L 4 R 4413/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 491/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4413/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 25. August 2006 wird zurückgewiesen. Ihre Klage wegen des Bescheids vom 22. Oktober 2007 wird als unzulässig abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Einkommensanrechnung auf die Hinterbliebenenrente der Klägerin ab 01. März 2005.

Die am 1962 geborene Klägerin war seit 29. April 2000 mit dem am 1959 geborenen und am 2004 verstorbenen R. F. (Versicherter) verheiratet. Beim Versicherten bestand Pflichtversicherung in der Rentenversicherung vom 01. Januar 1974 bis 30. September 1990 sowie vom 20. August bis 02. Oktober 2003. Im Übrigen hatte er freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet. Seit Oktober 1990 war er Geschäftsführer der Kieswerke F. GmbH & Co. KG (GmbH). Er war bei der DBV-Winterthur Krankenversicherung AG privat krankenversichert und hatte dort einen privaten Pflegeversicherungsvertrag abgeschlossen. Bei ihm bestand Arbeitsunfähigkeit vom 24. Juni 2003 bis 22. April 2004. Ab 02. Februar 2004 bestand bei ihm Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftigkeit); er bezog monatliches Pflegegeld in Höhe von EUR 410,00. Vom 20. August bis 02. Oktober 2003 hatte er auf Kosten der früheren Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund, im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) eine stationäre medizinische Rehabilitationsbehandlung in der S.-klinik B. K. durchlaufen. Die Beklagte gewährte ihm ab 01. Juli 2003 auf seinen Antrag Rente wegen voller Erwerbsminderung (monatlicher Zahlbetrag ab 01. Juli 2004 EUR 775,52, mit einem Zuschuss zur privaten Krankenversicherung EUR 830,97).

Die Klägerin, die bis 31. Dezember 2003 bei der GmbH als Angestellte tätig war, war seit Mai 2004 deren Geschäftsführerin. Seit 01. Mai 2004 ist die Klägerin bei der AXA Krankenversicherung AG privat krankenversichert; ferner hat sie insoweit mit dieser Gesellschaft einen privaten Pflegeversicherungsvertrag abgeschlossen. Am 02. Dezember 2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Hinterbliebenenrente; sie gab an, bis 31. Dezember 2003 sei sie Angestellte bei der GmbH gewesen. Seit Mai 2004 habe sie Einkünfte als Gesellschafter-Geschäftsführerin der GmbH. Zum Einkommen insoweit verwies sie auf eine vorgelegte Bescheinigung der Badischen Treuhandgesellschaft mbH (Wirtschaftsprüfungsgesellschaft - BTG) vom 07. Februar 2005, in der das vorläufig geschätzte Ergebnis der GmbH für Dezember 2004 auf rund EUR 5.000,00 angegeben wurde. Nach dem Hinterbliebenenrentenantrag war die Klägerin ferner seit 01. Januar 2004 abhängig beschäftigt, und zwar bei einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von EUR 375,00. Gleichzeitig beantragte die Klägerin einen Zuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung. Mit Bescheid vom 17. Februar 2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin große Witwenrente ab 01. Dezember 2004 in Höhe von monatlich EUR 783,02, was für die Zeit bis 28. Februar 2005 einen Auszahlungsbetrag von EUR 2.349,06 ergab. Ab 01. März 2005 (Ablauf des Sterbevierteljahrs) wurde die Hinterbliebenenrente in Höhe von monatlich EUR 469,81 wegen Einkommensanrechnung in Höhe von EUR 989,54 nicht mehr gezahlt. Der Anrechnungsbetrag wurde unter Berücksichtigung von Arbeitsentgelt für Dezember 2004 in Höhe von EUR 375,00 sowie Arbeitseinkommen für Dezember 2004 aus selbstständiger Tätigkeit von EUR 5.000,00, auch unter Anrechnung eines Freibetrags für die am 2000 geborene Tochter der Eheleute als waisenrentenberechtigtes Kind, berechnet.

Die Beklagte zahlte der Klägerin für das Sterbevierteljahr einen Betrag von EUR 2.492,91 aus, weil in dem monatlich gezahlten Betrag von EUR 830,97 auch der dem Versicherten bewilligte Zuschuss für die Aufwendungen für die private Krankenversicherung enthalten war. Mit Bescheid vom 04. April 2005 forderte die Beklagte von der Klägerin die Rückzahlung eines überzahlten Betrags von zunächst EUR 143,85 (EUR 2.492,91 abzüglich EUR 2.349,06). Mit weiterem Bescheid vom 24. Mai 2005 wurde die Hinterbliebenenrente für das Sterbevierteljahr unter Berücksichtigung des zu gewährenden Beitragszuschusses zur privaten Krankenversicherung mit einem Monatsbetrag von EUR 839,01 neu berechnet, sodass sich unter Verrechnung des Rückforderungsbetrags ein Nachzahlungsbetrag von EUR 24,12 ergab. Auch für die Zeit ab 01. Juli 2005 verblieb es bei der Ablehnung der Auszahlung von Hinterbliebenenrente im Hinblick auf anzurechnendes Einkommen von monatlich EUR 989,54. Den Bescheid vom 04. April 2005 hob die Beklagte auf.

Gegen die Bescheide vom 17. Februar und 04. April 2005 legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie begehrte die Zahlung von Hinterbliebenenrente auch ab 01. März 2005 ohne Berücksichtigung der gewerblichen Einkünfte. Sie erziele diese Einkünfte aus einer Beteiligung als Kommanditistin einer KG, die kein operatives Geschäft mehr betreibe, sondern nur noch das Grundvermögen verpachte. Dieses Grundvermögen habe sie nicht selbst erwirtschaftet, sondern vom Versicherten geerbt. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07. Oktober 2004 (B 13 RJ 13/04 R) sei bei gewerblichen Einkünften von Kommanditisten zu differenzieren zwischen Kommanditisten, die gewerbliche Einkünfte aus einer Gesellschaft erzielen würden, für die sie die Werte früher selbst geschaffen hätten, die die Einkünfte nun ermöglichen würden, und solchen Kommanditisten, die erst im Wege der Erbfolge in den Besitz der Wirtschaftsgüter (Grundvermögen) gekommen seien. Diese Entscheidung des 13. Senats des BSG stehe im Einklang mit der zuvor erfolgten Entscheidung des 5. Senats vom 25. Februar 2004 (B 5 RJ 56/02 R) und stelle gleichzeitig eine Abgrenzung zur Entscheidung des 4. Senats vom 27. Januar 1999 dar. Die von der Beklagten berücksichtigten gewerblichen Einkünfte hätten ihren Ursprung also nicht in ihrer früheren Tätigkeit, sondern in der des Versicherten und Rechtsvorgängers. Mithin müsse die Rente ab 01. März 2005 neu berechnet werden. Eine Änderung ihrer Einkommensverhältnisse zum 01. März 2005 habe sich nicht ergeben. Die Beklagte (Schreiben vom 29. September 2005) forderte die Klägerin auf, eine Erklärung des Steuerberaters vorzulegen, aus der detailliert hervorgehe, aufgrund welcher Rechtsstellung die Einkünfte erzielt würden. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass alle Vermögenseinkommen anzurechnendes Einkommen seien, die mit Einsatz von Vermögenswerten, auch mit denen, die ein Hinterbliebener unter Umständen geerbt habe, erzielt würden. Das seien im Wesentlichen die Einkommen, die im Steuerrecht den §§ 20 bis 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterfielen. Aus der Erklärung des Steuerberaters solle daher auch hervorgehen, welcher gesetzlichen Grundlage das Einkommen nach dem Steuerrecht zuzuordnen sei. Die Klägerin machte dazu geltend, Vermögenseinkommen sei hier nicht rentenschädlich, da ein Fall des § 114 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) vorliege. Ferner wurde ein Schreiben der BTG vom 11. Oktober 2005 eingereicht, in dem bestätigt wurde, dass die Klägerin Einkünfte als Kommanditistin aus der Besitzfirma GmbH beziehe, welche aufgrund der Rechtsform steuerlich als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren seien. Außerdem erhalte die Klägerin ein monatliches Gehalt in Höhe von EUR 400,00, da sie formal als Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH der genannten GmbH eingetragen sei. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2005 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, die Ausführungen zu § 114 SGB IV gingen ins Leere, da diese Bestimmung für die Erwerbseinkommen keine von § 18a SGB IV abweichenden Sachverhalte regle; deshalb gelte uneingeschränkt § 18a SGB IV. Danach sei Erwerbseinkommen u.a. Arbeitseinkommen; dieses werde nunmehr in § 18a Abs. 2a SGB IV eigenständig definiert; das Zurückgreifen auf § 15 SGB IV zum Zwecke der Einkommensanrechnung entfalle. Zum Arbeitseinkommen rechneten u.a. Gewinnanteile der Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft (OHG), einer Kommanditgesellschaft (KG) und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen sei, und die Vergütungen, die der Gesellschafter für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen habe. Da die Einkünfte als Kommanditistin steuerrechtlich gewerbliche Einkünfte darstellten, seien sie - ebenso wie das Gehalt als Geschäftsführerin - Einkommen im Sinne des § 18a SGB IV. Die Klägerin wurde aufgefordert, die Höhe der Einkünfte als Kommanditistin für Dezember 2004 von den Steuerberatern bestätigen zu lassen. Dagegen wandte die Klägerin (Schreiben vom 10. November 2005) noch ein, § 114 SGB IV sei durch das Gesetz vom 21. März 2001 eingefügt worden und beinhalte eine Übergangsregelung, die einen zeitlich unbegrenzten Bestandsschutz für den in der Vorschrift genannten Personenkreis beinhalte. Als Folge davon würden bei "Altfällen" weiterhin nur die in § 18a SGB IV in der Fassung bis 31. Dezember 2001 genannten Einkommen angerechnet, und zwar selbstverständlich in der von der Rechtsprechung näher definierten Form. Insoweit sei die Entscheidung des BSG vom 07. Oktober 2004 in Altfällen weiterhin zu berücksichtigen. Der Widerspruch der Klägerin "gegen den Bescheid vom 17. Februar 2005" wurde mit Widerspruchsbescheid der bei der Beklagten bestimmten Widerspruchsstelle vom 05. Januar 2006 zurückgewiesen. Nach § 97 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) sei das von Hinterbliebenen erzielte eigene Einkommen anzurechnen. Die Art der zu berücksichtigenden Einkommen sei in § 18a SGB IV in der ab 01. Januar 2002 geltenden Fassung definiert, wobei die Übergangsregelung des § 114 SGB IV, der so genannte zeitlich unbegrenzte Bestandsschutz für den dort genannten Personenkreis, zu beachten sei. Für die Fälle des Übergangsrechts sei in § 18a Abs. 2a SGB IV der Einkommensbegriff erschöpfend erläutert. Aus der vorgelegten Bescheinigung vom 11. Oktober 2005 gehe eindeutig hervor, dass die Einkünfte der Klägerin als Kommanditistin aufgrund der Rechtsform steuerlich als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren seien. Da die steuerrechtlichen Gewinne aus Gewerbebetrieb erzielt würden, seien diese nach § 97 SGB VI auf die Hinterbliebenenrente anzurechnen.

Deswegen erhob die Klägerin am 31. Januar 2006 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG). Die Klägerin wiederholte ihr bisheriges Vorbringen und trug ergänzend vor, die Auffassung der Beklagten, dass § 18a Abs. 2a SGB IV in der ab 01. Januar 2002 eingeführten Form auch für Altfälle einschlägig sei, treffe nicht zu, da dadurch die Übergangsregelung des § 114 SGB IV ausgehebelt werden würde. Aus der vorgelegten Gesetzesbegründung zum Entwurf des Altersvermögensgesetzes ergebe sich, dass die Bundesregierung Eheleute, die sich bei ihrer Lebensplanung an den damals geltenden Regelungen orientiert hätten und sich nicht mehr auf das neue Recht einstellen könnten, habe schützen wollen. Die Beklagte ziehe sich auf den Standpunkt zurück, dass § 114 SGB IV keine von § 18a SGB IV abweichenden Sachverhalte regle, sodass die Bestimmungen des § 18a SGB IV zum Erwerbseinkommen auch bei den so genannten Altfällen uneingeschränkt Anwendung fänden. Dies lasse sich jedoch mit dem Willen des Gesetzgebers nicht vereinbaren. Dass § 114 SGB IV keine von § 18a SGB IV abweichenden Sachverhalte regle, lasse nicht den Schluss zu, dass diese Vorschrift für die Zeit nach dem 01. Januar 2002 auch für Altfälle Anwendung finden solle. Gerade die Tatsache, dass der Gesetzgeber durch § 114 SGB IV für diese Altfälle die bisherigen Regelungen zur Einkommensanrechnung bei Hinterbliebenenrenten ganz pauschal und uneingeschränkt habe weiter gelten lassen wollen, mache ergänzende Regelungen überflüssig.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Für die Erwerbseinkommen regle § 114 SGB IV keine von § 18a SGB IV abweichenden Sachverhalte, sodass die Bestimmungen des § 18a SGB IV zum Erwerbseinkommen auch bei den so genannten Altfällen uneingeschränkt Anwendung fänden.

Mit Urteil vom 25. August 2006, das den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 01. September 2006 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Es nahm auf die Begründung des Widerspruchsbescheids Bezug und führte u.a. weiter aus, die Klägerin falle grundsätzlich unter den vom Bestandsschutz nach § 114 SGB IV erfassten Personenkreis, da ihre Ehe vor dem 01. Januar 2002 geschlossen worden sei und ihr Ehemann auch vor dem 02. Januar 1962 geboren sei. § 114 SGB IV gewähre Bestandsschutz jedoch nur, soweit es um die auf die Rente wegen Todes anzurechnenden Einkommensarten gehe. Dies bedeute, dass als anzurechnende Einkommensarten nur Erwerbseinkommen und Leistungen, die aufgrund oder in entsprechender Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht worden seien, um Erwerbseinkommen zu ersetzen (Erwerbsersatzeinkommen), mit Ausnahme von Zusatzleistungen, anzurechnen seien. Nicht angerechnet würden hingegen Vermögenseinkommen und Leistungen, die auf privatrechtlicher Grundlage beruhten. Eine Sonderregelung für § 18a Abs. 2 (Definition des Erwerbseinkommens) und Abs. 2a (Definition des Arbeitseinkommens) SGB IV sei in § 114 Abs. 1 SGB IV nicht enthalten, sodass diese beiden Absätze auch für den Personenkreis Anwendung fänden, der grundsätzlich unter die Regelung des § 114 SGB IV falle. Für die Definition des Begriffs "Erwerbseinkommen" im Sinne des § 114 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV sei daher § 18a Abs. 2, Abs. 2a SGB IV in der ab 01. Januar 2002 geltenden Fassung maßgeblich.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 21. September 2006 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht eingelegt (L 4 R 4820/06). Mit Beschluss vom 23. Februar 2007 war zunächst das Ruhen des Verfahrens bis zur Vorlage des Einkommensteuerbescheids für 2005 angeordnet worden. Am 07. September 2007 hat die Klägerin das Verfahren unter Vorlage des Bescheids für 2005 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer des Finanzamts Offenburg vom 24. April 2007 wiederangerufen. In dem Bescheid sind als zu versteuerndes Einkommen u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb von EUR 36.995,00 sowie Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Bruttoarbeitslohn) von EUR 171.375,00 aufgeführt. Darauf gestützt hat die Beklagte mit Bescheid vom 22. Oktober 2007 die Hinterbliebenenrente ab 01. Juli 2006 erneut neu berechnet. Auch ab 01. Juli 2006 und ab 01. Juli 2007 komme eine Rente nicht zur Auszahlung, da anzurechnendes Einkommen von EUR 3.835,40 (ab 01. Juli 2006) bzw. von EUR 3.833,61 (ab 01. Juli 2007) vorliege. Dieser Bescheid enthielt den Hinweis, dass er Gegenstand des Streitverfahrens nach § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) werde.

Die Klägerin wiederholt ihren bisherigen Vortrag, dass die von der Beklagten und vom SG vertretene Rechtsauffassung zur Auslegung des § 114 SGB IV dem Willen des Gesetzgebers entgegenlaufe. Auch der Bescheid vom 22. Oktober 2007 sei hier zu überprüfen, da er hinsichtlich des Streitgegenstands die bisherigen Bescheide für die Zeit ab 01. Juli 2006 ersetze; andernfalls müsste hinsichtlich dieses Bescheids ein weiteres Widerspruchsverfahren durchgeführt werden. Soweit in dem Einkommensteuerbescheid für 2005 "Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit" aufgeführt seien, handle es sich nicht um ein von ihr bezogenes Gehalt aus der Geschäftsführertätigkeit für die GmbH, sondern um Leistungen der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung des verstorbenen Versicherten, die nach dem Tode an sie ausgezahlt worden seien. Diese Beträge dürften, was wohl unstreitig sei, nach der Vorschrift des § 114 SGB IV ohnehin bei der Einkommensanrechnung nicht berücksichtigt werden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 25. August 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 17. Februar und 24. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Januar 2006 sowie des weiteren Bescheids vom 22. Oktober 2007 zu verurteilen, die Hinterbliebenenrente für die Zeit ab 01. März 2005 ohne Berücksichtigung der gewerblichen Einkünfte als Einkommen nach § 97 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs neu zu berechnen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und ihre Klage wegen des Bescheids vom 22. Oktober 2007 abzuweisen.

Sie hält die angegriffenen Bescheide und das streitbefangene Urteil für zutreffend. Auch der Bescheid vom 22. Oktober 2007 sei hier entsprechend § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Verfahrens.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten, den Versicherten betreffend, und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig, jedoch nicht begründet.

I.

Streitgegenstand ist nur der Anspruch auf Witwenrente wegen der Einkommensanrechnung vom 01. März 2005 bis 30. Juni 2006. Darüber hat die Beklagte in den Bescheiden vom 17. Februar und 24. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Januar 2006 entschieden. Nur diese Bescheide waren Gegenstand des Widerspruchsverfahrens sowie des erstinstanzlichen Verfahrens und sind nunmehr Gegenstand des Berufungsverfahrens. Der Bescheid vom 24. Mai 2005 ist nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden, weil er den Bescheid vom 17. Februar 2005 abänderte. Der Bescheid vom 24. Mai 2005 enthält zusätzlich eine Entscheidung über den Zuschuss zur privaten Krankenversicherung. Soweit er Ausführungen zur Anrechnung von Einkommen, auf die Hinterbliebenenrente der Klägerin ab 01. März 2005 enthält, wiederholte er die im Bescheid vom 17. Februar 2005 getroffene Regelung. Da der Bescheid vom 17. Februar 2005 kraft Gesetzes Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden ist, ist es unschädlich, dass die Klägerin gegen den Bescheid vom 24. Mai 2005 keinen Widerspruch eingelegt hat.

Der Bescheid vom 04. April 2005 ist bereits deshalb nicht Gegenstand des Verfahrens, weil die Beklagte ihn mit dem Bescheid vom 24. Mai 2005 aufgehoben hat und er damit erledigt ist (§ 39 Abs. 2 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB X -).

Soweit die Beklagte aufgrund des von der Klägerin vorgelegten Einkommensteuerbescheids für 2005 vom 24. April 2007 mit Bescheid vom 22. Oktober 2007 über den Anspruch auf Witwenrente ab 01. Juli 2006 im Hinblick auf die erneut aufgeworfene Frage der Einkommensanrechnung entschieden hat, war dieser Bescheid hier nicht nach §§ 153 Abs. 1, 96 SGG - da dieser Bescheid vor dem 01. April 2008 erlassen wurde, in der bis 31. März 2008 geltenden Fassung - kraft Klage im Berufungsverfahren zu überprüfen. Dieser Bescheid betraf aufgrund der nun von der Klägerin erzielten und nachgewiesenen Einkünfte, wie sie sich aus dem Einkommensteuerbescheid vom 24. April 2007 ergeben, einen neuen Zeitraum. Damit wurden durch den Bescheid vom 22. Oktober 2007 die früheren Bescheide, die die Zeit vom 01. März 2005 bis 30. Juni 2006 unter Berücksichtigung der damals angegebenen Einkünfte betrafen, nicht abgeändert oder ersetzt. Daraus, dass allgemein auch ab 01. Juli 2006 über die Einkommensanrechnung nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 SGB VI in Verbindung mit den §§ 18a bis 18e SGB IV zu befinden ist, ergibt sich nicht die Anwendung des § 96 SGG, auch nicht eine entsprechende Anwendung. Bei Bescheiden, die für einen späteren Zeitraum eine Regelung treffen, kommt auch eine entsprechende Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG nicht in Betracht (vgl. BSG SozR 3-2500 § 37 Nr. 5 zur quartalsweise verordneten häuslichen Krankenpflege). Der Anwendungsbereich des § 96 Abs. 1 SGG wird wesentlich durch den Zweck dieser Regelung bestimmt. Durch die Einbeziehung weiterer, denselben Streitgegenstand betreffender Bescheide soll in erster Linie ein schnelles und zweckmäßiges Verfahren ermöglicht und damit die Prozessökonomie gewahrt werden. Darüber hinaus soll die Gefahr divergierender Entscheidungen vermieden und der Betroffene vor Rechtsnachteilen geschützt werden, die ihm dadurch erwachsen, dass er im Vertrauen auf den eingelegten Rechtsbehelf weitere Schritte unterlässt (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 12; SozR 3-5425 § 24 Nr. 17 mwN). Dies bedeutet indessen nicht, dass auch solche Folgebescheide in den Prozess mit einbezogen werden können, die nur teilweise dieselben, zusätzlich aber auch noch weitere, bisher nicht streitgegenständliche Verfügungen zum Inhalt haben. Der Anwendungsbereich des § 96 Abs. 1 SGG ist jedenfalls auf die Fälle beschränkt, in denen der Regelungsgegenstand des ursprünglichen und des späteren Bescheids sowie der sich daraus ergebende Streitstoff übereinstimmen, so dass jeweils im Kern über dieselbe Rechtsfrage zu entscheiden ist. Nur unter dieser Voraussetzung ist die Einbeziehung der Folgeverwaltungsakte in den anhängigen Rechtsstreit sinnvoll, weil durch sie unnötige Verzögerungen und weitere Prozesse vermieden werden (vgl. BSG SozR 3-1500 § 96 Nr. 3). Der Einbeziehung des weiteren Bescheids vom 22. Oktober 2007 in das Berufungsverfahren nach § 96 Abs. 1 SGG steht ausgehend hiervon bereits entgegen, dass nach dem Vortrag der Klägerin die von der Beklagten angerechneten Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit nicht Gehalt aus ihrer Geschäftsführertätigkeit für die GmbH, was noch im Bescheid vom 17. Februar 2005 angerechnet wurde, sondern Leistungen der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung, sein sollen. Mithin war der Bescheid vom 22. Oktober 2007 hier nicht sachlich zu überprüfen; insbesondere war nicht zu entscheiden, ob der Anspruch auf Witwenrente ab 01. Juli 2006 schon im Hinblick auf die im Steuerbescheid aufgeführten Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Bruttoarbeitslohn) in Höhe von 171.375,00 EUR ausgeschlossen war. Es bedurfte vielmehr vor einer eventuellen Klageerhebung der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens.

II.

Die somit nur streitbefangenen Bescheide vom 17. Februar und 24. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Januar 2006 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ihr steht nach Ablauf des Sterbevierteljahres am 28. Februar 2005, in dem eine Einkommensanrechnung nach § 97 Abs. 1 Satz 2 SGB VI nicht stattzufinden hatte, im Hinblick auf die Höhe des erzielten Einkommens wegen Einkommensanrechnung vom 01. März 2005 bis 30. Juni 2006 Witwenrente nicht zu. Dies hat das SG zutreffend entschieden, weshalb der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Gründe des angegriffenen Urteils verweist.

Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen: Bei den von der Klägerin ab 01. März 2005 erzielten Einkünften als Kommanditistin von monatlich 5.000,00 EUR, gegen deren Anrechnung sich die Klägerin wendet, handelt es sich steuerrechtlich um gewerbliche Einkünfte, wie der Senat der Bestätigung der BTG vom 11. Oktober 2005 entnimmt. Dies wird im Übrigen auch durch den Einkommensteuerbescheid für 2005 vom 24. April 2007 bestätigt, in dem als zu versteuerndes Einkommen unter anderem auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 36.995,00 EUR aufgeführt sind. Insoweit hat auch die Klägerin nicht bestritten, dass es sich steuerrechtlich tatsächlich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb handelt. Diese Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI im Umfang des § 97 Abs. 2 SGB VI auf die Hinterbliebenenrente ab 01. März 2005 anzurechnen, was zur Verneinung eines Auszahlungsanspruchs für die Zeit bis 30. Juni 2006 führt. Denn das anzurechnende Einkommen übersteigt den Rentenanspruch, wie er ab 01. März 2005 bestehen würde. Zum anzurechnenden Einkommen wird in § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI auf die §§ 18a bis 18e SGB IV verwiesen. Bis zum 31. Dezember 2001 wurde nach § 18a Abs. 1 Satz 1 SGB IV bei Renten wegen Todes als anzurechnendes Einkommen Erwerbseinkommen und so genanntes Erwerbsersatzeinkommen berücksichtigt. Nach § 18a Abs. 1 Satz 1 SGB VI wurde das Erwerbseinkommen als Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen erfasst. Ferner wurde ab 01. Januar 2002 zur Klarstellung (vgl. BSG SozR 4-2400 § 15 Nr. 1 Rdnr. 1) Arbeitseinkommen abweichend von § 15 SGB IV wie folgt bestimmt: "Arbeitseinkommen im Sinne des Abs. 2 Satz 1 ist die positive Summe der Gewinne oder Verluste aus folgenden Einkommensarten: 1. Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft im Sinne der §§ 13, 13a und 14 des Einkommensteuergesetzes in Verbindung mit § 15 Abs. 2, 2. Gewinne aus Gewerbebetrieb im Sinne der §§ 15, 16 und 17 des Einkommensteuergesetzes und 3. Gewinne aus selbstständiger Arbeit im Sinne des § 18 des Einkommensteuergesetzes"

Danach war bei der Klägerin der angegebene Gewinn aus Gewerbebetrieb, sei er auch als Kommanditistin erzielt, unabhängig von ihrer Mitarbeit in der Gesellschaft aufgrund der steuerrechtlichen Zuordnung anzurechnen (vgl. BSG SozR 4-2400 § 15 Nr. 1; BSG SozR 4-2400 § 15 Nr. 2).

Bei der Klägerin ist, wie das SG zutreffend dargelegt hat, die Anrechnung des Gewinns aus Gewerbebetrieb als Kommanditistin nicht durch die ab 01. Januar 2002 eingeführte Übergangsregelung des § 114 SGB IV ausgeschlossen. Nach dessen Abs. 1 wurde bestimmt: Wenn der versicherte Ehegatte vor dem 01. Januar 2002 verstorben ist oder die Ehe vor diesem Tag geschlossen wurde und mindestens ein Ehegatte vor dem 02. Januar 1962 geboren ist, sind bei Renten wegen Todes als Einkommen zu berücksichtigen: 1. Erwerbseinkommen 2. Leistungen, die aufgrund oder in entsprechender Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen (Erwerbsersatzeinkommen) mit Ausnahme von Zusatzleistungen. Dieser Bestandschutz gilt für Eheleute, die sich bei ihrer Lebensplanung an den derzeit geltenden Regelungen orientiert haben und sich nicht mehr auf das neue Recht einstellen können. Für Hinterbliebenenfälle, die vor Inkrafttreten der Norm eingetreten sind, und für Ehepaare, bei denen der ältere Partner bei Inkrafttreten des Altersvermögensgesetzes mindestens 40 Jahre alt ist, gilt danach unverändert das bisherige Recht mit Anrechnung lediglich von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen (vgl. BT-Drucksache 14/4595 S. 145). Zwar ist im Falle der Klägerin die Ehe mit dem Versicherten vor dem 01. Januar 2002 geschlossen worden; auch ist der Versicherte vor dem 02. Januar 1962 geboren gewesen. Aus der Übergangsregelung lässt sich jedoch nicht herleiten, dass steuerrechtlicher Gewinn aus Gewerbebetrieb nach der Klarstellung in § 18a Abs. 2a Nr. 2 SGB IV generell bei der Einkommensanrechnung nicht zu berücksichtigen war. Denn die Bestimmung des § 114 Abs. 1 SGB IV setzt keinen von § 18a Abs. 2 und Abs. 2a SGB IV abweichenden Begriff des Erwerbseinkommens voraus, zumal es mit Ausnahme der Einbeziehung von Vermögenseinkommen - bei der schon bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen verbleiben sollte. Dieses Erwerbseinkommen schloss die Berücksichtigung des steuerrechtlich erzielten Gewinns aus Gewerbebetrieb ein. Ein Vertrauenstatbestand, dass steuerrechtlicher Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht angerechnet werden sollte, sollte mit der Regelung des § 114 SGB IV nicht geschaffen werden. Der Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb ist hier auch nicht etwa mit Unterhaltszahlungen oder einer Zusatzversorgung bzw. einer privaten Betriebsrente oder einem bloßen Vermögenseinkommen zu vergleichen, sondern beruhte auf der Tätigkeit der Klägerin in Ausübung ihrer uneingeschränkten Rechte als Kommanditistin und steuerrechtlicher Mitunternehmerin. Entscheidend ist also, dass die Einkünfte der Klägerin steuerrechtlich den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugeordnet wurden.

Danach steht der Klägerin Witwenrente vom 01. März 2005 bis 30. Juni 2006 wegen der Einkommensanrechnung nicht zu, wobei die Klägerin im Übrigen Einwendungen gegen die Art und Weise der von der Beklagten vorgenommenen Berechnung zur Ermittlung des anzurechnenden Einkommens im Rahmen des § 97 Abs. 2 SGB VI nicht erhoben hat und solche für den Senat auch nicht ersichtlich sind. Wegen der Berechnung nimmt der Senat deshalb Bezug auf die Anlage 8 zu den Bescheiden vom 17. Februar und 24. Mai 2005.

Die Berufung war danach zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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