Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 U 5001/02 L
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 317/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 20.07.2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 31.01.2001.
Der 1945 geborene Kläger, Landwirt, erlitt am 31.01.2001 einen Arbeitsunfall, als er sich bei Arbeiten auf dem Feld beim Versuch, den Schieber des am Schlepper angebrachten Kunstdüngerstreuers zu schließen, am rechten Oberarm und der Schulter verletzte. Der Kläger drückte mit ausgestrecktem Arm nach hinten einen Hebel am Streuer. In diesem Augenblick fuhr der Schlepper mit dem linken Hinterrad in ein großes Furchenloch. Der nach oben schnellende Fahrersitz schlug mit der Rückenlehne von unten auf den rechten Oberarm, wobei sich der Kläger weiterhin an dem Hebel des Streuers fest hielt. Gleichzeitig erhielt er durch das Einfedern des Düngerstreuers einen weiteren Schlag auf seine Schulter.
Der Kläger beendete seine Tätigkeit und begab sich wegen zunehmender Schmerzen am 02.02.2001 in ärztliche Behandlung bei Dr.R. , Chirurg, Kreiskrankenhaus N ... Dieser diagnostizierte im Durchgangsarztbericht vom 05.02.2001 den Verdacht auf eine Rotatorenmanschettenruptur rechts.
Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte die einschlägigen Röntgen- und Kernspinaufnahmen bei, holte eine Auskunft der Landwirtschaftliche Krankenkasse (LKK) hinsichtlich Vorerkrankungen ein und ein Gutachten des Dr.M. , Facharzt für Orthopädie, vom 14.05.2001.
Dr.M. führte aus, das Ereignis könne nicht als geeignet angesehen werden, deutliche Verletzungen des Schultergelenkes zu bewirken. Es sei von einem Verschleißleiden der Rotatorenmanschette auszugehen. Auf den am 02.02.2001 angefertigten Röntgenaufnahmen seien kalkdichte Verschattungen im Bereich des Ansatzes der Rotatorenmanschette zu finden gewesen. Eine solche Verkalkung weise auf einen degenerativen Vorschaden hin.
Mit Bescheid vom 23.07.2001 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Beschwerden in der rechten Schulter des Klägers als Folge des Unfalls vom 31.01.2001 ab.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2001 als unbegründet zurück. Der vorbestehende Verschleißschaden sei die allein wesentliche Ursache für die vorliegenden Beschwerden.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 23.07.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, auf Grund des Arbeitsunfalls vom 31.01.2001 den Kläger mit einer Rente in Höhe von mindestens 30 v.H. zu entschädigen. Er hat ausgeführt, in den Kernspinaufnahmen seien zweifelsfrei eine inkomplette Ruptur und ein Gelenkerguss festgestellt worden. Die Beschwerden des Klägers seien darauf zurückzuführen und unfallbedingt.
Das SG hat die einschlägigen Röntgen- und Kernspinaufnahmen, ein Vorerkrankungsverzeichnis der LKK und einen Befundbericht des Dr.S. , Facharzt für Allgemeinmedizin, vom 26.06.2002 beigezogen und ein Gutachten des Prof.Dr.S. , Unfallchirurg, vom 23.05.2002 mit ergänzender Stellungnahme vom 16.10.2002 eingeholt. Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme des Dr.A. vom 02.07.2002 vorgelegt.
Prof.Dr.S. hat ausgeführt, dass der Kläger bei dem Unfall eine schwere Prellung bzw. Zerrung erlitten habe. Auf Grund der lückenlos bestehenden Brückensymptome sei davon auszugehen, dass die jetzt bestehenden Schäden auf den Unfall zurückzuführen seien. Auf den Röntgenbildern vom 02.02.2001 sehe man zwar degenerative Veränderungen. Das Kernspintomogramm vom 06.02.2001 deute aber aufgrund der erkennbaren Ödembildung auf eine traumatische Läsion des Ansatzpunktes der Supraspinatussehne hin. Als Unfallfolge bestehe eine konzentrische Bewegungseinschränkung der rechten Schulter, eine Behinderung des Kreuz- und Nackengriffs, eine leichte Muskelverschmächtigung am Unter- und Oberarm rechts sowie eine Kraftminderung des rechten Armes mit subjektiven Beschwerden. Die MdE sei auf 20 v.H. zu schätzen.
Dr.A. hat darauf hingewiesen, dass der Rotatorenmanschettenschaden schon vor dem Unfall bestanden habe. Auch wenn das Vorerkrankungsverzeichnis keine Hinweise biete, sei es angesichts des Alters des Klägers und der objektivierbaren Vorschäden unwahrscheinlich, dass vor dem Unfall zu keinem Zeitpunkt eine schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der Schulter bestanden habe.
Mit Urteil vom 20.07.2004 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der vorliegende Rotatorenmanschettenschaden nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den streitgegenständlichen Unfall zurückzuführen sei. Es seien vielmehr fortgeschrittene degenerative Veränderungen auf Grund der bildgebenden Verfahren nachgewiesen. Das Gutachten des Prof.Dr.S. sei nicht überzeugend, soweit er davon ausgehe, dass eine schwere Prellung oder Zerrung zu einer schmerzhaften Versteifung der Schulter führen könne. Der bereits vorbestehende Rotatorenmanschettenschaden werde außer Acht gelassen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und ein Gutachten des PD Dr.G. , Chirurg, vorgelegt, das im Auftrag der privaten Unfallversicherung des Klägers erstellt worden ist. Darin ist ausgeführt, dass ein adäquates Trauma vorgelegen habe, welches zu einer Rotatorenmanschettenläsion rechts geführt habe. Die bildgebenden Verfahren hätten keinen Hinweis auf degenerative, das altersübliche Maß überschreitende Veränderungen ergeben.
Der Senat hat die einschlägigen Röntgen- und Kernspinaufnahmen beigezogen und eine ergänzende Stellungnahme des Prof.Dr.S. vom 11.04.2005, ein Gutachten des Dr.G. , Facharzt für Orthopädie, vom 01.06.2006 mit radiologischem Zusatzgutachten vom 05.06.2007 und ergänzenden Stellungnahmen vom 19.07.2006 und 13.06.2007 und auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Dr.B. , Arzt für Orthopädie, vom 05.03.2007 eingeholt. Die Beklagte hat ein Gutachten nach Aktenlage von Prof.Dr.B./Prof.Dr.H. vom 20.06.2005 vorgelegt.
Prof.Dr.S. hat darauf hingewiesen, dass eine Ruptur oder Teilruptur der Rotatorenmanschette durch den Unfall nicht eingetreten sei. Die erlittene erhebliche Zerrung habe aber zu den jetzigen Funktionseinschränkungen der rechten Schulter geführt. Trotz der erheblichen degenerativen Vorschäden hätten keine funktionellen Ausfälle vor dem 31.01.2001 objektiviert werden können.
Dr.G. hat ausgeführt, der Kläger habe sich durch den Unfall vom 31.01.2001 eine Prellung der rechten Schulter zugezogen. Vorbestehend sei ein degenerativer Rotatorenmanschettenschaden mit Teilruptur der Supraspinatussehne sowie einer Schultereckgelenksarthrose. Gegen einen unfallbedingten Rotatorenmanschettenschaden sprächen der ungeeignete Unfallmechanismus sowie die zeitnah zum Unfall durchgeführte bildgebende Diagnostik. Es hätten sich dabei keine traumatischen Veränderungen gezeigt, sondern ausschließlich degenerative Veränderungen, die auf einen schon länger zurückliegenden Degenerationsprozess schließen ließen. Die vorgelegene räumliche subacromiale Enge führe vor allem durch die Schultereckgelenksarthrose zu einer Degeneration der Supraspinatussehne. Als eindeutiger Hinweis für eine schon länger bestehende Partialruptur und Degeneration der Supraspinatussehne sei die fettige Degeneration an Muskel-Sehnenübergang gegeben.
Dr.B. hat dargelegt, dass es bei dem Unfall nicht nur zu einer schweren Zerrung, sondern zu einer Rotatorenmanschettenruptur gekommen sei. Der Unfallmechanismus sei am ehesten mit einem Absturz vergleichbar, bei dem durch Festhalten das ganze Körpergewicht in die Schulter falle. Dies entspreche einem geeigneten Unfallhergang. Der Kläger habe sofort die Arbeit abgebrochen. Die Schmerzen seien am zweiten Tag nach dem Unfall nicht besser, sondern eher schlimmer geworden. Ein vorbestehendes Beschwerdebild sei nicht nachweisbar. Einzig die zwei Tage nach dem Unfallereignis konventionell radiologisch nachgewiesene winzige Verkalkung im Supraspinatussehnenansatz und eine wenig signifikante Mehrsklerosierung im Bereich des Tuberculum majus belege eine gewisse vorbestehende Degeneration der Supraspinatussehne. Es sei jedoch nicht statthaft, daraus eine stumme Schadensanlage herzuleiten. Die unfallbedingte MdE betrage 20 v.H.
Prof.Dr.B./Prof.Dr.H. haben ausgeführt, dass sich der Kläger lediglich eine Prellung der rechten Schulter zugezogen habe. Die bildgebenden Befunde zeigten keine Verletzungszeichen an der rechten Schulter. Vielmehr seien ausschließlich verschleißbedingte Veränderungen und in der Folge ein Gelenkserguss festgestellt worden. In der Kernspintomographie sei eine Schultereckgelenksarthrose nachgewiesen sowie eine fortgeschrittene degenerative Veränderung an der Supraspinatussehne sowie eine inkomplette Ruptur. Die Ruptur sei jedoch nicht im Sinne einer Defektbildung zu verstehen, denn eine solche habe nicht stattgefunden.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 20.07.2004 und des Bescheides vom 23.07.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2001 zu verurteilen, beim Kläger einen Riss der Rotatorenmanschette der rechten Schulter als Folge des Unfalls vom 31.01.2001 festzustellen und ihm Verletztenrente nach einer MdE von 20. v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 20.07.2004 zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten sowie der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 20.07.2004 ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente hat. Der beim Kläger vorliegende Rotatorenmanschettenschaden ist nicht mit Wahrscheinlichkeit im Sinne einer wesentlichen Ursache auf das Unfallereignis vom 31.01.2001 zurückzuführen.
Nach § 56 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) haben Versicherte Anspruch auf eine Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um mindesten 20 vom Hundert (v.H.) gemindert ist.
Gesundheits- oder Körperschäden sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf den Unfall zurückzuführen sind. Dabei müssen die Gesundheits- und Körperschäden "voll", das heißt mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Dagegen gilt die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie zwischen dem Unfall und der maßgebenden Erkrankung. Nach dem in der Unfallversicherung geltenden Prinzip der wesentlichen Mitverursachung ist nur diejenige Bedingung als ursächlich für einen Unfall anzusehen, die im Verhältnis zu anderen Umständen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg und dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper- und Gesundheitsschaden und dem Arbeitsunfall ist gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die auf dem Unfall beruhenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und wenn die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren außer Betracht bleiben können, d.h. nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSGE 32, 203, 209; 45, 285, 286).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Auffassung gelang, dass der Kläger am 31.01.2001 einen Arbeitsunfall erlitt, der keine Gesundheitsstörungen zur Folge hatte, die bleibende Schäden hervorgerufen haben. Es ist bei dem Unfall zu einer Prellung der rechten Schulter gekommen, welche ohne funktionell relevante Folgen ausgeheilt ist. Die beim Kläger jetzt vorhandene Beschwerdeproblematik ist dem degenerativen Rotatorenmanschettenschaden mit Teilruptur der Supraspinatussehne und der begleitenden Schultereckgelenksarthrose zuzuordnen.
Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Gutachten des Dr.G ... Die Gutachten des Prof.Dr.S. und des Dr.B. waren nicht überzeugend.
Die überwiegenden Umstände sprechen gegen einen Kausalzusammenhang der beim Kläger jetzt bestehenden Beschwerden mit dem Unfallereignis.
Dabei ist bereits der Unfallhergang grundsätzlich nicht als geeignet anzusehen, eine Verletzung der Rotatorenmanschette zu verursachen. Zum Unfallzeitpunkt saß der Kläger auf dem Traktor und hatte den rechten Arm nach hinten bewegt, um einen Hebel am Streuer nach hinten zu drücken. In diesem Augenblick fuhr der Traktor mit dem linken Hinterrad in ein großes Furchenloch. Der nach dem Einfedern wieder nach oben schnellende Fahrersitz schlug mit der Rückenlehne von unten auf den rechten Oberarm. Es ist dann zu einem weiteren Schlag auf die Schulter gekommen durch das Einfedern des Düngerstreuers. Es wirkte demnach bei abgespreiztem und gestrecktem Arm durch den nach oben drückenden Schleppersitz eine Kraft ein, die den Oberarmkopf gegen das Schulterdach gedrückt hat. Es lag damit eine im Wesentlichen axiale Stauchungsbelastung der Schulter vor. Axiale Stauchungen bei abgespreiztem Arm führen indessen zu keiner Überdehnung der Rotatorenmanschette, allenfalls zu einer Quetschung oder Stauchung und sind somit ungeeignete Verletzungsmechanismen. Exzentrische bzw. Zugkräfte auf den Arm eventuell verbunden mit Verdreh- oder Rotationskräften lagen nicht vor. Nach der gängigen Begutachtungsliteratur sind jedoch ausschließlich Verletzungsmechanismen geeignet, eine Ruptur hervorzurufen, die zu einer massiven, im Wesentlichen exzentrischen Überdehnung der Rotatorenmanschette führen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl, S 507).
Von entscheidender Bedeutung ist, dass bereits zum Zeitpunkt des Unfallereignisses degenerative Veränderungen im Bereich des Rotatorenmanschettenkomplexes mit Teilruptur der Supraspinatussehne sowie begleitender Schultereckgelenksarthrose bestanden.
Die bestehende Degeneration ist trotz bis zum Zeitpunkt des Unfalls fehlender Beschwerden des Klägers nachgewiesen. Im Rahmen der Kernspintomographie vom 06.02.2001 zeigte sich eine degenerative, schon länger zurückliegende Partialruptur der Supraspinatussehne mit bereits stattgehabtem, zum Teil fettigem Umbau der Supraspinatusmuskulatur. Fettige Umbauprozesse sind nach den Darlegungen des Dr.G. beweisend für länger dauernde Degenerationsprozesse. Es lagen zudem Hinweise für ein subacromiales und subcoracoidales Impingement vor. Es bestand eine deutliche hypertrophe Schultergelenksarthrose mit einer subacromialen Enge, die zu der Degeneration der Supraspinatussehne führte. Hinzu kommt, dass bei Röntgenaufnahmen vom 05.04.2002 ähnliche Veränderungen auch im Ansatzbereich der linken Rotatorenmanschette festgestellt werden konnten. Es bestanden somit anlagebedingte Degenerationsprozesse an beiden Schultergelenken bzw. Rotatorenmanschetten. Nachweisbare Verletzungszeichen konnten indessen in den bildgebenden Verfahren nicht festgestellt werden. Insbesondere war keine Einblutung vorhanden. Ein Gelenkerguß stellt keinen Hinweis für ein entsprechendes Trauma dar, sondern ist auch bei degenerativen Veränderungen nachweisbar.
Dass der Kläger erst seit dem Unfall entsprechende Beschwerden hat, steht dem nicht entgegen. Es ist bekannt, dass degenerative Veränderungen der Rotatorenmanschette in ihrer Ausprägung nicht zwingend mit dem Grad der Schmerzen und der Beschwerden korrelieren. Auch fortgeschrittene degenerative Veränderungen oder gar Defekte der Rotatorenmanschette können ohne wesentliche funktionelle Einbussen und ohne Schmerz- und Beschwerdesymptomatik auftreten.
Auch die beim Kläger nach dem Unfall gegebenen erheblichen Schmerzen sowie der eingetretene Funktionsverlust können eine andere Beurteilung nicht rechtfertigen. Dies gilt auch hinsichtlich des vom Kläger angegebenen Reißgefühls. Die erlittene Zerrung des rechten Schultergelenkes ist nach den Ausführungen des Dr.G. durchaus in der Lage, eine gleiche Beschwerdesymptomatik zu verursachen.
Der Kläger erlitt auf Grund des Arbeitsunfalls nachweisbar lediglich eine Weichteilzerrung ohne bleibende Folgeschäden. Auch eine richtunggebende Verschlimmerung des vorbestehenden degenerativen Leidens durch den Unfall kann nicht angenommen werden. Eine Kontusion führt zu keiner dauerhaften Schädigung eines Gewebes. Da es durch den Unfall zu keiner Schädigung und Verletzung der Rotatorenmanschette selbst gekommen ist, kann es auch zu keiner richtunggebenden Verschlimmerung des vorbestehenden Schadens gekommen sein (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S.511). Es ist vielmehr davon auszugehen, dass durch den Unfall vom 31.01.2001 auch die bestehenden Verschleißerscheinungen akut wurden und zu weiterer Behandlung und Diagnostik führten.
Ein Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der beim Kläger jetzt vorliegenden Gesundheitsstörungen ist somit nicht hinreichend wahrscheinlich. Im Rahmen der Abwägung überwiegen vielmehr die gegen einen Zusammenhang sprechenden Umstände.
Das Gutachten des Prof.Dr.S. kann nicht überzeugen. Es berücksichtigt und diskutiert die degenerativen Schäden nicht ausreichend. Die erheblichen vorbestehenden degenerativen Änderungen sind durch die Kernspintomographie vom 06.02.2001 aber nachgewiesen.
Ebenfalls nicht überzeugen können die Ausführungen des Dr.B. , der zu der Annahme kommt, dass der Unfallmechanismus einem Absturz vergleichbar wäre, bei dem durch Festhalten das ganze Körpergewicht in die Schulter fällt. Dieser Unfallmechanismus ist beim vorliegenden Unfallhergang nicht nachvollziehbar. Entgegen seinen Ausführungen sind die bestehenden Vorschäden auch nicht zu vernachlässigen. Dr.B. räumt selbst eine Verkalkung im Supraspinatusansatz sowie eine Mehrsklerosierung im Bereich des Tuberculum majus ein. Entgegen seiner Darlegung bestanden auch Faktoren, die eine vorzeitige Rotatorendegeneration begünstigten. In der Kernspintomographie waren nach dem Gutachten des Dr.G. Hinweise für ein subacromiales Impingement gegeben sowie Hinweise für eine degenerative, schon länger zurückliegende Partialruptur der Supraspinatussehne mit bereits stattgehabtem, zum Teil fettigem Umbau der Supraspinatusmuskulatur. Diese fettigen Umbauprozesse sind aber beweisend für eine bereits länger dauernde Degeneration. Zudem hatte bereits vor dem Unfall eine deutliche Schultereckgelenksarthrose mit subacromialer Enge bestanden. Der Argumentation des Dr.B. kann daher nicht gefolgt werden.
Das Gutachten des PD Dr.G. kann bereits deswegen nicht herangezogen werden, da es im Auftrag der privaten Unfallversicherung des Klägers eingeholt wurde und damit nach anderen Grundsätzen erstellt ist als sie in der gesetzlichen Unfallversicherung gelten. Eine generalisierende Beurteilung bei der Feststellung eines Unfallzusammenhangs entsprechend der im Zivilrecht geltenden Adäquanztheorie genügt den Anforderungen in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht. Dr.G. begründet zudem den Unfallzusammenhang ausschließlich mit dem Unfallhergang und interpretiert diesen als eine Zugbelastung auf der rechten Schulter bei fixiertem Arm. Der Unfallhergang kann jedoch zutreffend lediglich als axiales Stauchungstrauma gewertet werden. Unabhängig davon kann der Unfallhergang lediglich als Anhaltspunkt, aber nicht als alleiniges Kriterium herangezogen werden.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 20.07.2004 war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 31.01.2001.
Der 1945 geborene Kläger, Landwirt, erlitt am 31.01.2001 einen Arbeitsunfall, als er sich bei Arbeiten auf dem Feld beim Versuch, den Schieber des am Schlepper angebrachten Kunstdüngerstreuers zu schließen, am rechten Oberarm und der Schulter verletzte. Der Kläger drückte mit ausgestrecktem Arm nach hinten einen Hebel am Streuer. In diesem Augenblick fuhr der Schlepper mit dem linken Hinterrad in ein großes Furchenloch. Der nach oben schnellende Fahrersitz schlug mit der Rückenlehne von unten auf den rechten Oberarm, wobei sich der Kläger weiterhin an dem Hebel des Streuers fest hielt. Gleichzeitig erhielt er durch das Einfedern des Düngerstreuers einen weiteren Schlag auf seine Schulter.
Der Kläger beendete seine Tätigkeit und begab sich wegen zunehmender Schmerzen am 02.02.2001 in ärztliche Behandlung bei Dr.R. , Chirurg, Kreiskrankenhaus N ... Dieser diagnostizierte im Durchgangsarztbericht vom 05.02.2001 den Verdacht auf eine Rotatorenmanschettenruptur rechts.
Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte die einschlägigen Röntgen- und Kernspinaufnahmen bei, holte eine Auskunft der Landwirtschaftliche Krankenkasse (LKK) hinsichtlich Vorerkrankungen ein und ein Gutachten des Dr.M. , Facharzt für Orthopädie, vom 14.05.2001.
Dr.M. führte aus, das Ereignis könne nicht als geeignet angesehen werden, deutliche Verletzungen des Schultergelenkes zu bewirken. Es sei von einem Verschleißleiden der Rotatorenmanschette auszugehen. Auf den am 02.02.2001 angefertigten Röntgenaufnahmen seien kalkdichte Verschattungen im Bereich des Ansatzes der Rotatorenmanschette zu finden gewesen. Eine solche Verkalkung weise auf einen degenerativen Vorschaden hin.
Mit Bescheid vom 23.07.2001 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Beschwerden in der rechten Schulter des Klägers als Folge des Unfalls vom 31.01.2001 ab.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2001 als unbegründet zurück. Der vorbestehende Verschleißschaden sei die allein wesentliche Ursache für die vorliegenden Beschwerden.
Gegen diese Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 23.07.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, auf Grund des Arbeitsunfalls vom 31.01.2001 den Kläger mit einer Rente in Höhe von mindestens 30 v.H. zu entschädigen. Er hat ausgeführt, in den Kernspinaufnahmen seien zweifelsfrei eine inkomplette Ruptur und ein Gelenkerguss festgestellt worden. Die Beschwerden des Klägers seien darauf zurückzuführen und unfallbedingt.
Das SG hat die einschlägigen Röntgen- und Kernspinaufnahmen, ein Vorerkrankungsverzeichnis der LKK und einen Befundbericht des Dr.S. , Facharzt für Allgemeinmedizin, vom 26.06.2002 beigezogen und ein Gutachten des Prof.Dr.S. , Unfallchirurg, vom 23.05.2002 mit ergänzender Stellungnahme vom 16.10.2002 eingeholt. Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme des Dr.A. vom 02.07.2002 vorgelegt.
Prof.Dr.S. hat ausgeführt, dass der Kläger bei dem Unfall eine schwere Prellung bzw. Zerrung erlitten habe. Auf Grund der lückenlos bestehenden Brückensymptome sei davon auszugehen, dass die jetzt bestehenden Schäden auf den Unfall zurückzuführen seien. Auf den Röntgenbildern vom 02.02.2001 sehe man zwar degenerative Veränderungen. Das Kernspintomogramm vom 06.02.2001 deute aber aufgrund der erkennbaren Ödembildung auf eine traumatische Läsion des Ansatzpunktes der Supraspinatussehne hin. Als Unfallfolge bestehe eine konzentrische Bewegungseinschränkung der rechten Schulter, eine Behinderung des Kreuz- und Nackengriffs, eine leichte Muskelverschmächtigung am Unter- und Oberarm rechts sowie eine Kraftminderung des rechten Armes mit subjektiven Beschwerden. Die MdE sei auf 20 v.H. zu schätzen.
Dr.A. hat darauf hingewiesen, dass der Rotatorenmanschettenschaden schon vor dem Unfall bestanden habe. Auch wenn das Vorerkrankungsverzeichnis keine Hinweise biete, sei es angesichts des Alters des Klägers und der objektivierbaren Vorschäden unwahrscheinlich, dass vor dem Unfall zu keinem Zeitpunkt eine schmerzhafte Funktionsbeeinträchtigung der Schulter bestanden habe.
Mit Urteil vom 20.07.2004 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der vorliegende Rotatorenmanschettenschaden nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den streitgegenständlichen Unfall zurückzuführen sei. Es seien vielmehr fortgeschrittene degenerative Veränderungen auf Grund der bildgebenden Verfahren nachgewiesen. Das Gutachten des Prof.Dr.S. sei nicht überzeugend, soweit er davon ausgehe, dass eine schwere Prellung oder Zerrung zu einer schmerzhaften Versteifung der Schulter führen könne. Der bereits vorbestehende Rotatorenmanschettenschaden werde außer Acht gelassen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und ein Gutachten des PD Dr.G. , Chirurg, vorgelegt, das im Auftrag der privaten Unfallversicherung des Klägers erstellt worden ist. Darin ist ausgeführt, dass ein adäquates Trauma vorgelegen habe, welches zu einer Rotatorenmanschettenläsion rechts geführt habe. Die bildgebenden Verfahren hätten keinen Hinweis auf degenerative, das altersübliche Maß überschreitende Veränderungen ergeben.
Der Senat hat die einschlägigen Röntgen- und Kernspinaufnahmen beigezogen und eine ergänzende Stellungnahme des Prof.Dr.S. vom 11.04.2005, ein Gutachten des Dr.G. , Facharzt für Orthopädie, vom 01.06.2006 mit radiologischem Zusatzgutachten vom 05.06.2007 und ergänzenden Stellungnahmen vom 19.07.2006 und 13.06.2007 und auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten des Dr.B. , Arzt für Orthopädie, vom 05.03.2007 eingeholt. Die Beklagte hat ein Gutachten nach Aktenlage von Prof.Dr.B./Prof.Dr.H. vom 20.06.2005 vorgelegt.
Prof.Dr.S. hat darauf hingewiesen, dass eine Ruptur oder Teilruptur der Rotatorenmanschette durch den Unfall nicht eingetreten sei. Die erlittene erhebliche Zerrung habe aber zu den jetzigen Funktionseinschränkungen der rechten Schulter geführt. Trotz der erheblichen degenerativen Vorschäden hätten keine funktionellen Ausfälle vor dem 31.01.2001 objektiviert werden können.
Dr.G. hat ausgeführt, der Kläger habe sich durch den Unfall vom 31.01.2001 eine Prellung der rechten Schulter zugezogen. Vorbestehend sei ein degenerativer Rotatorenmanschettenschaden mit Teilruptur der Supraspinatussehne sowie einer Schultereckgelenksarthrose. Gegen einen unfallbedingten Rotatorenmanschettenschaden sprächen der ungeeignete Unfallmechanismus sowie die zeitnah zum Unfall durchgeführte bildgebende Diagnostik. Es hätten sich dabei keine traumatischen Veränderungen gezeigt, sondern ausschließlich degenerative Veränderungen, die auf einen schon länger zurückliegenden Degenerationsprozess schließen ließen. Die vorgelegene räumliche subacromiale Enge führe vor allem durch die Schultereckgelenksarthrose zu einer Degeneration der Supraspinatussehne. Als eindeutiger Hinweis für eine schon länger bestehende Partialruptur und Degeneration der Supraspinatussehne sei die fettige Degeneration an Muskel-Sehnenübergang gegeben.
Dr.B. hat dargelegt, dass es bei dem Unfall nicht nur zu einer schweren Zerrung, sondern zu einer Rotatorenmanschettenruptur gekommen sei. Der Unfallmechanismus sei am ehesten mit einem Absturz vergleichbar, bei dem durch Festhalten das ganze Körpergewicht in die Schulter falle. Dies entspreche einem geeigneten Unfallhergang. Der Kläger habe sofort die Arbeit abgebrochen. Die Schmerzen seien am zweiten Tag nach dem Unfall nicht besser, sondern eher schlimmer geworden. Ein vorbestehendes Beschwerdebild sei nicht nachweisbar. Einzig die zwei Tage nach dem Unfallereignis konventionell radiologisch nachgewiesene winzige Verkalkung im Supraspinatussehnenansatz und eine wenig signifikante Mehrsklerosierung im Bereich des Tuberculum majus belege eine gewisse vorbestehende Degeneration der Supraspinatussehne. Es sei jedoch nicht statthaft, daraus eine stumme Schadensanlage herzuleiten. Die unfallbedingte MdE betrage 20 v.H.
Prof.Dr.B./Prof.Dr.H. haben ausgeführt, dass sich der Kläger lediglich eine Prellung der rechten Schulter zugezogen habe. Die bildgebenden Befunde zeigten keine Verletzungszeichen an der rechten Schulter. Vielmehr seien ausschließlich verschleißbedingte Veränderungen und in der Folge ein Gelenkserguss festgestellt worden. In der Kernspintomographie sei eine Schultereckgelenksarthrose nachgewiesen sowie eine fortgeschrittene degenerative Veränderung an der Supraspinatussehne sowie eine inkomplette Ruptur. Die Ruptur sei jedoch nicht im Sinne einer Defektbildung zu verstehen, denn eine solche habe nicht stattgefunden.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 20.07.2004 und des Bescheides vom 23.07.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2001 zu verurteilen, beim Kläger einen Riss der Rotatorenmanschette der rechten Schulter als Folge des Unfalls vom 31.01.2001 festzustellen und ihm Verletztenrente nach einer MdE von 20. v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 20.07.2004 zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten sowie der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 20.07.2004 ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente hat. Der beim Kläger vorliegende Rotatorenmanschettenschaden ist nicht mit Wahrscheinlichkeit im Sinne einer wesentlichen Ursache auf das Unfallereignis vom 31.01.2001 zurückzuführen.
Nach § 56 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) haben Versicherte Anspruch auf eine Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um mindesten 20 vom Hundert (v.H.) gemindert ist.
Gesundheits- oder Körperschäden sind Folgen eines Arbeitsunfalls, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf den Unfall zurückzuführen sind. Dabei müssen die Gesundheits- und Körperschäden "voll", das heißt mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Dagegen gilt die Beweiserleichterung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang im Sinne der wesentlichen Bedingung zwischen der versicherten Tätigkeit und der zum Unfall führenden Verrichtung und dem Unfall selbst sowie zwischen dem Unfall und der maßgebenden Erkrankung. Nach dem in der Unfallversicherung geltenden Prinzip der wesentlichen Mitverursachung ist nur diejenige Bedingung als ursächlich für einen Unfall anzusehen, die im Verhältnis zu anderen Umständen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg und dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. Die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper- und Gesundheitsschaden und dem Arbeitsunfall ist gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die auf dem Unfall beruhenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann und wenn die gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Faktoren außer Betracht bleiben können, d.h. nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSGE 32, 203, 209; 45, 285, 286).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Auffassung gelang, dass der Kläger am 31.01.2001 einen Arbeitsunfall erlitt, der keine Gesundheitsstörungen zur Folge hatte, die bleibende Schäden hervorgerufen haben. Es ist bei dem Unfall zu einer Prellung der rechten Schulter gekommen, welche ohne funktionell relevante Folgen ausgeheilt ist. Die beim Kläger jetzt vorhandene Beschwerdeproblematik ist dem degenerativen Rotatorenmanschettenschaden mit Teilruptur der Supraspinatussehne und der begleitenden Schultereckgelenksarthrose zuzuordnen.
Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Gutachten des Dr.G ... Die Gutachten des Prof.Dr.S. und des Dr.B. waren nicht überzeugend.
Die überwiegenden Umstände sprechen gegen einen Kausalzusammenhang der beim Kläger jetzt bestehenden Beschwerden mit dem Unfallereignis.
Dabei ist bereits der Unfallhergang grundsätzlich nicht als geeignet anzusehen, eine Verletzung der Rotatorenmanschette zu verursachen. Zum Unfallzeitpunkt saß der Kläger auf dem Traktor und hatte den rechten Arm nach hinten bewegt, um einen Hebel am Streuer nach hinten zu drücken. In diesem Augenblick fuhr der Traktor mit dem linken Hinterrad in ein großes Furchenloch. Der nach dem Einfedern wieder nach oben schnellende Fahrersitz schlug mit der Rückenlehne von unten auf den rechten Oberarm. Es ist dann zu einem weiteren Schlag auf die Schulter gekommen durch das Einfedern des Düngerstreuers. Es wirkte demnach bei abgespreiztem und gestrecktem Arm durch den nach oben drückenden Schleppersitz eine Kraft ein, die den Oberarmkopf gegen das Schulterdach gedrückt hat. Es lag damit eine im Wesentlichen axiale Stauchungsbelastung der Schulter vor. Axiale Stauchungen bei abgespreiztem Arm führen indessen zu keiner Überdehnung der Rotatorenmanschette, allenfalls zu einer Quetschung oder Stauchung und sind somit ungeeignete Verletzungsmechanismen. Exzentrische bzw. Zugkräfte auf den Arm eventuell verbunden mit Verdreh- oder Rotationskräften lagen nicht vor. Nach der gängigen Begutachtungsliteratur sind jedoch ausschließlich Verletzungsmechanismen geeignet, eine Ruptur hervorzurufen, die zu einer massiven, im Wesentlichen exzentrischen Überdehnung der Rotatorenmanschette führen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl, S 507).
Von entscheidender Bedeutung ist, dass bereits zum Zeitpunkt des Unfallereignisses degenerative Veränderungen im Bereich des Rotatorenmanschettenkomplexes mit Teilruptur der Supraspinatussehne sowie begleitender Schultereckgelenksarthrose bestanden.
Die bestehende Degeneration ist trotz bis zum Zeitpunkt des Unfalls fehlender Beschwerden des Klägers nachgewiesen. Im Rahmen der Kernspintomographie vom 06.02.2001 zeigte sich eine degenerative, schon länger zurückliegende Partialruptur der Supraspinatussehne mit bereits stattgehabtem, zum Teil fettigem Umbau der Supraspinatusmuskulatur. Fettige Umbauprozesse sind nach den Darlegungen des Dr.G. beweisend für länger dauernde Degenerationsprozesse. Es lagen zudem Hinweise für ein subacromiales und subcoracoidales Impingement vor. Es bestand eine deutliche hypertrophe Schultergelenksarthrose mit einer subacromialen Enge, die zu der Degeneration der Supraspinatussehne führte. Hinzu kommt, dass bei Röntgenaufnahmen vom 05.04.2002 ähnliche Veränderungen auch im Ansatzbereich der linken Rotatorenmanschette festgestellt werden konnten. Es bestanden somit anlagebedingte Degenerationsprozesse an beiden Schultergelenken bzw. Rotatorenmanschetten. Nachweisbare Verletzungszeichen konnten indessen in den bildgebenden Verfahren nicht festgestellt werden. Insbesondere war keine Einblutung vorhanden. Ein Gelenkerguß stellt keinen Hinweis für ein entsprechendes Trauma dar, sondern ist auch bei degenerativen Veränderungen nachweisbar.
Dass der Kläger erst seit dem Unfall entsprechende Beschwerden hat, steht dem nicht entgegen. Es ist bekannt, dass degenerative Veränderungen der Rotatorenmanschette in ihrer Ausprägung nicht zwingend mit dem Grad der Schmerzen und der Beschwerden korrelieren. Auch fortgeschrittene degenerative Veränderungen oder gar Defekte der Rotatorenmanschette können ohne wesentliche funktionelle Einbussen und ohne Schmerz- und Beschwerdesymptomatik auftreten.
Auch die beim Kläger nach dem Unfall gegebenen erheblichen Schmerzen sowie der eingetretene Funktionsverlust können eine andere Beurteilung nicht rechtfertigen. Dies gilt auch hinsichtlich des vom Kläger angegebenen Reißgefühls. Die erlittene Zerrung des rechten Schultergelenkes ist nach den Ausführungen des Dr.G. durchaus in der Lage, eine gleiche Beschwerdesymptomatik zu verursachen.
Der Kläger erlitt auf Grund des Arbeitsunfalls nachweisbar lediglich eine Weichteilzerrung ohne bleibende Folgeschäden. Auch eine richtunggebende Verschlimmerung des vorbestehenden degenerativen Leidens durch den Unfall kann nicht angenommen werden. Eine Kontusion führt zu keiner dauerhaften Schädigung eines Gewebes. Da es durch den Unfall zu keiner Schädigung und Verletzung der Rotatorenmanschette selbst gekommen ist, kann es auch zu keiner richtunggebenden Verschlimmerung des vorbestehenden Schadens gekommen sein (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S.511). Es ist vielmehr davon auszugehen, dass durch den Unfall vom 31.01.2001 auch die bestehenden Verschleißerscheinungen akut wurden und zu weiterer Behandlung und Diagnostik führten.
Ein Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der beim Kläger jetzt vorliegenden Gesundheitsstörungen ist somit nicht hinreichend wahrscheinlich. Im Rahmen der Abwägung überwiegen vielmehr die gegen einen Zusammenhang sprechenden Umstände.
Das Gutachten des Prof.Dr.S. kann nicht überzeugen. Es berücksichtigt und diskutiert die degenerativen Schäden nicht ausreichend. Die erheblichen vorbestehenden degenerativen Änderungen sind durch die Kernspintomographie vom 06.02.2001 aber nachgewiesen.
Ebenfalls nicht überzeugen können die Ausführungen des Dr.B. , der zu der Annahme kommt, dass der Unfallmechanismus einem Absturz vergleichbar wäre, bei dem durch Festhalten das ganze Körpergewicht in die Schulter fällt. Dieser Unfallmechanismus ist beim vorliegenden Unfallhergang nicht nachvollziehbar. Entgegen seinen Ausführungen sind die bestehenden Vorschäden auch nicht zu vernachlässigen. Dr.B. räumt selbst eine Verkalkung im Supraspinatusansatz sowie eine Mehrsklerosierung im Bereich des Tuberculum majus ein. Entgegen seiner Darlegung bestanden auch Faktoren, die eine vorzeitige Rotatorendegeneration begünstigten. In der Kernspintomographie waren nach dem Gutachten des Dr.G. Hinweise für ein subacromiales Impingement gegeben sowie Hinweise für eine degenerative, schon länger zurückliegende Partialruptur der Supraspinatussehne mit bereits stattgehabtem, zum Teil fettigem Umbau der Supraspinatusmuskulatur. Diese fettigen Umbauprozesse sind aber beweisend für eine bereits länger dauernde Degeneration. Zudem hatte bereits vor dem Unfall eine deutliche Schultereckgelenksarthrose mit subacromialer Enge bestanden. Der Argumentation des Dr.B. kann daher nicht gefolgt werden.
Das Gutachten des PD Dr.G. kann bereits deswegen nicht herangezogen werden, da es im Auftrag der privaten Unfallversicherung des Klägers eingeholt wurde und damit nach anderen Grundsätzen erstellt ist als sie in der gesetzlichen Unfallversicherung gelten. Eine generalisierende Beurteilung bei der Feststellung eines Unfallzusammenhangs entsprechend der im Zivilrecht geltenden Adäquanztheorie genügt den Anforderungen in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht. Dr.G. begründet zudem den Unfallzusammenhang ausschließlich mit dem Unfallhergang und interpretiert diesen als eine Zugbelastung auf der rechten Schulter bei fixiertem Arm. Der Unfallhergang kann jedoch zutreffend lediglich als axiales Stauchungstrauma gewertet werden. Unabhängig davon kann der Unfallhergang lediglich als Anhaltspunkt, aber nicht als alleiniges Kriterium herangezogen werden.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 20.07.2004 war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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