Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Würzburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KR 112/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2007 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 7. November 2006 bis 19. Dezember 2006 den Krankengeldspitzbetrag in Höhe von 12,07 Euro zu bezahlen.
III. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt den so genannten Krankengeldspitzbetrag während ihres Aufenthalts in einer medizinischen Rehabilitationseinrichtung auf Kosten des Rentenversicherungsträgers in der Zeit vom 7. November 2006 bis 19. Dezember 2006.
1. Die Klägerin, die seit 1978 als Spülerin und Reinigungskraft beschäftigt ist, war seit 27. Juli 2006 wegen somatisierter Depression, mittelgradiger depressiver Episode, Karzinophobie und Lumboischialgie arbeitsunfähig und bezog ab 7. September 2006 Krankengeld in Höhe von 49,36 Euro brutto bzw. 42,53 Euro netto kalendertäglich. Mit Bescheid vom 28. September 2006 gewährte der Rentenversicherungsträger stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die in der Zeit vom 7. November 2006 bis 19. Dezember 2006 durchgeführt wurde. Für diese Zeit leistete der Rentenversicherungsträger Übergangsgeld.
Da die Klägerin seit 27. Juli 2006 durchgehend arbeitsunfähig krank war, veranlasste die Beklagte ein sozialmedizinisches Gutachten. Im Hinblick auf das nach persönlicher Untersuchung am 8. Mai 2007 erstellte Gutachten des MDK sah sich der Rentenversicherungsträger veranlasst, ab 1. Januar 2007 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und ab 1. Juli 2007 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 30. Juni 2010 zu bewilligen. Daraufhin wurde die gegen den Rentenversicherungsträger bereits am 27. Juli 2006 erhobene und unter dem Aktenzeichen S 6 R 388/06 geführte Klage für in der Hauptsache erledigt erklärt. 2. Mit am 28. Dezember 2006 eingegangenen Schreiben ließ die Klägerin die Zahlung des Krankengeldspitzbetrages beantragen. Sie sei vor, während und nach der Reha-Maßnahme arbeitsunfähig gewesen. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 3. Januar 2007 abgelehnt, der dagegen am 4. Januar 2007 erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 2007 zurückgewiesen. Die Regelung des § 49 Abs. 3 SGB V stelle sicher, dass gesetzliche Verminderungen von Entgeltersatzleistungen im gesetzlich vorgesehenen Umfang stattfinden und nicht ganz oder teilweise zu Lasten der Krankenversicherung ausgeglichen werden. Die Vorschrift des § 49 Abs. 1 SGB V sei weitestgehend ohne praktische Bedeutung. Daher habe die Klägerin keinen Anspruch auf einen Krankengeldspitzbetrag, der 12,07 Euro brutto kalendertäglich betragen würde.
3. Mit ihrer dagegen am 3. April 2007 erhobenen Klage lässt die Klägerin vortragen, dass der Anspruch auf Krankengeld ruhe, solange und soweit Versicherte unter anderem Übergangsgeld beziehen. Durch das Wort "soweit" habe der Gesetzgeber in § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass das Krankengeld nur in Höhe der anderen Sozialleistung, hier Übergangsgeld, ruhe. Auch die zum 1. Januar 1997 in Kraft getretene Vorschrift des § 49 Abs. 3 SGB V steht dem Anspruch auf Zahlung des Krankengeldspitzbetrages nicht entgegen. Mit der Regelung des § 49 Abs. 3 SGB V habe der Gesetzgeber den Krankengeldspitzbetrag nicht gänzlich ausschließen wollen. Die Klägerin lässt zuletzt beantragen,
den Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für die Zeit vom 7. November 2006 bis 19. Dezember 2006 Krankengeld in Höhe von 12,07 Euro brutto zu bezahlen.
4. Die Beklagte beantragt unter Verweis auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid,
die Klage abzuweisen
5. Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf den vorgelegten Beklagtenakt, den Gerichtsakt sowie die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2007 ist rechtswidrig, weil die Klägerin für die Zeit vom 7. November 2006 bis 19. Dezember 2006 Anspruch auf den so genannten Krankengeldspitzbetrag in Höhe von 12,07 Euro brutto kalendertäglich hat.
1. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Allerdings ruht der Anspruch auf Krankengeld nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V, soweit und solange Versicherte Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld oder Kurzarbeitergeld beziehen. Demgegenüber sieht § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V ein Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld vor, solange Versicherte Mutterschaftsgeld oder Arbeitslosengeld beziehen oder der Anspruch wegen einer Sperrzeit nach dem Dritten Buch ruht. Nach § 49 Abs. 3 SGB V dürfen auf Grund gesetzlicher Bestimmungen gesenkte Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen bei der Anwendung des Absatzes 1 nicht aufgestockt werden. Regelungen zur Höhe des Krankengeldes enthalten die §§ 47 bis 47b SGB V.
Nach § 20 Nr. 1 SGB VI haben Anspruch auf Übergangsgeld Versicherte, die von einem Träger der Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder sonstige Leistungen zur Teilhabe erhalten. Regelungen zur Höhe des Übergangsgeldes enthalten die §§ 21 SGB VI i.v.m. 46ff. SGB IX.
2. Die Klägerin hat Anspruch auf den Krankengeldspitzbetrag in Höhe von 12,07 Euro brutto kalendertäglich für den Zeitraum vom 7. November 2006 bis 19. Dezember 2006, weil sie arbeitsunfähig war und der Anspruch insoweit nicht ruhte.
2.1 Die Klägerin war auch in dem Zeitraum vom 7. November 2006 bis 19. Dezember 2006, in dem sie zu Lasten des Rentenversicherungsträgers Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten hat, arbeitsunfähig, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist und im Übrigen aus der von der Beklagten veranlassten sozialmedizinischen Stellungnahme des MDK vom 8. Mai 2007, die den Rentenversicherungsträger veranlasst hat, ab 1. Januar 2007 Rente wegen teilweiser und ab 1. Juli 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit zu bewilligen, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen hervorgeht. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass während dieses Zeitraums ein Anspruch auf den Krankengeldspitzbetrag in Höhe von 12,07 Euro besteht, wenn der Anspruch auf Krankengeld während des Bezugs des Übergangsgeldes nicht geruht hat.
2.2 Während des Bezugs von Übergangsgeld ruht der Anspruch auf Krankengeld nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V nur in der Höhe des Bezugs von Übergangsgeld, sodass sich ein Anspruch auf den Krankengeldspitzbetrag ergibt, wenn das Übergangsgeld - wie vorliegend - geringer ist als das Krankengeld.
2.2.1 Der Anspruch auf den Krankengeldspitzbetrag folgt bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes. Im Gegensatz zur Formulierung der Nummern 2, 3a und 5 des § 49 Abs. 1 SGB V, in denen jeweils nur das Tatbestandsmerkmal "solange" genannt ist, enthalten die Nummern 1, 3, 4 und 6 des § 49 Abs. 1 SGB VI mit den Tatbestandsmerkmalen "soweit und solange" nicht nur eine Begrenzung der Ruhensdauer, sondern durch das Wort "soweit" auch eine Einschränkung nach der Leistungshöhe mit der Folge, dass bei höherem Krankengeld der Unterschiedsbetrag zwischen dieser Leistung und der niedrigeren anderen Sozialleistung, das heißt, der so genannte Spitzbetrag, zu zahlen ist (vgl. BayLSG vom 14.07.2005 - L 4 KR 20/04 - zitiert nach juris, zu den "solange"-Tatbeständen).
Diese am Wortlaut anknüpfende Auslegung entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V in der Fassung des Artikels 4 Nr. 5 Buchstabe b des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2261) ruhte der Anspruch auf Krankengeld, soweit und solange Versicherte Mutterschaftsgeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld oder Schlechtwettergeld bezogen oder der Anspruch wegen einer Sperrzeit nach dem Arbeitsförderungsgesetz ruhte. Mit dem Gesetz zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs - Einordnungsgesetzt - UVEG) vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1254) wurde § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V dergestalt geändert, dass Mutterschaftsgeld, Verletztengeld, Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe in einer neuen Nummer 3a mit dem Tatbestandsmerkmal "solange" geregelt wurden. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 13/2204 Seite 124f.) sollten damit Zweifel daran, dass die Krankenkasse in Fällen, in denen das Verletztengeld niedriger ist als das Krankengeld, das Verletztengeld nicht um einen sogenannte Spitzbetrag bis zur Höhe des Krankengeldbetrages aufstocken darf, beseitigt werden. Beim Bezug von Mutterschaftsgeld, Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe dürfe nicht gleichzeitig Krankengeld gezahlt werden. Um Missverständnisse zu vermeiden, dass bei diesen Leistungen ein Spitzbetrag gezahlt werden könnte, würden auch diese Leistungen in die Neuregelung einbezogen (BT-Drs., a.a.O.). Daraus wird deutlich, dass der Gesetzgeber sehr bewusst zwischen dem Tatbestandsmerkmal "solange" und den Tatbestandsmerkmalen "soweit und solange" unterschieden hat und sich der Folgen des unterschiedlichen Wortlauts bewusst war. Daher ist davon auszugehen, dass mit der Formulierung "soweit und solange" das Ruhen auch bezüglich der Leistungshöhe eingeschränkt wird.
2.2.2 Dem steht die Regelung des § 49 Abs. 3 SGB V, wonach aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkte Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen bei der Anwendung des Absatz 1 nicht aufgestockt werden dürfen, nicht entgegen. § 49 Abs. 3 SGB V wurde mit Artikel 2 Nr. 15 des Gesetzes zur Entlastung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (Beitragsentlastungsgesetz - BeitrEntlG) vom 1. November 1996 (BGBl. I S. 1631) eingefügt. Die Änderung geht zurück auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Gesundheit vom 26. Juni 1996, der damit sicherstellen wollte, dass gesetzliche Verminderungen von Entgelt- und Entgeltersatzleistungen im gesetzlich vorgesehenen Umfang stattfinden und nicht ganz oder teilweise zu Lasten der Krankenversicherung ausgeglichen werden (BT-Drs. 13/5099).
Daraus - wie von der Beklagten im Widerspruchsbescheid geschehen - zu schließen, dass die Vorschrift des § 49 Abs. 1 SGB V wegen der Regelung in § 49 Abs. 3 V weitestgehend ihre praktische Bedeutung verloren hat und jeglicher Krankengeldspitzbetrag damit abgeschafft worden sei, geht zu weit. Zum einen würde es verwundern, warum der Gesetzgeber mit dem Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7. August 1996 noch eine ausdrückliche (Einzel-)Regelung zum Spitzbetrag getroffen hätte und knapp drei Monate später mit den Beitragsentlastungsgesetz vom 1. November 1996 sämtliche Spitzbeträge abschaffen wollte, ohne hierauf in der Gesetzesbegründung - anders als in der Gesetzesbegründung zum Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz geschehen - einzugehen, dies insbesondere auch noch vor dem Hintergrund, dass beide Gesetzesentwürfe in den entsprechenden Ausschüssen des Bundestages fast zeitgleich beraten wurden. Zum anderen sprechen systematische Gründe gegen diese Auslegung des Absatzes 3. Hätte der Gesetzgeber tatsächlich die Spitzbeträge abschaffen wollen, hätte er nicht einen neuen Absatz anfügen, sondern bestehende Absätze ändern können und müssen. Eine - wie mit Absatz 1 geschehen - detaillierte Regelung im Gesetz zu belassen, um ihre Differenzierung mit einem - zudem noch - nachfolgenden Absatz gegenstandslos zu machen, gibt auch keinen Sinn (so auch LSG NRW vom 24.01.2000 - L 5 KR 45/99). Daher kann § 49 Abs. 3 SGB V keine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung erfahren. § 49 Abs. 3 setzt voraus, dass eine Entgelt- oder Entgeltersatzleistung aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkt worden ist. Dies trifft auf das von der Klägerin während des hier fraglichen Zeitraums bezogene Übergangsgeld nicht zu. Diese Leistung ist nicht "aufgrund gesetzlicher Bestimmungen" gesenkt worden. Der hier vorliegende Sachverhalt wird allein von § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V erfasst, wonach ein Anspruch auf den das Übergangsgeld übersteigenden Teil des Krankengeldes ("soweit") besteht (so auch LSG NRW vom 23.01.2001 - L 5 KR 66/99).
Demnach hat die Klägerin für die Zeit vom 7. November 2006 bis 19. Dezember 2006 Anspruch auf den so genannten Krankengeldspitzbetrag in Höhe von vorliegend 12,07 Euro brutto kalendertäglich, weshalb der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2007 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Er war daher aufzuheben und die Beklagte zur entsprechenden Leistung zu verurteilen.
3. Die Entscheidung über die Kosten nach § 193 SGG ist getragen von der Erwägung, dass die Klage Erfolg hat.
4. Da die Berufungssumme überschritten wird, bedurfte es keiner Entscheidung über die Zulassung der Berufung.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 7. November 2006 bis 19. Dezember 2006 den Krankengeldspitzbetrag in Höhe von 12,07 Euro zu bezahlen.
III. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt den so genannten Krankengeldspitzbetrag während ihres Aufenthalts in einer medizinischen Rehabilitationseinrichtung auf Kosten des Rentenversicherungsträgers in der Zeit vom 7. November 2006 bis 19. Dezember 2006.
1. Die Klägerin, die seit 1978 als Spülerin und Reinigungskraft beschäftigt ist, war seit 27. Juli 2006 wegen somatisierter Depression, mittelgradiger depressiver Episode, Karzinophobie und Lumboischialgie arbeitsunfähig und bezog ab 7. September 2006 Krankengeld in Höhe von 49,36 Euro brutto bzw. 42,53 Euro netto kalendertäglich. Mit Bescheid vom 28. September 2006 gewährte der Rentenversicherungsträger stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die in der Zeit vom 7. November 2006 bis 19. Dezember 2006 durchgeführt wurde. Für diese Zeit leistete der Rentenversicherungsträger Übergangsgeld.
Da die Klägerin seit 27. Juli 2006 durchgehend arbeitsunfähig krank war, veranlasste die Beklagte ein sozialmedizinisches Gutachten. Im Hinblick auf das nach persönlicher Untersuchung am 8. Mai 2007 erstellte Gutachten des MDK sah sich der Rentenversicherungsträger veranlasst, ab 1. Januar 2007 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und ab 1. Juli 2007 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 30. Juni 2010 zu bewilligen. Daraufhin wurde die gegen den Rentenversicherungsträger bereits am 27. Juli 2006 erhobene und unter dem Aktenzeichen S 6 R 388/06 geführte Klage für in der Hauptsache erledigt erklärt. 2. Mit am 28. Dezember 2006 eingegangenen Schreiben ließ die Klägerin die Zahlung des Krankengeldspitzbetrages beantragen. Sie sei vor, während und nach der Reha-Maßnahme arbeitsunfähig gewesen. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 3. Januar 2007 abgelehnt, der dagegen am 4. Januar 2007 erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 2007 zurückgewiesen. Die Regelung des § 49 Abs. 3 SGB V stelle sicher, dass gesetzliche Verminderungen von Entgeltersatzleistungen im gesetzlich vorgesehenen Umfang stattfinden und nicht ganz oder teilweise zu Lasten der Krankenversicherung ausgeglichen werden. Die Vorschrift des § 49 Abs. 1 SGB V sei weitestgehend ohne praktische Bedeutung. Daher habe die Klägerin keinen Anspruch auf einen Krankengeldspitzbetrag, der 12,07 Euro brutto kalendertäglich betragen würde.
3. Mit ihrer dagegen am 3. April 2007 erhobenen Klage lässt die Klägerin vortragen, dass der Anspruch auf Krankengeld ruhe, solange und soweit Versicherte unter anderem Übergangsgeld beziehen. Durch das Wort "soweit" habe der Gesetzgeber in § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass das Krankengeld nur in Höhe der anderen Sozialleistung, hier Übergangsgeld, ruhe. Auch die zum 1. Januar 1997 in Kraft getretene Vorschrift des § 49 Abs. 3 SGB V steht dem Anspruch auf Zahlung des Krankengeldspitzbetrages nicht entgegen. Mit der Regelung des § 49 Abs. 3 SGB V habe der Gesetzgeber den Krankengeldspitzbetrag nicht gänzlich ausschließen wollen. Die Klägerin lässt zuletzt beantragen,
den Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für die Zeit vom 7. November 2006 bis 19. Dezember 2006 Krankengeld in Höhe von 12,07 Euro brutto zu bezahlen.
4. Die Beklagte beantragt unter Verweis auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid,
die Klage abzuweisen
5. Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf den vorgelegten Beklagtenakt, den Gerichtsakt sowie die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2007 ist rechtswidrig, weil die Klägerin für die Zeit vom 7. November 2006 bis 19. Dezember 2006 Anspruch auf den so genannten Krankengeldspitzbetrag in Höhe von 12,07 Euro brutto kalendertäglich hat.
1. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Allerdings ruht der Anspruch auf Krankengeld nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V, soweit und solange Versicherte Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld oder Kurzarbeitergeld beziehen. Demgegenüber sieht § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V ein Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld vor, solange Versicherte Mutterschaftsgeld oder Arbeitslosengeld beziehen oder der Anspruch wegen einer Sperrzeit nach dem Dritten Buch ruht. Nach § 49 Abs. 3 SGB V dürfen auf Grund gesetzlicher Bestimmungen gesenkte Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen bei der Anwendung des Absatzes 1 nicht aufgestockt werden. Regelungen zur Höhe des Krankengeldes enthalten die §§ 47 bis 47b SGB V.
Nach § 20 Nr. 1 SGB VI haben Anspruch auf Übergangsgeld Versicherte, die von einem Träger der Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder sonstige Leistungen zur Teilhabe erhalten. Regelungen zur Höhe des Übergangsgeldes enthalten die §§ 21 SGB VI i.v.m. 46ff. SGB IX.
2. Die Klägerin hat Anspruch auf den Krankengeldspitzbetrag in Höhe von 12,07 Euro brutto kalendertäglich für den Zeitraum vom 7. November 2006 bis 19. Dezember 2006, weil sie arbeitsunfähig war und der Anspruch insoweit nicht ruhte.
2.1 Die Klägerin war auch in dem Zeitraum vom 7. November 2006 bis 19. Dezember 2006, in dem sie zu Lasten des Rentenversicherungsträgers Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten hat, arbeitsunfähig, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist und im Übrigen aus der von der Beklagten veranlassten sozialmedizinischen Stellungnahme des MDK vom 8. Mai 2007, die den Rentenversicherungsträger veranlasst hat, ab 1. Januar 2007 Rente wegen teilweiser und ab 1. Juli 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit zu bewilligen, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen hervorgeht. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass während dieses Zeitraums ein Anspruch auf den Krankengeldspitzbetrag in Höhe von 12,07 Euro besteht, wenn der Anspruch auf Krankengeld während des Bezugs des Übergangsgeldes nicht geruht hat.
2.2 Während des Bezugs von Übergangsgeld ruht der Anspruch auf Krankengeld nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V nur in der Höhe des Bezugs von Übergangsgeld, sodass sich ein Anspruch auf den Krankengeldspitzbetrag ergibt, wenn das Übergangsgeld - wie vorliegend - geringer ist als das Krankengeld.
2.2.1 Der Anspruch auf den Krankengeldspitzbetrag folgt bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes. Im Gegensatz zur Formulierung der Nummern 2, 3a und 5 des § 49 Abs. 1 SGB V, in denen jeweils nur das Tatbestandsmerkmal "solange" genannt ist, enthalten die Nummern 1, 3, 4 und 6 des § 49 Abs. 1 SGB VI mit den Tatbestandsmerkmalen "soweit und solange" nicht nur eine Begrenzung der Ruhensdauer, sondern durch das Wort "soweit" auch eine Einschränkung nach der Leistungshöhe mit der Folge, dass bei höherem Krankengeld der Unterschiedsbetrag zwischen dieser Leistung und der niedrigeren anderen Sozialleistung, das heißt, der so genannte Spitzbetrag, zu zahlen ist (vgl. BayLSG vom 14.07.2005 - L 4 KR 20/04 - zitiert nach juris, zu den "solange"-Tatbeständen).
Diese am Wortlaut anknüpfende Auslegung entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V in der Fassung des Artikels 4 Nr. 5 Buchstabe b des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2261) ruhte der Anspruch auf Krankengeld, soweit und solange Versicherte Mutterschaftsgeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld oder Schlechtwettergeld bezogen oder der Anspruch wegen einer Sperrzeit nach dem Arbeitsförderungsgesetz ruhte. Mit dem Gesetz zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs - Einordnungsgesetzt - UVEG) vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1254) wurde § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V dergestalt geändert, dass Mutterschaftsgeld, Verletztengeld, Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe in einer neuen Nummer 3a mit dem Tatbestandsmerkmal "solange" geregelt wurden. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 13/2204 Seite 124f.) sollten damit Zweifel daran, dass die Krankenkasse in Fällen, in denen das Verletztengeld niedriger ist als das Krankengeld, das Verletztengeld nicht um einen sogenannte Spitzbetrag bis zur Höhe des Krankengeldbetrages aufstocken darf, beseitigt werden. Beim Bezug von Mutterschaftsgeld, Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe dürfe nicht gleichzeitig Krankengeld gezahlt werden. Um Missverständnisse zu vermeiden, dass bei diesen Leistungen ein Spitzbetrag gezahlt werden könnte, würden auch diese Leistungen in die Neuregelung einbezogen (BT-Drs., a.a.O.). Daraus wird deutlich, dass der Gesetzgeber sehr bewusst zwischen dem Tatbestandsmerkmal "solange" und den Tatbestandsmerkmalen "soweit und solange" unterschieden hat und sich der Folgen des unterschiedlichen Wortlauts bewusst war. Daher ist davon auszugehen, dass mit der Formulierung "soweit und solange" das Ruhen auch bezüglich der Leistungshöhe eingeschränkt wird.
2.2.2 Dem steht die Regelung des § 49 Abs. 3 SGB V, wonach aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkte Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen bei der Anwendung des Absatz 1 nicht aufgestockt werden dürfen, nicht entgegen. § 49 Abs. 3 SGB V wurde mit Artikel 2 Nr. 15 des Gesetzes zur Entlastung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung (Beitragsentlastungsgesetz - BeitrEntlG) vom 1. November 1996 (BGBl. I S. 1631) eingefügt. Die Änderung geht zurück auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Gesundheit vom 26. Juni 1996, der damit sicherstellen wollte, dass gesetzliche Verminderungen von Entgelt- und Entgeltersatzleistungen im gesetzlich vorgesehenen Umfang stattfinden und nicht ganz oder teilweise zu Lasten der Krankenversicherung ausgeglichen werden (BT-Drs. 13/5099).
Daraus - wie von der Beklagten im Widerspruchsbescheid geschehen - zu schließen, dass die Vorschrift des § 49 Abs. 1 SGB V wegen der Regelung in § 49 Abs. 3 V weitestgehend ihre praktische Bedeutung verloren hat und jeglicher Krankengeldspitzbetrag damit abgeschafft worden sei, geht zu weit. Zum einen würde es verwundern, warum der Gesetzgeber mit dem Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz vom 7. August 1996 noch eine ausdrückliche (Einzel-)Regelung zum Spitzbetrag getroffen hätte und knapp drei Monate später mit den Beitragsentlastungsgesetz vom 1. November 1996 sämtliche Spitzbeträge abschaffen wollte, ohne hierauf in der Gesetzesbegründung - anders als in der Gesetzesbegründung zum Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz geschehen - einzugehen, dies insbesondere auch noch vor dem Hintergrund, dass beide Gesetzesentwürfe in den entsprechenden Ausschüssen des Bundestages fast zeitgleich beraten wurden. Zum anderen sprechen systematische Gründe gegen diese Auslegung des Absatzes 3. Hätte der Gesetzgeber tatsächlich die Spitzbeträge abschaffen wollen, hätte er nicht einen neuen Absatz anfügen, sondern bestehende Absätze ändern können und müssen. Eine - wie mit Absatz 1 geschehen - detaillierte Regelung im Gesetz zu belassen, um ihre Differenzierung mit einem - zudem noch - nachfolgenden Absatz gegenstandslos zu machen, gibt auch keinen Sinn (so auch LSG NRW vom 24.01.2000 - L 5 KR 45/99). Daher kann § 49 Abs. 3 SGB V keine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung erfahren. § 49 Abs. 3 setzt voraus, dass eine Entgelt- oder Entgeltersatzleistung aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkt worden ist. Dies trifft auf das von der Klägerin während des hier fraglichen Zeitraums bezogene Übergangsgeld nicht zu. Diese Leistung ist nicht "aufgrund gesetzlicher Bestimmungen" gesenkt worden. Der hier vorliegende Sachverhalt wird allein von § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V erfasst, wonach ein Anspruch auf den das Übergangsgeld übersteigenden Teil des Krankengeldes ("soweit") besteht (so auch LSG NRW vom 23.01.2001 - L 5 KR 66/99).
Demnach hat die Klägerin für die Zeit vom 7. November 2006 bis 19. Dezember 2006 Anspruch auf den so genannten Krankengeldspitzbetrag in Höhe von vorliegend 12,07 Euro brutto kalendertäglich, weshalb der Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2007 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Er war daher aufzuheben und die Beklagte zur entsprechenden Leistung zu verurteilen.
3. Die Entscheidung über die Kosten nach § 193 SGG ist getragen von der Erwägung, dass die Klage Erfolg hat.
4. Da die Berufungssumme überschritten wird, bedurfte es keiner Entscheidung über die Zulassung der Berufung.
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