L 9 U 4661/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 3043/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 4661/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls.

Der 1947 geborene Kläger, der als "Kfz-Pfleger" (Überprüfen, Warten und Polieren von Jahreswagen) beschäftigt war, erlitt am 4. Februar 2003 einen Arbeitsunfall, als er auf einer Eisplatte ausrutschte und - so die ersten Angaben - auf den ausgestreckten rechten Arm stürzte und dann auf die rechte Schulter fiel. Trotz der aufgetretenen Schmerzen arbeitete er weiter und suchte dann am 18. Februar 2003 Dr. M-R. auf. Dieser diagnostizierte eine Schulterprellung rechts mit Fraktur des Tuberculum majus und eine Quetschung der Supraspinatussehne. Bei einer Kernspintomographie vom 24. Februar 2003 fand Dr. Neumann neben einem Zustand nach minimal dislozierter Längsfraktur im Tuberculum majus, in den dorsalen Anteilen durchbaut, ventral nicht durchbaut, u.a. auch eine aus seiner Sicht frische ansatznahe intraligamentäre sowie humeruskopfseitige Partialruptur der Supraspinatussehne mit leichtgradigem sekundärem Humeruskopfhochstand, eine Einengung des Subakromialraumes durch eine deutliche zirkuläre AC-Gelenksarthrose und einen subakromialen Osteophyten, der klinisch mit einem Impingement-Syndrom vereinbar sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht vom 25. Februar 2003 verwiesen.

Vom 2. April bis 7. Mai 2003 erfolgte ein stationäres Heilverfahren in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (Diagnose: Schulterdistorsion mit Abriss des Tuberculum majus mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung). Gemäß dem Bericht von Prof. Dr. Weise vom 13. Mai 2003 war der Kläger bei nach Behandlung freier Beweglichkeit der rechten Schulter und zunehmender Besserung der Beschwerdesymptomatik ab 12. Mai 2003 arbeitsfähig. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wurde ärztlich am 7. Mai 2003 auf unter 20 v. H. geschätzt. Der Arzt für Orthopädie Dr. V. berichtete unter dem 20. Mai 2003, die Längsfraktur des Tuberculum majus sei sehr gut ausgeheilt. Die Brachialgie rechts habe seines Erachtens nichts mit der stattgehabten knöchernen Verletzung zu tun.

Wegen persistierender Beschwerden erfolgte eine weitere stationäre Behandlung in der Sportklinik S. vom 28. August bis 2. September 2003 (Diagnose: Outletimpingement rechte Schulter bei Zustand nach Tuberculum-majus-Fraktur mit subakromialer Exophytenbildung, LBS-Teilruptur, Supraspinatussehnenteilruptur Typ Ellmann 1a; Therapie: Schultergelenks-arthroskopie, Teilsynovektomie, LBS-Tenotomie, arthroskopische Schulterdacherweiterung und Supraspinatussehnendebridement). Wegen der Einzelheiten wird auf die Berichte von Prof. Dr. B. vom 17. Juli 2003 und Dr. B. vom 2. September 2003, einschließlich des Operationsberichts vom 1. September 2003 verwiesen.

Die Beklagte, die bis 11. Mai 2003 Verletztengeld gewährte, lehnte mit Bescheid vom 6. Februar 2004 und Widerspruchsbescheid vom 26. April 2004 die Gewährung von Verletztenrente ab, da der Unfall über die 26. Woche hinaus eine rentenberechtigende MdE nicht hinterlassen haben.

Dem lagen im Wesentlichen ein Gutachten des Prof. Dr. H. vom 23. Dezember 2003 und - nach Eingang eines Nachschauberichtes des Orthopäden Dr. D. vom 26. Januar 2004 sowie Vorlage eines MDK-Gutachtens vom 1. August 2003 - eine beratungsärztliche Stellungnahme vom 1. März 2004 zu Grunde. Prof. Dr. H. kam nach der Untersuchung vom 16. Dezember 2003 im Wesentlichen zum Ergebnis, die Fraktur des Tuberculum majus sei in völlig anatomischer Position ausgeheilt. Die kernspintomographisch und intraoperativ nachgewiesenen Veränderungen der langen Bizepssehne und der Supraspinatussehne seien degenerativ unfallunabhängig. Anzeichen einer traumatischen Verletzung der Rotatorenmanschette (RM) hätten sich aus der zeitnahen kernspintomographischen Diagnostik nicht ergeben und auch die intraoperativen Aufnahmen zeigten typische degenerative Veränderungen. Auch eine AC-Gelenksarthrose beidseits und die beginnende Omarthrose beidseits sowie die sonographisch auf der linken Seite ebenfalls echoinhomogene Darstellung der Supraspinatussehne beruhten auf unfallunabhängigen degenerativen Veränderungen. Dies spreche ebenfalls für zum Unfallzeitpunkt vorliegende entsprechende Verschleißerscheinungen an der Supraspinatussehne rechts. Ab dem 12. Mai bis zum 16. Dezember 2003 schätze er die MdE auf 10 v.H., danach bestehe keine unfallbedingte MdE mehr. Bezüglich der weiteren Einzelheiten und der Bewegungsfähigkeit des rechten Schultergelenks wird auf das Gutachten und das Messblatt hierzu verwiesen. Dem folgte auch der die Beklagte beratende Arzt nach Auswertung des MDK-Gutachtens und des Berichtes des Dr. D., auf den u.a. bezüglich der erhobenen Bewegungsmaße der rechten Schulter, verwiesen wird.

Am 14. Mai 2004 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und die Gewährung von Verletztenrente begehrt. Er hat im Wesentlichen geltend gemacht, die sofort aufgetretenen starken Schmerzen in der rechten Schulter hätten zunächst etwas nachgelassen, in den folgenden Tagen aber wieder kontinuierlich zugenommen. Vor dem Unfall habe er keinerlei Beschwerden im Schulterbereich rechts gehabt. Neben der inzwischen achsengerecht verheilten Abrissfraktur des Tuberculum majus rechts sei es zu einer Verletzung der Supraspinatussehne mit Impingementsymptomatik gekommen. Es bestehe eine deutliche Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk. Dadurch sei eine MdE um mindestens 20 v.H. bedingt. Durch den Unfall sei es zumindest zu einer richtungweisenden Verschlimmerung einer bis dahin symptomlosen Krankheitsanlage gekommen. Bereits Dr. M-R. und Dr. N.hätten eine Quetschung der Supraspinatussehne rechts bzw. eine ansatznahe Teilruptur der Supraspinatussehne mit Einengung des Subakromialraumes, eine Tendopathie der Supraspinatussehne in Höhe des Sehnen-Muskel-Überganges und eine Flüssigkeitsansammlung in der Bursa acromialis festgestellt.

Das SG hat u.a. den behandelnden Orthopäden Dr. D. und den Internisten Dr. Sch. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. D. hat sich am 14. März 2005 dem Gutachten von Prof. Dr. H. angeschlossen, insbesondere auch hinsichtlich des Befundes und der Einschätzung der unfallbedingten MdE. Der Internist Dr. Sch. hat am 13. März 2005 ausgeführt, das Gutachten von Prof. Dr. H. gebe die Beschwerden nicht ausreichend wieder. Hinsichtlich der Bewertung der MdE schließe er sich dem auch nicht an und gehe weiterhin von einer MdE um 10 v.H. wegen des vorliegenden Impingement-Syndroms aus.

Das SG hat außerdem ein unfallchirurgisches Sachverständigengutachten des Prof. Dr. H. vom 26. Oktober 2005 eingeholt. Er hat Bewegungsdefizite im Bereich der rechten Schulter erhoben. So werde die Schultervorhebung mit gestrecktem Arm nur bis etwa 80 ° durchgeführt, dann werde der Ellbogen gebeugt und mit gebeugtem Ellbogen unter Schmerzangaben die Schulter unter einer leichten Drehbewegung weiter bis ca. 120 ° angehoben. Bei der Seitabspreizung erfolge diese mit gestrecktem Arm nicht ganz zur Horizontalen, dann erfolge gleichfalls eine ausweichende Bewegung nach vorne mit Ellbogenbeugung bis zur weiteren Hebung bis etwa 100 °. Bei der Rotationsbewegung mit hängendem Arm finde sich eine endgradige schmerzhafte Bewegungseinschränkung bei der Auswärtsdrehung ab etwa 20 °. Die Innenrotationsdrehung sei bis zum Auflegen auf dem Bauch problemlos möglich. Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere der Bewegungsfähigkeit und der Umfangmaße, wird auf das Gutachten verwiesen. Die vorliegenden Beschwerden seien auf eine Pathologie der RM zurückzuführen und es bestehe eine sogenannte Impingement-Symptomatik. Die Fraktur des Tuberkulum majus sei folgenlos verheilt. Unter Zugrundelegung - näher dargelegter - Kriterien ist Prof. Dr. H. dann abschließend zum Ergebnis gelangt, der (Teil-)Riss der RM sei nicht auf das angeschuldigte Unfallereignis zurückzuführen, sondern auf ein vorbestehendes degeneratives Leiden, das durch den Unfall auch nicht richtungsweisend wesentlich verschlimmert worden sei. Er schätze die unfallbedingte MdE bis zum dritten Monat nach dem Unfall auf 20 v.H. und dann für weitere sechs Monate auf 10 v.H. ein.

Mit Urteil vom 18. Juli 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe verwiesen.

Gegen das am 19. August 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. September 2006 Berufung eingelegt. Er trägt im Wesentlichen vor, das SG sei unkritisch den eingeholten Gutachten gefolgt. Unter Berücksichtigung der nach dem Unfall erhobenen Befunde und des Unfallmechanismus habe er sich eine erhebliche Verletzung von möglicherweise schon degenerativ veränderten Schultergelenksstrukturen zugezogen. Der Sturz sei insofern wesentliche Teilursache im Sinne einer richtunggebenden Verschlimmerung für die Beschwerden. Es bestehe ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und den bestehenden dauerhaften Körperschäden, weswegen ein Anspruch auf Verletztenrente bestehe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2004 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 vom Hundert zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die vorliegenden Gutachten. Auch der behandelnde Orthopäde Dr. D. habe sich dem angeschlossen.

Der Senat hat das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse beigezogen und eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. H. vom 21. Mai 2007 zur Berufungsbegründung des Klägers eingeholt. Er hat mit näherer Begründung an seiner Beurteilung des Sachverhalts festgehalten.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente.

Die erste Voraussetzung für die Gewährung einer Verletztenrente - das Vorliegen eines Versicherungsfalls, hier eines Arbeitsunfalls - ist erfüllt. Für einen Arbeitsunfall ist nach § 8 Abs. 1 SGB VII in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente (vgl. zusammenfassend Urteil des BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 17 = BSGE 96, 196-209 mwN)

Die vom Kläger im Unfallzeitpunkt ausgeübte Tätigkeit, Winterdienst im Hofe des Betriebs des Arbeitgebers, war Teil seiner versicherten Tätigkeit. Diese Verrichtung führte zu dem Ausrutschen auf der Eisplatte und zu dem Sturz auf den rechten Arm und die rechte Schulter. Dadurch hat der Kläger einen Gesundheitserstschaden, nämlich eine Schulterprellung mit einer Fraktur des Tuberculum majus erlitten.

Entgegen der Beurteilung durch Dr. N. im Bericht vom 25. Februar 2003 kann aber nicht festgestellt werden, dass der Kläger durch das Unfallereignis eine frische ansatznahe intraligamentäre sowie humeruskopfseitige Partialruptur der Supraspinatussehne erlitten hat. Die multiplen Signalanhebungen im Bereich der Supraspinatussehne, die auf den Aufnahmen der Kernspintomographie vom 24. Februar 2003 zu sehen sind, sind auch unter Berücksichtigung des intraoperativen Befundes anlässlich des operativen Eingriffs am 29. August 2003 kein Nachweis einer traumatischen Teilruptur der Supraspinatussehne, sondern durch degenerative Veränderungen hervorgerufen worden. Dies haben Prof. Dr. H. und Prof. Dr. H. für den Senat überzeugend dargestellt. Für das Vorliegen von degenerativen Veränderungen im Bereich der rechten RM spricht auch, dass auch links die Supraspinatussehne echoinhomogen im Sinne von degenerativen Veränderungen darstellbar war und sowohl rechts als auch links AC-Gelenksarthrosen und beginnende Omarthrosen nachweisbar waren. Gegen eine durch den Sturz hervorgerufene traumatische Rotatorenmanschettenläsion im Bereich der Supraspinatussehne spricht schließlich auch der weitere Verlauf. Prof. Dr. H. weist darauf hin, dass die traumatische akute Rotatorenmanschettenruptur unmittelbar zu heftigen Schmerzen mit Kraft- und Funktionsverlust im betroffenen Arm führt, die den Verletzten veranlasst, die Arbeit umgehend einzustellen und spätestens binnen 72 Stunden einen Arzt aufzusuchen. Der Kläger hat aber nach eigenen Angaben gegenüber Dr. M-R. nach dem Unfall weitergearbeitet (u.a. schulterbelastende Tätigkeiten wie das Polieren von Autos) und hat diesen Arzt erst 14 Tage nach dem Unfallereignis aufgesucht. Dies wäre, auch wenn der Kläger "die Zähne zusammengebissen" hat, bei einer traumatischen Ruptur der RM nicht nachvollziehbar. Des Weiteren haben sich die Beschwerden auch nach eigenen Angaben des Klägers zunächst gebessert und es wurden mehrfach gute Bewegungsmaße der Schulter erhoben, so bei der Entlassung aus dem stationären Heilverfahren in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T., bei der die Schulterbeweglichkeit wesentlich verbessert war. Im Übrigen sind auch die dokumentierten Funktionseinschränkungen nicht mit einem unfallbedingten Schaden ohne weiteres zu vereinbaren. So fällt auf, dass sich bei der Untersuchung durch Prof. Dr. H. eine weitergehende Einschränkung der Schultergelenksbeweglichkeit rechts dargestellt hat, als noch bei der Untersuchung durch Prof. Dr. H. wie auch unter Berücksichtigung der von Dr. D. im Januar 2004 erhobenen Messdaten.

Auf die somit als Unfallerstschaden allein nachweisbare, nach den Feststellungen von Dr. V. (Bericht vom 20. Mai 2003) bereits im Mai 2003 sehr gut ausgeheilte Längsfraktur des Tuberculum majus kann aber das beim Kläger bestehende chronische Impingementsyndrom in der rechten Schulter nicht ursächlich zurückgeführt werden.

Die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs hat nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung zu erfolgen. Diese beruht auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung nach solchen Ursachen notwendig, die rechtlich wesentlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen für den Erfolg unwesentlichen Ursachen. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. des Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Dies hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Gesundheitserstschäden und fortbestehenden Gesundheitsschäden zu erfolgen. (vgl hierzu BSG aaO mwN.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen der nicht verschobenen, komplett abgeheilten Fraktur des Tuberculum majus und dem fortbestehenden Impingement-Syndrom nicht mit Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. Nach den Darlegungen von Prof. Dr. H. sind in der gesamten durchgesehenen Literatur keine Fälle bekannt geworden, in denen ein vorbestehender degenerativer Schaden der RM durch eine nicht verschobene Tuberculum-majus-Fraktur dauerhaft verschlimmert wurde. Zwar bezeichnet er es als denkbar, wenn auch bisher nicht in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben, dass es über die durch die Fraktur verursachte Schwellung und Einblutung um die RM zu einer Zunahme eines Impingementsyndroms kommen könnte. Hierbei könnte es sich aber nur um eine vorübergehende, zeitlich begrenzte Volumenzunahme handeln. Für einen dauerhaften anhaltenden Schädigungsmechanismus gäbe es aber keine pathopysiologische Erklärung.

Die als Gesundheitserstschaden durch das Unfallereignis entstandene, spätestens im Mai 2003 aber folgenlos abgeheilte Fraktur des Tuberculum majus bedingt über die 26. Woche nach dem Unfall auch keine rentenberechtigende MdE von 20 v.H.

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Selbst wenn die durch das wesentlich durch die degenerativen Veränderungen verursachte und unterhaltene Impingement-Syndrom hervorgerufenen Funktionseinschränkungen im rechten Schultergelenk bei der MdE-Bewertung zu berücksichtigen wären, würden sie keine MdE um wenigstens 20 v.H. bedingen. Nach der Untersuchung von Prof. Dr. H. vom 16. Dezember 2003 war die Vorwärts- und Rückwärtsbewegung des rechten Schultergelenks seitengleich. Seitwärts ergab sich eine Beweglichkeit von 170 °, körperwärts von 40 °. Die Rückwärtsbewegung lag wie die Vorhebung im Normbereich. Lediglich bei der Auswärts-/Einwärtsdrehung mit anliegendem Oberarm ergab sich rechts gegenüber links eine Einschränkung, allerdings (hier wurden offensichtlich im Messblatt Ein- und Auswärtsdrehung vertauscht) bei der Einwärtsdrehung lediglich eine Einschränkung von 5 ° und bei der Auswärtsdrehung von 10 °. Im Übrigen waren die Umfangmaße des rechten Oberarmes gegenüber links geringfügig größer, was gegen eine durch eine bestehende Einschränkung bedingte Schonung spricht. Dr. D. hat gemäß dem Bericht vom 26. Januar 2004 an die Beklagte eine mögliche Abduktion (Anheben seitwärts) von 120 ° und eine Elevation (Vorhebung) von 160 ° sowie eine Außenrotation/Innenrotation (Auswärtsdrehung/Einwärtsdrehung - Seiten wohl vertauscht -) von 90 ° bzw. 60 ° erhoben. Auch unter Zugrundelegung dieser weitergehenden Einschränkung gegenüber dem Gutachten von Prof. Dr. H. ergibt sich unter Berücksichtigung der Literatur zur Bewertung der MdE in der gesetzlichen Unfallversicherung keine rentenberechtigende MdE. So wird beispielsweise eine Einschränkung der Vorhebung bis 90 ° mit einer MdE um 20 v.H. bewertet (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 604) und speziell bei Sehnenverletzungen im Bereich der Schulter unter Berücksichtigung der Beweglichkeit des Armes beim Vorwärts- und Rückwärtsdrehen, beim Seitwärtsdrehen, Ein- und Auswärtsdrehen, Ausführbarkeit von Hinterhaupt-, Nacken- und Schürzengriff sowie der Umfangmaße des Arms bei einer gering- bis mittelgradigen Funktionseinschränkung eine MdE um 10 v.H. und bei einer stärkeren Funktionseinschränkung eine solche um 10 bis 20 v.H. (Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O., S. 514). Unter Berücksichtigung dessen würde bei den von Dr. D. und Prof. Dr. H. mitgeteilten Funktionseinschränkungen keine MdE um wenigstens 20 v.H. erreicht werden, sodass auch insofern ein Anspruch auf Verletztenrente nicht in Betracht käme. Soweit Prof. Dr. H. von Dr. D. und Prof. Dr. H. abweichende Bewegungsabläufe der Schulter beschrieben hat, würde dies unter Berücksichtigung der genannten Literatur gleichfalls nicht zur Annahme einer mehr als mittelgradigen Funktionseinschränkung und damit zu einer MdE in rentenberechtigendem Grade führen. Damit ergibt sich auch aus den nachgewiesenen Funktionseinschränkungen, unabhängig von der Frage der Ursache, jedenfalls keine MdE in rentenberechtigendem Grade.

Damit ist die Sehnenverletzung des Klägers im Bereich der rechten Schulter nicht wesentlich durch den Unfall bedingt und die objektivierten Funktionseinschränkungen begründen, unabhängig von deren Ursache, keine rentenberechtigende MdE.

Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, ist die Berufung zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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