L 9 U 3526/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 697/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 3526/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. Mai 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob beim Kläger im Wege eines Rücknahmebescheides als weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 5. März 1999 eine posttraumatische chronische Belastungsreaktion (PTBS) festzustellen und ihm deshalb eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 vH. zu gewähren ist.

Der 1960 geborene Kläger, ein gelernter Schlosser, erlitt am 5. März 1999 einen Arbeitsunfall, als eine Stahlblechrolle von 1,5 Tonnen Gewicht mit Hilfe eines Krans umgesetzt werden sollte, dabei abrutschte und teilweise auf den Kläger fiel. Der Kläger erlitt ein Polytrauma in Form eines Thoraxtraumas mit Instabilität durch linksseitige Rippenserienfraktur mit deutlicher Fragmentdislokation sowie Hämatopneumothorax links und Lungenkontusion links, einer Milzruptur und einer Zwerchfellruptur.

Im Klinikum der Stadt V.- S. wurde am 5. März 1999 notfallmäßig eine Milzentfernung, eine Zwerchfellnaht und eine Thoraxdrainage durchgeführt. Vom 5. bis 17. März 1999 musste der Kläger unter Analgosedierung künstlich beatmet und sodann noch bis zum 29. März 1999 auf der Zentralen Anästhesieabteilung intensiv behandelt werden (Bericht von Dr. G. vom 30. März 1999).

Auf der unfallchirurgischen Abteilung erfolgte sodann noch eine stationäre Behandlung bis zum 5. April 1999. Bei neurologischen Untersuchungen durch Dr. B. am 10. Mai und 25. Juni 1999 zeigte sich zusätzlich eine inkomplette Nervus thoracicus longus-Parese rechts mit Scapula alata rechts. Nach dem Bericht des Unfallchirurgen Prof. Dr. Dr. T. vom 25. Juni 1999 klagte der Kläger besonders über Schmerzen im rechten Arm mit Kraftlosigkeit.

Am 19. Juli 1999 kehrte der Kläger zu einer Arbeits- und Belastungserprobung an seinen Arbeitsplatz zurück. Die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit wurde zum 13. August 1999 beendet. Seit dem 16. August 1999 arbeitete der Kläger wieder voll.

Auf der Grundlage der Gutachten von Prof. Dr. Dr. T. vom 25. November 1999 mit ergänzender Stellungnahme vom 1. Juni 2000 und des Internisten Dr. S. vom 29. März 2000 anerkannte die Beklagte mit Bescheid vom 14. August 2000 als Folgen des Arbeitsunfalls vom 5. März 1999: Bewegungseinschränkung und Minderung der groben Kraft an der rechten Schulter nach inkompletter Schädigung des langen Brustkorbnervs (Thoracicus longus) mit Abhebung des rechten Schulterblatts (Skapula alata); Verlust der Milz nach Milzruptur; röntgenologisch Verziehung der seitlichen linken Zwerchfellhälfte kopfwärts und mittelgradige Schwiele zwischen Brust- und Zwerchfell bei nur mäßig eingeschränkter und mit der rechten Zwerchfellhälfte synchroner Atemverschieblichkeit der linken Zwerchfellhälfte nach Zwerchfellruptur; Verhärtung im linken oberen Brustkorbbereich nach Thoraxdrainage, Rippenserienbrüche 3 bis 7 links fest verheilt, 4. und 5. Rippe in Fehlstellung, folgenlose Ausheilung der Lungenprellung und des Hämatopneumothorax

und gewährte dem Kläger Rente als vorläufige Entschädigung ab 14. August 1999 nach einer MdE um 25 vH.

Vom 18. April bis zum 16. Mai 2000 führte die damalige LVA Baden für den Kläger ein stationäres Heilverfahren in der Klinik Falkenburg in Bad H. wegen Schmerzsymptomatik linker Thorax und Scapula alata rechts bei Zustand nach Polytrauma 3/99 durch.

Zur Feststellung der Voraussetzungen für eine Rente auf unbestimmte Zeit beauftragte die Beklagte den Chirurgen Dr. B. mit der Begutachtung des Klägers. Dieser führte im Gutachten vom 21. Juli 2001 aus, er bewerte die Unfallfolgen mit einer MdE um 35 v.H. Nicht eingeschlossen seien in diese Bewertung ein Verschüttungstrauma mit Alpträumen und depressiver Reaktion. Der Kläger wache nachts häufiger wegen Alpträumen auf. Hier komme das Unfallereignis wieder. Es finde deshalb eine psychotherapeutische Behandlung bei dem Psychologen Hermanutz statt (bisher 3 Sitzungen). Ein psychiatrisches Zusatzgutachten sei erforderlich.

Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. berichtete im Attest vom 19. September 2001, der Kläger befinde sich seit dem 1. März 2001 in seiner Behandlung. Primär hätten Schwindelerscheinungen im Vordergrund gestanden, die sich nach eingehender neurologischer Untersuchung als gutartiger Lageschwindel hätten interpretieren lassen. Später seien psychische Symptome wie Angstzustände, Schlafstörungen und Alpträume in den Vordergrund getreten. Daher sei eine ambulante Psychotherapie bei Dr. Hermanutz begonnen worden

Die Beklagte holte daraufhin, neben einem weiteren Gutachten von Dr. S. vom 31. August 2001 ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Prof. Dr. Dr. M. vom 22. November 2001 ein, welches dieser unter Mitarbeit von Privatdozent Dr. S. und unter Einbeziehung eines fachpsychologischen Gutachtens des Diplompsychologen N. erstattete. Ihm gegenüber gab der Kläger an, erstmals während der stationären Behandlung im Krankenhaus V.-S. seien bizarre Alpträume aufgetreten, die ihn bis jetzt verfolgten. Er träume von Menschen, die durch Gegenstände hindurch gehen könnten und vor denen alle anderen Geschöpfe, insbesondere große Hunde, Angst hätten. Diese Menschen bedrohten ihn. Diese Alpträume habe er anfangs regelmäßig gehabt, jetzt noch drei- bis viermal pro Woche. Vor dem Kran, an dem der Unfall geschehen sei, habe er gewissen Respekt, müsse aber weiter damit arbeiten, es gehe nicht anders. Vom Unfall träume er nicht. Ängste in anderen Lebensbereichen habe er nicht, außer dass er sich Sorgen um die Zukunft mache. Aus seiner ersten Ehe seien zwei Kinder mit Unterhaltsansprüchen da. Seine zweite Frau leide an multipler Sklerose, sei aber körperlich noch fit. Trotzdem belaste ihn dies.

Prof. Dr. Dr. M., der die Stimmungslage des Klägers als ausgeglichen und das affektive Schwingungsvermögen als regelrecht beschrieb und keine Hinweise für Störungen von Wahrnehmung, Konzentration und Merkfähigkeit feststellte, gelangte zu dem Ergebnis, die Schlafstörungen mit den bizarren Alpträumen stellten keine Unfallfolge dar. Insbesondere liege keine posttraumatische Belastungsreaktion vor. Die Alpträume wiesen keinen thematischen Bezug zum Unfallereignis auf. Allein aus dem Umstand, dass sie nach dem Unfallereignis aufgetreten seien (offenbar erst Anfang 2001) könne nicht geschlossen werden, dass sie auch wegen des Unfallereignisses aufgetreten seien.

Auf der Grundlage der Stellungnahme des beratenden Arztes Prof. Dr. G., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie vom 4. Januar 2002, welcher, Prof. Dr. Dr. M. folgend, eine neurologisch-chirurgische Teil-MdE von 25 vH annahm und unter Einbeziehung der internistischen Teil-MdE auf eine Gesamt-MdE von 30 vH ab 14. August 1999 kam, nahm die Beklagte mit Bescheid vom 8. Februar 2002 den Bescheid vom 14. August 2000 teilweise zurück und gewährte dem Kläger ab 14. August 1999 Verletztenrente nach einer MdE um 30 vH, ab 1. März 2002 auf unbestimmte Zeit.

Der den Kläger behandelnde Chirurg Dr. B. bemängelte in einem Bericht an die Beklagte vom 13. Mai 2002 das von Prof. Dr. M./S. erstattete Gutachten. Von diesen und dem Psychologen N. sei das Angstproblem des Klägers übersehen worden. Der Kläger gebe ihm gegenüber jetzt an, dass er seit dem therapeutischen Koma Alpträume mit Schlafstörungen habe. Die Alpträume hätten sich leicht gebessert. Mit Wiederaufnahme der Arbeit seien Panikgefühle aufgetreten. Er habe Angst gehabt zur Arbeit zu gehen. Die Angst habe sich seither verstärkt und trete immer dann auf, wenn er etwas tun müsse. Wegen Verschlimmerung des Zustandes habe er sich ab April 2001 in psychotherapeutische Behandlung begeben.

Am 22. Mai 2002 stellte sich der Kläger wegen der Schulterbeschwerden rechts bei Prof. Dr. Dr. T. vor. Dieser führte am 13. Juni 2002 eine Ersatzplastik des Musculus pectoralis major durch, wobei sich der postoperative Verlauf zunächst komplikationslos gestaltete (Bericht vom 17. Juni 2002). Am 23. Juni 2002 trat unter dem rechten Schulterblatt eine starke Schwellung mit hohem Fieber auf. Im Rahmen der bis zum 6. Juli 2002 dauernden stationären Behandlung wurde der Abszess entlastet und eine Drainage durchgeführt, die am 4. Juli 2002 endgültig entfernt werden konnte (Bericht vom 6. Juli 2002). Die postoperative Kontrolle am 25. Juli 2002 ergab reizlose Wundverhältnisse. Funktionell sei die Skapula alata bei Anteversion des Armes komplett verschwunden (Bericht vom 25. Juli 2002).

Dr. B. teilte unter dem 9. Oktober 2002 mit, die Funktion des rechten Armes habe sich erfreulicherweise gebessert. Die Ausdauerleistungsfähigkeit sei aber noch sehr schlecht. Es bestehe weiterhin Arbeitsunfähigkeit.

Nachdem die Arbeitunfähigkeit über die Jahreswende 2002/2003 fortbestand, bat die Beklagte Prof. Dr. Dr. T. zur Dauer der Arbeitsunfähigkeit des Klägers Stellung zu nehmen. Es sei anzunehmen, dass die von Dr. B. bescheinigte Arbeitsunfähigkeit nunmehr auf den von diesem benannten psychischen Störungen beruhe, welche aber nicht als Unfallfolgen anerkannt seien. Dr. Thielemann führte unter dem 24. Februar 2003 aus, eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund der anerkannten Unfallfolgen habe längstens bis zum 31. Dezember 2002 bestanden. Daher könne die fortbestehende Arbeitsunfähigkeit nur noch auf die von Prof. Dr. M. und Prof. Dr. G. aufgeführten Ursachen (psychische Belastungen) zurückgeführt werden.

Bereits am 27. November 2002 hatte der Kläger beantragt, den Bescheid vom 8. Februar 2002 zurückzunehmen und eine posttraumatische chronifizierte Belastungsreaktion als weitere Unfallfolge anzuerkennen. Das Unfallereignis sei geeignet gewesen, eine PTBS mit Schwindelerscheinungen und Tinnitus hervorzurufen. Das Gutachten von Prof. Dr. M./PD Dr. S. sei willkürlich und oberflächlich.

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5. Dezember 2002 ab.

Im anschließenden Widerspruchsverfahren reichte der Kläger den Bericht von Dr. H. vom 17. Oktober 2001 über die von diesem bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführte Psychotherapie zu den Akten. Dr. H. diagnostizierte beim Kläger Angst und depressive Störung gemischt (ICD10: F41.2) und Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung (ICD10: F43.1). Nach 9 Sitzungen könne der Kläger die Angst, verbunden mit vegetativen Symptomen inzwischen besser selbst kontrollieren. Die sich aufdrängenden Erinnerungen und Alpträume gingen zurück, verstärkten sich jedoch, wenn er wegen der Schmerzen weniger schlafen könne und seine Arbeit nur mit Mühe bewältige. Da der Kläger an seiner Arbeitsstelle Anerkennung erhalte und seinen Beruf gern ausübe, er aber auf der anderen Seite ständig damit konfrontiert sei, dass sein Körper auf mechanische Belastungen mit Schmerzen reagiere, würden seine psychischen Beschwerden in diesem Konfliktfeld nur schwer ganz zurückgehen. Er sollte daher eine andere - körperlich weniger belastende - Arbeitsstelle erhalten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es spreche nichts dafür, dass die Beklagte beim Erlass des Bescheides vom 8. Februar 2002 von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sei.

Hiergegen erhob der Kläger am 17. März 2003 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG).Unter Einbeziehung der PTBS liege die MdE bei mindestens 50 VH. Auf Anfrage des SG teilte er mit, dass er im Jahr 2003 nicht mehr bei Dr. E. und Dr. H. in Behandlung gewesen sei, da die chronischen Schmerzen, unter denen er leide, auch durch deren Behandlungsmaßnahmen nicht gebessert werden könnten.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte das SG das psychiatrische Gutachten von PD Dr. L. vom 13. Juli 2004 mit ergänzender Stellungnahme vom 24. März 2005 und weiterer Stellungnahme vom 26. Mai 2006 ein. Dieser führte in dem unter Mitarbeit der Stationsärztin Enderle erstatteten Gutachten aus, der Kläger leide neben einer somatoformen Schmerzstörung (ICD10 F 45.4.) im Begutachtungszeitpunkt unter den Symptomen einer PTBS (ICD10 F 43.1) mit der Symptomtrias (entsprechend DSM IV): 1.) Wiedererleben des Ereignisses durch Bilder, die sich ihm plötzlich aufdrängen (Intrusionen) z.B. beim Betreten der Firma oder aber in Zeiten der Ruhe sowie durch belastende Träume, 2.) anhaltende Vermeidung durch bewusstes Vermeiden von Gedanken und Gefühlen, sozialen Rückzug und das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft, wobei keine Vermeidung gegenüber dem Unfallort bestehe und 3.) erhöhtes inneres Stressniveau (Hyperarousel) mit innerer Anspannung beim Betreten der Firma, erhöhter Schreckhaftigkeit, erhöhter Wachsamkeit insbesondere an jedem 5. des Monats sowie Schwierigkeiten beim Ein- und Durchschlafen. Es bleibe zu vermuten, dass der Kläger das Haupterleben im Unfallzeitpunkt "ich bin hilflos" durch aktive Zuwendung zu somatischen Symptomen und deren aktiver Beübung z. B. in der Krankengymnastik sowie durch die Rückkehr an den alten Arbeitsplatz habe kompensieren können. Erst als durch die Erkrankung seiner Ehefrau seine Leistungsfähigkeit überfordert worden sei, sei es zu einem psychischen Einbruch mit anschließender Behandlung und Ernstnehmen seiner psychischen Problematik gekommen. Weiterhin sei jedoch die Schmerzsymptomatik und die Neigung zu Somatisierung im Vordergrund. Der Kläger vermeide jegliche weitere Auseinandersetzung mit seiner psychischen Problematik, die durch den Verlust seiner zweiten Ehe wohl eher noch verstärkt worden sei. Die Erkrankung stehe in eindeutigem ursächlichem Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Die unfallunabhängigen Stressoren, wie die Belastung und das Wegbrechen der Ehebeziehung seien als Verstärker zu werten, jedoch als solche nicht geeignet, die anhaltenden inhaltlich konstanten Alpträume hervorzurufen sowie Intrusionen und Hyperarousal. Die PTBS habe mit einem verzögerten Beginn, d.h. später als 6 Monate nach dem Unfallereignis begonnen. Einzelne Symptome hätten bereits unmittelbar nach dem Unfallereignis bestanden. Die PTBS scheine während der Arbeitstätigkeit noch weitgehend kompensiert, führe aber zur stärkeren Behinderung bei der Entspannung und Regeneration. Daher erscheine eine MdE von 30 vH angemessen. Unter Einbeziehung der bestehenden MdE ergebe sich eine MdE von 50 vH.

Dieser Beurteilung trat die Beklagte unter Vorlage einer neurologisch-psychiatrischen Stellungnahme von Prof. Dr. G. vom 7. Oktober 2004 entgegen. Es bleibe festzuhalten, dass die Gründe für eine unzureichende Überwindung der zunächst dem Unfall zurechenbaren reaktiven psychischen Störungen in der Persönlichkeit des Klägers mit einer tiefenpsychologisch begründeten Abwehr psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlungsmaßnahmen zu suchen seien. Auch sei die zeitlich und inhaltlich abgrenzbare Verschlimmerung der psychischen Störungen durch die Erkrankung der Ehefrau und die spätere Trennung nicht dem Unfall zurechenbar. Die bisher festgestellte MdE von 30 vH erscheine selbst bei Anerkennung reaktiver psychischer Störungen unter dem Bild einer PTBS und begleitender Schmerzen nicht unangemessen.

Das SG holte daraufhin von Amts wegen bei Prof. Dr. F. das psychiatrische Gutachten vom 28. Februar 2006 ein, das dieser in Zusammenarbeit mit Dr. Bischof erstellt hat. Diesem gegenüber gab der Kläger an, er arbeite unverändert an der Position im Betrieb, an der der Unfall passiert sei. Er habe keine Angst, sondern Respekt vor den schweren Stahlrollen und könne diese Arbeit weiter durchführen. Versuche, ihn auf andere Plätze im Betrieb umzusetzen, seien nicht erfolgreich gewesen, da diese anderen Aufgaben für ihn körperlich noch belastender gewesen seien. Außerdem kenne er sich an seinem Arbeitsplatz gut aus und sei daher auch für den Betrieb ein sehr wichtiger Arbeiter an dieser Stelle. Er leide unter Schmerzen in der rechten Schulter, der linken Brusthälfte und in der Hüfte links. Darüber hinaus bestünden Schlafstörungen mit ausgeprägter Tagesmüdigkeit. Zwei- bis dreimal pro Woche leide er unter Alpträumen, in denen er u.a. erlebe, wie er im OP liege und die Ärzte um ihn herumstünden. Der Sachverständige führte aus, der Kläger leide an einer leichten Angst, dass an seinem Arbeitsplatz erneut ein schwerer Gegenstand auf ihn fallen könnte. Diese Angst sei aber nicht so stark ausgeprägt, dass er an einer anderen Stelle im Betrieb eingesetzt werden möchte. Darüber hinaus leide er an Schlafstörungen mit Alpträumen und Tagesmüdigkeit. Damit erfülle er nicht die Diagnosekriterien einer psychiatrischen Erkrankung. Insbesondere liege keine generalisierte Angststörung vor (DSM-IV:F 41.1), weil sich die Angst nicht auf mehrere Ereignisse oder Tätigkeiten beziehe. Es bestehe keine Panikstörung und keine Depression. Eine PTBS (DSM-IV 43.1) liege nicht vor, weil das Diagnosekriterium C (anhaltende Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma verbunden sind) nicht erfüllt sei. Der Kläger vermeide die Situation, in der das Trauma aufgetreten sei, nicht, sondern wolle weiterhin an dieser Position im Betrieb arbeiten. Auch die Diagnosekriterien einer Somatisierungsstörung (F 45.0) seien nicht erfüllte. Es liege keine psychiatrische Erkrankung vor. Dem Unfallereignis müsse die führende Rolle in der Verursachung der Schlafstörungen mit Alpträumen und Ängstlichkeit am Arbeitsplatz zugebilligt werden, da diese Symptome inhaltlich auf das Unfallgeschehen zurückzuführen seien. Eine zusätzliche MdE werde dadurch aber nicht begründet.

Mit Urteil vom 30. Mai 2006 wies das SG die Klage ab. Der Bescheid vom 8. Februar 2002 sei nicht zurückzunehmen. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer höheren Verletztenrente und die Anerkennung weiterer Unfallfolgen lägen nicht vor. Bei dieser Beurteilung stütze sich die Kammer auf die Gutachten von Prof. Dr. F. und Prof. Dr. M., sowie auf die Stellungnahmen des Prof. Dr. G ... Der Beurteilung von PD Dr. L. folge sie nicht, da eine wesentliche Beeinträchtigung des Klägers durch die psychischen Störungen nicht schlüssig dargestellt sei.

Gegen das am 7. Juli 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 13. Juli 2006 eingelegte Berufung des Klägers. Er beruft sich auf die gutachterlichen Ausführungen von PD Dr. L. und trägt vor, Prof. Dr. F. habe sich nicht mit dessen Argumentation auseinandergesetzt, dass er die Vermeidungssituation am Arbeitplatz verdränge, aber deshalb besonders stark im Freizeitbereich durch die Angstprobleme und die Schmerzen beeinträchtigt sei. Es müsse aufgeklärt werden, ob in der Vermeidung der Beschäftigung mit dem Erlebten und in der teilweisen Überaktivität am Arbeitsplatz ein Zeichen von Vermeidungsverhalten liege und damit die Diagnosekriterien für eine PTBS erfüllt seien und ob beim Kläger eine Somatisierungsstörung vorliege.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. Mai 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 8. Februar 2002 teilweise zurückzunehmen, als weitere Unfallfolge eine posttraumatische chronifizierte Belastungsreaktion anzuerkennen und ab 14. August 1999 Verletztenrente nach einer MdE um 50 vH zu gewähren, hilfweise ein Gutachten gemäß § 109 SGG bei Dr. Graf einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. F. eingeholt. Dieser hat unter dem 18. Juli 2007 ausgeführt, das Vermeiden von Inaktivität, die zu Intrusionen führe, erfülle nicht das Diagnosekriterium C einer PTBS. Dieses sei seiner Auffassung nach nur erfüllt, wenn ein Betroffener Situationen meide, die der traumatischen Situation ähnelten oder mit ihr assoziiert würden. Diese Situation meide der Kläger nicht. Beim Kläger liege auch keine somatoforme Schmerzstörung vor, denn die vom Kläger angegebenen Schmerzen befänden sich in den Körperregionen, die beim Unfall verletzt wurden. Die psychischen Folgen des Unfalls in Form von Schlafstörungen, Ängstlichkeit und Zukunftssorgen begründeten keine Erhöhung der bereits anerkannten MdE von 30 vH.

Demgegenüber hat PD Dr. L. in der Stellungnahme vom 16. Oktober 2007 weiterhin die Auffassung vertreten, das Diagnosekriterium C sei auch erfüllt, wenn Gedanken und Gefühle, die mit dem Trauma assoziiert würden, abgespalten würden, wodurch Interessenverlust, Entfremdungsgefühl und eingeschränkte affektive Bandbreite aufträten, wie sie vom Kläger insbesondere im privaten Lebensbereich beschrieben würden. Der Verbleib am Arbeitsplatz sei dem Kläger nur mit den psychischen Mitteln der Abspaltung, Fragmentierung und Dissoziation mit typischem Abwehr- und Verarbeitungsmodus von schweren Traumaerlebnissen möglich. Unzweifelhaft liege beim Kläger auch eine somatoforme Schmerzstörung vor.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten des SG und die Senatsakte.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch sachlich nicht begründet. Auch der Senat vermag nicht festzustellen, dass die Beklagte bei Erlass des Bescheides vom 8. Februar 2002 das Recht unrichtig angewandt hat oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, und dem Kläger deshalb seit dem 14. August 1999 eine zu geringe Verletztenrente gewährt. Der angefochtene Bescheid der Beklagten und das Urteil des SG sind daher nicht zu beanstanden.

Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen (hier eine höhere Verletztenrente) nicht erbracht wurden.

Beim Erlass des Bescheides vom 8. Februar 2002 hat die Beklagte die bereits mit Bescheid vom 14. August 2000 anerkannten Unfallfolgen auf der Grundlage der Gutachten von Dr. B. vom 21. Juni 2001, von Dr. S. vom 31. August 2001 und von Prof. Dr. Dr. M. vom 22. November unter Berücksichtigung der beratungsärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. G. vom 4. Januar 2002 rückwirkend mit einer MdE von 30 vH ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit am 14. August 1999 bewertet. Im Vordergrund standen neben dem Milzverlust die Auswirkungen der höhergradigen Schädigung des Nervus thoracicus longus mit deutlicher Beeinträchtigung der Außenrotation des Oberarms und der Elevation durch die mangelnde Fixierung des Schulterblatts rechts und die anhaltenden und belastungsabhängig verstärkten Schmerzen neben Gefühlsstörungen im Bereich des linken Brustkorbs nach Rippenserienfraktur. Die vom Kläger berichteten Schlafstörungen mit Alpträumen und die Angstzustände fanden keine Aufnahme in den Katalog der Unfallfolgen und wirkten sich auch nicht auf die Bewertung der MdE aus. Dies ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, denn diese Symptome erreichen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht den Grad einer in den international anerkannten Diagnosesystemen beschriebenen psychischen Störung und wirken sich auch nicht auf die Höhe der MdE aus. Eine PTBS, wie vom Kläger begehrt, vermag der Senat ebenso wenig festzustellen wie eine - in den Antrag nicht aufgenommene - somatoforme Schmerzstörung.

Voraussetzung für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalles ist u.a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis bzw. dem dadurch eingetretenen Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Gesundheitserstschaden und den fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. die zusammenfassende Darstellung der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung im Urteil des BSG vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 17 = BSGE 96, 196-209). Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nach dem Urteil des BSG vom 09.05.2006 aaO. nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn.

Im Urteil vom 09.05.2006 aaO. hat das BSG keinen Zweifel daran gelassen, dass die Theorie der wesentlichen Bedingung auch uneingeschränkt auf die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Arbeitsunfällen und psychischen Störungen anzuwenden ist, die nach Arbeitsunfällen in vielfältiger Weise auftreten können. Es hat aber darauf hingewiesen, dass es wegen der Komplexität von psychischen Gesundheitsstörungen im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel des Inhalts gebe, dass bei fehlender Alternativursache (etwa wenn eine Vorerkrankung oder Schadensanlage nicht nachweisbar sind) die versicherte naturwissenschaftliche Ursache (also die Einwirkung durch den Arbeitsunfall, festgestellt auf der ersten Stufe der Ursächlichkeitsprüfung) damit auch automatisch zu einer wesentlichen Ursache (im Sinne der Ursächlichkeitsprüfung auf der zweiten Stufe) wird. Dies würde angesichts der Komplexität psychischer Vorgänge und des Zusammenwirkens gegebenenfalls lange Zeit zurückliegender Faktoren zu einer Umkehr der Beweislast führen, für die keine rechtliche Grundlage erkennbar sei. Das BSG hat im Leitsatz 1 dieses Urteils auch festgelegt, dass zur Anerkennung einer psychischen Störung eine exakte Diagnose der Krankheit nach einem der international anerkannten Diagnosesysteme (ICD-10; DSM IV) erforderlich ist, weil darauf gegründete diagnostische Feststellungen angesichts der zahlreichen in Betracht kommenden Erkrankungen und möglichen Schulenstreiten nachvollziehbar seien und es erleichterten, ihre Ursachen zu erkennen und die MdE zu bewerten.

Eine PTBS liegt beim Kläger nicht vor, denn die diagnostischen Kriterien einer PTBS (ICD-10: F43.1 bzw. DMS-IV-TR:309.81) sind nicht erfüllt. Zwar hat der Kläger bei dem Arbeitsunfall am 5. März 1999 eine schwere Verletzung seiner körperlichen Unversehrheit erleiden müssen, die bei ihm - durch das Eingeklemmtsein zwischen Stahlbandrolle und Palette - für die Dauer von wenigen Minuten ein intensives Gefühl der Hilflosigkeit hervorgerufen hat (DSM IV TR 309.81 Diagnosekriterium A1 und A2). Auch ist seit Beginn des Jahres 2001 durch ärztliche Äußerungen des Chirurgen Dr. B. und des Neurologen und Psychiaters Dr. E. dokumentiert, dass der Kläger an Schlafstörungen mit Alpträumen leidet, die auch Erinnerungen an das Unfallereignis zum Gegenstand haben. (Diagnosekriterium B1 und B2). Die Schlafstörungen und eine vom Kläger angegebene übermäßige Wachsamkeit am Arbeitplatz erfüllen das Diagnosekriterium D 1 und D 4.

Die Tatsache jedoch, dass der Kläger nach Beendigung der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit wieder an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt ist und dort weiterhin arbeitet, spricht gegen die Erfüllung des Diagnosekriteriums C. Danach ist Teil der PTBS eine anhaltende Vermeidung von Reizen, die mit dem Trauma verbunden sind, oder eine Abflachung der allgemeinen Reagibilität. Mindestens drei der folgenden Symptome liegen vor: 1. bewusstes Vermeiden von Gedanken, Gefühlen oder Gesprächen, die mit dem Trauma in Verbindung stehen, 2. bewusstes Vermeiden von Aktivitäten, Orten oder Menschen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen, 3. Unfähigkeit, einen wichtigen Aspekt des Traumas zu erinnern, 4. deutlich vemindertes Interesse oder verminderte Teilnahme an wichtigen Aktivitäten 5. Gefühl der Losgelöstheit oder Entfremdung von anderen, 6. eingeschränkte Bandbreite des Affekts (z.B. Unfähigkeit, zärtliche Gefühle zu empfinden) 7. Gefühl einer eingeschränkten Zukunft (z.B. erwartet nicht, Karriere, Ehe, Kinder oder ein normal langes Leben zu haben.) Hierzu hat der Sachverständige Prof. Dr. F. für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass die Tatsache, dass der Kläger weiterhin am selben Arbeitsplatz arbeitet und auch weiterhin dort arbeiten will, ebenso gegen ein Vermeidungsverhalten im Sinne des Diagnosekriteriums C als auch im Sinne der Definition der PTBS in IDC-10 F 43.1 spricht, welche verlangt, dass Aktivitäten und Situationen vermieden werden, die Erinnerungen an das Trauma hervorrufen. Dies überzeugt den Senat auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Kläger seine Arbeit gegenüber dem Sachverständigen Dr. L. positiv als Freude und Ablenkung bezeichnet und gegenüber Prof. Dr. F. darauf hingewiesen hat, dass er sich an diesem Arbeitplatz gut auskenne und auch für den Betrieb eine wichtige Arbeitskraft an dieser Stelle sei. Wenn Prof. Dr. L. das Vermeidungskriterium ausweislich der Stellungnahme vom 16. Oktober 2007 dadurch als gegeben ansieht, dass der Kläger die Kriterien des Interessenverlustes, des Entfremdungsgefühls und der eingeschränkten affektiven Bandbreite erfülle (Diagnosekriterien C 4, C5, C6), so kann dies anhand der Untersuchungsbefunde, die in seinem Gutachten vom 13. Juli 2004 dokumentiert sind, nicht nachvollzogen werden. Im psychischen Befund ist festgehalten, dass keine Entfremdungsgefühle im Sinne einer Depersonalisation oder Derealisation bestehen. Auch bei Prof. Dr. F. konnten keine Ich-Störungen, keine Derealisation und keine Depersonalisation festgestellt werden. Dieser fand beim Kläger am 25. Januar und am 3. Februar 2006 auch eine regelrechte affektive Schwingungsfähigkeit und einen regelrechten Antrieb.

Bei Kläger liegt entgegen der Darlegung von Prof. Dr. L. auch keine Somatisierungsstörung (ICD-10: F 45.0) bzw. keine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (F45.4) vor. Auch hierzu hat Prof. Dr. F. nachvollziehbar dargelegt, dass sich die vom Kläger angegebenen Schmerzen in der rechten Schulter, in der linken Brusthälfte und in der linken Hüfte befinden, wobei die rechte Schulter und die linke Brusthälfte von dem Unfall betroffen waren. Durch die inneren Verwachsungen nach Zwerchfellbruch und den Zustand nach Rippenserienbruch links werden die geklagten Schmerzen in hinreichendem Maße erklärt. Sie treten daher nicht entsprechend der Definition in F45. 4 in Verbindung mit emotionalen Konflikten oder psychosozialen Belastungen auf. Dies überzeugt den Senat auch vor dem Hintergrund des Entlassungsberichts nach stationärer Heilbehandlung im April/Mai 2000, welches wegen der Schmerzsymptomatik im linken Thorax und wegen der Funktionseinschränkungen am rechten Arm durchgeführt wurde.

Der Senat folgt Prof. Dr. F. auch in seiner Einschätzung, dass die Symptome Schlafstörungen mit Alpträumen und Ängstlichkeit zu keiner höheren MdE als 30 vH führen. Bei der Bewertung der MdE ist auch zu berücksichtigen, dass in den anerkannten körperlichen Unfallfolgen eine objektive funktionelle Besserung dadurch eingetreten ist, dass die Abhebung des rechten Schulterblatts (Skapula alata) im Juni 2002 operativ angegangen wurde, sodass Dr. B. am 9. Oktober 2002 von einer erfreulichen Besserung der Funktion des rechten Armes berichten konnte. Unter diesen Umständen werden das Ausmaß der Schmerzen und die Beeinträchtigung durch die Schlafstörungen in der MdE von 30 vH in hinreichendem Umfang berücksichtigt.

Dem Hilfsantrag der Klägers, gemäß § 109 SGG ein Gutachten bei Dr. G.f, Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie einzuholen, hat der Senat nicht stattgegeben, denn der Kläger hat von seinem Antragsrecht gemäß § 109 SGG bereits in der ersten Instanz durch die Benennung des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. L. Gebrauch gemacht und diesem Antrag wurde stattgegeben. Auch im Berufungsverfahren wurde von Prof. Dr. L. auf Antrag der Klägers zu den weiteren Ausführungen von Prof. Dr. F. eine weitere schriftliche gutachterliche Stellungnahme eingeholt.

Einem - hier vorliegenden - wiederholenden Antrag muss nur gefolgt werden, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 109 Rdnr. 10b). Solche sind aber nach den dargestellten Umständen nicht gegeben.

Die Berufung des Klägers konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved