Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 879/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Werden die Regelleistungen und die Leistungen für Unterkunft und Heizung von verschiedenen Trägern erbracht, ist der kommunale Träger nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II verpflichtet, gem. § 22 Abs. 5 SGB II Schulden zur Abwendung der Wohnungslosigkeit zu übernehmen. Dies gilt auch für Stromschulden.
Der Antragsgegner wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, den Antragstellern ein Darlehen in Höhe von 646,- EUR zur Tilgung der bei der EnBW ab 1.7.2007 entstandenen Stromkosten durch Überweisung unmittelbar an den Stromversorger zu gewähren. Die Anordnung wird davon abhängig gemacht, dass die Antragsteller bis zum 17.3.2008 gegenüber der Bundesagentur für Arbeit unwiderruflich und schriftlich zunächst für die Zeit vom 01.04.2008 bis 31.03.2009 einer direkten Überweisung von Abschlagszahlungen in Höhe von 70,- EUR monatlich an die EnBW durch die Bundesagentur für Arbeit, beginnend mit dem 1.4.2008, unter Anrechnung auf die monatliche Regelleistung zustimmen und sich mit einer Rückzahlung des Darlehens ab 01.04.2008 in monatlichen Raten von 60,- EUR unter Verrechnung ihrer Regelleistung zugunsten des Antragsgegners in Höhe von jeweils 30,- EUR einverstanden erklären. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren die Übernahme von Stromschulden durch den Antragsgegner.
Die 1989 geborene Antragstellerin zu 1. bezieht in Bedarfsgemeinschaft mit dem 1988 geborenen Antragsteller zu 2., dem im Jahr 2005 geborenen Sohn und der im April 2007 geborenen Tochter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts seit dem 01.05.2007. Die Bedarfsgemeinschaft bewohnt seit dem 05.04.2007 eine 90 qm große Wohnung zu einer Kaltmiete von 600,- EUR monatlich. Nach dem Mietvertrag sind auf die Betriebskosten mit Ausnahme der Heiz- und Warmwasserkosten als Pauschale 100,- EUR zu entrichten. Die Vermieterin gab in der bei der Antragsgegnerin vorzulegenden Mietbescheinigung vom 27.04.2007 an, in der Gesamtmiete von 700,- EUR seien 30,- EUR für die Heizung, 50,- EUR für das Warmwasser und 20,- EUR sonstige Nebenkosten enthalten. Es werde mit Strom geheizt. Die Warmwasserbereitung erfolge nicht über die Heizung. Die Antragsteller zu 1. und 2. haben einen Stromlieferungsvertrag mit der Firma EnBW.
Die Agentur für Arbeit Karlsruhe bewilligte der Bedarfsgemeinschaft zuletzt für die Zeit vom 1.11.2007 bis 31.1.2008 Regelleistungen in Höhe von 608,- EUR monatlich (Bescheid vom 24.10.2007) unter Anrechnung von Einkommen in Form von Kindergeld für den Antragsteller zu 2. und die beiden Kinder in Höhe von insgesamt 462,- EUR monatlich, abzüglich einer Einkommensbereinigung um 30,- EUR.
Der Antragsgegner bewilligte der Bedarfsgemeinschaft zunächst Leistungen für die Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 637,70 EUR und vom 1.11.2007 bis 31.7.2008 (Bescheide vom 9.11.2007 und 16.1.2008) in Höhe von monatlich 685,08 EUR unter Übernahme der vollen Kaltmiete und der Nebenkostenpauschale (abzüglich einer Energiepauschale für vier Personen in Höhe von 14,92 EUR). Wegen Mietrückständen überwies der Antragsgegner ab 1.7.2007 die gesamten Leistungen direkt an die Vermieterin. Über den Antrag der Antragstellerin zu 1. (ohne Datum) auf Übernahme von Mietzinsrückständen hat der Antragsgegner noch nicht entschieden.
Die Antragstellerin zu 1. beantragte am 25.2.2008 beim Antragsgegner die Übernahme von Stromschulden. Der Stromlieferer habe die Einstellung der Stromlieferung bereits angedroht. Beigelegt war eine an die Antragsteller zu 1. und 2. adressierte Mahnung/Ankündigung der Einstellung der Energielieferung vom 12.11.2007 wegen noch offener Stromschulden sowie eine Aufstellung der Stromschulden vom 21.2.2008 über insgesamt 646,- EUR.
Mit ihrem an die Antragsteller zu 1. und 2. gerichteten Bescheid vom 28.2.2008 lehnte der Antragsgegner die Übernahme der Stromschulden in Höhe von 646,- EUR ab. Bei der Haushaltsenergie handele es sich nicht um Kosten der Unterkunft und Heizung, sondern um einen Bestandteil der Regelleistung, für die der Antragsgegner nicht zuständig sei. Die Schulden seien auch nicht nach § 22 Abs. 5 SGB II zu übernehmen. Von dieser Vorschrift seien lediglich der drohenden Wohnungslosigkeit vergleichbare Notlagen erfasst, die dem Bereich der Kosten für Unterkunft und Heizung zuzurechnen seien, wie z.B. Schulden aus Heizenergielieferungen. Für die zur Regelleistung gehörende Haushaltsenergie enthalte § 23 Abs. 1 SGB II eine spezielle Regelung, welche als Auffangtatbestand für unabweisbare Bedürfnisse des Leistungsberechtigten gegenüber der Agentur für Arbeit anzusehen sei.
Die Antragstellerin zu 1. hat am 28.2.2008 um Rechtsschutz beim Sozialgericht Karlsruhe nachgesucht. Sie trägt vor, ihr drohe die Stromabschaltung wegen Stromschulden. Diese sei täglich zu erwarten.
Die Antragsteller beantragen bei sachgerechter Auslegung ihres Vorbringens,
den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, die Stromschulden gegenüber der Firma EnBW in Höhe von 646,- EUR als Darlehen zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er wünsche eine Entscheidung des Gerichts darüber, o b der kommunale Träger nach § 22 Abs. 5 SGB II auch für Schulden wegen Haushaltsstrom einzustehen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte sowie das Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist zulässig und i.S. des Tenors begründet.
Obgleich der Antrag nur von der Antragstellerin zu 1. gestellt wurde, ist das Rubrum - wegen der Eilbedürftigkeit ohne vorherige Anhörung der Beteiligten - von Amts wegen um den Partner zu erweitern. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R) ist ein Klageantrag nach dem sog. "Meistbegünstigungsprinzip" unabhängig vom Wortlaut unter Berücksichtigung des wirklichen Willens auszulegen. Dabei hat das Gericht sich daran zu orientieren, was als Leistung möglich ist, wenn jeder vernünftige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung anpassen würde und keine Gründe für ein anderen Verhalten vorliegt. Daher sind im Hinblick auf die rechtlichen Besonderheiten einer Bedarfsgemeinschaft i.S. des SGB II für eine Übergangszeit Klageanträge danach zu beurteilen, in welcher Weise die an einer Bedarfsgemeinschaft beteiligten Personen Klage hätten erheben müssen, um die für die Bedarfsgemeinschaft insgesamt gewünschten höheren Leistungen zu erhalten, es sei denn, einer solchen Auslegung wird durch die betroffenen Personen widersprochen bzw. eine Bedarfsgemeinschaft bestritten oder einzelne Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind offensichtlich vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen. Daher ist im Zweifel von Anträgen aller Bedarfsgemeinschaftsmitglieder, vertreten durch eines der Mitglieder, und von Entscheidungen über die Ansprüche aller Mitglieder auszugehen. Dies gilt nach Auffassung des Gerichts auch für Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz. Dabei ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen, dass beide Antragsteller gemeinsam den Energielieferungsvertrag bei der EnBW haben und damit beide Schuldner der aktuellen und der rückständigen Abschläge auf die Stromkosten sind. Daher ist nach Auffassung der Kammer das Darlehen beiden mit der sich aus dem Tenor ergebenden Maßgabe zu gewähren.
Der Antrag ist als Antrag als Erlass einer Regelungsanordnung zur Gewährung eines Darlehens auszulegen, da nur eine solche Anordnung vorliegend in Betracht kommt. Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis einstweilige Anordnungen erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu sind gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO der durch die Anordnung zu sichernde, vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und ein Anordnungsgrund glaubhaft zu machen, weswegen ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar sein soll. Gemäß § 86b Abs. 3 SGG ist ein solcher Antrag auch schon vor Klageerhebung zulässig. Die Durchführung eines Vorverfahrens ist nicht notwendig (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz-Kommentar, 7. Auflage 2002, Rn. 26 zu § 86b SGG).
1) Ein Anordnungsanspruch ergibt sich aus § 22 Abs. 5 SGB II. Er ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht aufgrund einer vorläufigen, summarischen Prüfung, für die der Sachverhalt unter Berücksichtigung der Eilbedürftigkeit des Rechtsschutzbegehrens von Amts wegen zu ermitteln ist, zu der Überzeugung gelangt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung zusteht und er deshalb in einem Hauptsacheverfahren mit dem gleichen Begehren voraussichtlich Erfolg haben würde.
a) Nach § 22 Abs. 5 SGB II können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Hierunter fällt auch die Übernahme von Energiekostenrückständen (vgl. Berlit in LPK - SGB II, Rdnr. 116 zu § 22). Die bei der Ermessensentscheidung im Rahmen einer umfassenden Gesamtschau der Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigenden Umstände, wie Höhe der Rückstände, ihre Ursachen, die Zusammensetzung des von der eventuellen Energiesperre bedrohten Personenkreises und die Möglichkeiten sowie die Zumutbarkeit einer anderweitigen Energieversorgung, das in der Vergangenheit gezeigte Verhalten, insbesondere Bemühungen, das Verbrauchsverhalten dem angemessen anzupassen und ein erkennbarer Selbsthilfewillen (vgl. hierzu Berlit LPK - SGB II Rdnr. 118 zu § 22 SGB II) können im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht geprüft werden, da sie sich nicht vollständig der Verwaltungsakte entnehmen lassen.
Im Fall der Antragsteller ist aber unabhängig hiervon das Ermessen des Antragsgegners auf die Gewährung des Darlehens reduziert. Denn das Ermessen des Leistungsträgers nach § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II ist - jedenfalls soweit Wohnungslosigkeit bzw. eine der durch Wohnungslosigkeit nahekommenden Notlage durch Verlust der Energieversorgung droht - dahingehend eingeschränkt, dass der Leistungsträger in der Regel entsprechende Schulden zu übernehmen hat und lediglich in atypischen Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann (vgl. Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 11.12.2007 - L 28 B 2169/07 AS ER, zu finden in JURIS). Eine Einschränkung des Ermessens ergibt sich auch daraus, dass die Bedarfsgemeinschaft - wie vorliegend - minderjährige Mitglieder hat, die besonders schutzbedürftig sind (vgl. den o.g. Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 11.12.2007). Anhaltspunkte für einen atypischen Fall hat das Gericht nicht. Das Darlehen ist beiden zu erbringen, da beide Schuldner der rückständigen Abschlagszahlungen sind.
b) Der Anspruch der Antragsteller besteht auch gegenüber dem Antragsgegner und nicht gegenüber der Bundesagentur für Arbeit. Denn nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II sind die kreisfreien Städte und Kreise für Leistungen nach § 22 SGB II zuständig, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind. Eine solche anderweitige Bestimmung besteht nicht für im Bereich des Antragsgegners wohnende Leistungsempfänger. Den Einwand des Antragsgegners, er sei nicht zuständig, da die Schulden die Lieferung von Strom beträfen, der in der von der Bundesagentur für Arbeit nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II zu erbringenden Regelleistung nach § 20 SGB II bzw. dem Sozialgeld nach § 28 SGB II enthalten sei, greift nach Auffassung des Gerichts nicht.
Zum einen wären die Stromkosten (abzüglich einer Pauschale für den Haushaltsstrom) sowieso als Leistungen nach § 22 SGB II vom Antragsgegner zu übernehmen, wenn die Wohnung tatsächlich, wie von der Vermieterin angegeben, mit Strom geheizt wird und eine gesonderte Abrechnung im Verhältnis zum Haushaltsstrom nicht erfolgt. Zwar ist das Heizen mit Strom nicht mit der Angabe der Vermieterin in Einklang zu bringen, in der Nebenkostenpauschale seien die Kosten der Warmwasserbereitung und der Heizung bereits enthalten (die wiederum dem mietvertraglichen Ausschluss der Warmwasser- und Heizkosten aus der Nebenkostenpauschale widerspricht). Die Aufklärung dieser Widersprüche ist aber einem evtl. noch durchzuführenden Hauptverfahren vorbehalten.
Jedenfalls ergibt sich aber zum anderen die Zuständigkeit der Antragsgegnerin bereits ausdrücklich aus der Verweisung des § 6 Abs. 2 Nr. 2 SGB II auf § 22 SGB II und damit auch auf dessen Abs. 5. Durch die Regelung in § 22 SGB II anstatt in § 23 SGB II unter Belassung der Verteilung der Trägerschaft in § 6 SGB II hat der Gesetzgeber ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass für die Übernahme von Stromschulden der Antragsgegner zuständig ist. Zwar kann nach § 23 Abs. 1 SGB II im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts von der Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis als Sachleistung oder als Geldleistung darlehensweise gewährt werden. Soweit die Schulden indes die Sicherheit der Unterkunft gefährden oder zu einer vergleichbaren Notlage führen, ist § 22 Abs. 5 SGB II spezieller und damit vorrangig anzuwenden. Da der Gesetzgeber in § 22 Abs. 5 SGB II nicht nach dem Grund der Schulden unterscheidet, sieht das Gericht zumindest in den Fällen, in denen - wie vorliegend - die Schulden aus der Nichtzahlung der regulären Abschlagszahlungen und nicht aus einer Unzulänglichkeit der den laufenden Bedarf deckenden Regelleistung resultieren (vgl. hierzu Berlit in LPK-SGB II Rdnr. 117 zu § 22), keinen Ansatzpunkt, von der gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung gemäß § 6 SGB II abzuweichen. Eine solche Abweichung hält das Gericht auch nicht deswegen für zwingend, weil es an einer Regelung der Rückzahlung des nach § 22 Abs. 5 SGB II erbrachten Darlehens fehlt und die für von der Bundesagentur für Arbeit erbrachte Darlehen geltende Aufrechnungsvorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II nicht direkt anwendbar ist (vgl. Berlit in LPK-SGB II Rdnr. 120 zu § 22). Denn der Antragsgegner kann die Rückzahlungsmodalitäten - unter Berücksichtigung der Fähigkeiten und Möglichkeiten der Rückzahlung - im Rahmen seiner Ermessenausübung regeln (vgl. Berlit in LPK-SGB II Rdnr. 120 zu § 22).
2) Ein Anordnungsgrund liegt ebenfalls vor. Er ist gegeben, wenn ein Antragsteller glaubhaft machen kann, dass ihm wesentliche - insbesondere irreparable - Nachteile drohen, die für ihn ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar machen und die Regelung durch eine einstweilige Anordnung zur Verhinderung dieser unzumutbaren Nachteile nötig erscheinen lassen. Zwar hat bei einer telefonischen Rücksprache des Gerichts der Stromversorger mitgeteilt, dass derzeit im Hinblick auf die mögliche Gewährung von Leistungen eine Stromsperre nicht erfolgen wird. Damit hat er aber auf die Stromsperre nicht endgültig verzichtet, so dass die Gefahr einer der Wohnungslosigkeit nahekommenden Situation durch die Sperrung der Stromzufuhr nicht weggefallen ist. Dies abzuwarten hält das Gericht, auch angesichts der mit den Antragstellern lebenden kleinen Kinder, nicht für zumutbar.
3) Die Übernahme der Stromkosten kann von flankierenden Maßnahmen abhängig gemacht werden, die neuerlichen Rückständen entgegenwirken, z.B. der Einwilligung in die Direktüberweisung von Vorauszahlungen an das Energieversorgungsunternehmen (vgl. Berlit in LPK - SGB II, Rdnr. 1178 zu § 22; Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 11.12.2007, aaO). Das Gericht macht vorliegend von der in § 86b Abs. 2 Satz 3 SGG i.V.m. § 938 ZPO eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, zur Erreichung des Zwecks der Anordnung diese von einer weitergehenden Mitwirkungshandlung der Antragsteller abhängig zu machen. Die dauerhafte Versorgung mit Strom und damit der dauerhafte Erhalt der Wohnung, der Zweck der Schuldenübernahme nach § 22 Abs. 5 SGB II sein muss, kann nur erreicht werden, wenn flankierend zur Übernahme der Schulden wegen Stromkosten die Antragsteller bereit sind, einer Erbringung der Stromkosten als Sachleistung durch direkte Überweisung der Abschlagszahlungen an den Stromversorger zuzustimmen und so ein weiteres langwieriges Verfahren darüber, ob der zuständige Träger dazu auch ohne Zustimmung berechtigt wäre, zu vermeiden. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 SGB II bzw. des § 22 Abs. 4 SGB II (soweit es sich um Kosten für Heizstrom handelt) liegen nach Auffassung des Gerichts vor, da die Antragsteller seit Juli 2007 nicht einmal Teile der geschuldeten Abschlagszahlungen an den Stromanbieter überwiesen und es damit haben darauf ankommen lassen, dass der Antragsgegner angesichts der Notlage, in die sie ihre Kinder damit gebracht hat, gezwungen ist, die entstandenen Schulden im Nachhinein zu übernehmen (vgl. die Begründung im zitierten Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 11.12.2007). Darüber hinaus ergeben sich aus der Akte auch keinerlei Bemühungen der Antragsteller, etwa durch Ratenzahlungen oder in sonstiger Weise, der Notlage abzuhelfen. Das Gericht hält es daher für angemessen, dass die Antragsteller sich bereit erklären, die Abschlagszahlungen direkt überweisen zu lassen. Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes hält das Gericht es weiterhin für angemessen, dass vor der Abklärung, ob tatsächlich mit Strom geheizt wird, die Abschlagszahlungen von den Antragstellern aus der Regelleistung erbracht werden, weil grundsätzlich der Haushaltsstrom ein von der Regelleistung umfasster Bedarf ist.
Mangels gesetzlicher - und bei Zuerkennung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes mangels vertraglicher - Regelung der Rückzahlung des vom Träger nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II zu erbringenden Darlehens ist die Anordnung zum Schutz der Interessen des Antragsgegners und im Hinblick auf das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache mit der Verpflichtung zur Rückzahlung zu verknüpfen. Da die Leistungen für Unterkunft und Heizung bereits vollständig an die Vermieterin weitergeleitet werden, stehen diese zur Rückzahlung des Darlehens nicht zur Verfügung. Das Gericht hält daher in Anlehnung an § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II eine Rückzahlung des Darlehens aus der Regelleistung für angemessen.
Soweit von den Antragstellern eine Regelungsanordnung ohne Beschränkungen beantragt wurde, ist der Antrag unbegründet und daher abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren die Übernahme von Stromschulden durch den Antragsgegner.
Die 1989 geborene Antragstellerin zu 1. bezieht in Bedarfsgemeinschaft mit dem 1988 geborenen Antragsteller zu 2., dem im Jahr 2005 geborenen Sohn und der im April 2007 geborenen Tochter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts seit dem 01.05.2007. Die Bedarfsgemeinschaft bewohnt seit dem 05.04.2007 eine 90 qm große Wohnung zu einer Kaltmiete von 600,- EUR monatlich. Nach dem Mietvertrag sind auf die Betriebskosten mit Ausnahme der Heiz- und Warmwasserkosten als Pauschale 100,- EUR zu entrichten. Die Vermieterin gab in der bei der Antragsgegnerin vorzulegenden Mietbescheinigung vom 27.04.2007 an, in der Gesamtmiete von 700,- EUR seien 30,- EUR für die Heizung, 50,- EUR für das Warmwasser und 20,- EUR sonstige Nebenkosten enthalten. Es werde mit Strom geheizt. Die Warmwasserbereitung erfolge nicht über die Heizung. Die Antragsteller zu 1. und 2. haben einen Stromlieferungsvertrag mit der Firma EnBW.
Die Agentur für Arbeit Karlsruhe bewilligte der Bedarfsgemeinschaft zuletzt für die Zeit vom 1.11.2007 bis 31.1.2008 Regelleistungen in Höhe von 608,- EUR monatlich (Bescheid vom 24.10.2007) unter Anrechnung von Einkommen in Form von Kindergeld für den Antragsteller zu 2. und die beiden Kinder in Höhe von insgesamt 462,- EUR monatlich, abzüglich einer Einkommensbereinigung um 30,- EUR.
Der Antragsgegner bewilligte der Bedarfsgemeinschaft zunächst Leistungen für die Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 637,70 EUR und vom 1.11.2007 bis 31.7.2008 (Bescheide vom 9.11.2007 und 16.1.2008) in Höhe von monatlich 685,08 EUR unter Übernahme der vollen Kaltmiete und der Nebenkostenpauschale (abzüglich einer Energiepauschale für vier Personen in Höhe von 14,92 EUR). Wegen Mietrückständen überwies der Antragsgegner ab 1.7.2007 die gesamten Leistungen direkt an die Vermieterin. Über den Antrag der Antragstellerin zu 1. (ohne Datum) auf Übernahme von Mietzinsrückständen hat der Antragsgegner noch nicht entschieden.
Die Antragstellerin zu 1. beantragte am 25.2.2008 beim Antragsgegner die Übernahme von Stromschulden. Der Stromlieferer habe die Einstellung der Stromlieferung bereits angedroht. Beigelegt war eine an die Antragsteller zu 1. und 2. adressierte Mahnung/Ankündigung der Einstellung der Energielieferung vom 12.11.2007 wegen noch offener Stromschulden sowie eine Aufstellung der Stromschulden vom 21.2.2008 über insgesamt 646,- EUR.
Mit ihrem an die Antragsteller zu 1. und 2. gerichteten Bescheid vom 28.2.2008 lehnte der Antragsgegner die Übernahme der Stromschulden in Höhe von 646,- EUR ab. Bei der Haushaltsenergie handele es sich nicht um Kosten der Unterkunft und Heizung, sondern um einen Bestandteil der Regelleistung, für die der Antragsgegner nicht zuständig sei. Die Schulden seien auch nicht nach § 22 Abs. 5 SGB II zu übernehmen. Von dieser Vorschrift seien lediglich der drohenden Wohnungslosigkeit vergleichbare Notlagen erfasst, die dem Bereich der Kosten für Unterkunft und Heizung zuzurechnen seien, wie z.B. Schulden aus Heizenergielieferungen. Für die zur Regelleistung gehörende Haushaltsenergie enthalte § 23 Abs. 1 SGB II eine spezielle Regelung, welche als Auffangtatbestand für unabweisbare Bedürfnisse des Leistungsberechtigten gegenüber der Agentur für Arbeit anzusehen sei.
Die Antragstellerin zu 1. hat am 28.2.2008 um Rechtsschutz beim Sozialgericht Karlsruhe nachgesucht. Sie trägt vor, ihr drohe die Stromabschaltung wegen Stromschulden. Diese sei täglich zu erwarten.
Die Antragsteller beantragen bei sachgerechter Auslegung ihres Vorbringens,
den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, die Stromschulden gegenüber der Firma EnBW in Höhe von 646,- EUR als Darlehen zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er wünsche eine Entscheidung des Gerichts darüber, o b der kommunale Träger nach § 22 Abs. 5 SGB II auch für Schulden wegen Haushaltsstrom einzustehen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte sowie das Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist zulässig und i.S. des Tenors begründet.
Obgleich der Antrag nur von der Antragstellerin zu 1. gestellt wurde, ist das Rubrum - wegen der Eilbedürftigkeit ohne vorherige Anhörung der Beteiligten - von Amts wegen um den Partner zu erweitern. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R) ist ein Klageantrag nach dem sog. "Meistbegünstigungsprinzip" unabhängig vom Wortlaut unter Berücksichtigung des wirklichen Willens auszulegen. Dabei hat das Gericht sich daran zu orientieren, was als Leistung möglich ist, wenn jeder vernünftige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung anpassen würde und keine Gründe für ein anderen Verhalten vorliegt. Daher sind im Hinblick auf die rechtlichen Besonderheiten einer Bedarfsgemeinschaft i.S. des SGB II für eine Übergangszeit Klageanträge danach zu beurteilen, in welcher Weise die an einer Bedarfsgemeinschaft beteiligten Personen Klage hätten erheben müssen, um die für die Bedarfsgemeinschaft insgesamt gewünschten höheren Leistungen zu erhalten, es sei denn, einer solchen Auslegung wird durch die betroffenen Personen widersprochen bzw. eine Bedarfsgemeinschaft bestritten oder einzelne Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind offensichtlich vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen. Daher ist im Zweifel von Anträgen aller Bedarfsgemeinschaftsmitglieder, vertreten durch eines der Mitglieder, und von Entscheidungen über die Ansprüche aller Mitglieder auszugehen. Dies gilt nach Auffassung des Gerichts auch für Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz. Dabei ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen, dass beide Antragsteller gemeinsam den Energielieferungsvertrag bei der EnBW haben und damit beide Schuldner der aktuellen und der rückständigen Abschläge auf die Stromkosten sind. Daher ist nach Auffassung der Kammer das Darlehen beiden mit der sich aus dem Tenor ergebenden Maßgabe zu gewähren.
Der Antrag ist als Antrag als Erlass einer Regelungsanordnung zur Gewährung eines Darlehens auszulegen, da nur eine solche Anordnung vorliegend in Betracht kommt. Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis einstweilige Anordnungen erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu sind gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO der durch die Anordnung zu sichernde, vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und ein Anordnungsgrund glaubhaft zu machen, weswegen ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar sein soll. Gemäß § 86b Abs. 3 SGG ist ein solcher Antrag auch schon vor Klageerhebung zulässig. Die Durchführung eines Vorverfahrens ist nicht notwendig (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz-Kommentar, 7. Auflage 2002, Rn. 26 zu § 86b SGG).
1) Ein Anordnungsanspruch ergibt sich aus § 22 Abs. 5 SGB II. Er ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht aufgrund einer vorläufigen, summarischen Prüfung, für die der Sachverhalt unter Berücksichtigung der Eilbedürftigkeit des Rechtsschutzbegehrens von Amts wegen zu ermitteln ist, zu der Überzeugung gelangt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung zusteht und er deshalb in einem Hauptsacheverfahren mit dem gleichen Begehren voraussichtlich Erfolg haben würde.
a) Nach § 22 Abs. 5 SGB II können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Hierunter fällt auch die Übernahme von Energiekostenrückständen (vgl. Berlit in LPK - SGB II, Rdnr. 116 zu § 22). Die bei der Ermessensentscheidung im Rahmen einer umfassenden Gesamtschau der Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigenden Umstände, wie Höhe der Rückstände, ihre Ursachen, die Zusammensetzung des von der eventuellen Energiesperre bedrohten Personenkreises und die Möglichkeiten sowie die Zumutbarkeit einer anderweitigen Energieversorgung, das in der Vergangenheit gezeigte Verhalten, insbesondere Bemühungen, das Verbrauchsverhalten dem angemessen anzupassen und ein erkennbarer Selbsthilfewillen (vgl. hierzu Berlit LPK - SGB II Rdnr. 118 zu § 22 SGB II) können im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht geprüft werden, da sie sich nicht vollständig der Verwaltungsakte entnehmen lassen.
Im Fall der Antragsteller ist aber unabhängig hiervon das Ermessen des Antragsgegners auf die Gewährung des Darlehens reduziert. Denn das Ermessen des Leistungsträgers nach § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II ist - jedenfalls soweit Wohnungslosigkeit bzw. eine der durch Wohnungslosigkeit nahekommenden Notlage durch Verlust der Energieversorgung droht - dahingehend eingeschränkt, dass der Leistungsträger in der Regel entsprechende Schulden zu übernehmen hat und lediglich in atypischen Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann (vgl. Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 11.12.2007 - L 28 B 2169/07 AS ER, zu finden in JURIS). Eine Einschränkung des Ermessens ergibt sich auch daraus, dass die Bedarfsgemeinschaft - wie vorliegend - minderjährige Mitglieder hat, die besonders schutzbedürftig sind (vgl. den o.g. Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 11.12.2007). Anhaltspunkte für einen atypischen Fall hat das Gericht nicht. Das Darlehen ist beiden zu erbringen, da beide Schuldner der rückständigen Abschlagszahlungen sind.
b) Der Anspruch der Antragsteller besteht auch gegenüber dem Antragsgegner und nicht gegenüber der Bundesagentur für Arbeit. Denn nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II sind die kreisfreien Städte und Kreise für Leistungen nach § 22 SGB II zuständig, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind. Eine solche anderweitige Bestimmung besteht nicht für im Bereich des Antragsgegners wohnende Leistungsempfänger. Den Einwand des Antragsgegners, er sei nicht zuständig, da die Schulden die Lieferung von Strom beträfen, der in der von der Bundesagentur für Arbeit nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II zu erbringenden Regelleistung nach § 20 SGB II bzw. dem Sozialgeld nach § 28 SGB II enthalten sei, greift nach Auffassung des Gerichts nicht.
Zum einen wären die Stromkosten (abzüglich einer Pauschale für den Haushaltsstrom) sowieso als Leistungen nach § 22 SGB II vom Antragsgegner zu übernehmen, wenn die Wohnung tatsächlich, wie von der Vermieterin angegeben, mit Strom geheizt wird und eine gesonderte Abrechnung im Verhältnis zum Haushaltsstrom nicht erfolgt. Zwar ist das Heizen mit Strom nicht mit der Angabe der Vermieterin in Einklang zu bringen, in der Nebenkostenpauschale seien die Kosten der Warmwasserbereitung und der Heizung bereits enthalten (die wiederum dem mietvertraglichen Ausschluss der Warmwasser- und Heizkosten aus der Nebenkostenpauschale widerspricht). Die Aufklärung dieser Widersprüche ist aber einem evtl. noch durchzuführenden Hauptverfahren vorbehalten.
Jedenfalls ergibt sich aber zum anderen die Zuständigkeit der Antragsgegnerin bereits ausdrücklich aus der Verweisung des § 6 Abs. 2 Nr. 2 SGB II auf § 22 SGB II und damit auch auf dessen Abs. 5. Durch die Regelung in § 22 SGB II anstatt in § 23 SGB II unter Belassung der Verteilung der Trägerschaft in § 6 SGB II hat der Gesetzgeber ausreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass für die Übernahme von Stromschulden der Antragsgegner zuständig ist. Zwar kann nach § 23 Abs. 1 SGB II im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts von der Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis als Sachleistung oder als Geldleistung darlehensweise gewährt werden. Soweit die Schulden indes die Sicherheit der Unterkunft gefährden oder zu einer vergleichbaren Notlage führen, ist § 22 Abs. 5 SGB II spezieller und damit vorrangig anzuwenden. Da der Gesetzgeber in § 22 Abs. 5 SGB II nicht nach dem Grund der Schulden unterscheidet, sieht das Gericht zumindest in den Fällen, in denen - wie vorliegend - die Schulden aus der Nichtzahlung der regulären Abschlagszahlungen und nicht aus einer Unzulänglichkeit der den laufenden Bedarf deckenden Regelleistung resultieren (vgl. hierzu Berlit in LPK-SGB II Rdnr. 117 zu § 22), keinen Ansatzpunkt, von der gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung gemäß § 6 SGB II abzuweichen. Eine solche Abweichung hält das Gericht auch nicht deswegen für zwingend, weil es an einer Regelung der Rückzahlung des nach § 22 Abs. 5 SGB II erbrachten Darlehens fehlt und die für von der Bundesagentur für Arbeit erbrachte Darlehen geltende Aufrechnungsvorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II nicht direkt anwendbar ist (vgl. Berlit in LPK-SGB II Rdnr. 120 zu § 22). Denn der Antragsgegner kann die Rückzahlungsmodalitäten - unter Berücksichtigung der Fähigkeiten und Möglichkeiten der Rückzahlung - im Rahmen seiner Ermessenausübung regeln (vgl. Berlit in LPK-SGB II Rdnr. 120 zu § 22).
2) Ein Anordnungsgrund liegt ebenfalls vor. Er ist gegeben, wenn ein Antragsteller glaubhaft machen kann, dass ihm wesentliche - insbesondere irreparable - Nachteile drohen, die für ihn ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar machen und die Regelung durch eine einstweilige Anordnung zur Verhinderung dieser unzumutbaren Nachteile nötig erscheinen lassen. Zwar hat bei einer telefonischen Rücksprache des Gerichts der Stromversorger mitgeteilt, dass derzeit im Hinblick auf die mögliche Gewährung von Leistungen eine Stromsperre nicht erfolgen wird. Damit hat er aber auf die Stromsperre nicht endgültig verzichtet, so dass die Gefahr einer der Wohnungslosigkeit nahekommenden Situation durch die Sperrung der Stromzufuhr nicht weggefallen ist. Dies abzuwarten hält das Gericht, auch angesichts der mit den Antragstellern lebenden kleinen Kinder, nicht für zumutbar.
3) Die Übernahme der Stromkosten kann von flankierenden Maßnahmen abhängig gemacht werden, die neuerlichen Rückständen entgegenwirken, z.B. der Einwilligung in die Direktüberweisung von Vorauszahlungen an das Energieversorgungsunternehmen (vgl. Berlit in LPK - SGB II, Rdnr. 1178 zu § 22; Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 11.12.2007, aaO). Das Gericht macht vorliegend von der in § 86b Abs. 2 Satz 3 SGG i.V.m. § 938 ZPO eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, zur Erreichung des Zwecks der Anordnung diese von einer weitergehenden Mitwirkungshandlung der Antragsteller abhängig zu machen. Die dauerhafte Versorgung mit Strom und damit der dauerhafte Erhalt der Wohnung, der Zweck der Schuldenübernahme nach § 22 Abs. 5 SGB II sein muss, kann nur erreicht werden, wenn flankierend zur Übernahme der Schulden wegen Stromkosten die Antragsteller bereit sind, einer Erbringung der Stromkosten als Sachleistung durch direkte Überweisung der Abschlagszahlungen an den Stromversorger zuzustimmen und so ein weiteres langwieriges Verfahren darüber, ob der zuständige Träger dazu auch ohne Zustimmung berechtigt wäre, zu vermeiden. Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 SGB II bzw. des § 22 Abs. 4 SGB II (soweit es sich um Kosten für Heizstrom handelt) liegen nach Auffassung des Gerichts vor, da die Antragsteller seit Juli 2007 nicht einmal Teile der geschuldeten Abschlagszahlungen an den Stromanbieter überwiesen und es damit haben darauf ankommen lassen, dass der Antragsgegner angesichts der Notlage, in die sie ihre Kinder damit gebracht hat, gezwungen ist, die entstandenen Schulden im Nachhinein zu übernehmen (vgl. die Begründung im zitierten Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 11.12.2007). Darüber hinaus ergeben sich aus der Akte auch keinerlei Bemühungen der Antragsteller, etwa durch Ratenzahlungen oder in sonstiger Weise, der Notlage abzuhelfen. Das Gericht hält es daher für angemessen, dass die Antragsteller sich bereit erklären, die Abschlagszahlungen direkt überweisen zu lassen. Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes hält das Gericht es weiterhin für angemessen, dass vor der Abklärung, ob tatsächlich mit Strom geheizt wird, die Abschlagszahlungen von den Antragstellern aus der Regelleistung erbracht werden, weil grundsätzlich der Haushaltsstrom ein von der Regelleistung umfasster Bedarf ist.
Mangels gesetzlicher - und bei Zuerkennung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes mangels vertraglicher - Regelung der Rückzahlung des vom Träger nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II zu erbringenden Darlehens ist die Anordnung zum Schutz der Interessen des Antragsgegners und im Hinblick auf das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache mit der Verpflichtung zur Rückzahlung zu verknüpfen. Da die Leistungen für Unterkunft und Heizung bereits vollständig an die Vermieterin weitergeleitet werden, stehen diese zur Rückzahlung des Darlehens nicht zur Verfügung. Das Gericht hält daher in Anlehnung an § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II eine Rückzahlung des Darlehens aus der Regelleistung für angemessen.
Soweit von den Antragstellern eine Regelungsanordnung ohne Beschränkungen beantragt wurde, ist der Antrag unbegründet und daher abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.
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