S 14 AS 251/07 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 14 AS 251/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 02.11.2007 gegen den Sanktionsbescheid vom 26.10.2007 und der Klage vom 07.11.2007 gegen den Widerspruchsbescheid vom 16.10.2007 anzuordnen, wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Streitig ist eine sanktionsweise Absenkung der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende –, um 100% für den Zeitraum Dezember 2007 bis Januar 2008.

Der am 00.00.1964 geborene Antragsteller steht im laufenden Bezug von SGB II-Leistungen. Laut Stundenzetteln der Frau T. arbeitete der Antragsteller dort durchgängig mindestens von Juni 2006 bis Oktober 2007 als Erntehelfer. In den ersten Monaten des Jahres 2007 lag der monatliche Verdienst bei einem Stundenlohn von 5,00 EUR und etwas mehr als 20 Arbeitsstunden im Monat bei ca. 120,00 EUR. In der zweiten Jahreshälfte arbeitete der Antragsteller monatlich mehr als 30 Stunden und verdiente um die 150,00 EUR. Soweit Stundenzettel vorliegen, arbeitete der Antragsteller an den jeweiligen Arbeitstagen durchschnittlich ca. 2 Stunden um die Mittagszeit.

Bereits 2006 verhängte die Antragsgegnerin mehrere Sanktionen gegen den Antragsteller. Der Antragsteller konnte teilweise deren Aufhebung erwirken. Dabei war immer wieder Streitpunkt, ob und inwiefern der Antragsteller aufgrund seiner geringfügigen Erwerbstätigkeit Meldepflichten und weiteren Pflichten aus Eingliederungsvereinbarungen nachkommen musste.

Mit Bescheid vom 14.06.2007 gewährte die Antragsgegnerin zuletzt Leistungen für den Zeitraum Juli bis Dezember 2007. Am 19.07.2007 unterzeichnete der Antragsteller eine weitere Eingliederungsvereinbarung, die bis zum 31.03.2008 gültig sein sollte und eine Teilnahme des Antragstellers an der Maßnahme "Integrierte Projekte Plus" (IPP) vorsah. Trägerin der Maßnahme ist unter anderem die Arbeiterwohlfahrt (AWO). Die Maßnahme dauert bis zu zwölf Monaten. In den ersten Monaten erfolgt an vier Wochentagen eine Beschäftigung in Arbeitsgelegenheiten und an einem Tag der Woche eine nicht-fachliche Qualifizierung (Bewerbungstraining, Stärken-Schwächen-Analyse etc.). Anschließend soll eine vom Maßnahmeträger begleitete fachliche Qualifizierung im Rahmen von Praktika in externen Betrieben stattfinden. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt grundsätzlich 38,5 Stunden. Die Maßnahme begann am 19.07.2007.

Am 13.08.2007 teilte die Mitarbeiterin des Maßnahmeträgers Frau I. der Antragsgegnerin mit, der Antragsteller fehle seit dem 07.08.2007 unentschuldigt. Hierzu erklärte der Antragsteller anlässlich einer Vorsprache laut Vermerk der Antragsgegnerin, dass die Rückkehr zur Maßnahmestätte ihm zu viel Fahrerei sei. Mit Bescheid vom 17.08.2007 senkte die Antragsgegnerin die Regelleistung des Antragstellers für den Zeitraum September bis November 2007 um 30% ab. Der Antragsteller sei seinen Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung nicht nachgekommen. Die Maßnahme sie für ihn so zusammengestellt worden, dass er daneben seiner Tätigkeit weiter habe nachgehen können. Er sei auch an solchen Tagen nicht zur Maßnahme erschienen, als er nicht gearbeitet habe. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein. Ihm sei keine Kopie der Eingliederungsvereinbarung ausgehändigt worden, so dass er seine Pflichten nicht gekannt habe. Die Äußerung zur "Fahrerei" habe sich nur auf den 10.08.2007 bezogen. Er habe stets gearbeitet und sich bei dem Maßnahmeträger abgemeldet. Angesichts einer Regelarbeitszeit für die Maßnahme von 38,5 Wochenstunden sei nicht erkennbar, inwiefern daneben die Erwerbstätigkeit ermöglicht worden sein soll. Er sei vom 21.-29.08.2007 und auch schon vorher arbeitsunfähig gewesen. Nachdem Frau I. der Antragsgegnerin mitteilte, dass dem Antragsteller angeboten worden sei, täglich nach der Erntehelfertätigkeit an der Maßnahme teilzunehmen, wies die Antragsgegnerin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2007 zurück. Der Antragsteller habe mit seiner Unterschrift den Erhalt der Eingliederungsvereinbarung bestätigt. Hiergegen wiederum erhob der Antragsteller am 07.11.2007 eine noch anhängige Klage (Az. S 14 AS 241/07).

Ein Sanktionsbescheid vom 28.08.2007 wurde nach Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den Zeitraum 21.-29.08.2007 aufgehoben.

Nachdem Frau I. der Antragsgegnerin mitteilte, dass der Antragsteller am 31.08.2007 gegenüber dem Fachleiter der AWO erklärt habe, er werde an der Maßnahme nicht mehr teilnehmen, da diese nichts bringe und er arbeiten müsse, senkte die Antragsgegnerin am 13.09.2007 die Regelleistung des Antragstellers um 60% für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2007 ab. Der Antragsteller verstoße fortgesetzt gegen seine Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung, da er weiter nicht zur Maßnahme erscheine. Hiergegen legte der Antragsteller am 20.09.2007 Widerspruch ein. Vor dem 21.08.2007 habe er aufgrund seiner Arbeit nicht an der Maßnahme teilnehmen können. Vom 21.-29.08.2007 sei er arbeitsunfähig gewesen. Auch am 30.08.2007 sei er beim Arzt gewesen. Seit dem 24.09.2007 sei er beurlaubt. Er habe nie gesagt, dass er nicht mehr teilnehmen wolle, weil die Maßnahme nichts bringe. Die Antragsgegnerin wies diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2007 zurück, wogegen der Antragsteller am 07.11.2007 eine weitere und ebenfalls noch anhängige Klage erhob (Az. S 14 AS 242/07).

Am 26.10.2007 senkte die Antragsgegnerin das Arbeitslosengeld II des Antragstellers für November 2007 bis Januar 2008 um 100% ab. Er sei vom 10.-14.09. und vom 01.10.-04.10.2007 erneut unentschuldigt der Maßnahme ferngeblieben. Hiergegen legte der Antragsteller am 02.11.2007 Widerspruch ein.

Am 16.11.2007 hat der Antragsteller den vorliegenden Antrag gestellt.

Der Antragsteller trägt vor, es gehe ihm um Leistungen ab dem Monatsersten nach Zustellung der Antragsschrift. Die Sanktionen seien nicht gerechtfertigt, da er sich immer entschuldigt oder krank gemeldet habe.

Er hat zur Glaubhaftmachung Stundenzettel für September und Oktober vorgelegt, wonach er u.a. vom 10.-14.09.2007 täglich zwei Stunden um die Mittagszeit gearbeitet hat. Außerdem hat er Bescheinigungen über Arztbesuche für den 30.08.2007 und 06.09.2007, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den 21.-29.08.2007 und den 09.-12.10.2007 sowie Busfahrpläne vorgelegt.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 02.11.2007 gegen den Sanktionsbescheid vom 26.10.2007 und der Klage vom 07.11.2007 gegen den Widerspruchsbescheid vom 16.10.2007 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin trägt vor, mit dem Maßnahmeträger sei verbindlich vereinbart worden, dass der Antragsteller neben der Teilnahme an der Maßnahme weiter als Erntehelfer tätig sein könne. Zu diesem Zweck sei es möglich, die wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden zu reduzieren.

Die AWO hat auf gerichtliche Anfrage eine Auflistung der Fehltage übersandt und mitgeteilt, dass der ihr von der Antragsgegnerin zugewiesene Antragsteller bei einem ersten Gespräch am 19.07.2007 auf seine geringfügige Beschäftigung hingewiesen habe. Auf Rückfrage habe die Antragsgegnerin mitgeteilt, der Antragsteller solle gleichwohl im Programm verbleiben. Da der Antragsteller laut eigenen Angaben täglich nur zwei Stunden arbeite, habe er davor oder danach an der Maßnahme, die um 7.30 Uhr beginne und um 16:15 Uhr ende, teilnehmen können. Es bestehe nach Absprache mit der Antragsgegnerin die Möglichkeit, in geringerem Stundenumfang an der Maßnahme teilzunehmen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.

II. Der Antrag ist zulässig.

Der gegen eine Sanktionsentscheidung gerichtete Antrag ist als solcher nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG – auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung auszulegen (vgl. hierzu Landessozialgericht – LSG – Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.12.2006, L 9 B 153/06 AS ER).

Der Antrag war zudem dahin auszulegen, dass er auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sowohl des Widerspruchs vom 02.11.2007 als auch der Klage vom 07.11.2007 betreffend den Sanktionsbescheid vom 13.09.2007 gerichtet ist. Denn auch der letztgenannte Sanktionsbescheid betrifft den Monat Dezember, um den es dem Antragsteller geht. Würde allein die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 02.11.2007 angeordnet, so ergäbe sich im Dezember gleichwohl eine – wenn auch geringere - Kürzung der Regelleistung aufgrund des Bescheides vom 13.09.2007. Der Antragsteller begehrt für Dezember aber ungekürzte Leistungen. Der Sanktionsbescheid vom 17.08.2007 war dagegen nicht mit einzubeziehen, da es dem Antragsteller eben nur um seine Leistungen ab Dezember geht, der Bescheid vom 17.08.2007 aber eine Sanktion "nur" bis November 2007 vorsieht.

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Die Erfolgsaussicht des Antrags beurteilt sich nach dem Ergebnis einer Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und dem Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung. Hierbei sind neben einer allgemeinen Abwägung der Folgen bei Gewährung bzw. Nichtgewährung des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Erfolgssaussichten des Rechtsbehelfes in der Hauptsache von Bedeutung. Dabei kann nicht außer Acht gelassen werden, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in § 39 SGB II dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides grundsätzlich Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.02.2007, L 7 B 11/07 AS ER).

Die hiernach anzustellende Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers aus. Eine abschließende Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Sanktionsentscheidung vom 26.10.2007 konnte im Eilverfahren wegen weiterhin bestehender Unklarheiten in tatsächlicher Hinsicht nicht erfolgen. Da der Sanktionsbescheid ansonsten bei summarischer Prüfung rechtmäßig erscheint, hat der Antrag vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Entscheidung in § 39 SGB II keinen Erfolg. Bleibt der Antrag gegen die letzte und umfassendere Sanktionsentscheidung erfolglos, ist eine Entscheidung über die vorangegangene Sanktionsentscheidung entbehrlich.

Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b SGB II wird das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30% der maßgeblichen Regelleistung abgesenkt, wenn der Hilfebedürftige sich trotz Belehrung ohne wichtigen Grund weigert, in einer Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu erfüllen. Gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB II gilt die gleiche Rechtsfolge, wenn der Hilfebedürftige eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung abbricht. Bei einer ersten wiederholten Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 1 SGB II wird das Arbeitslosengeld II um 60% der Regelleistung abgesenkt, bei jeder weiteren wiederholten Pflichtverletzung wird das (gesamte) Arbeitslosengeld II um 100% abgesenkt (§ 31 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB II). Nach § 31 Abs. 3 Satz 4 SGB II liegt eine wiederholte Pflichtverletzung nicht vor, wenn der Beginn des vorangegangenen Sanktionszeitraumes länger als ein Jahr zurückliegt.

Hier ist eine weitere wiederholte Pflichtverletzung im Sinne von § 31 Abs. 3 Satz 2 SGB II i.V.m. § 31 Abs. 1 SGB II gegeben.

Der Antragsteller hat unstreitig nicht im geforderten Umfang an der in der Eingliederungsvereinbarung vom 11.07.2007 bestimmten Maßnahme "IPP" teilgenommen. Damit hat er den Tatbestand von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b SGB II erfüllt. Voraussetzung hierfür ist, dass die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflicht, konkret: die Pflicht zur Teilnahme an der Maßnahme "IPP", rechtmäßig ist. Hiergegen bestehen keine durchgreifenden Bedenken.

Es spricht nach gegenwärtigem Stand der Ermittlungen mehr dafür als dagegen, dass dem Antragsteller die Teilnahme an der Maßnahme "IPP" zumutbar war. Die Maßnahme selber soll die Wiedereingliederung von Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben ermöglichen und führt diese über Arbeitsgelegenheiten, Qualifizierung im Bereich von Querschnittskompetenzen und begleitete Praktika in Betrieben an den Arbeitsmarkt heran. Erwerbsfähige Hilfebedürftige müssen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Hauptziel ist die soeben beschriebene (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 SGB II). Dieses Ziel ist nicht schon erreicht, wenn der Hilfebedürftige eine geringfügige Beschäftigung aufnimmt und weiter auf Arbeitslosengeld II angewiesen ist. Damit entbindet die vom Antragsteller ausgeübte Erwerbstätigkeit diesen nicht schon von der Pflicht, weitere Anstrengungen zur Überwindung seiner Hilfebedürftigkeit zu unternehmen. Die durch die Maßnahme "IPP" angestrebte Qualifizierung erscheint ohne Weiteres geeignet, Hilfebedürftige auf reguläre Vollzeitarbeitsverhältnisse vorzubereiten. Im Gegensatz dazu ist nicht ersichtlich, inwiefern die vom Antragsteller ausgeübte Erwerbstätigkeit seine Chancen auf ein reguläres Arbeitsverhältnis verbessern kann. Zwar mindert der Antragsteller tatsächlich durch diese Erwerbstätigkeit seine Bedürftigkeit. Sie tut dies allerdings nur in geringem Maße und eben ohne Aussicht auf weitere Verringerung der Bedürftigkeit. Würde die Ausübung einer geringfügig entlohnten Beschäftigung generell die Pflicht zu weiteren Bemühungen ausschließen, so könnte der Hilfebedürftige sich gezielt der gesetzlich gewollten Aktivierung ("Grundsatz des Forderns", vgl. Überschrift zu § 2 SGB II) entziehen.

Dabei muss im Eilverfahren nicht entschieden werden, ob die Teilnahme an einer Maßnahme einer geringfügig entlohnten Beschäftigung vorgeht. Denn jedenfalls im vorliegenden Fall spricht viel dafür, dass die Erwerbstätigkeit und die zumindest teilweise Teilnahme an der Maßnahme "IPP" möglich war. Sowohl der Maßnahmeträger als auch die Antragsgegnerin haben diese Möglichkeit nach ihrem glaubhaften Vortrag ausdrücklich bejaht und dem Antragsteller auch mitgeteilt. Umgekehrt ist nicht ersichtlich, dass es für den Antragsteller unzumutbar war, neben der Erwerbstätigkeit in vermindertem Umfang auch an der Maßnahme teilzunehmen. Der Antragsteller hat die Frage nach dem konkreten Zeitaufwand für die An- und Abfahrt nicht beantwortet und stattdessen lediglich Busfahrpläne übersandt. Damit allein kann der tatsächliche Zeitaufwand aber nicht sicher beurteilt werden. Die Frage wird im Hauptsacheverfahren zu klären sein. Im Rahmen der Beweisaufnahme wird dort auch zu klären sein, um welche "Erntehelfertätigkeit" es sich genau handelt und wie die speziellen Arbeitszeiten des Antragstellers (zwei Stunden zur Mittagszeit) begründet sind.

Aus den gleichen Erwägungen kann nicht vom Vorliegen eines wichtigen Grundes für den Abbruch im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II ausgegangen werden. Für die für die Sanktion vom 26.10.2007 relevanten Fehlzeiten (10.-14.09.2007 und 01.10.-04.10.2007) liegen auch keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor. Der Behauptung des Antragstellers, er sei ab dem 24.09.2007 beurlaubt gewesen, steht die Bescheinigung unentschuldigter Fehltage auch nach diesem Datum durch die AWO entgegen. Als Datum des Ausscheidens aus der Maßnahme wird dort vielmehr der 13.12.2007 genannt.

Mit dem Fernbleiben ohne wichtigen Grund jedenfalls vom 01.10.-04.10.2007 liegt eine weitere wiederholte Pflichtverletzung im Sinne von § 31 Abs. 3 Satz 2 SGB II vor, die eine Absenkung des gesamten Arbeitslosengeld II um 100% rechtfertigt.

Der Antragsteller fehlte sowohl vom 07.08.-15.08.2007 als auch vom 30.08.-12.09.2007. Aufgrund dessen erließ die Antragsgegnerin die Sanktionsbescheide vom 17.08.2007 und 13.09.2007, wobei mit dem ersten die Regelleistung gemäß § 31 Abs. 1 SGB II um 30% und mit dem zweiten die Regelleistung wegen einer "ersten" wiederholten Pflichtverletzung gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB II um 60% abgesenkt wurde. Allerdings soll Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der hier streitigen Sanktion wegen "weiterer" wiederholter Pflichtverletzung jedenfalls dann die Rechtmäßigkeit der vorangegangenen Sanktionen sein, wenn diese angefochten wurden (vgl. Söhngen, in: jurisPK-SGB II, 2. Aufl., 2007, § 31 Rdnr. 199), was hier mit den Widersprüchen vom 23.08. und 20.09.2007 sowie den nun anhängigen Klagen erfolgt ist. Da es in der Sache bei beiden Sanktionen aber um dieselbe Frage (Vereinbarkeit von geringfügiger Beschäftigung und Teilnahme an der Maßnahme "IPP") geht, gelten die Ausführungen zum Tatbestand der hier streitigen Sanktion entsprechend. Hinsichtlich der für die zweite Sanktion relevanten Fehltage liegen zwar zwei Bescheinigungen über Arztbesuche am 30.08. und 06.09.2007 vor. Es verbleiben aber auch hier Fehltage allein wegen Ausübung der geringfügigen Beschäftigung.

Der Beginn der entsprechenden Sanktionszeiträume liegt auch nicht länger als ein Jahr zurück. Dahinstehen kann, ob die vorangegangenen Sanktionen bereits festgestellt sein müssen (so Sozialgericht – SG – Düsseldorf, Beschluss vom 11.12.2007, S 44 AS 359/07 ER m.w.N.), denn dies war hier mit den genannten Bescheiden der Fall. Die entsprechenden Sanktionsbescheide müssen nicht bestandskräftig geworden sein (vgl. Söhngen, a.a.O., Rdnr. 198). Unstreitig erfolgten die einzelnen Pflichtverletzungen zeitlich nacheinander und nicht gleichzeitig (vgl. hierzu Rixen, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005, § 31 Rdnr. 49). Aus dem Erfordernis des Nachfolgens kann aber nicht gefolgert werden, dass eine wiederholte Pflichtverletzung im Sinne von § 31 Abs. 3 SGB II erst dann vorliegt, wenn diese nach Ablauf des vorangegangenen Sanktionszeitraumes begangen wird (so aber offenbar SG Berlin, Beschluss vom 19.01.2007, S 102 AS 10864/06 ER). Eine derartige Einschränkung ist aus dem Gesetz nicht ableitbar.

Sowohl die Sanktion vom 13.09.2007 wegen erster als auch die Sanktion vom 26.10.2007 wegen weiterer wiederholter Pflichtverletzung wäre allerdings dann rechtswidrig, wenn hier nicht von einer "wiederholten" Pflichtverletzung auszugehen wäre. Hierzu wird einerseits vertreten, dass unter einer gebotenen engen Auslegung nur Fälle erfasst sein sollen, "in denen zwischen erstmaliger und wiederholter Pflichtverletzung nach Art und Gegenstand im Kern Identität besteht (beharrliche Weigerung)" (vgl. Berlit, in: LPK-SGB II, 2. Aufl., 2007, § 31 Rdnr. 80). Genau eine solche beharrliche Weigerung dürfte hier gegeben sein. Nach der gleichen Ansicht soll aber keine Pflichtverletzung vorliegen bei "mehrfacher Verletzung ein und derselben, identischen Obliegenheit durch bloße Bekräftigung einer bereits betätigten Haltung, die in einem "Fortsetzungszusammenhang" steht" (vgl. Berlit, a.a.O., Rdnr. 81). Soweit in der Pflicht zur Teilnahme an der Maßnahme "IPP" für den gesamten Maßnahmezeitraum eine (einzige) Obliegenheit gesehen wird, könnte gleichzeitig auch dieser Fall hier gegeben sein. Dies offenbart eine gewisse Widersprüchlichkeit der dargestellten Definition. Im Fall einer länger dauernden Maßnahme wie hier würde zudem die Verhängung einer Sanktion zu Beginn der Maßnahme vor dem Hintergrund der zeitlichen Begrenzung der Sanktionierung wegen wiederholter Pflichtverletzung in § 31 Abs. 3 Satz 4 SGB II eine solche praktisch ausschließen. Nach anderer Ansicht unterfällt die wiederholte Weigerung der Teilnahme an einer Maßnahme jedenfalls bei einer "rein formalen Betrachtungsweise" dem Tatbestand von § 31 Abs. 3 SGB II. Nach dieser Ansicht soll die Sanktion aber nur dann in Betracht kommen, wenn die Zumutbarkeit der Arbeit bzw. die Rechtmäßigkeit der Eingliederungsvereinbarung gerichtlich festgestellt ist (vgl. Söhngen, a.a.O., Rdnr. 195). Sofern damit die Notwendigkeit einer vorherigen gerichtlichen Feststellung gemeint ist, lässt sich diese aus dem Gesetz nicht ableiten. Ihr steht im Gegenteil § 39 SGB II entgegen. In systematischer Hinsicht könnte gegen die Annahme einer "wiederholten" Pflichtverletzung hier sprechen, dass nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB II der Abbruch einer Maßnahme "nur" eine 30%ige Sanktion bewirkt. Insofern wäre derjenige schlechter gestellt, der ohne ausdrücklichen Abbruch – wie hier – schlicht wiederholt nicht erscheint. Auf der anderen Seite könnte der Leistungsträger nach einem (erstmaligen) Abbruch die betreffende Maßnahme erneut anbieten und dann eben bei neuerlicher Weigerung oder Abbruch eine schärfere Sanktion verhängen. Auch wenn in einer Eingliederungsvereinbarung die monatliche Vorlage einer bestimmten Zahl von Bewerbungen gefordert wird, dürfte die Nichterfüllung dieser Pflicht im Hinblick auf jeden einzelnen Monat eine einzelne (und ggf. wiederholte) Pflichtverletzung darstellen und nicht im Hinblick auf den Gültigkeitszeitraum der Eingliederungsvereinbarung insgesamt "lediglich" eine einzige Pflichtverletzung bedeuten. Gerade im Vergleich mit diesem Beispiel liegt es nahe, die sich aus der Eingliederungsvereinbarung ergebende Teilnahmepflicht als Dauerpflicht anzusehen, die sich jeden Monat erneuert und entsprechend jeden Monat aufs Neue verletzt werden kann. So ergibt sich ein Mittelweg zwischen "täglichem" Verstoß und einmaligem Verstoß bei dauerhafter Nichtteilnahme, der sich auch in Übereinstimmung bringen lässt mit der monatlich erfolgenden Zahlung des Arbeitslosengeldes II nach § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II und der immer mit dem Monatsersten beginnenden Leistungsabsenkung nach § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II. Im vorliegenden Fall erfolgte die erste Sanktion für Fehltage im August, die zweite ganz überwiegend für Fehltage im September und die hier vor allem streitige dritte Sanktion zumindest auch für Fehltage im Oktober (01.10.-04.10.2007), so dass letztere eine "weitere wiederholte" Pflichtverletzung darstellt. Die hier gefundene Lösung erscheint auch deshalb vertretbar, da sich die Hilfebedürftigen durch Einlegung von Rechtsbehelfen in hinreichender Weise gegen die Sanktionierung wegen (erstmaliger wie wiederholter) Verweigerung unzumutbarer Arbeiten bzw. Verstoß gegen rechtswidrige Eingliederungsvereinbarungen zur Wehr setzen können.

Der Antragsteller ist über die mögliche stufenweise Sanktionierung in zutreffender Weise belehrt worden. Die Belehrung muss "konkret, richtig, vollständig und verständlich" sein (vgl. Rixen, a.a.O., Rdnr. 44). Bereits die Eingliederungsvereinbarung vom 11.07.2007 enthält auf Seite 2 eine solche Belehrung. Der Hilfebedürftige wird darin unmittelbar angesprochen. Die Belehrung beschränkt sich nicht auf die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.04.2006, L 7 AS 1196/06 ER – B). Mit seiner Unterschrift bestätigte der Antragsteller den Erhalt der Eingliederungsvereinbarung. Weitere Belehrungen waren in den Sanktionsbescheiden vom 17.08., 28.08. und 13.09.2007 enthalten. Dabei wurde jeweils auf die nächste drohende Sanktionsstufe (vgl. § 31 Abs. 3 SGB II) hingewiesen.

Die Antragsgegnerin hat entsprechend § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II die sanktionsweise Absenkung ab dem Monat (November) vorgenommen, der auf den Monat des Wirksamwerdens des Absenkungsbescheides (Oktober) folgte. Der Bescheid vom 26.10.2007 ist gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X am 29.10.2007 wirksam geworden. Die Absenkung erfolgte schließlich entsprechend § 31 Abs. 6 Satz 2 SGB II für drei Monate.

Ein Verstoß der Sanktionsfolge des vollständigen Leistungswegfalls gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (so Berlit, a.a.O., Rdnr. 91) ist nicht gegeben. Die maximale Sanktionsfolge tritt erst nach zwei vorangegangenen Sanktionen ein, die eine hinreichende Warnfunktion haben. Zudem besteht die Möglichkeit, nach § 31 Abs. 3 Satz 5 SGB II die Sanktionshöhe unter bestimmten Bedingungen zu reduzieren und nach § 31 Abs. 3 Satz 6 SGB II Sachleistungen zu gewähren. Es ist auch nicht ersichtlich, dass unabhängig vom Verhalten des Hilfebedürftigen ein völliger Ausschluss von Grundsicherungsleistungen aufgrund höherrangigen Rechts unzulässig wäre. Ein solcher Ausschluss von Leistungen kann gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II z.B. auch bei einer Person eintreten, die dem Grunde nach nach dem BaföG förderungsfähig ist, aufgrund bestimmter – und weit weniger vorwerfbarer – Umstände wie einer Überschreitung der Regelstudiendauer aber auch keine Leistungen nach dem BaföG erhält. Die Rechtsprechung zu den in § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II vorgesehenen Härtefällen ist restriktiv (vgl. Brühl/Schoch, LPK-SGB II, 2. Aufl., 2007, § 7 Rdnr. 102). Mit Blick auf § 31 SGB II stellt sich außerdem die Frage, ob die vollständige Leistungsabsenkung insbesondere im Vergleich mit der 60%igen Absenkung der Regelleistung, die auch unter Berücksichtigung des 16%igen Ansparanteils in der Regelleistung eine Kürzung auf ein Niveau unterhalb des Existenzminimums bedeutet, qualitativ anders als diese zu bewerten ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG analog.
Rechtskraft
Aus
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