Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
26
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 8 AS 1676/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 26 B 2007/07 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 4. Oktober 2007 wird aufgehoben. Den Klägern wird für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Potsdam Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt A S, HStraße , P, beigeordnet; Beträge aus dem Vermögen oder Raten sind nicht zu zahlen. Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), der das Sozialgericht (SG) Potsdam nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist begründet. Den Klägern ist für das Verfahren vor dem SG Potsdam nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren.
Die Gewährung von PKH ist nach den genannten Vorschriften zunächst davon abhängig, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint.
Streitig ist vorliegend die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Kosten, die in zwei vorangegangenen Widerspruchsverfahren entstanden sind. Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, einem Widerspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich war. § 63 Abs. 2 SGB X bestimmt, dass die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig sind, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die entsprechenden Entscheidungen der Beklagten sind vorliegend außer Streit. Gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest. Die festzusetzende Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwälte bemisst sich dabei nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Anzuwenden ist vorliegend das RVG in Verbindung mit dem als Anlage 1 angefügten Vergütungsverzeichnis (VV) in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung. Für die Fälle nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG (Fälle mit Betragsrahmengebühr) wird nicht auf die Tabelle nach § 13 RVG Bezug genommen, vielmehr nennt § 14 RVG mehrere Kriterien, die es ermöglichen, innerhalb des in der Regel sehr breit gefassten Rahmens eine Gebühr zu bestimmen. Die Verfahrensgebühr bestimmt sich in diesen Fällen nach Nr. 2500 VV RVG und beträgt 40,00 bis 520,00 EUR.
Was die Bestimmung der angemessenen Gebühr innerhalb dieses Gebührenrahmens angeht, entspricht es allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass die Mittelgebühr ein angemessenes Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren darstellt. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Verfahren vorzunehmen. Die Maßstäbe für diese Einordnung lassen sich der Regelung des § 14 RVG entnehmen. Bei der Bestimmung der konkreten Gebühr sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG alle Umstände des Einzelfalls, vor allem Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers zu berücksichtigen. Bei den hier einschlägigen Betragsrahmengebühren ist außerdem das Haftungsrisiko des Rechtsanwalts zu berücksichtigen (§ 14 Abs. 1 Satz 3 RVG).
Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ist ausgehend von diesen Grundsätzen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Beschluss vom 22. Februar 1993 - Az. 14b/4 REg 12/91, SozR 3-1930 § 116 Nr. 4) durchaus als für den Anwalt arbeitserleichternder Umstand zu berücksichtigen, wenn er in einer Reihe gleich oder ähnlich gelagerter Fälle tätig geworden ist. Der dadurch bedingte Rationalisierungseffekt kann gebührenrechtlich berücksichtigt werden. Er ändert zwar grundsätzlich nichts am Grad der Schwierigkeit einer Angelegenheit, wohl aber am objektiven Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, der nach der Gesetzesfassung neben der Schwierigkeit der Sache gleichermaßen von Bedeutung ist.
Es muss aber gleichwohl bezweifelt werden, dass die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung lediglich in Höhe der Mindestgebühr noch eine angemessene Vergütung der anwaltlichen Tätigkeit in den beiden streitigen Widerspruchsverfahren bedeutet. Das Merkmal der Gleichartigkeit mit dem Widerspruchsverfahren W 17/06 (Höhe der Leistungen für Oktober 2005), für das die Beklagte die Mittelgebühr festgesetzt hat, ist für sich genommen nicht derart bestimmend, dass lediglich die Mindestgebühr als unterster möglicher Rahmen anzusetzen ist. Es ist vielmehr auch bei Berücksichtigung des arbeitserleichternden Umstandes der Gleichartigkeit zu berücksichtigen, dass sowohl das Widerspruchsverfahren W 19/06 (Höhe der Leistungen vom 1. April 2005 bis zum 30. September 2005) als und vor allem auch das Widerspruchsverfahren W 18/06 (Ablehnung der Leistungen vom 1. November 2005 an für die Zukunft) eine erhebliche Bedeutung für die Widerspruchsführer hatten und damit auch mit einem weitaus höheren Haftungsrisiko des Rechtsanwalts behaftet waren. Diesen auf der Hand liegenden Faktor hat die Beklagte nicht beachtet und die Gleichartigkeit der Sachen zum alleinigen Maßstab gemacht. Nach summarischer Prüfung kann diese Entscheidung keinen Bestand haben.
Da für die Erfolgsaussichten im Sinne der PKH die Aussicht auf einen Teilerfolg ausreicht, Einkommen bzw. Vermögen nach § 73 a SGG in Verbindung mit § 115 ZPO nicht einzusetzen ist, war damit Prozesskostenhilfe zu gewähren. Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes erscheint erforderlich, § 73 a SGG in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), der das Sozialgericht (SG) Potsdam nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist begründet. Den Klägern ist für das Verfahren vor dem SG Potsdam nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren.
Die Gewährung von PKH ist nach den genannten Vorschriften zunächst davon abhängig, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint.
Streitig ist vorliegend die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Kosten, die in zwei vorangegangenen Widerspruchsverfahren entstanden sind. Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, einem Widerspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich war. § 63 Abs. 2 SGB X bestimmt, dass die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig sind, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die entsprechenden Entscheidungen der Beklagten sind vorliegend außer Streit. Gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest. Die festzusetzende Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwälte bemisst sich dabei nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Anzuwenden ist vorliegend das RVG in Verbindung mit dem als Anlage 1 angefügten Vergütungsverzeichnis (VV) in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung. Für die Fälle nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG (Fälle mit Betragsrahmengebühr) wird nicht auf die Tabelle nach § 13 RVG Bezug genommen, vielmehr nennt § 14 RVG mehrere Kriterien, die es ermöglichen, innerhalb des in der Regel sehr breit gefassten Rahmens eine Gebühr zu bestimmen. Die Verfahrensgebühr bestimmt sich in diesen Fällen nach Nr. 2500 VV RVG und beträgt 40,00 bis 520,00 EUR.
Was die Bestimmung der angemessenen Gebühr innerhalb dieses Gebührenrahmens angeht, entspricht es allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass die Mittelgebühr ein angemessenes Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren darstellt. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Verfahren vorzunehmen. Die Maßstäbe für diese Einordnung lassen sich der Regelung des § 14 RVG entnehmen. Bei der Bestimmung der konkreten Gebühr sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG alle Umstände des Einzelfalls, vor allem Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers zu berücksichtigen. Bei den hier einschlägigen Betragsrahmengebühren ist außerdem das Haftungsrisiko des Rechtsanwalts zu berücksichtigen (§ 14 Abs. 1 Satz 3 RVG).
Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ist ausgehend von diesen Grundsätzen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Beschluss vom 22. Februar 1993 - Az. 14b/4 REg 12/91, SozR 3-1930 § 116 Nr. 4) durchaus als für den Anwalt arbeitserleichternder Umstand zu berücksichtigen, wenn er in einer Reihe gleich oder ähnlich gelagerter Fälle tätig geworden ist. Der dadurch bedingte Rationalisierungseffekt kann gebührenrechtlich berücksichtigt werden. Er ändert zwar grundsätzlich nichts am Grad der Schwierigkeit einer Angelegenheit, wohl aber am objektiven Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, der nach der Gesetzesfassung neben der Schwierigkeit der Sache gleichermaßen von Bedeutung ist.
Es muss aber gleichwohl bezweifelt werden, dass die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung lediglich in Höhe der Mindestgebühr noch eine angemessene Vergütung der anwaltlichen Tätigkeit in den beiden streitigen Widerspruchsverfahren bedeutet. Das Merkmal der Gleichartigkeit mit dem Widerspruchsverfahren W 17/06 (Höhe der Leistungen für Oktober 2005), für das die Beklagte die Mittelgebühr festgesetzt hat, ist für sich genommen nicht derart bestimmend, dass lediglich die Mindestgebühr als unterster möglicher Rahmen anzusetzen ist. Es ist vielmehr auch bei Berücksichtigung des arbeitserleichternden Umstandes der Gleichartigkeit zu berücksichtigen, dass sowohl das Widerspruchsverfahren W 19/06 (Höhe der Leistungen vom 1. April 2005 bis zum 30. September 2005) als und vor allem auch das Widerspruchsverfahren W 18/06 (Ablehnung der Leistungen vom 1. November 2005 an für die Zukunft) eine erhebliche Bedeutung für die Widerspruchsführer hatten und damit auch mit einem weitaus höheren Haftungsrisiko des Rechtsanwalts behaftet waren. Diesen auf der Hand liegenden Faktor hat die Beklagte nicht beachtet und die Gleichartigkeit der Sachen zum alleinigen Maßstab gemacht. Nach summarischer Prüfung kann diese Entscheidung keinen Bestand haben.
Da für die Erfolgsaussichten im Sinne der PKH die Aussicht auf einen Teilerfolg ausreicht, Einkommen bzw. Vermögen nach § 73 a SGG in Verbindung mit § 115 ZPO nicht einzusetzen ist, war damit Prozesskostenhilfe zu gewähren. Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes erscheint erforderlich, § 73 a SGG in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved