Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Würzburg (FSB)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 EG 17/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des an die Klägerin zu zahlenden Elterngeldes streitig.
Die 1980 geborene Klägerin ist die Mutter des 2007 geborenen Kindes S. Sie hat am 15.05.2007 beim Zentrum Bayern Familie und Soziales, Region U., einen Antrag auf Elterngeld gestellt und hierbei angegeben, dass sie den 1. bis 9. Lebensmonat und den 12. bis 14. Lebensmonat als Bezugszeitraum festlege. Für die Zeit vom 10. bis 11. Lebensmonat würde der Anspruch vorerst nur angemeldet und vom anderen Elternteil später ein eigener Antrag gestellt. Im Antragsformular wurde von der Klägerin jeweils angekreuzt, dass sie den Mindestbetrag beantrage und dass sie die Auszahlungsvariante mit einem halben Monatsbetrag bei doppelter Laufzeit wähle. Ferner wurde angegeben, dass Mutterschaftsgeld als laufende Zahlung bezogen worden sei und im Haushalt als Geschwisterkind die 2004 geborene Tochter A. lebe.
Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 16.05.2007 antragsgemäß Elterngeld und stellte hierbei fest, dass für die Zeit bis zum 22.04.2007 grundsätzlich ein Anspruch auf Geschwisterbonus bestanden hätte, jedoch wegen der bis zum 18.05.2007 zustehenden Mutterschaftsgeldzahlung eine Anrechnung erfolge, die dazu führe, dass bis zu diesem Zeitpunkt kein Elterngeld zu zahlen sei. Der Beklagte legte folgende Zahlbeträge fest: Im Zeitraum des 2. Lebensmonats des Kindes 40 Euro, im 3., 4., 5., 6., 7., 8. und 9. Lebensmonat jeweils 300 Euro sowie im 12., 13. und 14. Lebensmonat ebenfalls 300 Euro, wobei die Auszahlung über einen doppelten Zeitraum bei jeweils hälftigem Zahlbetrag gestreckt werde. Das monatliche Elterngeld sei auf den Mindestbetrag festzusetzen gewesen, da die Klägerin im maßgeblichen Bemessungszeitraum im Jahr vor der Geburt des Kindes Silas kein Nettoerwerbseinkommen gehabt habe.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 25.05.2007 am 01.06.2007 Widerspruch ein und führte aus, dass sie vor der Geburt ihres ersten Kindes A. im Jahre 2004 eine Vollzeitbeschäftigung ausgeübt habe und danach für drei Jahre in Elternzeit gegangen sei. Sie werde somit finanziell bestraft, dass sie während der Elternzeit des ersten Kindes ihr zweites Kind bekommen habe. Normalerweise müsste in einem derartigen Fall der Verdienst vor der Geburt des ersten Kindes zur Berechnung des Elterngeldes herangezogen werden.
Der Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2007 den Widerspruch zurück, da die Berechnung entsprechend den gesetzlichen Vorschriften erfolgt sei.
Daraufhin erhob die Klägerin am 20.07.2007 Klage zum Sozialgericht Würzburg. Während der Laufzeit des Klageverfahrens wurde dem Partner der Klägerin Elterngeld bewilligt, ohne dass dies Gegenstand des laufenden Rechtsstreites geworden wäre.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 16.05.2007 und des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2007 dazu zu verurteilen, der Klägerin für ihr Kind S., geboren 2007, Elterngeld unter Zugrundelegung des vor der vorherigen Elternzeit erzielten Einkommens zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Leistungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht erhoben (§§ 51, 54, 57, 87, 90 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Klage ist zur Überzeugung des Gerichts jedoch nicht begründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf höhere Elterngeldzahlung hat.
Der Klage steht nicht entgegen, dass die Klägerin ursprünglich den Mindestbetrag beantragt hatte und somit vom Beklagten eine Bewilligung entsprechend ihres Antrages erhalten hatte. Innerhalb der noch offenen Rechtsmittelfrist war die Klägerin nicht daran gehindert, einen weitergehenden Leistungsantrag nachzuschieben und dies mit einem Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid zu verbinden.
Der Beklagte hat unstrittig und zutreffend festgestellt, dass die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen für Elterngeld im Sinne des § 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in den geltend gemachten Monaten erfüllt. Allerdings erfolgt für die Zeit bis zum 18.05.2007 eine Anrechnung von Mutterschaftsgeld entsprechend § 3 Abs. 1 BEEG. Für Zeiträume nach dem 18.05.2007 kommt auch keine Berücksichtigung eines Geschwisterbonus nach § 2 Abs. 4 BEEG mehr in Betracht.
Für die Höhe des Elterngeldes ist das in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit Berechnungsgrundlage. Die Berücksichtigung erfolgt nach Maßgabe des § 2 Abs. 7 bis 9 BEEG. In den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes Silas hat die Klägerin kein Einkommen im Sinne dieser Vorschrift erzielt. In derartigen Fällen wird Elterngeld in Höhe des Mindestbetrages von 300 Euro monatlich gewährt (§ 2 Abs. 5 BEEG).
Im Fall der Klägerin kam auch durch Verschiebung des Bemessungszeitraumes kein anderes Ergebnis zu Stande. Der Beklagte hat zutreffend berücksichtigt, dass die Klägerin in der Zeit ab dem 06.02.2007 Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) bezogen hat und somit der maßgebliche Zwölfmonatszeitraum nach § 2 Abs. 7 Satz 6 BEEG auf die Kalendermonate Februar 2006 bis Januar 2007 gefallen ist. Eine weitere Verlagerung dieses Zeitraumes hat der Beklagte zu Recht verneint, da weder ein Einkommenswegfall wegen Schwangerschaftserkrankung, noch ein Bezug von Elterngeld für ein älteres Kind vorgelegen hat (§ 2 Abs. 7 S. 5 und 6 BEEG).
Im Gesetz nicht vorgesehen ist eine Verschiebung des Berechnungszeitraumes aufgrund einer Inanspruchnahme von Elternzeit für ein älteres Kind. Bei der Nichtberücksichtigung dieses längeren Zeitraumes handelt es sich auch nicht um ein Versehen des Gesetzgebers, so dass keine ausfüllungsbedürftige Gesetzeslücke vorliegt. Dadurch, dass ausdrücklich geregelt wurde, dass eine Verlängerung des Auszahlungszeitraumes nach § 6 Satz 2 BEEG bei der Berücksichtigung von Verschiebetatbeständen keine Rolle spielen soll, ergibt sich um so deutlicher, dass die noch darüber hinausgehende Elternzeit ohne jegliche Zahlung erst recht keine Berücksichtigung finden sollte.
Das Gericht sah sich auch nicht gehalten, den vorliegenden Rechtsstreit auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen, da aus Sicht des Gerichtes diese bewusste Entscheidung des Gesetzgebers keinen Verfassungsverstoß darstellt. Der Gesetzgeber hat für die Frage der Vereinbarkeit von Kindererziehung und Teilhabe am Erwerbsleben neue Abwägungen getroffen und hierbei den frühen Wiedereintritt von Erziehungspersonen - insbesondere von Müttern - in das Erwerbsleben bei gleichzeitiger Sicherstellung von Kinderbetreuung als entsprechendes Ziel der Familienpolitik angesehen. Die in Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) enthaltene Verpflichtung, wonach Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen, sowie die in Art. 6 Abs. 4 GG enthaltene Forderung, dass jede Mutter Anspruch auf den Schutz der Fürsorge der Gemeinschaft hat, führen nicht dazu, dass eine Regelung des Gesetzgebers über die Begrenzung von Erziehungszeiten auf das 1. Lebensjahr des Kindes ausgeschlossen wäre. Unterstützt durch die in den Massenmedien aktuell vorgetragenen Erkenntnisse zur Bedeutung von Fremdbetreuung lässt sich eine alleinige Fixierung auf eine längere Erziehungszeit im familiären Raum unter Hintanstellung der Erwerbsarbeit nicht als zwingend gebotene Regelungsmaxime ansehen. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG liegt aus Sicht des Gerichtes mit Sicherheit nicht vor, da hier unterschiedliche Lebenssachverhalte zur Anknüpfung herangezogen werden und es nicht zu beanstanden ist, dass Personen, die sich für eine frühzeitige Rückkehr ins Erwerbleben entscheiden, anders behandelt werden als Personen, die sich für eine Ausnutzung der gesetzlich geschaffenen Möglichkeit der Elternzeit entscheiden.
So wie es in der Vergangenheit möglich war, dass der Gesetzgeber keinerlei Erziehungsgeld- oder Elterngeldzahlungen geleistet hatte, so wäre es ihm auch heute - ohne dass er durch die Verfassung gehindert wäre - möglich, derartige Leistungen wieder einzustellen.
Abgesehen davon, dass auch aus Sicht des Gerichtes eine verlängerte Berücksichtigung von Elternzeit durchaus begrüßenswert wäre, ließe sich eine entsprechende Verpflichtung des Gesetzgebers noch am ehesten auf eine Kombination von Art. 20 GG und Art. 2 GG stützen: Wenn durch gesetzliche Regelungen ein Elternzeitzeitraum (§ 15 BEEG) geschaffen wird, so könnte man im Rahmen des Sozialstaatsprinzips daran denken, dass eine Nutzung dieser Möglichkeit und damit der Verzicht auf staatliche geförderte Fremdbetreuung eines Ausgleiches bedürfen könnte. Es ist jedoch aus Sicht des Gerichtes nicht zwingend ableitbar, dass die Elternzeit als Verlängerungstatbestand für den maßgeblichen Bemessungszeitraum herangezogen werden muss. Gerade durch größeren zeitlichen Abstand gegenüber einer früheren Erwerbstätigkeit könnten sich entsprechende Rahmenbedingungen stärker verändert haben, sodass eine Anknüpfung an das seinerzeit erzielte Entgelt nicht mehr hinreichend zu begründen wäre. Dies betrifft sowohl Entgelthöhe als auch Marktchancen.
Das Gericht hatte in einem weiteren Schritt auch noch zu prüfen, ob der Gesetzgeber möglicherweise durch das Fehlen einer Übergangsvorschrift eine gesetzliche Bestimmung geschaffen hat, die einer ergänzenden verfassungskonformen Auslegung bedarf. Aus Sicht des Gerichtes scheint der Gesetzgeber hier in der Tat angenommen zu haben, dass er durch das Schaffen einer Stichtagsregelung keine Übergangsvorschrift benötigen würde. Es könnte jedoch sein, dass die Zeit des ersten Lebensjahres des Kindes - zumindest solange eine gesetzliche Sozialleistungen für die Erziehung bezogen wurde - als Verlängerungstatbestand heranzuziehen wäre, unabhängig davon, dass vor dem 01.01.2007 die Sozialleistung des Elterngeldes, auf die § 2 Abs. 7 BEEG Bezug nimmt, seinerzeit noch gar nicht existiert hatte. Im Fall der Klägerin kam es aus Sicht des Gerichtes auf die Frage einer derartigen verfassungskonformen Auslegung jedoch nicht an, da das ältere Kind der Klägerin zum Zeitpunkt der Geburt des weiteren Kindes bereits zwei Jahre und elf Monate alt war. Leistungen nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz konnten zu diesem Zeitpunkt keine mehr bezogen werden. Auch in dem maßgeblichen Berücksichtigungszeitraum von Februar 2006 bis Januar 2007 wurden maximal für drei Kalendermonate noch Leistungen nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz bezogen. Nähere Ermittlungen zum Einkommen der Klägerin vor der Geburt des ersten Kindes waren somit jedenfalls entbehrlich, da im Rahmen der Übergangsvorschrift entsprechend dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers aus § 2 Abs. 7 Satz 5 - Einschränkung im Relativsatz - BEEG maximal auf Leistungen für zwölf Kalendermonate im Zeitraum nach der Geburt des ersten Kindes abzustellen gewesen wäre.
Aus den dargestellten Überlegungen kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die angefochtenen Bescheide des Beklagten nicht zu beanstanden waren und die Klage abzuweisen war.
Aus der Klageabweisung ergibt sich, dass der Klägerin außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind (§ 193 SGG).
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des an die Klägerin zu zahlenden Elterngeldes streitig.
Die 1980 geborene Klägerin ist die Mutter des 2007 geborenen Kindes S. Sie hat am 15.05.2007 beim Zentrum Bayern Familie und Soziales, Region U., einen Antrag auf Elterngeld gestellt und hierbei angegeben, dass sie den 1. bis 9. Lebensmonat und den 12. bis 14. Lebensmonat als Bezugszeitraum festlege. Für die Zeit vom 10. bis 11. Lebensmonat würde der Anspruch vorerst nur angemeldet und vom anderen Elternteil später ein eigener Antrag gestellt. Im Antragsformular wurde von der Klägerin jeweils angekreuzt, dass sie den Mindestbetrag beantrage und dass sie die Auszahlungsvariante mit einem halben Monatsbetrag bei doppelter Laufzeit wähle. Ferner wurde angegeben, dass Mutterschaftsgeld als laufende Zahlung bezogen worden sei und im Haushalt als Geschwisterkind die 2004 geborene Tochter A. lebe.
Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 16.05.2007 antragsgemäß Elterngeld und stellte hierbei fest, dass für die Zeit bis zum 22.04.2007 grundsätzlich ein Anspruch auf Geschwisterbonus bestanden hätte, jedoch wegen der bis zum 18.05.2007 zustehenden Mutterschaftsgeldzahlung eine Anrechnung erfolge, die dazu führe, dass bis zu diesem Zeitpunkt kein Elterngeld zu zahlen sei. Der Beklagte legte folgende Zahlbeträge fest: Im Zeitraum des 2. Lebensmonats des Kindes 40 Euro, im 3., 4., 5., 6., 7., 8. und 9. Lebensmonat jeweils 300 Euro sowie im 12., 13. und 14. Lebensmonat ebenfalls 300 Euro, wobei die Auszahlung über einen doppelten Zeitraum bei jeweils hälftigem Zahlbetrag gestreckt werde. Das monatliche Elterngeld sei auf den Mindestbetrag festzusetzen gewesen, da die Klägerin im maßgeblichen Bemessungszeitraum im Jahr vor der Geburt des Kindes Silas kein Nettoerwerbseinkommen gehabt habe.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 25.05.2007 am 01.06.2007 Widerspruch ein und führte aus, dass sie vor der Geburt ihres ersten Kindes A. im Jahre 2004 eine Vollzeitbeschäftigung ausgeübt habe und danach für drei Jahre in Elternzeit gegangen sei. Sie werde somit finanziell bestraft, dass sie während der Elternzeit des ersten Kindes ihr zweites Kind bekommen habe. Normalerweise müsste in einem derartigen Fall der Verdienst vor der Geburt des ersten Kindes zur Berechnung des Elterngeldes herangezogen werden.
Der Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2007 den Widerspruch zurück, da die Berechnung entsprechend den gesetzlichen Vorschriften erfolgt sei.
Daraufhin erhob die Klägerin am 20.07.2007 Klage zum Sozialgericht Würzburg. Während der Laufzeit des Klageverfahrens wurde dem Partner der Klägerin Elterngeld bewilligt, ohne dass dies Gegenstand des laufenden Rechtsstreites geworden wäre.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 16.05.2007 und des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2007 dazu zu verurteilen, der Klägerin für ihr Kind S., geboren 2007, Elterngeld unter Zugrundelegung des vor der vorherigen Elternzeit erzielten Einkommens zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Leistungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht erhoben (§§ 51, 54, 57, 87, 90 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Klage ist zur Überzeugung des Gerichts jedoch nicht begründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf höhere Elterngeldzahlung hat.
Der Klage steht nicht entgegen, dass die Klägerin ursprünglich den Mindestbetrag beantragt hatte und somit vom Beklagten eine Bewilligung entsprechend ihres Antrages erhalten hatte. Innerhalb der noch offenen Rechtsmittelfrist war die Klägerin nicht daran gehindert, einen weitergehenden Leistungsantrag nachzuschieben und dies mit einem Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid zu verbinden.
Der Beklagte hat unstrittig und zutreffend festgestellt, dass die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen für Elterngeld im Sinne des § 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in den geltend gemachten Monaten erfüllt. Allerdings erfolgt für die Zeit bis zum 18.05.2007 eine Anrechnung von Mutterschaftsgeld entsprechend § 3 Abs. 1 BEEG. Für Zeiträume nach dem 18.05.2007 kommt auch keine Berücksichtigung eines Geschwisterbonus nach § 2 Abs. 4 BEEG mehr in Betracht.
Für die Höhe des Elterngeldes ist das in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit Berechnungsgrundlage. Die Berücksichtigung erfolgt nach Maßgabe des § 2 Abs. 7 bis 9 BEEG. In den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes Silas hat die Klägerin kein Einkommen im Sinne dieser Vorschrift erzielt. In derartigen Fällen wird Elterngeld in Höhe des Mindestbetrages von 300 Euro monatlich gewährt (§ 2 Abs. 5 BEEG).
Im Fall der Klägerin kam auch durch Verschiebung des Bemessungszeitraumes kein anderes Ergebnis zu Stande. Der Beklagte hat zutreffend berücksichtigt, dass die Klägerin in der Zeit ab dem 06.02.2007 Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) bezogen hat und somit der maßgebliche Zwölfmonatszeitraum nach § 2 Abs. 7 Satz 6 BEEG auf die Kalendermonate Februar 2006 bis Januar 2007 gefallen ist. Eine weitere Verlagerung dieses Zeitraumes hat der Beklagte zu Recht verneint, da weder ein Einkommenswegfall wegen Schwangerschaftserkrankung, noch ein Bezug von Elterngeld für ein älteres Kind vorgelegen hat (§ 2 Abs. 7 S. 5 und 6 BEEG).
Im Gesetz nicht vorgesehen ist eine Verschiebung des Berechnungszeitraumes aufgrund einer Inanspruchnahme von Elternzeit für ein älteres Kind. Bei der Nichtberücksichtigung dieses längeren Zeitraumes handelt es sich auch nicht um ein Versehen des Gesetzgebers, so dass keine ausfüllungsbedürftige Gesetzeslücke vorliegt. Dadurch, dass ausdrücklich geregelt wurde, dass eine Verlängerung des Auszahlungszeitraumes nach § 6 Satz 2 BEEG bei der Berücksichtigung von Verschiebetatbeständen keine Rolle spielen soll, ergibt sich um so deutlicher, dass die noch darüber hinausgehende Elternzeit ohne jegliche Zahlung erst recht keine Berücksichtigung finden sollte.
Das Gericht sah sich auch nicht gehalten, den vorliegenden Rechtsstreit auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen, da aus Sicht des Gerichtes diese bewusste Entscheidung des Gesetzgebers keinen Verfassungsverstoß darstellt. Der Gesetzgeber hat für die Frage der Vereinbarkeit von Kindererziehung und Teilhabe am Erwerbsleben neue Abwägungen getroffen und hierbei den frühen Wiedereintritt von Erziehungspersonen - insbesondere von Müttern - in das Erwerbsleben bei gleichzeitiger Sicherstellung von Kinderbetreuung als entsprechendes Ziel der Familienpolitik angesehen. Die in Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) enthaltene Verpflichtung, wonach Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen, sowie die in Art. 6 Abs. 4 GG enthaltene Forderung, dass jede Mutter Anspruch auf den Schutz der Fürsorge der Gemeinschaft hat, führen nicht dazu, dass eine Regelung des Gesetzgebers über die Begrenzung von Erziehungszeiten auf das 1. Lebensjahr des Kindes ausgeschlossen wäre. Unterstützt durch die in den Massenmedien aktuell vorgetragenen Erkenntnisse zur Bedeutung von Fremdbetreuung lässt sich eine alleinige Fixierung auf eine längere Erziehungszeit im familiären Raum unter Hintanstellung der Erwerbsarbeit nicht als zwingend gebotene Regelungsmaxime ansehen. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG liegt aus Sicht des Gerichtes mit Sicherheit nicht vor, da hier unterschiedliche Lebenssachverhalte zur Anknüpfung herangezogen werden und es nicht zu beanstanden ist, dass Personen, die sich für eine frühzeitige Rückkehr ins Erwerbleben entscheiden, anders behandelt werden als Personen, die sich für eine Ausnutzung der gesetzlich geschaffenen Möglichkeit der Elternzeit entscheiden.
So wie es in der Vergangenheit möglich war, dass der Gesetzgeber keinerlei Erziehungsgeld- oder Elterngeldzahlungen geleistet hatte, so wäre es ihm auch heute - ohne dass er durch die Verfassung gehindert wäre - möglich, derartige Leistungen wieder einzustellen.
Abgesehen davon, dass auch aus Sicht des Gerichtes eine verlängerte Berücksichtigung von Elternzeit durchaus begrüßenswert wäre, ließe sich eine entsprechende Verpflichtung des Gesetzgebers noch am ehesten auf eine Kombination von Art. 20 GG und Art. 2 GG stützen: Wenn durch gesetzliche Regelungen ein Elternzeitzeitraum (§ 15 BEEG) geschaffen wird, so könnte man im Rahmen des Sozialstaatsprinzips daran denken, dass eine Nutzung dieser Möglichkeit und damit der Verzicht auf staatliche geförderte Fremdbetreuung eines Ausgleiches bedürfen könnte. Es ist jedoch aus Sicht des Gerichtes nicht zwingend ableitbar, dass die Elternzeit als Verlängerungstatbestand für den maßgeblichen Bemessungszeitraum herangezogen werden muss. Gerade durch größeren zeitlichen Abstand gegenüber einer früheren Erwerbstätigkeit könnten sich entsprechende Rahmenbedingungen stärker verändert haben, sodass eine Anknüpfung an das seinerzeit erzielte Entgelt nicht mehr hinreichend zu begründen wäre. Dies betrifft sowohl Entgelthöhe als auch Marktchancen.
Das Gericht hatte in einem weiteren Schritt auch noch zu prüfen, ob der Gesetzgeber möglicherweise durch das Fehlen einer Übergangsvorschrift eine gesetzliche Bestimmung geschaffen hat, die einer ergänzenden verfassungskonformen Auslegung bedarf. Aus Sicht des Gerichtes scheint der Gesetzgeber hier in der Tat angenommen zu haben, dass er durch das Schaffen einer Stichtagsregelung keine Übergangsvorschrift benötigen würde. Es könnte jedoch sein, dass die Zeit des ersten Lebensjahres des Kindes - zumindest solange eine gesetzliche Sozialleistungen für die Erziehung bezogen wurde - als Verlängerungstatbestand heranzuziehen wäre, unabhängig davon, dass vor dem 01.01.2007 die Sozialleistung des Elterngeldes, auf die § 2 Abs. 7 BEEG Bezug nimmt, seinerzeit noch gar nicht existiert hatte. Im Fall der Klägerin kam es aus Sicht des Gerichtes auf die Frage einer derartigen verfassungskonformen Auslegung jedoch nicht an, da das ältere Kind der Klägerin zum Zeitpunkt der Geburt des weiteren Kindes bereits zwei Jahre und elf Monate alt war. Leistungen nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz konnten zu diesem Zeitpunkt keine mehr bezogen werden. Auch in dem maßgeblichen Berücksichtigungszeitraum von Februar 2006 bis Januar 2007 wurden maximal für drei Kalendermonate noch Leistungen nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz bezogen. Nähere Ermittlungen zum Einkommen der Klägerin vor der Geburt des ersten Kindes waren somit jedenfalls entbehrlich, da im Rahmen der Übergangsvorschrift entsprechend dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers aus § 2 Abs. 7 Satz 5 - Einschränkung im Relativsatz - BEEG maximal auf Leistungen für zwölf Kalendermonate im Zeitraum nach der Geburt des ersten Kindes abzustellen gewesen wäre.
Aus den dargestellten Überlegungen kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass die angefochtenen Bescheide des Beklagten nicht zu beanstanden waren und die Klage abzuweisen war.
Aus der Klageabweisung ergibt sich, dass der Klägerin außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind (§ 193 SGG).
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