L 25 B 443/08 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 25 AS 2162/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 B 443/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 19. Februar 2008 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe:

1. Die Beschwerde des Antragsgegners ist in vollem Umfang zulässig gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG), sie ist jedoch nicht begründet.

a) Dies ergibt sich zum Einen daraus, dass das Sozialgericht zu Recht für die Zeit ab dem 19. Februar 2008 einen Anordnungsgrund sowie – gestützt auf die hier verfassungsrechtlich gebotene Folgenabwägung – auch zu Recht einen Anordnungsanspruch der Antragstellerin bejaht hat. Der Senat folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung und sieht diesbezüglich gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Gründe ab. Auch das weitere Vorbringen des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren vermag nicht zu einer anderen Entscheidung zu führen. So ist es insbesondere nicht ausschlaggebend von Bedeutung, dass die Erfolgsaussichten des Verfahrens in der Hauptsache als durchaus offen zu bewerten sind und erst nach einer weiteren Sachaufklärung mit voraussichtlicher Beweisaufnahme eine abschließende Bewertung der tatsächlichen Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin vorgenommen werden kann. Weil dies jedoch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich ist, ist ungeachtet der offenen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache die von dem Sozialgericht zu Recht durchgeführte Folgenabwägung vorzunehmen.

b) Zum Anderen erscheint die Beschwerde des Antragsgegners – jedenfalls soweit sie sich auf den Leistungszeitraum von Februar bis April 2008 bezieht – nach Aktenlage auch deswegen unbegründet, weil ihr im Hinblick auf diesen Leistungszeitraum das für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erforderliche eilige Regelungsbedürfnis mittlerweile fehlen dürfte. Ebenso, wie der Senat in ständiger Rechtsprechung gesteigerte Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes auf Seiten der Antragsteller in Verfahren nach § 86b Abs. 2 SGG stellt und in aller Regel keine Leistungen für die Vergangenheit zuspricht, sind – spiegelbildlich – auch gesteigerte Anforderungen an das Vorliegen eines eiligen Regelungsbedürfnisses auf Seiten eines die Beschwerde führenden Antragsgegners zu stellen. Dies folgt aus der besonderen Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz und der darin enthaltenen Garantie effektiven Rechtsschutzes. Die Funktion dieses einstweiligen Rechtsschutzes besteht allein darin, in den Fällen für vorläufigen Rechtsschutz zu sorgen, in denen der – grundsätzlich vorrangige – Rechtsschutz des Verfahrens der Hauptsache zu spät käme oder aus anderen Gründen keinen ausreichenden, insbesondere keinen effektiven Rechtsschutz bieten kann. Daraus folgt, dass – sowohl für Antragsteller als auch für Antragsgegner – Rechtsbehelfe und Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes dann keinen Erfolg haben können, wenn dem jeweils Rechtsschutz Suchenden das Zuwarten auf den Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache zumutbar ist.

Diese Voraussetzungen sind nach Aktenlage vorliegend für den Antragsgegner erfüllt, denn ihm ist nunmehr jedenfalls für den Leistungszeitraum bis zum 30. April 2008 das Zuwarten auf den Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache zumutbar. Der Senat geht nach Aktenlage davon aus, dass die von dem Sozialgericht vorläufig zugesprochenen Leistungen jedenfalls für die Monate Februar bis April bereits tatsächlich an die Antragstellerin ausgezahlt wurden. Hierzu war der Antragsgegner auch verpflichtet, weil die einstweilige Anordnung des Sozialgerichts gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 SGG (vorläufig) vollstreckbar ist und der Antragsgegner keinen Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung gemäß § 199 Abs. 2 SGG gestellt hat. Im Übrigen wäre angesichts der Erwägungen zu oben a) ein derartiger Antrag voraussichtlich auch nicht erfolgreich gewesen.

Dies bedeutet jedoch zugleich, dass der Antragsgegner – selbst wenn er jetzt im Verfahren der Beschwerde erfolgreich wäre – allenfalls erreichen könnte, dass er möglicherweise die bereits an die Antragstellerin ausgezahlten Beträge zurückfordern könnte. Hierbei wäre er jedoch an alle Schuldnerschutzvorschriften gebunden, insbesondere auch an die Vorschriften über Pfändungsfreigrenzen und Einschränkungen der Verrechnungsmöglichkeiten. Gegenwärtig ist nicht damit zu rechnen, dass der Antragsgegner innerhalb kurzer Frist in die Lage versetzt werden könnte, gegebenenfalls die ausgezahlten Geldbeträge von der Antragstellerin zurückzuerhalten. Vor diesem Hintergrund besteht nach den vorgenannten Maßstäben kein eiliges Regelungsbedürfnis mehr für den Antragsgegner bezogen auf die Durchführung des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes, soweit die Monate Februar bis April 2008 betroffen sind. Vielmehr ist dem Antragsgegner insoweit uneingeschränkt zumutbar, den Ausgang des Verfahrens der Hauptsache abzuwarten und dort nach einem etwaigen Obsiegen die mögliche Rückforderung ausgezahlter Beträge zu prüfen. Sollte im Übrigen zwischenzeitlich eine wesentliche Besserung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin erkennbar werden, steht dem Antragsgegner auch die Möglichkeit eines an das Sozialgericht zu richtenden Abänderungsantrages bezüglich des angefochtenen Beschlusses auch nach Eintritt von dessen Rechtskraft zur Verfügung.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
Saved