus B. in B. (vgl. Bl. 71, 72 der Klageakte), wurde sie vom Veranstalter beauftragt, in dessen Namen Konzertverträge abzuschließen. Darüber hinaus war sie in diesem Fall für Planung, Konzept und Durchführung der gesamten Veranstaltung zuständig. Dieser Vertrag ist nach dem eigenen Vortrag der Klägerin beispielhaft für ihre Tätigkeit. Mit dieser Tätigkeit erfüllt sie das Tatbestandsmerkmal der Konzertdirektion. Zwar hat der Gesetzgeber den Begriff der Konzertdirektion, soweit ersichtlich, nur in § 24 KSVG verwandt und dort nicht näher erläutert. Betreiber von Theater-, Konzert- oder Gastspieldirektionen sind nach dem Wortsinn Unternehmen, die dafür sorgen, daß Theater gespielt oder ein Konzert veranstaltet wird, ohne selbst Träger von Theatern oder Orchestern zu sein (vgl. Finke/Brachmann/Nordhausen, Kommentar zum Künstlersozialversicherungsgesetz, 2. Auflage, § 24 Rdnr. 74). Dafür zu sorgen, daß Konzerte veranstaltet werden, ist jedoch weniger als selbst diese zu veranstalten. Auch gibt § 24 Abs. 1 KSVG in seiner jeweils gültigen Fassung vom Wortlaut her keinen Hinweis darauf, daß als Konzertdirektion nur die veranstaltende Konzertdirektion gemeint sein soll. Daraus ist zu folgern, daß grundsätzlich auch dasjenige Unternehmen als Konzertdirektion anzusehen ist, welches die Veranstaltung nicht selbst durchführt aber bei deren Durchführung tätig wird. Nach dem KSVG in seiner bis 1988 geltenden Fassung war hiervon nur die rein "vermittelnde Tätigkeit” ausgeschlossen. Diese bezog sich auf eine Tätigkeit nach Art des Handelsmaklers im Sinne eines puren Gelegenheitsnachweises. Auf eine solche Tätigkeit hat sich die Klägerin, wie aus dem oben genannten Vertrag deutlich wird, jedoch nicht beschränkt. Soweit eine Agentur für einen Dritten tätig wird, begründen alle anderen Tätigkeitsformen nach dem Handelsgesetzbuch die grundsätzliche Abgabepflicht. Dies hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 20. April 1994 (in SGb 1995, 220, 222 ff) ausdrücklich nochmals festgestellt. Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit im übrigen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Auch die Klage gegen die im Berufungsverfahren ergangenen Beitragsbescheide ist sachlich unbegründet. Die ursprünglichen Beitragsbescheide vom 25. Mai 1991 und 12. Dezember 1991 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 19. November 1991 und 27. Februar 1992 hat die Beklagte abgeändert. Diese Bescheide beruhten wegen der fehlenden Mitwirkung der Klägerin auf Schätzungen. Aufgrund der im März 1994 durchgeführten Betriebsprüfung hat die Beklagte mit Bescheid vom 4. Juni 1993 die Beiträge für 1992 festgestellt. Mit Bescheid vom 4. Mai 1994 hat sie ihre ursprünglich für die Jahre 1989 bis 1993 ergangenen Bescheide abgeändert und Beiträge nach dem tatsächlichen Entgelt gefordert. Das gleiche hat sie mit Bescheid vom 14. Juni 1994 für die Jahre 1986 bis 1989 getan. Alle Bescheide basieren auf den von den Künstlern tatsächlich erzielten Entgelten. Der Senat hat keinerlei Zweifel an der Höhe dieser Entgelte, zumal die Klägerin diese nicht bestritten hat. Auch der der Berechnung jeweils zugrunde gelegte Abgabesatz entspricht den gesetzlichen Grundlagen der Künstlersozialabgabeverordnung. Die Bescheide sind rechtmäßig. Darüber hinaus kann sich die Klägerin auf eine Verjährung der für 1986 geltend gemachten Beitragsforderungen nicht berufen. Gemäß § 31 KSVG i.V.m. § 25 Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 KSVG hat der zur Abgabe Verpflichtete nach Ablauf eines Kalenderjahres spätestens bis zum 31. März des Folge Jahres die Summe der sich nach § 25 ergebenden Beträge zu melden, die Künstlersozialabgabe zu berechnen und diese an die Künstlersozialkasse zu zahlen. Die Beiträge für das Beitragsjahr 1986 wurden somit zum 31. März 1987 fällig. Verjährung nach § 25 SGB IV wäre deshalb mit dem 31. Dezember 1991 eingetreten. Mit Bescheid vom 25. Mai 1991 hat die Beklagte jedoch erstmals die Beiträge gefordert. Die Verjährung ist damit unterbrochen worden. Die Klägerin kann sich auf Verjährung nicht berufen.
Auch die Bescheide vom 12. Januar 1995 und 14. Februar 1995 sind rechtmäßig. Mit Bescheid vom 14. Februar 1995 hat die Beklagte die Beiträge für 1994 in Höhe von 23,43 DM gefordert. Auch dieser Bescheid beruht auf den tatsächlich erzielten Entgelten und den richtigen Vom-Hundertsätzen. Der Bescheid vom 12. Januar 1995, mit dem die Beklagte Vorauszahlungen für die Monate Januar und Februar 1995 fordert, ist ebenfalls rechtmäßig, denn gemäß § 27 Abs. 2 und Abs. 3 KSVG hat der Verpflichtete Vorauszahlungen für jeden Monat an die Künstlersozialkasse zu leisten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
II. Die Klage gegen die Bescheide der Beklagten vom 4. Juni 1993, 4. Mai 1994, 14. Juni 1994, 12. Januar 1995 und 14. Februar 1995 wird abgewiesen.
III. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung dem Grunde und der Höhe nach für den Zeitraum ab 1983 streitig.
Die Klägerin und der Kläger betreiben eine Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (Klägerin), deren Gegenstand ein "Veranstaltungs-Service” ist. Im einzelnen führt sie Ton-, Licht- und Bühnen-Technik, durch, betreibt Künstlervermittlung, erstellt Konzept, Planung und Durchführung von Werbeshows, Modenschauen, Musikfestivals, Betriebsfesten und ähnlichen Veranstaltungen. Sie ist Mitglied im Interessenverband Deutscher Konzertveranstalter und Künstlervermittler e.V. Erstmals am 10. Juli 1989 übersandte die Beklagte der Klägerin einen Fragebogen zur Überprüfung der Abgabepflicht, den die Klägerin jedoch nicht beantwortete. Nach zweimaliger erfolgloser Erinnerung stellte sie mit Bescheid vom 16. November 1989 fest, daß die Klägerin zum Kreis der abgabepflichtigen Unternehmen nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz gehöre. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin betreibe ein Unternehmen im Sinne des § 24 Abs. 1 Ziff. 3 Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG). Den hiergegen am 11. Dezember 1989 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 1990 zurück.
Am 28. Juni 1990 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Fulda Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie betreibe im wesentlichen eine Modenschaudirektion und Vermittlungsagentur. Als Modenschaudirektion liefere sie von ihr gestaltete Modenschauen. Vom Kunden beziehe sie hierfür eine Gesamtvergütung, aus der auch die mitwirkenden Models und Moderatoren bezahlt würden. Dieser Zweig der gewerblichen Tätigkeit begründe ihres Erachtens keine Abgabepflicht, weil es sich bei den mitwirkenden Personen nicht um darstellende Künstler oder Künstlerinnen im Sinne des § 2 Satz 1 KSVG handele. Aber auch für die Agenturtätigkeit bestehe keine Abgabepflicht. Sie erhalte hier zwar eine Vermittlungsvergütung, Entgeltzahlungen an Künstler leiste sie jedenfalls seit 1987 nicht mehr. In den Jahren 1983 bis 1986 habe sie zwar Entgeltzahlungen geleistet, ein Beitragsanspruch der Beklagten hinsichtlich dieser Jahre sei jedoch verjährt. Soweit das Finanzamt XH. in seinen Gewinnermittlungsbögen für die Jahre ab 1987 "Gagen” festgehalten habe, handele es sich hierbei lediglich um durchlaufende Posten im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 2 Einkommenssteuergesetz. Diese durchlaufenden Posten seien keine Entgeltzahlungen im Sinne des § 25 KSVG. Als Agentur ziehe sie lediglich von Fall zu Fall für die Künstler Vergütungen ein und zahle sie nach Abzug der Vermittlungsprovision aus. Die so beschriebene Tätigkeit erfülle weder den Tatbestand des § 24 Abs. 1 Ziff. 2 KSVG noch die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Ziff. 3 KSVG. Eine Agentur sei keine Konzertdirektion. Im Verhältnis zwischen Künstler und Veranstalter sei sie nicht selbst Vertragspartner, sondern ausschließlich vermittelnder Vertreter. Entsprechend der Systematik des KSVG erfasse dies als abgabepflichtige Unternehmer jedoch nur die "Vermarkter”. Als Vermarkter könne jedoch nur angesehen werden, wer Entgelt im Sinne des § 25 KSVG zahle. Während des Klage- und Berufungsverfahrens hat die Beklagte mit mehreren Bescheiden über die Höhe der Beiträge ab Januar 1983 entschieden. Zunächst hat sie mit Bescheid vom 25. Mai 1991 (Widerspruchsbescheid vom 19. November 1991) über die Höhe der Beiträge für den Zeitraum von Januar 1983 bis Dezember 1991 entschieden. Diese Bescheide waren Gegenstand des beim Sozialgericht Fulda anhängigen Verfahrens mit dem Aktenzeichen S-2c/An-477/91. Mit Bescheid vom 12. Dezember 1991 (Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 1992) hat die Beklagte ihren ersten Beitragsbescheid abgeändert und festgestellt, daß der Beitragsanspruch für den Zeitraum von Anfang 1983 bis Ende 1985 verjährt sei. Für den Zeitraum von Januar 1986 bis Dezember 1991 hat sie insgesamt an Beiträgen 48.998,36 DM gefordert, wobei der Berechnung für die Jahre 1986 bis 1990 eine Schätzung zugrunde lag. Gegen diese Bescheide hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Fulda Klage erhoben (Az.: S-2c/An-99/92). Mit Bescheid vom 4. Juni 1993 hat die Beklagte über die für das Beitragsjahr 1992 zu fordernden Beiträge entschieden. Aufgrund einer im März 1994 erstmals durchgeführten Betriebsprüfung hat die Beklagte mit Bescheid vom 4. Mai 1994 in Abänderung ihrer bisherigen Bescheide über die Abgabeschuld für die Jahre von 1989 bis 1993 neu entschieden. Sie hat hierfür insgesamt 3.906,40 DM gefordert. Mit Bescheid vom 14. Juni 1994 hat sie in Abänderung ihrer bisherigen Bescheide neu über die Beiträge für die Jahre 1986 bis 1988 entschieden. Hierfür hat sie einen Betrag von 122,55 DM gefordert. Mit weiterem Bescheid vom 14. Februar 1995 hat sie für das Beitragsjahr 1994 23,43 DM als Beitragsschuld festgestellt. Am 7. Februar 1995 hat die Klägerin insgesamt 4.121,28 DM gezahlt. Mit Bescheid vom 12. Januar 1995 hat die Beklagte Vorauszahlungen für die Monate Januar und Februar 1995 festgelegt.
Mit Urteil vom 16. Oktober 1992 hat das Sozialgericht Fulda die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen im wesentlichen ausgeführt, daß die Klägerin zu den abgabepflichtigen Unternehmen nach dem KSVG gehöre. Die angefochtenen Verwaltungsakte vom 16. November 1989 und 13. Juni 1990 seien nicht rechtswidrig. Zwar sei die Klägerin mit der von ihr betriebenen Modenschaudirektion nicht abgabepflichtig. Dieses Tätigkeitsfeld beinhalte keine darstellende Kunst. Die werbende Präsentation der Waren eines Modehauses durch Models lasse sich diesem Tätigkeitsfeld nicht zuordnen. Dies gelte ebenfalls für die Tätigkeit der Moderatoren, die die präsentierten Waren und mitwirkenden Models dem Publikum sprachlich vorstellten. Die Abgabepflicht sei jedoch wegen der von der Klägerin betriebenen "Vermittlungsagentur” begründet. Diese Tätigkeit erfülle die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Ziff. 2 KSVG a.F. bzw. § 24 Abs. 1 Ziff. 3 KSVG n.F. Der dort enthaltene Begriff "Konzertdirektion” beziehe sich auf den Bereich musikalische Aufführungen und Veranstaltungen. Nach § 24 Abs. 1 Ziff. 2 KSVG a.F. umfasse er unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Bezugrahmens jede professionelle unternehmerische Tätigkeit, die dazu beitrage, daß Musikwerke durch selbständige Künstler aufgeführt werden, soweit es sich nicht "ausschließlich um eine vermittelnde Tätigkeit” handele. Die Betonung liege hierbei auf dem Wort ausschließlich, der Aufgabenbereich der Klägerin, den der von ihr selbst vorgelegte Engagement-Vertrag vom 20. November 1991 beschreibe, gehe jedoch weit über eine ausschließlich vermittelnde Tätigkeit hinaus. Die Klägerin habe hierin Vorbereitung, Gestaltung und Durchführung eines Rahmenprogramms, in welchem Künstler und Musikgruppen auftreten, übernommen. Sie habe somit nicht ausschließlich Künstler vermittelt, sondern ein komplettes Programm zur Verfügung gestellt. Die Abgabepflicht sei deshalb begründet.
Gegen das am 21. Januar 1993 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 27. Januar 1993 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung. Zur Begründung trägt sie über ihren Prozeßbevollmächtigten vor, das Sozialgericht gehe in seinem angefochtenen Urteil fehl, soweit es die von ihr betriebene Agentur als abgabepflichtiges Unternehmen im Sinne des § 24 KSVG betrachte. Die Agentur vermittle ausschließlich die Künstler an Kunden. Den Auftrittsvertrag würden die Kunden mit den Künstlern abschließen, die Agentur handele dabei als Vertreterin des Künstlers. Nur der Kunde sei jedoch Vertragspartei und zahle ein Entgelt an den Künstler. Soweit die Agentur das Entgelt beim Kunden in Empfang nehme und an den Künstler auszahle, geschehe das als Empfangsvertreterin namens des Künstlers. Zwar hätten das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 23. Januar 1992 (Az.: L-5a-51/91) und das Bayerische Landessozialgericht mit Urteil vom 12. November 1992 (Az.: L-4/Kr-67/91) in gleichgelagerten Fällen entschieden, daß Abgabepflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz bestehe. In beiden Fällen, in denen er auch Prozeßbevollmächtigter gewesen sei, habe er jedoch mit guten Gründen Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht erhoben. Auf die Begründung dieser Nichtzulassungsbeschwerde nimmt er für die Klägerin ausdrücklich Bezug (vgl. Bl. 177 bis 182 der Gerichtsakte). Letztendlich sei sie nur ein "Serviceunternehmen”, das für die Veranstalter Dienstleistungen erbringe (Schriftsatz vom 20. September 1995). Aus diesem Grunde seien auch die im Klage- und Berufungsverfahren ergangenen Beitragsbescheide aufzuheben.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
1) das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 16. Oktober 1992 und die Bescheide der Beklagten vom 16. November 1989, 25. Mai 1991 und 12. Dezember 1991 jeweils in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13. Juni 1990, 19. November 1991 und 27. Februar 1992 aufzuheben.
2) Die Bescheide vom 4. Juni 1993, 4. Mai 1994, 14. Juni 1994, 12. Januar 1995 und 14. Februar 1995 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die Klägerin gehöre mit der von ihr betriebenen Agentur grundsätzlich zu den abgabepflichtigen Unternehmen. Soweit sich die Klägerin zur Begründung ihrer Ansicht auf die von ihrem Prozeßbevollmächtigten in vergleichbaren Fällen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde beziehe, habe das Bundessozialgericht (BSG) nunmehr mit Urteil vom 20. April 1994 (3/12 RK 31/92) entschieden, daß derartige Unternehmen der Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung unterliegen würden. In dieser Entscheidung habe das Bundessozialgericht klargestellt, daß alle Tätigkeitsformen nach dem Handelsgesetzbuch die grundsätzliche Abgabepflicht begründen würden. Auch sei die Berufung und Klage gegen die genannten Beitragsbescheide abzuweisen. Diese Bescheide seien gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden. Sie beruhten auf den Ergebnissen der Betriebsprüfung vom März 1994 und erfaßten die dort festgestellten Entgelte.
Das Gericht hat die Beteiligten mit Verfügung vom 6. September 1995 darauf hingewiesen, daß sämtliche Beitragsbescheide gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden sind.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung waren die Beteiligten weder erschienen noch vertreten.
Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte sowie auf die Akten des beim Hessischen Landessozialgericht anhängigen Beschwerdeverfahrens mit den Aktenzeichen L-14/Kr-33/94A und L-14/Kr-34/94A und auf die Gerichtsakte des Sozialgerichts Fulda mit dem Aktenzeichen S-2c/An-99/92 Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung konnte der Senat trotz Abwesenheit der Beteiligten aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, weil diese in der Ladung auf die Möglichkeit hingewiesen worden sind (§§ 110, 124 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 151 SGG). Auch die Klage gegen die im Berufungsverfahren ergangenen Beitragsbescheide ist zulässig, denn diese sind gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden. Gemäß § 96 Abs. 1 SGG wird auch ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens, soweit er nach Klageerhebung den Verwaltungsakt durch einen neuen abändert oder ersetzt. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 20. April 1994 in SGb 1995, 220 ff), welcher sich der Senat anschließt, ausdrücklich auch für das Verhältnis zwischen einem zunächst angegriffenen Grundfeststellungsbescheid und späteren Beitragsbescheiden der Höhe nach. Im Berufungsverfahren entscheidet das Landessozialgericht insoweit als erste Instanz, d.h. auf Klage und nicht auf Berufung (Hess. LSG in E-LSG, Vb 003).
Die Berufung ist sachlich jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Fulda die Klage abgewiesen, denn die Klägerin gehört zu den nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz abgabepflichtigen Unternehmen.
Wer abgabepflichtig ist bestimmt § 24 KSVG. Für den streitigen Teilzeitraum von Januar 1983 bis Dezember 1988 galt dieses Gesetz in der Fassung vom 27. Juli 1981 (BGBl. I, S. 705 ff). In dieser Fassung bestimmte das Gesetz in § 24 Abs. 1 Ziff. 2, daß zur Künstlersozialabgabe ein Unternehmer verpflichtet ist, der eines oder mehrere der folgenden Unternehmen betreibt: Theater- und Konzertdirektionen, sofern sie nicht ausschließlich eine vermittelnde Tätigkeit ausüben. Für den Zeitpunkt vom 1. Januar 1989 bis zur letzten mündlichen Verhandlung gilt das Gesetz in seiner Fassung vom 18. Dezember 1987 (BGBl. I, S. 2794 ff). In der danach geltenden Fassung ist gemäß § 24 Abs. 1 Ziff. 3 zur Künstlersozialabgabe ein Unternehmer verpflichtet, wenn er eines der folgenden Unternehmen betreibt: Theater-, Konzert- und Gastspieldirektionen sowie sonstige Unternehmen, deren Zweck darauf gerichtet ist, künstlerische Werke aufzuführen oder künstlerische Leistungen darzubieten. Nach beiden Fassungen ist die von der Klägerin betriebene Agentur abgabepflichtig, denn sie betreibt eine Konzertdirektion im Sinne des Gesetzes. Nach eigenem Vortrag hat die Klägerin bis 1986 Künstler für Veranstaltungen Dritter selbst engagiert und ihre Leistungen vergütet. Seit 1987 vermittelt sie Verträge zwischen Künstlern und Veranstaltern. Nach dem von ihr selbst im Klageverfahren vorgelegten beispielhaften Engagementvertrag mit dem Autohaus B. in B. (vgl. Bl. 71, 72 der Klageakte), wurde sie vom Veranstalter beauftragt, in dessen Namen Konzertverträge abzuschließen. Darüber hinaus war sie in diesem Fall für Planung, Konzept und Durchführung der gesamten Veranstaltung zuständig. Dieser Vertrag ist nach dem eigenen Vortrag der Klägerin beispielhaft für ihre Tätigkeit. Mit dieser Tätigkeit erfüllt sie das Tatbestandsmerkmal der Konzertdirektion. Zwar hat der Gesetzgeber den Begriff der Konzertdirektion, soweit ersichtlich, nur in § 24 KSVG verwandt und dort nicht näher erläutert. Betreiber von Theater-, Konzert- oder Gastspieldirektionen sind nach dem Wortsinn Unternehmen, die dafür sorgen, daß Theater gespielt oder ein Konzert veranstaltet wird, ohne selbst Träger von Theatern oder Orchestern zu sein (vgl. Finke/Brachmann/Nordhausen, Kommentar zum Künstlersozialversicherungsgesetz, 2. Auflage, § 24 Rdnr. 74). Dafür zu sorgen, daß Konzerte veranstaltet werden, ist jedoch weniger als selbst diese zu veranstalten. Auch gibt § 24 Abs. 1 KSVG in seiner jeweils gültigen Fassung vom Wortlaut her keinen Hinweis darauf, daß als Konzertdirektion nur die veranstaltende Konzertdirektion gemeint sein soll. Daraus ist zu folgern, daß grundsätzlich auch dasjenige Unternehmen als Konzertdirektion anzusehen ist, welches die Veranstaltung nicht selbst durchführt aber bei deren Durchführung tätig wird. Nach dem KSVG in seiner bis 1988 geltenden Fassung war hiervon nur die rein "vermittelnde Tätigkeit” ausgeschlossen. Diese bezog sich auf eine Tätigkeit nach Art des Handelsmaklers im Sinne eines puren Gelegenheitsnachweises. Auf eine solche Tätigkeit hat sich die Klägerin, wie aus dem oben genannten Vertrag deutlich wird, jedoch nicht beschränkt. Soweit eine Agentur für einen Dritten tätig wird, begründen alle anderen Tätigkeitsformen nach dem Handelsgesetzbuch die grundsätzliche Abgabepflicht. Dies hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 20. April 1994 (in SGb 1995, 220, 222 ff) ausdrücklich nochmals festgestellt. Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit im übrigen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
Auch die Klage gegen die im Berufungsverfahren ergangenen Beitragsbescheide ist sachlich unbegründet. Die ursprünglichen Beitragsbescheide vom 25. Mai 1991 und 12. Dezember 1991 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 19. November 1991 und 27. Februar 1992 hat die Beklagte abgeändert. Diese Bescheide beruhten wegen der fehlenden Mitwirkung der Klägerin auf Schätzungen. Aufgrund der im März 1994 durchgeführten Betriebsprüfung hat die Beklagte mit Bescheid vom 4. Juni 1993 die Beiträge für 1992 festgestellt. Mit Bescheid vom 4. Mai 1994 hat sie ihre ursprünglich für die Jahre 1989 bis 1993 ergangenen Bescheide abgeändert und Beiträge nach dem tatsächlichen Entgelt gefordert. Das gleiche hat sie mit Bescheid vom 14. Juni 1994 für die Jahre 1986 bis 1989 getan. Alle Bescheide basieren auf den von den Künstlern tatsächlich erzielten Entgelten. Der Senat hat keinerlei Zweifel an der Höhe dieser Entgelte, zumal die Klägerin diese nicht bestritten hat. Auch der der Berechnung jeweils zugrunde gelegte Abgabesatz entspricht den gesetzlichen Grundlagen der Künstlersozialabgabeverordnung. Die Bescheide sind rechtmäßig. Darüber hinaus kann sich die Klägerin auf eine Verjährung der für 1986 geltend gemachten Beitragsforderungen nicht berufen. Gemäß § 31 KSVG i.V.m. § 25 Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 KSVG hat der zur Abgabe Verpflichtete nach Ablauf eines Kalenderjahres spätestens bis zum 31. März des Folge Jahres die Summe der sich nach § 25 ergebenden Beträge zu melden, die Künstlersozialabgabe zu berechnen und diese an die Künstlersozialkasse zu zahlen. Die Beiträge für das Beitragsjahr 1986 wurden somit zum 31. März 1987 fällig. Verjährung nach § 25 SGB IV wäre deshalb mit dem 31. Dezember 1991 eingetreten. Mit Bescheid vom 25. Mai 1991 hat die Beklagte jedoch erstmals die Beiträge gefordert. Die Verjährung ist damit unterbrochen worden. Die Klägerin kann sich auf Verjährung nicht berufen.
Auch die Bescheide vom 12. Januar 1995 und 14. Februar 1995 sind rechtmäßig. Mit Bescheid vom 14. Februar 1995 hat die Beklagte die Beiträge für 1994 in Höhe von 23,43 DM gefordert. Auch dieser Bescheid beruht auf den tatsächlich erzielten Entgelten und den richtigen Vom-Hundertsätzen. Der Bescheid vom 12. Januar 1995, mit dem die Beklagte Vorauszahlungen für die Monate Januar und Februar 1995 fordert, ist ebenfalls rechtmäßig, denn gemäß § 27 Abs. 2 und Abs. 3 KSVG hat der Verpflichtete Vorauszahlungen für jeden Monat an die Künstlersozialkasse zu leisten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
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