L 2 P 61/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 2 P 192/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 P 61/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 P 1/08 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die beklagten Pflegekassenverbände bei der Klägerin eine Wirtschaftlichkeitsprüfung (WP) durchführen dürfen.

Die Klägerin ist Trägerin zahlreicher Einrichtungen der Altenhilfe und betreibt einige vollstationäre Pflegeeinrichtungen, darunter das K. in G. (nachfolgend Stift R.). Sie gehört dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband an. Zunächst war sie in der Form eines eingetragenen Vereins, ab März 2006 ist sie als gemeinnützige Aktiengesellschaft organisiert.

Am 10. August 2001 teilten die beklagten Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkrankenkassen, verbunden in der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände, der Klägerin mit, sie beabsichtigten, die Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit der Pflegeleistungen in der vollstationären Einrichtung Stift R. durch einen Sachverständigen überprüfen zu lassen. Es handle sich nicht um eine anlassbezogene WP. Bei der Auswahl hätten sie sich von der Überlegung leiten lassen, dass die Einrichtung im Vergleich zu anderen hohe Pflegesätze vereinbart habe. Als Sachverständigen schlage sie Professor Dr. B. vor. Schwerpunkt der Prüfung solle die Wirtschaftlichkeit sein. Einzelne Bestandteile der Personal- und Sachkosten auf der Grundlage der geprüften Jahresabschlüsse und Kostenberechnungsunterlagen der Jahre 1999 und 2000 sowie prospektiv für das Jahr 2001 sollten untersucht werden. Die Prüfung finde im Zeitraum September und Dezember 2001 statt. Wegen notwendiger Unterlagen und Erteilung von Auskünften verwiesen sie auf § 79 Abs. 2 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XI). Nach § 31 Abs. 1 des Bayerischen Rahmenvertrags für vollstationäre Pflege gem. § 75 Abs. 2 SGB XI (Rahmenvertrag) hätten die Beklagten und der Träger der Pflegeeinrichtung die Prüfungskosten je zur Hälfte zu tragen. Die Mitteilung erfolge im Rahmen der von § 26 Abs. 2 des Rahmenvertrags vorgeschriebenen Anhörung. Sie bäten, innerhalb von zwei Wochen zum unterbreiteten Vorschlag Stellung zu nehmen.

Die Klägerin erwiderte am 21. August 2001, die Einrichtung in G. befinde sich derzeit in einem Umstrukturierungsprozess, der noch nicht abgeschlossen sei. Eine WP sei gerade in dieser Phase untunlich. Darüber hinaus lasse die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 14. Dezember 2000 (B 3 P 19/00 R) Zweifel an der Zulässigkeit einer WP aufkommen. Am 18. Oktober 2001 wandten sich die Beklagten nochmals an die Klägerin. Sie sicherten zu, die zu prüfenden Unterlagen würden nur dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt. Sie würden dafür sorgen, dass diese nicht in ihre eigenen Hände gelangten. In weiteren Schreiben vom 24. Oktober und 6. November 2001 betonte die Klägerin, sie habe weiterhin grundsätzliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit einer WP und darüber hinaus zum jetzigen Zeitpunkt. Die Beklagten erklärten sich bereit, die WP um drei Monate zurückzustellen. Am 22. Februar 2002 baten sie, die benötigten Unterlagen dem Sachverständigen zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin erklärte daraufhin, ihre Bedenken gegen die rechtliche Zulässigkeit einer WP gem. § 79 SGB XI seien grundlegender Art und bedürften einer Erklärung. Sie biete jedoch an, eine andere ihrer Einrichtungen prüfen zu lassen. Am 24. Juni 2002 kündigte die Klägerin an, die inzwischen geführten Gespräche hätten ihre Bedenken nicht ausräumen können. Sie beabsichtige, ein Feststellungsverfahren vor dem Sozialgericht anzustrengen. Beide Parteien erklärten daraufhin ihre Verhandlungen für gescheitert.

Mit beim Sozialgericht München (SG) am 26. August 2002 eingegangener Klage beantragte die Klägerin, den Bescheid vom 10. August 2001 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2002 aufzuheben, hilfsweise festzustellen, dass die Beklagten nicht berechtigt seien, eine WP bei ihr durchzuführen. Die Anordnung der WP vom 10. August 2001 sei ein Verwaltungsakt; im Schreiben vom 22. Februar 2002 sei ein Widerspruchsbescheid zu sehen. Für den Fall, dass entgegen dieser Auffassung kein Verwaltungsakt vorliege, sei subsidiär eine Feststellungsklage zulässig. Sie habe ein rechtliches wie ein wirtschaftliches Interesse an der Feststellung. Die WP verstoße gegen das Grundrecht aus Art. 12 Absatz 1 Grundgesetz (GG). In der Durchführung der WP liege ein erheblicher Eingriff in ihre unternehmerische Betätigungsfreiheit. Rechtfertigungsgrund für den Eingriff könne allein die Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens sein. Die Konzeption der Pflegeversicherung gehe aber davon aus, dass die Wirtschaftlichkeit vor allem durch den Wettbewerb und durch eine Angebotsvielfalt erreicht werde. Parallelen zu Wirtschaftlichkeitsprüfungen gem. § 113 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) seien nicht angebracht. Die Leistungserbringung im Krankenhaus erfolge auf der Grundlage des Selbstkostendeckungsprinzips. § 79 SGB XI stelle einen inneren Verstoß gegen das Grundkonzept der Pflegeversicherung dar. Überdies würden die Maßstäbe für die WP weder im Gesetz noch in den Rahmenvereinbarungen konkret benannt und auch von den Beklagten nicht offen gelegt. In Wahrheit fehle es an entsprechenden Kennziffern für Leistungsbereiche, die eine WP erst möglich machten. Zudem würden die Pflegekassen einen Zugriff auf Daten der Leistungserbringer und damit einen Vorsprung für die nächst folgenden Vergütungsvereinbarungen erlangen. § 79 SGB XI verstoße auch gegen den Bestimmtheitsgrundsatz öffentlichen Handelns. Die Bestimmung lasse wesentliche Erfahrungsgrundsätze einer WP vermissen.

Die Beklagten beantragten, die Klage als unzulässig abzuweisen, da ein Verwaltungsakt, gegen den Anfechtungsklage erhoben werden könnte, nicht erlassen worden sei. Ihr Vorgehen, eine WP einzuleiten, beruhe auf dem Recht aus § 79 Abs. 1 Satz 1 SGB XI; die Durchführung der WP richte sich nach dem seit 1. Oktober 1998 in Kraft getretenen und zwischenzeitlich gekündigten Rahmenvertrag gem. § 75 Abs. 2 Ziff. 7 SGB XI. Die Einleitung einer WP sei ein gesetzlich und vertraglich vorgesehenes Instrument mit entsprechender vertraglicher Konsequenz und kein Verwaltungsakt. In Konsequenz sei auch der Prüfbericht des Sachverständigen kein Verwaltungsakt und damit nicht einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Er könne allenfalls im Rahmen von Pflegesatzverhandlungen bzw. bei einer darauf basierenden Kündigung inzident überprüft werden. Dagegen könne dann erst der Klageweg beschritten werden. Der hilfsweise erhobenen Feststellungsklage fehle aus den gleichen Gründen das Rechtsschutzbedürfnis. Zwar löse eine WP Mitwirkungspflichten der Klägerin aus, die jedoch von Seiten der Beklagten nicht zwangsweise durchgesetzt werden könnten. Letztendlich könnten sie bei verweigerter Mitwirkung die WP nicht durchführen. Sie hätten folgerichtig auf die Weigerungshaltung der Klägerin nicht reagiert und auch keine vertraglichen Schritte eingeleitet. Ein Feststellungsinteresse sei nicht erkennbar. Zwar gingen mit jeder WP Einschränkungen der unternehmerischen Betätigungsfreiheit des Einrichtungsträgers einher, jedoch handle es sich um ein gesetzlich und vertraglich vorgesehenes Instrumentarium, das lediglich der Sachverhaltsermittlung diene. Insoweit sei von Bedeutung, dass bislang noch kein funktionierender Markt im stationären Bereich existiere. In weiten Bereichen Deutschlands bestehe ein Nachfrageüberhang. Das Pflegequalitätssicherungsgesetz vom 9. September 2001 mache eine WP nicht überflüssig. Vielmehr komme darin der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, Verbraucherrechte zu schützen. Eine Pflegeeinrichtung leiste dann wirtschaftliche pflegerische Versorgung, wenn die gesetzlich vorgesehenen Leistungen mit dem geringst möglichen Einsatz an Mitteln produziert würden (Minimalprinzip). Vor diesem Hintergrund habe die WP durch den von den Beklagten bestellten Sachverständigen zu erfolgen. Die WP sei ergebnisoffen und könne auch zu einem künftig höheren Pflegesatz führen, wenn Besonderheiten der Einrichtung dies rechtfertigten. Die Entscheidung des BSG vom 14. Dezember 2000 (a.a.O.) stehe dem nicht entgegen. Das BSG habe darin lediglich im Nebenher die Meinung geäußert, die in § 79 SGB XI vorgesehene WP sei bei "unter freien Wettbewerbsbedingungen" ausgehandelten Vergütungen entbehrlich. Ob die vom Gesetzgeber angestrebte Situation des freien Wettbewerbs unter den Pflegeeinrichtungen eingetreten sei, habe das BSG ausdrücklich offen gelassen. § 79 SGB XI verstoße nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz; er sei vielmehr in die vertragsrechtliche Konzeption der Pflegeversicherung eingebettet. Nach § 75 Abs. 2 Ziff. 7 SGB XI sei es Angelegenheit der Beteiligten, die Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze in Rahmenverträgen gemeinsam zu regeln.

Die Klägerin wandte dagegen ein, die hohe Eingriffsmöglichkeit durch Anordnung einer WP erfordere einen wirksamen Rechtsschutz noch bevor diese Prüfung durchgeführt werde und Ergebnisse vorlägen, die eventuell zu weiteren Konsequenzen führen könnten. Das Auskunftsverlangen sei ein Verwaltungsakt. Es lasse den Willen erkennen, abschließend und mit potenziell verbindlicher Wirkung die Auskunftsverpflichtung mit der Folge festzustellen, sie gegebenenfalls zwangsweise - nämlich durch Kündigung des Versorgungsvertrages - durchzusetzen. Im Übrigen liege das für eine Feststellungsklage erforderliche qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis vor. Es bestehe darin, dass ansonsten ein nicht wiedergutzumachender Schaden zu befürchten sei. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 15. Juli 2004 erklärte die Klägerin, die Umstrukturierungsmaßnahmen seien noch immer nicht abgeschlossen. Von den derzeit vorhandenen 98 Patienten erhielten 76 Leistungen der Pflegekassen und weitere 16 Personen aus der Sozialhilfe; nur sechs Patienten seien Selbstzahler.

Zuletzt beantragte die Klägerin, festzustellen, dass die Beklaten nicht berechtigt seien, eine WP bei ihr durchzuführen, bzw. hilfsweise festzustellen, dass die Beklagten nicht berechtigt seien, eine WP durchzuführen, solange der Prozess der Umstrukturierung und die darauf bezogenen Vertrags- und Vergütungsverhandlungen nicht abgeschlossen seien. Die Beklagten beantragten, die Klage abzuweisen. Sie betonten, der Versorgungsvertrag sei nach wie vor ungekündigt; Vergütungsverhandlungen stünden nicht an.

Mit Urteil vom 15. Juli 2004 wies das SG die Klage ab. Die gemäß der zuletzt gestellten Anträge auf Feststellung erhobene Klage sei zulässig. Sie sei auf die Feststellung einzelner Rechte und Pflichten aus dem Rahmenvertrag gerichtet. Dabei handle es sich um ein Rechtsverhältnis, das der gerichtlichen Klärung zugänglich sei. Das besondere Feststellungsinteresse bestehe darin, dass die Beklagten beabsichtigten, von ihrem Recht auf WP Gebrauch zu machen. Die Klage hielt das SG im Haupt- und Hilfsantrag nicht für begründet. Die Beklagten seien jederzeit befugt, eine WP zu veranlassen. Dies stehe in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Das Ermessen verenge sich zur Verpflichtung, wenn - wie hier - die Klägerin Bestandsschutz genossen und seit Inkrafttreten des SGB XI keine WP stattgefunden habe. Wenn zudem bei knapp 92 Prozent der Heimbewohner ein öffentlich-rechtlicher Träger - gleich ob Sozialhilfeträger oder Pflegeversicherung - die Kosten zu tragen habe, müsse alle fünf Jahre zwingend eine WP vorgenommen werden. Ein nicht rechtmäßiger Eingriff in Grundrechte nach Art. 2 und 12 Abs. 1 GG sei damit nicht verbunden. Die Ermächtigung liefere § 79 SGB XI, der seinerseits nicht zu beanstanden sei. Die Beklagten seien auch nicht durch die am Schluss der mündlichen Verhandlung noch laufenden, bereits 2001 begonnenen Umstrukturierungsmaßnahmen gehindert, die WP bei der Klägerin vorzunehmen. Ein Zuwarten von zirka drei Jahren sei den Beklagten nicht zumutbar. Es könne nicht angehen, durch Umstrukturierungsmaßnahmen eine WP zu verhindern bzw. willkürlich hinauszuzögern. Die Beklagten seien wie alle öffentlich-rechtlichen Kostenträger dem Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit unterworfen. Dieses rechtfertige es, das Betriebsgeheimnis der Klägerin einzuschränken. Überdies stehe es der Klägerin frei, aus dem vertraglichen System auszuscheiden; ihr stehe jederzeit das Recht zu, den Versorgungsvertrag mit den Beklagten zu kündigen. Ihre wirtschaftliche Position sei zudem wesentlich günstiger als bei sonstigen Unternehmen, weil sie in den Beklagten solvente und zuverlässige Schuldner habe. Insoweit unterscheide sich das wirtschaftliche Risiko fundamental von einer Tätigkeit auf dem freien Markt. Haupt- und Hilfsantrag seien aus den gleichen Gründen unbegründet.

Dagegen legte die Klägerin Berufung ein und wiederholte zunächst die zuletzt beim SG gestellten Anträge. Sie rügte, das SG sei fälschlich davon ausgegangen, dass die Beklagten berechtigt seien, jederzeit eine WP bei ihr durchzuführen. Dies lasse sich zwar dem Wortlaut des § 79 SGB XI i. V. m. §§ 26 ff Rahmenvertrag entnehmen, jedoch sei die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erforderlich, das den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unterworfen sei. Der Grundsatz der Beitragstabilität werde von der Höhe der Pflegesätze nicht berührt. Die Zuschüsse der Pflegekassen seien von vornherein durch § 43 SGB XI begrenzt. Aus § 79 SGB XI lasse sich kein Recht ableiten, dass Pflegekassen stellvertretend für andere Sozialleistungsträger, wie Sozialhilfeträger, eine WP durchzuführen hätten. Dass eine solche Prüfung - wie das SG ohne Angabe von Gründen meine - alle fünf Jahre vorzunehmen sei, wenn der Prozentsatz der Patienten, die auf Kosten der Pflegeversicherung oder der Sozialhilfe in einer vollstationären Einrichtungen untergebracht seien, gegen 100 tendiere, finde keinerlei Grundlage. Das SG habe nicht hinreichend gewürdigt, dass die Landesverbände der Pflegekassen die Kündigung des Versorgungsvertrages mit dem Stift R. angedroht hätten, falls sich dieses weiterhin weigere an der beabsichtigten WP mitzuwirken. Im Übrigen nahm die Klägerin auf ihr Vorbringen in erster Instanz Bezug, insbesondere darauf, dass das Vorgehen der Beklagten die Grundsätze der Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit verletze. Im Schreiben vom 5. November 2004 ließ sie den Hilfsantrag fallen.

Die Beklagten vertraten die Auffassung, das Stift R. werde von der Klägerin als vollstationäre Pflegeeinrichtung im Verbund mit einer Behinderteneinrichtung und einer Reha-Klinik betrieben und nehme - bayernweit - eine Sonderstellung ein. Neben Senioren würden dort - nicht zuletzt wegen der angeschlossenen Reha-Klinik - Patienten mit multipler Sklerose, chronisch psychischen Erkrankungen, Beatmungspatienten und Apalliker versorgt. Der Pflegesatz sei relativ hoch. Bei den bayernweit durchgeführten WP`en seien diese Umstände bei der Ausübung des Auswahlermessens von Bedeutung gewesen. Die noch immer nicht abgeschlossenen Umstrukturierungen könnten nicht dazu führen, dass eine WP auf nicht absehbare Zeit hinausgezögert werde. Im Übrigen verwiesen sie auf die zutreffende Urteilsbegründung des SG. Im Hinblick auf die Geeignetheit der Maßnahme nähmen sie auf den beigefügten Aufsatz Bezug, der die WP und die Instrumente des internen Betriebsvergleichs, sowie des externen Marktvergleichs näher erläutere. Nach Zustellung des Urteils des SG habe die Klägerin erklärt, sie werde weiterhin nicht bei der WP mitwirken. Auf Grund von Heimbegehungen am 16. Oktober 2003, 24. Juni 2004 und 26. Januar 2005 hätten sich Zweifel ergeben, ob das Stift R. überhaupt eine selbstständig wirtschaftende Einrichtung im Sinne des § 71 SGB XI sei. Bei Durchsicht der Dienstpläne habe sich gezeigt, dass Mitarbeiter aus dem Pflegebereich in der angeschlossenen Rehabilitation-Klinik tätig gewesen seien. Die Besichtigungsberichte lege sie vor.

Dieser Auffassung trat die Klägerin entgegen. Die angeordnete WP vernachlässige die Prüfung von Fragen der Wirksamkeit und sei bereits deshalb ein untaugliches Instrument, da die Wirtschaftlichkeit das Verhältnis von Aufwand zu Ertrag messe. Sie wies auf Beiträge von Professor Zacher und Professor Igl anlässlich eines Symposiums am 21. Oktober 2005 in Berlin hin (Thema: Passt die Prüfung der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Pflegeleistungen in die wettbewerbliche Ausrichtung des SGB XI?). Die Beklagten erwiderten hierzu, die streitige WP solle gerade nicht das Verhältnis von Aufwand zu Ertrag darstellen, sondern die sog. Kostenwirtschaftlichkeit, nämlich das Verhältnis von Ist-Kosten zu Soll-Kosten. Bei der WP sollten die Wirksamkeit der Pflegeleistungen nicht unberücksichtigt bleiben, sondern die Ergebnisse aktueller Qualitätsprüfungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) miteinbezogen werden. Sie böten ausdrücklich eine gekoppelte Wirtschaftlichkeits- und Wirksamkeitsprüfung an. Im Übrigen erklärten sie, ihrer Meinung nach sei nach wie vor gegen die Einleitung einer WP kein Rechtsweg gegeben.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. Juli 2004 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagten nicht berechtigt sind, die angekündigte Wirtschaftlichkeitsprüfung gem. § 79 SGB XI durchzuführen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. Juli 2004 zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gem. § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.

Die Berufung richtet sich - wie bereits vom SG so gesehen - gegen die Landesverbände der Pflegekassen (§ 52 SGB XI), die gemeinsam in Form einer Arbeitsgemeinschaft (§ 81 Abs. 1 SGB XI) im vorangegangenen Verwaltungsverfahren aufgetreten waren. Im sozialgerichtlichen Verfahren sind richtigerweise die einzelnen Landesverbände als Beklagte aufgeführt.

Zutreffend gehen die Klägerin und auch das SG davon aus, dass die von den Beklagten angekündigte WP keinen Verwaltungsakt darstellt. Es handelt sich um eine Streitigkeit im durch Vertragsrahmen vorgegebenen Gleichordnungsverhältnis, das kein einseitig hoheitliches Handeln in Form der Setzung von Verwaltungsakten zulässt. Eine gesetzliche Ermächtigung der Beklagten zum Erlass von Verwaltungsakten - wie z. B. in § 73 Abs. 2 SGB XI für den Fall einer Klage gegen eine Kündigung - im Rahmen von Maßnahmen nach dem hier allein in Betracht kommenden § 79 SGB XI besteht nicht. Im Gleichordnungsverhältnis scheiden daher Anfechtung- und Verpflichtungsklagen aus (vgl. BSGE 77, 194). Die Beklagten haben im Einleitungsschreiben vom 11. August 2001 und auch in späteren Schreiben keinen Verwaltungsakt erlassen.

Die von der Klägerin zuletzt gewählte - negative - Feststellungsklage ist zulässig. Mit dieser Klage kann u.a. die hier allein in Betracht kommende Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden (§ 55 Abs. 1 SGG). Unter Rechtsverhältnis versteht man die Rechtsbeziehungen zwischen Personen oder zwischen Personen und Gegenständen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Norm des öffentlichen Rechts für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer, SGG, Kommentar, 8.Aufl., § 55 Rn 4). Dabei muss das Rechtsverhältnis soweit konkretisiert sein, dass nicht bloß die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage im Streit steht. Es muss sich demnach um das Berühmen eines Anspruchs oder das Bestreiten eines Anspruchs aus einer öffentlich-rechtlichen Norm aufgrund eines konkreten Sachverhalts handeln. Hierüber muss zwischen den Beteiligten ein Meinungsstreit bestehen. Ziel der Feststellungsklage kann auch die Feststellung einzelner Rechte und Pflichten sein, die auf dem Rechtsverhältnis basieren und vom Inhalt des Rechtsverhältnisses abhängen.

Dieser Meinung hängen die Beklagten an. Sie vertreten die Ansicht, wenn schon der nach Abschluss der WP zu erstellende Prüfbericht kein Verwaltungsakt sei und keine unmittelbaren Auswirkungen habe, müssten vorbereitende Maßnahmen, wie die Mitwirkung der Klägerin an der WP in gleicher Weise ohne Rechtswirkung sein. In diesem Sinne entschied auch das Bayerische Landessozialgericht (Bay LSG) in Eilverfahren zu gleichgelagerten Fällen (Bay LSG Beschluss vom 21. Juni 2002 - L 7 B 123/02 P ER und vom 7. August 2002 - L7 B 129/02 P ER). Dort stellte der 7. Senat des Bay LSG heraus, ein berechtigtes Interesse an einstweiligem Rechtsschutz fehle, weil die Mitwirkungspflicht der antragstellenden Heimträgerin erst im Hauptsacheverfahren geklärt werden müsse. Solange die Antragstellerin die von ihr verlangten Auskünfte nicht erteile, sei nicht zu erkennen, worin die " Durchführung " der WP bestehen solle.

Unterschiedliche Rechtsmeinungen bestehen im vergleichbaren Fall, dass ein Landratsamt einen Führerscheinbesitzer, gegen dessen Fahreignung Bedenken aufgekommen sind, auffordert, sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen (vgl. Henn in NJW 1993, 3169 Fußn. 23). Dort wurde in der Anordnung lediglich eine einen Verwaltungsakt, nämlich die Entziehung der Fahrerlaubnis, vorbereitende - nicht gesondert anfechtbare - Maßnahme gesehen. Nach anderer Meinung solle auch in einer solchen Situation unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten Rechtsschutz geboten sein (Henn a.a.O. Fußn. 24).

Der Senat vertritt die Auffassung, dass die Einleitung einer WP unter Mitwirkung der Klägerin zwar kein Verwaltungsakt, aber ein mit der Feststellungsklage einklagbares Rechtsverhältnis ist, auch wenn die Verweigerung der Mitwirkung nicht sanktioniert ist. Das für die Feststellungsklage erforderliche besondere Rechtschutzbedürfnis besteht darin, dass das Rechtsverhältnis, nämlich der Versorgungsvertrag zwischen der Klägerin und den Beklagten, durch eine tatsächliche Unsicherheit gefährdet ist (Thomas-Putzo, ZPO, Kommentar, 24. Aufl., § 256 Rn. 15) und wegen einer drohenden Kündigung ein berechtigtes rechtliches Interesse an der alsbaldigen Klärung der Streitfrage besteht. Es geht um mehr als um die Klärung von bloßen Vorfragen eines Rechtsverhältnisses.

Mit ihrem zuletzt gestellten Antrag begehrt die Klägerin festzustellen, dass den Beklagten kein Recht zustehe, die angekündigte WP für die Jahre 1999, 2000 und 2001 durchzuführen. Der Antrag ist damit auf Überprüfung eines erst in der Zukunft zu erwartendes, noch nicht geschehenes Verhalten gerichtet. Es handelt sich somit um eine vorbeugende Feststellungsklage, auch wenn sich die WP auf in der Vergangenheit liegende Zeiträume bezieht. Verwaltungsgerichtlicher und sozialgerichtlicher Rechtschutz sind grundsätzlich auf nachgängigen Rechtschutz gerichtet. Das folgt aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, der der Gerichtsbarkeit nur die Kontrolle der Verwaltungstätigkeit aufträgt, ihr aber nicht gestattet, bereits im Vorhinein gebietend oder verbietend in den Bereich der Verwaltung einzugreifen (Eyermann, VwGO, Kommentar, 12. Aufl., vor § 40 Rn 25). Vorbeugende Klagen sind daher nur zulässig, wenn ein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse besteht. Das ist in der Regel dann der Fall, wenn ein besonders schützenswertes Interesse an der Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtschutzes besteht, weil die angekündigte Handlung zu Beeinträchtigungen führt, die nicht ohne Weiteres revidierbar sind (so auch BSG Urteil vom 28.01.1999 - 2 RU 8/92; Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 17/95). Die Klägerin behauptet, ihr drohe wirtschaftlicher Schaden, wenn sich die Beklagten - aus ihrer Sicht widerrechtlich - Einblick in die wirtschaftliche Gestaltung ihrer Pflegeeinrichtung verschaffen und diese Erkenntnisse beispielsweise in der nächsten Verhandlung über Pflegevergütungen verwerten könnten. Sie behauptet damit, sie laufe Gefahr, nicht ohne Weiteres revidierbare Nachteile hinnehmen zu müssen. Dies reicht nach Auffassung des Senats aus, um ein qualifiziertes Rechtschutzbedürfnis zu belegen. Die vorbeugende - negative - Feststellungsklage ist damit zulässig.

Sie ist jedoch nicht begründet, weil weder § 79 Abs. 1 und 2 SGB XI noch die gleichlautenden Bestimmungen der §§ 26 Abs. 1 und 29 Abs. 1 Rahmenvertrag gegen höherrangiges Recht verstoßen. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen das Grundrecht auf freie Berufsausübung (Art. 12 GG) oder den sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 GG) ergebenden Bestimmtheitsgrundsatz vor.

Nach § 79 Abs. 1 SGB XI können die Landesverbände die Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit der ambulanten, teilstationären und vollstationären Pflegeleistungen durch von ihnen bestellte Sachverständige prüfen lassen, wobei die Träger der Pflegeeinrichtungen verpflichtet sind, dem Sachverständigen auf Verlangen die für die Wahrnehmung seiner Aufgaben notwendigen Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. Das Recht, dessen sich die Beklagten berühmen, ist bereits als vertragliche Nebenpflicht gesetzlich verankert. Der begehrten Feststellung steht somit das gesetzlich garantierte Recht der Beklagten auf Durchführung einer WP entgegen. Auf die dieses Recht wiederholende Vorschrift des § 26 der Rahmenvereinbarung kommt es insoweit nicht an.

§ 79 Abs. 1 SGB XI verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass eine derartige WP einen Eingriff in ihre unternehmerische Freiheit und damit in die Freiheit ihrer Berufsausübung bedeutet, was die Beklagten einräumen. Jedoch lässt Art. 12 GG Einschränkungen durch gesetzliche Bestimmungen zu, sofern der Kernbereich nicht wesentlich tangiert wird. Art. 12 Abs. 1 Satz 3 GG erstreckt sich sowohl auf die Berufsausübung als auch auf die Berufswahl. Eingriffe in die Berufsausübung bedürfen gem. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Die gesetzlichen Regelungen müssen durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe müssen die Grenzen des Zumutbaren gewahrt werden (Schmidt-Bleibtreu, GG, Kommentar, 10. Aufl., Art. 12 Rn 48). Strengere Maßstäbe sind bei Eingriffen in die Berufswahl anzulegen, die hier nicht tangiert wird. Der Grundrechtsschutz bei Berufsausübungsregelungen hat sich lediglich auf die Abwehr an sich verfassungswidriger, z.B. übermäßig belastender und nicht zumutbarer Auflagen zu beschränken. Dabei muss die gesetzliche Maßnahmen zur Erreichung des mit ihr verfolgten Zwecks geeignet, erforderlich und zumutbar sein. Hierbei ist von der Beurteilung der Verhältnisse auszugeben, die dem Gesetzgeber bei der Vorbereitung des Gesetzes möglich war; Irrtümer müssen in Kauf genommen werden (Schmidt-Bleibtreu, a.a.O., Art. 12 Rn 51). Das gesetzgeberische Ermessen darf nur aus Gründen des Grundrechtsschutzes eingeengt werden. Zu berücksichtigen ist, dass die Berufsausübung zu Gunsten wichtiger Gemeinschaftsinteressen reglementiert werden darf, die sich erst aus den besonderen wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Zielsetzungen des Gesetzgebers ergeben.

An diesen Vorgaben gemessen hält der Senat die beabsichtigte WP der Einrichtung der Klägerin für verfassungsgemäß. Die Leistungen der Pflegeversicherung müssen wirksam und wirtschaftlich sein, wie in §§ 4 Abs. 3, 29 Abs. 1, 72 Abs. 3 Satz 1 SGB XI ausdrücklich hervorgehoben. Allein aus diesem Grund ist es gerechtfertigt, den Pflegekassen die Möglichkeit der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit ihrer Vertragspartner an die Hand zugeben. Es stehen damit gewichtige Gemeininteressen im Vordergrund.

Dem Einwand der Klägerseite, die Konzeption der Pflegeversicherung basiere auf einer Marktorientierung und verbiete Eingriffe in den freien Wettbewerb durch staatliche Überprüfung (so BSG im Urteil vom 14.12.2000, a.a.O.) und damit WP en durch die Pflegekassen oder deren Verbände, ist entgegenzuhalten, dass auch Unternehmen der freien Wirtschaft Offenbarungspflichten unterliegen wie im AktG und GmbHG, gegen die von keiner Seite Bedenken geäußert werden. Viel eher wird in diesen Wirtschaftsbereichen im Interesse von Aktionären und Verbrauchern eine höchstmögliche Transparenz gefordert. Es ist nicht hinnehmbar, dass auf einem Wirtschaftssektor, der nach wie vor sehr stark von Leistungen aus Sozialversicherungssystemen und der öffentlichen Hand profitiert, eine andere Betrachtungsweise gelten sollte. Allenfalls könnten die Prüfbedingungen im Einvernehmen vertraglich definiert und ausgestaltet werden, was bislang nicht geschehen ist. Der Senat sieht in diesem Zusammenhang auch keinen unzulässigen Eingriff in das Betriebsgeheimnis, zumal die Beklagten zugestanden haben, die Prüfungsunterlagen nur dem Sachverständigen zuzuleiten und dafür zu sorgen, dass nur dieser unmittelbar Einblick erlangt und nicht sie selbst.

Die Einleitung eines Verfahrens der WP, wie von § 79 Abs. 1 SGB XI vorgegeben, verstößt auch nicht gegen den im Rechtsstaatsprinzip durch Art. 20 GG verankerten Bestimmtheitsgrundsatz. Danach ist lediglich erforderlich, dass das Handeln eines öffentlich-rechtlichen Trägers gesetzlich so genau umrissen und festgelegt sein muss, dass Eingriffe der öffentlichen Gewalt für den Staatsbürger möglichst berechenbar und einer Überprüfung zugänglich sind (Schmidt-Bleibtreu, a.a.O. Art. 20 Rn. 85 bis 87). Dies bedeutet aber nicht, dass unbestimmte Rechtsbegriffe wie Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit per se eine Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes zur Folge hätten. Vielmehr sind solche unbestimmte Rechtsbegriffe gegebenenfalls näher auszufüllen.

Die Bedenken, die von der Klägerin genannt und die in der Rechtswissenschaft (vgl. Zacher und Igls, in: Informationen der Bundesgeschäftsstelle für stationäre Einrichtungen, Sonderausgabe 01/2006, S. 13 und S. 22, von der Beklagten vorgelegt) gleichfalls gehegt werden, dass bislang keine hinreichenden Parameter zur Verfügung stehen, um Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit im Pflegebereich so zu definieren, dass Vergleiche angestellt werden können, teilt der Senat. Dies führt jedoch nicht zur Nichtigkeit einer Norm wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht. Vielmehr ist es Aufgabe - letztendlich der Gerichte - derartige unbestimmte Rechtsbegriffe näher zu definieren. Mit der Frage, wie diese unbestimmten Rechtsbegriffe generell auszulegen sind, braucht sich der Senat im Rahmen der hier zu treffenden Entscheidung nicht zu befassen. Denn es geht nicht um die Frage, ob die Klägerin unwirtschaftlich oder unwirksam Pflegeleistungen erbringt bzw. erbracht hat, sondern nur um die Feststellung, dass die Beklagten zur Einleitung entsprechender Prüfmaßnahmen nicht berechtigt sind.

Ebensowenig hat der Senat zu entscheiden, ob die in § 79 Abs. 1 SGB XI vorgesehene WP sinnvoll ist. Dies ist dem Gesetzgeber überlassen. Erst wenn es um die Beurteilung geht, ob die Klägerin nachweislich unwirtschaftlich oder unwirksam Leistungen erbrachte und es gegebenenfalls daraufhin zu einem vertraglichen Einschreiten, z. B. einer darauf basierenden Kündigung, gekommen wäre, wäre der Senat gehalten, die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe zu überprüfen. Im hier gebotenen Rechtsschutz ist dies nicht erforderlich und auch nicht zulässig, weil ansonsten die Grenzen zu einer im sozialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen abstrakten Normenkontrolle überschritten würden.

Gleiches gilt für die Behauptung der Klägerin, die in den Rahmenverträgen enthaltenen entsprechenden Regelungen würden gegen Verfassungsrecht verstoßen. Da die hier einschlägigen Bestimmungen im Rahmenvertrag inhaltsgleich mit § 79 SGB XI sind und nur dessen Wortlaut wiederholen, führt eine Überprüfung insoweit nicht weiter. Im Übrigen wäre es Aufgabe der Vertragspartner, auf eine nähere Ausgestaltung des ob, wie und wann von Wirtschaftsprüfungen einvernehmlich hinzuwirken.

§ 79 Abs. 1 SGB XI verstößt auch nicht deshalb gegen rechtsstaatliche Grundsätze, weil die nicht anlassbezogene WP ins Ermessen der Beklagten gestellt wird. Bei der Ermessensabwägung ist allerdings das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu beachten. Dies bedeutet, dass insofern der Grund für die Auswahl der Einrichtung genannt werden muss (vgl. Igel in: Schrifttum zum öffentlichen Recht Band 1035, S. 115 ff). Dieser Bedingung haben die Beklagten entsprochen. Als Grund für die Auswahl der Einrichtung der Klägerin nannten sie die für das Stift R. auffällig hohen Pflegesätze. Ob bei WP en anderer Einrichtungen, die ebenfalls nicht anlassbezogen waren und die keine auffälligen Pflegesätze aufwiesen, dem Auswahlermessen entsprochen worden ist, kann hier offen bleiben. Eine fehlerhafte Auswahl anderer Einrichtungen berührt die Klägerin nicht in eigenen Rechten. Nach Meinung des Senats genügt die Tatsache sehr hoher Pflegesätze, d. h. höher im Vergleich zum Durchschnitt der Pflegesätze in der Region, um eine nicht anlassbezogene WP einzuleiten. Mit der Frage, ob eine Umdeutung in eine anlassbezogenen WP in Betracht kommt, braucht sich der Senat nicht zu beschäftigen. Die Beklagte beruft sich ausdrücklich nicht auf das Vorliegen der hierfür erforderlichen Voraussetzungen.

Eine gesetzliche Grundlage für nicht anlassbezogene WP`en im regelmäßigen Abstand von fünf Jahren, wie vom SG für notwendig gehalten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Eine derartige Handhabung könnte allenfalls einvernehmlich vertraglich geregelt werden.

Insgesamt kommt der Senat zum Ergebnis, dass die von den Beklagten am 10. August 2001 angekündigte WP zulässig ist. Die auf negative Feststellung gerichtete Klage ist unbegründet. Die Berufung gegen das Urteil des SG vom 15. Juli 2004 war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung, ob eine nicht anlassbezogene Wirtschaftlichkeitsprüfung statthaft ist, zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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