Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 2 P 41/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 P 31/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 P 8/08 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger für die Zeit vom 1. Oktober 2001 bis 28. Oktober 2002 Pflegegeld nach der Stufe III statt der Stufe II auszuzahlen ist.
Der Kläger ist Rechtsnachfolger nach seiner 1923 geborenen und am 28. Oktober 2002 verstorbenen Mutter, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hatte. Seiner Mutter war ab Dezember 1991 Unterstützung zur häuslichen Pflege wegen Schwerpflegebedürftigkeit gewährt worden. Nach Inkrafttreten des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) erhielt diese Pflegegeld nach der Stufe II, ohne dass eine erneute Untersuchung durchgeführt worden war.
Auf den Höherstufungsantrag vom 30. Oktober 2001 kündigte die Beklagte eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) für den 6. Dezember 2001 an. Der Kläger bat als Bevollmächtigter seiner Mutter, den Termin zurückzustellen, weil er erst noch Unterlagen besorgen wollte. Im Schreiben vom 1. September 2002, bei der Beklagten am 4. September 2002 eingegangen, erklärte der Kläger, er halte die Vorlage eines Pflegetagebuchs für die Bearbeitung des Höherstufungsantrags für erforderlich. Im Schreiben vom 25. September 2002 wies die Beklagte darauf hin, sie beabsichtige, den Antrag auf Höherstufung abzulehnen. Sie gebe Gelegenheit hierzu binnen drei Wochen Stellung zunehmen. Auf Wunsch des Klägers verlängerte sie die Äußerungsfrist bis 21. November 2002. Eine Antwort des Klägers ging nicht ein.
Mit Bescheid vom 22. November 2002 lehnte die Beklagte den Antrag auf Höherstufung ab, weil einer Prüfung durch den MDK nicht zugestimmt und weitere Unterlagen nicht eingereicht worden waren. Nachdem die Versicherte ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei, erhalte sie weiterhin Leistungen im bisherigen Umfang. Mit bei der Beklagten am 27. November 2002 eingegangenem Schreiben teilte der Kläger mit, seine Mutter sei am 28. Oktober 2002 verstorben. Er sei vorerst nicht in der Lage, Unterlagen für den Höherstufungsantrag vorzulegen. Gegen den Bescheid legte der Kläger als Rechtsnachfolger Widerspruch ein und kündigte an, Unterlagen vorzulegen. Am 14. Januar 2003 übersandte die Beklagte vom Kläger gewünschte Kassenunterlagen und erklärte, in der nächsten Sitzung des Widerspruchsausschusses werde über den Widerspruch entschieden. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht gem. § 18 SGB XI nicht nachgekommen. Angekündigte Unterlagen habe er nicht eingereicht.
Dagegen legte der Kläger beim Sozialgericht München (SG) am 28. Februar 2003 Klage ein. Er legte einen Erbschein des Amtsgerichts A. vor. Danach war er Alleinerbe nach seiner Mutter. Die Klage begründete er am 28. August 2003. Es seien Formfehler zu beanstanden. Der Widerspruchsbescheid sei nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) aufzuheben. Eine Anhörung vor Erlass des Widerspruchsbescheids sei unterblieben. Die beantragte Akteneinsicht sei ihm nicht gewährt worden. Der Widerspruchsbescheid enthalte diverse Schreib- und Rechtschreibfehler. Aus wichtigen Gründen sei der Begutachtung seinerzeit nicht zugestimmt und um Verlegung gebeten worden.
Am 29. September 2003 bat das SG, die im Besitz des Klägers befindlichen ärztlichen Atteste und sonstigen Unterlagen über seine verstorbene Mutter innerhalb von sechs Wochen vorzulegen. Nach mehrmaligen Anträgen auf Fristverlängerung, denen das SG entsprach, beraumte dieses, nachdem eine Antwort des Klägers nicht eingegangen war, Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 25. November 2004 an. Der Kläger legte daraufhin ein Attest des Dr. D. vom 26. November 2004 vor. Darin wurde Bettlägerigkeit seit Juni 2001 bescheinigt und verschiedene Diagnosen mit dem Entstehungszeitpunkt der Erkrankung genannt. Dr. D. äußerte, das schwere und komplexe Krankheitsbild habe eine Rund-um-die-Uhr-Pflege von durchschnittlich vier Stunden pro Tag in der Grundpflege und einer Stunde für hauswirtschaftliche Versorgung erfordert. Am 10. Dezember 2004 erinnerte das SG den Kläger, die angekündigte Pflegedokumentation vorzulegen. Wegen eigener Erkrankung - so der Kläger am 26. Dezember 2004 - könne er die Pflegedokumentation nicht vorlegen. Am 12. Januar 2005 beauftragte das SG den Sozialmediziner Dr. M. , ein Gutachten nach Aktenlage zum Pflegeaufwand für die Zeit bis 28. Oktober 2002 zu erstatten. Der Sachverständige bat, die Pflegegutachten des MDK vorzulegen. Die Beklagte erklärte, außer der gutachterlichen Stellungnahme vom 17. Januar 1992 sei in der Akte kein weiteres Gutachten enthalten. Seinerzeit sei man von einer schicksalhaft schlechter werdenden Erkrankung ausgegangen, so dass sich eine Wiederholungsbegutachtung erübrigt habe. In seinem Gutachten vom 9. April 2005 - dem Kläger am 21. April 2005 zur Kenntnis gegeben - führte der Sachverständige aus, an ärztlichen Unterlagen sei nur das Attest des Dr. D. vom 26. November 2004 vorhanden, das jedoch keine Beschreibung der pflegebegründenden Einflüsse oder Funktionseinschränkungen beinhalte. Es ließen sich lediglich Anhaltspunkte dafür gewinnen, dass die Mobilität bereits seit 1963 eingeschränkt gewesen sei, seit 1974 rheumatische Veränderungen an den Händen, seit 1982 ein Hüftgelenksersatz, seit 1989 eine Kniegelenkesprothese, seit 1996 Deformationen der Wirbelsäule und nach einem Schlaganfall im Juni 2001 vollständige Bettlägerigkeit bestanden haten. Angaben zum Umfang der notwendigen Pflege zu machen, sei ihm angesichts der spärlichen Unterlagen nicht möglich. Er schätze den täglichen Hilfebedarf für Körperpflege auf 74 Minuten, für Ernährung auf 15 Minuten und für Aufstehen/Zu-Bett-Gehen sowie für An- und Auskleiden auf 35 Minuten. Insgesamt betrage der Pflegebedarf damit 125 Minuten für Grundpflege.
Der Kläger rügte, die Einschätzung des Sachverständigen stehe in krassem Widerspruch zu der Beurteilung des Dr. D ... Er sehe sich infolge der Witterungsverhältnisse in den Monaten Juni, Juli und August 2005 sowie wegen eines Zivilrechtsstreits im Zusammenhang mit einem PKW-Kauf nicht in der Lage, zum Pflegeumfang Stellung zunehmen.
Das SG beraumte Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 16. Februar 2006 an, zu dem für den Kläger niemand erschien, und wies die Klage mit Urteil ab. Es ging davon aus, dass erst am 1. September 2002 - eingegangen am 4. September 2002 - ein Antrag auf Höherstufung gestellt worden sei. Auf Grund des Gutachtens von Dr. M. lasse sich nicht feststellen, dass bis zum Tod der Mutter des Klägers ein Hilfebedarf im Umfang von 240 Minuten, wie für Pflegestufe III erforderlich, bestanden habe. Das vom Kläger mehrfach angekündigte Pflegetagebuch sei nicht vorgelegt worden. Ein Anspruch auf höhere Pflegeleistungen als tatsächlich bezahlt lasse sich nicht begründen.
Das zunächst ohne Unterschrift des Urkundsbeamten am 22. Mai 2006 zugestellte Urteil wurde in ordnungsgemäßer Ausfertigung nochmals am 26. Juni 2006 zugestellt.
Dagegen legte der Kläger am 30. Juni 2006 Berufung ein. Mehrfach bat er um Fristverlängerung zur Begründung der Berufung, zuletzt bis 30. März 2007. Im Schreiben vom 24. März 2007 rügte der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Verwaltungsverfahren weise Verstöße gegen § 44 SGB X (Untersuchungsgrundsatzes), § 42 SGB X (Verweigerung der Akteneinsicht, unterlassene Anhörung) auf. Das SG habe noch vor Ablauf der ihm bis zum 1. Februar 2006 eingeräumten Äußerungsfrist am 30. Januar 2006 die Ladung zur mündlichen Verhandlung auf den 16. Februar 2006 verfügt. Darin liege ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens. Er habe keine zeitlich angemessene Gelegenheit gehabt, zum Gutachten des Dr. M. Stellung zu nehmen. Das SG hätte deshalb dessen Gutachten nicht, sondern ausschließlich das des Dr. D. verwerten dürfen. Es habe seinen Höherstufungsantrag unzulässig auf den 1. September 2002 beschränkt, obwohl dieser vom 30. Oktober 2001 datiere.
Der Senat forderte am 30. Mai 2007 eine schriftliche Zeugenerklärung von Dr. D. zur Medikamentenverordnung und zu Funktionsmessungen bei der verstorbenen Versicherten im Zeitraum vom 1. Oktober 2001 bis 28. Oktober 2002 an. Am 5. Juli 2007 erklärte Dr. D. , das Leistungsvermögen der Versicherten sei bei der morgendlichen Ganzkörperwäsche und beim Umlagern eingeschränkt gewesen. Bei der Ganzkörperwäsche sei eine Einreibung der Haut notwendig gewesen. Auch bei den sonstigen Verrichtungen der Körperpflege sei Hilfe erforderlich gewesen. Die Zeugenerklärung wurde dem Kläger am 16. Juli 2007 zur Kenntnis gegeben.
Die Beklagte führte hierzu am 30. Juli 2007 aus, beim Vergleich der Beschreibung des Dr. D. und der Einschätzung der Hilfeleistungen durch Dr. M. fielen keine gravierenden Unterschiede auf. Zeitliche Angaben habe Dr. D. nicht gemacht. Es bestünden Zweifel, ob dieser, der nach eigenen Angaben nur selten zum Hausbesuch gerufen worden war, ca. fünf Jahre nach dem Tod der Versicherten überhaupt noch deren Leistungsvermögen zutreffend einschätzen könne. Das Leistungsbild werde von ihm überwiegend an Hand medizinischer Unterlagen rekonstruiert. Auf mehrfache Anträge wurde dem Kläger zuletzt Frist zur Stellungnahme bis 23. Oktober 2007 eingeräumt. Dem Antrag vom 20. Oktober 2007 auf Fristverlängerung bis 27. November 2007 gab der Senat nicht statt. Der Kläger begründete seinen Antrag damit, dass sich der Zustand seiner rechten Hand (Schmerzen im Handgelenk) zwar insoweit gebessert habe, dass er die täglichen Verrichtungen wieder ausführen könne. Jedoch hätten sich Rückstände angesammelt. Der Senat hat am 24. Oktober 2007 mitgeteilt, eine weitere Fristverlängerung könne nicht gewährt werden. Es bleibe dem Kläger unbenommen, seinen Standpunkt in der mündlichen Verhandlung zu erläutern.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 16. Februar 2006 sowie des Bescheids vom 22. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Januar 2003 zu verurteilen, ihm als Sonderrechtsnachfolger für die Zeit vom 01.10.2001 bis 31.10.2002 die Differenz zwischen Pflegegeld nach Stufe II und Stufe III, 205.- EUR mal 13 Monate = 2.665.- EUR auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. Februar 2006 zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gem. § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der Aktenheftung der Beklagten sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.
Zutreffend hat das SG entschieden, dass ein Anspruch auf Pflegegeld gem. § 37 Absatz 1 Satz 3 Ziffer 3 SGB XI nicht zu begründen ist, weil der Nachweis, dass für die Pflege der am 28. Oktober 2002 verstorbenen Versicherten mehr als 240 Minuten im Bereich der Grundpflege aufzuwenden waren, nicht erbracht ist. Zwar steht dem Kläger als Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB I) ein solcher Auszahlungsanspruch grundsätzlich zu. Jedoch ist aufgrund der vorhandenen Unterlagen kein Beweis hinsichtlich des notwendigen Zeitaufwandes für Pflegeleistungen von mindestens 240 Minuten im Grundpflegebereich zu führen.
Formelle Fehler, die das Urteil des SG rechtswidrig erscheinen ließen, sind nicht zu erkennen. Die zunächst vom Kläger gerügte Zustellung des Urteils in unvollständiger Ausfertigung wurde in vollständiger Form (§ 134 SGG) nachgeholt. Dass das SG noch vor Ablauf der dem Kläger eingeräumten Äußerungsfrist die Ladung zum Termin am 16. Februar 2006 verfügt hatte, beinhaltet keine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Schließlich hätte das SG eine bis zum Ende der mündlichen Verhandlung vorgebrachte schriftliche oder mündliche Erklärung des Klägers bei seiner Entscheidung berücksichtigen müssen. Ebenso wenig sieht der Senat eine Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens. Dieser ist Ausfluss des Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip. Danach müssen die Beteiligten die Möglichkeit haben, im Rechtsstreit tatsächliche und rechtliche Argumente vorbringen zu können. In Anbetracht der dem Kläger gewährten zahlreichen Fristverlängerungen ist nicht zu erkennen, dass sich der Kläger nicht hätte äußern können. Darüber hinaus ist das Gericht allen Verfahrensbeteiligten gegenüber und damit auch gegenüber der Beklagten verpflichtet, für Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit zu sorgen. Fristverlängerungsanträgen in unbegrenzter Zahl ohne zwingenden Grund muss das Gericht nicht entsprechen.
Inwieweit Grundsätze des § 44 SGB X zum Tragen kommen sollen, hat der Kläger nicht weiter ausgeführt. Sein Vorbringen, die Beklagte habe den Untersuchungsgrundsatz vernachlässigt, ist nicht nachvollziehbar. Denn die von der Beklagten beabsichtigte Untersuchung durch den MDK hat der Kläger nicht zugelassen und die von ihm selbst angekündigte Pflegedokumentation hat er nicht vorgelegt. Ebenso wenig ist seine Rüge, § 42 SGB X sei verletzt, zu verstehen. Es kann dahinstehen, ob es überhaupt einer Anhörung gem. § 24 SGB X bedurfte, bevor über den Höherstufungsantrag entschieden wurde. Denn die Beklagte hatte im Schreiben vom 25. September 2002 daraufhin gewiesen, sie beabsichtige den Höherstufungsantrag abzulehnen und dem Kläger Gelegenheit gegeben, hierzu binnen drei Wochen Stellung zu nehmen. Auf Wunsch des Klägers verlängerte sie diese Äußerungsfrist auf den 21. November 2002.
In materieller Hinsicht ist der Anspruch des Klägers auf Pflegegeld nach der Pflegestufe III nicht zu begründen. Insoweit stützt sich der Senat auf die Ausführungen des SG. Dieses führte aus, anhand des Gutachtens des Dr. M. lasse sich ein Pflegeaufwand lediglich schätzen und zwar auf 124 Minuten im Grundpflegebereich. Dem Sachverständigen standen bereits die Ausführungen des Dr. D. vom 26. November 2004 zur Verfügung. Darin waren alle Diagnosen aufgelistet, die dieser Arzt in seiner vom Senat angeforderten schriftlichen Zeugenerklärung wiederholte. Ersichtlich konnte er nur anhand der von ihm festgestellten Diagnosen Rückschlüsse auf Funktionseinbußen ziehen. Denn er führte eingangs aus, er sei nur selten zu Hausbesuchen gerufen worden. Das bedeutet, dass er die Versicherte selten in ihrer häuslichen Umgebung zu sehen bekam und infolgedessen deren Vermögen, alltägliche Verrichtungen ausführen zu können, nicht beobachten konnte.
Im Einzelnen beschreibt der Zeuge einen Hilfebedarf für die morgendliche Ganzkörperwäsche in Form vollständiger Übernahme/Anleitung, bei der Teilwäsche des Oberkörpers vollständige Übernahme wegen des zweimal wöchentlichen Haarewaschens. Die Teilwäsche des Unterkörpers sieht er im Zusammenhang mit Wasserlassen und Stuhlgang. Teilwäsche von Gesicht und Händen hält er vor und nach den drei Hauptmahlzeiten und einer Zwischenmahlzeit für erforderlich. Vollständige Übernahme der Zahnpflege sei nach den drei Hauptmahlzeiten vorzunehmen gewesen. Zweimal pro Tag habe die Versicherte gekämmt werden müssen. Achtmal pro Tag habe die Kleidung von Ober- und Unterkörper im Zusammenhang mit der Wäsche des Unterkörpers in Verbindung mit dem sechsmaligen Wasserlassen und zweimaligen Windelwechsel nach Stuhlgang gerichtet werden müssen. Eine Harn- und Stuhlinkontinenz habe nur teilweise bestanden. Die Nahrung habe der Versicherten bei den drei Hauptmahlzeiten mundgerecht hergerichtet und ein Getränk in einer Schnabeltasse bereitgestellt werden müssen. Teilweise habe die Versicherte auch der Hilfe beim Essen und Trinken im Rahmen der aktivierenden Pflege bedurft; insoweit sei eine Beaufsichtigung bei der Nahrungsaufnahme wegen der raschen Ermüdbarkeit und Schluckstörungen infolge des schweren Morbus Bechterew erforderlich gewesen. Im Bereich der Mobilität habe der Versicherten bei der Teilentkleidung des Ober- und Unterkörpers im Zusammenhang mit dem Waschvorgang und dem Windelwechsel geholfen werden müssen.
Die von Dr. D. aufgeführten Pflegemaßnahmen, wie Einreibung der Haut, sind lediglich in Verbindung mit einer Ganzkörperwäsche berücksichtigungsfähig. Andere Einreibungen und Massagen gelten als Maßnahmen der Krankenpflege.
Betrachtet man die vom Sachverständigen Dr. M. geschätzten Zeitwerte für die einzelnen Verrichtungen, so lässt sich feststellen, dass dieser davon ausgegangen war, die Versicherte habe aufgrund ihrer Halbseitenlähmung des rechten Arms noch bei zahlreichen Verrichtungen aktiv mithelfen können. Nach der Darstellung des Dr. D. sei eine vollständige Übernahme der einzelnen Verrichtungen notwendig gewesen. Selbst wenn man von einer vollständigen Übernahme der Verrichtungen ausgehen und die maximalen Zeitwerte der Begutachtungsrichtlinien zugrundelegen wollte, lässt sich insgesamt für den Grundpflegebereich nur Hilfe im Umfang von 188 Minuten errechnen. Darin ist der maximale Wert für Ganzkörperwäsche von 25 Minuten (Dr. M. 12 Minuten), für Teilwäsche abends 10 Minuten (Dr. M. 5 Minuten) für Darm- und Blasenentleerung insgesamt 66 Minuten (Dr. M. 40 Minuten) und für Nahrungsaufnahme 20 Minuten (Dr. M. 0 Minuten) enthalten. Insgesamt errechnet sich damit ein Mehraufwand von 64 Minuten, der zu den von Dr. M. angesetzten 124 Minuten dazuzuzählen ist und insgesamt 188 Minuten ergibt. Damit wird bei weitem der von § 15 Abs. 3 Ziffer 3 SGB XI vorgegebene Zeitrahmen von 240 Minuten im Grundpflegebereich nicht erreicht.
Diese Ausführungen verdeutlichen, dass vom jetzigen Zeitpunkt aus nur noch eine grobe Einschätzung des Hilfebedarfs für die hier relevante Zeit vom 1. Oktober 2001 bis 28. Oktober 2002 möglich ist. Da ein Pflegetagebuch nicht existiert, können Daten über die tatsächlich stattgefundene Pflege nicht herangezogen werden. Dieses Beweisdefizit ist nicht mehr zu beseitigen. Der Kläger hat die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen. Einen Anspruch auf Auszahlung des Differenzbetrages zwischen Leistungen eines Pflegegeldes nach Stufe III zur Stufe II in Höhe von monatlich 205 EUR hat er nicht.
Seine Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. Februar 2006 war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG, da § 197 a SGG wegen § 183 Satz 1 SGG auf den Kläger als Sonderrechtsnachfolger nicht anzuwenden ist.
Gründe, die Revision gem. § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger für die Zeit vom 1. Oktober 2001 bis 28. Oktober 2002 Pflegegeld nach der Stufe III statt der Stufe II auszuzahlen ist.
Der Kläger ist Rechtsnachfolger nach seiner 1923 geborenen und am 28. Oktober 2002 verstorbenen Mutter, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hatte. Seiner Mutter war ab Dezember 1991 Unterstützung zur häuslichen Pflege wegen Schwerpflegebedürftigkeit gewährt worden. Nach Inkrafttreten des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) erhielt diese Pflegegeld nach der Stufe II, ohne dass eine erneute Untersuchung durchgeführt worden war.
Auf den Höherstufungsantrag vom 30. Oktober 2001 kündigte die Beklagte eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) für den 6. Dezember 2001 an. Der Kläger bat als Bevollmächtigter seiner Mutter, den Termin zurückzustellen, weil er erst noch Unterlagen besorgen wollte. Im Schreiben vom 1. September 2002, bei der Beklagten am 4. September 2002 eingegangen, erklärte der Kläger, er halte die Vorlage eines Pflegetagebuchs für die Bearbeitung des Höherstufungsantrags für erforderlich. Im Schreiben vom 25. September 2002 wies die Beklagte darauf hin, sie beabsichtige, den Antrag auf Höherstufung abzulehnen. Sie gebe Gelegenheit hierzu binnen drei Wochen Stellung zunehmen. Auf Wunsch des Klägers verlängerte sie die Äußerungsfrist bis 21. November 2002. Eine Antwort des Klägers ging nicht ein.
Mit Bescheid vom 22. November 2002 lehnte die Beklagte den Antrag auf Höherstufung ab, weil einer Prüfung durch den MDK nicht zugestimmt und weitere Unterlagen nicht eingereicht worden waren. Nachdem die Versicherte ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei, erhalte sie weiterhin Leistungen im bisherigen Umfang. Mit bei der Beklagten am 27. November 2002 eingegangenem Schreiben teilte der Kläger mit, seine Mutter sei am 28. Oktober 2002 verstorben. Er sei vorerst nicht in der Lage, Unterlagen für den Höherstufungsantrag vorzulegen. Gegen den Bescheid legte der Kläger als Rechtsnachfolger Widerspruch ein und kündigte an, Unterlagen vorzulegen. Am 14. Januar 2003 übersandte die Beklagte vom Kläger gewünschte Kassenunterlagen und erklärte, in der nächsten Sitzung des Widerspruchsausschusses werde über den Widerspruch entschieden. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger sei seiner Mitwirkungspflicht gem. § 18 SGB XI nicht nachgekommen. Angekündigte Unterlagen habe er nicht eingereicht.
Dagegen legte der Kläger beim Sozialgericht München (SG) am 28. Februar 2003 Klage ein. Er legte einen Erbschein des Amtsgerichts A. vor. Danach war er Alleinerbe nach seiner Mutter. Die Klage begründete er am 28. August 2003. Es seien Formfehler zu beanstanden. Der Widerspruchsbescheid sei nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) aufzuheben. Eine Anhörung vor Erlass des Widerspruchsbescheids sei unterblieben. Die beantragte Akteneinsicht sei ihm nicht gewährt worden. Der Widerspruchsbescheid enthalte diverse Schreib- und Rechtschreibfehler. Aus wichtigen Gründen sei der Begutachtung seinerzeit nicht zugestimmt und um Verlegung gebeten worden.
Am 29. September 2003 bat das SG, die im Besitz des Klägers befindlichen ärztlichen Atteste und sonstigen Unterlagen über seine verstorbene Mutter innerhalb von sechs Wochen vorzulegen. Nach mehrmaligen Anträgen auf Fristverlängerung, denen das SG entsprach, beraumte dieses, nachdem eine Antwort des Klägers nicht eingegangen war, Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 25. November 2004 an. Der Kläger legte daraufhin ein Attest des Dr. D. vom 26. November 2004 vor. Darin wurde Bettlägerigkeit seit Juni 2001 bescheinigt und verschiedene Diagnosen mit dem Entstehungszeitpunkt der Erkrankung genannt. Dr. D. äußerte, das schwere und komplexe Krankheitsbild habe eine Rund-um-die-Uhr-Pflege von durchschnittlich vier Stunden pro Tag in der Grundpflege und einer Stunde für hauswirtschaftliche Versorgung erfordert. Am 10. Dezember 2004 erinnerte das SG den Kläger, die angekündigte Pflegedokumentation vorzulegen. Wegen eigener Erkrankung - so der Kläger am 26. Dezember 2004 - könne er die Pflegedokumentation nicht vorlegen. Am 12. Januar 2005 beauftragte das SG den Sozialmediziner Dr. M. , ein Gutachten nach Aktenlage zum Pflegeaufwand für die Zeit bis 28. Oktober 2002 zu erstatten. Der Sachverständige bat, die Pflegegutachten des MDK vorzulegen. Die Beklagte erklärte, außer der gutachterlichen Stellungnahme vom 17. Januar 1992 sei in der Akte kein weiteres Gutachten enthalten. Seinerzeit sei man von einer schicksalhaft schlechter werdenden Erkrankung ausgegangen, so dass sich eine Wiederholungsbegutachtung erübrigt habe. In seinem Gutachten vom 9. April 2005 - dem Kläger am 21. April 2005 zur Kenntnis gegeben - führte der Sachverständige aus, an ärztlichen Unterlagen sei nur das Attest des Dr. D. vom 26. November 2004 vorhanden, das jedoch keine Beschreibung der pflegebegründenden Einflüsse oder Funktionseinschränkungen beinhalte. Es ließen sich lediglich Anhaltspunkte dafür gewinnen, dass die Mobilität bereits seit 1963 eingeschränkt gewesen sei, seit 1974 rheumatische Veränderungen an den Händen, seit 1982 ein Hüftgelenksersatz, seit 1989 eine Kniegelenkesprothese, seit 1996 Deformationen der Wirbelsäule und nach einem Schlaganfall im Juni 2001 vollständige Bettlägerigkeit bestanden haten. Angaben zum Umfang der notwendigen Pflege zu machen, sei ihm angesichts der spärlichen Unterlagen nicht möglich. Er schätze den täglichen Hilfebedarf für Körperpflege auf 74 Minuten, für Ernährung auf 15 Minuten und für Aufstehen/Zu-Bett-Gehen sowie für An- und Auskleiden auf 35 Minuten. Insgesamt betrage der Pflegebedarf damit 125 Minuten für Grundpflege.
Der Kläger rügte, die Einschätzung des Sachverständigen stehe in krassem Widerspruch zu der Beurteilung des Dr. D ... Er sehe sich infolge der Witterungsverhältnisse in den Monaten Juni, Juli und August 2005 sowie wegen eines Zivilrechtsstreits im Zusammenhang mit einem PKW-Kauf nicht in der Lage, zum Pflegeumfang Stellung zunehmen.
Das SG beraumte Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 16. Februar 2006 an, zu dem für den Kläger niemand erschien, und wies die Klage mit Urteil ab. Es ging davon aus, dass erst am 1. September 2002 - eingegangen am 4. September 2002 - ein Antrag auf Höherstufung gestellt worden sei. Auf Grund des Gutachtens von Dr. M. lasse sich nicht feststellen, dass bis zum Tod der Mutter des Klägers ein Hilfebedarf im Umfang von 240 Minuten, wie für Pflegestufe III erforderlich, bestanden habe. Das vom Kläger mehrfach angekündigte Pflegetagebuch sei nicht vorgelegt worden. Ein Anspruch auf höhere Pflegeleistungen als tatsächlich bezahlt lasse sich nicht begründen.
Das zunächst ohne Unterschrift des Urkundsbeamten am 22. Mai 2006 zugestellte Urteil wurde in ordnungsgemäßer Ausfertigung nochmals am 26. Juni 2006 zugestellt.
Dagegen legte der Kläger am 30. Juni 2006 Berufung ein. Mehrfach bat er um Fristverlängerung zur Begründung der Berufung, zuletzt bis 30. März 2007. Im Schreiben vom 24. März 2007 rügte der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Verwaltungsverfahren weise Verstöße gegen § 44 SGB X (Untersuchungsgrundsatzes), § 42 SGB X (Verweigerung der Akteneinsicht, unterlassene Anhörung) auf. Das SG habe noch vor Ablauf der ihm bis zum 1. Februar 2006 eingeräumten Äußerungsfrist am 30. Januar 2006 die Ladung zur mündlichen Verhandlung auf den 16. Februar 2006 verfügt. Darin liege ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens. Er habe keine zeitlich angemessene Gelegenheit gehabt, zum Gutachten des Dr. M. Stellung zu nehmen. Das SG hätte deshalb dessen Gutachten nicht, sondern ausschließlich das des Dr. D. verwerten dürfen. Es habe seinen Höherstufungsantrag unzulässig auf den 1. September 2002 beschränkt, obwohl dieser vom 30. Oktober 2001 datiere.
Der Senat forderte am 30. Mai 2007 eine schriftliche Zeugenerklärung von Dr. D. zur Medikamentenverordnung und zu Funktionsmessungen bei der verstorbenen Versicherten im Zeitraum vom 1. Oktober 2001 bis 28. Oktober 2002 an. Am 5. Juli 2007 erklärte Dr. D. , das Leistungsvermögen der Versicherten sei bei der morgendlichen Ganzkörperwäsche und beim Umlagern eingeschränkt gewesen. Bei der Ganzkörperwäsche sei eine Einreibung der Haut notwendig gewesen. Auch bei den sonstigen Verrichtungen der Körperpflege sei Hilfe erforderlich gewesen. Die Zeugenerklärung wurde dem Kläger am 16. Juli 2007 zur Kenntnis gegeben.
Die Beklagte führte hierzu am 30. Juli 2007 aus, beim Vergleich der Beschreibung des Dr. D. und der Einschätzung der Hilfeleistungen durch Dr. M. fielen keine gravierenden Unterschiede auf. Zeitliche Angaben habe Dr. D. nicht gemacht. Es bestünden Zweifel, ob dieser, der nach eigenen Angaben nur selten zum Hausbesuch gerufen worden war, ca. fünf Jahre nach dem Tod der Versicherten überhaupt noch deren Leistungsvermögen zutreffend einschätzen könne. Das Leistungsbild werde von ihm überwiegend an Hand medizinischer Unterlagen rekonstruiert. Auf mehrfache Anträge wurde dem Kläger zuletzt Frist zur Stellungnahme bis 23. Oktober 2007 eingeräumt. Dem Antrag vom 20. Oktober 2007 auf Fristverlängerung bis 27. November 2007 gab der Senat nicht statt. Der Kläger begründete seinen Antrag damit, dass sich der Zustand seiner rechten Hand (Schmerzen im Handgelenk) zwar insoweit gebessert habe, dass er die täglichen Verrichtungen wieder ausführen könne. Jedoch hätten sich Rückstände angesammelt. Der Senat hat am 24. Oktober 2007 mitgeteilt, eine weitere Fristverlängerung könne nicht gewährt werden. Es bleibe dem Kläger unbenommen, seinen Standpunkt in der mündlichen Verhandlung zu erläutern.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 16. Februar 2006 sowie des Bescheids vom 22. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Januar 2003 zu verurteilen, ihm als Sonderrechtsnachfolger für die Zeit vom 01.10.2001 bis 31.10.2002 die Differenz zwischen Pflegegeld nach Stufe II und Stufe III, 205.- EUR mal 13 Monate = 2.665.- EUR auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. Februar 2006 zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gem. § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der Aktenheftung der Beklagten sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet.
Zutreffend hat das SG entschieden, dass ein Anspruch auf Pflegegeld gem. § 37 Absatz 1 Satz 3 Ziffer 3 SGB XI nicht zu begründen ist, weil der Nachweis, dass für die Pflege der am 28. Oktober 2002 verstorbenen Versicherten mehr als 240 Minuten im Bereich der Grundpflege aufzuwenden waren, nicht erbracht ist. Zwar steht dem Kläger als Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB I) ein solcher Auszahlungsanspruch grundsätzlich zu. Jedoch ist aufgrund der vorhandenen Unterlagen kein Beweis hinsichtlich des notwendigen Zeitaufwandes für Pflegeleistungen von mindestens 240 Minuten im Grundpflegebereich zu führen.
Formelle Fehler, die das Urteil des SG rechtswidrig erscheinen ließen, sind nicht zu erkennen. Die zunächst vom Kläger gerügte Zustellung des Urteils in unvollständiger Ausfertigung wurde in vollständiger Form (§ 134 SGG) nachgeholt. Dass das SG noch vor Ablauf der dem Kläger eingeräumten Äußerungsfrist die Ladung zum Termin am 16. Februar 2006 verfügt hatte, beinhaltet keine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Schließlich hätte das SG eine bis zum Ende der mündlichen Verhandlung vorgebrachte schriftliche oder mündliche Erklärung des Klägers bei seiner Entscheidung berücksichtigen müssen. Ebenso wenig sieht der Senat eine Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens. Dieser ist Ausfluss des Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip. Danach müssen die Beteiligten die Möglichkeit haben, im Rechtsstreit tatsächliche und rechtliche Argumente vorbringen zu können. In Anbetracht der dem Kläger gewährten zahlreichen Fristverlängerungen ist nicht zu erkennen, dass sich der Kläger nicht hätte äußern können. Darüber hinaus ist das Gericht allen Verfahrensbeteiligten gegenüber und damit auch gegenüber der Beklagten verpflichtet, für Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit zu sorgen. Fristverlängerungsanträgen in unbegrenzter Zahl ohne zwingenden Grund muss das Gericht nicht entsprechen.
Inwieweit Grundsätze des § 44 SGB X zum Tragen kommen sollen, hat der Kläger nicht weiter ausgeführt. Sein Vorbringen, die Beklagte habe den Untersuchungsgrundsatz vernachlässigt, ist nicht nachvollziehbar. Denn die von der Beklagten beabsichtigte Untersuchung durch den MDK hat der Kläger nicht zugelassen und die von ihm selbst angekündigte Pflegedokumentation hat er nicht vorgelegt. Ebenso wenig ist seine Rüge, § 42 SGB X sei verletzt, zu verstehen. Es kann dahinstehen, ob es überhaupt einer Anhörung gem. § 24 SGB X bedurfte, bevor über den Höherstufungsantrag entschieden wurde. Denn die Beklagte hatte im Schreiben vom 25. September 2002 daraufhin gewiesen, sie beabsichtige den Höherstufungsantrag abzulehnen und dem Kläger Gelegenheit gegeben, hierzu binnen drei Wochen Stellung zu nehmen. Auf Wunsch des Klägers verlängerte sie diese Äußerungsfrist auf den 21. November 2002.
In materieller Hinsicht ist der Anspruch des Klägers auf Pflegegeld nach der Pflegestufe III nicht zu begründen. Insoweit stützt sich der Senat auf die Ausführungen des SG. Dieses führte aus, anhand des Gutachtens des Dr. M. lasse sich ein Pflegeaufwand lediglich schätzen und zwar auf 124 Minuten im Grundpflegebereich. Dem Sachverständigen standen bereits die Ausführungen des Dr. D. vom 26. November 2004 zur Verfügung. Darin waren alle Diagnosen aufgelistet, die dieser Arzt in seiner vom Senat angeforderten schriftlichen Zeugenerklärung wiederholte. Ersichtlich konnte er nur anhand der von ihm festgestellten Diagnosen Rückschlüsse auf Funktionseinbußen ziehen. Denn er führte eingangs aus, er sei nur selten zu Hausbesuchen gerufen worden. Das bedeutet, dass er die Versicherte selten in ihrer häuslichen Umgebung zu sehen bekam und infolgedessen deren Vermögen, alltägliche Verrichtungen ausführen zu können, nicht beobachten konnte.
Im Einzelnen beschreibt der Zeuge einen Hilfebedarf für die morgendliche Ganzkörperwäsche in Form vollständiger Übernahme/Anleitung, bei der Teilwäsche des Oberkörpers vollständige Übernahme wegen des zweimal wöchentlichen Haarewaschens. Die Teilwäsche des Unterkörpers sieht er im Zusammenhang mit Wasserlassen und Stuhlgang. Teilwäsche von Gesicht und Händen hält er vor und nach den drei Hauptmahlzeiten und einer Zwischenmahlzeit für erforderlich. Vollständige Übernahme der Zahnpflege sei nach den drei Hauptmahlzeiten vorzunehmen gewesen. Zweimal pro Tag habe die Versicherte gekämmt werden müssen. Achtmal pro Tag habe die Kleidung von Ober- und Unterkörper im Zusammenhang mit der Wäsche des Unterkörpers in Verbindung mit dem sechsmaligen Wasserlassen und zweimaligen Windelwechsel nach Stuhlgang gerichtet werden müssen. Eine Harn- und Stuhlinkontinenz habe nur teilweise bestanden. Die Nahrung habe der Versicherten bei den drei Hauptmahlzeiten mundgerecht hergerichtet und ein Getränk in einer Schnabeltasse bereitgestellt werden müssen. Teilweise habe die Versicherte auch der Hilfe beim Essen und Trinken im Rahmen der aktivierenden Pflege bedurft; insoweit sei eine Beaufsichtigung bei der Nahrungsaufnahme wegen der raschen Ermüdbarkeit und Schluckstörungen infolge des schweren Morbus Bechterew erforderlich gewesen. Im Bereich der Mobilität habe der Versicherten bei der Teilentkleidung des Ober- und Unterkörpers im Zusammenhang mit dem Waschvorgang und dem Windelwechsel geholfen werden müssen.
Die von Dr. D. aufgeführten Pflegemaßnahmen, wie Einreibung der Haut, sind lediglich in Verbindung mit einer Ganzkörperwäsche berücksichtigungsfähig. Andere Einreibungen und Massagen gelten als Maßnahmen der Krankenpflege.
Betrachtet man die vom Sachverständigen Dr. M. geschätzten Zeitwerte für die einzelnen Verrichtungen, so lässt sich feststellen, dass dieser davon ausgegangen war, die Versicherte habe aufgrund ihrer Halbseitenlähmung des rechten Arms noch bei zahlreichen Verrichtungen aktiv mithelfen können. Nach der Darstellung des Dr. D. sei eine vollständige Übernahme der einzelnen Verrichtungen notwendig gewesen. Selbst wenn man von einer vollständigen Übernahme der Verrichtungen ausgehen und die maximalen Zeitwerte der Begutachtungsrichtlinien zugrundelegen wollte, lässt sich insgesamt für den Grundpflegebereich nur Hilfe im Umfang von 188 Minuten errechnen. Darin ist der maximale Wert für Ganzkörperwäsche von 25 Minuten (Dr. M. 12 Minuten), für Teilwäsche abends 10 Minuten (Dr. M. 5 Minuten) für Darm- und Blasenentleerung insgesamt 66 Minuten (Dr. M. 40 Minuten) und für Nahrungsaufnahme 20 Minuten (Dr. M. 0 Minuten) enthalten. Insgesamt errechnet sich damit ein Mehraufwand von 64 Minuten, der zu den von Dr. M. angesetzten 124 Minuten dazuzuzählen ist und insgesamt 188 Minuten ergibt. Damit wird bei weitem der von § 15 Abs. 3 Ziffer 3 SGB XI vorgegebene Zeitrahmen von 240 Minuten im Grundpflegebereich nicht erreicht.
Diese Ausführungen verdeutlichen, dass vom jetzigen Zeitpunkt aus nur noch eine grobe Einschätzung des Hilfebedarfs für die hier relevante Zeit vom 1. Oktober 2001 bis 28. Oktober 2002 möglich ist. Da ein Pflegetagebuch nicht existiert, können Daten über die tatsächlich stattgefundene Pflege nicht herangezogen werden. Dieses Beweisdefizit ist nicht mehr zu beseitigen. Der Kläger hat die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen. Einen Anspruch auf Auszahlung des Differenzbetrages zwischen Leistungen eines Pflegegeldes nach Stufe III zur Stufe II in Höhe von monatlich 205 EUR hat er nicht.
Seine Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. Februar 2006 war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG, da § 197 a SGG wegen § 183 Satz 1 SGG auf den Kläger als Sonderrechtsnachfolger nicht anzuwenden ist.
Gründe, die Revision gem. § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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