Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KN 3806/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 KN 824/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung höherer Altersrente unter Berücksichtigung der Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 als Pflichtbeitragszeit.
Der 1937 geborene Kläger stellte bei der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte am 9. April 2002 einen Antrag auf Kontenklärung und Erteilung einer Rentenauskunft. Im Rahmen dieses Verfahrens legte er unter anderem eine Bescheinigung der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) B. vom 11. März 2003 vor, in der eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung für die Zeit vom 1. März 1971 bis 20. Februar 1976 betreffend eine Tätigkeit als Eisenanstreicher bestätigt wird. Am 17. Juli 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten Regelaltersrente. In der Anlage zum Rentenantrag gab er an, in der Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 für die Firma P., E., Niederlassung B., tätig gewesen zu sein. Mit Rentenbescheid vom 25. Oktober 2002 gewährte die Beklagte dem Kläger ab 1. September 2002 Regelaltersrente in Höhe von 782,29 EUR monatlich. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 26. November 2002 Widerspruch und trug zur Begründung vor, die Beklagte habe zu Unrecht die Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 unberücksichtigt gelassen. Zum Nachweis hierfür legte der Kläger ein Führungszeugnis der Firma P. GmbH vom 30. September 1979 betreffend eine Beschäftigung in der Zeit vom 1. März 1971 bis 30. Juli 1979 und eine für die Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 die Ausübung einer rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit bestätigenden Bescheinigung der Firma P. R. GmbH (P.) vom 30. Mai 2003 vor. Die AOK B. bestätigte mit Schreiben vom 17.Juli 2003 für den genannten Zeitraum (erneut) nur das Vorliegen einer Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Auf Nachfrage der Beklagten erklärte die Firma P., die Bescheinigung vom 30. Mai 2003 sei aufgrund glaubwürdiger Aussagen des ehemaligen Leiters der damaligen Niederlassung B. und eines ehemaligen Kollegen des Klägers erstellt worden. Unterlagen aus dieser Zeit seien nicht mehr vorhanden. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit seiner am 26. November 2003 beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und die Vernehmung von Frau H., die seinerzeit als Sekretärin für das Personalwesen zuständig gewesen sei, als Zeugin beantragt. Die Beklagte ist der Klage und einer Zeugenvernehmung entgegengetreten; der erforderliche Nachweis einer Beitragsentrichtung könne durch eine Zeugenvernehmung nicht erbracht werden. Das SG hat die vom Kläger benannte Zeugin schriftlich vernommen; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 21/22 und 25/26 der Klageakten des SG Bezug genommen. Mit Urteil vom 27. Januar 2005 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Rentenbescheids verurteilt, die Rente unter Berücksichtigung der Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 als Beitragszeit von Beginn an neu festzustellen.
Gegen das ihr am 16. Februar 2005 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25. Februar 2005 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Sie trägt vor, der Kläger habe eine Beitragsentrichtung für die Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 nicht nachweisen können. Das SG habe die Beklagte deshalb zu Unrecht zur Anerkennung weiterer Beitragszeiten verurteilt. Wegen des weiteren Vortrags der Beklagten im Einzelnen wird auf Bl. 1 bis 6, 22/23, 27, 29/30 und 36der Berufungsakte des Senats verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Januar 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des SG für zutreffend.
Der Senat hat von der AOK B. eine Kopie der mikroverfilmten Leistungskarte beigezogen.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (65 150837 W 018), die Klageakte des SG (S 2 KN 3806/03) und die Berufungsakte des Senats (L 13 KN 824/05) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Sie ist statthaft, da Berufungsbeschränkungen nicht vorliegen (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG) und auch sonst zulässig, da sie unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt wurde. Die Berufung ist jedoch nicht begründet; das SG hat zu Recht der Klage stattgegeben. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der Rentenbescheid vom 25. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. November 2003. Dieser erweist sich als rechtswidrig und den Kläger in subjektiven Rechten verletzend, soweit die Beklagte die Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 nicht als Pflichtbeitragszeit anerkannt hat. Der Kläger hat deshalb Anspruch auf Neuberechnung der Altersrente unter Berücksichtigung dieser Zeit als Beitragszeit.
Vor der Einführung des Beitragsmeldeverfahrens zum 1. Januar 1973 diente die Versicherungskarte zum Nachweis der durch Abführung an eine Einzugstelle entrichteten Beiträge (§§ 1411 Abs. 1 der Reichtsversicherungsordnung (RVO), 133 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG)). Die Versicherungskarte war bei den Ausgabestellen im Sinne der §§ 1414 RVO, 136 AVG in eine neue Versicherungskarte umzutauschen, wenn die für die Entgeltbescheinigung oder Beitragsmarken vorgesehenen Felder gefüllt waren; sie sollte spätestens binnen 3 Jahren nach dem Tag der Ausstellung umgetauscht werden (§§ 1412 Abs. 1 RVO, 134 Abs. 1 AVG). Für die umgetauschte Versicherungskarte erhielt der Versicherte eine Aufrechungsbescheinigung (§ 1412 Abs. 2 RVO, 134 Abs. 2 AVG; vgl. zum Ganzen LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. November 2001 - L 8 RA 28/99 - veröffentlicht in Juris). Für den streitigen Zeitraum liegt weder eine die Abführung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung bestätigende Versicherungskarte noch eine Aufrechnungsbescheinigung vor.
Eine Anerkennung bzw. rentensteigernde Berücksichtigung der streitigen Zeiten kommt deshalb allein nach Maßgabe des § 286 Abs. 5 und 6 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung in Betracht. Danach ist eine Beschäftigungszeit als Beitragszeit anzuerkennen, wenn Versicherte für Zeiten vor dem 1. Januar 1973 glaubhaft machen, dass sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt haben, die vor dem Ausstellungstag der Versicherungskarte liegt oder nicht auf der Karte bescheinigt ist, und für diese Beschäftigung entsprechende Beiträge gezahlt worden sind (§ 286 Abs. 5 SGB VI). § 203 Abs. 2 gilt für Zeiten vor dem 1. Januar 1973 mit der Maßgabe, dass es eine Eintragung in die Versicherungskarte nicht bedarf (§ 286 Abs. 6 SGB VI). Für die Anerkennung einer Beitragszeit nach § 286 Abs. 5 SGB VI genügt es, wenn die versicherungspflichtige Beschäftigung glaubhaft gemacht wird, was sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt. Dagegen wird in Abs. 6, der auf § 203 Abs. 2 SGB VI verweist, nach wohl einhelliger Meinung für die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ein höherer Beweisgrad verlangt, nämlich dass das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung feststeht, also nachgewiesen und nicht nur glaubhaft gemacht ist (vgl. Eicher/Haase/Rauschenbach, SGB VI, § 203 Anm. 4; Verbandskomm. SGB VI, § 203 Rn 13; Kasseler Kommentar, SGB VI, § 286 Rn 21; Hauck/Haines, SGB VI, K § 203 Rn 12 und K § 286 Rn 24). Der weitere Unterschied zwischen Abs. 5 und Abs. 6 des § 286 SGB VI besteht darin, dass nach Abs. 5 die Glaubhaftmachung der tatsächlichen Zahlung (Abführung) der Beiträge erforderlich ist, während nach Abs. 6 die Glaubhaftmachung des Abzugs (Einbehaltung) des Arbeitnehmeranteils vom Arbeitsentgelt genügt (LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O.).
Zur vollen Überzeugung des Senats liegen im Fall des Klägers die Anspruchsvoraussetzungen nach § 286 Abs. 5 SGB VI vor. Der Kläger hat glaubhaft gemacht, dass er in der Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 eine versicherungspflichtige Beschäftigung bei der Firma P. GmbH gegen Arbeitsentgelt ausgeübt hat und dass für diese Beschäftigung entsprechende Beiträge gezahlt worden sind. Der Senat schließt sich hierbei zunächst den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Urteils vom 27. Januar 2005 an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Beklagte vermag mit ihren Einwänden gegen das Urteil des SG nicht durchzudringen. Soweit sie für erforderlich hält, die Möglichkeit einer unterbliebenen Beitragsleistung müsse vom Kläger widerlegt werden, verkennt sie das Wesen der Glaubhaftmachung und fordert letztlich einen für die Anerkennung von Beitragszeiten nach § 286 Abs. 5 SGB VI nicht erforderlichen Vollbeweis. Es genügt jedoch, wenn - neben dem Bestehen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung - (auch) die Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (§ 23 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)). Glaubhaftmachung in diesem Sinn bedeutet das Dartun der guten Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen (von Wulffen, SGB X, § 23, Rdnr. 2 m.w.N.). Diesen Maßstab auf den vorliegenden Fall angewendet ist überwiegend wahrscheinlich, dass für die versicherungspflichtige Beschäftigung des Klägers in der Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 auch Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abgeführt worden sind. Dies ergibt sich, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, vor allem aus der Aussage der im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens (schriftlich) gehörten Zeugin H., an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln auch für den Senat kein Anlass besteht. Diese hat glaubhaft bekundet, dass, nachdem man ständig mit die regelmäßige Abführung von Beiträgen bestätigenden Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Sozialversicherungsträger gearbeitet habe und ihr Reklamationen bei Prüfungen durch die Krankenkassen nicht bekannt seien, auch im Fall des Klägers von der Abführung von Rentenversicherungsbeiträgen auszugehen sei. Demgegenüber sind für die von der Beklagten aufgezeigte Möglichkeit, dass Krankenversicherungsbeiträge abgeführt wurden, die Abführung von Beiträgen zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung aber vorsätzlich oder irrtümlich unterbliebenen ist, keine ausreichenden tatsächlichen Anknüpfungspunkte ersichtlich; auch der Umstand, dass ursprünglich ein Auslandseinsatz des Klägers beabsichtigt gewesen war, fällt in Relation zur Aussage der Zeugin H. und den übrigen vom SG aufgezeigten, für eine Beitragsabführung sprechenden Umständen nicht entscheidend ins Gewicht.
Darüber hinaus liegen auch die Voraussetzungen des § 286 Abs. 6 SGB VI vor, denn das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ist zur Überzeugung des Senats nicht nur glaubhaft gemacht, sondern nachgewiesen. Zunächst ergibt sich dies aus der Bescheinigung der AOK B. vom 11. März 2003, die eine krankenversicherungspflichtige Beschäftigung als Eisenanstreicher in der streitgegenständlichen Zeit bestätigt und deren Richtigkeit durch die vom Senat beigezogene Kopie der Versicherungskarte bestätigt wird. Darüber hinaus belegt das von der Firma Peininger GmbH ausgestellte Führungszeugnis, dass der Kläger in der Zeit vom 1. März 1971 bis 30. Juli 1979 bei dieser Firma abhängig beschäftigt war. Auch insoweit besteht kein tatsächlicher Anhaltspunkt für das Vorliegen einer versicherungsfreien Tätigkeit. Entscheidenden Beweiswert misst der Senat bei der Beurteilung dieser Frage zudem der Bescheinigung der Firma P. vom 30. Mai 2003 bei. Diese hat - gestützt auf Aussagen des ehemaligen Leiters der damaligen Niederlassung B. und eines ehemaligen Kollegen des Klägers - bescheinigt, dass der Kläger in der Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist.
Dem Kläger ist damit im Ergebnis eine Glaubhaftmachung der tatsächlichen Beitragsabführung bei Nachweis einer versicherungspflichtigen Beschäftigung und dementsprechend insgesamt die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 286 Abs. 5 und 286 Abs. 6 in Verbindung mit § 203 SGB VI gelungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung höherer Altersrente unter Berücksichtigung der Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 als Pflichtbeitragszeit.
Der 1937 geborene Kläger stellte bei der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte am 9. April 2002 einen Antrag auf Kontenklärung und Erteilung einer Rentenauskunft. Im Rahmen dieses Verfahrens legte er unter anderem eine Bescheinigung der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) B. vom 11. März 2003 vor, in der eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung für die Zeit vom 1. März 1971 bis 20. Februar 1976 betreffend eine Tätigkeit als Eisenanstreicher bestätigt wird. Am 17. Juli 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten Regelaltersrente. In der Anlage zum Rentenantrag gab er an, in der Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 für die Firma P., E., Niederlassung B., tätig gewesen zu sein. Mit Rentenbescheid vom 25. Oktober 2002 gewährte die Beklagte dem Kläger ab 1. September 2002 Regelaltersrente in Höhe von 782,29 EUR monatlich. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 26. November 2002 Widerspruch und trug zur Begründung vor, die Beklagte habe zu Unrecht die Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 unberücksichtigt gelassen. Zum Nachweis hierfür legte der Kläger ein Führungszeugnis der Firma P. GmbH vom 30. September 1979 betreffend eine Beschäftigung in der Zeit vom 1. März 1971 bis 30. Juli 1979 und eine für die Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 die Ausübung einer rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit bestätigenden Bescheinigung der Firma P. R. GmbH (P.) vom 30. Mai 2003 vor. Die AOK B. bestätigte mit Schreiben vom 17.Juli 2003 für den genannten Zeitraum (erneut) nur das Vorliegen einer Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Auf Nachfrage der Beklagten erklärte die Firma P., die Bescheinigung vom 30. Mai 2003 sei aufgrund glaubwürdiger Aussagen des ehemaligen Leiters der damaligen Niederlassung B. und eines ehemaligen Kollegen des Klägers erstellt worden. Unterlagen aus dieser Zeit seien nicht mehr vorhanden. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit seiner am 26. November 2003 beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und die Vernehmung von Frau H., die seinerzeit als Sekretärin für das Personalwesen zuständig gewesen sei, als Zeugin beantragt. Die Beklagte ist der Klage und einer Zeugenvernehmung entgegengetreten; der erforderliche Nachweis einer Beitragsentrichtung könne durch eine Zeugenvernehmung nicht erbracht werden. Das SG hat die vom Kläger benannte Zeugin schriftlich vernommen; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 21/22 und 25/26 der Klageakten des SG Bezug genommen. Mit Urteil vom 27. Januar 2005 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Rentenbescheids verurteilt, die Rente unter Berücksichtigung der Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 als Beitragszeit von Beginn an neu festzustellen.
Gegen das ihr am 16. Februar 2005 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat die Beklagte am 25. Februar 2005 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Sie trägt vor, der Kläger habe eine Beitragsentrichtung für die Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 nicht nachweisen können. Das SG habe die Beklagte deshalb zu Unrecht zur Anerkennung weiterer Beitragszeiten verurteilt. Wegen des weiteren Vortrags der Beklagten im Einzelnen wird auf Bl. 1 bis 6, 22/23, 27, 29/30 und 36der Berufungsakte des Senats verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Januar 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des SG für zutreffend.
Der Senat hat von der AOK B. eine Kopie der mikroverfilmten Leistungskarte beigezogen.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (65 150837 W 018), die Klageakte des SG (S 2 KN 3806/03) und die Berufungsakte des Senats (L 13 KN 824/05) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Sie ist statthaft, da Berufungsbeschränkungen nicht vorliegen (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG) und auch sonst zulässig, da sie unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt wurde. Die Berufung ist jedoch nicht begründet; das SG hat zu Recht der Klage stattgegeben. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der Rentenbescheid vom 25. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. November 2003. Dieser erweist sich als rechtswidrig und den Kläger in subjektiven Rechten verletzend, soweit die Beklagte die Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 nicht als Pflichtbeitragszeit anerkannt hat. Der Kläger hat deshalb Anspruch auf Neuberechnung der Altersrente unter Berücksichtigung dieser Zeit als Beitragszeit.
Vor der Einführung des Beitragsmeldeverfahrens zum 1. Januar 1973 diente die Versicherungskarte zum Nachweis der durch Abführung an eine Einzugstelle entrichteten Beiträge (§§ 1411 Abs. 1 der Reichtsversicherungsordnung (RVO), 133 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG)). Die Versicherungskarte war bei den Ausgabestellen im Sinne der §§ 1414 RVO, 136 AVG in eine neue Versicherungskarte umzutauschen, wenn die für die Entgeltbescheinigung oder Beitragsmarken vorgesehenen Felder gefüllt waren; sie sollte spätestens binnen 3 Jahren nach dem Tag der Ausstellung umgetauscht werden (§§ 1412 Abs. 1 RVO, 134 Abs. 1 AVG). Für die umgetauschte Versicherungskarte erhielt der Versicherte eine Aufrechungsbescheinigung (§ 1412 Abs. 2 RVO, 134 Abs. 2 AVG; vgl. zum Ganzen LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. November 2001 - L 8 RA 28/99 - veröffentlicht in Juris). Für den streitigen Zeitraum liegt weder eine die Abführung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung bestätigende Versicherungskarte noch eine Aufrechnungsbescheinigung vor.
Eine Anerkennung bzw. rentensteigernde Berücksichtigung der streitigen Zeiten kommt deshalb allein nach Maßgabe des § 286 Abs. 5 und 6 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung in Betracht. Danach ist eine Beschäftigungszeit als Beitragszeit anzuerkennen, wenn Versicherte für Zeiten vor dem 1. Januar 1973 glaubhaft machen, dass sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt haben, die vor dem Ausstellungstag der Versicherungskarte liegt oder nicht auf der Karte bescheinigt ist, und für diese Beschäftigung entsprechende Beiträge gezahlt worden sind (§ 286 Abs. 5 SGB VI). § 203 Abs. 2 gilt für Zeiten vor dem 1. Januar 1973 mit der Maßgabe, dass es eine Eintragung in die Versicherungskarte nicht bedarf (§ 286 Abs. 6 SGB VI). Für die Anerkennung einer Beitragszeit nach § 286 Abs. 5 SGB VI genügt es, wenn die versicherungspflichtige Beschäftigung glaubhaft gemacht wird, was sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt. Dagegen wird in Abs. 6, der auf § 203 Abs. 2 SGB VI verweist, nach wohl einhelliger Meinung für die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ein höherer Beweisgrad verlangt, nämlich dass das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung feststeht, also nachgewiesen und nicht nur glaubhaft gemacht ist (vgl. Eicher/Haase/Rauschenbach, SGB VI, § 203 Anm. 4; Verbandskomm. SGB VI, § 203 Rn 13; Kasseler Kommentar, SGB VI, § 286 Rn 21; Hauck/Haines, SGB VI, K § 203 Rn 12 und K § 286 Rn 24). Der weitere Unterschied zwischen Abs. 5 und Abs. 6 des § 286 SGB VI besteht darin, dass nach Abs. 5 die Glaubhaftmachung der tatsächlichen Zahlung (Abführung) der Beiträge erforderlich ist, während nach Abs. 6 die Glaubhaftmachung des Abzugs (Einbehaltung) des Arbeitnehmeranteils vom Arbeitsentgelt genügt (LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O.).
Zur vollen Überzeugung des Senats liegen im Fall des Klägers die Anspruchsvoraussetzungen nach § 286 Abs. 5 SGB VI vor. Der Kläger hat glaubhaft gemacht, dass er in der Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 eine versicherungspflichtige Beschäftigung bei der Firma P. GmbH gegen Arbeitsentgelt ausgeübt hat und dass für diese Beschäftigung entsprechende Beiträge gezahlt worden sind. Der Senat schließt sich hierbei zunächst den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Urteils vom 27. Januar 2005 an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Beklagte vermag mit ihren Einwänden gegen das Urteil des SG nicht durchzudringen. Soweit sie für erforderlich hält, die Möglichkeit einer unterbliebenen Beitragsleistung müsse vom Kläger widerlegt werden, verkennt sie das Wesen der Glaubhaftmachung und fordert letztlich einen für die Anerkennung von Beitragszeiten nach § 286 Abs. 5 SGB VI nicht erforderlichen Vollbeweis. Es genügt jedoch, wenn - neben dem Bestehen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung - (auch) die Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (§ 23 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)). Glaubhaftmachung in diesem Sinn bedeutet das Dartun der guten Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen (von Wulffen, SGB X, § 23, Rdnr. 2 m.w.N.). Diesen Maßstab auf den vorliegenden Fall angewendet ist überwiegend wahrscheinlich, dass für die versicherungspflichtige Beschäftigung des Klägers in der Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 auch Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abgeführt worden sind. Dies ergibt sich, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, vor allem aus der Aussage der im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens (schriftlich) gehörten Zeugin H., an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln auch für den Senat kein Anlass besteht. Diese hat glaubhaft bekundet, dass, nachdem man ständig mit die regelmäßige Abführung von Beiträgen bestätigenden Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Sozialversicherungsträger gearbeitet habe und ihr Reklamationen bei Prüfungen durch die Krankenkassen nicht bekannt seien, auch im Fall des Klägers von der Abführung von Rentenversicherungsbeiträgen auszugehen sei. Demgegenüber sind für die von der Beklagten aufgezeigte Möglichkeit, dass Krankenversicherungsbeiträge abgeführt wurden, die Abführung von Beiträgen zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung aber vorsätzlich oder irrtümlich unterbliebenen ist, keine ausreichenden tatsächlichen Anknüpfungspunkte ersichtlich; auch der Umstand, dass ursprünglich ein Auslandseinsatz des Klägers beabsichtigt gewesen war, fällt in Relation zur Aussage der Zeugin H. und den übrigen vom SG aufgezeigten, für eine Beitragsabführung sprechenden Umständen nicht entscheidend ins Gewicht.
Darüber hinaus liegen auch die Voraussetzungen des § 286 Abs. 6 SGB VI vor, denn das Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ist zur Überzeugung des Senats nicht nur glaubhaft gemacht, sondern nachgewiesen. Zunächst ergibt sich dies aus der Bescheinigung der AOK B. vom 11. März 2003, die eine krankenversicherungspflichtige Beschäftigung als Eisenanstreicher in der streitgegenständlichen Zeit bestätigt und deren Richtigkeit durch die vom Senat beigezogene Kopie der Versicherungskarte bestätigt wird. Darüber hinaus belegt das von der Firma Peininger GmbH ausgestellte Führungszeugnis, dass der Kläger in der Zeit vom 1. März 1971 bis 30. Juli 1979 bei dieser Firma abhängig beschäftigt war. Auch insoweit besteht kein tatsächlicher Anhaltspunkt für das Vorliegen einer versicherungsfreien Tätigkeit. Entscheidenden Beweiswert misst der Senat bei der Beurteilung dieser Frage zudem der Bescheinigung der Firma P. vom 30. Mai 2003 bei. Diese hat - gestützt auf Aussagen des ehemaligen Leiters der damaligen Niederlassung B. und eines ehemaligen Kollegen des Klägers - bescheinigt, dass der Kläger in der Zeit vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1972 einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist.
Dem Kläger ist damit im Ergebnis eine Glaubhaftmachung der tatsächlichen Beitragsabführung bei Nachweis einer versicherungspflichtigen Beschäftigung und dementsprechend insgesamt die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 286 Abs. 5 und 286 Abs. 6 in Verbindung mit § 203 SGB VI gelungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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