Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 6 AL 3382/04 V1
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 AL 126/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Januar 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf Bewilligung eines Existenzgründungszuschusses (EGZ) streitig.
Dem 1973 geborenen Kläger wurde für die Zeit vom 25. Juni 2003 bis 24. Dezember 2003 Überbrückungsgeld bewilligt. Am 22. Dezember 2003 meldete er sein Gewerbe (A f V, P u M) zum selben Tag wegen mangelnder Rentabilität beim Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg ab und meldete ein neues Gewerbe, nämlich ein Büro zur g G v P, an. Als Datum des Beginns der angemeldeten Tätigkeit gab er den 23. Dezember 2003 an.
Am 23. Dezember 2003 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte "Arbeitslosenhilfe". Unter demselben Datum stellte er einen Antrag auf Gewährung eines EGZ zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Dabei gab er an, dass er am 24. Dezember 2003 eine mehr als kurzzeitige, hauptberufliche selbständige Tätigkeit als Graphiker für Printprodukte aufnehmen werde.
Mit Bescheid vom 15. Januar 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld für den 23. Dezember 2003 in Höhe von 22,76 EUR. Mit Schreiben vom 19. Januar 2004 bat der Kläger das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg um Korrektur eines "Schreibfehlers" bei seiner Gewerbeanmeldung. Tatsächlicher Beginn seiner Tätigkeit sei der 24. Dezember 2004 gewesen. Nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 3. März 2004 den Antrag auf Bewilligung eines EGZ abgelehnt hatte, legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 30. März 2004 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für den 23. Dezember 2003 auf und forderte die Leistung in Höhe von 22,76 EUR nebst gezahlter Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 7, 22 EUR zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger übe seit dem 23. Dezember 2003 eine selbständige Tätigkeit im Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aus und sei deshalb nicht mehr arbeitslos. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch übersandte der Kläger eine Gewerbeanmeldung vom 8. März 2004, in der als Beginn der angemeldeten Tätigkeit der 24. Dezember 2003 angegeben wurde. Die Widersprüche des Klägers wurden mit Widerspruchsbescheiden vom 19. Mai 2004 zurückgewiesen.
In den Klageverfahren hat der Kläger vorgebracht: Nachdem er sich entschlossen hatte, die Veranstaltungsagentur aufzugeben, sei er auf der Suche nach einer Beschäftigung gewesen. Er habe die Stellenanzeigen in der Zeitung gelesen und im Internet die Stellenangebote des Arbeitsamtes durchsucht. Auch am 23. Dezember 2003 habe er nochmals nach einem passenden Stellengebot des Arbeitsamtes gesucht. An diesem Tag habe er noch nicht seine neue Tätigkeit ausgeübt. Die Beklagte habe ihm Arbeitslosengeld für den 23. Dezember 2003 bewilligt, obwohl sie nach dem Widerspruchsbescheid davon ausgegangen sei, dass er bei seiner Vorsprache am 23. Dezember 2003 die erneute Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit zum folgenden Tag angekündigt habe. Erst seit er eine "unglücklicherweise im Datum falsche" Gewerbeanmeldung eingereicht habe, sei die Beklagte der Auffassung, dass kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestanden habe.
Das Sozialgericht Berlin hat die Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden und mit Urteil vom 20. Januar 2006 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Der Kläger habe weder einen Anspruch auf Bewilligung eines EGZ ab dem 24. Dezember 2003 noch auf Arbeitslosengeld für den 23. Dezember 2003, weil er am 23. Dezember 2003 nicht arbeitslos gewesen sei. Eine Beschäftigungssuche des Klägers am 23. Dezember 2003 sei nicht zu erkennen, denn er sei weder in der Lage noch bereit gewesen, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufzunehmen und auszuüben, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen und Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge zu leisten. Der Kläger habe geplant, seine Selbständigkeit über den 22. Dezember 2003 hinaus fortzusetzen. Am 22. Dezember 2003 habe der Kläger übergangslos beabsichtigt, von einer selbständigen Tätigkeit in die nächste zu wechseln, denn er habe zeitgleich sein früheres Gewerbe ab- und das neue Gewerbe angemeldet. Er habe beabsichtigt, bereits am 23. Dezember seine neue Tätigkeit aufzunehmen. Einen plausiblen Grund für eine Eröffnung des Büros am Heiligabend habe der Kläger nicht vorgebracht. Er habe vielmehr in der mündlichen Verhandlung unumwunden zugegeben, dass die "Ummeldung vom 23. Dezember 2003 auf den 24. Dezember 2003 allein dem Ziel gedient habe, Anspruch auf einen Tag Arbeitslosengeld und damit den erforderlichen Bezug einer "Vorleistung" zu erlangen.
Mit der Berufung hat der Kläger sein Begehren zunächst in vollem Umfang weiter verfolgt. Nachdem die Beklagte den Bescheid vom 30. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Mai 2004 aufgehoben hatte, hat er den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt. Der Kläger trägt unter Bezugname auf sein bisheriges Vorbringen vor: Die Unterbrechung seiner selbständigen Tätigkeit am 23. Dezember 2003 sei nicht nur eine Schutzbehauptung, sondern entspreche den tatsächlichen Gegebenheiten. Ihm sei zwar bewusst gewesen, dass er einen Anspruch auf Bewilligung eines EGZ nur bei vorheriger Arbeitslosigkeit erhalte. Diesen Tag der Arbeitslosigkeit habe er jedoch auch nutzen wollen, um verstärkt – zusätzlich zu seinen vorherigen Bemühungen – eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit zu suchen. Eine solche Tätigkeit hätte er dem Risiko einer selbständigen Tätigkeit vorgezogen. Aufgrund der vorangegangenen Erfahrung mit der Arbeitssuche habe er davon ausgehen müssen, dass seine Bemühungen und die Bemühungen der Beklagten voraussichtlich erfolglos sein würden. Vorsorglich habe er deshalb bereits für den 24. Dezember 2003 die Aufnahme einer anderen selbständigen Tätigkeit geplant.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Januar 2006 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 3. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2004 zu verurteilen, ihm ab 24. Dezember 2003 für die Dauer von drei Jahren einen Existenzgründungszuschuss zu gewähren.
Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf das angefochtene Urteil,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze Bezug genommen.
Die Leistungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Bewilligung eines EGZ, denn er erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 421 l Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) in der seit 1. Januar 2003 anwendbaren Fassung des Art. 1 Nr. 5 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleitungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4621). Danach haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, Anspruch auf einen monatlichen EGZ.
Der Kläger hat mit der Aufnahme seiner Tätigkeit als selbständiger Grafiker nicht eine Zeit der Arbeitslosigkeit beendet. Er war an dem allein hierfür in Betracht kommenden 23. Dezember 2003 nicht arbeitslos im Sinne der §§ 118, 119 SGB III in der bis 31. Dezember 2004 geltenden und nach Maßgabe der §§ 422 Abs. 1 Nr. 1; 3 Abs. 4 dieses Gesetzes anwendbaren Fassung des Ersten SGB III- Änderungsgesetzes (SGB III-1998). Nach § 118 Abs. 1 SGB III-1998 ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche). Der Kläger hat am 23. Dezember 2003 keine Beschäftigung gesucht und war mithin nicht arbeitslos.
Nach § 119 Abs. 1 SGB III-1998 sucht eine Beschäftigung, wer alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Nr. 1) und den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Nr. 2).
Nach Nr. 1. der angeführten Vorschrift wird von dem Beschäftigungssuchenden verlangt, dass er sich nicht nur auf Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes verlässt, sondern entsprechend dem Erscheinungsbild eines interessierten Beschäftigungssuchenden verhält und von sich aus etwas unternimmt, um die Beschäftigungslosigkeit zu beenden (vgl. LSG Niedersachsen, Urteil vom 21. März 2000 – L 8 AL 220/99 -, Kurztext in juris). Der Kläger hat sich am 23. Dezember 2003 nicht aktiv um eine versicherungspflichtige Beschäftigung bemüht. Nachdem er sich vormittags zwecks Meldung als Arbeitsloser zum Arbeitsamt begeben hatte und ihm dort keine sozialversicherungspflichtige Stelle angeboten wurde, hat er sodann nicht (mehr) nach einer Beschäftigung gesucht. Der Kläger hat sich vielmehr Unterlagen zur Beantragung eines EGZ aushändigen lassen, nach Rückkehr in seine Wohnung einen entsprechenden Antrag erstellt und diesen zur Post gegeben. Die Bemühungen des Klägers zielten damit nicht (mehr) – wie erforderlich (vgl. Brand, in: Niesel, SGB III, 2. Aufl., 2002, § 119 Rdnr. 4) - auf eine Beschäftigung, d.h. eine abhängige Arbeit, sondern ausschließlich auf die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit.
Eine Beschäftigungssuche des Klägers im Sinne des § 119 Abs. 1 SGB III-1998 ist ferner nicht nur deshalb zu verneinen, weil der Kläger – wie dargelegt - mangels hinreichender Eigenbemühungen nicht die Voraussetzungen der Nr. 1 dieser Vorschrift erfüllt. Der Senat kann weiterhin nicht feststellen, dass der Kläger den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung stand (§ 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III-1998). Verfügbar ist nach § 119 Abs. 2 SGB III-1998, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist. Die Arbeitsfähigkeit setzt wiederum nach Abs. 3 dieser Vorschrift u.a. voraus, dass der Arbeitslose eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufnehmen und ausüben kann und darf. An der Annahme eines Beschäftigungsangebotes war der Kläger jedenfalls dann gehindert, wenn er an diesem Tag bereits seine neue selbständige Tätigkeit begonnen hatte, wie er es in seiner Gewerbeanmeldung vom 22. Dezember 2003 angekündigt hatte. Es ist anerkannt, dass eine Betätigung, die auf längere Dauer angelegt und derart betrieben wird, dass sie die für die Berufstätigkeit erforderliche Zeit vollständig in Anspruch nimmt, der objektiven Verfügbarkeit auch dann entgegensteht, wenn die Absicht besteht, diese Tätigkeit im Falle eines Arbeitsangebotes aufzugeben (vgl. Brand, in: Niesel, SGB III, 3. Aufl. 2005, § 119 Rdnr. 67 m.w.N.). Es reicht nicht aus, bei Unterbreitung eines Angebots die Verfügbarkeit herzustellen, diese muss vielmehr aktuell bestehen (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2001 – B 11 AL 111/99 R -, veröffentlicht in juris). Sofern der Kläger entsprechend seiner Gewerbeanmeldung vom 22. Dezember 2003 am folgenden Tag mit seiner Tätigkeit als selbständiger Grafiker begonnen hatte, war er nicht arbeitsfähig im Sinne des § 119 Abs. 3 SGB III. Soweit der Kläger vorbringt, er habe seine neue selbständige Tätigkeit – wie von vorneherein beabsichtigt - erst zum 24. Dezember 2003 aufgenommen, kann offen bleiben, ob er in diesem Falle am 23. Dezember 2003 arbeitsfähig im Sinne des § 119 Abs. 3 SGB III-1998 gewesen war. Denn der Senat konnte nicht die zur Bejahung eines Anspruchs auf Bewilligung eines EGZ erforderliche Überzeugung gewinnen, dass der Kläger entsprechend einer (allfälligen) Arbeitsfähigkeit an diesem Tag auch arbeitsbereit und mithin subjektiv verfügbar im Sinne des § 119 Abs. 2 SGB III-1998 gewesen war. Erhebliche Zweifel an der Arbeitsbereitschaft des Klägers ergeben sich bereits aus dem engen zeitlichen Zusammenhang der Aufgabe seiner A f V, P u M und der Aufnahme einer neuer selbständigen Tätigkeit. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger ohne Unterbrechung selbständig tätig bleiben oder ob er in dem von ihm eingestandenen Wissen (siehe dazu den Schriftsatz vom 28. April 2006) um die einen Anspruch auf Bewilligung eines EGZ hindernde Wirkung einer sich unmittelbar an seine frühere selbständige Tätigkeit anschließenden Gründung eines neuen Unternehmens sich erst an Heiligabend 2003 erneut selbständig machen wollte. Selbst wenn die Gewerbeanmeldung vom 22. Dezember 2003 versehentlich ein falsches Datum hinsichtlich der Aufnahme der Tätigkeit enthalten haben sollte, so deutet doch der Umstand, dass der Kläger sein neues Gewerbe bereits vor seiner Meldung als Arbeitsloser angemeldet hatte, darauf hin, dass er sich spätestens am 22. Dezember 2003 entschlossen hatte, sich am übernächsten Tag erneut selbständig zu machen, und zwar ohne die Verwirklichung dieses Planes von den "voraussichtlich nicht zu einem Erfolg" führenden Bemühungen (vgl. den Schriftsatz vom 28. April 2006) der Beklagten um eine Beschäftigung abhängig zu machen. Ferner legt auch das Verhalten des Klägers am 23. Dezember 2003 nahe, dass er an diesem Tag vorbehaltlos gewillt war, sein neues Existenzgründungsvorhaben in die Tat umzusetzen. Denn er erklärte bei seiner vormittäglichen Vorsprache beim Arbeitsamt seine Existenzgründungsabsicht, ließ sich die Förderunterlagen aushändigen und übersandte seinen Antrag auf Bewilligung eines EGZ noch am selben Tag der Beklagten. Nach alledem sprechen sowohl der enge zeitliche Zusammenhang zwischen den beiden selbständigen Tätigkeiten des Klägers wie auch sein Verhalten am 23. Dezember 2003 dafür, dass er seine Arbeitslosmeldung als rein formale Angelegenheit zur Schaffung eines Anspruchs auf einen EGZ verstanden hatte und entgegen seiner Behauptung nicht ernsthaft bereit gewesen war, zugunsten einer abhängigen Beschäftigung auf die Durchführung seines Existenzgründungsvorhabens zu verzichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Soweit sich das Verfahren erledigt hat, war unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 92 Abs. 2 Nr. 1 Zivilprozessordnung und des § 155 Abs. 1 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung davon abzusehen, eine Kostenerstattung zugunsten des Klägers anzuordnen.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf Bewilligung eines Existenzgründungszuschusses (EGZ) streitig.
Dem 1973 geborenen Kläger wurde für die Zeit vom 25. Juni 2003 bis 24. Dezember 2003 Überbrückungsgeld bewilligt. Am 22. Dezember 2003 meldete er sein Gewerbe (A f V, P u M) zum selben Tag wegen mangelnder Rentabilität beim Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg ab und meldete ein neues Gewerbe, nämlich ein Büro zur g G v P, an. Als Datum des Beginns der angemeldeten Tätigkeit gab er den 23. Dezember 2003 an.
Am 23. Dezember 2003 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte "Arbeitslosenhilfe". Unter demselben Datum stellte er einen Antrag auf Gewährung eines EGZ zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Dabei gab er an, dass er am 24. Dezember 2003 eine mehr als kurzzeitige, hauptberufliche selbständige Tätigkeit als Graphiker für Printprodukte aufnehmen werde.
Mit Bescheid vom 15. Januar 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld für den 23. Dezember 2003 in Höhe von 22,76 EUR. Mit Schreiben vom 19. Januar 2004 bat der Kläger das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg um Korrektur eines "Schreibfehlers" bei seiner Gewerbeanmeldung. Tatsächlicher Beginn seiner Tätigkeit sei der 24. Dezember 2004 gewesen. Nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 3. März 2004 den Antrag auf Bewilligung eines EGZ abgelehnt hatte, legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 30. März 2004 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für den 23. Dezember 2003 auf und forderte die Leistung in Höhe von 22,76 EUR nebst gezahlter Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 7, 22 EUR zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger übe seit dem 23. Dezember 2003 eine selbständige Tätigkeit im Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aus und sei deshalb nicht mehr arbeitslos. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch übersandte der Kläger eine Gewerbeanmeldung vom 8. März 2004, in der als Beginn der angemeldeten Tätigkeit der 24. Dezember 2003 angegeben wurde. Die Widersprüche des Klägers wurden mit Widerspruchsbescheiden vom 19. Mai 2004 zurückgewiesen.
In den Klageverfahren hat der Kläger vorgebracht: Nachdem er sich entschlossen hatte, die Veranstaltungsagentur aufzugeben, sei er auf der Suche nach einer Beschäftigung gewesen. Er habe die Stellenanzeigen in der Zeitung gelesen und im Internet die Stellenangebote des Arbeitsamtes durchsucht. Auch am 23. Dezember 2003 habe er nochmals nach einem passenden Stellengebot des Arbeitsamtes gesucht. An diesem Tag habe er noch nicht seine neue Tätigkeit ausgeübt. Die Beklagte habe ihm Arbeitslosengeld für den 23. Dezember 2003 bewilligt, obwohl sie nach dem Widerspruchsbescheid davon ausgegangen sei, dass er bei seiner Vorsprache am 23. Dezember 2003 die erneute Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit zum folgenden Tag angekündigt habe. Erst seit er eine "unglücklicherweise im Datum falsche" Gewerbeanmeldung eingereicht habe, sei die Beklagte der Auffassung, dass kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestanden habe.
Das Sozialgericht Berlin hat die Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden und mit Urteil vom 20. Januar 2006 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Der Kläger habe weder einen Anspruch auf Bewilligung eines EGZ ab dem 24. Dezember 2003 noch auf Arbeitslosengeld für den 23. Dezember 2003, weil er am 23. Dezember 2003 nicht arbeitslos gewesen sei. Eine Beschäftigungssuche des Klägers am 23. Dezember 2003 sei nicht zu erkennen, denn er sei weder in der Lage noch bereit gewesen, eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufzunehmen und auszuüben, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen und Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge zu leisten. Der Kläger habe geplant, seine Selbständigkeit über den 22. Dezember 2003 hinaus fortzusetzen. Am 22. Dezember 2003 habe der Kläger übergangslos beabsichtigt, von einer selbständigen Tätigkeit in die nächste zu wechseln, denn er habe zeitgleich sein früheres Gewerbe ab- und das neue Gewerbe angemeldet. Er habe beabsichtigt, bereits am 23. Dezember seine neue Tätigkeit aufzunehmen. Einen plausiblen Grund für eine Eröffnung des Büros am Heiligabend habe der Kläger nicht vorgebracht. Er habe vielmehr in der mündlichen Verhandlung unumwunden zugegeben, dass die "Ummeldung vom 23. Dezember 2003 auf den 24. Dezember 2003 allein dem Ziel gedient habe, Anspruch auf einen Tag Arbeitslosengeld und damit den erforderlichen Bezug einer "Vorleistung" zu erlangen.
Mit der Berufung hat der Kläger sein Begehren zunächst in vollem Umfang weiter verfolgt. Nachdem die Beklagte den Bescheid vom 30. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Mai 2004 aufgehoben hatte, hat er den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt. Der Kläger trägt unter Bezugname auf sein bisheriges Vorbringen vor: Die Unterbrechung seiner selbständigen Tätigkeit am 23. Dezember 2003 sei nicht nur eine Schutzbehauptung, sondern entspreche den tatsächlichen Gegebenheiten. Ihm sei zwar bewusst gewesen, dass er einen Anspruch auf Bewilligung eines EGZ nur bei vorheriger Arbeitslosigkeit erhalte. Diesen Tag der Arbeitslosigkeit habe er jedoch auch nutzen wollen, um verstärkt – zusätzlich zu seinen vorherigen Bemühungen – eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit zu suchen. Eine solche Tätigkeit hätte er dem Risiko einer selbständigen Tätigkeit vorgezogen. Aufgrund der vorangegangenen Erfahrung mit der Arbeitssuche habe er davon ausgehen müssen, dass seine Bemühungen und die Bemühungen der Beklagten voraussichtlich erfolglos sein würden. Vorsorglich habe er deshalb bereits für den 24. Dezember 2003 die Aufnahme einer anderen selbständigen Tätigkeit geplant.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Januar 2006 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 3. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2004 zu verurteilen, ihm ab 24. Dezember 2003 für die Dauer von drei Jahren einen Existenzgründungszuschuss zu gewähren.
Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf das angefochtene Urteil,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze Bezug genommen.
Die Leistungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Bewilligung eines EGZ, denn er erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 421 l Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) in der seit 1. Januar 2003 anwendbaren Fassung des Art. 1 Nr. 5 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleitungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4621). Danach haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, Anspruch auf einen monatlichen EGZ.
Der Kläger hat mit der Aufnahme seiner Tätigkeit als selbständiger Grafiker nicht eine Zeit der Arbeitslosigkeit beendet. Er war an dem allein hierfür in Betracht kommenden 23. Dezember 2003 nicht arbeitslos im Sinne der §§ 118, 119 SGB III in der bis 31. Dezember 2004 geltenden und nach Maßgabe der §§ 422 Abs. 1 Nr. 1; 3 Abs. 4 dieses Gesetzes anwendbaren Fassung des Ersten SGB III- Änderungsgesetzes (SGB III-1998). Nach § 118 Abs. 1 SGB III-1998 ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche). Der Kläger hat am 23. Dezember 2003 keine Beschäftigung gesucht und war mithin nicht arbeitslos.
Nach § 119 Abs. 1 SGB III-1998 sucht eine Beschäftigung, wer alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Nr. 1) und den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Nr. 2).
Nach Nr. 1. der angeführten Vorschrift wird von dem Beschäftigungssuchenden verlangt, dass er sich nicht nur auf Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes verlässt, sondern entsprechend dem Erscheinungsbild eines interessierten Beschäftigungssuchenden verhält und von sich aus etwas unternimmt, um die Beschäftigungslosigkeit zu beenden (vgl. LSG Niedersachsen, Urteil vom 21. März 2000 – L 8 AL 220/99 -, Kurztext in juris). Der Kläger hat sich am 23. Dezember 2003 nicht aktiv um eine versicherungspflichtige Beschäftigung bemüht. Nachdem er sich vormittags zwecks Meldung als Arbeitsloser zum Arbeitsamt begeben hatte und ihm dort keine sozialversicherungspflichtige Stelle angeboten wurde, hat er sodann nicht (mehr) nach einer Beschäftigung gesucht. Der Kläger hat sich vielmehr Unterlagen zur Beantragung eines EGZ aushändigen lassen, nach Rückkehr in seine Wohnung einen entsprechenden Antrag erstellt und diesen zur Post gegeben. Die Bemühungen des Klägers zielten damit nicht (mehr) – wie erforderlich (vgl. Brand, in: Niesel, SGB III, 2. Aufl., 2002, § 119 Rdnr. 4) - auf eine Beschäftigung, d.h. eine abhängige Arbeit, sondern ausschließlich auf die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit.
Eine Beschäftigungssuche des Klägers im Sinne des § 119 Abs. 1 SGB III-1998 ist ferner nicht nur deshalb zu verneinen, weil der Kläger – wie dargelegt - mangels hinreichender Eigenbemühungen nicht die Voraussetzungen der Nr. 1 dieser Vorschrift erfüllt. Der Senat kann weiterhin nicht feststellen, dass der Kläger den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung stand (§ 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III-1998). Verfügbar ist nach § 119 Abs. 2 SGB III-1998, wer arbeitsfähig und seiner Arbeitsfähigkeit entsprechend arbeitsbereit ist. Die Arbeitsfähigkeit setzt wiederum nach Abs. 3 dieser Vorschrift u.a. voraus, dass der Arbeitslose eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufnehmen und ausüben kann und darf. An der Annahme eines Beschäftigungsangebotes war der Kläger jedenfalls dann gehindert, wenn er an diesem Tag bereits seine neue selbständige Tätigkeit begonnen hatte, wie er es in seiner Gewerbeanmeldung vom 22. Dezember 2003 angekündigt hatte. Es ist anerkannt, dass eine Betätigung, die auf längere Dauer angelegt und derart betrieben wird, dass sie die für die Berufstätigkeit erforderliche Zeit vollständig in Anspruch nimmt, der objektiven Verfügbarkeit auch dann entgegensteht, wenn die Absicht besteht, diese Tätigkeit im Falle eines Arbeitsangebotes aufzugeben (vgl. Brand, in: Niesel, SGB III, 3. Aufl. 2005, § 119 Rdnr. 67 m.w.N.). Es reicht nicht aus, bei Unterbreitung eines Angebots die Verfügbarkeit herzustellen, diese muss vielmehr aktuell bestehen (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2001 – B 11 AL 111/99 R -, veröffentlicht in juris). Sofern der Kläger entsprechend seiner Gewerbeanmeldung vom 22. Dezember 2003 am folgenden Tag mit seiner Tätigkeit als selbständiger Grafiker begonnen hatte, war er nicht arbeitsfähig im Sinne des § 119 Abs. 3 SGB III. Soweit der Kläger vorbringt, er habe seine neue selbständige Tätigkeit – wie von vorneherein beabsichtigt - erst zum 24. Dezember 2003 aufgenommen, kann offen bleiben, ob er in diesem Falle am 23. Dezember 2003 arbeitsfähig im Sinne des § 119 Abs. 3 SGB III-1998 gewesen war. Denn der Senat konnte nicht die zur Bejahung eines Anspruchs auf Bewilligung eines EGZ erforderliche Überzeugung gewinnen, dass der Kläger entsprechend einer (allfälligen) Arbeitsfähigkeit an diesem Tag auch arbeitsbereit und mithin subjektiv verfügbar im Sinne des § 119 Abs. 2 SGB III-1998 gewesen war. Erhebliche Zweifel an der Arbeitsbereitschaft des Klägers ergeben sich bereits aus dem engen zeitlichen Zusammenhang der Aufgabe seiner A f V, P u M und der Aufnahme einer neuer selbständigen Tätigkeit. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger ohne Unterbrechung selbständig tätig bleiben oder ob er in dem von ihm eingestandenen Wissen (siehe dazu den Schriftsatz vom 28. April 2006) um die einen Anspruch auf Bewilligung eines EGZ hindernde Wirkung einer sich unmittelbar an seine frühere selbständige Tätigkeit anschließenden Gründung eines neuen Unternehmens sich erst an Heiligabend 2003 erneut selbständig machen wollte. Selbst wenn die Gewerbeanmeldung vom 22. Dezember 2003 versehentlich ein falsches Datum hinsichtlich der Aufnahme der Tätigkeit enthalten haben sollte, so deutet doch der Umstand, dass der Kläger sein neues Gewerbe bereits vor seiner Meldung als Arbeitsloser angemeldet hatte, darauf hin, dass er sich spätestens am 22. Dezember 2003 entschlossen hatte, sich am übernächsten Tag erneut selbständig zu machen, und zwar ohne die Verwirklichung dieses Planes von den "voraussichtlich nicht zu einem Erfolg" führenden Bemühungen (vgl. den Schriftsatz vom 28. April 2006) der Beklagten um eine Beschäftigung abhängig zu machen. Ferner legt auch das Verhalten des Klägers am 23. Dezember 2003 nahe, dass er an diesem Tag vorbehaltlos gewillt war, sein neues Existenzgründungsvorhaben in die Tat umzusetzen. Denn er erklärte bei seiner vormittäglichen Vorsprache beim Arbeitsamt seine Existenzgründungsabsicht, ließ sich die Förderunterlagen aushändigen und übersandte seinen Antrag auf Bewilligung eines EGZ noch am selben Tag der Beklagten. Nach alledem sprechen sowohl der enge zeitliche Zusammenhang zwischen den beiden selbständigen Tätigkeiten des Klägers wie auch sein Verhalten am 23. Dezember 2003 dafür, dass er seine Arbeitslosmeldung als rein formale Angelegenheit zur Schaffung eines Anspruchs auf einen EGZ verstanden hatte und entgegen seiner Behauptung nicht ernsthaft bereit gewesen war, zugunsten einer abhängigen Beschäftigung auf die Durchführung seines Existenzgründungsvorhabens zu verzichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Soweit sich das Verfahren erledigt hat, war unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 92 Abs. 2 Nr. 1 Zivilprozessordnung und des § 155 Abs. 1 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung davon abzusehen, eine Kostenerstattung zugunsten des Klägers anzuordnen.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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