L 16 B 579/07 AL NZB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 60 AL 5418/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 B 579/07 AL NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Mai 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich (noch) gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 17. Juli 2004 bis 06. August 2004 und die insoweit von der Beklagten geltend gemachte Erstattungsforderung für die Zeit vom 17. Juli 2004 bis 31. Juli 2004 einschließlich gezahlter Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (KV/PV) in Höhe von insgesamt 198,35 EUR.

Der 1946 geborene Kläger stand bei der Beklagten langjährig im Bezug von Leistungen; zuletzt erhielt er ab 01. Juni 2004 Alhi (kalendertäglicher Leistungsbetrag = 11,36 EUR). Mit Bescheid vom 10. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2004 setzte die Beklagte eine Sperrzeit vom 17. Juli 2004 bis 06. August 2004 fest, während der der Alhi-Anspruch ruhe. Der Kläger habe eine ihm angebotene Beschäftigung als Hilfsarbeiter bei der L g trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht angenommen, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Die Beklagte hob zugleich die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 17. Juli 2004 bis 31. Juli 2004 auf und forderte die Erstattung der insoweit gezahlten Alhi von 170,40 EUR nebst der für diesen Zeitraum gezahlten Beiträge zur KV/PV von 27,95 EUR (Gesamtforderung = 198,35 EUR). Mit Bescheid vom 25. August 2004 in der Gestalt des (weiteren) Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2004 und in der Fassung des Änderungsbescheides vom 10. Mai 2007 setzte die Beklagte eine zweite Sperrzeit vom 17. August 2004 bis 27. September 2004 fest, in der der Anspruch auf Alhi ruhe, und hob die Alhi-Bewilligung auch für diesen Zeitraum auf.

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat mit Urteil vom 16. Mai 2007 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2004 und Änderung des Bescheides vom 10. Mai 2007 – insoweit antragsgemäß - verurteilt, dem Kläger Alhi auch für die Zeit vom 17. August 2004 bis 27. September 2004 "unter Berücksichtigung von Erstattungsansprüchen, insbesondere des Sozialamtes, zu gewähren", und die Klage im Übrigen, d. h. soweit sie auf die Aufhebung des Bescheides vom 10. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2004 und Gewährung von Alhi auch für die Zeit vom 01. August 2004 bis 06. August 2004 gerichtet ist, abgewiesen. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Berufung, soweit das SG die Klage abgewiesen hat; auf seine Beschwerdeschrift vom 23. November 2007 und den Schriftsatz vom 12. März 2008 wird Bezug genommen.

Die Akten des SG Berlin S 77 AL 2754/03 und S 52 Ar 3470/96 – L 15 Z-A 26/97 -, die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) des Klägers ist zwar fristgerecht erhoben worden (vgl. § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Denn infolge der insoweit unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung des SG in dem Urteil vom 16. Mai 2007, das weder auf den Berufungsausschluss noch auf die Möglichkeit zur Einlegung einer NZB hingewiesen hatte, war die Erhebung der NZB noch innerhalb eines Jahres seit Zustellung des Urteils (06. Juni 2007) zulässig (vgl. § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Die NZB des Klägers ist aber nicht begründet; sie war daher zurückzuweisen.

Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts (LSG), wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,- EUR nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, das Urteil von einer Entscheidung des LSG, des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 144 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 SGG). Gemäß § 144 Abs. 3 SGG ist das LSG an die Zulassung der Berufung durch das SG gebunden.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 16. Mai 2007 bedarf der Zulassung, weil der maßgebliche Beschwerdewert von 500,00 EUR nicht erreicht wird. Der Beschwerdewert berechnet sich danach, was das SG dem Kläger versagt hat und was von ihm mit der Berufung weiter verfolgt wird. Der Kläger wendet sich bei verständiger Würdigung seines Vorbringens (vgl. § 123 SGG) gegen das angefochtene Urteil, soweit das SG damit seine Klage auf Aufhebung des Bescheides vom 10. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2004 und auf Gewährung von Alhi auch für die Zeit vom 01. August 2004 bis 06. August 2004 abgewiesen hat. Mit dem genannten Bescheid hat die Beklagte unter Festsetzung einer Sperrzeit die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 17. Juli 2004 bis 06. August 2004 aufgehoben und die Erstattung der vom 17. Juli 2004 bis 31. Juli 2004 gezahlten Alhi nebst Beiträgen zur KV/PV in einer Gesamthöhe von 198,35 EUR gefordert. Dahinstehen kann hierbei, ob bei der Ermittlung des Beschwerdewerts im Rahmen von Erstattungsstreitigkeiten die von der Beklagten während des Alhi-Bezugs gezahlten und nunmehr zurückgeforderten Sozialversicherungsbeiträge zu berücksichtigen sind (verneinend bei Leistungsklage: BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 – B 7 AL 104/03 R = SozR 4-1500 § 144 Nr. 2). Denn zuzüglich der begehrten Zahlung von Alhi für die Zeit vom 01. August 2004 bis 06. August 2004 (11,36 EUR x sechs Tage) von 68,16 EUR ergibt sich somit allenfalls ein Wert des Streitgegenstandes von insgesamt 266,51 EUR, mit dem der erforderliche Beschwerdewert für die Berufung von 500,00 EUR in keinem Fall erreicht wird.

Das SG hat die Berufung insoweit weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen zugelassen. Die von dem SG verwendete – falsche – Rechtmittelbelehrung kann nämlich die fehlende Zulassungsentscheidung, soweit das SG die Klage abgewiesen hat, nicht ersetzen (vgl. BSGE 5, 95; BSG, Beschluss vom 02. Juni 2004 – B 7 AL 10/04 R - veröffentlicht in juris). Die Bindungswirkung des § 144 Abs. 3 SGG tritt nur durch eine Berufungszulassung im Tenor, ausnahmsweise auch durch eine eindeutig ausgesprochene Zulassung in den Entscheidungsgründen ein, nicht aber durch eine – wie vorliegend - hinsichtlich des klagabweisenden Teils fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung.

Die Berufung ist auch von dem erkennenden Senat nicht zuzulassen, weil ein gesetzlicher Zulassungsgrund nicht vorliegt. Die Rechtssache hat keine über den Einzelfall hinausgehende und damit auch keine grundsätzliche Bedeutung, und zwar schon deshalb nicht, weil der Kläger eine klärungsbedürftige Rechtsfrage nicht aufgeworfen hat. Ein (bloßes) Individualinteresse genügt hierfür nicht. Die angefochtene Entscheidung des SG weicht auch nicht von einem Urteil der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte ab.

Schließlich hat der Kläger auch einen der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangel nicht geltend gemacht, auf dem die Entscheidung des SG beruhen kann. Hierbei sind nur etwaige Verfahrensmängel beachtlich, die der Beschwerdeführer gerügt hat, und zwar auch dann, wenn es sich ansonsten um von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel handelte (vgl. BSG, Urteil vom 21. März 1978 – 7/12/7 RAr 41/76 = SozR 1500 § 150 Nr. 11). Vorliegend hat der Kläger im Wesentlichen gerügt, das SG habe den Änderungsbescheid vom 10. Mai 2007 "völlig falsch dargelegt" und damit den Amtsermittlungsgrundsatz und seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Insbesondere habe der Änderungsbescheid vom 10. Mai 2007 dem Gericht in anderer Form vorgelegen, als dies bei ihm – dem Kläger – der Fall sei. Ungeachtet dessen, ob dieser von dem Kläger gerügte Sachverhalt überhaupt zutrifft und bejahendenfalls einen Verfahrensmangel darstellte, kann das Urteil des SG in seinem vom Kläger angefochtenen Umfang aber jedenfalls auf diesem Verfahrensmangel schon deshalb nicht beruhen, weil sich der klagabweisende Ausspruch des SG zu dem Bescheid vom 10. Mai 2007 gar nicht verhält, sondern zu dem Bescheid vom 10. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2004 (Sperrzeit und Aufhebungszeitraum vom 17. Juli 2004 bis 06. August 2004). Hinsichtlich des mit dem in Rede stehenden Bescheid vom 10. Mai 2007 verlautbarten Aufhebungszeitraums vom 17. August 2004 bis 27. September 2004 hat der Kläger vielmehr in vollem Umfang obsiegt.

Soweit der Kläger darüber hinaus insbesondere mit seinem Schriftsatz vom 12. März 2008 die Anwendung materiellen Rechts durch das SG und damit die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Teils des Urteils angreift, können derartige Einwendungen mit einer Verfahrensrüge iS von § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht zur Entscheidung des Beschwerdegerichts gestellt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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