L 4 KA 9/07

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 15 KA 195/04
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 9/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 26. Januar 2007 geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechts-auffassung des Senats neu zu bescheiden. Der Kläger trägt 1/3 und die Beklagte trägt 2/3 der Kosten des gesamten Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Begrenzung des Honorars durch individuelle Punktzahlvolumina (IPZV) für die Quartale III/03 und I/04. Außerdem wendet er sich gegen die Ablehnung eines Härtefallantrages für die Quartale III/03 bis II/04.

Der Kläger ist seit der Übernahme der Praxis der Dr. H zum 1. Oktober 1997 als Facharzt für Allgemeinmedizin in K niedergelassen und nimmt an der hausärztlichen Versorgung teil. Die Praxis der Dr. H hatte vor der Übernahme durch den Kläger im Vergleich zur Gruppe der Allgemeinärzte unterdurchschnittliche Honorare abgerechnet. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 112 der Gerichtsakte verwiesen.

Im Zusammenhang mit der Aufhebung der Regelungen zum Praxisbudget im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) mit Ablauf des Quartals II/03 führte die Beklagte mit Wirkung zum 1. Juli 2003 Regelungen zur Bildung von IPZV für die meisten Arztgruppen einschließlich aller an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztgruppen (vgl. § 12.3.3.b) HVM) und für den ganz überwiegenden Teil der Leistungen (Ausnahmen gelten für Leistungen des organisierten Notdienstes, die hausärztliche Grundvergütung, u.a.) ein. Die durch die Abgeordnetenversammlung der Beklagten am 11. Juni 2003 beschlossene Neufassung des § 12 HVM sieht die Bildung sog. Startquartale von III/03 bis II/04 vor. Für die Bildung des IPZV in diesen Startquartalen wird auf das praxisindividuelle Honorar aus dem Jahr 2002 zurückgegriffen. Bei Praxen, die in den Jahren 2001 und 2002 keinen Statuswechsel vollzogen haben, werden auch die Quartale des Jahres 2001 berücksichtigt. Für Leistungen innerhalb der IPZV wird ein Punktwert von 4,5 Cent angestrebt. Dazu wird für jede Praxis und für jedes Quartal die Punktzahl so begrenzt, dass unter Zugrundelegung des im Bemessungszeitraum (2001, 2002) erzielten Honorars eine Vergütung mit 4,5 Cent hätte erfolgen können (§ 12.4.2.b) Satz 1 HVM). Dabei wird von dem Honorar des entsprechenden Bestquartals aus den Jahren 2001 und 2002 ausgegangen. Überschreitet die Summe der vier gewählten Quartale die entsprechende Summe des Bestjahres, so werden die Bestquartale entsprechend quotiert (§ 12.4.2.b) Sätze 2 und 3 HVM). Die das IPZV überschreitenden Mehrleistungen werden mit 0,05 bis maximal 1 Cent vergütet. Zur Sicherung des Zielpunktwertes und zur Finanzierung der Vergütung für Mehrleistungen wird die Punktzahl in den Startquartalen um 3 % reduziert (§ 12.4.2.c) HVM). Die IPZV werden getrennt nach Kassenarten gebildet, wobei jedoch ein Ausgleich stattfindet (vgl. § 12.4.1.a) HVM). Für die Weiterentwicklung der IPZV nach Ablauf der Startquartale (sog. Folgequartale ab III/04) trifft § 12.4.3. HVM gesonderte Regelungen, nach denen sich die Weiterentwicklung im Wesentlichen nach dem Maß der Überschreitung oder Unterschreitung des IPZV und nach dem Abrechnungsverhalten der anderen Ärzte der Fachgruppe richtet. Die erreichbare Zugewinnmenge im Vergleich zu dem entsprechenden Quartal des Vorjahres wird auf 10% der durchschnittlichen anerkannten Punktzahlanforderung je Arzt innerhalb der Arztgruppe begrenzt. Wegen der Einzelheiten des Verteilungsverfahrens bei einer Überschreitung des IPZV wird auf § 12 HVM (Bl. 11 bis 23 der die Honorarabrechnung für das Quartal III/03 betreffenden Verwaltungsakte) und dabei insbesondere auf § 12.4.3.a) a.3) HVM (Bl. 14) Bezug genommen. Der HVM enthält in § 12.4.4. Sonderregelungen für die Bildung des IPZV in den Startquartalen und in den Folgequartalen u.a. für neu gegründete Praxen, nicht jedoch für andere unterdurchschnittlich abrechnende Praxen. Neu gegründete Praxen werden solange sie die Durchschnittlichkeit nicht erreicht haben für die Dauer von 5 Jahren (20 Quartale) von Begrenzungen durch das IPZV freigestellt (§ 12.4.4.a) HVM). Bei Übernahme einer unterdurchschnittlichen Praxis gilt die Regelung für neu gegründete Praxen mit der Maßgabe, dass eine Honorarbegrenzung für eine Dauer von bis zu 3 Jahren (anstelle von 5 Jahren) nicht stattfindet (§ 12.4.4.b) Satz 1 HVM). Nach der Härteregelung in § 12.4.4.j) HVM kann der Vorstand auf Antrag in besonderen Fällen "aus Sicherstellungsgründen" Punktzahlvolumina der Praxis neu festlegen, wenn besondere Umstände des Einzelfalles vorliegen. Weiter heißt es: "Hierzu zählen insbesondere dauerhafte Veränderungen in der vertragsärztlichen Versorgung im Umfeld der Praxis." Ergänzend enthält der HVM eine allgemeine Härteregelung in § 12.6.2., nach der der Vorstand über unbillige Härtefälle infolge der Anwendung des HVM entscheidet. Speziell für die Bildung des IPZV in den Startquartalen sieht § 12.4.2.d) HVM vor, dass der Vorstand auf Antrag der Praxis Veränderungen der Punktzahlvolumina festlegen kann, sofern bei der Zugrundelegung des "Berechnungszeitraums" Ausnahmesituationen zu einer im Vergleich zu anderen Quartalen deutlichen Verringerung der Punktzahlanforderung geführt haben.

Am 30. Juli 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erhöhung seines IPZV zumindest bis zum Fachgruppendurchschnitt und machte zur Begründung geltend, dass er bei Übernahme der Praxis von der Vorgängerin im Oktober 1997 über die Kosten und Gewinnsituation getäuscht worden sei. Zudem habe es sich um eine sog. "Gelbscheinpraxis" gehandelt, zu der Patienten aus einem größeren Umkreis gekommen seien, um Krankschreibungen zu erhalten. Dadurch, dass er diese Praxis nicht fortgesetzt habe, habe er zunächst in großem Umfang Patienten verloren. Er habe harte Zeiten zu überstehen gehabt. Seit 2002 beginne die Praxis, sich zu entwickeln.

Die Beklagte berechnete getrennt für den Bereich der Primärkassen und der Ersatzkassen das IPZV des Klägers auf der Grundlage der Bestquartale aus den Jahren 2001 und 2002 mit der in § 12.4.2.b) Satz 3 HVM vorgesehenen Quotierung auf das Bestjahr. Auf dieser Grundlage wurden dem Kläger Punktzahlen innerhalb des IPZV zwischen 378.333 (Quartal III/03) und 470.811 (I/04) und damit in einer Größenordnung von etwa der Hälfte bis zwei Dritteln des Fachgruppendurchschnitts zugewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 1 und 2 der die Honorarabrechnung für das Quartal III/03 betreffenden Verwaltungsakte sowie Bl. 44 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Mit Honorarbescheid vom 14. Januar 2004 gewährte die Beklagte dem Kläger ein Honorar in Höhe von 20.531,97 EUR für das Quartal III/03 (vor Abzug des Verwaltungskostenbeitrages). Dabei legte sie für die Leistungen innerhalb des IPZV (378.333) einen Punktwert von 4,5 Cent (Primärkassen) bzw. 4,2901 Cent (Ersatzkassen) und für die das IPZV übersteigenden Mehrleistungen (92.997 Punkte) einen Punktwert von 0,3567 Cent (Primärkassen) bzw. 0,05 Cent (Ersatzkassen) zugrunde. Den am 30. Juli 2003 gestellten Antrag des Klägers auf Erhöhung des IPZV lehnte die Beklagte mit Bescheid ebenfalls vom 14. Januar 2004 "als Bestandteil des Honorarbescheides" mit der Begründung ab, dass der Kläger die Praxis bereits zum 1. Oktober 1997 übernommen habe. Seit dieser Zeit hätte die Umstrukturierung der Praxis abgeschlossen sein müssen. Die Wachstumsfrist für neu gegründete Praxen betrage nach § 12.4.4.a) HVM 5 Jahre. Auch diese Frist sei abgelaufen.

Zur Begründung des dagegen am 9. Februar 2004 eingelegten Widerspruchs machte der Kläger geltend, dass der der Abrechnung zugrunde liegende HVM gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit verstoße. Unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen würde keine ausreichende Möglichkeit zur Weiterentwicklung und zur Annäherung an die Durchschnittlichkeit eingeräumt. Außerdem sei die Ablehnung des Härtefallantrages rechtswidrig. Ihm sei es aufgrund der besonderen Struktur der übernommenen Praxis nicht möglich gewesen, innerhalb von fünf Jahren ein durchschnittliches Honorarniveau zu erreichen. Er dürfe nicht mit dem IPZV auf dem niedrigen Honorarniveau festgehalten werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung aus: Vor dem Hintergrund der Abschaffung der Praxisbudgets ab dem 1. Juli 2003 habe sie sich zu einer Neukonzeption der Honorarverteilung auf der Basis individueller Punktzahlvolumina für die meisten Arztgruppen entschieden. Hintergrund der Neuregelung sei es gewesen, insbesondere vor dem Hintergrund der gedeckelten Gesamtvergütung Hamsterradeffekten entgegenzuwirken und gleichzeitig eine kalkulierbare Honorierung anzustreben. Dazu würden für Startquartale Ausgangswerte gebildet. Für die Folgezeit sehe der HVM Regelungen für die Weiterentwicklung der IPZV vor. Dabei enthalte der HVM zwar keine Obergrenze des Wachstums für die einzelne Praxis. Allerdings sei festgelegt, dass kollektiv innerhalb der Arztgruppe pro Jahr lediglich 2 % des Gesamtpunktzahlvolumens für Wachstum der einzelnen Praxen zur Verfügung stehe. Die für Wachstum zur Verfügung stehende Punktzahl von ca. 2 % des Fachgruppentopfes werde in der Reihenfolge der prozentualen Überschreitung der IPZV auf die Praxen verteilt. Für eine Reihe von Konstellationen enthalte der HVM unter 12.4.4. Sonderregelungen, die für den Kläger jedoch nicht einschlägig seien. Allerdings böten die Regelungen für die Weiterentwicklung der IPZV gerade kleinen Praxen eine ausreichende Entwicklungsmöglichkeit, weil diese leichter von der Wachstumsmöglichkeit profitieren könnten. Der angestrebte Zielpunktwert von 4,5 Cent für die Punktzahlvolumina innerhalb des IPZV sei leider bei den ersten Honorarabrechnungen in den meisten Fachgruppen nicht erreicht worden. Gründe seien u.a. eine Verringerung der Gesamtvergütung, eine Erhöhung der Zahl der Fachärzte sowie die Anwendung der Bestregelung auf Basis der Honorare in den Jahren 2001 und 2002. Auch dem Härtefallantrag könne nicht entsprochen werden. Der Vorstand sei gehalten, mit Entscheidungen über die Erhöhung von Punktzahlvolumina äußerst restriktiv umzugehen, da in der Regel jede Erhöhung der Punktzahlvolumina dazu führe, dass der Anteil der Leistungen, die aus dem Topf der jeweiligen Fachgruppe zum Referenzpunktwert gezahlt werden müssten, zunehme. Im Ergebnis könnten derartige Ansprüche nur durch die Umverteilung von Geldern innerhalb der Fachgruppe bedient werden, weil letztlich nur die von den Krankenkassen zur Verfügung gestellten Gelder verteilt werden könnten. Soweit der Kläger geltend mache, beim Kauf der Praxis über die Scheinzahlen getäuscht worden zu sein und es ihm deshalb innerhalb von 5 Jahren nicht möglich gewesen sei, eine durchschnittliche Praxis aufzubauen, könnten diese Argumente dahinstehen. Vorliegend sei weder der 5-jährige Entwicklungszeitraum gemäß § 12.4.4.a) HVM noch der 3-jährige Entwicklungszeitraum gemäß § 12.4.4.b) zur Anwendung gekommen. § 12.4.4.j) HVM ermögliche die Berücksichtigung von Sicherstellungsgründen insbesondere in Gestalt dauerhafter Veränderungen in der vertragsärztlichen Versorgung im Umfeld der Praxis. Die vom Kläger vorgetragenen Aspekte beträfen dagegen die Rechtmäßigkeit der Neuregelungen im HVM und seien einer Härtefallregelung im Sinne von § 12.4.4.j) HVM nicht zugänglich.

Mit Bescheid vom 14. Juli 2004 gewährte die Beklagte dem Kläger für das Quartal I/04 ein Honorar in Höhe von 25.955,76 EUR (vor Abzug des Verwaltungskostenbeitrags) unter Zugrundelegung eines Punktwertes innerhalb des IPZV (470.811 Punkte) von 4,5633 Cent (Primärkassen) bzw. 4,3843 Cent (Ersatzkassen). Für die das IPZV übersteigenden Mehrleistungen in Höhe von 22.566 Punkten (ausschließlich im Bereich der Primärkassen) erfolgte eine Vergütung mit einem Punktwert von 1,0 Cent.

Den dagegen am 2. August 2004 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2004 zurück und bezog sich zur Begründung im Wesentlichen auf die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2004.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 2004 hat sich der Kläger mit der am 29. Juni 2004 (S 15 KA 195/04) und gegen den Widerspruchsbescheid vom 3. September 2004 mit der am 27. September 2004 (S 15 KA 260/04) jeweils beim Sozialgericht Kiel erhobenen Klage gewandt. Das Sozialgericht hat beide Verfahren in der mündlichen Verhandlung am 26. Januar 2007 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Zur Begründung der Klagen hat der Kläger sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft und ergänzend im Wesentlichen vorgetragen: Durch die extrem erschwerten Bedingungen bei der Übernahme der Praxis im Oktober 1997 ("Gelbscheinpraxis") sei zunächst nur eine sehr langsame Entwicklung möglich gewesen. Seit dem Jahr 2000 sei jedoch eine kontinuierliche Steigerung im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresquartal zu erkennen. In den streitgegenständlichen Quartalen III/03 und I/04 werde ihm eine Weiterentwicklung durch das IPZV in Höhe von nur wenig mehr als der Hälfte des Fachgruppendurchschnitts verwehrt. Die dieser Begrenzung zugrunde liegenden Regelungen des HVM verstießen gegen die Vorgaben aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, nach denen es jedem Vertragsarzt in effektiver Weise ermöglicht werden müsse, innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Abweichend davon sehe der HVM in den Startquartalen (III/03 bis II/04) keinerlei Steigerungsmöglichkeiten im Vergleich zum Bemessungszeitraum (2001/2002) für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen vor, und auch die für Honorarabrechnungen ab dem Quartal III/04 geltenden Wachstumsregelungen ermöglichten kein effektives Wachstum innerhalb eines überschaubaren Zeitraums von etwa fünf Jahren. Dies gelte auch für die Regelung in § 12.4.3. HVM zur Weiterentwicklung der IPZV in der Folgezeit nach Ablauf der Startquartale, weil der Zuwachs für ihn nicht planbar sei. Es sei nicht vorhersehbar, in welcher Höhe eine Anpassung erfolge. Auch die Ablehnung des Härtefallantrages sei rechtswidrig. Die Beklagte habe bei der Entscheidung zum Härtefallantrag die besondere Situation des Einzelfalles verkannt. Er habe umfassend auf die besonderen Schwierigkeiten beim Aufbau der Praxis hingewiesen. Die Beklagte hätte ihm zumindest im Wege der Härtefallregelung eine längere "Aufbaufrist" zubilligen müssen. Er habe nachgewiesen, dass er eine noch immer im Aufbau befindliche Praxis betreibe. Diesen Aspekt habe die Beklagte ermessensfehlerhaft nicht gewürdigt. Im Übrigen existiere ein Grundsatzbeschluss des Vorstandes der Beklagten, wonach bei Übernahme einer deutlich unterdurchschnittlichen Praxis ein Entwicklungszeitraum von 20 Quartalen anstelle der sonst üblichen 12 Quartale zugebilligt werde. Unter diesen Umständen bestehe ein Ermessensausfall, wenn die Beklagte suggeriere, der Vorstand könne abweichend von den Regelungen des HVM keinen verlängerten Entwicklungszeitraum zubilligen. Die Beklagte hätte sich mit den Umständen des vorliegenden Einzelfalles auseinandersetzen müssen.

Der Kläger hat beantragt,

die Honorarabrechnung III/03 und die Entscheidung über den Härtefallantrag vom 14. Januar 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2004 sowie die Honorarabrechnung I/04 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2004 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

und zur Begründung auf die angefochtenen Widerspruchsbescheide Bezug genommen. Ergänzend hat die Beklagte im Wesentlichen vorgetragen, dass die im HVM vorgesehenen Entwicklungsmöglichkeiten mit der Rechtsprechung des BSG vereinbar seien. Alle Praxen hätten nach § 12.4.3a) a. 3) die Möglichkeit, für die Zukunft höhere Punktzahlvolumina zu erwirtschaften. Dabei biete die Regelung für die Weiterentwicklung der IPZV insbesondere kleinen Praxen eine ausreichende Entwicklungsmöglichkeit, weil diese leichter von der Wachstumsmöglichkeit profitieren könnten.

Mit Urteil vom 26. Januar 2007 hat das Sozialgericht K die angefochtenen Bescheide aufgehoben, die Beklagte verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer neu zu bescheiden und die Entscheidung wie folgt begründet: Die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, dem Kläger im Wege der Härtefallregelung ein höheres IPZV zuzubilligen. Der Kläger habe einen Härtefallantrag im eigentlichen Sinne nicht gestellt. Eine Veränderung der Punktzahlvolumina auf besonderen Antrag der Praxis sei nach § 12.4.2.d) HVM zum einen möglich, wenn bei der Zugrundelegung des Berechnungszeitraumes Ausnahmesituationen zu einer im Vergleich zu anderen Quartalen deutlichen Verringerung der Punktzahlanforderung geführt hätten. Ein solcher Sachverhalt sei vom Kläger nicht vorgetragen worden. Gemeint seien nach Auffassung der Kammer solche Fälle, in denen ein Kläger z.B. aufgrund eigener Arbeitsunfähigkeit oder Pflegebedürftigkeit von Angehörigen in den maßgeblichen Vergleichsquartalen seine vertragsärztliche Tätigkeit deutlich habe verringern müssen, so dass die Bezugnahme auf Punktzahlmengen derartiger Quartale unbillig wäre. Die zweite Härteregelung finde sich in § 12.4.4.j) HVM. Hiernach könne der Vorstand in begründeten Fällen auf Antrag aus Sicherstellungsgründen Punktzahlvolumina der Praxis neu festlegen, wenn besondere Umstände des Einzelfalles vorlägen. Hierzu zählten insbesondere dauerhafte Veränderungen in der vertragsärztlichen Versorgung im Umfeld der Praxis. Sicherstellungsgründe und damit Gründe, aus denen die vertragsärztliche Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen gefährdet wäre, habe der Kläger nicht vorgetragen. Nur derartige Gründe könnten jedoch eine Härtefallentscheidung nach § 12.4.4.j) HVM bewirken. Der Kläger habe dagegen Gründe vorgetragen, die die Beklagte veranlassen sollten, in seinem Fall die Sonderregelung nach § 12.4.4.a) HVM anzuwenden. Danach würden für neugegründete Praxen Punktzahlvolumina in Höhe der Obergrenze des durchschnittlichen Gesamtvolumens der übrigen Ärzte der Fachgruppe gelten. Dieser Anregung sei die Beklagte zu Recht nicht gefolgt. Auch wenn sich die Erwartung des Klägers bezüglich einer kontinuierlichen Fallzahlsteigerung nicht erfüllt habe, so bleibe es dennoch eine Praxisübernahme, die nicht mit einer Neugründung gleichgesetzt werden könne. Auch der vom Klägervertreter zitierte Vorstandsbeschluss vom 7. Oktober 2003 verpflichte die Beklagte nicht aus Gleichbehandlungsgründen, den Kläger wegen der Übernahme einer sehr kleinen Praxis wie einen Neugründer zu behandeln. Jedenfalls in den Quartalen III/02 bis I/04 hätten die Fallzahlen des Klägers mindestens 67 % des Fachgruppendurchschnitts betragen. Die Regelung zur Weiterentwicklung der IPZV nach Ablauf der Startquartale (ab III/04) entspreche jedoch nicht der Vorgabe aus der Rechtsprechung, nach der mengenbegrenzende Regelungen des HVM in ausreichendem Maßnahme Rücksicht auf unterdurchschnittlich abrechnende Praxen nehmen müssten. Unterdurchschnittlich abrechnende Praxen dürften durch Honorarbegrenzungsregelungen grundsätzlich nicht gehindert werden, das Abrechnungsvolumen bis zum Durchschnittsumsatz zu steigern. Die Regelung in § 12.4.3. HVM sei damit nicht zu vereinbaren, weil eine sockelwirksame Anhebung danach von der Überschreitung des IPZV durch andere Praxen und der für Zuwächse zur Verfügung stehenden Punktzahlmenge abhänge. Die Weiterentwicklung einer Praxis sei danach abweichend von den in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen nicht im Wesentlichen vom Einsatz des betroffenen Arztes abhängig, sondern hänge entscheidend davon ab, in welchem Umfang die anderen Praxen der jeweiligen Arztgruppe ihr IPZV überschritten. Der Kläger sei von der unzureichenden Wachstumsregelung nachteilig betroffen. Seine Fallzahlen seien zwar schwankend; im Längsschnitt zeige sich jedoch eine Fallzahlsteigerung.

Gegen das ihr am 1. März 2007 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit der am Montag, den 2. April 2007 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung, zu deren Begründung sie vorträgt: Die in der Entscheidung des Sozialgerichts bemängelte Wachstumsregelung in § 12.4.3. HVM sei in den hier streitigen Quartalen noch nicht zur Anwendung gekommen. Diese Wachstumsregelung betreffe erst die Quartale ab III/04. Im Übrigen entspreche die Wachstumsregelung in § 12.4.3. HVM den Vorgaben aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Insbesondere biete die Regelung bisher unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen nicht nur eine hypothetische Möglichkeit, sondern eine vom Einsatz des betroffenen Arztes abhängige realistisch zu erreichende Entwicklungsperspektive. Dem Arzt werde mit dem IPZV eine möglichst große Kalkulationssicherheit gegeben. Zwar könnten kleine Praxen nach den Bestimmungen des HVM nicht mit jeder Mehrleistung ihren Umsatz entsprechend erhöhen. Allerdings zeige die Auswertung der Umverteilung nach § 12.4.3. HVM, dass unterdurchschnittliche Praxen hierbei überrepräsentiert seien. Die Regelung sei also insbesondere für kleine Praxen vorteilhaft. Dies ergebe sich daraus, dass die praxiseigene Überschreitungsprozentualität für die Teilnahme an der Umverteilung maßgeblich sei. Dadurch würden gerade Praxen mit geringen Punktzahlen schneller diese Prozentualität erreichen und an der Zuwachsmenge partizipieren. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der maximale Zuwachs der einzelnen Praxis bei einer Teilnahme am Zugewinn 10 % der durchschnittlich angeforderten IPZV-Leistungsmenge der Gruppe inklusive Mehrleistungen der Gruppe pro Arzt und damit z.B. für das Quartal III/03 insgesamt 13 % bezogen auf das IPZV der Gruppe betragen habe. Dass nicht jede Mehrleistung automatisch zu einer Erhöhung des IPZV führe, sei beabsichtigt, um die Anreize für eine Leistungssteigerung zu begrenzen, den Punktwert zu stabilisieren und eine möglichst große Kalkulationssicherheit für den einzelnen Arzt zu erreichen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 26. Januar 2007 abzuändern, die Klage insgesamt abzuweisen und die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 26. Januar 2007 zu ändern, soweit in den Entscheidungsgründen die Ablehnung des Härtefallantrages für rechtmäßig erklärt worden ist.

Der Kläger bezieht sich zur Frage der Rechtswidrigkeit der das IPZV betreffenden Regelungen im HVM der Beklagten auf die Entscheidungsgründe des sozialgerichtlichen Urteils. Das Sozialgericht habe zu Recht darauf hingewiesen, dass die Weiterentwicklung der Praxis nicht im Wesentlichen vom Einsatz des betroffenen Arztes, sondern von Zufälligkeiten abhänge. Der Kläger wiederholt und vertieft weiter sein Vorbringen aus dem Klageverfahren und führt ergänzend im Wesentlichen aus: Die Verweigerung jeglicher Stei¬gerungsmöglichkeiten in den Startquartalen III/03 bis II/04 sei rechtswidrig. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müsse unterdurchschnittlichen Praxen stets die Möglichkeit gegeben werden, ihren Umsatz jedenfalls bis zum Durchschnittsumsatz der Fachgruppe zu steigern. Diese Vorgabe habe die Beklagte in ihrem HVM nur unzureichend umgesetzt. Der HVM enthalte keine Sonderregelung für Steigerungsmöglichkeiten von unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen. Eine Differenzierung zwischen unterdurchschnittlich und überdurchschnittlich abrechnenden Praxen wäre erforderlich gewesen. Das BSG habe eine Wachstumsbegrenzung für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen auf 3 % für rechtswidrig erklärt. Damit sei die im HVM der Beklagten vorgesehene Regelung für Startquartale, die auch für unterdurchschnittliche Praxen keine Wachstumsmöglichkeiten vorsehe, erst recht als rechtswidrig anzusehen. Auch die für die Folgequartale vorgesehene Wachstumsregelung in § 12.4.3. HVM sei grundsätzlich ungeeignet, unterdurchschnittlichen Praxen ein effektives Wachstum zu ermöglichen. Soweit die Beklagte die Regelungen zum IPZV im HVM mit der Gewährleistung einer großen Kalkulationssicherheit für den Arzt rechtfertige, so sei dies unzutreffend. Er könne nicht kalkulieren, in welchem Zeitraum er mit einer Anhebung seines Punktzahlvolumens würde rechnen können. Klar sei allein, dass er sich mit den im HVM vorgesehenen Zuwachsbegrenzungsregelungen nicht innerhalb eines überschaubaren Zeitraums bis zum Fachgruppendurchschnitt würde steigern können. Ihm komme es gerade nicht auf Stabilität an, sondern auf Wachstum. Ferner sei zu berücksichtigen, dass das BSG mit Urteil vom 15. Mai 2002 (B 6 KA 33/01 R) die Praxisbudgets für den Zeitraum ab 1. Juli 2003 für rechtswidrig erklärt habe. Bei der Bemessung des IPZV dürfe nicht an rechtswidrige Abrechnungsergebnisse angeknüpft werden. Dies gelte umso mehr, als die Höhe des Praxisbudgets in der Vergangenheit durch die künstliche Generierung sog. "Verdünnerfälle" erweitert worden sei. Durch die Anknüpfung an rechtswidrige Abrechnungsergebnisse würden diese mit dem IPZV fortgeschrieben.

Die die Honorarabrechnungen für die Quartale III/03 und I/04 ein¬schließlich die Härtefallentscheidung betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten haben dem Senat vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese sowie auf die Prozessakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Sowohl die zulässige Berufung der Beklagten als auch die gem. § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 524 ZPO auch im sozialgerichtlichen Verfahren mögliche und gem. § 524 Abs. 2 Satz 1 ZPO noch nach Ablauf der Berufungsfrist statthafte und auch im Übrigen zulässige Anschlussberufung des Klägers sind begründet. Die angefochtenen Honorarbescheide für die Quartale III/03 und I/04 sind im Grundsatz nicht zu beanstanden, soweit die Beklagte das Honorar des Klägers unter Bezugnahme auf Regelungen im HVM zur Bildung des IPZV begrenzt hat. Daher war das Urteil des Sozialgerichts auf die Berufung der Beklagten zu ändern, soweit die Beklagte zur Neubescheidung mit der Maßgabe verurteilt worden war, dass dem Kläger eine von den Regelungen des HVM abweichende effektive Wachstumsmöglichkeit bis zum Erreichen des Fachgruppendurchschnitts einzuräumen sei. Auf die Anschlussberufung des Klägers war die Entscheidung des Beklagten, mit der der Härtefallantrag des Klägers abgelehnt worden war, in Abänderung des sozialgerichtlichen Urteils aufzuheben.

Rechtsgrundlage für den Honoraranspruch der Klägerin und auch für Regelungen über Honorarbeschränkungen ist § 85 Abs. 4 SGB V. Nach § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§ 73). Nach Satz 2 der Vorschrift in der Fassung durch Gesetz vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2626) wendet die Kassenärztliche Vereinigung dabei den im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen festgesetzten Verteilungsmaßstab an. Nach § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V in der Neufassung durch Gesetz vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190) wendet die Kassenärztliche Vereinigung ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an; für die Vergütung der im I. und II. Quartal 2004 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen wird der am 31. Dezember 2003 geltende Honorarverteilungsmaßstab angewandt. Grundlage für die Honorarverteilung ist demnach für alle streitigen Quartale der seit dem 1. Juli 2003 geltende HVM der Beklagten.

Bei der Ausgestaltung des HVM haben die Kassenärztlichen Vereinigungen einen Gestaltungsspielraum, weil die Honorarverteilung eine in der Rechtsform einer Norm, nämlich einer Satzung, ergehende Maßnahme der Selbstverwaltung ist. Zu beachten ist dabei insbesondere das in § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot der leistungsproportionalen Verteilung des Honorars sowie der aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) herzuleitende Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Bei dem Gebot der leistungsproportionalen Vergütung handelt es sich allerdings nur um einen Grundsatz, von dem abgewichen werden darf, wenn die Kassenärztliche Vereinigung damit andere billigenswerte Ziele verfolgt. Solche anerkennenswerten Zielsetzungen können in einer Stabilisierung des Auszahlungspunktwertes durch die Begrenzung des Anstiegs der zu vergütenden Leistungsmenge liegen, weil auf diese Weise die Vertragsärzte einen Teil des vertragsärztlichen Honorars sicherer kalkulieren können (vgl. BSG, Urt. v. 10. März 2004 B 6 KA 3/03 R, BSGE 92, 233 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 9; BSG, Urt. v. 10. De¬zember 2003 – B 6 KA 54/02 R, BSGE 92, 10 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 5).

Die Bildung von Individualbudgets, die nach Abrechnungsergebnissen des Arztes aus vergangenen Zeiträumen bemessen werden, ist nicht zu beanstanden, auch wenn sie dessen gesamtes Leistungsvolumen umfassen (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urt. v. 8. Februar 2006 – B 6 KA 25/05 R, BSGE 96, 53 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 23, juris Rz. 23; BSG, Urt. v. 9. Dezember 2004 B 6 KA 44/03 R, BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr. 2 m.w.N.). Die Bildung eines Individualbudgets ist ebenso zulässig wie Fallwertgrenzen oder auch Fallzahlgrenzen (vgl. BSG, Urt. v. 10. Dezember 2003 – B 6 KA 54/02 R, a.a.O.). Bei einer solchen Budgetierung handelt es sich um eine zulässige Maßnahme, um dem sog. "Hamsterradeffekt" entgegenzuwirken. Genau dieses Ziel hat die Beklagte mit der Einführung der IPZV verfolgt (vgl. dazu Ennenbach, Nordlicht 4/2003, Seite 12, derselbe in Nordlicht 1/2004 Seite 18). Im vorliegenden Fall ist zur Erreichung dieses Ziels ein zwar nicht fester, aber von Mengenausweitungen nur in geringerem Maße beeinflussbarer Punktwert für Leistungen innerhalb des IPZV gebildet worden mit der Folge, dass für die darüber hinausgehende Leistungsmenge eine niedrige Restvergütung zur Verfügung steht. Dass für die übersteigenden Leistungen nur eine sehr geringe Vergütung mit einem Punktwert von 0,05 Cent gezahlt wird, weil der ganz überwiegende Teil des Gesamtvergütungsvolumens für die Honorierung von Leistungen innerhalb des IPZV verwandt wird, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach ständiger Rechtsprechung kann die Restvergütungsquote sogar auf Null absinken, so dass auf eine Restvergütung gänzlich verzichtet werden kann (BSG, Urt. v. 8. Februar 2006 B 6 KA 25/05 R, a.a.O., juris Rz. 31 m.w.N.).

Dagegen kann nicht Mit Erfolg eingewandt werden, dass die Quotierung eine ungerechtfertigte Reduzierung der zu vergütenden Punkte bewirke. Es trifft zwar zu, dass die in § 12.4.2.b) HVM für die Startquartale vorgesehene Bildung der Punktzahlobergrenze auf der Grundlage eines Punktwerts von 4,5 Cent zu einer Reduzierung der Punktzahl führt, soweit das in den Bemessungsquartalen (2001 und 2002) erzielte Honorar auf der Grundlage eines niedrigeren Punktwerts als 4,5 Cent berechnet worden ist. Bei im Grundsatz gleichem Vergütungsvolumen muss die Punktzahl in der gleichen Prozentualität sinken, mit der der Punktwert angehoben wird. Im Ergebnis wirkt sich dies jedoch bei unveränderter Punktzahl nicht auf die Höhe der Vergütung des einzelnen Arztes aus. Deshalb kann auch nicht mit Erfolg eingewandt werden, es bleibe ein Teil der durch ärztliche Tätigkeit erarbeiteten Punkte unvergütet. Die Einführung von Honorarobergrenzen bedeutet nicht, dass für einzelne Leistungen keine Vergütung gewährt wird. Für das Honorarvolumen macht es keinen Unterschied, ob einer größeren Punktzahl ein entsprechend niedrigerer Punktwert oder nach durchgeführter "Quotierung" einer geringeren Punktzahl ein entsprechend erhöhter Punktwert zugeordnet wird (BSG, Urt. v. 10. Dezember 2003 B 6 KA 54/02 R, a.a.O.).

Zu Unrecht wendet der Kläger ein, dass die Bildung des IPZV auf Regelungen zum Praxisbudget beruhe, die das BSG für die Zeit ab dem 1. Juli 2003 für rechtswidrig erklärt habe. Mit der vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung des BSG (Urteil vom 15. Mai 2002 B 6 KA 33/01 R, BSGE 89, 259 = SozR 3-2500 § 87 Nr. 34) hat das BSG entschieden, dass die Praxisbudgets jedenfalls in der Zeit bis zum 31. Dezember 2002 rechtmäßig waren. Da die IPZV auf den Honoraren aus den Jahren 2001 und 2002 aufbauen, gibt es keine Grundlage für die Annahme, dass rechtswidrige Regelungen fortgeschrieben würden. Zutreffend ist, dass das BSG in der genannten Entscheidung Hinweise zur erforderlichen Überprüfung der Kostensätze gegeben hat, die den Praxisbudgets zu Grunde lagen und dass das BSG angekündigt hat, diese andernfalls ab 1. Juli 2003 nicht mehr anzuwenden. Dass daraus keine Schlüsse auf die Rechtswidrigkeit der Vorschriften über die Praxisbudgets in den Quartalen bis einschließlich 2002 gezogen werden können, hat das BSG in mehreren Urteilen vom 9. Dezember 2004 (u.a. B 6 KA 44/03 RBSGE 94, 50 = SozR 4-2500 S. 72 Nr. 2, juris Rz 94) noch einmal klargestellt. Ferner kann der Kläger keine eigenen Rechte aus einer behaupteten - Erhöhung des Praxisbudgets in anderen Praxen durch die künstliche Generierung sog. "Verdünnerfälle" herleiten.

Mit der Einführung der IPZV ab dem Quartal III/03 hat die Beklagte im Übrigen den Vorgaben aus dem Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 19. Dezember 2002 (Deutsches Ärzteblatt 2003, A-218) Rechnung getragen. Im Zusammenhang mit der Streichung der Bestimmungen zum Praxisbudget im EBM-Ä mit Wirkung zum 1. Juli 2003 ist den Kassenärztlichen Vereinigungen mit diesem Beschluss aufgegeben worden, die Gesamtvergütung in der Weise zu verteilen, dass der zum Zeitpunkt der Auszahlung ohne Quotierung oder Abstaffelung anerkannte Leistungsbedarf in Punkten aller abrechnenden Vertragsärzte je Arztgruppe im dritten und vierten Quartal 2003 den anerkannten Leistungsbedarf aller abrechnenden Vertragsärzte je Arztgruppe des dritten und vierten Quartals 2002 nicht um mehr als 5 % überschreitet. Die Vorgaben aus dem Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 19. Dezember 2002 sind für die Beklagte verbindlich (vgl. zur sog. Praxisbudgetvereinbarung zum 1. Juli 1997, Deutsches Ärzteblatt 1997, A 403; BSG, Urt. v. 13. März 2002 – B 6 KA 48/00 R, SozR 3-2500 § 85 Nr. 44, juris Rz. 18).

Der Kläger hat auch aufgrund der Tatsache, dass er eine kleine Praxis mit unterdurchschnittlichem Honorarvolumen betreibt, keinen Anspruch darauf, von einer Begrenzung der Honorarsteigerung ausgenommen zu werden. Entsprechende Anforderungen bestehen lediglich für sog. Anfängerpraxen in der Aufbauphase (BSG, Urt. v. 10. März 2004 B 6 KA 3/03 R, a.a.O.; BSG, Urt. v. 10. März 2004 – B 6 KA 13/03 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 10). Der bereits im Oktober 1997 als Arzt für Allgemeinmedizin zugelassene Kläger hatte die nach § 12.4.4.b) Satz 1 HVM für Praxisübernahmen auf höchstens drei Jahre bemessene Aufbauphase zum Zeitpunkt der Einführung der IPZV und auch bereits in den für die Bildung des IPZV maßgebenden Bemessungsquartalen der Jahre 2001 und 2002 (zur Maßgeblichkeit dieses Zeitraums vgl. unten) abgeschlossen. Daher ist es im Grundsatz zulässig, das Honorarwachstum der Praxis des Klägers zu beschränken, obwohl er eine unterdurchschnittlich abrechnende Praxis übernommen und den Fachgruppendurchschnitt in den streitgegenständlichen Quartalen weiterhin unterschritten hat. Allerdings ist zu verlangen, dass der HVM Wachstumsraten in einer Größenordnung zulässt, die es einer Praxis mit unterdurchschnittlichem Umsatz noch gestattet, den durchschnittlichen Umsatz in absehbarer Zeit zu erreichen. Als absehbar wird in diesem Zusammenhang ein Zeitraum von fünf Jahren angesehen (BSG, Urt. v. 10. März 2004 – B 6 KA 3/03 R, a.a.O.; BSG, Urt. v. 10. Dezember 2003 – B 6 KA 54/02 R, juris Rz. 27).

Der Senat geht davon aus, dass die hier maßgebenden Regelungen über die Bildung eines IPZV für die Startquartale ein effektives Wachstum nicht ermöglichen. Zwar wird eine Erhöhung des Honorarvolumens durch die Anknüpfung an die sog. Bestquartale der Jahre 2001 und 2002 nicht von vornherein ausgeschlossen. Bei der Anknüpfung an Bestquartale handelt es sich aber nur um einen von mehreren Berechnungsfaktoren. Die Erhöhung aufgrund dieses Faktors knüpft auch nicht an ein Wachstum der Praxis in den Startquartalen oder den Folgequartalen an. Die Möglichkeit von der Bestquartalsregelung in den Startquartalen zu profitieren, besteht unabhängig von einer Erhöhung oder Absenkung der in den Bemessungsquartalen der Jahre 2001 und 2002 abgerechneten Punktzahlen. Der Sichtweise der Beklagten, nach der ein "Wachstum" auch in den sog. Startquartalen möglich ist, steht schließlich entgegen, dass die Begünstigung durch die Bestquartalsregelung von allen Ärzten und somit auch von den unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen wie der des Klägers über den Abschlag in Höhe von 3 % nach § 12.4.2.c) HVM und über die Unterschreitung des Zielpunktwerts von 4,5 Cent "finanziert" worden ist (vgl. Ennenbach in Nordlicht 1/2004, S. 18 ff., 19). Da die das IPZV übersteigenden sog. Mehrleistungen in den hier maßgebenden Quartalen mit Punktwerten zwischen 0,05 und 1,0 Cent vergütet worden sind, ist auch die Möglichkeit einer Steigerung des Honorarvolumens außerhalb des IPZV erheblich eingeschränkt. Im Übrigen werden - wie § 12.4.2.c) Satz 2 HVM klarstellt auch die Kosten für Mehrleistungen aus dem Abschlag von 3 % gedeckt.

Gleichwohl ist der HVM der Beklagten bezogen auf die Vergütung für die sog. Startquartale (III/03 bis II/04) nach Auffassung des Senats rechtmäßig. Der Beklagten kann es im Rahmen des ihr zukommenden Gestaltungsspielraums nicht verwehrt werden, bei der erstmaligen Einführung von IPZV zunächst Startquartale zu bilden, auf deren Grundlage sich die Weiterentwicklung der IPZV vollzieht. In diesem Fall kann nicht verlangt werden, dass ein Wachstum bereits in den vier Startquartalen ermöglicht wird.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allein die Vergütung für die sog. Startquartale (III/03 bis II/04). Für die Bildung der IPZV in den Startquartalen trifft der HVM in § 12.4.2. eigenständige Regelungen, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Regelungen über die Weiterentwicklung der IPZV (§ 12.4.3. HVM) in der Zeit ab dem Quartal III/04 stehen. Zwar wird bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der für die Folgequartale ab III/04 getroffenen Regelungen zur Weiterentwicklung der IPZV im Zusammenhang mit der Frage, ob eine effektive Steigerung innerhalb eines überschaubaren Zeitraums ermöglicht wird, zu berücksichtigen sein, dass in den vier Startquartalen keine effektive Steigerung des IPZV möglich war. Für die Vergütung in den Startquartalen hat die für die Folgequartale getroffene Regelung aber noch keine unmittelbare Bedeutung, so dass deren Rechtmäßigkeit im vorliegenden Zusammenhang auch nicht zu prüfen war. Regelungen des Honorarverteilungsmaßstabes sind lediglich inzident im Rahmen der gegen den Honorarbescheid gerichteten Klage zu prüfen, soweit sie im Einzelfall Anwendung gefunden haben. Eine abstrakte Prüfung von Normen des Honorarverteilungsmaßstabes ist dagegen nicht möglich. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist eine Normenkontrollklage nicht vorgesehen. Das hat zur Folge, dass untergesetzliche Rechtsvorschriften wie die Bestimmungen in § 12.4.3. HVM grundsätzlich nicht losgelöst von einem konkreten Sachverhalt zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden können (vgl. BSG, Urt. v. 25. August 1999 – B 6 KA 34/98 R, SozR 3-2500 § 85 Nr. 32; BSG, Urt. v.10. März 2004 B 6 KA 13/03 R, a.a.O., juris Rz 25 m.w.N.).

Auch die Anschlussberufung des Klägers ist begründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist der Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2004 rechtswidrig, soweit die Beklagte den am 30. Juli 2003 gestellten Antrag des Klägers auf "Aussetzung der Zuwachsbegrenzung" abgelehnt hat.

Der HVM der Beklagten enthält hinsichtlich der Mengenzuwachsbegrenzung in § 12.4.4.j) HVM eine Härteregelung. Danach kann der Vorstand in begründeten Fällen aus Sicherstellungsgründen Punktzahlvolumina der Praxis neu festlegen, wenn besondere Umstände des Einzelfalles vorliegen. Hierzu zählen insbesondere dauerhafte Veränderungen in der vertragsärztlichen Versorgung im Umfeld der Praxis. Ergänzt wird diese Härtefallregelung durch eine allgemeine Härtefallregelung in § 12.6.2. HVM, nach der der Vorstand über unbillige Härtefälle infolge der Anwendung dieses HVM auf Antrag entscheidet. Damit wird den in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an das Vorliegen einer General- bzw. Härteregelung Rechnung getragen (vgl. dazu BSG, Urteile vom 21. Oktober 1998 – B 6 KA 65/97 R, SozR 3-2500 § 85 Nr. 27, juris Rz. 23 und B 6 KA 71/97 R, BSGE 83, 52 = SozR 3-2500 § 85 Nr. 28, juris Rz. 29; BSG, Urt. v. 10. März 2004 – B 6 KA 3/03 R, a.a.O., juris Rz. 29; BSG, Urt. v. 22. Juni 2005 – B 6 KA 80/03 R, SozR 4-2500 § 87 Nr. 10, juris Rz. 41 ff.). Wegen des Ermessensspielraums der Beklagten beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle darauf, ob der Entscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Grenzen des Ermessens eingehalten worden sind und ob die angestellten Ermessenserwägungen so hinreichend in der Begründung der Entscheidung verdeutlicht wurden, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Maßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist. Dabei sind die Gerichte nicht darauf beschränkt, nur die Gründe in der Form zu würdigen, wie sie gemäß § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X in der schriftlichen Begründung der Bescheide ihren Niederschlag gefunden haben. Jedenfalls dann, wenn die bei Erlass der Bescheide von der Behörde tatsächlich angestellten Erwägungen lediglich unvollständig oder unklar in der Begründung wiedergegeben worden sind, können sie gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auch noch im Laufe des anschließenden Gerichtsverfahrens in den Tatsacheninstanzen präzisiert oder ergänzt werden (vgl. BSG, Urt. v. 22. Juni 2005 B 6 KA 80/03 R, a.a.O., juris Rz. 45, m.w.N.).

Die Beklagte hat den am 30. Juli 2003 gestellten Antrag des Klägers zutreffend dahin ausgelegt, dass dieser eine Anhebung seines IPZV im Rahmen einer Härtefallentscheidung begehrt hat. Dass der Kläger in dem Antragsschreiben den Begriff des Härtefalls nicht verwandt hat, ist entgegen der Auffassung des Sozialgerichts unbeachtlich. Ausschlaggebend ist das in dem Schreiben des Klägers eindeutig formulierte Begehren.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides vom 14. Januar 2004, mit dem der Härtefallantrag abgelehnt worden ist, enthält zunächst allgemeine Erwägungen zur Erforderlichkeit einer restriktiven Entscheidungspraxis bezogen auf die Erhöhung von Punktzahlvolumina vor dem Hintergrund der beschränkten von den Krankenkassen zur Verfügung gestellten Geldmenge. Bezogen auf den vorliegenden Einzelfall beschränkt sich die Begründung im Kern auf den Hinweis, dass auch die Wachstumsfrist von 5 Jahren gem. § 12.4.4.a) HVM für neu gegründete Praxen abgelaufen wäre. Dabei wird ausdrücklich offen gelassen, ob der Kläger beim Kauf der Praxis über die Scheinzahl getäuscht worden sei und es ihm deshalb innerhalb von fünf Jahren nicht möglich gewesen wäre, eine durchschnittliche Praxis aufzubauen. Weder der fünfjährige Entwicklungszeitraum für neugegründete Praxen nach § 12.4.4.a) HVM noch der dreijährige Entwicklungszeitraum gemäß § 12.4.4b.) HVM sei zur Anwendung gekommen. Außerdem wird unter Bezugnahme auf den Wortlaut der Härtefallregelung in § 12.4.4.j) HVM darauf verwiesen, dass im vorliegenden Zusammenhang Sicherstellungsgründe insbesondere in Gestalt dauerhafter Veränderungen im Umfeld der Praxis zu berücksichtigen seien, während die vom Kläger vorgetragenen Aspekte die Rechtmäßigkeit der Neuregelungen im HVM beträfen.

Diese von der Beklagten angestellten Erwägungen sind insofern zutreffend, als die Härtefallregelung in § 12.4.4.j) HVM eine neue Festlegung der Punktzahlvolumina allein aus Sicherstellungsgründen vorsieht und Sicherstellungsgründe vom Kläger nicht geltend gemacht und im Übrigen nicht ersichtlich sind. Auch die Härtefallregelung in § 12.4.2.d) HVM kommt vorliegend erkennbar nicht zum Tragen, weil in dem Bemessungsquartal der Jahre 2001 und 2002 jedenfalls keine Ausnahmesituation mit einer deutlichen Verringerung der Punktzahlanforderung im Vergleich zu anderen Quartalen vorgelegen hat. Dies wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Die Beklagte hat jedoch unberücksichtigt gelassen, dass der HVM in § 12.6.2. HVM eine allgemeine Härteregelung vorsieht, die sich nicht auf Sicherstellungsaspekte beschränkt. Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass für Härtefallentscheidungen um die Festlegung eines höheren IPZV allein die speziellen Härtefallregelungen in § 12.4.4.j) HVM und § 12.4.2.d) HVM zur Anwendung kämen. Denn selbst wenn eine allgemeine Härteklausel im HVM nicht enthalten wäre, müsste diese notfalls im Wege ergänzender Auslegung in den HVM hineininterpretiert werden (BSG, Urt. v. 9. Dezember 2004 B 6 KA 84/03 R, USK 2004-146, juris Rz. 48; BSG, Beschl. v. 29. November 2006 – B 6 KA 43/06 B, juris Rz. 10). Zwar ist es nach Auffassung des Senats im Grundsatz nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte bei der Entscheidung über Härtefallanträge Sicherstellungsaspekte einbezieht (vgl. dazu das Urteil des Senats ebenfalls vom 13. November 2007 zum Aktenzeichen L 4 KA 5/07). Weitere Aspekte können jedoch nicht unberücksichtigt bleiben. Mit der Auffassung, dass im vorliegenden Fall allein Sicherstellungsaspekte zu berücksichtigen seien, kann sich die Beklagte auch nicht auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts beziehen. Vielmehr hat das Bundessozialgericht mit Urteilen vom 21. Oktober 1998 (B 6 KA 65/97 R, SozR 3-2500 § 85 Nr. 27, juris Rz. 23 und B 6 KA 71/97 R, juris Rz. 29) neben Änderungen in der Versorgungsstruktur ausdrücklich Änderungen in der Behandlungsausrichtung eines Arztes als möglichen Härtefall angesprochen. Der Senat geht davon aus, dass im vorliegenden Zusammenhang das Vorliegen eines Härtefalles neben den angesprochenen Sicherstellungsaspekten insbesondere dann in Betracht zu ziehen ist, wenn einer der in § 12.4.4. HVM genannten Sonderfälle nicht vorliegt, aber aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles eine Gleichbehandlung mit ausdrücklich geregelten Sonderfällen gerechtfertigt ist. Allerdings darf dies nicht dazu führen, dass im HVM geregelte Voraussetzungen wie die Dauer des Entwicklungszeitraumes über die Härtefallregelung umgangen werden und dass damit die in gewissen Grenzen erforderliche Typisierung und Generalisierung außer Kraft gesetzt würden.

Den dargestellten Maßstäben entspricht der auf Anforderung des Sozialgerichts vorgelegte Vorstandsbeschluss der Beklagten vom 7. Oktober 2003. Der Beschluss sieht vor, dass bei der Übernahme einer sehr kleinen Praxis mit einem Honorarvolumen in den letzten vier Quartalen vor der Praxisübernahme in Höhe von höchstens 40 % des Fachgruppendurchschnitts die für neugegründete Praxen geltende Regelung in § 12.4.4.a) HVM mit der Freistellung von der Honorarbegrenzung bis zur Durchschnittlichkeit für die Dauer von bis zu 20 Quartalen im Wege der Härtefallentscheidung entsprechend angewandt wird. Dahinter steht erkennbar die Erwägung, dass von Übernehmern einer sehr kleinen Praxis nicht erwartet werden kann, dass sie ein durchschnittliches Honorarvolumen eher erreichen als Neugründer. Zwar liegt auch der in dem Vorstandsbeschluss vom 7. Oktober 2003 geregelte Fall hier nicht vor, weil es sich bei der Praxis der Dr. H in den letzten vier Quartalen vor der Übernahme zwar um eine unterdurchschnittlich abrechnende, aber nicht um eine sehr kleine Praxis im Sinne dieses Beschlusses gehandelt hat. Die Beklagte hat jedoch versäumt zu prüfen, ob die Übernahme der Praxis der Dr. H aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles (Übernahme einer unterdurchschnittlichen sog. "Gelbscheinpraxis") ebenfalls einer Neugründung gleichzustellen ist mit der Folge, dass dem Kläger ein Entwicklungszeitraum von bis zu 20 Quartalen einzuräumen wäre. Zu Unrecht hat die Beklagte die Frage, ob dem Kläger ein Entwicklungszeitraum von 20 Quartalen einzuräumen ist, ausdrücklich offen gelassen. Soweit auf den Ablauf selbst eines Entwicklungszeitraums von 20 Quartalen vor dem Quartal III/03 abgestellt wird, steht die Entscheidung der Beklagten zwar im Einklang mit der Sonderregelung des § 12.4.4.a) HVM. Allerdings ist diese Regelung insoweit rechtswidrig. Wie der Senat in dem Urteil vom 13. November 2007 zum Aktenzeichen L 4 KA 7/07 im Einzelnen dargelegt hat, ist maßgeblich, ob der Entwicklungszeitraum in den Bemessungsquartalen der Jahre 2001 und 2002 bereits abgelaufen war, weil das IPZV für die Zeit ab dem Quartal III/03 auf der Grundlage der in diesen beiden Jahren erzielten Honorare gebildet wird. Die Privilegierung neugegründeter Praxen durch einen Entwicklungszeitraum darf nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat folgt, nicht dadurch relativiert werden, dass die Praxis auf das typischerweise geringere Honorarvolumen aus der Aufbauphase zurückgeworfen wird. Vielmehr muss das Individualbudget an den mit dem Abschluss dieser Phase erreichten Stand oder an den Durchschnittsumsatz der Fachgruppe anknüpfen (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urt. v. 10. Dezember 2003 B 6 KA 54/02 R, a.a.O., juris Rz. 30; BSG, Urt. v. 21. Oktober 1998 – B 6 KA 71/97 R, a.a.O., juris Rz. 25).

Das IPZV des Klägers ist für die Startquartale in Anknüpfung an das Honorarvolumen aus den Jahren 2001 und 2002 berechnet worden. Wenn der Entwicklungszeitraum auf 20 Quartale (fünf Jahre) ab dem Zeitpunkt der Übernahme der Praxis der Dr. H zum Oktober 1997 zu verlängern wäre, wären für die Bemessung des IPZV im Widerspruch zu der o.g. ständigen Rechtsprechung Abrechnungsergebnisse aus dem sich bis in das Quartal II/02 erstreckenden Entwicklungszeitraum zugrunde gelegt worden. Unter diesen Umständen hätte die Beklagte nicht offenlassen dürfen, ob dem Kläger ein Entwicklungszeitraum von nur drei Jahren zugestanden wird mit der Folge, dass dieser Zeitraum bei Beginn der Bemessungsquartale im Jahr 2001 abgeschlossen wäre oder ob dem Kläger aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles im Wege der Härtefallentscheidung ein Entwicklungszeitraum von fünf Jahren zuzugestehen ist, mit der Folge, dass das Honorar des Klägers aus diesem Zeitraum nicht Grundlage der Bemessung des IPZV in den Startquartalen III/03 bis II/04 hätte sein dürfen. Da die Beklagte bei der Ermessensentscheidung über den Härtefallantrag des Klägers erkennbar von unzutreffenden Maßstäben ausgegangen ist, indem sie darauf abgestellt hat, dass der Entwicklungszeitraum im Quartal III/03 abgelaufen war, war die Entscheidung aufzuheben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und berücksichtigt, dass der Kläger bezogen auf die zwei Quartale betreffenden Honorarbescheide unterliegt, während die Beklagte bezogen auf die vier Quartale betreffende Härtefallentscheidung unterliegt.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu der Frage zugelassen, ob die Wachstumsmöglichkeiten für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen für eine begrenzte Zeit faktisch ausgesetzt werden können, um die Vorgaben des Erweiterten Bewertungsausschusses nach dem Auslaufen der Praxisbudgets im EBM-Ä umzusetzen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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