Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 35 AL 1978/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 AL 249/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Februar 2007 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 20. Dezember 2007 wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Verfahren vor dem Landessozialgericht nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Ausführung eines vor dem Sozialgericht Berlin (Aktenzeichen S 65 AL 482/04) von der Beklagten abgegebenen und von ihm angenommenen Anerkenntnisses. In der Sache geht es um die Höhe der ihm in der Zeit ab dem 27. Dezember 2003 zustehenden Arbeitslosenhilfe.
Der 1969 geborene Kläger bezog von der Beklagten bis zur Anspruchserschöpfung am 26. Dezember 2003 Arbeitslosengeld nach der Leistungsgruppe A/0 und einem gerundeten Bemessungsentgelt in Höhe von wöchentlich 285,00 EUR. Ab dem 27. Dezember 2003 gewährte die Beklagte ihm Arbeitslosenhilfe nach der Leistungsgruppe A, dem allgemeinen Leistungssatz und einem Bemessungsentgelt in Höhe von 235,00 EUR wöchentlich (Bescheid vom 28. November 2003). Die Differenz des Bemessungsentgeltes war darauf zurückzuführen, dass bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2.288,48 EUR berücksichtigt worden waren, die die Beklagte nunmehr in Abzug gebracht hatte. Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Klägers, mit dem er sich gegen die aus seiner Sicht zu geringe Höhe des Bemessungsentgelts wandte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2004). Im daraufhin eingeleiteten Klageverfahren (Aktenzeichen S 65 AL 482/04) wies die Vorsitzende im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. November 2004 darauf hin, dass aus ihrer Sicht ein dem Kläger von seinem ehemaligen Arbeitgeber laut Bescheinigung vom 08. Mai 2002 gezahlter Betrag in Höhe von 1.973,18 EUR für "Überstunden Einmalzahlung" nicht als "einmalig gezahltes Arbeitsentgelt" im Sinne des § 200 Abs. 1 letzter Halbsatz des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) anzusehen sei. Die Beklagte verpflichtete sich daraufhin, dem Kläger unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 28. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2004 Arbeitslosenhilfe ab dem 27. De¬zember 2003 unter Zugrundelegung eines wöchentlichen Bemessungsentgelts in Höhe von 275,00 EUR zu zahlen. Der Kläger nahm das Anerkenntnis seinerzeit an, und die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt.
Die Beklagte hatte dem Kläger ursprünglich für die Zeit vom 27. bis zum 31. Dezember 2003 ausgehend von einem wöchentlichen Bemessungsentgelt in Höhe von 235,00 EUR für fünf Leistungstage Arbeitslosenhilfe in Höhe von insgesamt 68,10 EUR gewährt. Für die Zeit vom 01. Januar bis zum 26. Dezember 2004 hatte sie ihm für 361 Leistungstage insgesamt 4.974,58 EUR ausgezahlt. Ab dem 27. Dezember 2004 hatte sie dann unter Ansatz eines Bemessungsentgelts von noch 230,00 EUR für fünf Leistungstage noch 67,70 EUR gewährt. Insgesamt hatte der Kläger daher 5.110,38 EUR Arbeitslosenhilfe erhalten.
In Ausführung des Anerkenntnisses erteilte sie ihm am 01. Februar 2005 drei Bescheide für die Zeiträume vom 27. bis zum 31. Dezember 2003, vom 01. Januar bis zum 26. Dezember 2004 sowie vom 27. bis zum 31. Dezember 2004. Danach gewährte sie dem Kläger für die gesamte Zeit Leistungen nach der Gruppe A und dem allgemeinen Leistungssatz. Als Bemessungsentgelt setzte sie bis zum 26. Dezem¬ber 2004 275,00 EUR und ab dem 27. Dezember 2007 für die verbleibenden fünf Tage 266,75 EUR an. Insgesamt berechnete sie eine dem Kläger zustehende Nachzahlung in Höhe von 658,83 EUR.
Hiergegen legte der Kläger am 28. Februar 2005 Widerspruch ein und machte geltend, dass der Nachzahlungsbetrag falsch berechnet sei. Gerichtlich sei – ausgehend von dem ursprünglich angesetzten Bemessungsentgelt in Höhe von wöchentlich 235,00 EUR - ein Differenzbetrag von 40,00 EUR festgesetzt worden. Bei den anzusetzenden 54 Wochen für die Zeit vom 27. Dezember 2003 bis zum 31. Dezember 2004 ergebe dies einen Differenzbetrag in Höhe von 2.160,00 EUR. Mit den angewiesenen 658,83 EUR habe die Beklagte ihm hiervon lediglich etwa 30 % zukommen lassen und fast 70 % in Abzug gebracht. Steuern und Beiträge seien aber bereits bei der ursprünglichen Zahlung in Abzug gebracht worden, sodass es zu einem doppelten Abzug gekommen sei. Seines Erachtens stünden ihm von den 2.160,00 EUR 53 % zu. Es sei ein Differenzbetrag in Höhe von weiteren 496,80 EUR nachzuzahlen.
Die Beklagte vertrat daraufhin mit Schriftsatz vom 04. April 2005 die Auffassung, dass es keines Widerspruchsbescheides bedürfe, da ihre Bescheide nach § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des – ursprünglich geführten - Klageverfahrens beim Sozialgericht Berlin zum Aktenzeichen S 65 AL 482/04 geworden seien, woraufhin der Kläger dort mit am 13. Juni 2005 beim Sozialgericht Berlin eingegangenem Schreiben zu vorgenanntem Aktenzeichen die Berechnung der Nachzahlung – insbesondere den angeblich doppelten Abzug von Steuern und Beiträgen – gerügt hat. Die Sache ist beim Sozialgericht als neue Klage eingetragen worden.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14. Februar 2007 hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Leistungen im streitigen Zeitraum ohne "doppelten Abzug" zu gewähren. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom selben Tage abgewiesen und zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, ausgeführt, dass die Berechnung der Arbeitslosenhilfe den gesetzlichen Regelungen entspreche. Die Beklagte habe das vereinbarte Bemessungsentgelt zugrunde gelegt, aus diesem zutreffend den maßgeblichen Leistungssatz ermittelt und dem Kläger 53 % des Leistungsentgelts gewährt.
Gegen dieses ihm am 01. März 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. März 2007 eingelegte Berufung des Klägers. Er behauptet weiterhin, dass die Beklagte zu Unrecht pauschalierte Abzüge wie Lohn- und Kirchensteuern sowie Sozialversicherungsbeiträge doppelt in Abzug gebracht habe.
Nachdem die Berichterstatterin die Beteiligten im Erörterungstermin am 13. Dezember 2007 darauf hingewiesen hatte, dass die Klage mangels abgeschlossenen Vorverfahrens unzulässig sei, hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2007 die Widersprüche des Klägers vom 28. Februar 2005 gegen die Bescheide vom 01. Februar 2005 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie die Leistungsbemessungsgrundlagen erläutert und im Übrigen auf die den Beteiligten von der Berichterstatterin im Erörterungstermin überreichte tabellarische Aufstellung über die dem Kläger ursprünglich gewährten und die von ihm letztlich zu beanspruchenden Leistungen Bezug genommen. Der Kläger hat daraufhin an seiner Rechtsauffassung festgehalten, dass Versicherungsbeiträge zu Unrecht doppelt in Abzug gebracht worden seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Februar 20007 aufzuheben und die Beklagte in Abänderung ihrer Bescheide vom 01. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 27. Dezember 2003 bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe ohne doppelten Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2007 abzuweisen.
Sie meint, dass die Berechnung der Arbeitslosenhilfe im streitgegenständlichen Zeitraum nicht zu beanstanden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegen¬stand der Entscheidung gewesen sind.
II.
Der Senat konnte nach erfolgter vorheriger Anhörung der Beteiligten über die Berufung durch Beschluss entscheiden, weil er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG). Entgegen der Einschätzung des Klägers steht diese Verfahrensweise in Einklang mit der von der Berichterstatterin im Erörterungstermin am 13. Dezember 2007 in Aussicht gestellten. Das Verfahren wird damit nach zwischenzeitlichem Erlass des Widerspruchsbescheides vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg fortgesetzt, und die Entscheidung erfolgt durch drei Berufsrichter. Eine erneute Erörterung der Sach- und Rechtslage im Rahmen einer mündlichen Verhandlung ist jedoch überflüssig.
Die Berufung ist zulässig. Streitgegenständlich sind laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Es ist daher ohne Bedeutung, dass der Kläger den ihm vermeintlich zustehenden Differenzbetrag im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens auf knapp unter 500,00 EUR beziffert hat.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Arbeitslosenhilfe in der Zeit vom 27. Dezember 2003 bis zum 31. Dezember 2004. Seine Klage ist – jedenfalls inzwischen – zwar zulässig, nicht jedoch begründet.
Die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage scheitert nicht schon daran, dass vor Klageerhebung das nach § 78 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGG erforderliche Vorverfahren nicht ordnungsgemäß abgeschlossen war. Das Widerspruchsverfahren ist inzwischen nachgeholt worden. Dies war ausnahmsweise auch erst im Rahmen des Berufungsverfahrens möglich (vgl. auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.09.1983 – 7 C 97/81 -, zitiert nach juris, Rn. 10 m.w.N.). Dem Zweck des Vorverfahrens, zum einen der Behörde zu ermöglichen, die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit ihres Verwaltungsaktes zu überprüfen, und zum anderen die Gerichte zu entlasten, ist damit genüge getan. Die Beklagte hat Gelegenheit erhalten, ihre streitgegenständlichen Bescheide nochmals zu überprüfen. Der Prozessökonomie liefe es hingegen zuwider, den Kläger nunmehr nach Erlass des bisher fehlenden Widerspruchsbescheides erneut auf das erstinstanzliche Verfahren zu verweisen. Dass das Vorverfahren nicht vor Klageerhebung abgeschlossen wurde, hat nicht er zu vertreten, sondern im Wesentlichen die Beklagte, die ihn zu Unrecht auf das ursprünglich anhängige, durch das angenommene Teilanerkenntnis jedoch abgeschlossene Verfahren S 65 AL 482/04 vor dem Sozialgericht Berlin verwiesen hat. Hinzu kommt, dass es das Sozialgericht Berlin versäumt hat, vor einer Entscheidung in der Sache auf eine Bescheidung der Widersprüche des Klägers hinzuwirken. Schließlich diente eine Verweisung des Klägers auf das erstinstanzliche Verfahren nicht der Entlastung der Gerichte.
Soweit das Sozialgericht Berlin jedoch davon ausgegangen ist, dass die Klage unbegründet sei, ist dies nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat in ihren Bescheiden vom 01. Februar 2005 ihr im Verfahren S 65 AL 482/04 abgegebenes Anerkenntnis, das der Kläger angenommen hat, ordnungsgemäß umgesetzt.
Nach § 195 Satz 1 Nr. 2 SGB III vom 24. März 1997, geändert durch Artikel 1 und 11 des zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4621) beträgt die Arbeitslosenhilfe für Arbeitslose, die – wie der Kläger - keine Kinder haben, 53 % des Leistungsentgelts. Leistungsentgelt ist nach § 198 Satz 2 Nr. 4 i.V.m. § 136 Abs. 1 SGB III das um die gesetzlichen Entgeltabzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderte Bemessungsentgelt. Bemessungsentgelt für die Arbeitslosenhilfe ist nach § 200 Abs. 1 SGB III das Bemessungsentgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist oder ohne § 133 Abs. 3 SGB III bemessen worden wäre, vermindert um den Betrag, der auf einmalig gezahltem Arbeitsentgelt beruht. Dieses war vorliegend für die Zeit ab dem 27. Dezember 2003 nach dem im ursprünglichen Verfahren abgegebenen Anerkenntnis der Beklagten mit 275 EUR anzusetzen. Zutreffend hat die Beklagte es weiter für die Tage ab dem 27. Dezember 2004 in Anwendung von § 200 Abs. 3 Satz 1 SGB III auf 266,75 EUR reduziert. Denn nach dieser Vorschrift wird das Bemessungsentgelt für die Arbeitslosenhilfe, das sich vor der Rundung ergibt, jeweils nach Ablauf eines Jahres seit dem Entstehen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe um 3 Prozent abgesenkt.
Ausgehend von diesem Betrag hat die Beklagte die dem Kläger zustehende Arbeitslosenhilfe zutreffend berechnet. Es wird insoweit auf die Anlage zu diesem Beschluss verwiesen, der für die einzelnen Leistungszeiträume zu entnehmen ist, wie viele Leistungstage zu berücksichtigen waren, wie hoch ausgehend von den jeweiligen wöchentlichen Bemessungsentgelten die wöchentlichen und täglichen Leistungssätze waren, in welcher Höhe dem Kläger daher für die einzelnen Zeitabschnitte Leistungen zustanden und wie hoch der Differenzbetrag zu den ihm ursprünglich gewährten Leistungen ist. Diese Berechnung zeigt, dass die Beklagte dem Kläger mit dem Differenzbetrag von 658,83 EUR genau die ihm noch zustehende Arbeitslosenhilfe gewährt hat. Soweit der Kläger meint, bei der Berechnung seien zu Unrecht doppelt Steuern und Versicherungen abgezogen worden, trifft dies nicht zu.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Anlage zum Beschluss vom 01. April 2008 in der Sache L 4 AL 249/07
Anspruch auf zunächst gewährt wurden zustehender Differenzbetrag Zeitraum Leistungstage Leistungsgruppe wöch. Bemessungsentgelt wöch. Leistungssatz tägl. Leistungssatz insgesamt wöch. Bemessungsentgelt wöch. Leistungssatz tägl. Leistungssatz insgesamt
27. - 31. 12. 2003 5 A / allg. Leistungs-satz (53%) 275 EUR 106,96 EUR 15,28 EUR 76,40 EUR 235 EUR 95,34 EUR 13,62 EUR 68,10 EUR 8,30 EUR 01.01. – 26.12.2004 361 A / allg. Leistungs-satz (53%) 275 EUR 108,92 EUR 15,56 EUR 5.617,16 EUR 235 EUR 96,46 EUR 13,78 EUR 4.974,58 EUR 642,58 EUR 27. – 31. 12. 2004 5 A / allg. Leistungs-satz (53%) 266,75 EUR 105,91 EUR 15,13 EUR 75,65 EUR 230 EUR 94,78 EUR 13,54 EUR 67,70 EUR 7,95 EUR gesamte Zeit 5.769,21 EUR 5.110,38 EUR 658,83 EUR
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Ausführung eines vor dem Sozialgericht Berlin (Aktenzeichen S 65 AL 482/04) von der Beklagten abgegebenen und von ihm angenommenen Anerkenntnisses. In der Sache geht es um die Höhe der ihm in der Zeit ab dem 27. Dezember 2003 zustehenden Arbeitslosenhilfe.
Der 1969 geborene Kläger bezog von der Beklagten bis zur Anspruchserschöpfung am 26. Dezember 2003 Arbeitslosengeld nach der Leistungsgruppe A/0 und einem gerundeten Bemessungsentgelt in Höhe von wöchentlich 285,00 EUR. Ab dem 27. Dezember 2003 gewährte die Beklagte ihm Arbeitslosenhilfe nach der Leistungsgruppe A, dem allgemeinen Leistungssatz und einem Bemessungsentgelt in Höhe von 235,00 EUR wöchentlich (Bescheid vom 28. November 2003). Die Differenz des Bemessungsentgeltes war darauf zurückzuführen, dass bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2.288,48 EUR berücksichtigt worden waren, die die Beklagte nunmehr in Abzug gebracht hatte. Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Klägers, mit dem er sich gegen die aus seiner Sicht zu geringe Höhe des Bemessungsentgelts wandte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2004). Im daraufhin eingeleiteten Klageverfahren (Aktenzeichen S 65 AL 482/04) wies die Vorsitzende im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. November 2004 darauf hin, dass aus ihrer Sicht ein dem Kläger von seinem ehemaligen Arbeitgeber laut Bescheinigung vom 08. Mai 2002 gezahlter Betrag in Höhe von 1.973,18 EUR für "Überstunden Einmalzahlung" nicht als "einmalig gezahltes Arbeitsentgelt" im Sinne des § 200 Abs. 1 letzter Halbsatz des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) anzusehen sei. Die Beklagte verpflichtete sich daraufhin, dem Kläger unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 28. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2004 Arbeitslosenhilfe ab dem 27. De¬zember 2003 unter Zugrundelegung eines wöchentlichen Bemessungsentgelts in Höhe von 275,00 EUR zu zahlen. Der Kläger nahm das Anerkenntnis seinerzeit an, und die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt.
Die Beklagte hatte dem Kläger ursprünglich für die Zeit vom 27. bis zum 31. Dezember 2003 ausgehend von einem wöchentlichen Bemessungsentgelt in Höhe von 235,00 EUR für fünf Leistungstage Arbeitslosenhilfe in Höhe von insgesamt 68,10 EUR gewährt. Für die Zeit vom 01. Januar bis zum 26. Dezember 2004 hatte sie ihm für 361 Leistungstage insgesamt 4.974,58 EUR ausgezahlt. Ab dem 27. Dezember 2004 hatte sie dann unter Ansatz eines Bemessungsentgelts von noch 230,00 EUR für fünf Leistungstage noch 67,70 EUR gewährt. Insgesamt hatte der Kläger daher 5.110,38 EUR Arbeitslosenhilfe erhalten.
In Ausführung des Anerkenntnisses erteilte sie ihm am 01. Februar 2005 drei Bescheide für die Zeiträume vom 27. bis zum 31. Dezember 2003, vom 01. Januar bis zum 26. Dezember 2004 sowie vom 27. bis zum 31. Dezember 2004. Danach gewährte sie dem Kläger für die gesamte Zeit Leistungen nach der Gruppe A und dem allgemeinen Leistungssatz. Als Bemessungsentgelt setzte sie bis zum 26. Dezem¬ber 2004 275,00 EUR und ab dem 27. Dezember 2007 für die verbleibenden fünf Tage 266,75 EUR an. Insgesamt berechnete sie eine dem Kläger zustehende Nachzahlung in Höhe von 658,83 EUR.
Hiergegen legte der Kläger am 28. Februar 2005 Widerspruch ein und machte geltend, dass der Nachzahlungsbetrag falsch berechnet sei. Gerichtlich sei – ausgehend von dem ursprünglich angesetzten Bemessungsentgelt in Höhe von wöchentlich 235,00 EUR - ein Differenzbetrag von 40,00 EUR festgesetzt worden. Bei den anzusetzenden 54 Wochen für die Zeit vom 27. Dezember 2003 bis zum 31. Dezember 2004 ergebe dies einen Differenzbetrag in Höhe von 2.160,00 EUR. Mit den angewiesenen 658,83 EUR habe die Beklagte ihm hiervon lediglich etwa 30 % zukommen lassen und fast 70 % in Abzug gebracht. Steuern und Beiträge seien aber bereits bei der ursprünglichen Zahlung in Abzug gebracht worden, sodass es zu einem doppelten Abzug gekommen sei. Seines Erachtens stünden ihm von den 2.160,00 EUR 53 % zu. Es sei ein Differenzbetrag in Höhe von weiteren 496,80 EUR nachzuzahlen.
Die Beklagte vertrat daraufhin mit Schriftsatz vom 04. April 2005 die Auffassung, dass es keines Widerspruchsbescheides bedürfe, da ihre Bescheide nach § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des – ursprünglich geführten - Klageverfahrens beim Sozialgericht Berlin zum Aktenzeichen S 65 AL 482/04 geworden seien, woraufhin der Kläger dort mit am 13. Juni 2005 beim Sozialgericht Berlin eingegangenem Schreiben zu vorgenanntem Aktenzeichen die Berechnung der Nachzahlung – insbesondere den angeblich doppelten Abzug von Steuern und Beiträgen – gerügt hat. Die Sache ist beim Sozialgericht als neue Klage eingetragen worden.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14. Februar 2007 hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Leistungen im streitigen Zeitraum ohne "doppelten Abzug" zu gewähren. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom selben Tage abgewiesen und zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, ausgeführt, dass die Berechnung der Arbeitslosenhilfe den gesetzlichen Regelungen entspreche. Die Beklagte habe das vereinbarte Bemessungsentgelt zugrunde gelegt, aus diesem zutreffend den maßgeblichen Leistungssatz ermittelt und dem Kläger 53 % des Leistungsentgelts gewährt.
Gegen dieses ihm am 01. März 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. März 2007 eingelegte Berufung des Klägers. Er behauptet weiterhin, dass die Beklagte zu Unrecht pauschalierte Abzüge wie Lohn- und Kirchensteuern sowie Sozialversicherungsbeiträge doppelt in Abzug gebracht habe.
Nachdem die Berichterstatterin die Beteiligten im Erörterungstermin am 13. Dezember 2007 darauf hingewiesen hatte, dass die Klage mangels abgeschlossenen Vorverfahrens unzulässig sei, hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2007 die Widersprüche des Klägers vom 28. Februar 2005 gegen die Bescheide vom 01. Februar 2005 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie die Leistungsbemessungsgrundlagen erläutert und im Übrigen auf die den Beteiligten von der Berichterstatterin im Erörterungstermin überreichte tabellarische Aufstellung über die dem Kläger ursprünglich gewährten und die von ihm letztlich zu beanspruchenden Leistungen Bezug genommen. Der Kläger hat daraufhin an seiner Rechtsauffassung festgehalten, dass Versicherungsbeiträge zu Unrecht doppelt in Abzug gebracht worden seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Februar 20007 aufzuheben und die Beklagte in Abänderung ihrer Bescheide vom 01. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 27. Dezember 2003 bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe ohne doppelten Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2007 abzuweisen.
Sie meint, dass die Berechnung der Arbeitslosenhilfe im streitgegenständlichen Zeitraum nicht zu beanstanden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegen¬stand der Entscheidung gewesen sind.
II.
Der Senat konnte nach erfolgter vorheriger Anhörung der Beteiligten über die Berufung durch Beschluss entscheiden, weil er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG). Entgegen der Einschätzung des Klägers steht diese Verfahrensweise in Einklang mit der von der Berichterstatterin im Erörterungstermin am 13. Dezember 2007 in Aussicht gestellten. Das Verfahren wird damit nach zwischenzeitlichem Erlass des Widerspruchsbescheides vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg fortgesetzt, und die Entscheidung erfolgt durch drei Berufsrichter. Eine erneute Erörterung der Sach- und Rechtslage im Rahmen einer mündlichen Verhandlung ist jedoch überflüssig.
Die Berufung ist zulässig. Streitgegenständlich sind laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Es ist daher ohne Bedeutung, dass der Kläger den ihm vermeintlich zustehenden Differenzbetrag im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens auf knapp unter 500,00 EUR beziffert hat.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Arbeitslosenhilfe in der Zeit vom 27. Dezember 2003 bis zum 31. Dezember 2004. Seine Klage ist – jedenfalls inzwischen – zwar zulässig, nicht jedoch begründet.
Die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage scheitert nicht schon daran, dass vor Klageerhebung das nach § 78 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 SGG erforderliche Vorverfahren nicht ordnungsgemäß abgeschlossen war. Das Widerspruchsverfahren ist inzwischen nachgeholt worden. Dies war ausnahmsweise auch erst im Rahmen des Berufungsverfahrens möglich (vgl. auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.09.1983 – 7 C 97/81 -, zitiert nach juris, Rn. 10 m.w.N.). Dem Zweck des Vorverfahrens, zum einen der Behörde zu ermöglichen, die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit ihres Verwaltungsaktes zu überprüfen, und zum anderen die Gerichte zu entlasten, ist damit genüge getan. Die Beklagte hat Gelegenheit erhalten, ihre streitgegenständlichen Bescheide nochmals zu überprüfen. Der Prozessökonomie liefe es hingegen zuwider, den Kläger nunmehr nach Erlass des bisher fehlenden Widerspruchsbescheides erneut auf das erstinstanzliche Verfahren zu verweisen. Dass das Vorverfahren nicht vor Klageerhebung abgeschlossen wurde, hat nicht er zu vertreten, sondern im Wesentlichen die Beklagte, die ihn zu Unrecht auf das ursprünglich anhängige, durch das angenommene Teilanerkenntnis jedoch abgeschlossene Verfahren S 65 AL 482/04 vor dem Sozialgericht Berlin verwiesen hat. Hinzu kommt, dass es das Sozialgericht Berlin versäumt hat, vor einer Entscheidung in der Sache auf eine Bescheidung der Widersprüche des Klägers hinzuwirken. Schließlich diente eine Verweisung des Klägers auf das erstinstanzliche Verfahren nicht der Entlastung der Gerichte.
Soweit das Sozialgericht Berlin jedoch davon ausgegangen ist, dass die Klage unbegründet sei, ist dies nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat in ihren Bescheiden vom 01. Februar 2005 ihr im Verfahren S 65 AL 482/04 abgegebenes Anerkenntnis, das der Kläger angenommen hat, ordnungsgemäß umgesetzt.
Nach § 195 Satz 1 Nr. 2 SGB III vom 24. März 1997, geändert durch Artikel 1 und 11 des zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl. I S. 4621) beträgt die Arbeitslosenhilfe für Arbeitslose, die – wie der Kläger - keine Kinder haben, 53 % des Leistungsentgelts. Leistungsentgelt ist nach § 198 Satz 2 Nr. 4 i.V.m. § 136 Abs. 1 SGB III das um die gesetzlichen Entgeltabzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderte Bemessungsentgelt. Bemessungsentgelt für die Arbeitslosenhilfe ist nach § 200 Abs. 1 SGB III das Bemessungsentgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist oder ohne § 133 Abs. 3 SGB III bemessen worden wäre, vermindert um den Betrag, der auf einmalig gezahltem Arbeitsentgelt beruht. Dieses war vorliegend für die Zeit ab dem 27. Dezember 2003 nach dem im ursprünglichen Verfahren abgegebenen Anerkenntnis der Beklagten mit 275 EUR anzusetzen. Zutreffend hat die Beklagte es weiter für die Tage ab dem 27. Dezember 2004 in Anwendung von § 200 Abs. 3 Satz 1 SGB III auf 266,75 EUR reduziert. Denn nach dieser Vorschrift wird das Bemessungsentgelt für die Arbeitslosenhilfe, das sich vor der Rundung ergibt, jeweils nach Ablauf eines Jahres seit dem Entstehen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe um 3 Prozent abgesenkt.
Ausgehend von diesem Betrag hat die Beklagte die dem Kläger zustehende Arbeitslosenhilfe zutreffend berechnet. Es wird insoweit auf die Anlage zu diesem Beschluss verwiesen, der für die einzelnen Leistungszeiträume zu entnehmen ist, wie viele Leistungstage zu berücksichtigen waren, wie hoch ausgehend von den jeweiligen wöchentlichen Bemessungsentgelten die wöchentlichen und täglichen Leistungssätze waren, in welcher Höhe dem Kläger daher für die einzelnen Zeitabschnitte Leistungen zustanden und wie hoch der Differenzbetrag zu den ihm ursprünglich gewährten Leistungen ist. Diese Berechnung zeigt, dass die Beklagte dem Kläger mit dem Differenzbetrag von 658,83 EUR genau die ihm noch zustehende Arbeitslosenhilfe gewährt hat. Soweit der Kläger meint, bei der Berechnung seien zu Unrecht doppelt Steuern und Versicherungen abgezogen worden, trifft dies nicht zu.
Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Anlage zum Beschluss vom 01. April 2008 in der Sache L 4 AL 249/07
Anspruch auf zunächst gewährt wurden zustehender Differenzbetrag Zeitraum Leistungstage Leistungsgruppe wöch. Bemessungsentgelt wöch. Leistungssatz tägl. Leistungssatz insgesamt wöch. Bemessungsentgelt wöch. Leistungssatz tägl. Leistungssatz insgesamt
27. - 31. 12. 2003 5 A / allg. Leistungs-satz (53%) 275 EUR 106,96 EUR 15,28 EUR 76,40 EUR 235 EUR 95,34 EUR 13,62 EUR 68,10 EUR 8,30 EUR 01.01. – 26.12.2004 361 A / allg. Leistungs-satz (53%) 275 EUR 108,92 EUR 15,56 EUR 5.617,16 EUR 235 EUR 96,46 EUR 13,78 EUR 4.974,58 EUR 642,58 EUR 27. – 31. 12. 2004 5 A / allg. Leistungs-satz (53%) 266,75 EUR 105,91 EUR 15,13 EUR 75,65 EUR 230 EUR 94,78 EUR 13,54 EUR 67,70 EUR 7,95 EUR gesamte Zeit 5.769,21 EUR 5.110,38 EUR 658,83 EUR
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