Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
11
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 5 SB 198/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 11 SB 16/05 -26
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. Januar 2005 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50.
Die 1951 geborene Klägerin stellte bei dem Beklagten am 03. November 2000 einen Antrag nach dem Schwerbehindertengesetz und teilte als Gesundheitsstörungen Kopfschmerzen, niedriger Blutdruck, Konzentrationsschwäche, körperliche Schwächeanfälle (Ursache: Grippe-Encephalitis), Wirbelsäulenbeschwerden, Borreliose, Blasenschwäche und Fibromyalgiesyndrom (FMS) mit.
Der Beklagte zog ärztliche Auskünfte der Fachärztin für innere Medizin und Hausärztin der Klägerin Dr.K vom 09. Dezember 2000, der Fachärztin für Urologie Dipl.-Med.T vom 19. Januar 2001 und einen Entlassungsbericht des Johanniterkrankenhauses im F, Rheumazentrum des Landes Brandenburg vom 21. Dezember 1999, über einen stationären Aufenthalt der Klägerin vom 30. November bis zum 15. Dezember 1999 wegen Tendomyopathie bei und stellte mit Bescheid vom 02. April 2001 einen GdB von 30 wegen folgender Behinderungen fest: a) FMS b) Kreislaufdysregulation c) Funktionsminderung der linken Niere, Harnwegsinfekte.
Verwaltungsintern waren Einzel-GdB-Werte von 30 und zweimal 10 angesetzt worden.
Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch trug die Klägerin vor, der Beklagte habe nicht alle ihre Krankheiten gewürdigt.
Der Beklagte erteilte nach Beiziehung weiterer ärztlicher Auskünfte von Dr. vom 09. Mai 2001, der Hautärztin/Allergologin Dr. W vom 28. Mai 2001 und des Facharztes für Chirurgie Dr. S vom 31. Juli 2001 am 29. April 2002 einen Abhilfebescheid gemäß § 85 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in welchem er einen GdB von 40 wegen folgender Beeinträchtigungen feststellte: - Kollagenose, psychosomatische Störungen - Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (WS) - Funktionelle Kreislaufstörungen - Funktionsminderung linke Niere, Harnwegsinfekte.
Verwaltungsintern waren Einzel-GdB-Werte von 30, 20 und zweimal 10 veranschlagt worden.
Den hiergegen wiederum eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, das FMS sei nicht berücksichtigt, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2002 unter Berücksichtigung eines FMS (anstelle einer Kollagenose) sowie einer psychomatischen Störung bei einem GdB insgesamt weiterhin in Höhe von 40 als unbegründet zurück. Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen sei der GdB mit 40 zutreffend bewertet worden. Ein GdB von 50 könne nur bei sehr erheblicher Gesamtauswirkung der festgestellten Behinderungen, etwa bei vollständiger Versteifung großer Abschnitte der WS oder bei schweren Auswirkungen des FMS, angenommen werden.
Mit ihrer am 10. Dezember 2002 vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, der GdB sei zu niedrig festgestellt worden, weil die Beschwerden aufgrund des FMS (Kopfschmerzen, Schwächezustände, Konzentrationsstörungen) und weiterhin der Zustand nach Borrelioseinfektion, die starken WS-Beschwerden und die Funktionsminderung der Niere in ihrer Gesamtheit nicht ausreichend bewertet worden seien.
Das SG hat einen Befundbericht (BB) der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. S vom 02. August 2003 und einen Entlassungsbericht der Klinik, B S, vom 18. Juni 2003 über einen Aufenthalt der Klägerin vom 24. April bis zum 22. Mai 2003 zur Durchführung einer Reha-Maßnahme in der Abteilung Orthopädie, nebst weiteren labortechnischen und radiologischen Befunden hinsichtlich einer Borrelieninfektion und einer Nierenfunktions-Szintigraphie eingeholt.
Ferner hat das SG den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 26. Juni 2004 hat der Sachverständige nach Untersuchung der Klägerin am 04. Juni 2004 und nach Würdigung des Akteninhalts die medizinischen Feststellungen des Beklagten im Wesentlichen bestätigt. Es seien folgende Diagnosen zu stellen: 1. FMS 2. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule 3. Zustand nach Meningitis 4. Chronisch venöse Insuffizienz 5. Zustand nach Borrelieninfekt 6. Malrotation der linken Niere.
Als wesentliche Behinderung sei das FMS zu werten, welches keine organpathologischen Befunde zeige, sondern sich durch chronische Schmerzen im Bereich des Nackens, der unteren Lenden- und Kreuzregion sowie des Schulter- und Hüftgürtels auszeichne und mit vegetativen Symptomen wie Kälte- und Hitzeempfindlichkeit, Kopfschmerzen, Verdauungsbeschwerden und gelegentlichen Herzsensationen einhergehe. Im Fall der Klägerin kämen beginnende degenerative Veränderungen WS hinzu, ohne dass klinisch zu differenzieren sei, inwieweit die Beschwerden auf Veränderungen der WS oder auf das FMS zurückzuführen seien. Auch die rasche Ermüdbarkeit und zeitweilige schnelle Erschöpfung bei der Klägerin könnten sowohl auf den Zustand nach Meningoenzephalitis bzw. Meningitis, als auch auf das FMS zurückzuführen sein. Gehe man bei der Klägerin vom Vorliegen eines FMS aus, so könne jedoch nicht jedes klinische Symptom des Beschwerdebildes als Ausdruck eines eigenständigen Krankheitsbildes gesehen werden; dies treffe auch auf sogenannte funktionelle Kreislaufstörungen, WS-Beschwerden oder Störungen der inneren Organe zu, solange keine entsprechende Funktions- und Organveränderung nachzuweisen sei. Als weitere Beeinträchtigungen seien die chronische venöse Insuffizienz, die Malrotation der linken Niere und der Zustand nach entzündlicher Erkrankung der Hirnhäute bzw. des Gehirns anzusehen. Der behandelte Borrelieninfekt sei im Hinblick auf die Fragestellung nicht zu berücksichtigen, da er zu keinen fassbaren Beeinträchtigungen geführt habe. Die im Widerspruchsbescheid vom 13. November 2003 festgestellten Beeinträchtigungen seien im Grunde zutreffend, wobei die funktionellen Kreislaufstörungen durchaus auch als Symptom des FMS gedeutet werden könnten und nicht als eigenständiges Krankheitsbild.
Für das FMS sei ein GdB von 30, für die Funktionsbehinderung der WS ein GdB von 20 anzusetzen, die funktionellen Kreislaufstörungen und die Funktionseinschränkungen der linken Niere seien jeweils mit einem GdB von 10 bei der Gesamtbeurteilung nicht zu berücksichtigen. Die Nierenfunktion sei insgesamt nicht so beeinträchtigt, dass es zur Zurückhaltung harnpflichtiger Substanzen komme, die Ausscheidung über die Nieren verteile sich lediglich asymmetrisch ohne Harnretention. Die funktionellen Kreislaufstörungen stellten keine dauerhafte Beeinträchtigung der Befindlichkeit dar, zumal sie auch in der Beurteilung des FMS Berücksichtigung fänden. Die Gesundheitsbeeinträchtigungen bei der Klägerin seien zutreffend mit einem GdB von 40 seit Antragstellung beurteilt.
Das SG hat mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 27. Januar 2005 die Klage abgewiesen und ausgeführt, unter Berücksichtigung der ärztlichen Feststellungen des Sachverständigen Dr. K sei der GdB von 40 nicht zu beanstanden.
Gegen das ihr am 07. Februar 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 28. Februar 2005 bei dem Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie an ihrem Begehren festhält, einen GdB von 50 festzustellen. Insbesondere das Krankheitsbild des FMS sei vom SG nicht ausreichend gewürdigt worden.
Das LSG hat BB der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. S vom 30. Juni 2005 nebst Anlagen (Entlassungsbericht des Johanniterkrankenhauses im F vom 03. März 2004 über einen stationären Aufenthalt der Klägerin vom 30. Januar bis 10. Februar 2004 aufgrund zunehmender Ganzkörperschmerzen), der Fachärztin für Urologie Dr. T vom 18. August 2005, der Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. G vom 28. August 2005, der Fachärztin für Orthopädie Dr. B vom 05. April 2006 mit Anlagen über eine kernspintomographische Untersuchung des linken Schultergelenks, des Facharztes für innere Medizin von K vom 12. April 2006 mit Bericht über eine kernspintomographische Untersuchung der Halswirbelsäule vom 03. März 2006 wegen Schwindeldiagnostik und Schmerzen) sowie eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. K vom 14. Dezember 2005 beigezogen und sodann auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG ein Gutachten von dem Internisten und Rheumatologen, Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin, Dr. M eingeholt.
In seinem Schmerzgutachten und internistisch-rheumatologischen Fachgutachten vom 17. Oktober 2006 und in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06. April 2007 ist der Sachverständige zur Feststellung eines FMS gekommen, das als chronische Schmerzerkrankung die gesamte Symptomatik bei der Klägerin dominiere. Hierfür sei unter Berücksichtigung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP 2004/2005) Nr. 26.18, S. 113, ein GdB von 50 anzusetzen, da von mittelgradigen Auswirkungen mit schmerzbedingten Funktionseinbußen im körperlichen, geistigen und seelischen Bereich und sehr ausgeprägter, therapeutisch schwer beeinflussbarer, Krankheitsaktivität auszugehen sei; hierbei sei die Kreislaufdysregulation im Sinne der vegetativen Symptomatik miteinbezogen worden. Die Wirbelsäulensymptomatik sei in den Gesamtkontext der chronischen Schmerzerkrankung einzubeziehen. Den höheren GdB im Vergleich zum Gutachten Dr. K begründe er schmerztherapeutisch, da hier doch die schmerzbedingten Funktionseinbußen ausgeprägter seien und auch die therapeutische Beeinflussbarkeit ungünstiger sei als im Gutachten von Dr. K angegeben.
Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K hat in zwei ergänzenden Stellungnahmen vom 14. Juli und vom 25. September 2007 hierzu ausgeführt, der Sachverständige Dr. M sei in erster Linie aus schmerztherapeutischer Sicht zu einem GdB von 50 gekommen. Die Selbstbeurteilungszahlen besäßen im Begutachtungsverfahren nur begrenzten Aussagewert, da sie im Gegensatz zu psychologischen Testverfahren in der Persönlichkeitsdiagnostik nicht in sich durch Kontrollskalen abgesichert seien. Derartige Selbstbeurteilungsskalen hätten ihre Aussageberechtigung in der Diagnostik und in der Verlaufsbeobachtung, jedoch nicht im Begutachtungsprozess. Die Schwierigkeiten bei der diagnostischen Zuordnung des FMS zeigten die Problematik einer Krankheitsentität, die in ihrer Verursachung bis heute noch völlig ungeklärt sei und deren Zuordnung zum rheumatischen Formenkreis ebenfalls unbewiesen bleibe (bisher fehlende organ-pathologische Beweise). Die Auswirkungen der von der Klägerin angegebenen Symptomatik seien mit einem GdB von 40 korrekt bewertet worden.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. Januar 2005 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 29. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2002 zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er ist auch nach Kenntnisnahme des Gutachtens von Dr. M nicht der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines GdB von 50 vorlägen. Das Gutachten sei zwar sehr detailliert und ausführlich abgefasst, jedoch stelle der Gutachter vor allem die Anamnese und die Angaben der Klägerin über ihre Alltagseinschränkungen in den Vordergrund, wobei die Durchführungen und Auswertungen von testpsychologischen Verfahren und die Verwendung von Selbstbeurteilungsbögen insbesondere die subjektive Einschätzung des Patienten dokumentierten. Nach den AHP sei eine Bewertung entsprechend der Ziffer 26.3, Seite 48, "Neurosen, Persönlichkeitsstörungen " vorzunehmen. Hierfür könne bei separater Betrachtung des FMS kein höherer GdB als 30 berücksichtigt werden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen. Der Verwaltungsvorgang des Beklagten lag dem Senat vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Ihr steht, wie das SG zutreffend entschieden hat, ein GdB von 50 und damit die Schwerbehinderteneigenschaft (§ 1 SchwbG bzw. § 2 Abs. 2 des ab 01. Juli 2001 geltenden Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - SGB IX -) nicht zu.
Nach Auswertung der medizinischen Unterlagen, insbesondere des gerichtlichen Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K vom 26. Juni 2004 nebst zwei ergänzenden Stellungnahmen vom 14. Juli und vom 25. September 2007, ist davon auszugehen, dass bei der Klägerin zwar mehrere Beeinträchtigungen in Form von FMS, Funktionsbehinderung der WS, chronisch venöse Insuffizienz und Malrotation der linken Niere vorliegen, dass aber die durch sie bedingten Funktionsstörungen nicht so schwerwiegend sind, dass sie die Feststellung eines GdB von 50 rechtfertigen würden. Ein GdB von 50 kann beispielsweise nur angenommen werden, wenn die Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen so erheblich ist wie etwa beim Verlust einer Hand oder eines Beins im Unterschenkel, bei einer vollständigen Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, bei Herz-Kreislauf-Schäden oder Einschränkungen der Lungenfunktion mit nachgewiesener Leistungsbeeinträchtigung bei bereits leichter Belastung (vgl. AHP 1996 bzw. AHP 2004/2005 Nr. 19 Abs. 2). Der GdB ist hierbei ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung in allen Lebensbereichen aufgrund eines Gesundheitsschadens (Nr. 18 Abs. 1 AHP 2004/2005).
Nach den gutachterlichen Feststellungen und auch nach Auffassung der Klägerin selbst steht im Vordergrund der Beschwerden die Erkrankung an einem FMS, das in der Regel keine organpathologischen Befunde zeigt, sich aber durch chronische Schmerzen im Bereich des Nackens, der unteren Lenden- und Kreuzregion, des Schulter- und Hüftgürtels auszeichnet und mit unterschiedlichen vegetativen Symptomen einhergeht.
Entsprechend der Maßgaben der AHP 2004/2005 richtet sich die Bemessung des GdB hier danach, welche konkreten Auswirkungen des FMS bei der Klägerin zu objektivieren sind. Ausweislich aller medizinischer Befunde und Gutachten - auch nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. M – waren bei der Klägerin weder Schwellungen noch die sonstigen für die entzündlich rheumatischen Erkrankungen typischen Deformierungen an den Gelenken vorhanden. Die Funktion der Beugesehnen war unauffällig, die Finger-, Hand- und Komplexgriffe für die Schultergelenke konnten ohne größere Probleme ausgeführt werden. Mit Ausnahme des linken Schultergelenkes wurden keine wesentlichen Abweichungen vom normalen Bewegungsausmaß und keine weiteren klinischen Auffälligkeiten an irgendwelchen Gelenken festgestellt. Die Beweglichkeit der WS war nicht schwerwiegend eingeschränkt. Daneben klagte die Klägerin über Ganzkörperschmerzen, Kälte-Hitzeempfindlichkeit, Kopfschmerzen, Verdauungsbeschwerden, Herzsensationen, Globusgefühl und Durchschlafstörungen.
Nach Nr. 26.18 AHP 2004/2005 sind das FMS und ähnliche Somatisierungs-Snydrome jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu den nicht-entzündlichen Krankheiten der Weichteile zu beurteilen. Bei der Beurteilung letzterer Krankheiten und des FMS ist somit auf Art und Ausmaß der jeweiligen Organbeteiligung sowie auf die Auswirkungen auf den Allgemeinzustand abzustellen. Nach Nr. 26.3 AHP 2004/2005 ist für leichtere psychovegetative oder psychische Störungen ein Bewertungsrahmen von 0 bis 20 vorgesehen, ein GdB von 30 bis 40 erst bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen); ein GdB von 50 kann erst bei schweren Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten in Ansatz gebracht werden.
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben und der bei der Klägerin festgestellten konkreten Beeinträchtigungen hält der Senat – dem Sachverständigen Dr. Krüger folgend – einen GdB von 40 für angemessen und ausreichend.
Der Beurteilung des Sachverständigen Dr. Min seinem Gutachten vom 17. Oktober 2006 und in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06. April 2007, der für die gesamte Behinderung einen GdB von 50 seit der Antragstellung schätzt, kann sich der Senat nicht anschließen. Der Sachverständige rechtfertigt seine Beurteilung im wesentlichen mit der Schmerzsituation, die sich nicht in deutlich messbaren Funktionsstörungen und Krafteinbußen manifestiere, und stützt sich in erster Linie auf die Schmerzangaben der Klägerin mittels testpsychologischer Verfahren und der Verwendung von Selbstbeurteilungsbögen ("Fibromyalgie-Patientenfunktionsstatus”). In diesem Zusammenhang weist der Beklagte zu Recht auf die Leitlinien für die Begutachtung von Schmerzen vom 02. November 2004 u. a. der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie, der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde hin, in denen testpsychologische Verfahren und die Verwendung von Selbstbeurteilungsbögen keine Bedeutung als objektives Kriterium in der Begutachtungssituation haben. Für die Beurteilung der tatsächlichen Funktionsbeeinträchtigungen, auf die es hier entscheidend ankommt, sind der erhobene Befund während der Exploration und Untersuchung sowie die Verhaltensbeobachtung wesentlich.
Nach Auffassung des Senats erscheint vielmehr ein GdB von 30 bei der Klägerin für die schmerzbedingten Funktionsbeeinträchtigungen durch das FMS nach wie vor als ausreichend. Auch wenn die Klägerin nach ihren Angaben schmerzbedingt einige Sportarten, wie z. B. Nordic Walking, nicht mehr betreiben kann, ihr manche Arbeiten und Handgriffe im Haushalt ebenso wie langes Sitzen im Theater oder Konzert schwer fallen, wird sie dadurch in ihrer Lebensgestaltung zwar eingeschränkt, allerdings aber nicht so stark, dass der GdB-Rahmen von 30-40 nach oben hin ausgeschöpft werden müsste. Bei der Klägerin haben sich unter Berücksichtigung ihrer Alltagsschilderung lediglich mittlere Aktivitätsstörungen ergeben. So geht sie einer Vollzeittätigkeit als Sachgebietsleiterin nach, hat nach ihren Angaben im familiären Bereich, insbesondere in ihrer Ehe und im Verhältnis zu den beiden Söhnen, keine Probleme, engagiert sich weiterhin in der Gemeindearbeit, geht gern an die frische Luft, bewältigt leichte Hausarbeiten "etwa 2 Stunden am Stück”, macht Krankengymnastik und auch leichte Gartenarbeiten. Die Klägerin nimmt Schmerzmedikamente nur bedarfsweise, aber nicht regelmäßig ein. Gerade auch aus dem weitgehend fehlenden therapeutischen Aufwand auf psychologischem, psychotherapeutischem oder psychiatrischem sowie orthopädischem Sektor ergibt sich, dass der GdB der Klägerin keinesfalls im Bereich der Schwerbehinderteneigenschaft anzusiedeln ist. Ausgeprägtere depressive Störungen im Rahmen des FMS haben sich nicht eingestellt. So hat auch die Klägerin dem Gutachter Dr. Mgegenüber den Leidensdruck als "relativ gering" angegeben. Auch hat sie positiv auf die in der Zeit vom 30. Januar bis 10. Februar 2004 durchgeführte Reha-Maßnahme im J-Krankenhaus im Fläming angesprochen und wurde mit subjektiv verbessertem Wohlbefinden entlassen. Als schwergradig ausgeprägt lässt sich demgegenüber eine Störung erst dann bezeichnen, wenn sie mit weit reichenden Aktivitätsstörungen verbunden ist und ein Ansprechen auf Therapiemaßnahmen nicht zu verzeichnen ist. Zu berücksichtigen ist schließlich auch, dass der Beklagte zusätzlich für die Beschwerden an der WS einen GdB von 20 angenommen hat, während Dr. M diese dem FMS zugeordnet hat.
Damit sind, dem Beklagten folgend, für die Klägerin folgende Behinderungen für die Bildung des Gesamt-GdB heranzuziehen: FMS, psychosomatische Störungen – GdB 30 – Funktionseinschränkung der Wirbelsäule – GdB 20 – Funktionelle Kreislaufstörungen – GdB 10 – Funktionsminderung linke Niere, Harnwegsinfekte – GdB 10 –.
Der Gesamt-GdB kann nicht höher als mit 40 bewertet werden, denn nach den AHP Nr. 19 Abs. 4 führen zusätzliche leichte Funktionsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Ein Gesamt-GdB von 50 lässt sich daher so nicht begründen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50.
Die 1951 geborene Klägerin stellte bei dem Beklagten am 03. November 2000 einen Antrag nach dem Schwerbehindertengesetz und teilte als Gesundheitsstörungen Kopfschmerzen, niedriger Blutdruck, Konzentrationsschwäche, körperliche Schwächeanfälle (Ursache: Grippe-Encephalitis), Wirbelsäulenbeschwerden, Borreliose, Blasenschwäche und Fibromyalgiesyndrom (FMS) mit.
Der Beklagte zog ärztliche Auskünfte der Fachärztin für innere Medizin und Hausärztin der Klägerin Dr.K vom 09. Dezember 2000, der Fachärztin für Urologie Dipl.-Med.T vom 19. Januar 2001 und einen Entlassungsbericht des Johanniterkrankenhauses im F, Rheumazentrum des Landes Brandenburg vom 21. Dezember 1999, über einen stationären Aufenthalt der Klägerin vom 30. November bis zum 15. Dezember 1999 wegen Tendomyopathie bei und stellte mit Bescheid vom 02. April 2001 einen GdB von 30 wegen folgender Behinderungen fest: a) FMS b) Kreislaufdysregulation c) Funktionsminderung der linken Niere, Harnwegsinfekte.
Verwaltungsintern waren Einzel-GdB-Werte von 30 und zweimal 10 angesetzt worden.
Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch trug die Klägerin vor, der Beklagte habe nicht alle ihre Krankheiten gewürdigt.
Der Beklagte erteilte nach Beiziehung weiterer ärztlicher Auskünfte von Dr. vom 09. Mai 2001, der Hautärztin/Allergologin Dr. W vom 28. Mai 2001 und des Facharztes für Chirurgie Dr. S vom 31. Juli 2001 am 29. April 2002 einen Abhilfebescheid gemäß § 85 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in welchem er einen GdB von 40 wegen folgender Beeinträchtigungen feststellte: - Kollagenose, psychosomatische Störungen - Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (WS) - Funktionelle Kreislaufstörungen - Funktionsminderung linke Niere, Harnwegsinfekte.
Verwaltungsintern waren Einzel-GdB-Werte von 30, 20 und zweimal 10 veranschlagt worden.
Den hiergegen wiederum eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, das FMS sei nicht berücksichtigt, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2002 unter Berücksichtigung eines FMS (anstelle einer Kollagenose) sowie einer psychomatischen Störung bei einem GdB insgesamt weiterhin in Höhe von 40 als unbegründet zurück. Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen sei der GdB mit 40 zutreffend bewertet worden. Ein GdB von 50 könne nur bei sehr erheblicher Gesamtauswirkung der festgestellten Behinderungen, etwa bei vollständiger Versteifung großer Abschnitte der WS oder bei schweren Auswirkungen des FMS, angenommen werden.
Mit ihrer am 10. Dezember 2002 vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, der GdB sei zu niedrig festgestellt worden, weil die Beschwerden aufgrund des FMS (Kopfschmerzen, Schwächezustände, Konzentrationsstörungen) und weiterhin der Zustand nach Borrelioseinfektion, die starken WS-Beschwerden und die Funktionsminderung der Niere in ihrer Gesamtheit nicht ausreichend bewertet worden seien.
Das SG hat einen Befundbericht (BB) der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. S vom 02. August 2003 und einen Entlassungsbericht der Klinik, B S, vom 18. Juni 2003 über einen Aufenthalt der Klägerin vom 24. April bis zum 22. Mai 2003 zur Durchführung einer Reha-Maßnahme in der Abteilung Orthopädie, nebst weiteren labortechnischen und radiologischen Befunden hinsichtlich einer Borrelieninfektion und einer Nierenfunktions-Szintigraphie eingeholt.
Ferner hat das SG den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 26. Juni 2004 hat der Sachverständige nach Untersuchung der Klägerin am 04. Juni 2004 und nach Würdigung des Akteninhalts die medizinischen Feststellungen des Beklagten im Wesentlichen bestätigt. Es seien folgende Diagnosen zu stellen: 1. FMS 2. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule 3. Zustand nach Meningitis 4. Chronisch venöse Insuffizienz 5. Zustand nach Borrelieninfekt 6. Malrotation der linken Niere.
Als wesentliche Behinderung sei das FMS zu werten, welches keine organpathologischen Befunde zeige, sondern sich durch chronische Schmerzen im Bereich des Nackens, der unteren Lenden- und Kreuzregion sowie des Schulter- und Hüftgürtels auszeichne und mit vegetativen Symptomen wie Kälte- und Hitzeempfindlichkeit, Kopfschmerzen, Verdauungsbeschwerden und gelegentlichen Herzsensationen einhergehe. Im Fall der Klägerin kämen beginnende degenerative Veränderungen WS hinzu, ohne dass klinisch zu differenzieren sei, inwieweit die Beschwerden auf Veränderungen der WS oder auf das FMS zurückzuführen seien. Auch die rasche Ermüdbarkeit und zeitweilige schnelle Erschöpfung bei der Klägerin könnten sowohl auf den Zustand nach Meningoenzephalitis bzw. Meningitis, als auch auf das FMS zurückzuführen sein. Gehe man bei der Klägerin vom Vorliegen eines FMS aus, so könne jedoch nicht jedes klinische Symptom des Beschwerdebildes als Ausdruck eines eigenständigen Krankheitsbildes gesehen werden; dies treffe auch auf sogenannte funktionelle Kreislaufstörungen, WS-Beschwerden oder Störungen der inneren Organe zu, solange keine entsprechende Funktions- und Organveränderung nachzuweisen sei. Als weitere Beeinträchtigungen seien die chronische venöse Insuffizienz, die Malrotation der linken Niere und der Zustand nach entzündlicher Erkrankung der Hirnhäute bzw. des Gehirns anzusehen. Der behandelte Borrelieninfekt sei im Hinblick auf die Fragestellung nicht zu berücksichtigen, da er zu keinen fassbaren Beeinträchtigungen geführt habe. Die im Widerspruchsbescheid vom 13. November 2003 festgestellten Beeinträchtigungen seien im Grunde zutreffend, wobei die funktionellen Kreislaufstörungen durchaus auch als Symptom des FMS gedeutet werden könnten und nicht als eigenständiges Krankheitsbild.
Für das FMS sei ein GdB von 30, für die Funktionsbehinderung der WS ein GdB von 20 anzusetzen, die funktionellen Kreislaufstörungen und die Funktionseinschränkungen der linken Niere seien jeweils mit einem GdB von 10 bei der Gesamtbeurteilung nicht zu berücksichtigen. Die Nierenfunktion sei insgesamt nicht so beeinträchtigt, dass es zur Zurückhaltung harnpflichtiger Substanzen komme, die Ausscheidung über die Nieren verteile sich lediglich asymmetrisch ohne Harnretention. Die funktionellen Kreislaufstörungen stellten keine dauerhafte Beeinträchtigung der Befindlichkeit dar, zumal sie auch in der Beurteilung des FMS Berücksichtigung fänden. Die Gesundheitsbeeinträchtigungen bei der Klägerin seien zutreffend mit einem GdB von 40 seit Antragstellung beurteilt.
Das SG hat mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 27. Januar 2005 die Klage abgewiesen und ausgeführt, unter Berücksichtigung der ärztlichen Feststellungen des Sachverständigen Dr. K sei der GdB von 40 nicht zu beanstanden.
Gegen das ihr am 07. Februar 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 28. Februar 2005 bei dem Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie an ihrem Begehren festhält, einen GdB von 50 festzustellen. Insbesondere das Krankheitsbild des FMS sei vom SG nicht ausreichend gewürdigt worden.
Das LSG hat BB der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. S vom 30. Juni 2005 nebst Anlagen (Entlassungsbericht des Johanniterkrankenhauses im F vom 03. März 2004 über einen stationären Aufenthalt der Klägerin vom 30. Januar bis 10. Februar 2004 aufgrund zunehmender Ganzkörperschmerzen), der Fachärztin für Urologie Dr. T vom 18. August 2005, der Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. G vom 28. August 2005, der Fachärztin für Orthopädie Dr. B vom 05. April 2006 mit Anlagen über eine kernspintomographische Untersuchung des linken Schultergelenks, des Facharztes für innere Medizin von K vom 12. April 2006 mit Bericht über eine kernspintomographische Untersuchung der Halswirbelsäule vom 03. März 2006 wegen Schwindeldiagnostik und Schmerzen) sowie eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. K vom 14. Dezember 2005 beigezogen und sodann auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG ein Gutachten von dem Internisten und Rheumatologen, Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin, Dr. M eingeholt.
In seinem Schmerzgutachten und internistisch-rheumatologischen Fachgutachten vom 17. Oktober 2006 und in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06. April 2007 ist der Sachverständige zur Feststellung eines FMS gekommen, das als chronische Schmerzerkrankung die gesamte Symptomatik bei der Klägerin dominiere. Hierfür sei unter Berücksichtigung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP 2004/2005) Nr. 26.18, S. 113, ein GdB von 50 anzusetzen, da von mittelgradigen Auswirkungen mit schmerzbedingten Funktionseinbußen im körperlichen, geistigen und seelischen Bereich und sehr ausgeprägter, therapeutisch schwer beeinflussbarer, Krankheitsaktivität auszugehen sei; hierbei sei die Kreislaufdysregulation im Sinne der vegetativen Symptomatik miteinbezogen worden. Die Wirbelsäulensymptomatik sei in den Gesamtkontext der chronischen Schmerzerkrankung einzubeziehen. Den höheren GdB im Vergleich zum Gutachten Dr. K begründe er schmerztherapeutisch, da hier doch die schmerzbedingten Funktionseinbußen ausgeprägter seien und auch die therapeutische Beeinflussbarkeit ungünstiger sei als im Gutachten von Dr. K angegeben.
Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K hat in zwei ergänzenden Stellungnahmen vom 14. Juli und vom 25. September 2007 hierzu ausgeführt, der Sachverständige Dr. M sei in erster Linie aus schmerztherapeutischer Sicht zu einem GdB von 50 gekommen. Die Selbstbeurteilungszahlen besäßen im Begutachtungsverfahren nur begrenzten Aussagewert, da sie im Gegensatz zu psychologischen Testverfahren in der Persönlichkeitsdiagnostik nicht in sich durch Kontrollskalen abgesichert seien. Derartige Selbstbeurteilungsskalen hätten ihre Aussageberechtigung in der Diagnostik und in der Verlaufsbeobachtung, jedoch nicht im Begutachtungsprozess. Die Schwierigkeiten bei der diagnostischen Zuordnung des FMS zeigten die Problematik einer Krankheitsentität, die in ihrer Verursachung bis heute noch völlig ungeklärt sei und deren Zuordnung zum rheumatischen Formenkreis ebenfalls unbewiesen bleibe (bisher fehlende organ-pathologische Beweise). Die Auswirkungen der von der Klägerin angegebenen Symptomatik seien mit einem GdB von 40 korrekt bewertet worden.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. Januar 2005 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 29. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2002 zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er ist auch nach Kenntnisnahme des Gutachtens von Dr. M nicht der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines GdB von 50 vorlägen. Das Gutachten sei zwar sehr detailliert und ausführlich abgefasst, jedoch stelle der Gutachter vor allem die Anamnese und die Angaben der Klägerin über ihre Alltagseinschränkungen in den Vordergrund, wobei die Durchführungen und Auswertungen von testpsychologischen Verfahren und die Verwendung von Selbstbeurteilungsbögen insbesondere die subjektive Einschätzung des Patienten dokumentierten. Nach den AHP sei eine Bewertung entsprechend der Ziffer 26.3, Seite 48, "Neurosen, Persönlichkeitsstörungen " vorzunehmen. Hierfür könne bei separater Betrachtung des FMS kein höherer GdB als 30 berücksichtigt werden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen. Der Verwaltungsvorgang des Beklagten lag dem Senat vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Ihr steht, wie das SG zutreffend entschieden hat, ein GdB von 50 und damit die Schwerbehinderteneigenschaft (§ 1 SchwbG bzw. § 2 Abs. 2 des ab 01. Juli 2001 geltenden Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - SGB IX -) nicht zu.
Nach Auswertung der medizinischen Unterlagen, insbesondere des gerichtlichen Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K vom 26. Juni 2004 nebst zwei ergänzenden Stellungnahmen vom 14. Juli und vom 25. September 2007, ist davon auszugehen, dass bei der Klägerin zwar mehrere Beeinträchtigungen in Form von FMS, Funktionsbehinderung der WS, chronisch venöse Insuffizienz und Malrotation der linken Niere vorliegen, dass aber die durch sie bedingten Funktionsstörungen nicht so schwerwiegend sind, dass sie die Feststellung eines GdB von 50 rechtfertigen würden. Ein GdB von 50 kann beispielsweise nur angenommen werden, wenn die Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen so erheblich ist wie etwa beim Verlust einer Hand oder eines Beins im Unterschenkel, bei einer vollständigen Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, bei Herz-Kreislauf-Schäden oder Einschränkungen der Lungenfunktion mit nachgewiesener Leistungsbeeinträchtigung bei bereits leichter Belastung (vgl. AHP 1996 bzw. AHP 2004/2005 Nr. 19 Abs. 2). Der GdB ist hierbei ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung in allen Lebensbereichen aufgrund eines Gesundheitsschadens (Nr. 18 Abs. 1 AHP 2004/2005).
Nach den gutachterlichen Feststellungen und auch nach Auffassung der Klägerin selbst steht im Vordergrund der Beschwerden die Erkrankung an einem FMS, das in der Regel keine organpathologischen Befunde zeigt, sich aber durch chronische Schmerzen im Bereich des Nackens, der unteren Lenden- und Kreuzregion, des Schulter- und Hüftgürtels auszeichnet und mit unterschiedlichen vegetativen Symptomen einhergeht.
Entsprechend der Maßgaben der AHP 2004/2005 richtet sich die Bemessung des GdB hier danach, welche konkreten Auswirkungen des FMS bei der Klägerin zu objektivieren sind. Ausweislich aller medizinischer Befunde und Gutachten - auch nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. M – waren bei der Klägerin weder Schwellungen noch die sonstigen für die entzündlich rheumatischen Erkrankungen typischen Deformierungen an den Gelenken vorhanden. Die Funktion der Beugesehnen war unauffällig, die Finger-, Hand- und Komplexgriffe für die Schultergelenke konnten ohne größere Probleme ausgeführt werden. Mit Ausnahme des linken Schultergelenkes wurden keine wesentlichen Abweichungen vom normalen Bewegungsausmaß und keine weiteren klinischen Auffälligkeiten an irgendwelchen Gelenken festgestellt. Die Beweglichkeit der WS war nicht schwerwiegend eingeschränkt. Daneben klagte die Klägerin über Ganzkörperschmerzen, Kälte-Hitzeempfindlichkeit, Kopfschmerzen, Verdauungsbeschwerden, Herzsensationen, Globusgefühl und Durchschlafstörungen.
Nach Nr. 26.18 AHP 2004/2005 sind das FMS und ähnliche Somatisierungs-Snydrome jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu den nicht-entzündlichen Krankheiten der Weichteile zu beurteilen. Bei der Beurteilung letzterer Krankheiten und des FMS ist somit auf Art und Ausmaß der jeweiligen Organbeteiligung sowie auf die Auswirkungen auf den Allgemeinzustand abzustellen. Nach Nr. 26.3 AHP 2004/2005 ist für leichtere psychovegetative oder psychische Störungen ein Bewertungsrahmen von 0 bis 20 vorgesehen, ein GdB von 30 bis 40 erst bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen); ein GdB von 50 kann erst bei schweren Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten in Ansatz gebracht werden.
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben und der bei der Klägerin festgestellten konkreten Beeinträchtigungen hält der Senat – dem Sachverständigen Dr. Krüger folgend – einen GdB von 40 für angemessen und ausreichend.
Der Beurteilung des Sachverständigen Dr. Min seinem Gutachten vom 17. Oktober 2006 und in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06. April 2007, der für die gesamte Behinderung einen GdB von 50 seit der Antragstellung schätzt, kann sich der Senat nicht anschließen. Der Sachverständige rechtfertigt seine Beurteilung im wesentlichen mit der Schmerzsituation, die sich nicht in deutlich messbaren Funktionsstörungen und Krafteinbußen manifestiere, und stützt sich in erster Linie auf die Schmerzangaben der Klägerin mittels testpsychologischer Verfahren und der Verwendung von Selbstbeurteilungsbögen ("Fibromyalgie-Patientenfunktionsstatus”). In diesem Zusammenhang weist der Beklagte zu Recht auf die Leitlinien für die Begutachtung von Schmerzen vom 02. November 2004 u. a. der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie, der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde hin, in denen testpsychologische Verfahren und die Verwendung von Selbstbeurteilungsbögen keine Bedeutung als objektives Kriterium in der Begutachtungssituation haben. Für die Beurteilung der tatsächlichen Funktionsbeeinträchtigungen, auf die es hier entscheidend ankommt, sind der erhobene Befund während der Exploration und Untersuchung sowie die Verhaltensbeobachtung wesentlich.
Nach Auffassung des Senats erscheint vielmehr ein GdB von 30 bei der Klägerin für die schmerzbedingten Funktionsbeeinträchtigungen durch das FMS nach wie vor als ausreichend. Auch wenn die Klägerin nach ihren Angaben schmerzbedingt einige Sportarten, wie z. B. Nordic Walking, nicht mehr betreiben kann, ihr manche Arbeiten und Handgriffe im Haushalt ebenso wie langes Sitzen im Theater oder Konzert schwer fallen, wird sie dadurch in ihrer Lebensgestaltung zwar eingeschränkt, allerdings aber nicht so stark, dass der GdB-Rahmen von 30-40 nach oben hin ausgeschöpft werden müsste. Bei der Klägerin haben sich unter Berücksichtigung ihrer Alltagsschilderung lediglich mittlere Aktivitätsstörungen ergeben. So geht sie einer Vollzeittätigkeit als Sachgebietsleiterin nach, hat nach ihren Angaben im familiären Bereich, insbesondere in ihrer Ehe und im Verhältnis zu den beiden Söhnen, keine Probleme, engagiert sich weiterhin in der Gemeindearbeit, geht gern an die frische Luft, bewältigt leichte Hausarbeiten "etwa 2 Stunden am Stück”, macht Krankengymnastik und auch leichte Gartenarbeiten. Die Klägerin nimmt Schmerzmedikamente nur bedarfsweise, aber nicht regelmäßig ein. Gerade auch aus dem weitgehend fehlenden therapeutischen Aufwand auf psychologischem, psychotherapeutischem oder psychiatrischem sowie orthopädischem Sektor ergibt sich, dass der GdB der Klägerin keinesfalls im Bereich der Schwerbehinderteneigenschaft anzusiedeln ist. Ausgeprägtere depressive Störungen im Rahmen des FMS haben sich nicht eingestellt. So hat auch die Klägerin dem Gutachter Dr. Mgegenüber den Leidensdruck als "relativ gering" angegeben. Auch hat sie positiv auf die in der Zeit vom 30. Januar bis 10. Februar 2004 durchgeführte Reha-Maßnahme im J-Krankenhaus im Fläming angesprochen und wurde mit subjektiv verbessertem Wohlbefinden entlassen. Als schwergradig ausgeprägt lässt sich demgegenüber eine Störung erst dann bezeichnen, wenn sie mit weit reichenden Aktivitätsstörungen verbunden ist und ein Ansprechen auf Therapiemaßnahmen nicht zu verzeichnen ist. Zu berücksichtigen ist schließlich auch, dass der Beklagte zusätzlich für die Beschwerden an der WS einen GdB von 20 angenommen hat, während Dr. M diese dem FMS zugeordnet hat.
Damit sind, dem Beklagten folgend, für die Klägerin folgende Behinderungen für die Bildung des Gesamt-GdB heranzuziehen: FMS, psychosomatische Störungen – GdB 30 – Funktionseinschränkung der Wirbelsäule – GdB 20 – Funktionelle Kreislaufstörungen – GdB 10 – Funktionsminderung linke Niere, Harnwegsinfekte – GdB 10 –.
Der Gesamt-GdB kann nicht höher als mit 40 bewertet werden, denn nach den AHP Nr. 19 Abs. 4 führen zusätzliche leichte Funktionsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Ein Gesamt-GdB von 50 lässt sich daher so nicht begründen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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