L 13 BL 1/03 -26

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 9 BL 47/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 BL 1/03 -26
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 21. November 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Rückforderung von Blindengeld in Höhe von 6969 DM (3.563,19 EUR) für die Zeit vom 1. Dezember 1995 bis zum 3. Februar 1999.

Die Klägerin ist die Enkelin und Allein-Erbin des 1999 verstorbenen PL (L). L hatte am 18. August 1993 durch die Klägerin als seiner Generalbevollmächtigten Blindengeld nach dem Sächsischen Landesblindengeldgesetz (LBlindG) unter Angabe eines Hauptwohnsitzes in S beantragt. Zugleich hatte er angegeben, seit dem 20. April 1993 einen Nebenwohnsitz bei der Klägerin zu haben. Die Klägerin gab hierzu an, dass L sich "infolge seiner Pflegebedürftigkeit bedingt durch ein Glaukom" im Wesentlichen in ihrem Haushalt aufhalte. Der Beklagte gewährte L mit Bescheid vom 1. Februar 1994 mit Wirkung vom 1. November 1992 Blindengeld in Höhe von 600 DM und wies unter der Rubrik "Mitwirkungspflichten" darauf hin, dass jede Änderung der persönlichen Verhältnisse, u. a. die Verlegung des Wohnsitzes (im Fall der Änderung des Hauptwohnsitzes), die Gewährung von Pflegegeld aus der Unfallversicherung oder von einem sonstigen Leistungsträger wegen der Blindheit, auch Pflegegeld der Krankenkasse, unverzüglich anzuzeigen sei. Mit Bescheid vom 27. Dezember 1995 erhöhte der Beklagte das Blindengeld zum 1. Januar 1996 auf 650 DM. Soweit gleichartige Leistungen bezogen würden, die bislang nicht angerechnet worden seien, werde das Blindengeld unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der späteren Neufeststellung ab 1. Januar 1996 gezahlt. Eventuell überzahlte Beträge seien zu erstatten.

Am 18. Dezember 1998 erhielt der Beklagte Kenntnis davon, dass L seit Dezember 1995 Pflegeleistungen der Pflegekasse bezog.

Auf ein Anhörungsschreiben des Beklagten zur beabsichtigten Rückforderung des Blindengeldes mit Ablauf des Monats Dezember 1995 teilte die Klägerin mit, sie habe sich auf die Aussage des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in P verlassen, dass für die Einstufung des L in Pflegestufe I die Blindheit nicht ursächlich sei, so dass keine Mitteilungspflicht bestanden habe.

Der Beklagte zog das vom MDK durch Dr. K erstattete Pflege-Gutachten vom 27. Februar 1996 bei. In diesem waren als pflegebegründende Diagnosen Herzleistungsschwäche, Prostatahypertrophie und zerebrovasculäre Insuffizienz angegeben. L erhalte Blindengeld. Dies sei bei der Einstufung in die Pflegestufe I berücksichtigt.

Mit Bescheid vom 30. März 1999 hob der Beklagte die Bewilligung des Blindengeldes ab 1. Dezember 1995 teilweise auf. Seit diesem Zeitpunkt sei durch den Empfang von Pflegeleistungen eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten. Gleichartige Leistungen, die der Blinde zum Ausgleich der durch die Behinderung bedingten Mehraufwendungen nach an-deren Rechtsvorschriften erhalte, seien auf das Blindengeld anzurechnen. Die Pflegeleistungen seien zu einem Teil wegen des Augenleidens zuerkannt worden. Da sie nicht ausschließlich auf diesem Leiden beruhten, werde nur die Hälfte des Pflegegeldbetrages auf die Leistungen des LBlindG angerechnet. L erhalte deshalb ab 1. Dezember 1995 ein Blindengeld von 400 DM, ab 1. Januar 1996 von 450 DM monatlich. Vom 1. Mai 1999 an würden keine Leistungen erbracht, weil L keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in S mehr habe. Aufgrund der Pflegebedürftigkeit sei davon auszugehen, dass der gewöhnliche Aufenthalt in P auf Dauer angelegt sei. Die Überzahlung in Höhe von 8 200 DM sei zu erstatten.

Mit dem Widerspruch hiergegen machte die Klägerin für L geltend, die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB X seien nicht erfüllt. Der Beklagte entnahm einem MDK-Gutachten vom 12. April 1999, dass ab 4. Februar 1999 Pflegebedürftigkeit nach Stufe II auch ohne Blindheit vorgelegen habe.

Durch Widerspruchsbescheid vom 6. März 2000 half der Beklagte dem Widerspruch dahingehend ab, dass die Anrechnung der Leistungen der Pflegeversicherung auf das Pflegegeld mit Wirkung ab 4. Februar 1999 entfalle, und wies im Übrigen den Widerspruch zurück. Die Rückforderung mindere sich auf 7.619 DM. Während die Pflegebedürftigkeit nach Stufe I zu einem wesentlichen Teil blindheitsbedingt gewesen sei, gehe aus dem MDK-Gutachten vom 12. April 1999 hervor, dass der überwiegende Anteil der Hilfeleistungen nunmehr auch ohne Blindheit notwendig gewesen sei, da eine hochgradige Altersschwäche sowie ein geistiger Abbau dokumentiert seien, durch die die Orientierungsseinschränkungen und die eingeschränkte Möglichkeit der selbständigen Nahrungsaufnahme bedingt seien. Ab 1. Mai 1999 sei die Bewilligung von Pflegegeld insgesamt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, weil eine Rückkehr des L nach Sachsen mit dem Vorliegen der Pflegebedürftigkeit nicht mehr wahrscheinlich gewesen sei, so dass er keinen Wohnsitz in Sachsen mehr gehabt habe. Die Überzahlung gehöre zu den Nachlassverbindlichkeiten, die von der Klägerin als Erbin zu erstatten sei.

Mit ihrer Klage vor dem Sozialgericht Potsdam hat die Klägerin geltend gemacht, eine Anrechnung des Blindengeldes könne nur vorgenommen werden, wenn es sich um gleichartige Leistungen handele. Dies sei jedoch nicht der Fall, weil die Pflegeeinstufung nicht wegen der Erblindung des L, sondern wegen der im Pflegegutachten aufgeführten pflegebegründenden Diagnosen vorgenommen worden sei. Die Blindheit sei nur eine anamnestisch aufzuführende Nebenfolge. Wäre sie berücksichtigt worden, hätte L die Pflegestufe II zugestanden.

Der Beklagte hat darauf verwiesen, dass im Regelfall Pflegeleistungen nach dem SGB XI zur Hälfte auf Leistungen nach dem LBlindG anzurechnen seien. Dies entspreche der ständigen Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichts. Für Mai 1999 sei Blindengeld in Höhe von 650 DM zu gewähren und die Forderung infolgedessen auf 6969 DM zu reduzieren (Teilanerkenntnis vom 28. März 2001).

Das Sozialgericht hat Dr. K als Zeugin vernommen, die sich an die Begutachtung des L im Februar 1996 nicht mehr erinnern konnte, aber angegeben hat, sie hätte nach den damaligen wie nach den jetzigen Beurteilungsrichtlinien nur die Pflegestufe I befürwortet. Wenn die Blindheit hinweggedacht würde, hätte L wahrscheinlich keine Pflegestufe bekommen. Zwischen dem in den beiden Gutachten dokumentierten Pflegebedarf bestehe ein deutlicher Unter-schied. Bei einer Überprüfung des 1. Gutachtens würde man nie über 119 Minuten hinauskommen.

Durch Urteil vom 21. November 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei unter Berücksichtigung des angenommenen Teilanerkenntnisses rechtmäßig. Das Pflegegeld sei teilweise auf das Blindengeld anzurechnen gewesen, da es sich um gleichartige Leistungen handele. L habe das Pflegegeld nach Stufe I auch wegen seiner Blindheit erhalten. Zwar sei dies in der Diagnose des Pflegegutachtens vom 27. Februar 1996 so nicht vermerkt und die zusätzliche Bemerkung, bei der Einstufung werde der Erhalt des Blin-dengeldes berücksichtigt, missverständlich. Die Zeugin Dr. K habe jedoch bestätigt, dass L ohne die Blindheit die Pflegestufe I aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erhalten hätte. Wegen der allgemeinen Schwierigkeit, den durch die Blindheit verursachten Pflegebedarf von dem allgemeinen abzugrenzen, habe das Sächsische Landessozialgericht die praktikable Lösung gewählt, nach der bei der Pflegestufe I pauschal eine hälftige Anrechnung des Pflegegeldes berechtigt sei.

Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, nach § 2 Abs. 3 S. 1 LBlindG könnten auf das Blindengeld nur gleichartige Leistungen angerechnet werden, die der Blinde zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen nach anderen Rechtsvorschriften erhalte. Auf das Blindengeld angerechnet werden dürften deshalb nur blindheitsbedingte Pflegegeldleistungen. Es sei deshalb zu fragen, in welchem Umfang die Blindheit ursächlich für die Zahlung des Pflegegeldes gewesen sei. Die Blindheit sei bei den pflegebegründenden Diagnosen gerade nicht aufgeführt, sondern das Blindengeld sei bereits bei der Einstufung in die Pfle-gestufe berücksichtigt worden. Die Aussage der Zeugin Dr. K sei nicht nachvollziehbar, weil sie sich an die Begutachtung nicht mehr erinnern könne. Die fehlende Berücksichtigung der Blindheit sei gerade im Vergleich zum Gutachten vom 12. April 1999 offensichtlich, bei dem L, obwohl gravierende zusätzliche Beschwerden nicht hinzugetreten seien, die Pflegestufe II zugebilligt worden sei.

Die Klägerin hat ein Gutachten der Diplom-Pflegewirtin H vom 8. März 2004 eingereicht, die unter Berücksichtigung der von ihr angenommenen Erschwernisfaktoren - Herzleistungsschwäche mit Atemnot - Erblindung beidseits - umständlich weitschweifig -allgemeine Verlangsamung zu dem Ergebnis gelangt ist, bei L habe 1996 ein täglicher Pflegeaufwand von 134 Minuten, zuzüglich täglichem hauswirtschaftlichem Hilfebedarf von 60 Minuten bestanden, so dass er die Voraussetzungen der Pflegestufe II erfüllt hätte. Dabei hat die Gutachterin darauf verwiesen, dass in dem MDK-Gutachten vom 27. Februar 1996 Angaben zum Hilfebedarf beim Gehen zu den Verrichtungen des täglichen Lebens, bei der Unterstützung zur Nahrungsaufnahme sowie zu einer besonderen Hautpflege fehlten. Ab Januar 1999 habe ein Hilfebedarf von 288 Minuten bestanden, so dass die Voraussetzungen der Pflegestufe II weiterhin erfüllt gewesen seien.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 21. November 2002 sowie den Bescheid des Beklagten vom 30. März 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2000 und des Teilanerkenntnisses vom 28. März 2001 aufzuheben,

hilfsweise,

den Sachverständigen Dipl.-Med. P zur Erläuterung seines Gutachtens hinsichtlich des Hilfebedarfs zu hören.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht geltend, dass der von der Gutachterin berechnete Pflegebedarf auf der Grundlage von Erschwernisfaktoren erfolgt sei, die als solche überhaupt erst den Pflegebedarf begründet hätten. Die Entscheidung der Pflegekasse über die Höhe der Pflegestufe sei verbindlich und könne nicht nachträglich in Zweifel gezogen werden.

Der Senat hat ein sozialmedizinisches Gutachten des Dipl.Med. P vom 30. Juli 2007 eingeholt, der darauf verwiesen hat, dass die Blindheit als solche keine Leistungen der Pflegeversicherung begründe. Bei dem damals Neunzigjährigen L seien die Fähigkeiten in Bezug auf die Aktivitäten des täglichen Lebens durch die 1996 erst cirka 3 Jahre bestehende Blindheit aber ohne Zweifel zusätzlich beeinträchtigt gewesen. Die Erblindung habe zwar weder Auswirkungen auf die Fähigkeit gehabt, vitale Funktionen aufrecht zu erhalten, noch auf die körperliche Funktion der Fortbewegung, die Fähigkeit zur Selbstbeschäftigung, zur Kommunikation, zum Ruhen und Schlafen, wohl aber die teilweise Unselbständigkeit bei der Körperpflege, der Nahrungsaufnahme und in den sozialen Bereichen des Lebens begründet. Ohne die Blindheit hätte sich unter Beachtung der Begutachtungsanleitung 1995 kein Pflegebedarf von 1,5 Stunden ergeben. In der Folgezeit sei dem Entlassungsbericht des J-Krankenhauses vom 2. Februar 1999 eine Zunahme der kardiopulmonalen Insuffizienz und des Lungenemphysems zu entnehmen. Die Gesamtsituation habe sich gegenüber der von 1996 hinsichtlich aller drei von Dr. K aufgeführten Diagnosen mit der Folge eines zunehmenden Therapiebedarfs und einer zunehmenden Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit verschlechtert. Eine deutliche Minderung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit sei zumindest seit der stationären Aufnahme im J-Krankenhaus am 12. Mai 1998 wegen Herzrhythmusstörung mit Vorhofflimmern und daraus resultierender Notwendigkeit einer Schrittmacherimplantation anzunehmen. Unter Außerachtlassung der Blindheit seien 1999 die Voraussetzungen der Pflegestufe II nicht erfüllt gewesen. Vom Gutachten von Frau H sei abzuweichen, weil für den Begutachtungszeitpunkt am 27. Februar 1996 neben der Blindheit keine altersuntypischen Erschwernisfaktoren wesentlich leistungsmindernd dokumentiert worden seien.

Die Klägerin hält dieses Gutachten für unverwertbar, weil die dort berücksichtigten Pflegerichtlinien keinen Rechtssatzcharakter hätten. Sie verweist auf eine Stellungnahme der Diplom-Pflegewirtin H vom 18. September 2007, die ausgeführt hat, dass die von dem Gutachter ange-führten Zeitorientierungswerte im Jahr 1996 noch nicht verwendet worden seien. Es fehle eine Darlegung, wie er seine Minutenwerte tatsächlich ermittelt habe. Demgegenüber berücksichtigten die von ihr bewerteten Zeitkorridore den individuellen Bedarf des Pflegebedürftigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und den der Verwaltungsakte des Beklagten, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Die angefochtenen Bescheide sind in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 28. März 2001 rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Der Beklagte hat zu Recht die Leistungsbescheide vom 1. Februar 1994 und 27. Dezember 1995 mit Wirkung ab 1. Dezember 1995 teilweise aufgehoben. Rechtsgrundlage hierfür ist jeweils § 48 SGB X. Gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhält-nissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Veränderung nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X aufgehoben werden, wenn nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hat. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt gemäß Satz 3 der Vorschrift in den Fällen, in denen Einkommen auf einen zurückliegenden Zeitraum anzurechnen ist, der Beginn dieses Anrechnungszeitraumes.

§ 48 SGB X ist auch Rechtgrundlage für die Aufhebung des Bescheides vom 27. Dezember 1995, da insoweit ebenfalls eine Änderung der Verhältnisse nach seinem Erlass eingetreten ist. Denn L wurde erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn auch rückwirkend, Pflegegeld für die Zeit ab 1. Dezember 1995 bewilligt, so dass der Bescheid zum Zeitpunkt seines Erlasses der materiellen Rechtslage entsprach.

Mit dem Bezug des Pflegegeldes ab Dezember 1995 ist eine wesentliche Änderung in den Ver-hältnissen eingetreten.

Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 LBlindG in der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung wur-den gleichartige Leistungen, die der Blinde zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen nach anderen Vorschriften erhielt, auf das Blindengeld angerechnet. Hierzu gehörten auch die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung, wenn die Leistung mitur-sächlich wegen der Blindheit gewährt wurde. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Dabei hat der Senat grundsätzlich keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der die Rechtsprechung des Sächsischen LSG umsetzenden Verwaltungspraxis des Beklagten, eine hälftige Anrechung des Pflegegeldes vorzunehmen. Hierdurch wird der Schwierigkeit der Bewertung, ob Pflegeleistungen blindheitsbedingt mehr Zeit als sonst in Anspruch nehmen oder aber ob der Behinderte, wäre er nicht auch blind, die Hilfe im Rahmen der Grundpflege selbst vornehmen könnte, Rechnung getragen.

Etwas anderes gilt, da das LBlindG bis zur Neufassung zum 1. Januar 2002 keine pauschalen Anrechnungsregelungen enthielt, allerdings dann, wenn im Einzelfall die Leistung des Pflegegeldes von der Blindheit unabhängig ist, weil dann nicht festgestellt werden kann, dass eine Änderung der Sach- und Rechtslage im Sinne des § 48 SGB X durch den Bezug des Pflegegeldes eingetreten ist. Eine derartige Ausnahme ist im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.

Allerdings hat die Klägerin geltend gemacht, dass L unter Berücksichtigung seiner Blindheit die Pflegestufe II zugestanden hätte, so dass die tatsächlich gewährte Pflegestufe I nur den Pflegebedarf berücksichtige, der auch ohne die Blindheit angefallen wäre, mit der Folge, dass es sich nicht um eine gleichartige Leistung handele.

Dem kann aber nicht gefolgt werden. Insoweit brauchte der Senat der Beweisanregung, den Sachverständigen Pfeifer zur Erläuterung seines Gutachtens hinsichtlich des Hilfsbedarfs zu hören, nicht nachzukommen, da er den geringen Umfang des von dem Gutachter aufgeführten Hilfsbedarfs seiner Entscheidung nicht zugrunde legt. Vielmehr hat der Senat unter Berücksichtigung des Gutachtens der Pflegewirtin nicht die Überzeugung gewinnen können, dass L unabhängig von der Blindheit Hilfe im Umfang von 1,5 Stunden benötigte.

Zwar hat die Pflegewirtin H in ihrem Gutachten dargelegt, dass unter Berücksichtigung der Blindheit des L ein Pflegebedarf von mehr als 134 Minuten bestanden hätte, so dass er zuzüglich des täglichen hauswirtschaftlichen Hilfebedarfs von mehr als 60 Minuten mit insgesamt 194 Minuten die Grenze zur Pflegestufe II überschritten habe. Hieraus könnte jedoch nur dann der Rückschluss gezogen werden, dass der von der Blindheit unabhängige Bedarf den An-spruch auf Leistungen nach dem SGB XI begründete, wenn allein durch die Blindheitsbedingten Pflegeaufwendungen die sonst geltende Grenze von damals 1,5 Stunden pro Tag überschritten wurde.

Dem sind jedoch dem Gutachten der Pflegewirtin H keine hinreichenden Anhaltspunkte zu entnehmen. Vielmehr kann ihrer Argumentation, es habe eigentlich ein Pflegebedarf nach Pflegestufe II bestanden, schon deswegen nicht gefolgt werden, weil sie für die einzelnen Pflegebereiche Zeitkorridore zugrunde gelegt hat, die sogar die 1999 –nach unstreitiger Zunahme der Pflegebedürftigkeit- vom MDK ermittelten Einzelwerte übersteigen, ohne dass diese Dis-krepanz erläutert wird. So werden z.B. für die Teilwäsche Unterkörper 15 Minuten pro Tag veranschlagt, während der MDK noch 1999 nur 10 Minuten unter der Prämisse einer vollständigen Übernahme der Tätigkeit angegeben hat. Aktenkundig bestand jedoch 1996 noch ein besserer Gesundheitszustand, weil Dr. K für den hier zu prüfenden Zeitpunkt 1996 in ihrer Stellungnahme vom 27. Februar 1996 nur von einer teilweisen Unselbständigkeit ausgegangen ist.

Ergänzend waren die Ausführungen des Gutachters Pfeifer zu berücksichtigen, der dargelegt hat, dass die Erblindung keine Auswirkungen auf die Fähigkeit hatte, vitale Funktionen aufrecht zu erhalten, sondern gerade die Hilfe bei der Körperpflege, Nahrungsaufnahme und Or-ganisation der Ausscheidung hervorgerufen hat. Dem konnte der Senat unter Auswertung der zeitnah vom MDK erstellten Gutachten folgen, ohne dass die Frage, welche Zeitkorridore im Einzelnen bei einer fiktiven Begutachtung 1996 zugrunde zu legen gewesen wären, weiterer Aufklärung bedurft hätte. Auch ändert die Einwendung der Pflegewirtin H gegen die Formulie-rung des Gerichtsgutachters, dass die Aussage von Dr. K nachvollziehbar und zutreffend sei, nichts an der Verwertbarkeit seiner einzelnen Kritik-Punkte zur Feststellung des Pflegebedarfs als solchem, unabhängig davon, dass der Senat der zeitlichen Bewertung des Sachverständigen im Einzelnen nicht folgt.

Nach alledem lässt sich gerade nicht feststellen, dass L auch ohne die Blindheit Leistungen nach Pflegestufe I hätten gewährt werden müssen, so dass eine Abweichung vom Regelfall, in dem diese Leistungen zur Hälfte auf das Blindengeld anzurechnen sind, nicht vorliegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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