Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 4040/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4972/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17.9.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Weitergewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1960 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Seit 1980 war sie als Reinemachfrau versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 19.09.2002 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog das auf einen am 1.3.1996 erstmals gestellten Rentenantrag (Verwaltungsakte S. 41) erhobene Gutachten des Neurologen und Psychiaters Sch. vom 24.4.1996 bei (Verwaltungsakte S. 39 ff.: für leichte Tätigkeiten vollschichtiges Leistungsvermögen) und erhob das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Schi. vom 18.12.2002 (Verwaltungsakte S. 63 ff.). Dieser diagnostizierte einen Zustand nach perinataler cerebraler Schädigung mit armbetonter spastischer Schwäche links, ein zervikales Reizsyndrom mit Brachialgie und Cephalgie infolge einer Überforderung des rechten Arms sowie eine leicht ausgeprägte reaktive Depression. Das Leistungsvermögen sei durch die gering ausgeprägten Auffälligkeiten nicht wesentlich beeinträchtigt. Körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten seien, ebenso wie die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinemachfrau (ohne besondere Anforderungen an die Dauerkraftentwicklung und Geschicklichkeit der linken Hand) vollschichtig möglich.
Mit Bescheid vom 13.1.2003 (Verwaltungsakte S. 133) lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 14.1.2004 zurück (Verwaltungsakte S. 171), worauf die Klägerin am 6.2.2004 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhob (Verfahren S 5 RJ 503/04). Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte (u.a. Dr. E., Neurologe und Psychiater, vom 21.7.2004, SG-Akte S. 37: Berufstätigkeit wäre für die seelische Gesundheit ausgesprochen wünschenswert) und erhob das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 24.2.2005 (SG-Akte S. 51 ff.). Dieser eruierte den Tagesablauf der (mit der Familie im eigenen Bungalow mit kleinem Garten lebenden) Klägerin (Aufstehen 6.15 Uhr, Frühstück für die Familie bzw. die Kinder - drei Töchter 13 bis 28 Jahre, einen Sohn, 19 Jahre -, sodann Hausarbeit und Kochen, nachmittags Wäsche richten für den Sohn, der Fußball spiele, aufräumen, täglicher Spaziergang, abends fernsehen und Zeitschriften lesen, regelmäßige Urlaube am Meer, etwa in Tunesien) und diagnostizierte im Wesentlichen eine Minderentwicklung des linken Arms aufgrund perinataler Hirnschädigung, eine spastische Parese des linken Arms (handbetont) mit Feinmotorikstörung der linken Hand, Sensibilitätsstörungen am linken Arm und eine leichte Muskeltonuserhöhung am linken Arm, einen Kombinationskopfschmerz sowie eine Anpassungsstörung mit länger anhaltender depressiver Störung und Angst gemischt (Panikattacken, hypochondrisch gefärbte Angstzustände). Wegen der letztgenannten Erkrankung sei gegenwärtig auch das quantitative Leistungsvermögen gemindert; die Klägerin könne leichte Arbeiten (unter qualitativen Einschränkungen) höchstens 3 bis 6 Stunden täglich verrichten. Bei adäquater psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung sei von einer weiteren Besserung bzw. Stabilisierung auszugehen. Es bestehe die Aussicht, dass in etwa einem Jahr wieder ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten bestehen werde. Migräne und Spannungskopfschmerz könnten medikamentös behandelt werden.
Die Beklagte lehnte einen vom Sozialgericht vorgeschlagenen Vergleich (Zeitrente vom 1.1.2004 bis 30.6.2006) unter Hinweis auf die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. G. vom 26.4.2005 (SG-Akte S. 96: quantitative Leistungsminderung in keinster Weise nachvollziehbar oder begründbar) ab, worauf das Sozialgericht die ergänzende Stellungnahme des Dr. B. vom 2.6.2005 einholte. Dieser hielt an seiner Auffassung fest. Bei adäquater Behandlung sei aber möglicherweise innerhalb eines Jahres wieder mit vollschichtiger Leistungsfähigkeit zu rechnen; ein psychosomatisches Heilverfahren habe die Klägerin kategorisch abgelehnt.
In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 29.8.2005 gab die Beklagte ein Teilanerkenntnis ab und gewährte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall im Juni 2003 für die Zeit vom 1.1.2004 bis zum 31.3.2006. Die Klägerin nahm das Anerkenntnis an.
Am 13.12.2005 beantragte die Klägerin, die Rente weiter zu gewähren (Verwaltungsakte S. 399), worauf die Beklagte das Gutachten der Psychiaterin Dr. H vom 15.2.2006 erhob (Verwaltungsakte S. 475 ff.). Diese führte aus, die Klägerin suche den behandelnden Nervenarzt Dr. E. unregelmäßig, etwa alle 4 Monate einmal, auf; die depressive Symptomatik sei aber – so die Klägerin – nach wie vor sehr schlimm. Eine bei der Vorbegutachtung vorgeschlagene intensivere nervenärztlich-psychotherapeutische Behandlung habe nicht stattgefunden; hierauf angesprochen habe die Klägerin angegeben, von solchen Behandlungen halte sie nicht viel. Die Klägerin gab außerdem Durchschlafstörungen an, ohne diese aber näher zu beschreiben; psychische Beschwerden wurden spontan nicht berichtet (Tagesablauf und Alltag: Aufstehen 6.15 Uhr, Frühstück für die Familie, aufräumen und kleinere Haushaltsarbeiten, einkaufen staubsaugen Wäsche waschen, täglich Essen kochen, zwischen 15.00 und 16.00 Uhr Spaziergang, gegen 20.00 Uhr zu Bett; Samstag mit dem Sohn und Ehemann zum Fußballspiel, ein mal im Jahr Urlaubsreise). Die Gutachterin diagnostizierte bei guter Schwingungs- und Modulationsfähigkeit und ungestörtem Antrieb ein allenfalls leichtes depressives Syndrom bei vorbekannter abklingender anhaltender depressiver Reaktion (Anpassungsstörung), eine armbetonte Halbseitensymptomatik links mit Kraftminderung, Gefühlsstörung und Feinmotorikstörung am linken Arm nach frühkindlicher Hirnschädigung, eine abgeklungene Überlastungsbrachialgie rechts infolge Überforderung des rechten Arms sowie kombinierte Kopfschmerzen (Migräne, chronischer Spannungskopfschmerz). Die ambulante nervenärztliche Behandlung bei Dr. E. finde nur äußerst sporadisch statt – nach Angabe des Dr. E. habe sich die Klägerin zwischen November 2004 und Januar 2006 gar nicht vorgestellt. Daher sei von einer ausreichenden Kompensation bzw. Stabilisierung des psychischen Befindens auszugehen. Bei der jetzigen Untersuchung habe die Klägerin psychische Beschwerden spontan auch nicht berichtet. Sie verfüge über einen gut strukturierten Tagesablauf und sei zum Alltagsgeschehen interessiert und informiert. Das Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten sei (bei qualitativen Einschränkungen) nicht gemindert.
Mit Bescheid vom 17.2.2006 lehnte die Beklagte den Weitergewährungsantrag ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 19.7.2006 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin mit einem am 20.7.2006 zur Post gegebenen Brief zugestellt.
Am 23.8.2006 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe. Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte (Allgemeinarzt Dr. Schö. vom 8.11.2006: keine Verbesserung; Neurologe und Psychiater Dr. E. vom 23.11.2006: körperlich leichte Tätigkeiten noch halbschichtig möglich) und erhob das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 19.3.2007 (SG-Akte S. 47 ff.). Dieser eruierte den Tagesablauf und das Alltagsleben der Klägerin (Aufstehen 6.15 Uhr, Frühstück machen für die 15-jährige Tochter, Küche aufräumen, Betten machen, gegen 9.30 joggen etwa 40 Minuten, danach duschen und Kaffee trinken, sodann Mittagessen kochen und gemeinsames Essen mit Ehemann und Tochter, Küche aufräumen und Geschirr spülen, Mittagsruhe bis 14.00 Uhr, danach 1 stunde Spazieren gehen - eher Walking -, manchmal mit der Schwester, kleinere Einkäufe mit dem Fahrrad, Nachmittagskaffee, fernsehen und lesen, um 21.00 Uhr zu Bett, Hobby regelmäßige Besuche der Fußballspiele – auch auswärts - ihres eine Profikarriere anstrebenden Sohns; großer Bekanntenkreis) und führte aus, eine (bei der Vorbegutachtung vorgeschlagene) psychotherapeutische Behandlung finde nicht statt. Eine tiefergreifende depressive Verstimmung fand der Gutachter nicht; besondere Ängste waren nicht erkennbar, Panikattacken seit 2004 nicht mehr aufgetreten. Hinweise für eine hypochondrische Störung gab es ebenfalls nicht. Der Antrieb war ungestört. Im Vergleich zu der letzten Untersuchung im Februar 2005 sei es zu einer psychischen Stabilisierung und zu einem weitgehenden Abklingen der Anpassungsstörung gekommen. Leichte Tätigkeiten könne die Klägerin (unter qualitativen Einschränkungen) nunmehr 6 Stunden täglich verrichten.
Mit Gerichtsbescheid vom 17.7.2007 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, Rente wegen Erwerbsminderung (§ 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI) stehe der Klägerin nicht mehr zu, da sie leichte Tätigkeiten (wieder) 6 stunden täglich verrichten könne. Das gehe aus den Gutachten der Dres. H und B. überzeugend hervor. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) komme mangels Berufsschutzes von vornherein nicht in Betracht.
Auf den ihr am 21.9.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17.10.2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, das Gutachten der Dr. H liege bereits einige Zeit zurück, das Gutachten des Dr. B. sei unzutreffend; es habe lediglich ein etwa halbstündiges Gespräch stattgefunden. Dr. E. habe in einem Arztbrief vom 20.6.2007 auch eine andere Auffassung vertreten.
Die Klägerin hat (u.a.) den genannten Arztbrief des Dr. E. vorgelegt. Darin ist ausgeführt, die Klägerin sei über die gutachterlichen Feststellungen der Beklagten hochgradig entsetzt. Sie fühle sich hochgradig erschöpft, müde, schlaf- und antriebsgestört, mit Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen. Objektiv halte er, Dr. E., die Einwendungen der Klägerin zumindest teilweise für berechtigt. Er habe das neueste Gutachten zwar nicht gelesen, die Schilderungen der Klägerin sprächen aber dafür, dass die depressive Störung mit doch erheblich herabgesetzter emotionaler Belastbarkeit nicht genügend berücksichtigt worden sei. Aus seiner Sicht bestehe ein Leistungsvermögen von nicht mehr als 4 Stunden täglich.
In einem weiteren Arztbrief des Dr. E. vom 24.10.2007 ist über ein Carpaltunnelsyndrom berichtet (bei Therapieresistenz mit konservativer Behandlung Empfehlung zur Operation); im Arztbrief vom 31.7.2007 sind Angaben über Dauerdrehschwindel (ohne Übelkeit oder Erbrechen) referiert; Dr. E. fand indessen ein sicheres Gangbild (auch zum Seiltänzergang); auch andere Untersuchungen ergaben unauffällige Befunde. Dr. E. vermutete funktionelle Beschwerden in Zusammenhang mit Aktualstress und Verspannungen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17.9.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17.2.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.7.2006 zu verurteilen, ihr über den 31.3.2006 hinaus Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihr über den 31.3.2006 hinaus Erwerbsminderungsrente zu gewähren; die Klägerin hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 43, 240 SGB VI) das Rentenbegehren der Klägerin zu beurteilen ist, und weshalb ihr danach Rente über den 31.3.2006 hinaus nicht mehr zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:
Aus den Gutachten der Dres. H und B. geht auch für den Senat überzeugend hervor, dass eine rentenberechtigende Leistungsminderung seit dem 31.3.2006 nicht mehr vorliegt. Gegen die Gutachten ist Stichhaltiges nicht eingewandt. Dr. B. hat seine Leistungseinschätzung auf der Grundlage einer eingehenden Untersuchung und sorgfältigen Anamneseerhebung abgegeben und schlüssig und nachvollziehbar begründet, insbesondere hinsichtlich der Besserung des Leistungsvermögens der Klägerin seit der Vorbegutachtung vom 24.2.2005. Die im Berufungsverfahren vorgelegten Arztbriefe des Dr. E. können dem Rentenwunsch der Klägerin nicht zum Erfolg verhelfen. Dr. E. hat im Wesentlichen – angesichts der Erkenntnisse der Dres. H und B. zielgerichtete - Behauptungen der Klägerin referiert. Seine Aussagen in Bezug auf die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet, die nach dem Unfalltod des Vaters der Klägerin im Juni 2003 verstärkt aufgetreten sind und im Ergebnis zur vorübergehenden Berentung der Klägerin geführt haben, beruhen zudem nicht auf einer eingehenden Behandlung der Klägerin. Die Klägerin hat ihn wegen seelischer Störungen zwischen dem November 2004 und dem 31. Januar 2006 überhaupt nicht aufgesucht und danach erst wieder am 9.5.2007, ohne dass ein konkreter Anlass für die Konsultationen der Klägerin in seinen Attesten berichtet wurde. Konkrete Befunde oder Krankheitsverläufe, die die Richtigkeit der Feststellungen von Dr. H und Dr. B. in Frage stellen könnten, hat Dr. E. jedenfalls nicht mitgeteilt. Die Befunde zu einem Carpaltunnelsyndrom bzw. die zu behauptetem Drehschwindel erhobenen – unauffälligen – Befunde sind - weil es sich nur um einmalig aufgetretene bzw. gut therapierbare Krankheiten handelt - rentenrechtlich ohne Belang.
Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senat weitere Ermittlungen, insbesondere weitere Begutachtungen nicht auf.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Weitergewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1960 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Seit 1980 war sie als Reinemachfrau versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 19.09.2002 beantragte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog das auf einen am 1.3.1996 erstmals gestellten Rentenantrag (Verwaltungsakte S. 41) erhobene Gutachten des Neurologen und Psychiaters Sch. vom 24.4.1996 bei (Verwaltungsakte S. 39 ff.: für leichte Tätigkeiten vollschichtiges Leistungsvermögen) und erhob das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Schi. vom 18.12.2002 (Verwaltungsakte S. 63 ff.). Dieser diagnostizierte einen Zustand nach perinataler cerebraler Schädigung mit armbetonter spastischer Schwäche links, ein zervikales Reizsyndrom mit Brachialgie und Cephalgie infolge einer Überforderung des rechten Arms sowie eine leicht ausgeprägte reaktive Depression. Das Leistungsvermögen sei durch die gering ausgeprägten Auffälligkeiten nicht wesentlich beeinträchtigt. Körperlich leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten seien, ebenso wie die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinemachfrau (ohne besondere Anforderungen an die Dauerkraftentwicklung und Geschicklichkeit der linken Hand) vollschichtig möglich.
Mit Bescheid vom 13.1.2003 (Verwaltungsakte S. 133) lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 14.1.2004 zurück (Verwaltungsakte S. 171), worauf die Klägerin am 6.2.2004 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhob (Verfahren S 5 RJ 503/04). Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte (u.a. Dr. E., Neurologe und Psychiater, vom 21.7.2004, SG-Akte S. 37: Berufstätigkeit wäre für die seelische Gesundheit ausgesprochen wünschenswert) und erhob das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 24.2.2005 (SG-Akte S. 51 ff.). Dieser eruierte den Tagesablauf der (mit der Familie im eigenen Bungalow mit kleinem Garten lebenden) Klägerin (Aufstehen 6.15 Uhr, Frühstück für die Familie bzw. die Kinder - drei Töchter 13 bis 28 Jahre, einen Sohn, 19 Jahre -, sodann Hausarbeit und Kochen, nachmittags Wäsche richten für den Sohn, der Fußball spiele, aufräumen, täglicher Spaziergang, abends fernsehen und Zeitschriften lesen, regelmäßige Urlaube am Meer, etwa in Tunesien) und diagnostizierte im Wesentlichen eine Minderentwicklung des linken Arms aufgrund perinataler Hirnschädigung, eine spastische Parese des linken Arms (handbetont) mit Feinmotorikstörung der linken Hand, Sensibilitätsstörungen am linken Arm und eine leichte Muskeltonuserhöhung am linken Arm, einen Kombinationskopfschmerz sowie eine Anpassungsstörung mit länger anhaltender depressiver Störung und Angst gemischt (Panikattacken, hypochondrisch gefärbte Angstzustände). Wegen der letztgenannten Erkrankung sei gegenwärtig auch das quantitative Leistungsvermögen gemindert; die Klägerin könne leichte Arbeiten (unter qualitativen Einschränkungen) höchstens 3 bis 6 Stunden täglich verrichten. Bei adäquater psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung sei von einer weiteren Besserung bzw. Stabilisierung auszugehen. Es bestehe die Aussicht, dass in etwa einem Jahr wieder ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten bestehen werde. Migräne und Spannungskopfschmerz könnten medikamentös behandelt werden.
Die Beklagte lehnte einen vom Sozialgericht vorgeschlagenen Vergleich (Zeitrente vom 1.1.2004 bis 30.6.2006) unter Hinweis auf die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. G. vom 26.4.2005 (SG-Akte S. 96: quantitative Leistungsminderung in keinster Weise nachvollziehbar oder begründbar) ab, worauf das Sozialgericht die ergänzende Stellungnahme des Dr. B. vom 2.6.2005 einholte. Dieser hielt an seiner Auffassung fest. Bei adäquater Behandlung sei aber möglicherweise innerhalb eines Jahres wieder mit vollschichtiger Leistungsfähigkeit zu rechnen; ein psychosomatisches Heilverfahren habe die Klägerin kategorisch abgelehnt.
In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 29.8.2005 gab die Beklagte ein Teilanerkenntnis ab und gewährte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgehend von einem Leistungsfall im Juni 2003 für die Zeit vom 1.1.2004 bis zum 31.3.2006. Die Klägerin nahm das Anerkenntnis an.
Am 13.12.2005 beantragte die Klägerin, die Rente weiter zu gewähren (Verwaltungsakte S. 399), worauf die Beklagte das Gutachten der Psychiaterin Dr. H vom 15.2.2006 erhob (Verwaltungsakte S. 475 ff.). Diese führte aus, die Klägerin suche den behandelnden Nervenarzt Dr. E. unregelmäßig, etwa alle 4 Monate einmal, auf; die depressive Symptomatik sei aber – so die Klägerin – nach wie vor sehr schlimm. Eine bei der Vorbegutachtung vorgeschlagene intensivere nervenärztlich-psychotherapeutische Behandlung habe nicht stattgefunden; hierauf angesprochen habe die Klägerin angegeben, von solchen Behandlungen halte sie nicht viel. Die Klägerin gab außerdem Durchschlafstörungen an, ohne diese aber näher zu beschreiben; psychische Beschwerden wurden spontan nicht berichtet (Tagesablauf und Alltag: Aufstehen 6.15 Uhr, Frühstück für die Familie, aufräumen und kleinere Haushaltsarbeiten, einkaufen staubsaugen Wäsche waschen, täglich Essen kochen, zwischen 15.00 und 16.00 Uhr Spaziergang, gegen 20.00 Uhr zu Bett; Samstag mit dem Sohn und Ehemann zum Fußballspiel, ein mal im Jahr Urlaubsreise). Die Gutachterin diagnostizierte bei guter Schwingungs- und Modulationsfähigkeit und ungestörtem Antrieb ein allenfalls leichtes depressives Syndrom bei vorbekannter abklingender anhaltender depressiver Reaktion (Anpassungsstörung), eine armbetonte Halbseitensymptomatik links mit Kraftminderung, Gefühlsstörung und Feinmotorikstörung am linken Arm nach frühkindlicher Hirnschädigung, eine abgeklungene Überlastungsbrachialgie rechts infolge Überforderung des rechten Arms sowie kombinierte Kopfschmerzen (Migräne, chronischer Spannungskopfschmerz). Die ambulante nervenärztliche Behandlung bei Dr. E. finde nur äußerst sporadisch statt – nach Angabe des Dr. E. habe sich die Klägerin zwischen November 2004 und Januar 2006 gar nicht vorgestellt. Daher sei von einer ausreichenden Kompensation bzw. Stabilisierung des psychischen Befindens auszugehen. Bei der jetzigen Untersuchung habe die Klägerin psychische Beschwerden spontan auch nicht berichtet. Sie verfüge über einen gut strukturierten Tagesablauf und sei zum Alltagsgeschehen interessiert und informiert. Das Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten sei (bei qualitativen Einschränkungen) nicht gemindert.
Mit Bescheid vom 17.2.2006 lehnte die Beklagte den Weitergewährungsantrag ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 19.7.2006 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin mit einem am 20.7.2006 zur Post gegebenen Brief zugestellt.
Am 23.8.2006 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe. Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte (Allgemeinarzt Dr. Schö. vom 8.11.2006: keine Verbesserung; Neurologe und Psychiater Dr. E. vom 23.11.2006: körperlich leichte Tätigkeiten noch halbschichtig möglich) und erhob das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 19.3.2007 (SG-Akte S. 47 ff.). Dieser eruierte den Tagesablauf und das Alltagsleben der Klägerin (Aufstehen 6.15 Uhr, Frühstück machen für die 15-jährige Tochter, Küche aufräumen, Betten machen, gegen 9.30 joggen etwa 40 Minuten, danach duschen und Kaffee trinken, sodann Mittagessen kochen und gemeinsames Essen mit Ehemann und Tochter, Küche aufräumen und Geschirr spülen, Mittagsruhe bis 14.00 Uhr, danach 1 stunde Spazieren gehen - eher Walking -, manchmal mit der Schwester, kleinere Einkäufe mit dem Fahrrad, Nachmittagskaffee, fernsehen und lesen, um 21.00 Uhr zu Bett, Hobby regelmäßige Besuche der Fußballspiele – auch auswärts - ihres eine Profikarriere anstrebenden Sohns; großer Bekanntenkreis) und führte aus, eine (bei der Vorbegutachtung vorgeschlagene) psychotherapeutische Behandlung finde nicht statt. Eine tiefergreifende depressive Verstimmung fand der Gutachter nicht; besondere Ängste waren nicht erkennbar, Panikattacken seit 2004 nicht mehr aufgetreten. Hinweise für eine hypochondrische Störung gab es ebenfalls nicht. Der Antrieb war ungestört. Im Vergleich zu der letzten Untersuchung im Februar 2005 sei es zu einer psychischen Stabilisierung und zu einem weitgehenden Abklingen der Anpassungsstörung gekommen. Leichte Tätigkeiten könne die Klägerin (unter qualitativen Einschränkungen) nunmehr 6 Stunden täglich verrichten.
Mit Gerichtsbescheid vom 17.7.2007 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, Rente wegen Erwerbsminderung (§ 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI) stehe der Klägerin nicht mehr zu, da sie leichte Tätigkeiten (wieder) 6 stunden täglich verrichten könne. Das gehe aus den Gutachten der Dres. H und B. überzeugend hervor. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) komme mangels Berufsschutzes von vornherein nicht in Betracht.
Auf den ihr am 21.9.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17.10.2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, das Gutachten der Dr. H liege bereits einige Zeit zurück, das Gutachten des Dr. B. sei unzutreffend; es habe lediglich ein etwa halbstündiges Gespräch stattgefunden. Dr. E. habe in einem Arztbrief vom 20.6.2007 auch eine andere Auffassung vertreten.
Die Klägerin hat (u.a.) den genannten Arztbrief des Dr. E. vorgelegt. Darin ist ausgeführt, die Klägerin sei über die gutachterlichen Feststellungen der Beklagten hochgradig entsetzt. Sie fühle sich hochgradig erschöpft, müde, schlaf- und antriebsgestört, mit Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen. Objektiv halte er, Dr. E., die Einwendungen der Klägerin zumindest teilweise für berechtigt. Er habe das neueste Gutachten zwar nicht gelesen, die Schilderungen der Klägerin sprächen aber dafür, dass die depressive Störung mit doch erheblich herabgesetzter emotionaler Belastbarkeit nicht genügend berücksichtigt worden sei. Aus seiner Sicht bestehe ein Leistungsvermögen von nicht mehr als 4 Stunden täglich.
In einem weiteren Arztbrief des Dr. E. vom 24.10.2007 ist über ein Carpaltunnelsyndrom berichtet (bei Therapieresistenz mit konservativer Behandlung Empfehlung zur Operation); im Arztbrief vom 31.7.2007 sind Angaben über Dauerdrehschwindel (ohne Übelkeit oder Erbrechen) referiert; Dr. E. fand indessen ein sicheres Gangbild (auch zum Seiltänzergang); auch andere Untersuchungen ergaben unauffällige Befunde. Dr. E. vermutete funktionelle Beschwerden in Zusammenhang mit Aktualstress und Verspannungen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17.9.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17.2.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.7.2006 zu verurteilen, ihr über den 31.3.2006 hinaus Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihr über den 31.3.2006 hinaus Erwerbsminderungsrente zu gewähren; die Klägerin hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 43, 240 SGB VI) das Rentenbegehren der Klägerin zu beurteilen ist, und weshalb ihr danach Rente über den 31.3.2006 hinaus nicht mehr zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:
Aus den Gutachten der Dres. H und B. geht auch für den Senat überzeugend hervor, dass eine rentenberechtigende Leistungsminderung seit dem 31.3.2006 nicht mehr vorliegt. Gegen die Gutachten ist Stichhaltiges nicht eingewandt. Dr. B. hat seine Leistungseinschätzung auf der Grundlage einer eingehenden Untersuchung und sorgfältigen Anamneseerhebung abgegeben und schlüssig und nachvollziehbar begründet, insbesondere hinsichtlich der Besserung des Leistungsvermögens der Klägerin seit der Vorbegutachtung vom 24.2.2005. Die im Berufungsverfahren vorgelegten Arztbriefe des Dr. E. können dem Rentenwunsch der Klägerin nicht zum Erfolg verhelfen. Dr. E. hat im Wesentlichen – angesichts der Erkenntnisse der Dres. H und B. zielgerichtete - Behauptungen der Klägerin referiert. Seine Aussagen in Bezug auf die Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet, die nach dem Unfalltod des Vaters der Klägerin im Juni 2003 verstärkt aufgetreten sind und im Ergebnis zur vorübergehenden Berentung der Klägerin geführt haben, beruhen zudem nicht auf einer eingehenden Behandlung der Klägerin. Die Klägerin hat ihn wegen seelischer Störungen zwischen dem November 2004 und dem 31. Januar 2006 überhaupt nicht aufgesucht und danach erst wieder am 9.5.2007, ohne dass ein konkreter Anlass für die Konsultationen der Klägerin in seinen Attesten berichtet wurde. Konkrete Befunde oder Krankheitsverläufe, die die Richtigkeit der Feststellungen von Dr. H und Dr. B. in Frage stellen könnten, hat Dr. E. jedenfalls nicht mitgeteilt. Die Befunde zu einem Carpaltunnelsyndrom bzw. die zu behauptetem Drehschwindel erhobenen – unauffälligen – Befunde sind - weil es sich nur um einmalig aufgetretene bzw. gut therapierbare Krankheiten handelt - rentenrechtlich ohne Belang.
Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senat weitere Ermittlungen, insbesondere weitere Begutachtungen nicht auf.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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