L 8 Kr 388/79

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 9 Kr 112/77
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 Kr 388/79
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 BK 46/81
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Das die Geschäfte einer privatrechtlich betriebenen Taxivereinigung führende Vorstandsmitglied übt dann fremdbestimmte Tätigkeiten aus, wenn es sich nicht nur um die Repräsentation sondern um eine entgeltliche und dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltung des Vereins handelt, d.h., wenn sie denen eines weisungsgebundenen Geschäftsführers ähnelt.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 19. Januar 1979 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 3. und 4. und die Verpflichtung des Klägers, Beiträge für diese für die Zeit vom 1. Dezember 1974 bis zum 28. Februar 1977 in Höhe von insgesamt 24.192,96 DM nachzuentrichten.

Die Tätigkeit des Klägers erstreckt sich auf das gesamte Taxigewerbe von F. und Umgebung. Dazu hat er sich nach § 2 seiner Satzung folgende Aufgaben gestellt:

1) "Alle Angehörigen des Taxigewerbes, vor allem die Mitglieder der Vereinigung, in beruflichen, wirtschaftlichen, sozialen und arbeitsrechtlichen Fragen zu beraten und zu vertreten. Die Vereinigung ist berechtigt, bei allen Lohn-, Tarif- und Arbeitsvertragsverhandlungen für die Angehörigen des Gewerbes mitzuwirken und derartige Verträge abzuschließen, sofern die Vereinigung nicht durch eine tariffähige Person vertreten ist.

2) Wirtschaftlich geordnete Verhältnisse im Taxigewerbe zu schaffen und aufrecht zu erhalten.

3) Zwischen den Angehörigen des Taxigewerbes und den Behörden zu vermitteln, insbesondere die Interessen des Gewerbes bei den Behörden wahrzunehmen.

4) Durch geeignete Maßnahmen und Einrichtungen die Ausübung des Gewerbes und den Verkehrseinsatz der Gewerbeangehörigen zu fördern.

5) Den Gemeinschaftsgeist und die Standesehre unter allen Angehörigen des Taxigewerbes, insbesondere den Mitgliedern der Vereinigung, aufrecht zu erhalten und zu stärken.”

Aufgrund der Betriebsprüfung vom 10. März 1977 stellte die Beklagte fest, daß zum neunköpfigen Vorstand des Klägers der Beigeladene zu 3. als erster Vorsitzender und der Beigeladene zu 4. als zweiter Vorsitzender gehörten. Die Vorstandsmitglieder verrichteten Verwaltungs- und Büroarbeiten und erhielten dafür eine Aufwandsentschädigung. Zu diesen Arbeiten, die sich vielfältig gestalteten und gliederten, gehörten u.a. Verhandlungen mit Behörden wegen der Beschilderung von Taxi-Halteplätzen, Neueinrichtungen solcher Plätze und deren Markierung, das Hereinholen der Fahraufträge von Großunternehmen (z.B. Farbwerke H. AG), Krankenhäusern, Fluggesellschaften, häufig zu führende Gespräche auf dem R.-M.-Flughafen, Überwachung des Halteverbots für privat gehaltene Kraftfahrzeuge auf den etwa 80 bis 90 Taxihalteplätzen von F. und den dazu gegebenenfalls notwendig werdenden Abschleppaktionen Die Beigeladenen zu 3. und 4. befassten sich vornehmlich mit der Wahrnehmung der in § 2 der Satzung des Klägers beschriebenen Aufgaben. Dazu stellten die Betriebsprüfer der Beklagten ferner fest, daß für diese Tätigkeiten eine Aufwandsentschädigung von 15,– DM pro Stunde gezahlt wurde. Während die übrigen Vorstandsmitglieder monatlich zwischen 350,– und 380,– DM erhielten, überschritten die Aufwendungen für den Beigeladenen zu 3. und 4. diese Beträge um ein Beträchtliches. Der Beigeladene zu 3. erhielt in der Zeit vom 1. Dezember 1974 bis zum 31. Oktober 1975 eine Aufwandsentschädigung von monatlich durchschnittlich 970,– DM. Ab dem 1. November 1975 bezog er anstelle der auf Stundenbasis ermittelten Aufwandsentschädigung eine Pauschale von monatlich 3.600,– DM zuzüglich Spesen- und Telefonpauschale in Höhe von 75,– DM. Außerdem wurde ihm für Geschäftsfahrten im eigenen Pkw ein Kilometergeld von 0,40 DM entsprechend seiner Eintragungen im Kilometerbuch vergütet. Der Beigeladene zu 4. erhielt neben der Aufwandsentschädigung ein Kilometergeld für Geschäftsfahrten von 0,40 DM und überschritt bis zum 31. Dezember 1976 die Jahresarbeitsgrenze (JAV). Zu seinen Tätigkeiten versicherte der Beigeladene zu 4. in einem Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen die Vorstandsmitglieder F. und A. beim Landgericht Frankfurt am Main (Az. 2/3 O 14/77) am 6. Januar 1977 an Eides Statt, daß er dem Beigeladenen zu 3. in nicht unbeträchtlichem Ausmaß bei der Erledigung seiner Aufgaben behilflich sei, da dieser diese nicht allein erledigen könne. Hierdurch ergebe sich ein erhöhter Aufwand an Arbeitszeit. Hierauf erließ die Beklagte den Bescheid vom 15. März 1977, mit dem sie die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 3. und 4. zur Krankenversicherung (beim Beigeladenen zu 4. erst ab 1977) sowie zur Rentenversicherung der Angestellten und zur Bundesanstalt für Arbeit feststellte und 24.192,96 DM an Beiträgen nachforderte. Gegen diesen am gleichen Tage abgesandten Bescheid legte der Kläger am 12. April 1977 Widerspruch ein. Er brachte vor, daß es sich bei den an die Beigeladenen zu 3. und 4. gezahlten Gelder um Aufwandsentschädigungen handele, die von diesen gegenüber den Steuerbehörden auch ordnungsgemäß deklariert seien. Als Vorstandsmitglieder und als Taxiunternehmer seien sie nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis tätig. Entgegen früheren Gepflogenheiten sei zwischen ihm und den Beigeladenen zu 3. und 4. kein Arbeitsvertrag abgeschlossen worden. Diese werden vielmehr im Rahmen ihrer Tätigkeit als Vorstand des Vereins wie jedes andere Vorstandsmitglied auch tätig. Mit Bescheid vom 19. August 1977 wies die Beklagte den Widerspruch aus den Gründen des angefochtenen Bescheides zurück.

Gegen diesen mit Postzustellungsurkunde am 27. August 1977 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main – SG – am 26. September 1977 Klage erhoben und zu deren Begründung im wesentlichen sein Vorbringen aus dem Vorverfahren wiederholt.

Mit Urteil vom 19. Januar 1979 hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Nach dem Ergebnis der Betriebsprüfung müsse davon ausgegangen werden, daß die Beigeladenen zu 3. und 4. nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zum Kläger stünden. Es fehle an der persönlichen Abhängigkeit und der entsprechenden Eingliederung mit Weisungsrecht des Arbeitgebers. Die Beigeladenen zu 3. und 4. seien vielmehr als Vorstandsmitglieder tätig geworden und in ihren Entscheidungen absolut frei gewesen; sie hätten keinen Direktiven der Mitgliederversammlung unterstanden. Es sei unrealistisch anzunehmen, daß die Mitgliederversammlung das Organ sei, das fremdbestimmte Arbeit den Vorstandsmitgliedern des Vereins zuweise. Der eingetragene Verein sei Unternehmer. Als deren Mitunternehmer seien die Beigeladenen zu 3. und 4. einzustufen. Dies ergebe sich zum einen daraus, daß sie selbst als selbständige Taxiunternehmer tätig seien und zum anderen auch ein Unternehmerrisiko zu tragen hätten. Dies bestehe, wie von dem Kläger in dem Termin zur mündlichen Verhandlung unbestrittenermaßen ausgeführt worden sei, darin, daß die Vorstandsmitglieder bei ihrer Arbeit Gefahr liefen, sich Regressen von Privatleuten auszusetzen, die nicht auf den Verein abgewälzt werden könnten. Eine solche Haftung sei aber für ein Angestelltenverhältnis nicht denkbar. Auch aus der Zahlung von Aufwandsentschädigungen könne nicht auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis geschlossen werden, da diese lediglich für tatsächliche Aufwendungen gezahlt worden seien. Als Vermögenswert sei hier die aufgeopferte Zeit für die Arbeit als Vorstandsmitglied anzusehen, die für die Tätigkeit als selbständiger Taxiunternehmer verlorengegangen sei. Im übrigen fehle es an jeglicher Regelung über Inhalt oder Umfang der Arbeit durch Vertrag, Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, Urlaubsgewährung oder ähnliches, im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Beigeladenen zu 3. und 4. im Vorstand des Klägers.

Gegen dieses ihr am 12. März 1979 zugestellte Urteil hat die Klägerin beim Hessischen Landessozialgericht – HLSG – am 30. März 1979 Berufung eingelegt. Sie bezieht sich zu ihrer Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und führt ergänzend aus, daß nach dem festgestellten Arbeitsaufwand der Beigeladenen zu 3. und 4. eine Eingliederung in das Unternehmen des Klägers anzunehmen sei. Dies ergebe sich aus dem Vorbringen der Vorstandsmitglieder F. und A. sowie des Beigeladenen zu 4. im Verfahren auf den Erlaß einer einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht Frankfurt am Main einschließlich des dort vorgelegten Protokolls der Vorstandssitzung des Klägers vom 14. September 1976. Danach müsse festgestellt werden, daß die Beigeladenen zu 3. und 4. entgegen der Auffassung des SG keinerlei Unternehmerrisiko getragen und vielmehr dem Weisungsrecht des Gesamtvorstandes des Klägers unterlegen hätten.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 19. Januar 1979 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger und der Beigeladene zu 3. beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie beziehen sich auf das sozialgerichtliche Urteil, das sie für zutreffend halten. Außerdem weisen sie darauf hin, daß die Tätigkeiten der Beigeladenen zu 3. und 4. von dem zuständigen Finanzamt nicht als eine lohnsteuerpflichtige angesehen werde.

Während die Beigeladenen zu 1. und 2. dem Antrag der Beklagten beitreten, stellt der Beigeladene zu 4. keinen Antrag. Er beteiligt sich auch sonst nicht am Verfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streit- und Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, einschließlich ihrer Verweisungen, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Beigeladenen zu 1., 2. und 4. im Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden, da diese in der ordnungsmäßig erfolgten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 110 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –).

Die mangels Ausschließungsgründen statthafte Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt und daher insgesamt zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG).

Sie ist auch begründet. Das auf die zulässige Klage ergangene sozialgerichtliche Urteil mußte aufgehoben werden, da das SG dieser zu Unrecht stattgegeben hat. Der Bescheid der Beklagten vom 15. März 1977 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. August 1977 (§ 95 SGG) ist nicht rechtswidrig. Mit diesem hat die Beklagte zutreffend festgestellt, daß die Beigeladenen zu 3. und 4. in der hier streitigen Zeit vom 1. Dezember 1974 bis zum 28. Februar 1977 bei dem Kläger sozialversicherungspflichtig tätig waren, wobei bezüglich des. Beigeladenen zu 4. wegen Überschreitens der JAV-Grenze in der Krankenversicherung vom 1. Juni 1975 bis 31. Dezember 1976 Versicherungsfreiheit bestand (§§ 165 der Reichsversicherungsordnung – RVO –, 2. Angestelltenversicherungsgesetz – AVG –, 168 Arbeitsförderungsgesetz – AFG –).

Die streitige Frage, ob die Beigeladenen zu 3. und 4. im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses oder als selbständige Unternehmer tätig gewesen sind, muß nach dem Gesamtbild ihres beruflichen Einsatzes beantwortet werden. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die Bezeichnung der Tätigkeit in vertraglichen Vereinbarungen, sondern auf die tatsächliche Ausgestaltung der zu leistenden Arbeit für das Unternehmen an.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG –, der sich der Senat wiederholt angeschlossen hat, setzt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis als charakteristisches Merkmal persönliche Abhängigkeit vom Unternehmer voraus. Die selbständige Tätigkeit wird dagegen insbesondere durch das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügbarkeit über die eigene Arbeitskraft, die wesentliche freie Ausgestaltung der Tätigkeit und Arbeitszeit sowie den Einsatz eigener finanzieller Mittel geprägt. Persönliche Abhängigkeit ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in diesen eingegliedert ist und dabei Zeit-, Dauer und Ort der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dabei kann dies – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozeß verfeinert sein (vgl. BSG, Urteile vom 28. Januar 1960 – 3 RK 49/56 – in E 11, 257; 28. Oktober 1960 – 3 RK 13/56 – in E 13, 130; 13. Dezember 1960 – 3 RK 2/56 – in E 13, 196; 29. März 1962 – 3 RK 74/57 – in E 16, 289; 29. August 1963 – 3 RK 86/59 – in SozR Nr. 41 zu § 165 RVO = E 20, 6; 31. Oktober 1972 – 2 RU 186/69 – in E 35, 20; 31. Juli 1974 – 12 RK 26/72 – in E 38, 53; 1. März 1972 – 12/3 RK 43/69 – in KVRS 1000/156; AP Nr. 29 und Nr. 30 zu § 611 BGB (Abhängigkeit); Urteile vom 15. März 1979 – 2 RU 80/78 – und 28. Februar 1980 – 8a RU 88/78; mit jeweils weiteren Nachweisen; HLSG, Urteil vom 25. Juni 1980 – L 3/U – 1048/79 –; 17. Dezember 1980 – L 8/Kr – 1443 und 1470/79 –; 18. März 1981 – L 8/Kr – 830/80 –). Auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts – BAG – zur Unterscheidung zwischen selbständiger und unselbständiger Tätigkeit geht davon aus, daß die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers ein vorwiegend arbeitsorganisatorischer Umstand ist, der unter zahlreichen zu beachtenden tatsächlichen Gegebenheiten zu beurteilen ist. Dabei kann auch der Sachzwang, wie er sich aus der Natur der in Frage stehenden Arbeitsleistung ergibt, von besonderer Bedeutung sein, wie es besonders bei den freien Mitarbeitern von Rundfunk- und Fernsehanstalten augenscheinlich ist. Bei diesen ist eine persönliche Abhängigkeit deshalb angenommen worden, weil sie vom Apparat und Team abhängig sind und insofern fremdbestimmte und fremdnützige Arbeit leisten (vgl. BAG, Urteil vom 15. März 1978 – 5 AZR 890/76 in Betrieb 1978, 1035). So aber liegen hier die Verhältnisse.

Nach den von der Beklagten im Verwaltungsverfahren getroffenen Feststellungen, die von den übrigen Beteiligten nicht angegriffen werden sowie deren Vorbringen im gerichtlichen Verfahren sieht der Senat zunächst als erwiesen an, daß die Beigeladenen zu 3. und 4. im hier streitigen Zeitraum selbständige Taxiunternehmer und zugleich als erster und zweiter Vorsitzender Mitglieder des Vorstandes des Klägers waren. Sie erhielten für ihre Tätigkeit im Unternehmen des Klägers Aufwandsentschädigungen. Der Beigeladene zu 3. bezog monatlich in der Zeit vom 1. Dezember 1974 bis zum 31. Oktober 1975 durchschnittlich 970,00 DM bei einer Höhe der Aufwandsentschädigung von 15,00 DM pro Stunde. Ab dem 1. November 1975 bezog er anstelle der auf der Stundenbasis ermittelten sog. Aufwandsentschädigung eine Pauschale von monatlich 3.600,00 DM, zuzüglich einer monatlichen Spesenpauschale von 125,00 DM und einer zusätzlichen Telefonpauschale von 75,00 DM. Außerdem erhielt er für Geschäftsfahrten im eigenen Pkw ein Kilometergeld von 0,40 DM. Die Abrechnung erfolgte nach den Eintragungen im Kilometerbuch monatlich. Demgegenüber erhielt der Beigeladene zu 4. keine feste monatliche Pauschale. Seine Tätigkeit wurde aufgrund der geleisteten Stunden zu je 15,00 DM abgerechnet. Außerdem erhielt er ebenso wie der Beigeladene zu 3. ein Kilometergeld für zurückgelegte Wege im eigenen Pkw von 0,40 DM. Demgegenüber bezogen die übrigen Vorstandsmitglieder nur geringfügige Beträge bis zur Höhe von 380,00 DM, soweit sie für ihr Tätigwerden für den Kläger Aufwendungen hatten. Wie sich aus den Ermittlungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren sowie aus den Angaben des Beigeladenen zu 4. im einstweiligen Verfügungsverfahren beim Landgericht Frankfurt am Main ergibt, war der Arbeitsaufwand der Beigeladenen zu 3. und 4. dagegen erheblich. Dieser bestand nicht nur darin, Verhandlungen mit Behörden wegen der Beschilderung von Taxihalteplätzen, Neueinrichtung solcher Plätze und deren Markierungen zu führen, Fahraufträge von Großunternehmen, Krankenhäuser und Fluggesellschaften hereinzuholen und Gespräche und Verhandlungen mit der R.-M.-Flughafen AG zu führen sowie Abschleppaktionen zu organisieren. Ihnen war insbesondere die Organisierung der Aufgaben nach § 2 der Satzung des Klägers vorbehalten. Der hierdurch anfallende Arbeitsaufwand war so beträchtlich, daß, wie der Beigeladene zu 4. im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main an Eides Statt versichert hat, dieser den Beigeladenen zu 3. bei der Arbeit in nicht unerheblichem Umfange unterstützen mußte. Dies folgt auch aus den in diesem Verfahren von ihm vorgelegten Abrechnungen für September und Oktober 1976, dem an ihn gerichteten Brief der Vorstandsmitglieder F. und A. sowie dem Protokoll über die Sitzung des Vorstands des Klägers vom 14. September 1976, worauf wegen der Einzelheiten verwiesen wird. Ferner ergibt sich, daß zwischen den Beigeladenen zu 3. und 4. sowie dem Kläger keine schriftlichen Verträge abgeschlossen worden sind und auch nicht ein Urlaubsanspruch geregelt ist. Schließlich sieht es der Senat als erwiesen, daß beide Beigeladenen ihre Aufgaben im Vorstand des Klägers persönlich zu erfüllen hatten. Danach erweist sich, daß einerseits Merkmale zu finden sind, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen, aber auch andererseits solche, aufgrund derer eine abhängige Beschäftigung angenommen werden muß. Zu den ersteren gehören das Fehlen eines Urlaubsanspruchs und die Verpflichtung zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft. Diese treten aber gegenüber denjenigen Merkmalen, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, wie sie oben festgestellt sind, zurück. Insoweit hat das SG zu Unrecht ein Mitunternehmertum der Beigeladenen zu 3. und 4. angenommen. Ein solches besteht nicht etwa bereits deswegen, weil die Beigeladenen zu 3. und 4. selbständige Taxiunternehmer gewesen sind und deswegen auch Mitglied des Klägers waren. Selbständige Unternehmertätigkeit schließt nicht aus, daß daneben auch Tätigkeiten in abhängiger Beschäftigung, d.h., fremdbestimmt, ausgeübt werden können. Ferner kann ein Unternehmertum auch nicht schon deswegen angenommen werden, weil sie erste und zweite Vorsitzende des Vorstands des Klägers waren und damit eine leitende Position innehatten. Das BSG hat wiederholt entschieden, daß die Organstellung innerhalb einer juristischen Person des Privatrechts für sich allein die Versicherungspflicht nicht ausschließt (BSG, Urteil vom 30. November 1978 – 12 RK 33/76 – in SozR 2200 § 165 RVO Nr. 32 mit weiteren Nachweisen). Lediglich die Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesellschaft gehören nicht zu den Versicherungspflichtigen Angestellten im Sinne des § 3 AVG, wie ausdrücklich in § 3 Abs. 1a AVG bestimmt ist (vgl. BSG, a.a.O.). Ferner ist darauf abzustellen, ob das Vorstandsmitglied nur eine Repräsentationsfunktion oder eine dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsfunktion ausübt (vgl. BSG, a.a.O.). Letzteres ist hier bezüglich der Beigeladenen zu 3. und 4. im streitigen Zeitraum der Fall gewesen, wie sich aus dem oben festgestellten satzungsmäßigen Aufgabenkreis sowie den sonst wahrgenommenen Tätigkeiten für den Kläger ergibt. Entgegen der Auffassung des SG bestand auch gegenüber den Beigeladenen zu 3. und 4. ein Weisungsrecht des Klägers durch seine Organe, nämlich die Mitgliederversammlung und den Vorstand insgesamt (vgl. §§ 12 ff. der Satzung des Klägers). Sowohl in der Mitgliederversammlung, die das oberste Organ des Klägers ist (§ 14 Abs. 1 Satz 1 der Satzung), als auch im Vorstand werden die den Kläger betreffenden Beschlüsse mit Mehrheit gefaßt (§§ 28 Abs. 1, 32 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB –; § 15 Nr. 3 Satz 2 der Satzung). Die in der Mitgliederversammlung gefaßten Beschlüsse sind bindend für alle Mitglieder (§ 15 Nr. 3 Satz 1 der Satzung) und damit auch für den Vorstand. Weder der Beigeladene zu 3. noch derjenige zu 4. haben damit als erster bzw. zweiter Vorsitzender des Vorstands des Klägers eine solche Position innegehabt, daß sie als die eigentlichen Unternehmer anzusehen wären. Sie konnten, wie aus dem Protokoll über die Sitzung des Vorstandes vom 14. September 1976 zu entnehmen ist, mit einfacher Stimmenmehrheit jederzeit überstimmt werden, besaßen also keine Sperrminorität. Nur ein Einfluß, der jeden mißliebigen Beschluss verhindern kann, ist aber als Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit zu werten (vgl. BSG, a.a.O., unter Hinweis auf das Urteil des 2. Senats vom 30. März 1962 – 2 RU 109/60 – in E 17, 15).

Entgegen der Auffassung des SG haben die Beigeladenen zu 3. und 4. auch keinerlei Unternehmerrisiko getragen. Seine Ausführungen in dem angefochtenen Urteil dahin, daß sich das Unternehmerrisiko auch dadurch zeige, daß – nach den unbestrittenen Ausführungen im Termin – die Vorstandsmitglieder bei ihrer Arbeit Gefahr liefen, sich Regressen von Privatleuten auszusetzen, die nicht auf den Verein abgewälzt werden könnten, sondern für die jedes Vorstandsmitglied in seiner Person haftet, entbehren zunächst jeder Feststellung durch das SG. Sie sind aber im übrigen rechtlich unerheblich. Richtig ist, daß die Vorstandsmitglieder im Rahmen des Vereinszwecks für den Kläger tätig werden und insoweit nach außen die Stellung eines gesetzlichen Vertreters haben. Ihre Vertretungsmacht, die weder durch die Regelungen des BGB noch der Satzung abgegrenzt ist, ergibt sich aber aus dem Zweck des Vereins. Der Vorstand kann daher den Verein nicht wirksam verpflichten, soweit das abgeschlossene Geschäft erkennbar außerhalb des Rahmens des Vereinszwecks liegt, so daß im Außenverhältnis der Vorstand nur dann haftet, wenn er unter Überschreitung der Vertretungsmacht wie ein vollmachtloser Vertreter gemäß § 179 BGB tätig wird (vgl. Enneccerus-Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Band 1, Seite 657 ff.). Diese Art der Haftung ist aber kein besonderes Kennzeichen für ein bestehendes Unternehmerrisiko, da auch der Angestellte, also fremdbestimmt tätig Werdende bei Überschreitung seiner Befugnisse nach dem Dienstvertragsrecht unmittelbar haftet (vgl. Palandt-Gramm, BGB, 25. Auflage, Anm. 2a zu § 611 BGB). Diese Art der Haftung begründet daher kein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 3. und 4. Vielmehr haftet der Kläger für das Tätigwerden des Vorstandes, der ihn gerichtlich und außergerichtlich vertritt (§ 26 Abs. 2 BGB), sofern er sich im Rahmen des Vereins und damit des Unternehmenszwecks betätigt.

Es kann im übrigen offen bleiben, aufgrund welcher Umstände das SG in dem angefochtenen Urteil hat ausführen können, daß bei Wegfall der sog. Aufwandsentschädigung bei den Beigeladenen zu 3. und 4. deren finanzieller Ruin zu befürchten gewesen wäre, wie von diesen unbestritten ausgeführt worden sei. Weder im Verwaltungsverfahren, noch im gerichtlichen Verfahren, haben sich die Beigeladenen zu 3. und 4. beteiligt. Sie sind auch nicht im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG aufgetreten. Indessen kommt es hierauf nicht entscheidend an, da die Frage des Bestehens der wirtschaftlichen Abhängigkeit nicht das allein entscheidende Kriterium für die Beurteilung ist, ob fremdbestimmte und damit abhängige Tätigkeiten ausgeübt werden. Maßgebend ist hier vielmehr, daß die Beigeladenen zu 3. und 4. über die bloße Repräsentationsfunktion im Vorstand des Klägers hinausgehend eine dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsfunktion ausgeübt haben und dafür durch sog. Aufwandsentschädigungen ein finanzielles Äquivalent erhalten haben, ohne daß sie einen tatsächlichen Aufwand nachzuweisen hatten. Damit stellt sich aber die gewährte Aufwandsentschädigung als Vergütung für den Kläger erbrachte Dienstleistungen dar.

Entgegen der Auffassung des Klägers und der Beigeladenen zu 3. kommt es auch nicht darauf an, wie die Tätigkeiten der Beigeladenen zu 3. und 4. unter lohnsteuerrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen sind. Die Frage, ob Arbeit in abhängiger Stellung geleistet wird, ist nach dem Sozialversicherungsrecht, wie geschehen, zu entscheiden (vgl. BSG, Urteile vom 28. August 1961 – 3 RK 57/57 – in E 15, 65 ff.; 29. März 1962 – 3 RK 74/57 – in E 16, 289 ff.).

Die angefochtenen Bescheide waren auch der Höhe nach zu bestätigen, da die Beitragsnachforderung anhand der von dem Kläger geführten Konten über die den Beigeladenen zu 3. und 4. gewährten Vergütungen zutreffend ermittelt sind. Gegenteilige Anhaltspunkte ergeben sich weder aus dem Prüfbericht, noch aus dem Vorbringen der übrigen Beteiligten. Vielmehr ist dem Prüfbericht zu entnehmen, daß von dem Kläger die rechnerische Richtigkeit anerkannt worden ist, so daß auch deswegen kein Anlaß zu weiteren Feststellungen durch den Senat bestand.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 193, 160 SGG.
Rechtskraft
Aus
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