Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 B 35/86
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 7. März 1986 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die Klägerin beantragte am 23. Mai 1984 bei der Beklagten Versichertenrente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. In der Anlage zum Rentenantrag ist unter lfd. Nr. 6 des. Formulars von Hand als Begründung des Rentenantrages eingetragen: "Bronchialasthma”. In einem von der Beklagten eingeholten freien Fachgutachten vom 5. Juli 1984 kam der Facharzt für innere Krankheiten Dr. G. Sch. zu dem Ergebnis, daß bei der Klägerin zwar leichte Krankheitszustände vorhanden seien, diese jedoch keinerlei Einschränkung der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit zur Folge hätten. Auch unter Berücksichtigung des Alters der Klägerin von 59 Jahren könnten die geklagten Beschwerden bzw. die objektiven Befunde insgesamt nur als leichtgradige Störungen aufgefaßt werden. Die Klägerin sei daher noch vollschichtig erwerbsfähig. In dem Gutachten wird unter der Überschrift "Jetzige Anamnese und Beschwerden” ausgeführt:
"Zur Zeit und in den letzten Jahren keine wesentlichen asthmatischen Beschwerden gehabt. Schmerzen im Bereich des rechten Beines, ischiasartig, diese wurden allerdings bis jetzt weder hausärztlich behandelt noch orthopädisch untersucht. Krämpfe in den Beinen, Schlaf schlecht. Sonstige Beschwerden bestehen nicht.”
Unter der Überschrift "Beckenübersichtsaufnahme sowie beide Hüftgelenke” wird angegeben:
"Verkalkungsfiguren im Bereich der Glutealmuskulatur beiderseits im Sinne von Injektionsfolgen. Die Veränderungen an den Hüftgelenken überschreitet jedoch nur geringfügig das alterstypische Ausmaß. Hüftköpfe bds. regelrecht gerundet und normal konfiguriert. Beckenskelett einschließlich der IS/Fugen unauffällig.”
Ein Befund über die Wirbelsäule wird nicht mitgeteilt. Eine Röntgenuntersuchung erfolgte nur hinsichtlich beider Kniegelenke.
Mit Bescheid vom 31. Juli 1984 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin ab. Zur Begründung ist angeführt, daß bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit ärztlicherseits folgendes festgestellt worden sei: "Obstruktive chronische Bronchitis, Nikotinabusus, labile Hypertonie”. Die Klägerin sei noch in der Lage, in ihrem bisherigen Beruf und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 13. August 1984 Klage zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main (Az.: S-6-An-360/84). Zur Begründung führte sie u.a. an, daß schon bei der vertrauensärztlichen Untersuchung ihre hauptsächlichen Leiden nicht berücksichtigt worden seien. In der Klageerwiderung vom 13. September 1984 hielt die Beklagte ihre im Rentenbescheid vertretene Auffassung über den Gesundheitszustand der Klägerin aufrecht.
In seinem Befundbericht vom 9. Oktober 1984 kam der Hausarzt der Klägerin, Dr. O. zu der Beurteilung, daß der Klägerin wegen der degenerativen Veränderung der Wirbelsäule, der Herzschwäche und der verminderten Lungenfunktion eine körperliche Tätigkeit nicht mehr zumutbar sei. In einem vom Sozialgericht eingeholten Gutachten vom 11. März 1985 kam der Facharzt für Orthopädie Dr. A. zu dem Ergebnis, daß die Klägerin nur noch in der Lage sei, regelmäßig weniger als zwei Stunden täglich leichte Arbeiten zu verrichten. Dieses festgestellte Leistungsvermögen der Klägerin bestehe seit dem 7. März 1985, dem Tag der Untersuchung. Die Fortführung der hausärztlichen Betreuung mit Massagen, Injektionen und Gaben von Medikamenten sei weiterhin erforderlich. Wesentliche Auswirkungen auf das Leistungsvermögen der Klägerin seien jedoch durch diese Maßnahme nicht zu erwarten. Gegründet wurde dieses Ergebnis in der Hauptsache auf einen Befund der Wirbelsäule, zu dessen Klarstellung Röntgenuntersuchungen durchgeführt wurden.
Mit Schriftsatz vom 1. April 1985 erkannte die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf unbestimmte Zeit auf der Grundlage eines Versicherungsfalles vom 7. März 1985 ab 1. April 1985 an. Für den Fall der Annahme des Anerkenntnisses erklärte die Beklagte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Mit Schriftsatz vom 12. April 1985 nahm die Klägerin das Anerkenntnis der Beklagte an und beantragte, der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Beklagte trat dem Kostenantrag der Klägerin entgegen.
Mit Beschluss vom 7. März 1986 entschied das Sozialgericht, daß die Beklagte der Klägerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten habe. Die Kostentragungspflicht der Beklagten entspräche unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem Ermessen. Ohne Erledigung des Rechtsstreites durch Annahme des Anerkenntnisses wäre es zu einer Verurteilung der Beklagten gekommen.
Gegen diesen ihr am 18. März 1986 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 25. März 1986, eingegangen bei Gericht am 1. April 1986, Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.
Zur Begründung trägt die Beklagte vor, sie habe ein Anerkenntnis abgegeben aufgrund von Umständen, die – ohne ihr Verschulden – erst nach Bescheiderteilung bekannt geworden seien. Bei Erteilung des angefochtenen Bescheides sei die Klägerin noch vollschichtig einsetzbar gewesen, obwohl sie sich wegen ihres Bronchialasthmas damals schon für berufs- oder erwerbsunfähig gehalten habe. Das daraufhin eingeholte Gutachten des Internisten Dr. Sch. habe ein vollschichtiges Leistungsvermögen bescheinigt; die orthopädischen Befunde seien als altersgemäße Abnutzungserscheinungen beschrieben worden. Eine Änderung in dieser Beurteilung habe sich erst durch das von dem Orthopäden Dr. A. erstattete Gutachten vom 11. März 1985 ergeben. Danach habe bei der Klägerin bei der Untersuchung am 7. März 1985 Erwerbsunfähigkeit vorgelegen. Dieser Entwicklung habe die Beklagte unverzüglich Rechnung getragen und den Klageanspruch für die Zeit ab April 1985 anerkannt und der Klägerin bereits am 25. April 1985 einen dementsprechenden Bescheid erteilt. Die Tatsache, daß bei der Klägerin rund ein halbes Jahr nach Klageerhebung eine die Rentengewährung rechtfertigende Zustandsverschlechterung eintreten werde, sei nicht voraussehbar gewesen; dies um so weniger, als die für die Rentengewährung ausschlaggebenden Befunde auch in der Klageniederschrift vom 13. August 1984 noch nicht genannt worden seien. Durch die Annahme des Anerkenntnisses habe die Klägerin zugestanden, daß der Versicherungsfall – entgegen ihrem Klagebegehren – nicht früher eingetreten sei oder sich dies zumindest nicht beweisen lasse.
Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 7. März 1986 aufzuheben und den Antrag der Klägerin vom 19.4.1985 abzulehnen.
Die Klägerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt vor, daß die Rente nicht wegen einer Änderung der wesentlichen Verhältnisse gewährt worden sei, sondern deshalb, weil es erst während des Klageverfahrens zu der erforderlichen Begutachtung mit der sachgerechten Einschätzung des Leistungsvermögens gekommen sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen, insbesondere die Verwaltungsakten, die beigezogen wurden.
Die Beschwerde der Beklagten ist statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz –SGG–). Sie ist jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, daß die Beklagte der Klägerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten hat.
Bei einer Erledigung des Rechtsstreites durch angenommenes Anerkenntnis entscheidet das Gericht gem. § 193 Abs. 1 SGG unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Für die Kostenentscheidung sind insbesondere die Erfolgsaussichten der Klage zu berücksichtigen; weiter sind die Gründe für die Klageerhebung und die Erledigung zu prüfen (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz mit Erläuterungen, 3. Auflage München 1987, Rdnr. 13 zu § 193). Unter beiden Blickwinkeln hält es der Senat für sachangemessen, daß die Beklagte der Klägerin die dieser entstandenen Kosten im Sinne des § 193 Abs. 2 SGG erstattet.
Nach dem Sach- und Streitstand, wie er sich aufgrund des bisherigen Verfahrensablaufes im Zeitpunkt des Anerkenntnisses der Beklagten darstellt, ist die Klage als von vornherein aussichtsreich zu beurteilen. Sie war frist- und formgerecht erhoben und aufgrund des damals vorliegenden Gesundheitszustandes der Klägerin auch begründet. Der von dem orthopädischen Gutachter festgestellte Zustand der Wirbelsäule der Klägerin war durch Deformierungen der Wirbelsäule gekennzeichnet, die nach dem Gesamtinhalt des Gutachtens auf Verschleißerscheinungen beruhten und, wie der Gutachter ausdrücklich feststellt, sich seit Ende der 70-er Jahre durch Beschwerden in der Wirbelsäule und in beiden Händen bemerkbar machten. Es ist offenkundige Tatsache, daß sich derartige Erscheinungen am Skelett nicht innerhalb kurzer Zeit entwickeln, sondern über eine ganze Reihe von Jahren hin anbahnen. Wenn der Gutachter daher zwar in seinem Gutachten am Schluß vermerkt, daß das festgestellte Leistungsvermögen der Klägerin seit dem 7. März 1985, d.h. dem Tag seiner Untersuchung, besteht, so kann diese Formulierung nicht dahin verstanden werden, daß vor dem genannten Zeitpunkt ein gleichartiger Gesundheitszustand nicht bestanden habe. Bei verständiger Würdigung und Einbeziehung der Bemerkung des Sachverständigen in seinem Gutachten nach der Zusammenfassung seines eigenen Befundes, in dem maßgeblichen Vorgutachten des Internisten Dr. Sch. finde sich leider kein vergleichbarer Befund, kann vielmehr nur angenommen werden, daß Dr. A. auch für die Zeit der Begutachtung der Klägerin durch Dr. Sch. von einem möglichen Gesundheitsbild der Wirbelsäule der Klägerin ausging, wie er selbst festgestellt hatte. Die Tatsache, daß in der Anlage zum Rentenantrag der Klägerin unter Nr. 6 als Begründung des Rentenantrages lediglich "Bronchialasthma” vermerkt ist, steht nicht entgegen. Zu berücksichtigen ist zum einen, daß die Klägerin in der Begründung ihrer Klage sogleich darauf hinwies, daß ihre hauptsächlichen Leiden bei der Vertrauensärztlichen Untersuchung nicht berücksichtigt worden seien. Zum anderen handelt es sich hierbei offensichtlich um eine Formulierung, die der Sachbearbeiter der Beklagten bei der Unterstützung der Klägerin in der Ausfüllung des Formulars ausgewählt hat. Wenn sie auch vermutlich auf ein Gespräch mit der Klägerin über ihren Gesundheitszustand zurückzuführen ist, so kann daraus doch nicht zu Lasten der Klägerin eine Beschränkung der Beschreibung ihres Gesundheitszustandes auf diesen Befund abgeleitet werden. Insbesondere konnte sich daraus keine verbindliche Richtlinie für den zu einem freien Gutachten aufgeforderten internistischen Sachverständigen in der Begutachtung der Klägerin ergeben. Dr. Sch. hätte vielmehr eine ganzheitliche Begutachtung der Klägerin vornehmen und sie auch im Bereich der Wirbelsäule genauer und vor allem röntgenologisch untersuchen müssen, zumal dies schon nach seinem eigenen Vorgehen, die Klägerin hinsichtlich Thorax, Becken und Kniegelenken in derartiger Weise zu begutachten, nahelag.
Bei einer derartigen Ausgangslage blieb der Klägerin, um die zutreffende Anerkennung ihrer Erwerbsunfähigkeit zu finden, gar keine andere Wahl, als gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 1984 mit den im Gesetz vorgesehenen Rechtsbehelfen vorzugehen. Der Anlaß zur Verfahrenseinleitung lag damit nicht in ihrem Verantwortungsbereich. Daß sie sich hierbei sogleich für die sozialgerichtliche Klage entschied und nicht zunächst den ebenfalls möglichen Widerspruch einlegte, kann ihr nicht zum Nachteil gereichen. Wenn das Gesetz einem Antragsteller beide Wege für den Rechtsschutz gleichrangig. d.h. ohne erkennbare Bevorzugung des einen vor dem anderen, nebeneinander eröffnet, so sind beide Alternativen bei einer zu treffenden Kostenentscheidung nach Verfahrensabschluß in folgerichtiger Weiterführung dieser gesetzlichen Grundintention auch als solche wertneutral.
Schließlich ist die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache auch nicht in einem Umstand begründet, der zu Lasten der Klägerin geht. Zwar stellte sich erst durch das im gerichtlichen Verfahren eingeholte orthopädische Fachgutachten der richtige Befund über den Gesundheitszustand der Klägerin heraus. Die bis dahin lückenhafte medizinische Diagnose und sich anschließende unrichtige Beurteilung der Erwerbsfähigkeit war aber nicht durch ein Verhalten der Klägerin oder Umstände veranlaßt, die in der von ihr beherrschten oder beherrschbaren Tatsachensphäre lagen. Grund dafür war allein die Außerachtlassung des Zustandes der Wirbelsäule der Klägerin durch Dr. S ... Die Begutachtung durch ihn aber hatte die Beklagte in Auftrag gegeben. Die Klägerin hatte weder auf die Auswahl des Sachverständigen noch die Durchführung der Begutachtung richtunggebenden Einfluß. Selbst wenn sie bei der Untersuchung durch den Sachverständigen und seine Hilfspersonen nicht ausdrücklich um eine Untersuchung auch ihrer Wirbelsäule nachgesucht und die entsprechenden Beschwerden nicht gesondert erklärt haben sollte, wäre es angesichts des Gesamtbildes der Klägerin, wie es sich sowohl Dr. Sch. als auch dem späteren Gutachter Dr. A. (dieser spricht in deinem Gutachten von einer "deutlich s-förmigen Verbiegung” der Wirbelsäule) darbot, Sache des Sachverständigen gewesen, um eine sachgerechte Aufklärung und Befundermittlung bemüht zu sein. Daß er dem nicht gerecht wurde, fällt in den Verantwortungsbereich des Auftraggebers, d.h. der Beklagten. Wenn später die notwendige Vollständigkeit der Begutachtung durch ein zusätzliches Sachverständigengutachten hergestellt wurde, kann dies nicht als nachträgliche Veränderung von streiterheblichen Umständen betrachtet werden, die die Prozeßlage außerhalb der Einflußsphäre der Beklagten neu gestalten und dem Prozeßrisiko zuzuteilen sind, das die Klägerin mit Erhebung ihrer Klage einging.
Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden, § 177 SGG.
Gründe:
Die Klägerin beantragte am 23. Mai 1984 bei der Beklagten Versichertenrente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. In der Anlage zum Rentenantrag ist unter lfd. Nr. 6 des. Formulars von Hand als Begründung des Rentenantrages eingetragen: "Bronchialasthma”. In einem von der Beklagten eingeholten freien Fachgutachten vom 5. Juli 1984 kam der Facharzt für innere Krankheiten Dr. G. Sch. zu dem Ergebnis, daß bei der Klägerin zwar leichte Krankheitszustände vorhanden seien, diese jedoch keinerlei Einschränkung der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit zur Folge hätten. Auch unter Berücksichtigung des Alters der Klägerin von 59 Jahren könnten die geklagten Beschwerden bzw. die objektiven Befunde insgesamt nur als leichtgradige Störungen aufgefaßt werden. Die Klägerin sei daher noch vollschichtig erwerbsfähig. In dem Gutachten wird unter der Überschrift "Jetzige Anamnese und Beschwerden” ausgeführt:
"Zur Zeit und in den letzten Jahren keine wesentlichen asthmatischen Beschwerden gehabt. Schmerzen im Bereich des rechten Beines, ischiasartig, diese wurden allerdings bis jetzt weder hausärztlich behandelt noch orthopädisch untersucht. Krämpfe in den Beinen, Schlaf schlecht. Sonstige Beschwerden bestehen nicht.”
Unter der Überschrift "Beckenübersichtsaufnahme sowie beide Hüftgelenke” wird angegeben:
"Verkalkungsfiguren im Bereich der Glutealmuskulatur beiderseits im Sinne von Injektionsfolgen. Die Veränderungen an den Hüftgelenken überschreitet jedoch nur geringfügig das alterstypische Ausmaß. Hüftköpfe bds. regelrecht gerundet und normal konfiguriert. Beckenskelett einschließlich der IS/Fugen unauffällig.”
Ein Befund über die Wirbelsäule wird nicht mitgeteilt. Eine Röntgenuntersuchung erfolgte nur hinsichtlich beider Kniegelenke.
Mit Bescheid vom 31. Juli 1984 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin ab. Zur Begründung ist angeführt, daß bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit ärztlicherseits folgendes festgestellt worden sei: "Obstruktive chronische Bronchitis, Nikotinabusus, labile Hypertonie”. Die Klägerin sei noch in der Lage, in ihrem bisherigen Beruf und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 13. August 1984 Klage zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main (Az.: S-6-An-360/84). Zur Begründung führte sie u.a. an, daß schon bei der vertrauensärztlichen Untersuchung ihre hauptsächlichen Leiden nicht berücksichtigt worden seien. In der Klageerwiderung vom 13. September 1984 hielt die Beklagte ihre im Rentenbescheid vertretene Auffassung über den Gesundheitszustand der Klägerin aufrecht.
In seinem Befundbericht vom 9. Oktober 1984 kam der Hausarzt der Klägerin, Dr. O. zu der Beurteilung, daß der Klägerin wegen der degenerativen Veränderung der Wirbelsäule, der Herzschwäche und der verminderten Lungenfunktion eine körperliche Tätigkeit nicht mehr zumutbar sei. In einem vom Sozialgericht eingeholten Gutachten vom 11. März 1985 kam der Facharzt für Orthopädie Dr. A. zu dem Ergebnis, daß die Klägerin nur noch in der Lage sei, regelmäßig weniger als zwei Stunden täglich leichte Arbeiten zu verrichten. Dieses festgestellte Leistungsvermögen der Klägerin bestehe seit dem 7. März 1985, dem Tag der Untersuchung. Die Fortführung der hausärztlichen Betreuung mit Massagen, Injektionen und Gaben von Medikamenten sei weiterhin erforderlich. Wesentliche Auswirkungen auf das Leistungsvermögen der Klägerin seien jedoch durch diese Maßnahme nicht zu erwarten. Gegründet wurde dieses Ergebnis in der Hauptsache auf einen Befund der Wirbelsäule, zu dessen Klarstellung Röntgenuntersuchungen durchgeführt wurden.
Mit Schriftsatz vom 1. April 1985 erkannte die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf unbestimmte Zeit auf der Grundlage eines Versicherungsfalles vom 7. März 1985 ab 1. April 1985 an. Für den Fall der Annahme des Anerkenntnisses erklärte die Beklagte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Mit Schriftsatz vom 12. April 1985 nahm die Klägerin das Anerkenntnis der Beklagte an und beantragte, der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Beklagte trat dem Kostenantrag der Klägerin entgegen.
Mit Beschluss vom 7. März 1986 entschied das Sozialgericht, daß die Beklagte der Klägerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten habe. Die Kostentragungspflicht der Beklagten entspräche unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem Ermessen. Ohne Erledigung des Rechtsstreites durch Annahme des Anerkenntnisses wäre es zu einer Verurteilung der Beklagten gekommen.
Gegen diesen ihr am 18. März 1986 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 25. März 1986, eingegangen bei Gericht am 1. April 1986, Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.
Zur Begründung trägt die Beklagte vor, sie habe ein Anerkenntnis abgegeben aufgrund von Umständen, die – ohne ihr Verschulden – erst nach Bescheiderteilung bekannt geworden seien. Bei Erteilung des angefochtenen Bescheides sei die Klägerin noch vollschichtig einsetzbar gewesen, obwohl sie sich wegen ihres Bronchialasthmas damals schon für berufs- oder erwerbsunfähig gehalten habe. Das daraufhin eingeholte Gutachten des Internisten Dr. Sch. habe ein vollschichtiges Leistungsvermögen bescheinigt; die orthopädischen Befunde seien als altersgemäße Abnutzungserscheinungen beschrieben worden. Eine Änderung in dieser Beurteilung habe sich erst durch das von dem Orthopäden Dr. A. erstattete Gutachten vom 11. März 1985 ergeben. Danach habe bei der Klägerin bei der Untersuchung am 7. März 1985 Erwerbsunfähigkeit vorgelegen. Dieser Entwicklung habe die Beklagte unverzüglich Rechnung getragen und den Klageanspruch für die Zeit ab April 1985 anerkannt und der Klägerin bereits am 25. April 1985 einen dementsprechenden Bescheid erteilt. Die Tatsache, daß bei der Klägerin rund ein halbes Jahr nach Klageerhebung eine die Rentengewährung rechtfertigende Zustandsverschlechterung eintreten werde, sei nicht voraussehbar gewesen; dies um so weniger, als die für die Rentengewährung ausschlaggebenden Befunde auch in der Klageniederschrift vom 13. August 1984 noch nicht genannt worden seien. Durch die Annahme des Anerkenntnisses habe die Klägerin zugestanden, daß der Versicherungsfall – entgegen ihrem Klagebegehren – nicht früher eingetreten sei oder sich dies zumindest nicht beweisen lasse.
Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 7. März 1986 aufzuheben und den Antrag der Klägerin vom 19.4.1985 abzulehnen.
Die Klägerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt vor, daß die Rente nicht wegen einer Änderung der wesentlichen Verhältnisse gewährt worden sei, sondern deshalb, weil es erst während des Klageverfahrens zu der erforderlichen Begutachtung mit der sachgerechten Einschätzung des Leistungsvermögens gekommen sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen, insbesondere die Verwaltungsakten, die beigezogen wurden.
Die Beschwerde der Beklagten ist statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz –SGG–). Sie ist jedoch nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, daß die Beklagte der Klägerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten hat.
Bei einer Erledigung des Rechtsstreites durch angenommenes Anerkenntnis entscheidet das Gericht gem. § 193 Abs. 1 SGG unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Für die Kostenentscheidung sind insbesondere die Erfolgsaussichten der Klage zu berücksichtigen; weiter sind die Gründe für die Klageerhebung und die Erledigung zu prüfen (Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz mit Erläuterungen, 3. Auflage München 1987, Rdnr. 13 zu § 193). Unter beiden Blickwinkeln hält es der Senat für sachangemessen, daß die Beklagte der Klägerin die dieser entstandenen Kosten im Sinne des § 193 Abs. 2 SGG erstattet.
Nach dem Sach- und Streitstand, wie er sich aufgrund des bisherigen Verfahrensablaufes im Zeitpunkt des Anerkenntnisses der Beklagten darstellt, ist die Klage als von vornherein aussichtsreich zu beurteilen. Sie war frist- und formgerecht erhoben und aufgrund des damals vorliegenden Gesundheitszustandes der Klägerin auch begründet. Der von dem orthopädischen Gutachter festgestellte Zustand der Wirbelsäule der Klägerin war durch Deformierungen der Wirbelsäule gekennzeichnet, die nach dem Gesamtinhalt des Gutachtens auf Verschleißerscheinungen beruhten und, wie der Gutachter ausdrücklich feststellt, sich seit Ende der 70-er Jahre durch Beschwerden in der Wirbelsäule und in beiden Händen bemerkbar machten. Es ist offenkundige Tatsache, daß sich derartige Erscheinungen am Skelett nicht innerhalb kurzer Zeit entwickeln, sondern über eine ganze Reihe von Jahren hin anbahnen. Wenn der Gutachter daher zwar in seinem Gutachten am Schluß vermerkt, daß das festgestellte Leistungsvermögen der Klägerin seit dem 7. März 1985, d.h. dem Tag seiner Untersuchung, besteht, so kann diese Formulierung nicht dahin verstanden werden, daß vor dem genannten Zeitpunkt ein gleichartiger Gesundheitszustand nicht bestanden habe. Bei verständiger Würdigung und Einbeziehung der Bemerkung des Sachverständigen in seinem Gutachten nach der Zusammenfassung seines eigenen Befundes, in dem maßgeblichen Vorgutachten des Internisten Dr. Sch. finde sich leider kein vergleichbarer Befund, kann vielmehr nur angenommen werden, daß Dr. A. auch für die Zeit der Begutachtung der Klägerin durch Dr. Sch. von einem möglichen Gesundheitsbild der Wirbelsäule der Klägerin ausging, wie er selbst festgestellt hatte. Die Tatsache, daß in der Anlage zum Rentenantrag der Klägerin unter Nr. 6 als Begründung des Rentenantrages lediglich "Bronchialasthma” vermerkt ist, steht nicht entgegen. Zu berücksichtigen ist zum einen, daß die Klägerin in der Begründung ihrer Klage sogleich darauf hinwies, daß ihre hauptsächlichen Leiden bei der Vertrauensärztlichen Untersuchung nicht berücksichtigt worden seien. Zum anderen handelt es sich hierbei offensichtlich um eine Formulierung, die der Sachbearbeiter der Beklagten bei der Unterstützung der Klägerin in der Ausfüllung des Formulars ausgewählt hat. Wenn sie auch vermutlich auf ein Gespräch mit der Klägerin über ihren Gesundheitszustand zurückzuführen ist, so kann daraus doch nicht zu Lasten der Klägerin eine Beschränkung der Beschreibung ihres Gesundheitszustandes auf diesen Befund abgeleitet werden. Insbesondere konnte sich daraus keine verbindliche Richtlinie für den zu einem freien Gutachten aufgeforderten internistischen Sachverständigen in der Begutachtung der Klägerin ergeben. Dr. Sch. hätte vielmehr eine ganzheitliche Begutachtung der Klägerin vornehmen und sie auch im Bereich der Wirbelsäule genauer und vor allem röntgenologisch untersuchen müssen, zumal dies schon nach seinem eigenen Vorgehen, die Klägerin hinsichtlich Thorax, Becken und Kniegelenken in derartiger Weise zu begutachten, nahelag.
Bei einer derartigen Ausgangslage blieb der Klägerin, um die zutreffende Anerkennung ihrer Erwerbsunfähigkeit zu finden, gar keine andere Wahl, als gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 1984 mit den im Gesetz vorgesehenen Rechtsbehelfen vorzugehen. Der Anlaß zur Verfahrenseinleitung lag damit nicht in ihrem Verantwortungsbereich. Daß sie sich hierbei sogleich für die sozialgerichtliche Klage entschied und nicht zunächst den ebenfalls möglichen Widerspruch einlegte, kann ihr nicht zum Nachteil gereichen. Wenn das Gesetz einem Antragsteller beide Wege für den Rechtsschutz gleichrangig. d.h. ohne erkennbare Bevorzugung des einen vor dem anderen, nebeneinander eröffnet, so sind beide Alternativen bei einer zu treffenden Kostenentscheidung nach Verfahrensabschluß in folgerichtiger Weiterführung dieser gesetzlichen Grundintention auch als solche wertneutral.
Schließlich ist die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache auch nicht in einem Umstand begründet, der zu Lasten der Klägerin geht. Zwar stellte sich erst durch das im gerichtlichen Verfahren eingeholte orthopädische Fachgutachten der richtige Befund über den Gesundheitszustand der Klägerin heraus. Die bis dahin lückenhafte medizinische Diagnose und sich anschließende unrichtige Beurteilung der Erwerbsfähigkeit war aber nicht durch ein Verhalten der Klägerin oder Umstände veranlaßt, die in der von ihr beherrschten oder beherrschbaren Tatsachensphäre lagen. Grund dafür war allein die Außerachtlassung des Zustandes der Wirbelsäule der Klägerin durch Dr. S ... Die Begutachtung durch ihn aber hatte die Beklagte in Auftrag gegeben. Die Klägerin hatte weder auf die Auswahl des Sachverständigen noch die Durchführung der Begutachtung richtunggebenden Einfluß. Selbst wenn sie bei der Untersuchung durch den Sachverständigen und seine Hilfspersonen nicht ausdrücklich um eine Untersuchung auch ihrer Wirbelsäule nachgesucht und die entsprechenden Beschwerden nicht gesondert erklärt haben sollte, wäre es angesichts des Gesamtbildes der Klägerin, wie es sich sowohl Dr. Sch. als auch dem späteren Gutachter Dr. A. (dieser spricht in deinem Gutachten von einer "deutlich s-förmigen Verbiegung” der Wirbelsäule) darbot, Sache des Sachverständigen gewesen, um eine sachgerechte Aufklärung und Befundermittlung bemüht zu sein. Daß er dem nicht gerecht wurde, fällt in den Verantwortungsbereich des Auftraggebers, d.h. der Beklagten. Wenn später die notwendige Vollständigkeit der Begutachtung durch ein zusätzliches Sachverständigengutachten hergestellt wurde, kann dies nicht als nachträgliche Veränderung von streiterheblichen Umständen betrachtet werden, die die Prozeßlage außerhalb der Einflußsphäre der Beklagten neu gestalten und dem Prozeßrisiko zuzuteilen sind, das die Klägerin mit Erhebung ihrer Klage einging.
Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden, § 177 SGG.
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