Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 30 RJ 2524/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 R 217/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Januar 2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der im Jahre 1945 geborene Kläger, der seit 01. Oktober 2006 Altersrente bezieht, erlernte von 1960 bis 1963 den Beruf des Tischlers. In diesem arbeitete er bis 1966, danach als Zaunsteller und Einschaler im Tiefbau. Dort war er von 1967 bis Mai 1998 tätig. Der letzte Arbeitgeber war die S GmbH in B. Das Beschäftigungsverhältnis endete wegen der Stilllegung des Betriebes.
Vom 04. November 1998 bis 25. November 1998 durchlief der Kläger in der Kurklinik B eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation. Nach dem Entlassungsbericht vom 27. November 1998 hielten die Kurärzte ihn nicht mehr für fähig, als Baggerfahrer beziehungsweise Vorarbeiter im Tiefbau zu arbeiten. Leichte körperliche Tätigkeiten hingegen könne er noch vollschichtig verrichten.
Auf den Rentenantrag vom 07. September 2000 hin ließ die Beklagte den Kläger durch den Arbeitsmediziner Dr. B untersuchen. In dem Gutachten vom 15. Januar 2001 gelangte auch dieser zu der Auffassung, der Kläger könne im Bereich des Bauwesens nicht mehr drei Stunden täglich eingesetzt werden, leichte körperliche Arbeiten jedoch vollschichtig verrichten.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab (Bescheid vom 26. Februar 2001).
Den Widerspruch hiergegen vom 23. März 2001 begründete der Kläger damit, er sei ein besonders hoch qualifizierter Facharbeiter, nämlich Bauvorarbeiter, gewesen, so dass die Beklagte einen Verweisungsberuf benennen müsse. Der Kläger brachte eine Bescheinigung seines letzten Arbeitgebers vom 21. April 1997 und eine Meldung dieses Arbeitgebers an die AOK Berlin bei, in denen er jeweils als Vorarbeiter bezeichnet wurde. Vorgelegt wurden auch Versicherungskarten des Klägers, aus denen hervorging, dass Facharbeitertätigkeiten ausgeübt wurden. Auch in einer Arbeitsbescheinigung für die Arbeitsverwaltung war der Kläger als Vorarbeiter bezeichnet worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08. Oktober 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Der Kläger sei zumindest zu 50 % als Baggerfahrer tätig gewesen und somit dem Bereich der oberen Anlerntätigkeiten zuzuordnen.
Hiergegen hat sich die am 07. November 2001 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage gerichtet. Zur Begründung hat der Kläger zum einen vorgetragen, die Beklagte habe seine gesundheitlichen Einschränkungen unzureichend berücksichtigt und er genieße Berufsschutz als Bauvorarbeiter. Von 1977 bis 1998 habe er als Vorarbeiter und Baustellenleiter für Schachtarbeiten im Rahmen einer Fernheizungsmontage gearbeitet und zehn bis 15 Arbeitnehmer, nämlich Facharbeiter Betonbauer und Eisenbieger, beaufsichtigt und geführt. Daher stehe ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, zumindest aber wegen Berufsunfähigkeit zu.
Die Beklagte ist dem unter Bezugnahme auf die Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegengetreten.
Das Gericht hat Befundberichte des behandelnden Arztes des Klägers eingeholt und mit Beweisanordnung vom 26. Mai 2003 den Orthopäden Dr. S zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens über das dem Kläger verbliebene Leistungsvermögen beauftragt. In dem Gutachten vom 04. Dezember 2003 ist Dr. S bei den Diagnosen Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule, die nach rechts und links lumbal ausstrahlen, mit Taubheitsgefühl im linken äußeren Oberschenkel bei einem Bandscheibenprolaps L3/L4 rechts zu der Auffassung gelangt, der Kläger könne nur noch körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder sitzender und stehender Position unter Vermeidung von Zwangshaltungen verrichten.
Auf berufskundlichem Gebiet hat das Sozialgericht eine Arbeitgeberauskunft der S GmbH eingeholt. Danach war der Kläger als Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion und als Baggerfahrer eingesetzt und tariflich als Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion eingesetzt und entlohnt.
Mit Urteil vom 13. Januar 2005 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer zu gewähren, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, nach dem Ergebnis der medizinischen und berufskundlichen Ermittlungen könne der Kläger noch vollschichtig leichte Arbeiten verrichten, sei dementsprechend nicht erwerbsunfähig. Er sei aber als Vorarbeiter anzusehen und die Beklagte habe keinen Verweisungsberuf benannt.
Gegen dieses der Beklagten am 18. Februar 2005 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 04. März 2005. Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger sei nicht als Vorarbeiter anzusehen, da er auch als Baggerfahrer tätig war, so dass er den entsprechenden Berufsschutz nicht genieße.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Januar 2005 zu ändern und die Klage in vollem Umfange abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Er hat die Erklärung des Herrn W S, des ehemaligen geschäftsführenden Gesellschafters des letzten Arbeitgebers des Klägers beigebracht. Danach sei der Kläger zirka 20 Jahre lang dort tätig gewesen, er habe ihn bereits aus früheren Tätigkeiten, wo er als Bauführer tätig gewesen sei, kennen gelernt. Bereits dort sei der Kläger als Vorarbeiter und Baggerfahrer tätig gewesen. Als er dann eine eigene Firma gegründet habe, habe er ihn mitgenommen. Wegen eines Bandscheibenvorfalls ungefähr im Jahre 1990 habe der Kläger wegen der Schwingungen des Gerätes nicht mehr als Baggerfahrer arbeiten können und habe daher fast ausschließlich als Vorarbeiter gearbeitet. Er habe die Baustellen, mit denen er ihn betraut habe, selbständig geleitet und die durchzuführenden Arbeiten ohne jegliche Vorgaben angeordnet, ausgeführt und überwacht. Er habe eine Kolonne von zirka fünf Leuten und teilweise bei größeren Baustellen auch bis zu 15 Mitarbeitern angeleitet. Dazu gehörten angelernte Arbeiter, die er selbst einstellen und entlassen konnte, und Facharbeiter wie Betonbauer, Eisenbieger und Steinsetzer, deren Einstellungen und Entlassungen aber der Firmenleitung vorbehalten geblieben seien. Baggerfahrer habe er dahingehend zu beurteilen gehabt, ob sie für eine Tätigkeit in der Firma brauchbar seien. Die Firma sei nicht tarifgebunden gewesen, doch die Bezahlung sei in Anlehnung an den Tarifvertrag für das Bauhauptgewerbe erfolgt. Der Kläger sei als Vorarbeiter bezahlt worden.
Der Senat hat Herrn W L zum berufskundigen Sachverständigen ernannt. Dieser hat sein Gutachten am 09. September 2007 erstattet. Darin legt der Sachverständige dar, der Kläger habe zuletzt ab etwa 1990 eine alleinige Vorarbeitertätigkeit ausgeübt und bei dem medizinisch festgestellten Leistungsvermögen könne er keine Tätigkeiten benennen, die der Kläger noch verrichten könne und die der Anlern- oder Facharbeiterebene zuzurechnen seien. Er halte jedoch die klassische Vorgesetztentätigkeit im rentenrechtlichen Sinne nicht für erreicht, da diese bei Tätigkeiten im Baugewerbe regelmäßig mit der Tätigkeit eines Poliers beginne, für den ein entsprechender Lehrgang besucht werden könne. Ergänzend hat der Sachverständige mitgeteilt, das Gehalt habe oberhalb der Facharbeiterebene gelegen. Der Kläger könne auch nicht im öffentlichen Dienst für Tätigkeiten die nach der Vergütungsgruppe VIII des ehemaligen BAT, heute Entgeltgruppe 3, entlohnt würden, eingesetzt werden, da ihm grundlegende Vorkenntnisse fehlten. Als Zigarettenautomatenauffüller könne er nicht arbeiten, da dazu Fahrzeuge beladen werden müssten, was dem Kläger nicht zumutbar sei.
Am 29. Januar 2008 hat der Sachverständige ergänzend dargelegt, dass die Entlohnung des Klägers nach der Lohntabelle für Schleswig-Holstein und Hamburg für das Bauhauptgewerbe in der Berufsgruppe I den Werkpolieren vorbehalten sei.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung sein wird, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, so dass das dies aussprechende Urteil des Sozialgerichts keiner Beanstandung unterliegt, die entgegenstehenden Bescheide hingegen ihn in seinen Rechten verletzen.
Als Anspruchsgrundlage kommen auch weiterhin die §§ 43 und 44 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung SGB VI in der Fassung des vor dem am 01. August 2001 in Kraft getretenen Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 in Betracht.
Nach § 300 Abs. 2 SGB VI sind aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuches auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin geltend gemachten Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. Dies ist vorliegend der Fall, denn der maßgebende Antrag wurde bereit im September 2000 gestellt.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI alter Fassung a. F. haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie berufsunfähig sind und weitere beitragsbezogene Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 SGB VI a. F.).
Der Kläger ist hiernach berufsunfähig. Er kann weder in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Vorarbeiter und Baggerfahrer im Bereich des Tiefbaues noch in zumutbaren Verweisungstätigkeiten arbeiten.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Dies ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn diese zugleich die qualitativ höchste ist (Bundessozialgericht BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 94, 130). Allerdings bleibt eine frühere versicherungspflichtige Beschäftigung maßgeblicher Beruf, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben wurde (vgl. BSGE 2, 181, 187; BSG SozR RVO § 1246 Nrn. 33, 57 und 94; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 158).
Die Tätigkeit eines Vorarbeiters und Baggerfahrers ist hiernach maßgeblicher Beruf des Klägers. Er hat, nachdem er den Beruf des Tischlers erlernt hatte, sich der Tätigkeit als Einschaler im Tiefbau, also ebenfalls einer holzverarbeitenden Tätigkeit, zugewandt und sich dann im Verlaufe eines jahrzehntelangen Berufslebens im Tiefbau zum Vorarbeiter und Baggerfahrer qualifiziert. Der Senat hat insoweit keine Veranlassung, an den Angaben des Klägers zu zweifeln, dass er seit ungefähr 1990 überwiegend als Vorarbeiter und nur noch zu einem kleineren Teil als Baggerfahrer tätig war. Der Beklagten ist zwar darin zuzustimmen, dass der Kläger sich selbst durchgängig als Vorarbeiter und Baggerfahrer bezeichnet hat, ihre Annahme jedoch, die Tätigkeit als Baggerfahrer habe zumindest die Hälfte der Arbeitszeit ausgemacht, findet sich lediglich in der Berufsanamnese des Dr. M vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Berlin e. V. MDK - vom 18. August 1998. Diese Berufsanamnese stammt nicht vom Kläger selbst, sondern stellt eine Wiedergabe des Gesprächs des Klägers mit dem Gutachter dar, der insofern kein höherer Beweiswert als den Angaben des Klägers selbst zukommen kann. Insbesondere ist dabei auch zu beachten, dass der ehemalige Vorgesetzte S versichert hat, der Kläger sei ab 1990 überwiegend Vorarbeiter gewesen. Diese Angaben sind schon deswegen als glaubhaft anzusehen, da sie im Übrigen durch weitere Beweismittel nämlich die Angaben der ehemaligen Kollegen des Klägers und in Bezug auf die Höhe des Gehalts durch die Feststellungen des Sachverständigen L bestätigt worden sind.
Darüber hinaus ist diese Annahme in sich schlüssig, denn es ist unbestritten, dass der Kläger zumindest seit Ende der 80 er Jahre des letzten Jahrhunderts an erheblichen Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule gelitten hat, die sich im Jahre 1998 verstärkten. Dass Arbeitnehmer mit derartigen Beschwerden, um einen Einsatz überhaupt zu ermöglichen, aus dem Bereich der körperlich belastenden Tätigkeit eines Baggerfahrers herausgenommen und dort nur dann vorübergehend eingesetzt werden, wenn dies betrieblich unumgänglich ist, leuchtet unmittelbar ein. Schließlich steht durch die Gehaltsnachweise des Klägers und deren Auswertung durch den Sachverständigen L fest, dass der Kläger nicht nur als Vorarbeiter (Stufe II des Tarifvertrages), sondern sogar als Werkpolier (Stufe I des Tarifvertrages) entlohnt wurde. Es ist nicht anzunehmen, dass ein Arbeitnehmer, dessen Berufsausübung durch die Tätigkeit als Baggerfahrer wesentlich geprägt ist, nicht in die diesem entsprechende Berufsgruppe, sondern mehrere Berufsgruppen höher, in die höchste, die dem Tarifwerk zugrunde liegt, eingruppiert wird. Schließlich ist auch zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des BSG die Bestimmung der Wertigkeit einer Tätigkeit den Vertragsparteien des Arbeitslebens zukommt und die Eingruppierung ein wesentliches Merkmal für die Wertigkeit der Tätigkeit darstellt. Diese Tätigkeit kann der Kläger, wie sich aus den Feststellungen der Beklagten und den medizinischen Ermittlungen des Sozialgerichts ergibt, nicht mehr ausüben. Dies dürfte auch unstreitig sein.
Die Unfähigkeit des Klägers, den Beruf eines Vorarbeiters und Baggerfahrers im Baugewerbe auszuüben, begründet Berufsunfähigkeit. Ausgehend von diesem Beruf muss er sich nur auf Anlern- beziehungsweise Facharbeitertätigkeiten verweisen lassen, die von der Beklagten nicht benannt worden sind.
Nach § 240 Abs. 2 SGB VI können Versicherten grundsätzlich nur solche Tätigkeiten zugemutet werden, die in ihrer Wertigkeit dem bisherigen Beruf nicht zu fern stehen (vgl. dazu BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 50 m. w. N.).
Nach dem vom BSG zur Bestimmung der Wertigkeit eines Berufs entwickelten Mehrstufenschema sind die Arbeiterberufe in vier Gruppen eingeteilt, nämlich die des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion beziehungsweise des besonders qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters (Einarbeitung beziehungsweise Einweisung von weniger als drei Monaten). Im Rahmen dieses Mehrstufenschemas dürfen Versicherte, ausgehend von einer hiernach erfolgten Einstufung ihres bisherigen Berufes, nur auf die jeweils nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden. Die Stufe des angelernten Arbeiters wird, da es sich um eine vielschichtige und inhomogene Gruppe handelt, in einen oberen Bereich (mit einer Anlernzeit von mehr als zwölf Monaten bis zu zwei Jahren) und in einen unteren Bereich (mit einer Anlernzeit von drei bis zu zwölf Monaten) unterteilt (BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 45).
Davon ausgehend ist die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit zumindest der Gruppe der Facharbeiter zuzurechnen, wobei starke Indizien auch dafür sprechen, dass es sich sogar um die Tätigkeit eines Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion handelt. Dies kann letztlich jedoch dahingestellt bleiben, da in beiden Fällen keine zumutbare Verweisungstätigkeit benannt ist. Dem Sachverständigen L dürfte insoweit zuzustimmen sein, dass die Tarifvertragsparteien, wenn sie den Werkpolier als oberste Gruppe der Facharbeiter definiert haben, damit in der Regel solche Baufacharbeiter meinten, die einen zusätzlichen Polierlehrgang durchlaufen haben. Dies trifft jedoch auf die nächst folgende Stufe, nämlich die Berufsgruppe II der Bauvorarbeiter, nicht mehr zu. Diese Tätigkeit, definiert als Vorarbeiter im Kanalbau, Rohrleitungsbau, Vorarbeiter Drittelsführer im Schacht- und Tunnelbau, könnte dann, wenn, wie im Falle des Klägers, Facharbeiter angeleitet werden, durchaus neben den Werkpolieren auch die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die oberste Stufe des Mehrstufenschemas rechtfertigen, zumal wenn, wie hier, der Lohn eines Werkpoliers gezahlt wurde. Dass der Kläger jedoch zumindest "einfacher" Facharbeiter ist, unterliegt keinen vernünftigen Zweifeln. Damit jedoch wäre ihm eine Anlerntätigkeit von der Beklagten zu benennen gewesen, die dem Kläger medizinisch zumutbar ist und die er in einer Einarbeitungszeit von bis zu drei Monaten vollwertig konkurrenzfähig auf dem Arbeitsmarkt ausüben kann.
Dies ist nicht geschehen:
Der Sachverständige L hat überzeugend dargelegt, dass ihm solche Tätigkeiten auch nicht erkennbar sind und dass der Kläger als Fachangestellter nach Besoldungsgruppe BAT VIII wegen seiner fehlenden Fachkenntnisse, die er nicht in drei Monaten erlernen kann, nicht einsetzbar ist. Er hat weiter dargelegt, dass der Kläger auch nicht als Zigarettenautomatenauffüller arbeiten kann, da dies mit dem Beladen von Lieferwagen verbunden ist, was dem Kläger nicht zumutbar sei. Zwar sei die sozialmedizinische Definition leichter Arbeiten auf das Heben und Tragen von Lasten von weniger als 10 kg beschränkt, die Zigarettenkartons wögen durchschnittlich 9 kg. Allerdings belasteten Zwangshaltungen beim Bewegen der Güter die Arbeit um eine Stufe höher, also hier mittelschwer. Da die Beladearbeit im engen Fahrzeug durchgeführt werde, sei sie als mittelschwer anzusehen, auch wenn nur Tätigkeiten ohne Zeitdruck verrichtet würden und solche, die ohne extreme Umweltbelastungen ausgeübt werden. Beides sei aber nicht möglich. Der Beobachtung der Verkehrssituation, Anlesen von Tachometern, Navigationssystemen, Zusammenstellung der Tour nach Anfahrtsfolge, Art und Gewicht der Waren und Verkehrsverhältnissen, der Ausdauer bei Störungen im Straßenverkehr und kurzfristigen Änderungen der Route sowie der Arbeit unter Zeitdruck und dem Stress bei unsicherem Verkehr sei der Kläger ebenso wenig gewachsen, als wenn er den Umwelteinflüssen und der Arbeit im Freien, nämlich beim Auffüllen der Automaten, ausgesetzt wäre.
Bei diesem Sachverhalt musste die Berufung erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der im Jahre 1945 geborene Kläger, der seit 01. Oktober 2006 Altersrente bezieht, erlernte von 1960 bis 1963 den Beruf des Tischlers. In diesem arbeitete er bis 1966, danach als Zaunsteller und Einschaler im Tiefbau. Dort war er von 1967 bis Mai 1998 tätig. Der letzte Arbeitgeber war die S GmbH in B. Das Beschäftigungsverhältnis endete wegen der Stilllegung des Betriebes.
Vom 04. November 1998 bis 25. November 1998 durchlief der Kläger in der Kurklinik B eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation. Nach dem Entlassungsbericht vom 27. November 1998 hielten die Kurärzte ihn nicht mehr für fähig, als Baggerfahrer beziehungsweise Vorarbeiter im Tiefbau zu arbeiten. Leichte körperliche Tätigkeiten hingegen könne er noch vollschichtig verrichten.
Auf den Rentenantrag vom 07. September 2000 hin ließ die Beklagte den Kläger durch den Arbeitsmediziner Dr. B untersuchen. In dem Gutachten vom 15. Januar 2001 gelangte auch dieser zu der Auffassung, der Kläger könne im Bereich des Bauwesens nicht mehr drei Stunden täglich eingesetzt werden, leichte körperliche Arbeiten jedoch vollschichtig verrichten.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab (Bescheid vom 26. Februar 2001).
Den Widerspruch hiergegen vom 23. März 2001 begründete der Kläger damit, er sei ein besonders hoch qualifizierter Facharbeiter, nämlich Bauvorarbeiter, gewesen, so dass die Beklagte einen Verweisungsberuf benennen müsse. Der Kläger brachte eine Bescheinigung seines letzten Arbeitgebers vom 21. April 1997 und eine Meldung dieses Arbeitgebers an die AOK Berlin bei, in denen er jeweils als Vorarbeiter bezeichnet wurde. Vorgelegt wurden auch Versicherungskarten des Klägers, aus denen hervorging, dass Facharbeitertätigkeiten ausgeübt wurden. Auch in einer Arbeitsbescheinigung für die Arbeitsverwaltung war der Kläger als Vorarbeiter bezeichnet worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08. Oktober 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Der Kläger sei zumindest zu 50 % als Baggerfahrer tätig gewesen und somit dem Bereich der oberen Anlerntätigkeiten zuzuordnen.
Hiergegen hat sich die am 07. November 2001 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage gerichtet. Zur Begründung hat der Kläger zum einen vorgetragen, die Beklagte habe seine gesundheitlichen Einschränkungen unzureichend berücksichtigt und er genieße Berufsschutz als Bauvorarbeiter. Von 1977 bis 1998 habe er als Vorarbeiter und Baustellenleiter für Schachtarbeiten im Rahmen einer Fernheizungsmontage gearbeitet und zehn bis 15 Arbeitnehmer, nämlich Facharbeiter Betonbauer und Eisenbieger, beaufsichtigt und geführt. Daher stehe ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, zumindest aber wegen Berufsunfähigkeit zu.
Die Beklagte ist dem unter Bezugnahme auf die Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegengetreten.
Das Gericht hat Befundberichte des behandelnden Arztes des Klägers eingeholt und mit Beweisanordnung vom 26. Mai 2003 den Orthopäden Dr. S zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens über das dem Kläger verbliebene Leistungsvermögen beauftragt. In dem Gutachten vom 04. Dezember 2003 ist Dr. S bei den Diagnosen Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule, die nach rechts und links lumbal ausstrahlen, mit Taubheitsgefühl im linken äußeren Oberschenkel bei einem Bandscheibenprolaps L3/L4 rechts zu der Auffassung gelangt, der Kläger könne nur noch körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder sitzender und stehender Position unter Vermeidung von Zwangshaltungen verrichten.
Auf berufskundlichem Gebiet hat das Sozialgericht eine Arbeitgeberauskunft der S GmbH eingeholt. Danach war der Kläger als Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion und als Baggerfahrer eingesetzt und tariflich als Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion eingesetzt und entlohnt.
Mit Urteil vom 13. Januar 2005 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer zu gewähren, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, nach dem Ergebnis der medizinischen und berufskundlichen Ermittlungen könne der Kläger noch vollschichtig leichte Arbeiten verrichten, sei dementsprechend nicht erwerbsunfähig. Er sei aber als Vorarbeiter anzusehen und die Beklagte habe keinen Verweisungsberuf benannt.
Gegen dieses der Beklagten am 18. Februar 2005 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 04. März 2005. Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger sei nicht als Vorarbeiter anzusehen, da er auch als Baggerfahrer tätig war, so dass er den entsprechenden Berufsschutz nicht genieße.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. Januar 2005 zu ändern und die Klage in vollem Umfange abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Er hat die Erklärung des Herrn W S, des ehemaligen geschäftsführenden Gesellschafters des letzten Arbeitgebers des Klägers beigebracht. Danach sei der Kläger zirka 20 Jahre lang dort tätig gewesen, er habe ihn bereits aus früheren Tätigkeiten, wo er als Bauführer tätig gewesen sei, kennen gelernt. Bereits dort sei der Kläger als Vorarbeiter und Baggerfahrer tätig gewesen. Als er dann eine eigene Firma gegründet habe, habe er ihn mitgenommen. Wegen eines Bandscheibenvorfalls ungefähr im Jahre 1990 habe der Kläger wegen der Schwingungen des Gerätes nicht mehr als Baggerfahrer arbeiten können und habe daher fast ausschließlich als Vorarbeiter gearbeitet. Er habe die Baustellen, mit denen er ihn betraut habe, selbständig geleitet und die durchzuführenden Arbeiten ohne jegliche Vorgaben angeordnet, ausgeführt und überwacht. Er habe eine Kolonne von zirka fünf Leuten und teilweise bei größeren Baustellen auch bis zu 15 Mitarbeitern angeleitet. Dazu gehörten angelernte Arbeiter, die er selbst einstellen und entlassen konnte, und Facharbeiter wie Betonbauer, Eisenbieger und Steinsetzer, deren Einstellungen und Entlassungen aber der Firmenleitung vorbehalten geblieben seien. Baggerfahrer habe er dahingehend zu beurteilen gehabt, ob sie für eine Tätigkeit in der Firma brauchbar seien. Die Firma sei nicht tarifgebunden gewesen, doch die Bezahlung sei in Anlehnung an den Tarifvertrag für das Bauhauptgewerbe erfolgt. Der Kläger sei als Vorarbeiter bezahlt worden.
Der Senat hat Herrn W L zum berufskundigen Sachverständigen ernannt. Dieser hat sein Gutachten am 09. September 2007 erstattet. Darin legt der Sachverständige dar, der Kläger habe zuletzt ab etwa 1990 eine alleinige Vorarbeitertätigkeit ausgeübt und bei dem medizinisch festgestellten Leistungsvermögen könne er keine Tätigkeiten benennen, die der Kläger noch verrichten könne und die der Anlern- oder Facharbeiterebene zuzurechnen seien. Er halte jedoch die klassische Vorgesetztentätigkeit im rentenrechtlichen Sinne nicht für erreicht, da diese bei Tätigkeiten im Baugewerbe regelmäßig mit der Tätigkeit eines Poliers beginne, für den ein entsprechender Lehrgang besucht werden könne. Ergänzend hat der Sachverständige mitgeteilt, das Gehalt habe oberhalb der Facharbeiterebene gelegen. Der Kläger könne auch nicht im öffentlichen Dienst für Tätigkeiten die nach der Vergütungsgruppe VIII des ehemaligen BAT, heute Entgeltgruppe 3, entlohnt würden, eingesetzt werden, da ihm grundlegende Vorkenntnisse fehlten. Als Zigarettenautomatenauffüller könne er nicht arbeiten, da dazu Fahrzeuge beladen werden müssten, was dem Kläger nicht zumutbar sei.
Am 29. Januar 2008 hat der Sachverständige ergänzend dargelegt, dass die Entlohnung des Klägers nach der Lohntabelle für Schleswig-Holstein und Hamburg für das Bauhauptgewerbe in der Berufsgruppe I den Werkpolieren vorbehalten sei.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung sein wird, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, so dass das dies aussprechende Urteil des Sozialgerichts keiner Beanstandung unterliegt, die entgegenstehenden Bescheide hingegen ihn in seinen Rechten verletzen.
Als Anspruchsgrundlage kommen auch weiterhin die §§ 43 und 44 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung SGB VI in der Fassung des vor dem am 01. August 2001 in Kraft getretenen Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 in Betracht.
Nach § 300 Abs. 2 SGB VI sind aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuches auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin geltend gemachten Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. Dies ist vorliegend der Fall, denn der maßgebende Antrag wurde bereit im September 2000 gestellt.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI alter Fassung a. F. haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie berufsunfähig sind und weitere beitragsbezogene Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 SGB VI a. F.).
Der Kläger ist hiernach berufsunfähig. Er kann weder in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Vorarbeiter und Baggerfahrer im Bereich des Tiefbaues noch in zumutbaren Verweisungstätigkeiten arbeiten.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Dies ist in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn diese zugleich die qualitativ höchste ist (Bundessozialgericht BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 94, 130). Allerdings bleibt eine frühere versicherungspflichtige Beschäftigung maßgeblicher Beruf, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben wurde (vgl. BSGE 2, 181, 187; BSG SozR RVO § 1246 Nrn. 33, 57 und 94; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 158).
Die Tätigkeit eines Vorarbeiters und Baggerfahrers ist hiernach maßgeblicher Beruf des Klägers. Er hat, nachdem er den Beruf des Tischlers erlernt hatte, sich der Tätigkeit als Einschaler im Tiefbau, also ebenfalls einer holzverarbeitenden Tätigkeit, zugewandt und sich dann im Verlaufe eines jahrzehntelangen Berufslebens im Tiefbau zum Vorarbeiter und Baggerfahrer qualifiziert. Der Senat hat insoweit keine Veranlassung, an den Angaben des Klägers zu zweifeln, dass er seit ungefähr 1990 überwiegend als Vorarbeiter und nur noch zu einem kleineren Teil als Baggerfahrer tätig war. Der Beklagten ist zwar darin zuzustimmen, dass der Kläger sich selbst durchgängig als Vorarbeiter und Baggerfahrer bezeichnet hat, ihre Annahme jedoch, die Tätigkeit als Baggerfahrer habe zumindest die Hälfte der Arbeitszeit ausgemacht, findet sich lediglich in der Berufsanamnese des Dr. M vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Berlin e. V. MDK - vom 18. August 1998. Diese Berufsanamnese stammt nicht vom Kläger selbst, sondern stellt eine Wiedergabe des Gesprächs des Klägers mit dem Gutachter dar, der insofern kein höherer Beweiswert als den Angaben des Klägers selbst zukommen kann. Insbesondere ist dabei auch zu beachten, dass der ehemalige Vorgesetzte S versichert hat, der Kläger sei ab 1990 überwiegend Vorarbeiter gewesen. Diese Angaben sind schon deswegen als glaubhaft anzusehen, da sie im Übrigen durch weitere Beweismittel nämlich die Angaben der ehemaligen Kollegen des Klägers und in Bezug auf die Höhe des Gehalts durch die Feststellungen des Sachverständigen L bestätigt worden sind.
Darüber hinaus ist diese Annahme in sich schlüssig, denn es ist unbestritten, dass der Kläger zumindest seit Ende der 80 er Jahre des letzten Jahrhunderts an erheblichen Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule gelitten hat, die sich im Jahre 1998 verstärkten. Dass Arbeitnehmer mit derartigen Beschwerden, um einen Einsatz überhaupt zu ermöglichen, aus dem Bereich der körperlich belastenden Tätigkeit eines Baggerfahrers herausgenommen und dort nur dann vorübergehend eingesetzt werden, wenn dies betrieblich unumgänglich ist, leuchtet unmittelbar ein. Schließlich steht durch die Gehaltsnachweise des Klägers und deren Auswertung durch den Sachverständigen L fest, dass der Kläger nicht nur als Vorarbeiter (Stufe II des Tarifvertrages), sondern sogar als Werkpolier (Stufe I des Tarifvertrages) entlohnt wurde. Es ist nicht anzunehmen, dass ein Arbeitnehmer, dessen Berufsausübung durch die Tätigkeit als Baggerfahrer wesentlich geprägt ist, nicht in die diesem entsprechende Berufsgruppe, sondern mehrere Berufsgruppen höher, in die höchste, die dem Tarifwerk zugrunde liegt, eingruppiert wird. Schließlich ist auch zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des BSG die Bestimmung der Wertigkeit einer Tätigkeit den Vertragsparteien des Arbeitslebens zukommt und die Eingruppierung ein wesentliches Merkmal für die Wertigkeit der Tätigkeit darstellt. Diese Tätigkeit kann der Kläger, wie sich aus den Feststellungen der Beklagten und den medizinischen Ermittlungen des Sozialgerichts ergibt, nicht mehr ausüben. Dies dürfte auch unstreitig sein.
Die Unfähigkeit des Klägers, den Beruf eines Vorarbeiters und Baggerfahrers im Baugewerbe auszuüben, begründet Berufsunfähigkeit. Ausgehend von diesem Beruf muss er sich nur auf Anlern- beziehungsweise Facharbeitertätigkeiten verweisen lassen, die von der Beklagten nicht benannt worden sind.
Nach § 240 Abs. 2 SGB VI können Versicherten grundsätzlich nur solche Tätigkeiten zugemutet werden, die in ihrer Wertigkeit dem bisherigen Beruf nicht zu fern stehen (vgl. dazu BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 50 m. w. N.).
Nach dem vom BSG zur Bestimmung der Wertigkeit eines Berufs entwickelten Mehrstufenschema sind die Arbeiterberufe in vier Gruppen eingeteilt, nämlich die des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion beziehungsweise des besonders qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters (Einarbeitung beziehungsweise Einweisung von weniger als drei Monaten). Im Rahmen dieses Mehrstufenschemas dürfen Versicherte, ausgehend von einer hiernach erfolgten Einstufung ihres bisherigen Berufes, nur auf die jeweils nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden. Die Stufe des angelernten Arbeiters wird, da es sich um eine vielschichtige und inhomogene Gruppe handelt, in einen oberen Bereich (mit einer Anlernzeit von mehr als zwölf Monaten bis zu zwei Jahren) und in einen unteren Bereich (mit einer Anlernzeit von drei bis zu zwölf Monaten) unterteilt (BSG SozR 3 2200 § 1246 Nr. 45).
Davon ausgehend ist die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit zumindest der Gruppe der Facharbeiter zuzurechnen, wobei starke Indizien auch dafür sprechen, dass es sich sogar um die Tätigkeit eines Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion handelt. Dies kann letztlich jedoch dahingestellt bleiben, da in beiden Fällen keine zumutbare Verweisungstätigkeit benannt ist. Dem Sachverständigen L dürfte insoweit zuzustimmen sein, dass die Tarifvertragsparteien, wenn sie den Werkpolier als oberste Gruppe der Facharbeiter definiert haben, damit in der Regel solche Baufacharbeiter meinten, die einen zusätzlichen Polierlehrgang durchlaufen haben. Dies trifft jedoch auf die nächst folgende Stufe, nämlich die Berufsgruppe II der Bauvorarbeiter, nicht mehr zu. Diese Tätigkeit, definiert als Vorarbeiter im Kanalbau, Rohrleitungsbau, Vorarbeiter Drittelsführer im Schacht- und Tunnelbau, könnte dann, wenn, wie im Falle des Klägers, Facharbeiter angeleitet werden, durchaus neben den Werkpolieren auch die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die oberste Stufe des Mehrstufenschemas rechtfertigen, zumal wenn, wie hier, der Lohn eines Werkpoliers gezahlt wurde. Dass der Kläger jedoch zumindest "einfacher" Facharbeiter ist, unterliegt keinen vernünftigen Zweifeln. Damit jedoch wäre ihm eine Anlerntätigkeit von der Beklagten zu benennen gewesen, die dem Kläger medizinisch zumutbar ist und die er in einer Einarbeitungszeit von bis zu drei Monaten vollwertig konkurrenzfähig auf dem Arbeitsmarkt ausüben kann.
Dies ist nicht geschehen:
Der Sachverständige L hat überzeugend dargelegt, dass ihm solche Tätigkeiten auch nicht erkennbar sind und dass der Kläger als Fachangestellter nach Besoldungsgruppe BAT VIII wegen seiner fehlenden Fachkenntnisse, die er nicht in drei Monaten erlernen kann, nicht einsetzbar ist. Er hat weiter dargelegt, dass der Kläger auch nicht als Zigarettenautomatenauffüller arbeiten kann, da dies mit dem Beladen von Lieferwagen verbunden ist, was dem Kläger nicht zumutbar sei. Zwar sei die sozialmedizinische Definition leichter Arbeiten auf das Heben und Tragen von Lasten von weniger als 10 kg beschränkt, die Zigarettenkartons wögen durchschnittlich 9 kg. Allerdings belasteten Zwangshaltungen beim Bewegen der Güter die Arbeit um eine Stufe höher, also hier mittelschwer. Da die Beladearbeit im engen Fahrzeug durchgeführt werde, sei sie als mittelschwer anzusehen, auch wenn nur Tätigkeiten ohne Zeitdruck verrichtet würden und solche, die ohne extreme Umweltbelastungen ausgeübt werden. Beides sei aber nicht möglich. Der Beobachtung der Verkehrssituation, Anlesen von Tachometern, Navigationssystemen, Zusammenstellung der Tour nach Anfahrtsfolge, Art und Gewicht der Waren und Verkehrsverhältnissen, der Ausdauer bei Störungen im Straßenverkehr und kurzfristigen Änderungen der Route sowie der Arbeit unter Zeitdruck und dem Stress bei unsicherem Verkehr sei der Kläger ebenso wenig gewachsen, als wenn er den Umwelteinflüssen und der Arbeit im Freien, nämlich beim Auffüllen der Automaten, ausgesetzt wäre.
Bei diesem Sachverhalt musste die Berufung erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
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