Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 Kr 740/77
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
verb. mit L 8 Kr 706/77
1) Auf die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 24. Juni 1977 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2) Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
3) Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger, der bei der Beklagten seit 1972 pflichtversichert ist, beschäftigt in seinem Architekturbüro seine Ehefrau M. H ... Sie übt dort die Tätigkeit einer technischen Zeichnerin und Bürohilfe aus. Sie ist vier Stunden täglich bei einem monatliche Bruttoverdienst im Jahre 1970 mit 400,– DM und im Jahre 1975 mit 501,47 DM tätig.
Mit Bescheid der Beigeladenen vom 4. Mai 1971 ist sie auf ihren Antrag gemäß Art. 4 § 2 des Zweiten Krankenversicherungs-Änderungsgesetzes (KVÄG) mit Wirkung vom 1. Januar 1971 von der Krankenversicherungspflicht befreit.
Der Kläger beantragte Anfang des Jahres 1974 bei der Beklagten für seine Ehefrau eine Beihilfe oder Zuschuß zum Zahnersatz, dessen Kosten damals für eine Stufenkrone mit Stiftverankerung aufgrund des Behandlungsplanes des Zahnarztes Dr. A. B. vom 8. Februar 1974 mit 300,– DM angegeben werden waren. Die Beklagte lehnte u.a. mit Bescheid vom 16. Mai 1974 und Widerspruchsbescheid vom 21. April 1975 eine Kostenbeteiligung ab. Sie vertrat den Standpunkt, daß die aufgrund des Art. 4 § 2 KVÄG von der Versicherungspflicht freigestellten Personen, die keinen eigenen gesetzlichen Anspruch auf Krankenpflege mehr hätten, nicht durch eine Mitversicherung beim Ehegatten wieder in die Versicherung einbezogen werden könnten.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger beim Sozialgericht Marburg am 2. Mai 1975 Klage erhoben (S-3/Kr – 8/75). Nachdem das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 4. Juni 1975 (Az.: 11 RKLw 23/74) ergangen war, erklärte sich die Beklagte am 11. Juli 1975 bereit, dem Kläger Familienhilfe für seine Ehefrau zu gewähren. In der mündlichen Verhandlung vom 23. September 1975 nahm er das Anerkenntnis an.
Für die dann im Januar 1975 durchgeführte Zahnbehandlung, bei der wegen weiteren Zahnverfalls ein gegessener Stiftaufbau aus Edelmetall erforderlich war, bezahlte der Kläger gemäß Rechnung des Zahnarztes Dr. B. vom 29. Januar 1975 den Betrag von 470,– DM. Die Beklagte und die Landwirtschaftliche Alterskrankenkasse gewährten gemäß Verfügung vom 14. August 1975 auf diesen Endbetrag an Zuschüssen insgesamt 160,– DM.
Für die Zeit vom 18. Juni bis 22. Juli 1975 war die Ehefrau des Klägers wegen des ungeklärten Familienhilfeanspruchs freiwilliges Mitglied gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) bei der Beigeladenen. Der Beitrag für diese Zeit betrug 77,88 DM. Nachdem die Beklagte den Familienhilfeanspruch anerkannt hatte, hat sie sich dort wieder abgemeldet.
Der Kläger begehrte am 26. September 1975 bei der Beklagten den Ersatz der Mehrkosten für den Zahnersatz von 170,– DM und weitere 77,88 DM für die an die Beigeladene gezahlten freiwilligen Beiträge seiner Ehefrau.
Mit Bescheid vom 6. November 1975 lehnte die Beklagte die Übernahme dieser geltend gemachten Kosten ab, da bei der Ablehnung des Anspruchs auf Familienhilfe entsprechend der damals geltenden Rechtsprechung verfahren worden sei. Es habe seinerzeit keinerlei Veranlassung bestanden, dem Anspruch auf Familienhilfe stattzugeben. Vom Vorliegen eines Verschuldens der hiesigen Verwaltung könne damit nicht gesprochen werden. Der Anspruch auf Familienhilfe für die Ehefrau sei unverzüglich nach Bekanntwerden des Urteils des Bundessozialgerichts vom 4. Juni 1975 anerkannt worden.
Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15. März 1976).
In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Marburg, das mit Beschluss vom 4. Januar 1977 die Allgemeine Ortskrankenkasse für den Stadt- und Landkreis Marburg zum Verfahren beigeladen hat, hat der Kläger vorgetragen, die Mehrkosten für Zahnersatz und der an die Beigeladene gezahlte freiwillige Beitrag seien durch die unberechtigte Ablehnung der Beklagten verursacht worden.
Dazu hat die Beklagte aufgeführt, die Klage sei unzulässig, da die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit gegeben sei. Im übrigen sei sie unbegründet, da sie im Jahre 1974 den Anspruch auf Familienhilfe nach der damals geltenden Rechtsprechung abgelehnt habe. Bei gleicher Sachlage sei in allen diesen Fällen ein Anspruch auf Familienhilfe gemäß Urteile der Sozialgerichte Hannover, Osnabrück und München verneint worden. Erst nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 4. Juni 1975, und zwar gleich unmittelbar nach Bekanntwerden desselben, sei im Vorprozeß der Anspruch auf Familienhilfe der Ehefrau des Klägers anerkannt worden. Da sie sich bei ihrer Entscheidung über den Familienhilfeanspruch an die jeweilige Rechtsprechung angelehnt habe, könne ihr ein Verschulden bezüglich der Mehrkosten für Zahnersatz und für die zwischenzeitlich abgeschlossene Krankenversicherung nicht zur Last gelegt werden.
Die Beigeladene hat geltend gemacht, nach den gesetzlichen Vorschriften habe sie keine Möglichkeit zur Erstattung der Beiträge. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit habe sie für die Zeit der Versicherung keine Leistungen gewährt.
Mit Urteil vom 24. Juni 1977 hat das Sozialgericht die Bescheide vom 6. November 1975 und 15. März 1976 aufgehoben und die Beklagte verurteilte dem Kläger die Mehrkosten für dem Zahnersatz der Ehefrau in Höhe von 170,– DM zu erstatten. Weiterhin hat es die Beigeladene verurteilt, dem Kläger den freiwilligen Beitrag für seine Ehefrau für die Zeit vom 18. Juni bis 22. Juli 1975 mit 77,88 DM zurückzuerstatten. Es hat die Berufung zugelassen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dem Kläger müsse durch die rechtswidrige Ablehnung einer Beteiligung an den Kosten für den Zahnersatz im Rahmen der Familienhilfe nach § 32 KVLG der entstandene Mehrkostenbetrag im vollem Umfang erstattet werden. Wegen der Verzögerung der Zahnbehandlung um etwa ein Jahr sei ein weiterer Verfall des betroffenen Zahnes eingetreten. Dadurch seien Mehrkosten von 170,– DM entstanden. Die Beigeladene sei zur Rückerstattung, der freiwilligen Beiträge von 77,88 DM verpflichtet, da diese vom Kläger zu Unrecht gezahlt worden seien. Die Mehrforderung für den Zahnersatz sei ein Schadensersatz, der mit den sozialrechtlichen Normen in so engem Zusammenhang stehe, daß eine Verweisung an die Zivilgerichtsbarkeit nicht in Betracht kommen könne.
Gegen das an die Beigeladene am 5. Juli 1977 und an die Beklagte am 7. Juli 1977 zugestellte Urteil haben diese am 15. Juli 1977 und 22. Juli 1977 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Zur Begründung trägt die Beigeladene vor, eine freiwillige Mitgliedschaft komme auf Antrag, der eine freiwillige Willenserklärung des Berechtigten darstelle, zustande. Dabei handele es sich nicht um eine private, sondern um eine auf gesetzlicher Grundlage beruhende Versicherung. Sie habe keine Möglichkeit, die Entstehung der freiwilligen Mitgliedschaft zu verhindern, wenn diese durch das Gesetz geforderten Voraussetzungen vorlägen. Der einmal gestellte Antrag auf freiwillige Versicherung könne nicht widerrufen werden, jedoch sei die Kündigung zu jedem beliebigen Zeitpunkt möglich. Da die Ehefrau des Klägers in der Zeit vom 18. Juni bis 22. Juli 1975 rechtmäßiges Mitglied ihrer Kasse gewesen sei, habe sie keine freiwilligen Krankenversicherungsbeiträge zu Unrecht gezahlt. Für die Zeit der freiwilligen Mitgliedschaft habe nur ein Anspruch auf Leistung gegenüber ihrer Kasse und kein Familienhilfeanspruch an die Beklagte bestanden.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 24. Juni 1977 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
im Wege des Folgenbeseitigungsanspruchs die Beklagte zur Erstattung der Beiträge zu verurteilen.
Die Beklagte führt zur Begründung ihrer Berufung aus, ein Schadensersatzanspruch gegen sie sei schon deswegen ausgeschlossen, weil es allein im Bereich der Ehefrau des Klägers gelegen hätte, von der vorgesehenen Fertigung des Zahnersatzes Anfang des Jahres 1974 zunächst abzusehen und ihn erst im Jahre 1975 fertigen zu lassen. Allein durch dieses von der Ehefrau des Klägers zu vertretende Verhalten seien die Mehrkosten entstanden. Sie habe hierauf keinerlei Einfluß gehabt. Insoweit könne von einem Verschulden, das die Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch gegen sie sei, keine Rede sein. Im übrigen sei zu berücksichtigen, daß zum Zeitpunkt der Eingliederung des Zahnersatzes im Januar 1975 in der Beurteilung der Rechtslage keine Änderung eingetreten gewesen sei. Das Urteil des Bundessozialgerichts sei vielmehr erst am 4. Juni 1975 ergangen. Mit ihrer ablehnenden Haltung habe sie sich auf die sozialgerichtliche Rechtsprechung berufen können.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 24. Juni 1977 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, die Kosten der freiwilligen Versicherung und die zusätzlichen Kosten des Zahnersatzes wären nicht entstanden, wenn die Beklagte seinem Vorschlag zugestimmt hätte, bis zum Ergehen eines Urteils des Sozialgerichts Marburg Familienhilfe zu gewähren. Das sei nicht geschehen.
Die Verwaltungsakte und die Akte des Sozialgerichts Marburg S-3/Kr – 8/75 haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakte beider Rechtszüge, der auszugsweise in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die durch Zulassung gemäß § 150 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (BSG) statthaften Berufungen sind frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 SGG); sie sind auch begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts vermag keinen Bestand zu haben. Zu Unrecht ist es davon ausgegangen, die Beklagte sei zur Zahlung der Mehrkosten für den Zahnersatz und die Beigeladene zur Rückerstattung freiwilliger Beiträge für die bei der Beklagten familienversicherte Ehefrau des Klägers verpflichtet.
Für den Anspruch des Klägers ist der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gemäß § 51 Abs. 1 SGG zulässig. Der Kläger stützt sein Begehren auf die Unterlassung der Beklagten, ihm für die Zahnbehandlung seiner Ehefrau am Beginn des Jahres 1974 nicht die nach § 32 Abs. 1 KVLG zustehende Familienhilfe gewährt zu haben, obwohl die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt gewesen seien. Er macht damit einen Anspruch auf Wiedergutmachung eines Schadens durch Vornahme einer Amtshandlung geltend. Bei diesem Anspruch handelt es sich um einen Herstellungsanspruch auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn der Versicherungsträger nach Meinung des Klägers pflichtgemäß vertagen wäre. Dieser Anspruch folgt aus einer vertragsähnlichen Nebenpflicht nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben aus dem öffentlich-rechtlichen Versicherungsverhältnis (BSG, SozR Nr. 3 zu § 1233 RVO). Es handelt sich dabei um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialversicherung, so daß der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist (BSG, Urteil vom 25. März 1976, Az.: 12/7 RAr 135/74; Urteil vom 26. Oktober 1976, Az.: 12/7 RAr 78/74). Streitgegenstand ist damit nicht der nach § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO allein vor die Zivilgerichte gehörende Anspruch auf Schadenersatz in Geld nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BSG, sondern die Vornahme einer Amtshandlung.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hat die Beklagte bei der Ablehnung des Anspruchs des Klägers auf Familienhilfe nach § 32 KVLG ihre sich aus dem Versicherungsverhältnis ergebende Pflicht zur Gewährung des Zuschusses zu den Zahnbehandlungskosten für seine Ehefrau nicht verletzt. Ein versicherungsrechtlicher Schadenersatzanspruch besteht nämlich nur dann, wenn ein rechts- oder pflichtwidriges Verhalten der Beklagten gegeben ist. Dafür bietet der vorliegende Sachverhalt jedoch keinen Anhalt. Es gehört zwar zu den Pflichten der Sozialleistungsträger, den von ihnen zu betreuenden Bürgern zu den Rechten, insbesondere zu den Leistungen, zu verhelfen, die ihnen das Gesetz zugedacht hat (vgl. BSG 32, 60 ff.; 34, 124 ff.). Aus dem zwischen den Beteiligten bestehenden Sozialrechtsverhältnis ergab sich im Januar/Februar 1974 keine derartige Pflicht für die Beklagte, dem Kläger für die Zahnbehandlung seiner Ehefrau einen Zuschuß im Rahmen der Familienhilfe zu gewähren. Insoweit konnte sie sich auf die Rechtsprechung der Sozialgerichte München, Hannover und Osnabrück beziehen, die bei gleicher Sachlage einen Anspruch auf Familienhilfe verneint hatten. Sie hatten nämlich entschieden, daß ein Versicherten für seinen Ehegatten keinen Anspruch auf Familienhilfe habe, wenn sich der Ehegatte aufgrund des Art. 4 § 2 KVÄG von der Krankenversicherung hatte befreien lassen. Eine Berufung auf die Rechtsprechung der Sozialgerichte stellt sich nicht als pflichtwidriges Verhalten der Beklagten dar, das im übrigen auch nicht ursächlich für den vom Kläger geltend gemachten Schaden ist. Auch das hat das Sozialgericht nicht bedacht. Der Kläger hätte ebenso wie im Januar 1975 bereits zu Beginn des Jahres 1974, als nämlich der Kostenplan über 300,– DM vorlag, den Zahnersatz für seine Ehefrau eingliedern lassen können. Wenn er das erst Anfang des Jahres 1975 hat vornehmen lassen, obwohl sich zu diesem Zeitpunkt der Rechtsstandpunkt der Beklagten noch nicht geändert hatte, geht das allein zu seinen Lasten. Er hätte so die Möglichkeit gehabt, durch Ausführung der sofortigen Behandlung Anfang des Jahres 1974, seinen finanziellen Schaden zu vermeiden oder zu verringern, der sich nach Auskunft des Dr. B. dadurch ergeben hat, daß die Behandlung erst im Januar 1975 erfolgt ist. Als Versicherter bei der Beklagten ist der Kläger verpflichtet, alles zu tun, um die Behandlungskosten möglichst gering zu halten. Dazu gehören auch die rechtzeitige Behandlung und die Befolgung ärztlicher Ratschläge und Anordnungen. Dieser erhebliche Grad des Mitverschuldens des Klägers wurde vom Sozialgericht gleichfalls nicht gesehen, der mithin bei dem sozialversicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch zu beachten gewesen wäre.
Aus alledem ergibt sich, daß die Beklagte Anfang des Jahres 1974 nicht verpflichtet war, einen Zuschuß zu dem Zahnersatz der Ehefrau des Klägers im Rahmen der Familienhilfe zu gewähren. Sie konnte sich vielmehr auf Urteile verschiedener Sozialgerichte berufen. Es fehlt damit ein Ansatzpunkt für ein rechts- oder pflichtwidriges Verhalten der Beklagten, die dann umgehend nach Erlaß des Urteils des Bundessozialgerichts vom 4. Juni 1975 – 11 RKLw 23/74 – den Familienhilfeanspruch des Klägers für seine Ehefrau anerkannt hat, nachdem in diesem Urteil festgestellt worden war, daß dem Anspruch auf Familienhilfe für die Ehefrau des Versicherten nicht deren Befreiung nach dem 2. KVÄG Art. 4 § 2 von der Versicherungspflicht entgegenstehe. Sie hat demgemäß im August 1975 auf den geltend gemachten Betrag von 470,– DM den nach Gesetz und Satzung vorgesehenen Zuschuß auf die Kosten für den Zahnersatz von insgesamt 160,– DM gewährt. Ein darüber hinausgehender Anspruch für die Mehrkosten scheitert am fehlenden Nachweis eines rechts- oder pflichtwidrigen Verhaltens der Beklagten.
Die Beigeladene ist ebenfalls nicht verpflichtet, das Kläger Beitragsanteile von 77,88 DM zur Krankenversicherung zurückzuerstatten. Der Senat konnte vorliegend dahingestellt lassen, ob die Rückforderung von Beitragsanteilen eines Krankenversicherten im Wege der Gesetzesanalogie zu den Regelungen der §§ 1424 Abs. 1 und 4 RVO (§ 146 Abs. 1 und 4 AVG) und 186 Abs. 1 und 2 AFG erfolgen könnte, weil ein derartiger Rückforderungsanspruch dem Kläger nicht zusteht. Denn die freiwilligen Beiträge in Höhe von 77,88 DM an die Beigeladene für die Zeit vom 18. Juni bis 22. Juli 1975 sind nicht zu Unrecht geleistet worden. Grundlage dafür war vielmehr der Versicherungsvertrag, den die Ehefrau des Klägers mit der Beigeladenen geschlossen hatte. Dieser Vertrag kam auf ihren Antrag hin zustande. Er beruhte auf einer Willenserklärung der Ehefrau, die nach § 310 RVO die Mitgliedschaft auslöst. Sie beginnt an dem Tage des Beitritts zur Kasse und berechtigt die Versicherungsberechtigten nach den gesetzlichen Vorschriften der RVO, dafür vorgesehene Leistungen zu beanspruchen. Daß vonseiten dar Ehefrau des Klägers in der Zeit vom 18. Juni bis 22. Juli 1975 die Beigeladene nicht in Anspruch genommen worden ist, rechtfertigt dagegen nicht die Rückforderung des mit Rechtsgrund gezahlten freiwilligen Beitrages an die Beigeladene. Die rechtmäßige Mitgliedschaft bei der Beigeladenen endete durch die Abmeldung, die gleichfalls eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist. Sie brachte das Versicherungsverhältnis mit Wirkung zum 22. Juli 1975 zum Erlöschen. Die freiwilligen Beiträge sind damit nicht zu Unrecht, sondern aufgrund des Vertrages geleistet worden. Aufgrund des Versicherungsverhältnisses bestand damit die Vorrangigkeit der freiwilligen Versicherung, die einen Anspruch auf Leistungen gegenüber der Beklagten verdrängt hat. Das schließt den Erstattungsanspruch gegenüber der Beigeladenen aus, der auch dann nicht gegeben ist, wenn man davon ausgeht, daß sich die Ehefrau des Klägers bei der Abgabe der Willenserklärung, nämlich der Beitrittserklärung gegenüber der Beigeladenen, in einem Irrtum befunden hat. Hier würde es sich allenfalls um einen unbeachtlichen Motivirrtum handeln, von dem keine Rechtsfolgen ausgehen.
Auf die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen war demgemäß des Urteil des Sozialgerichts Marburg aufzuheben, ohne daß eine Entscheidung über den Hilfsantrag der Beigeladenen zu ergehen hatte.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG kam nach Lage des Falles nicht in Betracht.
2) Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
3) Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger, der bei der Beklagten seit 1972 pflichtversichert ist, beschäftigt in seinem Architekturbüro seine Ehefrau M. H ... Sie übt dort die Tätigkeit einer technischen Zeichnerin und Bürohilfe aus. Sie ist vier Stunden täglich bei einem monatliche Bruttoverdienst im Jahre 1970 mit 400,– DM und im Jahre 1975 mit 501,47 DM tätig.
Mit Bescheid der Beigeladenen vom 4. Mai 1971 ist sie auf ihren Antrag gemäß Art. 4 § 2 des Zweiten Krankenversicherungs-Änderungsgesetzes (KVÄG) mit Wirkung vom 1. Januar 1971 von der Krankenversicherungspflicht befreit.
Der Kläger beantragte Anfang des Jahres 1974 bei der Beklagten für seine Ehefrau eine Beihilfe oder Zuschuß zum Zahnersatz, dessen Kosten damals für eine Stufenkrone mit Stiftverankerung aufgrund des Behandlungsplanes des Zahnarztes Dr. A. B. vom 8. Februar 1974 mit 300,– DM angegeben werden waren. Die Beklagte lehnte u.a. mit Bescheid vom 16. Mai 1974 und Widerspruchsbescheid vom 21. April 1975 eine Kostenbeteiligung ab. Sie vertrat den Standpunkt, daß die aufgrund des Art. 4 § 2 KVÄG von der Versicherungspflicht freigestellten Personen, die keinen eigenen gesetzlichen Anspruch auf Krankenpflege mehr hätten, nicht durch eine Mitversicherung beim Ehegatten wieder in die Versicherung einbezogen werden könnten.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger beim Sozialgericht Marburg am 2. Mai 1975 Klage erhoben (S-3/Kr – 8/75). Nachdem das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 4. Juni 1975 (Az.: 11 RKLw 23/74) ergangen war, erklärte sich die Beklagte am 11. Juli 1975 bereit, dem Kläger Familienhilfe für seine Ehefrau zu gewähren. In der mündlichen Verhandlung vom 23. September 1975 nahm er das Anerkenntnis an.
Für die dann im Januar 1975 durchgeführte Zahnbehandlung, bei der wegen weiteren Zahnverfalls ein gegessener Stiftaufbau aus Edelmetall erforderlich war, bezahlte der Kläger gemäß Rechnung des Zahnarztes Dr. B. vom 29. Januar 1975 den Betrag von 470,– DM. Die Beklagte und die Landwirtschaftliche Alterskrankenkasse gewährten gemäß Verfügung vom 14. August 1975 auf diesen Endbetrag an Zuschüssen insgesamt 160,– DM.
Für die Zeit vom 18. Juni bis 22. Juli 1975 war die Ehefrau des Klägers wegen des ungeklärten Familienhilfeanspruchs freiwilliges Mitglied gemäß § 176 Abs. 1 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) bei der Beigeladenen. Der Beitrag für diese Zeit betrug 77,88 DM. Nachdem die Beklagte den Familienhilfeanspruch anerkannt hatte, hat sie sich dort wieder abgemeldet.
Der Kläger begehrte am 26. September 1975 bei der Beklagten den Ersatz der Mehrkosten für den Zahnersatz von 170,– DM und weitere 77,88 DM für die an die Beigeladene gezahlten freiwilligen Beiträge seiner Ehefrau.
Mit Bescheid vom 6. November 1975 lehnte die Beklagte die Übernahme dieser geltend gemachten Kosten ab, da bei der Ablehnung des Anspruchs auf Familienhilfe entsprechend der damals geltenden Rechtsprechung verfahren worden sei. Es habe seinerzeit keinerlei Veranlassung bestanden, dem Anspruch auf Familienhilfe stattzugeben. Vom Vorliegen eines Verschuldens der hiesigen Verwaltung könne damit nicht gesprochen werden. Der Anspruch auf Familienhilfe für die Ehefrau sei unverzüglich nach Bekanntwerden des Urteils des Bundessozialgerichts vom 4. Juni 1975 anerkannt worden.
Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15. März 1976).
In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Marburg, das mit Beschluss vom 4. Januar 1977 die Allgemeine Ortskrankenkasse für den Stadt- und Landkreis Marburg zum Verfahren beigeladen hat, hat der Kläger vorgetragen, die Mehrkosten für Zahnersatz und der an die Beigeladene gezahlte freiwillige Beitrag seien durch die unberechtigte Ablehnung der Beklagten verursacht worden.
Dazu hat die Beklagte aufgeführt, die Klage sei unzulässig, da die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit gegeben sei. Im übrigen sei sie unbegründet, da sie im Jahre 1974 den Anspruch auf Familienhilfe nach der damals geltenden Rechtsprechung abgelehnt habe. Bei gleicher Sachlage sei in allen diesen Fällen ein Anspruch auf Familienhilfe gemäß Urteile der Sozialgerichte Hannover, Osnabrück und München verneint worden. Erst nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 4. Juni 1975, und zwar gleich unmittelbar nach Bekanntwerden desselben, sei im Vorprozeß der Anspruch auf Familienhilfe der Ehefrau des Klägers anerkannt worden. Da sie sich bei ihrer Entscheidung über den Familienhilfeanspruch an die jeweilige Rechtsprechung angelehnt habe, könne ihr ein Verschulden bezüglich der Mehrkosten für Zahnersatz und für die zwischenzeitlich abgeschlossene Krankenversicherung nicht zur Last gelegt werden.
Die Beigeladene hat geltend gemacht, nach den gesetzlichen Vorschriften habe sie keine Möglichkeit zur Erstattung der Beiträge. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit habe sie für die Zeit der Versicherung keine Leistungen gewährt.
Mit Urteil vom 24. Juni 1977 hat das Sozialgericht die Bescheide vom 6. November 1975 und 15. März 1976 aufgehoben und die Beklagte verurteilte dem Kläger die Mehrkosten für dem Zahnersatz der Ehefrau in Höhe von 170,– DM zu erstatten. Weiterhin hat es die Beigeladene verurteilt, dem Kläger den freiwilligen Beitrag für seine Ehefrau für die Zeit vom 18. Juni bis 22. Juli 1975 mit 77,88 DM zurückzuerstatten. Es hat die Berufung zugelassen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dem Kläger müsse durch die rechtswidrige Ablehnung einer Beteiligung an den Kosten für den Zahnersatz im Rahmen der Familienhilfe nach § 32 KVLG der entstandene Mehrkostenbetrag im vollem Umfang erstattet werden. Wegen der Verzögerung der Zahnbehandlung um etwa ein Jahr sei ein weiterer Verfall des betroffenen Zahnes eingetreten. Dadurch seien Mehrkosten von 170,– DM entstanden. Die Beigeladene sei zur Rückerstattung, der freiwilligen Beiträge von 77,88 DM verpflichtet, da diese vom Kläger zu Unrecht gezahlt worden seien. Die Mehrforderung für den Zahnersatz sei ein Schadensersatz, der mit den sozialrechtlichen Normen in so engem Zusammenhang stehe, daß eine Verweisung an die Zivilgerichtsbarkeit nicht in Betracht kommen könne.
Gegen das an die Beigeladene am 5. Juli 1977 und an die Beklagte am 7. Juli 1977 zugestellte Urteil haben diese am 15. Juli 1977 und 22. Juli 1977 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Zur Begründung trägt die Beigeladene vor, eine freiwillige Mitgliedschaft komme auf Antrag, der eine freiwillige Willenserklärung des Berechtigten darstelle, zustande. Dabei handele es sich nicht um eine private, sondern um eine auf gesetzlicher Grundlage beruhende Versicherung. Sie habe keine Möglichkeit, die Entstehung der freiwilligen Mitgliedschaft zu verhindern, wenn diese durch das Gesetz geforderten Voraussetzungen vorlägen. Der einmal gestellte Antrag auf freiwillige Versicherung könne nicht widerrufen werden, jedoch sei die Kündigung zu jedem beliebigen Zeitpunkt möglich. Da die Ehefrau des Klägers in der Zeit vom 18. Juni bis 22. Juli 1975 rechtmäßiges Mitglied ihrer Kasse gewesen sei, habe sie keine freiwilligen Krankenversicherungsbeiträge zu Unrecht gezahlt. Für die Zeit der freiwilligen Mitgliedschaft habe nur ein Anspruch auf Leistung gegenüber ihrer Kasse und kein Familienhilfeanspruch an die Beklagte bestanden.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 24. Juni 1977 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
im Wege des Folgenbeseitigungsanspruchs die Beklagte zur Erstattung der Beiträge zu verurteilen.
Die Beklagte führt zur Begründung ihrer Berufung aus, ein Schadensersatzanspruch gegen sie sei schon deswegen ausgeschlossen, weil es allein im Bereich der Ehefrau des Klägers gelegen hätte, von der vorgesehenen Fertigung des Zahnersatzes Anfang des Jahres 1974 zunächst abzusehen und ihn erst im Jahre 1975 fertigen zu lassen. Allein durch dieses von der Ehefrau des Klägers zu vertretende Verhalten seien die Mehrkosten entstanden. Sie habe hierauf keinerlei Einfluß gehabt. Insoweit könne von einem Verschulden, das die Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch gegen sie sei, keine Rede sein. Im übrigen sei zu berücksichtigen, daß zum Zeitpunkt der Eingliederung des Zahnersatzes im Januar 1975 in der Beurteilung der Rechtslage keine Änderung eingetreten gewesen sei. Das Urteil des Bundessozialgerichts sei vielmehr erst am 4. Juni 1975 ergangen. Mit ihrer ablehnenden Haltung habe sie sich auf die sozialgerichtliche Rechtsprechung berufen können.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 24. Juni 1977 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, die Kosten der freiwilligen Versicherung und die zusätzlichen Kosten des Zahnersatzes wären nicht entstanden, wenn die Beklagte seinem Vorschlag zugestimmt hätte, bis zum Ergehen eines Urteils des Sozialgerichts Marburg Familienhilfe zu gewähren. Das sei nicht geschehen.
Die Verwaltungsakte und die Akte des Sozialgerichts Marburg S-3/Kr – 8/75 haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakte beider Rechtszüge, der auszugsweise in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die durch Zulassung gemäß § 150 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (BSG) statthaften Berufungen sind frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 SGG); sie sind auch begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts vermag keinen Bestand zu haben. Zu Unrecht ist es davon ausgegangen, die Beklagte sei zur Zahlung der Mehrkosten für den Zahnersatz und die Beigeladene zur Rückerstattung freiwilliger Beiträge für die bei der Beklagten familienversicherte Ehefrau des Klägers verpflichtet.
Für den Anspruch des Klägers ist der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gemäß § 51 Abs. 1 SGG zulässig. Der Kläger stützt sein Begehren auf die Unterlassung der Beklagten, ihm für die Zahnbehandlung seiner Ehefrau am Beginn des Jahres 1974 nicht die nach § 32 Abs. 1 KVLG zustehende Familienhilfe gewährt zu haben, obwohl die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt gewesen seien. Er macht damit einen Anspruch auf Wiedergutmachung eines Schadens durch Vornahme einer Amtshandlung geltend. Bei diesem Anspruch handelt es sich um einen Herstellungsanspruch auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn der Versicherungsträger nach Meinung des Klägers pflichtgemäß vertagen wäre. Dieser Anspruch folgt aus einer vertragsähnlichen Nebenpflicht nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben aus dem öffentlich-rechtlichen Versicherungsverhältnis (BSG, SozR Nr. 3 zu § 1233 RVO). Es handelt sich dabei um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialversicherung, so daß der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist (BSG, Urteil vom 25. März 1976, Az.: 12/7 RAr 135/74; Urteil vom 26. Oktober 1976, Az.: 12/7 RAr 78/74). Streitgegenstand ist damit nicht der nach § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO allein vor die Zivilgerichte gehörende Anspruch auf Schadenersatz in Geld nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BSG, sondern die Vornahme einer Amtshandlung.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hat die Beklagte bei der Ablehnung des Anspruchs des Klägers auf Familienhilfe nach § 32 KVLG ihre sich aus dem Versicherungsverhältnis ergebende Pflicht zur Gewährung des Zuschusses zu den Zahnbehandlungskosten für seine Ehefrau nicht verletzt. Ein versicherungsrechtlicher Schadenersatzanspruch besteht nämlich nur dann, wenn ein rechts- oder pflichtwidriges Verhalten der Beklagten gegeben ist. Dafür bietet der vorliegende Sachverhalt jedoch keinen Anhalt. Es gehört zwar zu den Pflichten der Sozialleistungsträger, den von ihnen zu betreuenden Bürgern zu den Rechten, insbesondere zu den Leistungen, zu verhelfen, die ihnen das Gesetz zugedacht hat (vgl. BSG 32, 60 ff.; 34, 124 ff.). Aus dem zwischen den Beteiligten bestehenden Sozialrechtsverhältnis ergab sich im Januar/Februar 1974 keine derartige Pflicht für die Beklagte, dem Kläger für die Zahnbehandlung seiner Ehefrau einen Zuschuß im Rahmen der Familienhilfe zu gewähren. Insoweit konnte sie sich auf die Rechtsprechung der Sozialgerichte München, Hannover und Osnabrück beziehen, die bei gleicher Sachlage einen Anspruch auf Familienhilfe verneint hatten. Sie hatten nämlich entschieden, daß ein Versicherten für seinen Ehegatten keinen Anspruch auf Familienhilfe habe, wenn sich der Ehegatte aufgrund des Art. 4 § 2 KVÄG von der Krankenversicherung hatte befreien lassen. Eine Berufung auf die Rechtsprechung der Sozialgerichte stellt sich nicht als pflichtwidriges Verhalten der Beklagten dar, das im übrigen auch nicht ursächlich für den vom Kläger geltend gemachten Schaden ist. Auch das hat das Sozialgericht nicht bedacht. Der Kläger hätte ebenso wie im Januar 1975 bereits zu Beginn des Jahres 1974, als nämlich der Kostenplan über 300,– DM vorlag, den Zahnersatz für seine Ehefrau eingliedern lassen können. Wenn er das erst Anfang des Jahres 1975 hat vornehmen lassen, obwohl sich zu diesem Zeitpunkt der Rechtsstandpunkt der Beklagten noch nicht geändert hatte, geht das allein zu seinen Lasten. Er hätte so die Möglichkeit gehabt, durch Ausführung der sofortigen Behandlung Anfang des Jahres 1974, seinen finanziellen Schaden zu vermeiden oder zu verringern, der sich nach Auskunft des Dr. B. dadurch ergeben hat, daß die Behandlung erst im Januar 1975 erfolgt ist. Als Versicherter bei der Beklagten ist der Kläger verpflichtet, alles zu tun, um die Behandlungskosten möglichst gering zu halten. Dazu gehören auch die rechtzeitige Behandlung und die Befolgung ärztlicher Ratschläge und Anordnungen. Dieser erhebliche Grad des Mitverschuldens des Klägers wurde vom Sozialgericht gleichfalls nicht gesehen, der mithin bei dem sozialversicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch zu beachten gewesen wäre.
Aus alledem ergibt sich, daß die Beklagte Anfang des Jahres 1974 nicht verpflichtet war, einen Zuschuß zu dem Zahnersatz der Ehefrau des Klägers im Rahmen der Familienhilfe zu gewähren. Sie konnte sich vielmehr auf Urteile verschiedener Sozialgerichte berufen. Es fehlt damit ein Ansatzpunkt für ein rechts- oder pflichtwidriges Verhalten der Beklagten, die dann umgehend nach Erlaß des Urteils des Bundessozialgerichts vom 4. Juni 1975 – 11 RKLw 23/74 – den Familienhilfeanspruch des Klägers für seine Ehefrau anerkannt hat, nachdem in diesem Urteil festgestellt worden war, daß dem Anspruch auf Familienhilfe für die Ehefrau des Versicherten nicht deren Befreiung nach dem 2. KVÄG Art. 4 § 2 von der Versicherungspflicht entgegenstehe. Sie hat demgemäß im August 1975 auf den geltend gemachten Betrag von 470,– DM den nach Gesetz und Satzung vorgesehenen Zuschuß auf die Kosten für den Zahnersatz von insgesamt 160,– DM gewährt. Ein darüber hinausgehender Anspruch für die Mehrkosten scheitert am fehlenden Nachweis eines rechts- oder pflichtwidrigen Verhaltens der Beklagten.
Die Beigeladene ist ebenfalls nicht verpflichtet, das Kläger Beitragsanteile von 77,88 DM zur Krankenversicherung zurückzuerstatten. Der Senat konnte vorliegend dahingestellt lassen, ob die Rückforderung von Beitragsanteilen eines Krankenversicherten im Wege der Gesetzesanalogie zu den Regelungen der §§ 1424 Abs. 1 und 4 RVO (§ 146 Abs. 1 und 4 AVG) und 186 Abs. 1 und 2 AFG erfolgen könnte, weil ein derartiger Rückforderungsanspruch dem Kläger nicht zusteht. Denn die freiwilligen Beiträge in Höhe von 77,88 DM an die Beigeladene für die Zeit vom 18. Juni bis 22. Juli 1975 sind nicht zu Unrecht geleistet worden. Grundlage dafür war vielmehr der Versicherungsvertrag, den die Ehefrau des Klägers mit der Beigeladenen geschlossen hatte. Dieser Vertrag kam auf ihren Antrag hin zustande. Er beruhte auf einer Willenserklärung der Ehefrau, die nach § 310 RVO die Mitgliedschaft auslöst. Sie beginnt an dem Tage des Beitritts zur Kasse und berechtigt die Versicherungsberechtigten nach den gesetzlichen Vorschriften der RVO, dafür vorgesehene Leistungen zu beanspruchen. Daß vonseiten dar Ehefrau des Klägers in der Zeit vom 18. Juni bis 22. Juli 1975 die Beigeladene nicht in Anspruch genommen worden ist, rechtfertigt dagegen nicht die Rückforderung des mit Rechtsgrund gezahlten freiwilligen Beitrages an die Beigeladene. Die rechtmäßige Mitgliedschaft bei der Beigeladenen endete durch die Abmeldung, die gleichfalls eine empfangsbedürftige Willenserklärung ist. Sie brachte das Versicherungsverhältnis mit Wirkung zum 22. Juli 1975 zum Erlöschen. Die freiwilligen Beiträge sind damit nicht zu Unrecht, sondern aufgrund des Vertrages geleistet worden. Aufgrund des Versicherungsverhältnisses bestand damit die Vorrangigkeit der freiwilligen Versicherung, die einen Anspruch auf Leistungen gegenüber der Beklagten verdrängt hat. Das schließt den Erstattungsanspruch gegenüber der Beigeladenen aus, der auch dann nicht gegeben ist, wenn man davon ausgeht, daß sich die Ehefrau des Klägers bei der Abgabe der Willenserklärung, nämlich der Beitrittserklärung gegenüber der Beigeladenen, in einem Irrtum befunden hat. Hier würde es sich allenfalls um einen unbeachtlichen Motivirrtum handeln, von dem keine Rechtsfolgen ausgehen.
Auf die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen war demgemäß des Urteil des Sozialgerichts Marburg aufzuheben, ohne daß eine Entscheidung über den Hilfsantrag der Beigeladenen zu ergehen hatte.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG kam nach Lage des Falles nicht in Betracht.
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