L 10 U 3898/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 4367/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 3898/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 08.05.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er am 16.05.2006 einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Der am 1952 geborene Kläger tunesischer Staatsangehörigkeit war ab 10.05.2006 im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung (so genannter Ein-Euro-Job) gem. § 16 Abs. 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bei der Stadt S. eingesetzt.

Am 16.05.2006 war er mit zwei weiteren Beschäftigten (der Zeugin J. P. und dem Zeugen R. Sch. ) zur Pflege einer städtischen Grünanlage im Bereich Hauptstraße/Obere Straße in S. tätig. Dort befindet sich eine Tiefgarage, deren Dach mit einer Rasenfläche begrünt ist und in der Rasenfläche ein mit vier Gitterrostelementen (je 150 cm x 80 cm) gesicherter Lichtschacht. Gegen 9:00 Uhr stürzte der Kläger durch diesen Lichtschacht in die Tiefgarage, nachdem er eines der Gitterrostelemente angehoben hatte und auf das darunterliegende, nicht tragfähige Laubauffanggitter getreten war. Er zog sich hierbei eine Mehrfragmentfraktur des rechten Oberschenkels, eine Schädelprellung, Schürfwunden und eine Thoraxprellung zu (Durchgangsarztbericht Dr. F. ).

In der daraufhin erstatteten Unfallanzeige gab die Stadtverwaltung S. an, der Kläger sei am Unfalltag beauftragt gewesen, in den an der Straße liegenden Beeten Unkraut zu jäten. Er habe den Sicherheitsrost auf der Tiefgarage mit Gewalt entfernt, um ein Geldstück aus dem Schacht zu holen. Mit Bescheid vom 17.07.2006 lehnte die Beklagte die Feststellung eines Arbeitsunfalls ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, zu dem Sturz sei es gekommen, als er im Rahmen von Reinigungsarbeiten das Lichtschachtgitter entfernt habe, um darunter liegendes Laub und nicht etwa ein Geldstück zu entfernen, wies die Beklagte nach Einholung einer Stellungnahme der Stadt S. (der Kläger sei nicht mit Reinigungsarbeiten am Lichtschacht, sondern mit dem Entfernen von Unkraut in Pflanzflächen beauftragt gewesen; zu dem Unfall sei es gekommen, weil der Kläger das Gitter eigenmächtig entfernt habe, um an ein darunter auf dem Laubfanggitter liegendes Geldstück zu gelangen und beim Versuch, das Gitter wieder einzusetzen, auf das nicht tragfähige Laubfanggitter getreten sei) und Beiziehung eines Aktenvermerks des Polizeipostens S. (Aktenzeichen 448/06-VA2: Der Unfall habe sich ereignet, nachdem der Kläger das Gitter entfernt habe, um an eine darunter liegende 20-Cent-Münze zu gelangen und beim Versuch, das Gitter wieder einzusetzen, vermutlich auf das Auffanggitter getreten sei, das nachgegeben habe; Zeugin: J. P. ) mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2006 zurück.

Der Kläger hat am 24.11.2006 zum Sozialgericht Heilbronn Klage erhoben und geltend gemacht, er sei am Unfalltag damit beauftragt gewesen, das Parkdeck sauber zu machen. Dabei habe er entdeckt, dass um die Lichtschächte jede Menge Unkraut vorhanden gewesen sei, insbesondere sich dort auch Rasenstücke angesammelt hätten. Zur Reinigung der Lichtschachtgitter habe er den oberen, ungesicherten Rost geöffnet, ein 20-Cent-Stück habe er nicht gesehen und auch keines aufheben wollen. Als er auf das darunter liegende Auffanggitter getreten sei, sei er in die Tiefgarage gestürzt.

Den vom Sozialgericht beigezogenen Akten des Polizeipostens S. (Aktenzeichen 448/06-VA2) mit Lichtbildern des Unfallortes (Blatt 32-37 der Sozialgerichtsakten) hat Polizeihauptmeister Ehrlich ein Schreiben der Pflegeeltern der Zeugin J. P. an den Bevollmächtigten des Klägers beigefügt. Darin wird ausgeführt, der Kläger habe den Gitterrost entfernt, um ein darunterliegendes Geldstück herauszuholen. Des Weiteren hat das Sozialgericht von der Stadt S. die schriftliche Vereinbarung zum berufspraktischen Einsatz beigezogen (Arbeitsinhalte/ Tätigkeiten: "Landschaftsgärtnerische Tätigkeiten, wie Baum- und Strauchschnitt, allgemeine Hilfsarbeiten") und in der mündlichen Verhandlung vom 08.05.2007 J. P. , R. Sch. und W. H. als Zeugen vernommen. Die Zeugin P. hat angegeben, Arbeitsauftrag an diesem Tag sei gewesen, das Gras bzw. Unkraut zwischen den Mauern und Pflastersteinen zu entfernen. Sie habe ganz in der Nähe (Entfernung von weniger als 10-15 Meter) des Klägers gearbeitet und den Kläger sagen hören, dass in dem Lichtschacht Geld liege. Der Kläger habe dann das Gitter geöffnet. Nachdem er das Geldstück herausgeholt gehabt habe, sei der Schacht nicht mehr richtig zugegangen, wahrscheinlich, weil Dreck darin gelegen habe. Beim Versuch diesen zu beseitigen, sei der Kläger durch den Lichtschacht gefallen. Der Zeuge Sch. hat erklärt, der "Capo" habe gesagt, dass an diesem Tag die Tiefgarage gefegt, das Gras rausgerupft und der Boden und die Mauer sauber gemacht werden sollten. Von dem Lichtschacht sei keine Rede gewesen. Der Kolonnenführer, der Zeuge H. hat angegeben, er habe in Anwesenheit des Klägers, der Zeugin P. und des Zeugen Sch. als Arbeitsanweisung angegeben, dass das Unkraut im Bereich Obere Straße/Hauptstraße entfernt werden solle. Zu den Lichtschächten bzw. Lichtschachtgittern habe er konkret nichts gesagt.

Mit Urteil vom 08.05.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Ereignis vom 16.05.2006 sei kein Arbeitsunfall. Der Kläger habe nach der glaubhaften Aussage der Zeugin P. den Lichtschacht geöffnet, um ein darin liegendes Geldstück an sich zu nehmen und sei anschließend bei dem Versuch, diesen wieder zu schließen, nach unten gestürzt. Hierbei habe es sich um eine selbst geschaffene Gefahr im Zusammenhang mit einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit gehandelt, die nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sei.

Gegen das am 19.07.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.08.2007 Berufung eingelegt. Er macht geltend, er habe im Lichtschacht kein Geldstück liegen sehen, welches er hätte aufheben können bzw. wollen. Die Beweiswürdigung des Sozialgerichts sei einseitig zu seinen Lasten erfolgt. Der vom Gericht in seiner Urteilsbegründung angenommene Sachverhalt lasse sich weder auf seine Aussagen noch auf die der Zeugin P. stützen. Außerdem werde die Glaubwürdigkeit der Zeugin P. ohne nachvollziehbare Begründung angenommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 08.05.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 17.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.2006 aufzuheben und das Ereignis vom 16.05.2006 als Arbeitsunfall festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte macht geltend, durch die Aussage der Zeugin P. sei das eigenwirtschaftliche Handeln des Klägers zum Unfallzeitpunkt eindeutig bestätigt worden. Die Aussagen der Zeugen Sch. und H. machten deutlich, dass es keine Anweisung gegeben habe, die Lichtschächte zu reinigen. Erst das eigenwirtschaftliche Handeln des Klägers in Form des Öffnens des Gitters, um das Geld an sich zu nehmen, habe zu dem Unfall geführt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil es sich bei dem Ereignis vom 16.05.2005 nicht um einen Arbeitsunfall handelt.

Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).

Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, war der Kläger während seiner Tätigkeit im Rahmen der Arbeitsgelegenheit bei der Stadt S. nach § 16 Abs. 3 SGB II Versicherter im Sinne des § 2 SGB VII. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob die Versicherteneigenschaft aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII (so Ricke in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 2 SGB VII Rdnr. 6) oder aus § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII (so Voelzke in Hauck-Noftz, Kommentar Sozialgesetzbuch - SGB II, § 16 Rdnr. 449) folgt, da sich hierdurch weder Unterschiede im Umfang des Versicherungsschutzes noch bezüglich des zuständigen Versicherungsträgers ergeben.

Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist erforderlich (hierzu und zum Nachfolgenden BSG Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 5/04 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 4 m.w.N.), dass das Verhalten des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Es muss eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Entscheidend für die Beurteilung, ob eine bestimmte Handlung in einem solchen rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit dem Kernbereich der versicherten Tätigkeit steht, ist die Gesamtheit aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalls. Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund. Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versi¬cherten.

Die für den Versicherungsschutz notwendige Handlungstendenz kommt in dem von der Recht¬sprechung verwendeten Begriff der dem Unternehmen "dienlichen", "dienenden" oder "zu die¬nen bestimmten" Tätigkeit zum Ausdruck. Die Tätigkeit muss mit einer fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung und nicht zur Verfolgung eigener Angelegenheiten, so genannter eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten, erfolgen. Von der Handlungstendenz ist der subjektive Beweggrund, das heißt die persönliche Motivation für die Tätigkeit, abzugrenzen. Die Annahme einer auf die Belange des Unternehmens gerichteten Handlungstendenz setzt entsprechend voraus, dass anhand objektiver Kriterien ein nachvoll¬ziehbarer Zusammenhang mit dem Unternehmen anzunehmen ist. Wie bei allen anderen Zurechnungsentscheidungen sind für die Beurteilung des Unfallversicherungsschutzes alle Umstände des Einzelfalls und das sich daraus ergebende Gesamtbild in Betracht zu ziehen. Zu berücksichtigen sind insbesondere die Organisation des Unternehmens einerseits und die Einordnung der Gesamttätigkeit des in diesem Unternehmen wie ein Beschäftigter Tätigen andererseits. Weiter sind Umfang und Zeitdauer der verrichteten bzw. vorgesehenen Tätigkeit(en) zu berücksichtigen.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Dies gilt auch für den inneren Zusammenhang und damit die Handlungstendenz (BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 24/84 in SozR 2200 § 548 Nr. 70).

Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Damit trifft vorliegend - entgegen der Auffassung des Klägers - diesen die Beweislast für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls und das Bestehen eines inneren Zusammenhangs zwischen der unfallbringenden und der versicherten Tätigkeit. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von dem Kläger zitierten Entscheidung des BSG vom 26.10.2004 (B 2 U 24/03 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 9), denn danach trifft die Beklagte die objektive Beweislast für eine Unterbrechung der versicherten Tätigkeit zu anderen, privaten Zwecken dienenden Verrichtungen nur dann, wenn ein Versicherter unter ungeklärten Umständen an seinem Arbeitsplatz, an dem er zuletzt betriebliche Arbeit verrichtet hatte, verunglückt ist. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall, denn die Umstände, unter denen der Kläger verunglückt ist, sind geklärt. Der Unfall ereignete sich, als der Kläger, nachdem er den auf dem Lichtschacht zur Tiefgarage befindlichen Gitterrost entfernt hatte, auf das - nicht tragfähige - darunterliegende Laubauffanggitter trat. Dieser Unfallhergang ergibt sich unzweifelhaft aus den eigenen Angaben des Klägers. Klärungsbedürftig ist vorliegend somit nicht der Unfallhergang als solcher, sondern vielmehr die Handlungstendenz des Klägers, d. h., ob das Entfernen des Gitterrosts und Steigen in den Lichtschacht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, weil der Kläger hierbei eine der Stadt S. dienende Tätigkeit oder aber vielmehr eine eigenwirtschaftliche, privaten Zwecken dienende Tätigkeit ausüben wollte. Letztlich kann die Frage der Beweislast allerdings dahingestellt bleiben, denn auch nach Überzeugung des Senats ist nachgewiesen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Vorgang um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit des Klägers gehandelt hat.

Aufgabenbereich des Klägers im Rahmen der Arbeitsgelegenheit bei der Stadt S. war nach der zwischen dem Kläger und der Stadt S. getroffenen schriftlichen Vereinbarung zum berufspraktischen Einsatz die Ausführung landschaftsgärtnerischer Tätigkeiten wie Baum- und Strauchschnitt und allgemeine Hilfsarbeiten. Für den Unfalltag hatte der zuständige Kolonnenführer H. - so dessen Angaben als Zeuge im erstinstanzlichen Verfahren - gegenüber dem Kläger sowie den weiteren, am Unfalltag zusammen mit dem Kläger beschäftigten Arbeitern J. P. und R. Sch. den Auftrag erteilt, das Unkraut im Bereich Obere Straße/Hauptstraße zu entfernen. Diese Aussage hat der Kläger durch seine eigenen Angaben im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht bestätigt, denn er hat angegeben, dass im Bauhof gesagt worden sei: "Ihr geht Unkraut machen". Dass eine dementsprechende Arbeitsanweisung erteilt worden war, ergibt sich auch aus den Aussagen der Zeugin P. und des Zeugen Sch ... Die Zeugin P. hat bei ihrer Vernehmung angegeben, Auftrag an diesem Tag sei gewesen, das Gras bzw. Unkraut zwischen den Mauern und Pflastersteinen zu entfernen. Der Zeuge Sch. hat angegeben, der "Capo" habe gesagt, dass die Tiefgarage gefegt, das Gras rausgerupft und der Boden und die Mauer sauber gemacht werden sollten. Zu den Lichtschachtgittern wurde - so der Zeuge H. - konkret nichts gesagt. Eine Arbeitsanweisung, die Lichtschachtgitter zu entfernen und die Lichtschächte zu reinigen, wurde somit nicht erteilt. Dies hat der Kläger auch nicht behauptet. Seine Angaben, weshalb er das Gitter entfernt hat, sind insgesamt widersprüchlich und nicht geeignet, einen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit zu belegen. So hat er zunächst gegenüber der Beklagten angegeben, er habe das Gitter entfernt, um darunter liegendes Laub zu entfernen (Bl. 22 der Verwaltungsakte). Dagegen hat er im Klageverfahren vorgetragen, er habe im Laufe der Arbeiten entdeckt, dass rund um die Lichtschächte jede Menge Unkraut vorhanden gewesen sei und sich dort insbesondere Rasenstücke angesammelt hätten; er habe das Lichtschachtgitter entfernt, um Rasenreste, welche sich auf dem Auffanggitter befunden hätten, zu entfernen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Kläger sodann angegeben, das Gitter entfernt zu haben um Sand und Kies wegzumachen. Dabei hatte er - so seine eigenen Angaben - lediglich eine Hacke dabei, die allenfalls zur Entfernung von Unkraut und Gras, nicht jedoch zum Säubern des Lichtschachtes von Laub, Sand oder Kies geeignet ist.

Demgegenüber ergibt sich aus den glaubhaften Angaben der Zeugin P. , die sich zu dem Zeitpunkt, als der Kläger das Lichtschachtgitter entfernte, in nur kurzer Entfernung aufhielt, dass der Kläger das Lichtschachtgitter zu dem Zweck angehoben hatte, ein darunterliegendes Geldstück an sich zu nehmen. Dabei ist unerheblich, ob die Zeugin tatsächlich selbst ein Geldstück im Lichtschacht sah; die Handlungstendenz des Klägers ergibt sich bereits daraus, dass die Zeugin P. bei ihrer Vernehmung vor dem Sozialgericht glaubhaft angegeben hat, dass der Kläger - sinngemäß - sagte, im Lichtschacht liege Geld und er sodann das Gitter anhob. Denn daraus ergibt sich eindeutig die Handlungstendenz des Klägers zu diesem Zeitpunkt. Der Senat sieht wie das Sozialgericht keinen Anlass, an der Glaubwürdigkeit der Zeugin zu zweifeln. Die Zeugin hat keinerlei eigenes Interesse, den Hergang anders, als er sich tatsächlich ereignete zu schildern, wohingegen der Kläger ein erhebliches Interesse daran hat, einen betrieblichen Zusammenhang zu seiner Handlung herzustellen, da hieraus Entschädigungsansprüche des Klägers folgen. Die Angaben der Zeugin P. sind entgegen den eigenen Angaben des Klägers zur Handlungstendenz (Laub entfernen, Gras und Unkraut entfernen, Sand und Kieselsteine entfernen) konsistent, denn wie sich aus dem vom Polizeiposten Sachsenheim, Polizeihauptmeister Ehrlich, anlässlich der Aufnahme des Arbeitsunfalls gefertigten Aktenvermerk ergibt, wurde der Sachverhalt bereits zum damaligen Zeitpunkt dahingehend geschildert, dass der Kläger das Lichtschachtgitter entfernte, um an ein Geldstück zu gelangen. Diese Aussage hat die Zeugin P. auch mittels der schriftlichen Erklärung ihrer Pflegeeltern gegenüber dem Klägerbevollmächtigten vom 21.09.2006, also relativ zeitnah zum Unfall, wiederholt. Die Behauptung des Klägers im Berufungsverfahren, die Zeugin P. , welche er selbst im Widerspruchsverfahren noch als "einzig objektive Zeugin" bezeichnete, sei letztlich nicht glaubwürdig, weil sie den Kläger - bedingt durch dessen undeutliche Sprache (Nuscheln) - nicht habe verstehen können, wertet der Senat als Schutzbehauptung.

Insgesamt ist der Senat daher wie das Sozialgericht davon überzeugt, dass sich der Unfall ereignete, nachdem der Kläger das Lichtschachtgitter entfernt hatte, um ein darunter befindliches Geldstück an sich zu nehmen und im weiteren Verlauf in den Schacht stürzte. Dabei handelte der Kläger nicht, um seine sich im Rahmen der Arbeitsgelegenheit ergebenden Verpflichtungen (Unkraut entfernen) zu erfüllen, sondern eigenwirtschaftlich. Zwar macht der Kläger zu Recht geltend, dass es nicht bereits beim Öffnen des Gitters zu dem Sturz gekommen ist, sondern sich dieser vielmehr erst ereignete, als er auf das nicht tragfähige Auffanggitter trat. Allerdings geschah auch dies nicht im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, sondern ist dem eigenwirtschaftlichen Handeln des Kläger zuzurechnen. Denn der Kläger trat nicht auf das Auffanggitter, weil er sich etwa entschlossen hatte, den ursprünglich zum Zweck der Erlangung des Geldstücks geöffneten Lichtschacht im Interesse der Stadt S. zu reinigen, sondern nur deshalb weil - so die Zeugin P. - sich das Gitter nicht mehr schließen ließ und der Kläger möglicherweise den im Weg liegenden Dreck beseitigen wollte.

Der Kläger hat somit die versicherte Tätigkeit zu privaten Zwecken unterbrochen. Hierbei unterscheidet die ständige Rechtsprechung des BSG zwischen erheblichen und unerheblichen Unterbrechungen (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 11/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 14). Während einer privaten Zwecken dienenden, erheblichen Unterbrechung besteht kein Versicherungsschutz. Eine unerheblichen Unterbrechung, bei welcher der Versicherungsschutz fortbesteht, liegt hingegen vor, wenn die Unterbrechung zeitlich und räumlich nur ganz geringfügig ist und einer Verrichtung dient, die "im Vorbeigehen" und "ganz nebenher" erledigt wird. Sie darf nach natürlicher Betrachtungsweise und in Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalles nur zu einer geringfügigen, tatsächlichen Unterbrechung der versicherten Verrichtung geführt haben, wie beispielsweise das Betrachten eines Schaufensters oder der Kauf einer Zeitung an einem Kiosk während eines zu Fuß zurückgelegten versicherten Weges, ohne diesen zu verlassen oder beim Anzünden einer Zigarette am Arbeitsplatz. Die Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes in diesen Fällen findet ihre Rechtfertigung darin, dass die in sachlichem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehende Verrichtung - in den ersten beiden Beispielen das Zurücklegen des Weges - der wesentliche Grund dafür ist, dass der Versicherte in dieser Situation ist, in der dann ganz nebenher oder im Vorbeigehen die private Verrichtung ausübt. Abgestellt wird hierbei nicht auf einen bloßen räumlich-zeitlichen Zusammenhang (z.B. Anwesenheit am Arbeitsplatz), was mit der grundsätzlichen Verneinung eines Betriebsbannes in Widerspruch stünde, sondern auf die im Prinzip andauernde Ausübung einer versicherten Verrichtung, in die eine räumlich und zeitlich unerhebliche private Verrichtung eingeschoben wird. Letztlich handelt es sich um Fallgestaltungen, bei denen die versicherte Verrichtung und die private Verrichtung als tatsächliches Geschehen nur sehr schwer voneinander zu trennen sind und damit eine einer gemischten Tätigkeit ähnliche Situation vorliegt, bei der die beiden Verrichtungen nicht getrennt werden können, weil beide zusammen zu einer bestimmten Gesamtlage geführt haben.

Eine damit vergleichbare, nur ganz geringfügige Unterbrechung der versicherten Tätigkeit kann in dem vorliegenden Verhalten des Klägers nicht gesehen werden. Bevor der Kläger das Lichtschachtgitter entfernte, hatte er - so seine eigenen Angaben gegenüber dem Sozialgericht - an einem in der Nähe befindlichen Gebüsch mit der Hacke gearbeitet und Moos entfernt. Selbst wenn zu Gunsten des Klägers unterstellt wird, dass er sich zu dem Lichtschacht begab, um aus dem darum herum befindlichen Rasen ggf. vorhandenes Unkraut zu entfernen, stellt das Anheben und Wiedereinsetzen des 150 cm x 80 cm großen Gitterrostes um ein darunter liegendes Geldstück herauszuholen, keine Verrichtung dar, die - vergleichbar mit dem Anzünden einer Zigarette, dem Betrachten eines Schaufensters oder dem Kauf einer Zeitung - "ganz nebenher" und "im Vorbeigehen" erledigt wird. Denn auch wenn der Gitterrost nicht ordnungsgemäß gesichert war, ergibt sich bereits auf Grund der Größe des Gitters und den sich aus den Lichtbildern ersichtlichen tatsächlichen Verhältnissen am Unfallort, dass ein nicht unerheblicher Aufwand erforderlich war. Die privaten Zwecken dienende Handlung des Klägers erschöpfte sich nicht allein im Anheben des Gitters, vielmehr musste der Gitterrost nach der Entnahme des Geldstücks wieder auf dem Lichtschacht angebracht werden, was - wie der tatsächliche Geschehensablauf zeigt - mit tatsächlichen Schwierigkeiten verbunden war.

Aber selbst wenn angenommen würde, dass es sich nur um eine unerhebliche Unterbrechung handelte, wäre ein Versicherungsschutz zu verneinen. Denn es verwirklichte sich bei dem Unfall ein Risiko, das nicht der eigentlichen versicherten Tätigkeit, sondern allein der privaten Verrichtung zuzurechnen ist.

Eine Gefahrerhöhung durch Risiken, die nicht der versicherten Verrichtung zur Zeit des Unfalls, sondern privaten Umständen - hier also das Ansichnehmen des Geldstückes - zuzurechnen sind, betrifft nicht den sachlichen, inneren Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der (privaten) Verrichtung zur Zeit des Unfalls, sondern den Zusammenhang zwischen der (privaten) Verrichtung zur Zeit des Unfalls und dem Unfallereignis (BSG a.a.O., auch zum Nachfolgenden). Für diesen Zusammenhang zwischen der Verrichtung zur Zeit des Unfalls und dem Unfallereignis gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Deshalb kann die Gefahrerhöhung durch eine privaten und damit unversicherten Zwecken zuzurechnende Ursachenkette in Abwägung mit der auf die versicherte Tätigkeit zurückgehenden Ursachenkette bei der Beurteilung des Zusammenhangs zwischen der versicherten Verrichtung und dem Unfallereignis von Bedeutung sein und diese Gefahrerhöhung ist deshalb im Rahmen der Abwägung zwischen der versicherten und der nichtversicherten Ursache als Element der letzteren bei der Beurteilung des Zusammenhangs zwischen der versicherten Verrichtung zur Zeit des Unfalls und dem Unfallereignis zu berücksichtigen.

Nach diesen Maßstäben ist ein wesentlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Verrichtung gärtnerische Pflegemaßnahmen und dem Unfallereignis Sturz in den Lichtschacht zu verneinen. Denn im Rahmen der gärtnerischen Pflegemaßnahmen war ein Anheben und Absenken des Gitterrostes weder vorgesehen noch hatte der Kläger dies zum Zwecke der Reinigung des Lichtschachtes vorgenommen. Wie bereits ausgeführt, nimmt der Senat die gegenteiligen Behauptungen dem Kläger nicht ab. Dies beseitigt zwar nicht den naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen der versicherten Verrichtung und dem Sturz, weil der Kläger ohne diese versicherte Tätigkeit nicht an diesem Ort gewesen wäre und das Geldstück entdeckt hätte. Doch drängt der Umstand, dass im Rahmen der vorgesehenen versicherten Verrichtungen ein Risiko für diesen Absturz völlig ausgeschlossen war, die Relevanz der versicherten Tätigkeit für den Unfall weitestgehend zurück. Eben weil allein die privaten Verrichtungen dienende Tätigkeit das Risiko eines Absturzes durch Anheben der Absturzsicherung schuf und sich allein dieses Risiko verwirklichte, ist die private Verrichtung die allein wesentliche Ursache für den Unfall.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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