L 5 R 6370/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 3627/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 6370/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 21.11.2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1952 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt; eine in Jugoslawien begonnene Glaserlehre hat er nicht abgeschlossen (Verwaltungsakte S. 19). Nach der Einreise nach Deutschland war der Kläger als Glaser, Dreher, Dachdecker, Monteur und zuletzt als Kunststoffspritzer versicherungspflichtig beschäftigt. Im September 2002 erlitt er einen Arbeitsunfall, weswegen er eine Unfallrente bezieht (monatlich 677,90 EUR, Bescheid der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik vom 17.1.2006, SG-Akte S. 108). Nach dem Arbeitsunfall war der Kläger bis 31.12.2003 arbeitsunfähig krank; er ist danach einer Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgegangen.

Zuvor hatte der Kläger stationäre Rehabilitationsbehandlungen vom 18.1. bis 15.2.2000 und nach dem Arbeitsunfall vom 23.4. bis 21.5.2003 absolviert. Die Ärzte der Rehabilitationskliniken hielten ihn jeweils für vollschichtig leistungsfähig hinsichtlich leichter bis mittelschwerer bzw. mittelschwerer Arbeiten (Entlassungsbericht der Z. Klinik, St. B., vom 17.2.2000 bzw. Entlassungsbericht der Klinik für Rehabilitation W. vom 6.6.2003, Verwaltungsakte S. 93, 111).

Im Rahmen eines Verfahrens auf Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben war der Kläger von der Internistin und Sozialmedizinerin Dr. St. begutachtet worden. Diese hatte den Kläger für vollschichtig leistungsfähig hinsichtlich der zuletzt verrichteten Tätigkeit als Kunststoffspritzer erachtet. Der Kläger habe sich bemüht, bestimmte Funktionseinschränkungen insbesondere im Bereich des rechten Armes zu demonstrieren; dort hätten sich jedoch weder Paresen noch Muskelatrophien objektivieren lassen. Eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit sei nicht abzuleiten (Gutachten vom 19.2.2004, Reha-Akte).

Am 24.5.2004 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung legte er Arztatteste (Dr. K. vom 24.5.2004, Dr. R. vom 10.5.2004, Verwaltungsakte S. 51, 57) vor und gab an, unter ständigen Beschwerden im rechten Unterarm, der bewegungsunfähig sei, zu leiden.

Die Beklagte erhob das Gutachten des Orthopäden Dr. B. vom 30.6.2004 (Verwaltungsakte S. 61). Dieser diagnostizierte Polyarthropathie (linkes Schultereck-, rechtes Ellenbogen- und Hand- sowie Kniegelenk) ohne signifikante Funktionseinschränkungen und ein chronisches Schmerzsyndrom. Bei dem Arbeitsunfall im Jahr 2002 sei die Verdachtsdiagnose einer Bizepssehnenruptur gestellt worden, die sich nach operativer Intervention aber nicht bestätigt habe. Im Anschluss an die Operation sei es zu einer vorübergehenden Radialislähmung gekommen, die einer krankengymnastischen und ergotherapeutischen Behandlung gut zugänglich gewesen sei und sich mittlerweile fast vollständig zurückgebildet habe. Für einen seinerzeit diagnostizierten Morbus Sudeck finde sich weder klinisch noch radiologisch ein Anhalt. Die Gelenkbeschwerden seien mit Diclophenac und anderen Schmerzmitteln ausreichend kompensiert. Die Beschwerdeangaben des Klägers hinsichtlich der Belastungsminderung des rechten Armes seien nach den Untersuchungsergebnissen nicht nachvollziehbar; insoweit gebe es keinerlei Paresen, die Gelenkfunktionen seien frei. Das chronische Schmerzsyndrom sei als leichtgradig einzustufen. Der Kläger könne mittelschwere Tätigkeiten ohne nennenswertes negatives Leistungsbild sechs Stunden täglich und mehr verrichten. Das Leistungsvermögen entspreche weitgehend den Anforderungen der letzten beruflichen Tätigkeit.

Mit Bescheid vom 6.7.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab (Verwaltungsakte S. 155).

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger unter Vorlage von Arztattesten vor, sein Gesundheitszustand sei katastrophal, er könne keinerlei körperliche Tätigkeit ohne Schmerzen ausüben. Sein Leiden sei nicht zutreffend gewürdigt worden. Außerdem könne er psychisch keinerlei Tätigkeiten mehr verrichten; die Rehabilitationsbehandlungen seien aus seiner Sicht erfolglos gewesen. Er müsse sich alle 10 Minuten ausruhen bzw. hinlegen und könne den rechten Arm nicht benutzen. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 12.11.2004 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen. Er trug u. a. vor, die Beklagte habe seine Argumente nicht hinreichend berücksichtigt. Bis 1989 habe ein akuter Alkoholabusus vorgelegen. Die Angelegenheit sei aus seiner Sicht in keiner Weise erledigt. Hinsichtlich möglichen Alkoholkonsums unterliege er einem permanenten Leidensdruck. Er könne auch keine Schmerzmittel auf Alkoholbasis einnehmen und sei außer Stande, irgendwelche körperliche Tätigkeiten ohne Schmerzen zu erledigen; auch ein Fibromyalgie-Syndrom liege vor. Hinzukämen dauerhaft fast chronische Kopfschmerzen. Psychische Probleme habe die Beklagte ebenfalls nicht gewürdigt. Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme des Orthopäden Dr. Ko. vom 23.8.2005 (SG-Akte S. 24) vor.

Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte und erhob die Gutachten des Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. Gr ... vom 4.4.2006 (SG-Akte S. 110) und des Orthopäden Dr. Bo. vom 12.6.2006.

Der Neurologe und Psychiater Dr. Re. berichtete unter dem 24.11.2005 (SG-Akte S. 37) über eine mittelgradige depressive Störung bei depressiv-narzisstischer Entwicklung (Dysthymie). Der Internist Dr. Schw. teilte im Bericht vom 5.12.2005 (SG-Akte S. 38) die auf seinem Fachgebiet vorliegenden Erkrankungen (u. a. Bluthochdruck, chronische Entzündung von Stimmbändern und Bronchien bei chronischem Nikotinabusus und primäres Raynod-Syndrom, Reizmagen) mit. Der Orthopäde Dr. Sp. nahm im Bericht vom 2.12.2005 (SG-Akte S. 76) eine Befundverschlechterung im Laufe der Behandlung an; nach den zuletzt erhobenen Befunden bestehe beim Kläger eine deutliche Funktionsbeeinträchtigung. Außerdem wurde ein für die Volksfürsorge Deutsche Sachversicherung AG erstattetes neurologisches Gutachten des Dr. Sche. vom 8.12.2004 (SG-Akte S. 81) vorgelegt.

Dr. Gr. führte in seinem Gutachten aus, nach Depressionen befragt, habe der Kläger angegeben, er steigere sich öfters in etwas hinein, wenn es nicht so laufe, wie er es wolle. Er habe viele Schmerzen, u. a. in der gesamten Wirbelsäule, und im Bereich des rechten Armes sowie des Nackens. Er habe auch leichtere Kopfschmerzen. Die Stimmung sei schlecht wegen der Ungewissheit mit dem Rentenverfahren; er wisse nicht, wie es weitergehe, wenn er kein Arbeitslosengeld mehr bekomme. Er habe das Gefühl, ausgebrannt zu sein; wofür er früher eine halbe Stunde benötigt habe, brauche er jetzt einen ganzen Tag. In einer nervenärztlichen oder psychotherapeutischen Behandlung befinde er sich nicht. Seit dem Arbeitsunfall 2002 habe er keine Erwerbstätigkeit mehr aufgenommen.

Der Gutachter stellte eine hyperexpressive Darstellung körperlicher Beschwerden im Arm- und Halsbereich fest, wobei der Kläger andererseits mit beiden Armen und Händen habe lebhaft gestikulieren können. Für eine gewichtige Depressivität gebe es keine Hinweise. Der Gutachter diagnostizierte auf seinem Fachgebiet ein anhaltendes, leicht bis mäßig ausgeprägtes depressives Syndrom, einen Verdacht auf anhaltende somatoforme Schmerzstörung, einen Zustand nach Alkoholabusus bis 1989, seither glaubhafte stabile Abstinenz, Sensibilitäts- und Schmerzstörung im rechten Daumen-, Zeigefinger- und dorsalen Unterarmgebiet nach operationsbedingter Schädigung des Nervus radialis rechts ohne Nachweis von Muskellähmungen sowie vegetative Funktionsstörungen. Der Kläger habe die Befähigung zu einer geregelten Tagesstruktur, könne Freizeitbelangen nachgehen und sich im Rahmen der Freizeitgestaltung auch mit Kollegen treffen. Gravierende Funktionseinschränkungen der Beweglichkeit gebe es nicht. Der psychopathologische Befund habe lediglich Hinweise für eine leichte depressive Entwicklung ergeben. Auffallend sei die hyperexpressive Klagsamkeit hinsichtlich von Schmerzen des Bewegungsapparates gewesen. Entgegen seiner Beschwerdeangaben habe der Kläger ohne wesentliche Zeichen einer Schmerzgetriebenheit im Sessel sitzen können und sei sämtlichen Gutachtenbelangen ohne wesentliche Einschränkungen nachgekommen. Insoweit liege ein deutliches Missverhältnis zwischen Beschwerdevortrag und organisch nachweisbaren Veränderungen vor mit dem Verdacht auf eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Letztere könne therapeutisch angegangen werden, zumal auffalle, dass der Kläger nur wenig Schmerzmittel einnehme. Das spreche dafür, dass eine gravierende Schmerzstörung nicht vorliege. Der Kläger könne im Hinblick auf die Befundlage des neuro-psychiatrischen Fachgebiets täglich sechs Stunden und mehr einer leichten körperlichen Arbeit (unter qualitativen Einschränkungen) nachgehen. Der Leistungseinschätzung des Dr. B. sei zuzustimmen. Als Kunststoffspritzer mit Heben und Tragen schwerer Lasten könne der Kläger aber nicht mehr sechs Stunden und länger eingesetzt werden. Hinweise für ein Fibromyalgie-Syndrom seien nicht festzustellen. Man müsse von einer Ausgestaltung des organisch begründbaren Schmerzgeschehens ausgehen.

Dr. Bo. führte aus, der Kläger habe sich flüssig und selbstständig ohne fremde Hilfe an- und ausgekleidet, wobei sich keine nennenswerten Schonhaltungstendenzen oder Ausweichbewegungen gezeigt hätten. Die verbalisierte Schmerzintensität bei Palpation und Perkussion sei unter Berücksichtigung eines weitgehend normalen Muskeltonus deutlich überbetont und nicht situationsangemessen. Bereits bei geringsten Bewegungsausschlägen werde ein generalisierter Bewegungsschmerz an sämtlichen Abschnitten des Achsorgans angegeben. Bei der funktionellen Untersuchung habe der Kläger massiven muskulären Widerstand geleistet, der sich bei wiederholter Prüfung als willkürliche Gegenreaktion i. S. einer Aggravation dargestellt habe. Eine nennenswerte Funktionseinschränkung lasse sich weder im Bereich der HWS noch der BWS oder LWS objektivieren. Auch bei der funktionellen Untersuchung der Schulter- und Ellenbogengelenke werde ein diffuser Bewegungsschmerz angegeben, obgleich sich keine nennenswerten funktionellen Einschränkung objektivieren ließen. Ein schmerzbedingt erzwungener Mindergebrauch oder eine klinisch relevante Minderinnervation, die zu einer Muskelminderung geführt hätte, sei sicher auszuschließen. Auch bei der Untersuchung der unteren Extremitäten fänden sich Hinweise auf eine schwere Aggravation. Die Aggravation habe sich bei der funktionellen Untersuchung der unteren Gliedmaßen fortgesetzt. Während der Kläger die rechte Hand bzw. den rechten Arm in vermeintlich unbeobachteter Situation ohne erkennbare Schonhaltung oder Ausweichbewegung einsetze, seien bei Lagewechseln auf der Untersuchungsliege demonstrative Schonungstendenzen aufgefallen. Durch den gesamten Untersuchungsablauf habe sich ein ausgeprägtes Demonstrations- und Verdeutlichungsverhalten i. S. einer erheblichen (bewussten oder unbewussten) Aggravation gezogen.

Der Gutachter diagnostizierte auf seinem Fachgebiet ein chronisches funktionelles Wirbelsäulensyndrom ohne wesentliche Funktionsbeeinträchtigung und ohne Nervenwurzelreizerscheinungen der oberen und unteren Extremitäten bei Wirbelsäulenfehlstatik und Zustand nach Morbus Scheuermann, eine chronische Reizung des Muskelsehnenweichteilmantels beider Schultergelenke bei ACG-Arthrose rechts und Zustand nach ACG-Teilresektion und subacromialer Dekompression links ohne wesentliche Funktionsbeeinträchtigung der Schultergelenke, eine chronische Arthralgie des rechten Ellenbogengelenks bei initialer Arthrose des Humeroradialgelenkes mit endgradiger funktioneller Einschränkung der Umwendbewegungen, Restbeschwerden nach operativer Revision bei stattgehabter Muskel-Sehnen-Ansatzläsion am rechten körpernahen Unterarm mit postoperativen Störungen an der rechten Hand und am linken Unterarm nach partieller Radialisläsion, eine initiale Coxarthrose beidseits mit geringgradiger Funktionsbeeinträchtigung der Hüftgelenke, initiale Retropatellararthrose beidseits und Zustand nach erfolgreicher Innenmeniskusteilresektion rechts ohne Funktionsbeeinträchtigung der Kniegelenke sowie eine chronische funktionelle Arthralgie der Sprunggelenke und Füße bei Spreizfußdeformität beidseits und Arthrose des Großzehengrundgelenks links deutlich mehr als rechts ohne wesentliche funktionelle Beeinträchtigung. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich und mehr verrichten. Er sei auch wegefähig.

Nachdem der Kläger Einwendungen gegen das Gutachten des Dr. Bo. erhoben hatte, wies das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21.11.2006 ab. Zur Begründung führte es aus, Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit könne der Kläger nicht beanspruchen, weil er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne (§ 43 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI). Das gehe aus den vorliegenden Gutachten überzeugend hervor. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig i. S. des § 240 Abs. 2 SGB VI.

Auf das ihm am 27.11.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.12.2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, der Gutachter Dr. Bo. habe ihn nicht ordnungsgemäß untersucht. Er habe ihn nicht ernst genommen und schief angeschaut und sei auch nicht bereit gewesen, die ergänzenden Aussagen seiner Ehefrau anzuhören, die ihn unterstützt habe. Man möge ein weiteres Gutachten erheben, möglichst durch einen Gutachter, der die kroatische Sprache beherrsche.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 21.11.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 6.7.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2004 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung des Senats vom 4.7.2007 hat der Kläger weitere Arztunterlagen vorgelegt.

Im für die Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik erstatteten Gutachten der Universitätsklinik F. vom 28.3.2007 ist (u. a.) ausgeführt, aus unfallchirurgischer Sicht seien keine Änderungen gegenüber dem früheren Befund eingetreten. Die zunehmende Bewegungseinschränkung der Fingergelenke sei als Folge des chronischen Schmerzsyndroms zu werten und werde bei der neurologischen Beurteilung berücksichtigt. Auf unfallchirurgischem Fachgebiet betrage die MdE 10 v.H.

Im neurologischen Zusatzgutachten vom 8.6.2007 führt die Universitätsklinik F. aus, der Kläger werde nach eigenen Angaben von einem niedergelassenen Schmerztherapeuten behandelt; dieser habe die Symptomatik bislang aber nicht bessern können. Weiterhin bestünden dauerhafte Schmerzen am rechten Unterarm, Atropien oder Schwellungen seien nicht erkennbar. Zusammenfassend sei gegenüber dem Befund im Gutachten vom 15.11. und 29.11.2005 keine wesentliche Änderung eingetreten. Auch wenn die Schmerzen subjektiv verschlimmert seien, führe dies zu keiner Änderung der Funktionseinschränkung. Sie sei weiterhin mit einer leicht- bis mittelgradigen zentralen Parese vergleichbar und werde aus neurologischer Sicht weiterhin mit einer MdE von 30 v.H. beurteilt. Mangels abgeschlossener Behandlung sei eine endgültige Festlegung derzeit nicht möglich.

In einem an den Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichteten Arztbrief vom 9.7.2007 vertritt der Internist Dr. Schw. (Hausarzt des Klägers) die Auffassung, der Kläger könne wegen seiner Mulitmorbidität nur noch stundenweise, keine 2 Stunden am Stück, arbeiten. In einem weiteren Arztbrief vom 10.9.2007 bekräftigt Dr. Schw. diese Auffassung.

Der Senat hat den Arztbericht des Schmerztherapeuten Be. vom 30.8.2007 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, der Kläger habe sich vom 1.2.2006 bis 25.7.2007 insgesamt 24 mal in seiner Behandlung befunden. Nach dem Arbeitsunfall im Oktober 2002, wobei dem Kläger ein Zylinder auf den rechten Arm gefallen sei, habe man den Kläger operiert. Nach der Operation sei es zu Teillähmungserscheinungen des Nervus radialis rechts sowie Sensibilitätsstörungen gekommen. Durch Krankengymnastik sei eine deutliche Besserung der Parese erreicht worden. Der Schmerz sei vor allem bewegungsabhängig, würde dann Sta. zunehmen. Darüber hinaus beschreibe der Kläger einen Ganzkörperschmerz sowie einen Kopfschmerz.

Die Beklagte hat hierzu die beratungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. Sta. vom 25.9. und 9.10.2007 vorgelegt. Dr. Sta. hat ausgeführt, in den berufsgenossenschaftlichen Gutachten habe eine Verschlechterung nicht attestiert werden können. Die unfallbedingten Folgen am rechten Arm, das chronische Schmerzsyndrom und die Bewegungseinschränkung der Fingergelenke als Folge des Schmerzsyndroms seien berücksichtigt worden. Auch im neurologischen Zusatzgutachten vom 8.6.2007 werde eine wesentliche Änderung gegenüber der Vorbegutachtung im November 2005 nicht angegeben. Festgehalten werde lediglich, dass die Schmerzsymptomatik subjektiv zugenommen habe. Eine Erhöhung der MdE werde aber nicht angegeben. Daher habe eine Zunahme der Funktionseinschränkung auch nicht stattgefunden. Dr. Schw. habe seine Auffassung im Arztbrief vom 9.7.2007, wonach nur noch leichteste Tätigkeiten möglich seien, nicht begründet; das gelte auch für das Postulat zusätzlicher Pausen. Der Schmerztherapeut Be. habe im Bereich der Halswirbelsäule freie Beweglichkeit in allen Richtungen festgestellt. Es hätten sich schmerzhafte Druckpunkte gefunden, die für das Leistungsvermögen hinsichtlich leichter Tätigkeiten jedoch bedeutungslos seien. Subjektive Untersuchungen zur Erfassung der Schmerzintensität könnten für eine Leistungsbewertung nur bedingt verwertet werden, da sie lediglich die subjektive Einschätzung des Betroffenen wiedergäben. Der Schmerztherapeut Be. schildere die gleichen Symptome, die auch im neurologischen Gutachten der Universitätsklinik F. festgehalten seien. Insgesamt seien damit keine höhergradigen Funktionsstörungen oder Verschlechterungen des Leistungsvermögens aufgetreten und es liege weiterhin vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) vor (Stellungnahme vom 25.9.2007). Daran ändere auch der weitere Arztbrief des Dr. Schw. vom 10.9.2007 nichts. Hinsichtlich des nervenärztlichen Problemkreises würden keine gravierenden Diagnosen genannt. Bei seiner Untersuchung habe der Arzt Be. keine gravierenden Bewegungseinschränkungen feststellen können. Auf welcher Grundlage Dr. Schw. eine quantitative Leistungseinschränkung annehme, werde nicht mitgeteilt (Stellungnahme vom 9.10.2007).

Der Kläger hat daraufhin einen weiteren Arztbrief des Dr. Schw. vom 19.11.2007 vorgelegt; dieser hält an seiner Auffassung fest. Der Kläger sei bei ganzheitlicher Betrachtung nur noch stundenweise erwerbsfähig. Die gleiche Auffassung wird in einem an den Kläger (zur Vorlage an den Prozessbevollmächtigten) gerichteten Arztbrief der Orthopäden Dres. Sp. und Karger vom 16.11.2007 vertreten. Auf Grund der Persönlichkeitsveränderung und der somatisierten Depression sei eine geregelte auch halbschichtige Erwerbstätigkeit aus orthopädischer Sicht nicht mehr vorstellbar.

Die Beklagte hat abschließend die beratungsärztliche Stellungnahme des Chirurgen Dr. Sta. vom 5.12.2007 vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, im zuletzt erstatteten neurologisch-psychiatrischen Gutachten des Dr. Gr. vom Juni 2006 seien sämtliche internistischen, orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Diagnosen berücksichtigt worden. Seinerzeit hätten keine gravierenden Funktionseinschränkungen bestanden, weshalb vollschichtiges Leistungsvermögen angenommen worden sei. Im unfallchirurgischen Gutachten der Universitätsklinik F. vom 28.3.2007 und im neurologischen Zusatzgutachten vom 8.6.2007 hätten keine Verschlechterungen der Befundlage festgestellt werden können. In der Bescheinigung der Dres. Ka. und Sp. vom 16.11.2007 seien viele Diagnosen und Röntgenbefunde genannt, Untersuchungsbefunde, die ein eingeschränktes Leistungsvermögen begründen könnten, fänden sich hingegen nicht. Gleiches gelte für das Schreiben des Dr. Schw ... Eine zusätzlich angegebene Rayneaud-Symptomatik trete nur bei Kälte auf und bedinge entsprechende quantitative Leistungseinschränkungen (Vermeidung von Kälte). Auf Grund der unklaren Befundlage auf nervenärztlich-psychiatrischem Fachgebiet wäre eine Begutachtung insoweit sicherlich sinnvoll, zumal dann die somatoforme Schmerzstörung in die Leistungsbeurteilung miteinbezogen werden könne und auch die Klärung möglich sei, welche Funktionseinschränkungen tatsächlich beim Kläger, auch in den alltäglichen Verrichtungen, vorhanden seien.

Mit Verfügung vom 17.12.2007 wurde den Beteiligten mitgeteilt, dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht beabsichtigt sind und aus der Stellungnahme des Dr. Sta. vom 5.12.2007 die Notwendigkeit einer Begutachtung auf nervenärztlich-psychiatrischem Fachgebiet nicht hervorgehe, der Rechtsstreit werde vielmehr für entscheidungsreif erachtet.

Die Beteiligten haben sich daraufhin mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Er hat darauf keinen Anspruch.

Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften das Rentenbegehren des Klägers zu beurteilen ist (§ 43 SGB VI), und weshalb ihm danach Rente nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGB). Er teilt die Beweiswürdigung des Sozialgerichts. Aus den vorliegenden Gutachten (insbesondere der Dres. B., Gr ...n und Bo.) geht schlüssig und überzeugend hervor, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers nicht in rentenberechtigendem Maße gemindert ist. Stichhaltige Einwendungen gegen die vorliegenden Gutachten hat der Kläger nicht vorgebracht. Dafür genügt es insbesondere nicht, dass er das Gutachten des Dr. Bo. nicht akzeptieren will. Dieser hat nach eingehender Untersuchung des Klägers ein sorgfältig erarbeitetes Gutachten erstattet und seine Einschätzung eingehend, schlüssig und nachvollziehbar begründet, dabei im Übrigen auch die Behauptungen der Ehefrau des Klägers zur Kenntnis genommen.

Aus den in bzw. nach der mündlichen Verhandlung vom 4.7.2007 vorgelegten weiteren Arztunterlagen und den daraufhin angestellten ergänzenden Ermittlungen des Senats ergibt sich eine rentenberechtigende Erwerbsminderung ebenfalls nicht.

Den für die Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik erstatteten Gutachten der Universitätsklinik F. vom 28.3.2007 und 8.6.2007 sind rentenrechtlich beachtliche Leistungseinschränkungen nicht zu entnehmen. Weder in unfallchirurgischer noch in neurologischer Hinsicht haben die Klinikärzte wesentliche Befundänderungen festgestellt. Im neurologischen Gutachten vom 8.6.2007 ist darüber hinaus dezidiert dargelegt, dass (auch) eine vom Kläger angegebene subjektive Verschlimmerung der Schmerzsymptomatik zu keiner Änderung der Funktionseinschränkung führt, diese vielmehr weiterhin einer leicht- bis mittelgradigen zentralen Parese vergleichbar ist, und gegenüber der bereits festgestellten MdE von 30 v.H. eine weitergehende Erwerbsminderung nicht begründet. Im Hinblick darauf hat Dr. Sta. in der hierzu vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 25.9.2007 schlüssig ausgeführt, dass sich aus den unfallbedingten Folgen am rechten Arm, dem chronischen Schmerzsyndrom, sowie den Bewegungseinschränkungen der Fingergelenke als Folge des Schmerzsyndroms - die bei der Rentenbegutachtung des Klägers bereits berücksichtigt worden sind - auch nach den genannten Gutachten der Universitätsklinik F. eine Zunahme der Funktionseinschränkungen und damit eine weitergehende Minderung des gesundheitlichen Leistungsvermögens nicht ergibt, es deshalb bei der Leistungsbeurteilung in den Rentengutachten bleiben muss.

Die Arztbriefe des Dr. Schw. erschöpfen sich im Wesentlichen in durch entsprechende Befunde nicht belegten Behauptungen zu gravierenden Leistungseinschränkungen und können angesichts der gegenteiligen Einschätzung in den fundierten und eingehend begründeten Rentengutachten nicht überzeugen. Das gilt im Kern auch für den vom Senat eingeholten Arztbericht des Schmerztherapeuten Be ... Eine quantitative Einschränkung des dem Kläger verbliebenen Leistungsvernehmens ist diesem Bericht nicht zu entnehmen. Er gibt letztendlich nur die von den Rentengutachtern bereits gewürdigten Befunde und subjektiven Angaben des Klägers wieder. Dr. Sta. hat hierzu in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 9.10.2007 zutreffend dargelegt, dass der Arzt Be. die gleichen Symptome, die auch im neurologischen Gutachten der Universitätsklinik F. festgehalten wurden, geschildert hat. Höhergradige Funktionsstörungen oder Verschlechterungen des Leistungsvermögens sind demgegenüber nicht dokumentiert. Außerdem konnte der Arzt Be. selbst gravierende Bewegungseinschränkungen nicht feststellen. Für das Vorliegen einer rentenberechtigenden Erwerbsminderung sind aber nicht Diagnosen oder Beschwerdeangaben, sondern (hinreichend gewichtige) Leistungseinschränkungen maßgeblich. Solche folgen schließlich auch nicht aus den vom Kläger weiter beigebrachten Arztbriefen der Orthopäden Dres. Sp. und Ka. Diese haben ihre nicht weiter belegte Behauptung, eine geregelte auch halbschichtige Erwerbstätigkeit sei aus orthopädischer Sicht nicht mehr vorstellbar, mit einer Persönlichkeitsveränderung und einer somatisierten Depression begründet. Die Beurteilung von Erkrankungen dieser Art ist jedoch primär Sache des neurologisch-psychiatrischen Fachgebiets. Der hierfür kompetente Neurologe und Psychiater Dr. Gr. hatte freilich eine rentenberechtigende Leistungsminderung insoweit nicht finden können, worauf Dr. Sta. in seiner Stellungnahme vom 5.12.2007 zu Recht verwiesen hat. Von den Dres. Ka. und Sp. weiter mitgeteilte Diagnosen und Röntgenbefunde sind für sich allein rentenrechtlich nicht von Belang, Untersuchungsbefunde, die ein eingeschränktes Leistungsvermögen begründen könnten, sind nicht dokumentiert. Dass die zusätzlich angegebene Rayneaud-Symptomatik nur qualitative Leistungseinschränkungen bewirkt, geht aus der genannten Stellungnahme des Dr. Sta. ebenfalls überzeugend hervor.

Dem Senat drängen sich angesichts der vorliegenden umfangreichen Gutachten und Arztberichte weitere Ermittlungen, insbesondere weitere Begutachtungen, nicht auf. Dazu gibt auch die Anregung des Dr. Sta. in dessen zuletzt vorgelegten Stellungnahme keinen Anlass; Dr. Sta. hat eine Begutachtung auch nur für sinnvoll, zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts jedoch nicht für notwendig erachtet. In diesem Zusammenhang ist für den Senat auch bedeutsam, dass der Kläger im Gutachten der Neurologischen Universitätsklinik F. vom 28.3.2007 hinsichtlich des psychischen Befundes als wach und allseits orientiert bezeichnet wurde; es bestehe kein Hinweis auf psychopathologische Auffälligkeiten, der Kläger sei kooperativ bei Anamneseerhebung und Untersuchung.

Demzufolge ist den Beteiligten mit Verfügung vom 17.12.2007 mitgeteilt worden, dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht beabsichtigt sind und der Rechtsstreit für entscheidungsreif erachtet wird. Dem sind weder die Beklagte noch der Kläger entgegengetreten. Die Beklagte hat an ihrer Beweisanregung nicht mehr festgehalten; auch der Kläger hat auf weiteren Ermittlungen nicht beharrt. Vielmehr haben sich die Beteiligten mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt und damit zum Ausdruck gebracht, dass auch nach ihrer Auffassung der entscheidungserhebliche Sachverhalt in den vorliegenden ärztlichen Unterlagen ausreichend dokumentiert ist und die vorliegenden Gutachten und Arztunterlagen nunmehr abschließend zu würdigen sind.

Das Sozialgericht hat die Klage nach alledem zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGB).
Rechtskraft
Aus
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