Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 9 Kr 67/78
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 Kr 903/79
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
verb. m. L 8 Kr 917/79
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Juli 1979 abgeändert und die Klage in vollem Umfange abgewiesen.
II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Juli 1979 wird zurückgewiesen.
III. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme für einen faltbaren Rollstuhl, eine Greifzange und zwei Sensorlampen.
Der bei der Beklagten gegen Krankheit versicherte und im Jahre 1948 geborene Kläger ist aufgrund eines Verkehrsunfalles vom 17. November 1972 erwerbsunfähig und bedarf einer ganztägigen Pflegekraft. Er leidet unter massiv verstümmelnden Narbenbildungen im Gesicht und zum Teil auf dem behaarten Kopf, erheblich entstellenden und wenig belastbaren Narbenbildungen an Rumpf, Armen, Beinen und linkem Ruß, Verlust der rechten Hand oberhalb des Handgelenkes, Verlust des rechten Beines etwa in Oberschenkelmitte und extremer Spitz-Klump-Fuß-Stellung links. Der Kläger besitzt einen einhebelbetriebenen Elektrofahrstuhl sowie einen faltbaren Rollstuhl in Leichtbauweise.
Im November 1977 beantragte er die Kostenübernahme für einen weiteren faltbaren Rollstuhl, eine Greifzange und zwei Sensorlampen. Zur Begründung gab er an: Er benötige zwei faltbare Rollstühle, die er jeweils getrennt innerhalb und außerhalb der Wohnung benutzen wolle. Das sei erforderlich, weil ein im Freien benutzter Rollstuhl infolge seiner Verschmutzung aus hygienischen Gründen nicht in die eigene Wohnung gebracht werden könne. Die Greifzange erleichtere das Aufheben von Gegenständen, wenn er im Rollstuhl sitze. Mit den Sensorlampen könne er ohne Belastung der linken Hand das Licht ein- und ausschalten.
Zunächst formlos sowie dann mit förmlichem Bescheid vom 17. Januar 1978 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme ab, da es sich bei den Geräten nicht um Hilfsmittel im Sinne des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung handele und ein zweiter faltbarer Rollstuhl nicht notwendig sei. Den Widerspruch vom 26. Januar 1970 wies die Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 30. März 1978 aus den Gründen des Bescheides vom 17. Januar 1978 zurück.
Auf die dagegen am 29. April 1978 erhobene Klage hat das Sozialgericht Frankfurt am Main –SG– am 13. Juli 1979 die angefochtenen Bescheide insoweit aufgehoben, als die Beklagte die Kostenübernahme für die Greifzange abgelehnt habe. Im übrigen hat es aus den Gründen der Bescheide die Klage abgewiesen. Im Urteil, in dem es die Berufung zugelassen hat, hat es bezüglich der Greifzange ausgeführt, daß es sich bei dieser um ein notwendiges Hilfsmittel handele, da diese die ausgefallene Funktion der amputierten rechten Hand ersetze. Der Kläger könne mit ihr Gegenstände vom Boden aufheben, die er mit seinem rechten Armstumpf sonst nicht erreichen könne.
Es haben die Beklagte am 13. August 1979 und der Kläger am 17. August 1979 gegen das sozialgerichtliche Urteil, das der Beklagten am 31. Juli 1979 und dem Kläger am 26. Juli 1979 zugestellt worden ist, Berufung eingelegt.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Greifzange sei kein Hilfsmittel, da sie nicht geeignet sei, eine fehlende Funktion auszugleichen. Dazu sei allenfalls eine myoelektrische Armprothese am rechten Armstumpf geeignet. Die Greifzange werde aber mit der linken Hand benutzt.
Die Beklagte beantragt,
unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Juli 1979 abzuändern und die Klage in vollem Umfange abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Juli 1979 abzuändern, sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 1978 aufzuheben und diese zu verurteilen, die ihm für die Anschaffung eines faltbaren Rollstuhls in Leichtbauweise und zweier Sensorlampen entstandenen Kosten zu übernehmen.
Er wiederholt im wesentlichen sein Vorbringen bereits aus dem Verwaltungsverfahren und bringt ergänzend vor: Wegen einer besonderen Anfälligkeit gegen Infektionen sei es ihm nicht zuzumuten, einen im Freien benutzten und verschmutzten faltbaren Rollstuhl mit in die Wohnung zu nehmen. Auf seine Ehefrau könne die Reinigung des faltbaren Rollstuhls nicht übertragen werden. Die Sensorlampen seien erforderlich, da er nur noch die linke Hand besitze und diese bei einzelnen Verrichtungen, wie z.B. der Abstützung seines Körpers beim Aussteigen aus dem Bett einsetzen müsse. Er habe sie dann nicht für die Betätigung der Lichtschalter zur Verfügung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Krankenkassen- und Streitakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die kraft Zulassung zulässigen Berufungen sind frist- und formgerecht eingelegt (§§ 143, 150 Nr. 1, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).
Während die Berufung der Beklagten zum Erfolg führt, ist die selbständige Anschlußberufung des Klägers unbegründet. Das sozialgerichtliche Urteil mußte abgeändert und die zulässige Klage in vollem Umfange abgewiesen werden, da der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 1978 (§ 95 SGG) nicht rechtswidrig ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Kostenübernahme der Beklagten für die Beschaffung der Greifzange, zweier Sensorlampen und eines zweiten faltbaren Rollstuhls in Leichtbauweise. Während es sich bei der Greifzange und der Sensorlampen nicht um Hilfsmittel im Sinne des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung handelt, ist die Bereitstellung eines zweiten Rollstuhls nicht notwendig (§§ 182 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c, 182 b Reichsversicherungsordnung –RVO– in Verbindung mit Abschnitt F der Versicherungsbedingungen der Beklagten).
Danach hat ein Versicherter Anspruch auf Ausstattung mit Hilfsmitteln, die erforderlich sind, um einer drohenden Behinderung vorzubeugen, den Erfolg der Heilbehandlung zu sichern oder eine körperliche Behinderung auszugleichen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts –BSG–, der sich der Senat anschließt, liegt ein Hilfsmittel im Sinne des § 182 b RVO nur dann vor, wenn es geeignet ist, eine ausgefallene körperliche Funktion zu ersetzen, und außerdem bezweckt, die durch den Funktionsausfall eintretende körperliche Behinderung auszugleichen. Nicht notwendig ist es, daß ein Gerät den Funktionsausfall vollkommen ausgleicht, sondern nur zu einem geringen Teil die Funktion ersetzt. Die Voraussetzungen nach § 182 b Satz 1 RVO sind vielmehr auch dann gegeben, wenn das Gerät überhaupt dem Ausgleich körperlicher Behinderungen dient. Nicht jedes Hilfsmittel fällt aber in den Leistungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Vielmehr müssen solche Geräte außer Betracht bleiben, die dazu dienen, lediglich die Folgen und Auswirkungen der Behinderungen in den verschiedensten Lebensbereichen, insbesondere auf beruflichem, wirtschaftlichem oder privatem Gebiet zu beseitigen oder zu mildern. In aller Regel lassen sich die Abgrenzungsmerkmale aus der Wirkungsweise des Hilfsmittels bestimmen. So ist die Hilfsmitteleigenschaft Geräten zuerkannt worden, die für die elementare Körperpflege erforderlich sind oder die Nahrungsaufnahme ermöglichen. Hiervon ausgehend ist maßgeblich darauf abzustellen, ob das Gerät geeignet ist, Grundbedürfnisse des Menschen zu erfüllen, wobei die Krankenkassen nur in einem engen begrenzten Rahmen verpflichtet sind, weil sonst die Grenze zum Ausgleich von Behinderungsfolgen überschritten werden könnte. Ein weiterer maßgeblicher Gesichtspunkt ist, ob durch das Hilfsmittel der dem Behinderten zur Verfügung stehende Freiheitsraum erweitert wird und somit den Grundbedürfnissen des Behinderten dient. Abzustellen ist auf die jeweiligen persönlichen Verhältnisse des Behinderten im Einzelfall (vgl. BSG, Urteil vom 26. März 1980 – 3 RK 61/79 – unter Hinweis auf BSG, Urteil vom gleichen Tage mit dem Az.: 3 RK 96/78 und BSGE 33, 263; 37, 138; 45, 133; SozR 2200 § 187 RVO Nr. 3; SozR 2200 § 182 b RVO Nr. 5, 6, 9, 10 und 12 sowie Urteil vom 19. Dezember 1978 – 3 RK 2/78 – in KVRS 2240/29).
Nach diesen Grundsätzen sind vorliegend weder die Greifzange noch die zwei Sensorlampen als Hilfsmittel im Sinne von § 182 b RVO anzusehen. Dem steht nicht entgegen, daß der den Kläger behandelnde Facharzt für innere Krankheiten Dr. M, unter dem 17. November 1977 die Anschaffung einer Greifzange und von Sensorlampen ärztlich befürwortet hat. Auch die schwerwiegenden Folgen des Unfalls vom 17. November 1972 rechtfertigen nicht die Annahme, daß nach den oben dargelegten Grundsätzen beide Geräte als Hilfsmittel im Sinne von § 182 b RVO angesehen werden können. Soweit das SG dies bezüglich der Sensorlampen angenommen hat, hat es dies mit zutreffenden Erwägungen entschieden. Diese dienen nicht dazu, einer drohenden Behinderung vorzubeugen, den Erfolg der Heilbehandlung zu sichern oder eine körperliche Behinderung auszugleichen, mag er diese auch beim Aufrichten bzw. Aufstehen aus dem Bett benutzen. Die Lichtschalter können auch mit der noch vorhandenen Funktion der linken Hand betätigt werden. Ähnlich wie bei der Greifzange gleichen sie nicht die verlorengegangene Funktion der rechten Hand aus. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, daß dafür allenfalls eine Armprothese, die myoelektrisch bedient wird, geeignet wäre. Dies gilt nicht nur für die Betätigung von Lichtschaltern und damit für die Sensorlampen, sondern auch für die Greifzange, die das SG zu Unrecht als Hilfsmittel angesehen hat. Sie wird nicht mit dem rechten Arm ähnlich einer Armprothese bedient und erfüllt damit nicht Aufgaben der fehlenden rechten Hand. Der Kläger benutzt sie vielmehr mit der linken Hand, wenn er Gegenstände beispielsweise aufheben will. Damit dient sie als Verlängerungswerkzeug der gesunden linken Hand. Da die Greifzange ebenso wie die Sensorlampen für jeden Rollstuhlbenutzer hilfreiche Gegenstände sein können, damit aber nicht die ausgefallene Funktion der rechten Hand ersetzt wird, handelt es sich auch nicht um Hilfsmittel im Sinne von § 182 b RVO.
Zu Recht hat das SG auch die Kostenübernahme für einen zweiten faltbaren Rollstuhl in Leichtbauweise abgelehnt. Auch insoweit steht die ärztliche Befürwortung durch den Internisten Dr. M. der von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu treffenden Beurteilung nicht entgegen. Der Kläger besitzt bereits einen solchen faltbaren Rollstuhl. Die Beschaffung eines zweiten Rollstuhls gleicher Bauart ist nach § 182 Abs. 1 Buchst. c, § 182 b RVO nicht notwendig. Grundsätzlich besteht kein allgemeiner Anspruch auf eine Zweitausstattung. Sie ist nur dann möglich, wenn aus medizinischen oder sonst außergewöhnlichen Gründen eine Doppelversorgung notwendig ist, was nur im Einzelfall angenommen werden kann (vgl. Bundestagsdrucksache 7/1237 S. 86; Krauskopf/Schroeder-Printzen, Die soziale Krankenversicherung, Stand: April 1980, Anm. 5 zu § 182 b RVO; Peters, Handbuch zur Krankenversicherung, Teil 2, Stand: Februar 1980; Teil 2, Anm. 7 zu § 182 b). Solche besonderen Verhältnisse liegen hier nicht vor, worauf das SG auch unter Hinweis auf die Schadensminderungspflicht des Versicherten gegenüber der Solidargemeinschaft der Krankenversicherten (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juli 1977 – 3 RK 60/75 – in KVRS Nr. 2240/20) hingewiesen hat.
Dem Kläger steht nach dem Gutachten des Prof. Dr. S. und des Dr. M. von der Chirurgischen Universitätsklinik M. feine ganztägige Pflegekraft zu, die im Rahmen ihrer zu erbringenden Leistungen auch die Säuberung des im Freien benutzten und schon vorhandenen faltbaren Rollstuhls vornehmen kann. Der Kläger verkennt, daß es nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist, ihm für die Folgen seiner Behinderung alle nur denkbaren Leistungen zu erbringen, sondern das Maß der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen ist. Im Rahmen dieser Grundsätze ist die Beklagte mit der Stellung eines faltbaren Rollstuhls ihren gesetzlich bestehenden Verpflichtungen nachgekommen. Anhaltspunkte dafür, daß aus medizinischen oder sonstig außergewöhnlichen Gründen eine Doppelversorgung mit einem weiteren faltbaren Rollstuhl notwendig sei, ergeben sich nicht, und zwar auch nicht aus dem Gutachten des Prof. Dr. S. und des Dr. M ...
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 193, 160 SGG.
II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Juli 1979 wird zurückgewiesen.
III. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme für einen faltbaren Rollstuhl, eine Greifzange und zwei Sensorlampen.
Der bei der Beklagten gegen Krankheit versicherte und im Jahre 1948 geborene Kläger ist aufgrund eines Verkehrsunfalles vom 17. November 1972 erwerbsunfähig und bedarf einer ganztägigen Pflegekraft. Er leidet unter massiv verstümmelnden Narbenbildungen im Gesicht und zum Teil auf dem behaarten Kopf, erheblich entstellenden und wenig belastbaren Narbenbildungen an Rumpf, Armen, Beinen und linkem Ruß, Verlust der rechten Hand oberhalb des Handgelenkes, Verlust des rechten Beines etwa in Oberschenkelmitte und extremer Spitz-Klump-Fuß-Stellung links. Der Kläger besitzt einen einhebelbetriebenen Elektrofahrstuhl sowie einen faltbaren Rollstuhl in Leichtbauweise.
Im November 1977 beantragte er die Kostenübernahme für einen weiteren faltbaren Rollstuhl, eine Greifzange und zwei Sensorlampen. Zur Begründung gab er an: Er benötige zwei faltbare Rollstühle, die er jeweils getrennt innerhalb und außerhalb der Wohnung benutzen wolle. Das sei erforderlich, weil ein im Freien benutzter Rollstuhl infolge seiner Verschmutzung aus hygienischen Gründen nicht in die eigene Wohnung gebracht werden könne. Die Greifzange erleichtere das Aufheben von Gegenständen, wenn er im Rollstuhl sitze. Mit den Sensorlampen könne er ohne Belastung der linken Hand das Licht ein- und ausschalten.
Zunächst formlos sowie dann mit förmlichem Bescheid vom 17. Januar 1978 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme ab, da es sich bei den Geräten nicht um Hilfsmittel im Sinne des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung handele und ein zweiter faltbarer Rollstuhl nicht notwendig sei. Den Widerspruch vom 26. Januar 1970 wies die Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 30. März 1978 aus den Gründen des Bescheides vom 17. Januar 1978 zurück.
Auf die dagegen am 29. April 1978 erhobene Klage hat das Sozialgericht Frankfurt am Main –SG– am 13. Juli 1979 die angefochtenen Bescheide insoweit aufgehoben, als die Beklagte die Kostenübernahme für die Greifzange abgelehnt habe. Im übrigen hat es aus den Gründen der Bescheide die Klage abgewiesen. Im Urteil, in dem es die Berufung zugelassen hat, hat es bezüglich der Greifzange ausgeführt, daß es sich bei dieser um ein notwendiges Hilfsmittel handele, da diese die ausgefallene Funktion der amputierten rechten Hand ersetze. Der Kläger könne mit ihr Gegenstände vom Boden aufheben, die er mit seinem rechten Armstumpf sonst nicht erreichen könne.
Es haben die Beklagte am 13. August 1979 und der Kläger am 17. August 1979 gegen das sozialgerichtliche Urteil, das der Beklagten am 31. Juli 1979 und dem Kläger am 26. Juli 1979 zugestellt worden ist, Berufung eingelegt.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Greifzange sei kein Hilfsmittel, da sie nicht geeignet sei, eine fehlende Funktion auszugleichen. Dazu sei allenfalls eine myoelektrische Armprothese am rechten Armstumpf geeignet. Die Greifzange werde aber mit der linken Hand benutzt.
Die Beklagte beantragt,
unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Juli 1979 abzuändern und die Klage in vollem Umfange abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 13. Juli 1979 abzuändern, sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 1978 aufzuheben und diese zu verurteilen, die ihm für die Anschaffung eines faltbaren Rollstuhls in Leichtbauweise und zweier Sensorlampen entstandenen Kosten zu übernehmen.
Er wiederholt im wesentlichen sein Vorbringen bereits aus dem Verwaltungsverfahren und bringt ergänzend vor: Wegen einer besonderen Anfälligkeit gegen Infektionen sei es ihm nicht zuzumuten, einen im Freien benutzten und verschmutzten faltbaren Rollstuhl mit in die Wohnung zu nehmen. Auf seine Ehefrau könne die Reinigung des faltbaren Rollstuhls nicht übertragen werden. Die Sensorlampen seien erforderlich, da er nur noch die linke Hand besitze und diese bei einzelnen Verrichtungen, wie z.B. der Abstützung seines Körpers beim Aussteigen aus dem Bett einsetzen müsse. Er habe sie dann nicht für die Betätigung der Lichtschalter zur Verfügung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Krankenkassen- und Streitakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die kraft Zulassung zulässigen Berufungen sind frist- und formgerecht eingelegt (§§ 143, 150 Nr. 1, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).
Während die Berufung der Beklagten zum Erfolg führt, ist die selbständige Anschlußberufung des Klägers unbegründet. Das sozialgerichtliche Urteil mußte abgeändert und die zulässige Klage in vollem Umfange abgewiesen werden, da der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 1978 (§ 95 SGG) nicht rechtswidrig ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Kostenübernahme der Beklagten für die Beschaffung der Greifzange, zweier Sensorlampen und eines zweiten faltbaren Rollstuhls in Leichtbauweise. Während es sich bei der Greifzange und der Sensorlampen nicht um Hilfsmittel im Sinne des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung handelt, ist die Bereitstellung eines zweiten Rollstuhls nicht notwendig (§§ 182 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c, 182 b Reichsversicherungsordnung –RVO– in Verbindung mit Abschnitt F der Versicherungsbedingungen der Beklagten).
Danach hat ein Versicherter Anspruch auf Ausstattung mit Hilfsmitteln, die erforderlich sind, um einer drohenden Behinderung vorzubeugen, den Erfolg der Heilbehandlung zu sichern oder eine körperliche Behinderung auszugleichen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts –BSG–, der sich der Senat anschließt, liegt ein Hilfsmittel im Sinne des § 182 b RVO nur dann vor, wenn es geeignet ist, eine ausgefallene körperliche Funktion zu ersetzen, und außerdem bezweckt, die durch den Funktionsausfall eintretende körperliche Behinderung auszugleichen. Nicht notwendig ist es, daß ein Gerät den Funktionsausfall vollkommen ausgleicht, sondern nur zu einem geringen Teil die Funktion ersetzt. Die Voraussetzungen nach § 182 b Satz 1 RVO sind vielmehr auch dann gegeben, wenn das Gerät überhaupt dem Ausgleich körperlicher Behinderungen dient. Nicht jedes Hilfsmittel fällt aber in den Leistungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Vielmehr müssen solche Geräte außer Betracht bleiben, die dazu dienen, lediglich die Folgen und Auswirkungen der Behinderungen in den verschiedensten Lebensbereichen, insbesondere auf beruflichem, wirtschaftlichem oder privatem Gebiet zu beseitigen oder zu mildern. In aller Regel lassen sich die Abgrenzungsmerkmale aus der Wirkungsweise des Hilfsmittels bestimmen. So ist die Hilfsmitteleigenschaft Geräten zuerkannt worden, die für die elementare Körperpflege erforderlich sind oder die Nahrungsaufnahme ermöglichen. Hiervon ausgehend ist maßgeblich darauf abzustellen, ob das Gerät geeignet ist, Grundbedürfnisse des Menschen zu erfüllen, wobei die Krankenkassen nur in einem engen begrenzten Rahmen verpflichtet sind, weil sonst die Grenze zum Ausgleich von Behinderungsfolgen überschritten werden könnte. Ein weiterer maßgeblicher Gesichtspunkt ist, ob durch das Hilfsmittel der dem Behinderten zur Verfügung stehende Freiheitsraum erweitert wird und somit den Grundbedürfnissen des Behinderten dient. Abzustellen ist auf die jeweiligen persönlichen Verhältnisse des Behinderten im Einzelfall (vgl. BSG, Urteil vom 26. März 1980 – 3 RK 61/79 – unter Hinweis auf BSG, Urteil vom gleichen Tage mit dem Az.: 3 RK 96/78 und BSGE 33, 263; 37, 138; 45, 133; SozR 2200 § 187 RVO Nr. 3; SozR 2200 § 182 b RVO Nr. 5, 6, 9, 10 und 12 sowie Urteil vom 19. Dezember 1978 – 3 RK 2/78 – in KVRS 2240/29).
Nach diesen Grundsätzen sind vorliegend weder die Greifzange noch die zwei Sensorlampen als Hilfsmittel im Sinne von § 182 b RVO anzusehen. Dem steht nicht entgegen, daß der den Kläger behandelnde Facharzt für innere Krankheiten Dr. M, unter dem 17. November 1977 die Anschaffung einer Greifzange und von Sensorlampen ärztlich befürwortet hat. Auch die schwerwiegenden Folgen des Unfalls vom 17. November 1972 rechtfertigen nicht die Annahme, daß nach den oben dargelegten Grundsätzen beide Geräte als Hilfsmittel im Sinne von § 182 b RVO angesehen werden können. Soweit das SG dies bezüglich der Sensorlampen angenommen hat, hat es dies mit zutreffenden Erwägungen entschieden. Diese dienen nicht dazu, einer drohenden Behinderung vorzubeugen, den Erfolg der Heilbehandlung zu sichern oder eine körperliche Behinderung auszugleichen, mag er diese auch beim Aufrichten bzw. Aufstehen aus dem Bett benutzen. Die Lichtschalter können auch mit der noch vorhandenen Funktion der linken Hand betätigt werden. Ähnlich wie bei der Greifzange gleichen sie nicht die verlorengegangene Funktion der rechten Hand aus. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, daß dafür allenfalls eine Armprothese, die myoelektrisch bedient wird, geeignet wäre. Dies gilt nicht nur für die Betätigung von Lichtschaltern und damit für die Sensorlampen, sondern auch für die Greifzange, die das SG zu Unrecht als Hilfsmittel angesehen hat. Sie wird nicht mit dem rechten Arm ähnlich einer Armprothese bedient und erfüllt damit nicht Aufgaben der fehlenden rechten Hand. Der Kläger benutzt sie vielmehr mit der linken Hand, wenn er Gegenstände beispielsweise aufheben will. Damit dient sie als Verlängerungswerkzeug der gesunden linken Hand. Da die Greifzange ebenso wie die Sensorlampen für jeden Rollstuhlbenutzer hilfreiche Gegenstände sein können, damit aber nicht die ausgefallene Funktion der rechten Hand ersetzt wird, handelt es sich auch nicht um Hilfsmittel im Sinne von § 182 b RVO.
Zu Recht hat das SG auch die Kostenübernahme für einen zweiten faltbaren Rollstuhl in Leichtbauweise abgelehnt. Auch insoweit steht die ärztliche Befürwortung durch den Internisten Dr. M. der von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu treffenden Beurteilung nicht entgegen. Der Kläger besitzt bereits einen solchen faltbaren Rollstuhl. Die Beschaffung eines zweiten Rollstuhls gleicher Bauart ist nach § 182 Abs. 1 Buchst. c, § 182 b RVO nicht notwendig. Grundsätzlich besteht kein allgemeiner Anspruch auf eine Zweitausstattung. Sie ist nur dann möglich, wenn aus medizinischen oder sonst außergewöhnlichen Gründen eine Doppelversorgung notwendig ist, was nur im Einzelfall angenommen werden kann (vgl. Bundestagsdrucksache 7/1237 S. 86; Krauskopf/Schroeder-Printzen, Die soziale Krankenversicherung, Stand: April 1980, Anm. 5 zu § 182 b RVO; Peters, Handbuch zur Krankenversicherung, Teil 2, Stand: Februar 1980; Teil 2, Anm. 7 zu § 182 b). Solche besonderen Verhältnisse liegen hier nicht vor, worauf das SG auch unter Hinweis auf die Schadensminderungspflicht des Versicherten gegenüber der Solidargemeinschaft der Krankenversicherten (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juli 1977 – 3 RK 60/75 – in KVRS Nr. 2240/20) hingewiesen hat.
Dem Kläger steht nach dem Gutachten des Prof. Dr. S. und des Dr. M. von der Chirurgischen Universitätsklinik M. feine ganztägige Pflegekraft zu, die im Rahmen ihrer zu erbringenden Leistungen auch die Säuberung des im Freien benutzten und schon vorhandenen faltbaren Rollstuhls vornehmen kann. Der Kläger verkennt, daß es nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist, ihm für die Folgen seiner Behinderung alle nur denkbaren Leistungen zu erbringen, sondern das Maß der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen ist. Im Rahmen dieser Grundsätze ist die Beklagte mit der Stellung eines faltbaren Rollstuhls ihren gesetzlich bestehenden Verpflichtungen nachgekommen. Anhaltspunkte dafür, daß aus medizinischen oder sonstig außergewöhnlichen Gründen eine Doppelversorgung mit einem weiteren faltbaren Rollstuhl notwendig sei, ergeben sich nicht, und zwar auch nicht aus dem Gutachten des Prof. Dr. S. und des Dr. M ...
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 193, 160 SGG.
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