L 13 An 209/86

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 6 An 20/84
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 13 An 209/86
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Höhe des „Anschluß-Übergangsgeldes” richtet sich bei freiwillig Versicherten nicht nach dem zuvor bezogenen Krankengeld, sondern allein nach der Höhe der Beiträge, die zur Rentenversicherung entrichtet worden sind (§ 18 Abs. 2 AVG; § 1241 Abs. 2 RVO). § 18 Abs. 4 AVG (§ 1241 Abs. 4 RVO) findet auf die Berechnung des Übergangsgeldes in diesen Fällen keine Anwendung (Anschluß an den Vorlagebeschluß des BSG v. 9.12.1986 – 8 RJ 24/85; entgegen BSG Urteil v. 11.6.1986 – 1 RA 23/85 = SozR 2200 § 1241 Nr. 31).
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 16. Januar 1986 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des dem Kläger in der Zeit ab dem 5. Oktober 1982 zustehenden Übergangsgeldes streitig.

Der Kläger ist selbständiger Steuerberater. Er war bis Ende 1985 bei der Deutschen Angestellten-Krankenkasse in der Klasse 511 als nichtversicherungspflichtiger Selbständiger mit Krankengeldanspruch krankenversichert. Die Krankenversicherungsbeiträge des Klägers wurden auf der Grundlage des Betrages der jeweils maßgeblichen Krankenversicherungspflichtgrenze erhoben. Als Selbständiger mit Krankengeldanspruch zahlte der Kläger bei der DAK einen Beitragssatz, der gegenüber einen der Kasse angehörigen Angestellten, der die Krankenversicherungspflichtgrenze überschritten hat, um 8,7 % höher liegt.

Ab dem 8. Mai 1982 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Er bezog in der Folgezeit von der DAK Krankengeld. Die Beitragsbemessungsgrenze für die Krankenversicherung betrug 1982 monatlich 3.525,– DM. Der tägliche Krankengeldanspruch des Klägers errechnete sich nach der Satzung der Deutschen Angestellten-Krankenkasse auf der Grundlage von 80 % des täglichen Grundlohnes der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze. Der Krankengeldanspruch belief sich demnach auf täglich 94,– DM (3.525: 30 = 117,50; davon 80 % = 94,– DM) für monatlich jeweils 30 Tage. Die Krankengeldzahlung erfolgte bis einschließlich 4. Oktober 1982.

Vor seiner Arbeitsunfähigkeit entrichtete der Kläger freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten. Zwischen April 1981 und März 1982 waren dies insgesamt neun Beiträge à 450,– DM. Diese Beitragszahlung entsprach rechnerisch einem Arbeitseinkommen von 21.892,– DM.

Am 13. Oktober 1981 beantragte der Kläger die Gewährung medizinischer Leistungen zur Rehabilitation. Die beantragte Maßnahme wurde dem Kläger für die Zeit ab dem 5. Oktober 1982 bewilligt.

Durch Bescheid vom 23. Juni 1983 wurde dem Kläger für die Dauer der Maßnahme Übergangsgeld gewährt. Das Übergangsgeld wurde von der Beklagten auf der Grundlage der in der Zeit vom 1. April 1981 bis 31. März 1982 geleisteten freiwilligen Beiträge bzw. dem Arbeitseinkommen berechnet, dem diese Beitragszahlung entsprach. Unter Zugrundelegung der in §§ 18 Abs. 2, 18 b Angestelltenversicherungsgesetz festgelegten Berechnungsweise erhielt der Kläger danach bis einschließlich 2. November 1982 ein Übergangsgeld in Höhe von täglich 36,49 DM gewährt.

Der dagegen eingelegte Widerspruch, mit dem der Kläger die Auffassung vertrat, die Höhe des Übergangsgeldes richte sich nach der monatlichen Bemessungsgrundlage für das Krankengeld, wurde durch Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 1984 zurückgewiesen.

Auf die am 22. Februar 1984 erhobene Klage hat das Sozialgericht Darmstadt durch Urteil vom 16. Januar 1986 unter Abänderung der ergangenen Bescheide die Beklagte verurteilt, Übergangsgeld nach derjenigen Berechnungsgrundlage zu gewähren, die für das vor Beginn der Rehabilitationsmaßnahme gewährte Krankengeld maßgeblich war. Das Sozialgericht hat die Auffassung vertreten, die Berechnung des Übergangsgeldes richte sich nach § 18 Abs. 4 Angestelltenversicherungsgesetz. Nach der Neufassung dieser Bestimmung komme es nicht mehr darauf an, ob die bisher gewährte Leistung aus dem Arbeitsentgelt errechnet worden sei. Vielmehr sei ganz generell für die Berechnung des Übergangsgeldes nunmehr die Berechnungsgrundlage für das vorangegangene Krankengeld maßgebend, das sich für Versicherte, die – wie der Kläger – keine Arbeitnehmer sind, nach dem Grundlohn und damit letztendlich nach dem Arbeitseinkommen bemesse (§§ 182 Abs. 6, 180 RVO).

Gegen das der Beklagten am 3. Februar 1986 zugestellte Urteil richtet sich die am 20. Februar 1986 eingegangene – vom Sozialgericht zugelassene – Berufung. Die Beklagte hält die Auffassung des Sozialgerichts für unzutreffend. Auch dem zwischenzeitlich ergangenen Urteil des Bundessozialgerichts vom 11. Juni 1986 (1 RA 23/85), das bei freiwillig krankenversicherten Selbständigen ebenfalls zu einer unmittelbaren Anwendung des § 19 Abs. 4 Angestelltenversicherungsgesetz gekommen ist, könne nicht gefolgt werden. Die Neufassung des § 18 Abs. 4 AVG, der auf der früheren Fassung des § 18 b AVG beruhe, lasse nicht erkennen, daß der Gesetzgeber eine materiell-rechtliche Änderung der bisherigen Regelung in der Weise beabsichtigt habe, daß nunmehr bei der Berechnung des Übergangsgeldes auch bei freiwillig Versicherten auf die Berechnungsgrundlage zurückzugreifen sei, die für das Krankengeld maßgeblich gewesen war. Die Auslegung des § 19 Abs. 4 AVG durch das Sozialgericht messe dieser Bestimmung im übrigen eine Bedeutung bei, die ihr nicht zukomme. Insbesondere könne über § 19 Abs. 4 AVG ein fehlender Leistungsanspruch nicht begründet werden. Da der Kläger des vorliegenden Streitfalles kein Arbeitsentgelt aus einer Versicherungspflichtigen Beschäftigung bezogen habe, komme die Anwendung des § 18 Abs. 4 AVG nach alledem nicht in Betracht. Nach der Systematik der Berechnungsvorschriften für die Lohnersatz- bzw. Unterhaltsleistung, also auch der Kontinuitätsregelung der Rehabilitationsträger, seien stets die beitragsrelevanten Einkünfte Berechnungsgrundlage. Im Verhältnis zwischen Übergangsgeld und Krankengeld könne dies nicht anders sein. Folge man der Entscheidung des 1. Senats des Bundessozialgerichts, so müßte man auch umgekehrt das einem Übergangsgeld der Rentenversicherung zugrunde liegende Arbeitseinkommen eines freiwillig Versicherten für die Berechnung eines sich anschließenden Krankengeldes heranziehen. Eine solche Verfahrensweise schließe jedoch § 16 Rehabilitationsangleichungsgesetz, der allein auf den Bezug von Entgelt, nicht aber auf Arbeitseinkommen abstelle, aus. Zu folgen sei in diesen Fällen vielmehr der Auffassung des 8. Senates des Bundessozialgerichts in dessen Vorlagebeschluß vom 9. Dezember 1986 (8 RK 24/85), der in Fällen der vorliegenden Art von einer Berechnung des Übergangsgeldes auf der Grundlage der freiwilligen Rentenversicherungsbeiträge ausgehe und demzufolge ein Ruhen des Krankengeldanspruchs während der Zeit der Zahlung des Übergangsgeldes in voller Höhe – wie dies § 183 Abs. 6 RVO vorsieht – als verfassungswidrig angesehen habe. Eine adäquate Lösung zur Vermeidung materieller Nachteile stelle demnach eine weitergehende Krankengeldzahlung dar, nicht jedoch eine am Krankengeld ausgerichtete Übergangsgeldgewährung des freiwillig Rentenversicherten.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 16. Januar 1986 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hält das sozialgerichtliche Urteil für zutreffend. Er ist der Auffassung, der Wortlaut des § 18 Abs. 4 AVG sei eindeutig und lasse eine anderweitige Berechnung des Übergangsgeldes, als wie sie vom Sozialgericht vorgenommen worden ist, nicht zu.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vertrags der Beteiligten wird im übrigen auf den gesamten weiteren Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogene Versichertenakte der Beklagten (Vers.-Nr.: ) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und kraft Zulassung statthafte Berufung (§§ 151, 150 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) ist in der Sache begründet. Dem Kläger steht kein höheres Übergangsgeld zu, als es ihm von der Beklagten bewilligt worden ist.

Entgegen der Annahme des Sozialgerichts läßt sich die Höhe des Übergangsgeldanspruches nicht aus § 18 Abs. 4 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) ableiten. Bei freiwillig in der Rentenversicherung Versicherten kann § 18 Abs. 4 AVG zur Ermittlung der Höhe dieses Anspruchs nicht herangezogen werden. Grundlage für die Berechnung des Übergangsgeldes ist in diesen Fällen vielmehr § 18 Abs. 2 AVG.

Diese Bestimmungen haben in der Fassung des Arbeitsförderungskonsolidierungsgesetzes vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I, S. 1497) folgenden Wortlaut:

§ 18 Abs. 2 AVG:
Das Übergangsgeld wird für den Betreuten, der Arbeitseinkommen oder als freiwillig Versicherter Arbeitsentgelt bezogen und Beiträge entrichtet hat, aus 80 v.H. des Einkommens berechnet, das der Beitragszahlung für die letzten 12 Kalendermonate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder, wenn er nicht arbeitsunfähig ist, vor Beginn der Maßnahme (Bemessungszeitraum) entspricht. Für den Kalendertag ist der 360. Teil dieses Betrages anzusetzen.

§ 18 Abs. 4 AVG:
Hat der Betreute Übergangsgeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Krankengeld bezogen und wird im Anschluß daran eine Maßnahme zur Rehabilitation durchgeführt, ist für die Berechnung des Übergangsgeldes die Berechnungsgrundlage für die bisherige Leistung weiterhin maßgebend.

Bei der Auslegung dieser Bestimmungen geht der 1. Senat des Bundes Sozialgerichts in seinem Urteil vom 11. Juni 1986 (1 RA 23/85 = SozR 2200 § 1241 Nr. 31) davon aus, auch das für den Krankengeldanspruch maßgebliche Arbeitseinkommen eines freiwillig versicherten Selbständigen könne "Berechnungsgrundlage” des Anschluß-Übergangsgeldes i.S.v. § 18 Abs. 4 AVG (= § 1241 Abs. 4 RVO) sein. Nach Ansicht des 1. Senats ist § 18 Abs. 4 AVG eine an die zusätzliche Voraussetzung des vorangegangenen Bezugs von Krankengeld geknüpfte Spezialvorschrift, mit der nicht nur eine doppelte Feststellung der Bemessungsgrundlage für die Lohnersatzleistungen (hier Krankengeld/Übergangsgeld) vermieden, sondern auch eine partielle Besitzstandswahrung zugunsten des Betreuten – und zwar in allen Fällen – erreicht werden soll. Habe der Betreute Krankengeld bezogen, so sei für die Berechnung des Anschlußübergangsgeldes auf die Bemessungsgrundlage für eben dieses Krankengeld zurückzugreifen. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem nunmehr in § 18 Abs. 4 AVG verwendeten Begriff der "Bemessungsgrundlage”, der umfassender und genereller sei als die bisherige Formulierung in § 18 b AVG a.F., der von dem "bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt” ausgegangen war.

Demgegenüber vertritt der 8. Senat des Bundessozialgerichts in seiner. Vorlagebeschluß an das Bundesverfassungsgericht vom 9. Dezember 1986 (8 RJ 24/85) bei einer vergleichbaren Fallgestaltung – also bei Arbeitsunfähigkeit mit Krankengeldbezug und nachfolgender Heilbehandlung mit Übergangsgeld-Anspruch – die Meinung, das Übergangsgeld des freiwillig Rentenversicherten sei keine seinem Krankengeldanspruch gleichartige Leistung. Das Übergangsgeld der freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung entrichtenden Unternehmer richte sich deshalb nicht nach einer, individuellen Einkommensverlust, sondern nach der Höhe der tatsächlich entrichteten Beiträge, die der, individuellen Einkommen nicht entsprechen müssen. Im Gegensatz etwa zu Arbeitnehmern, bei denen das Übergangsgeld entsprechend den Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung bemessen wird (§§ 17, 18 Abs. 1 Satz 1 AVG i.V.m. § 182 Abs. 4, 5 und 8 RVO), bestimme der in der Rentenversicherung freiwillig Versicherte den Umfang seines Anspruchs auf Geldleistungen selbst, und zwar mit dem von ihm der Höhe und der Zahl nach freiwillig entrichteten Beiträgen. Demgemäß richte sich auch bei vorangehender Arbeitsunfähigkeit mit Krankengeldbezug das Übergangsgeld nicht nach bestimmten tatsächlichen Einkünften, sondern gemäß § 18 Abs. 2 AVG nach dem Einkommen, das der Beitragszahlung für die letzten 12 Kalendermonate vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit entspricht. Davon ausgehend, hat es der 8. Senat des Bundessozialgerichts deshalb als unzulässig und als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar angesehen, den Anspruch auf Krankengeld auch dann in vollem Umfang ruhen zu lassen – wie dies § 183 Abs. 6 RVO vorsieht – wenn der Versicherte Übergangsgeld bezieht, bei dessen Berechnung gerade kein individuelles Einkommen zugrunde gelegt worden ist.

In Übereinstimmung mit der vom 8. Senat des Bundessozialgerichts vertretenen Auffassung zur Berechnung des Übergangsgeldes schließt sich der erkennende Senat der Meinung der Beklagten, die beim Kläger zu einer Bemessung des Übergangsgeldes nach § 18 Abs. 2 AVG führt, an.

Zwar läßt sich auch aufgrund des Lösungsansatzes des 1. Senats des Bundessozialgerichts jedenfalls insoweit ein befriedigendes Ergebnis erzielen, als die Anknüpfung der Übergangsgeldzahlung auch für nicht rentenversicherungspflichtige Selbständige an § 18 Abs. 4 AVG nicht in dem Sinne verstanden werden soll, daß dadurch etwa ein eigenständiger Anspruch auf Übergangsgeld begründet wird, ohne daß, "die dafür erforderlichen rentenversicherungsrechtlichen Leistungsvoraussetzungen” (so BSG Urteil vom 11. Juni 1986 a.a.O.) erfüllt sind. Der 1. Senat des Bundessozialgerichts ist vielmehr der Meinung, daß der Betreute vor Beginn der mit einem Anspruch auf Krankengeld verbundenen Arbeitsunfähigkeit, nicht nur Arbeitseinkommen erzielt, sondern zusätzlich auch innerhalb der letzten 12 Monate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet haben muß. Die noch im Berufungsschriftsatz vom 18. Februar 1986 geäußerte Befürchtung der Beklagten, § 18 Abs. 4 AFG könne bei der vom Sozialgericht vertretenen Auffassung weitergehende Ansprüche auch für solche Versicherte schaffen, die in den letzten Jahren weder rentenversicherungspflichtig gewesen sind, noch Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet haben, ist beim Lösungsansatz des 1. Senats des Bundessozialgerichts insoweit unbegründet.

Diese Auslegung des § 18 Abs. 4 AVG durch den 1. Senat des Bundessozialgerichts verdeutlicht indes, daß die Annahme, § 18 Abs. 4 AVG sei auch beim freiwillig in der Rentenversicherung versicherten Selbständigen eine Spezialvorschrift zur Berechnung der Höhe des Übergangsgeldes, sich in dieser Form nicht aufrechterhalten läßt. Der 8. Senat des Bundessozialgerichts (a.a.O.) hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, daß das Übergangsgeld in Fällen der vorliegenden Art keine dem Krankengeldanspruch gleichartige Leistung darstellt. Eine Anwendung von § 18 Abs. 4 AVG auf diese in ganz unterschiedlicher Art begründeten Leistungsansprüche läßt sich aus der Sicht des erkennenden Senats deshalb nicht rechtfertigen. Vielmehr ist auch weiterhin davon auszugehen, daß bei § 18 Abs. 4 AVG – wie bei § 18 b AVG a.F. (vgl. dazu BSG Urteil vom 19. September 1979 – 11 RA 71/78 = BSGE 49, S. 41) – allein das Arbeitsentgelt und allenfalls noch das Arbeitseinkommen Pflichtversicherter gemeint ist. Die Beklagte hat insoweit unter Bezugnahme auf Tessmer (SGb 1987, S. 102) zu Recht darauf hingewiesen, daß aus der amtlichen Begründung zur Neufassung des § 18 Abs. 4 AVG durch das Arbeitsförderungskonsolidierungsgesetz (BT-Drucks. 9/799, S. 53 vom 9. September 1981) ein Anhaltspunkt dafür, daß der Gesetzgeber durch den Austausch der Worte "bisher zugrunde gelegtes Arbeitsentgelt” – gegen den Begriff "bisherige Bemessungsgrundlage” nunmehr auch das "Arbeitseinkommen” eines freiwillig Versicherten in die für die Rentenversicherung neu gefaßte Kontinuitätsregelung einbeziehen wolle, nicht erkennbar wird. Der Beklagten ist zuzustimmen, daß eine so wesentliche Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 18 Abs. 4 AVG, wie sie vom 1. Senat des Bundessozialgerichts unter stellt wird, in der Begründung zu diesem Gesetzentwurf sicher nicht unerwähnt geblieben wäre. Das Unterbleiben einer solchen Begründung spricht demnach dafür, der Neufassung des § 18 Abs. 4 AVG gerade nicht eine solch bedeutsame materiellrechtliche Änderung zuzumessen, wie dies durch den 1. Senat des Bundessozialgerichts und das Sozialgericht Darmstadt geschehen ist. Dem entspricht auch der Hinweis in der Begründung zur Neufassung des § 18 Abs. 4 AVG (BT-Drucksache a.a.O.) auf § 13 Abs. 8 Rehabilitationsangleichungsgesetz (RehaAnglG), der ausdrücklich regelt, daß sich die Berechnung des Übergangsgeldes für Selbständige und für nicht Pflichtversicherte nach den besonderen Vorschriften der einzelnen Leistungsgesetze richtet.

Auch § 16 Reha-Angleichungsgesetz stellt insoweit allein auf den Bezug von "Entgelt”, nicht aber auf sonstiges "Arbeitseinkommen” ab und läßt es deshalb auch nicht zu, daß umgekehrt etwa das dem Übergangsgeld der Rentenversicherung zugrunde liegende Arbeitseinkommen eines freiwillig Versicherten für die Berechnung eines sich anschließenden Krankengeldes herangezogen wird. Eine "Kontinuitätsregelung” dergestalt, daß diese bei Beziehern von Arbeitseinkommen nur dann angewendet wird, wenn sich das Übergangsgeld an das Krankengeld anschließt, nicht aber auch umgekehrt im Falle des Anschlusses von Krankengeld an Übergangsgeld, läßt sich aus der Neufassung des § 18 Abs. 4 AVG indes nicht entnehmen. Auch hieraus ergibt sich, daß für die Gewährung von Barleistungen bei freiwillig Versicherten das Recht desjenigen Leistungsträgers gelten soll, der die jeweilige Grundleistung erbringt. Der Versicherte, der die Höhe seiner Beiträge beeinflussen und damit unabhängig von seinem tatsächlichen Arbeitseinkommen bzw. Arbeitsverdienst selbst bestimmen kann, welche Beiträge er leistet, soll im Versicherungsfall auch nur die diesen Beiträgen entsprechenden Geldleistungen erhalten. Die jeweiligen beitragsrelevanten Einkünfte stellen dabei die maßgebliche Berechnungsgrundlage dar.

Auch der Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung, der § 18 Abs. 4 AVG und der Kontinuitätsregelung des § 16 Reha-Angleichungsgesetz zugrunde liegt, steht dem nicht entgegen. Der Rückgriff des Rentenversicherungsträgers auf das von ihm selbst für den freiwillig Versicherten geführte Versichertenkonto ist nicht nur weniger verwaltungs- sondern auch weniger zeitaufwendig, als das Einholen einer Auskunft über die Höhe der von der Krankenkasse ermittelten Bemessungsgrundlage (Tessmer a.a.O.). Damit bliebe in Fällen des Bezugs von Arbeitseinkommen freiwillig Versicherter bei einer Verfahrensweise, wie sie dem 1. Senat des Bundessozialgerichts vorschwebt, nur noch die Sicherstellung eines partiellen Besitzstandes als Normzweck der Kontinuitätsregelung übrig. Das aber wäre eine Zweckbestimmung, die den Gesetzesmaterialien so nicht entnommen werden kann (Tessmer a.a.O.).

Die Beklagte hat nach alledem das dem Kläger zustehende Übergangsgeld in der richtigen Weise nach § 19 Abs. 2 AVG berechnet. Auf ihre Berufung war das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt demnach aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision hat der Senat nach § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG im Hinblick auf die abweichende Entscheidung des 1. Senats des Bundessozialgerichts vom 11. Juni 1986 (a.a.O.) zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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