L 7 SO 1633/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 SO 3017/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 1633/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. Februar 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) im Zeitraum vom 1. Juni 2005 bis 31. Mai 2006.

Die am 1930 im Wolgagebiet geborene alleinstehende Klägerin gelangte im Juli 1997 als Spätaussiedlerin aus Kasachstan kommend in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Die Klägerin bezieht aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Altersrente, welche sich bis 30. Juni 2005 auf einen Zahlbetrag von 593,48 Euro und ab 1. Juli 2005 von 590,53 Euro belief. Durch Bescheid vom 2. Juni 2005 war ihr außerdem für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 30. Juni 2006 Wohngeld nach den Bestimmungen des Wohngeldgesetzes in Höhe von monatlich 63,00 Euro bewilligt worden. Die Klägerin wohnt in einer Ein-Zimmerwohnung (Grundfläche 42,70 m²), für welche sie ab Juni 2005 eine monatliche Miete von 242,15 Euro (Grundmiete und Betriebskostenvorauszahlung) zuzüglich Abschlagszahlungen für Gas (17,00 Euro) und Strom (12,00 Euro) zu zahlen hatte.

Seit 9. März 2001 ist bei der Klägerin, die u.a. an erheblichen degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule sowie an einer schweren Hüftgelenksarthrose beiderseits leidet, eine Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung von 80 sowie mit den Nachteilsausgleichen "B" und "G" festgestellt. Eine Pflegedürftigkeit besteht nicht. Den Angaben der Klägerin zufolge übernimmt ihr Sohn das Einkaufen. Außerdem kommt seit 2005 einmal wöchentlich samstags ihre in Holzgerlingen wohnhafte Enkeltochter zur Reinigung der Wohnung, zum Wäscheauf- und abhängen sowie zur Durchführung der Kehrwoche, zum Bettenbeziehen und Fensterputzen bei Bedarf; eigene Unkosten hat die Enkelin, die in der streitbefangenen Zeit im Besitz einer Schülermonatskarte war (ab Januar 2005 monatlicher Eigenanteil 29,60 Euro), nicht. Das Kochen erledigt die Klägerin noch selbst.

Den am 20. Juni 2005 gestellten Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung lehnte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 6. Oktober 2005 ab, weil die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei. Hiergegen legte die Klägerin am 4. November 2005 sinngemäß Widerspruch ein mit der Begründung, die ebenfalls am 20. Juni 2005 beantragte Nachbarschaftshilfe sei im Bescheid nicht erwähnt. Durch Bescheid vom 10. November 2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin schließlich Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den Zeitraum vom 1. bis 31. Juni 2005 in Höhe von 63,09 Euro sowie für den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 30. Juni 2006 in Höhe von monatlich 66,04 Euro; bei der Bedarfsberechnung berücksichtigte sie den seinerzeit maßgeblichen Regelsatz von 345,00 Euro (§ 42 Satz 1 Nr. 1 SGB XII), einen Mehrbedarf von 58,65 Euro (§ 42 Satz 1 Nr. 3 i.Vm. § 30 Abs. 1 SGB XII), Kosten der Unterkunft (§ 42 Satz 1 Nr. 2 SGB XII) von 242,15 Euro sowie Heizkosten (§ 42 Satz 1 Nr. 2 SGB XII) von 17,00 Euro, zog eine Energiepauschale von 6,23 Euro ab und brachte die Altersrente als Einkommen in Ansatz. Mit einem weiteren Bescheid vom 10. November 2005 lehnte die Beklagte dagegen den Antrag auf Leistungen in Form einer Nachbarschaftshilfe ab, weil diese durch ihre Enkelin erbracht werde und weder der Klägerin noch der Enkeltochter Kosten entstünden.

Eine Auszahlung der im Bescheid vom 10. November 2005 bewilligten Leistungen erfolgte wegen des von der Wohngeldstelle der Beklagten gewährten Wohngeldes zunächst nicht. Die Wohngeldstelle hob anschließend mit Blick auf die bewilligten Grundsicherungsleistungen den Bescheid vom 2. Juni 2005 ab 1. Juni 2005 auf (Bescheid vom 14. November 2005) und machte einen Erstattungsanspruch in Höhe von 378,00 Euro gegenüber dem Sozialamt der Beklagten geltend. Mit Schreiben vom 15. November 2005 wies die Beklagte die Klägerin auf den von ihr befriedigten Erstattungsanspruch hin, sodass für den Zeitraum von Juni bis November 2005 lediglich eine Zahlung von 15,29 Euro erfolgen könne; ab Dezember 2005 erhalte sie die Grundsicherungsleistungen wie im Bescheid vom 10. November 2005 bewilligt.

Mit ihrem erneuten Widerspruch beanstandete die Klägerin, dass die Berechnung der Grundsicherung falsch sei, die Nachzahlung in Höhe von 393,29 Euro an sie zu leisten und außerdem die Ablehnung der Nachbarschaftshilfe nicht rechtmäßig sei. Während des Widerspruchsverfahrens führte der Bürgerservice "Leben im Alter" am 25. Januar 2006 einen Hausbesuch bei der Klägerin durch. In der Stellungnahme des Sozialarbeiters Blum vom 27. Januar 2006 ist festgehalten, dass die in ihrer Bewegung stark behinderte und auf einen Gehwagen angewiesene Klägerin einen großen hauswirtschaftlichen Bedarf habe; Kochen könne sie noch selbst, zum Einkaufen sei sie auf ihren Sohn, für sonstige Verrichtungen im Haushalt auf ihre einmal wöchentlich für etwa zwei Stunden aushelfende Enkelin angewiesen; um den Einsatz zu würdigen, empfehle er eine Unterstützung in Höhe von monatlich 20,00 bis 30,00 Euro. Durch Bescheid vom 2. Februar 2006 bewilligte die Beklagte darauf für die Zeit vom 1. Juni 2006 (richtig: 2005) bis 28. Februar 2006 eine zusätzliche Leistung von monatlich 25,00 Euro und erhöhte die Grundsicherungsleistungen dementsprechend ab 1. März bis 31. Mai 2006 auf monatlich 91,04 Euro unter Abänderung des Bescheids vom 10. November 2005. Mit ihrem nochmaligen Widerspruch bemängelte die Klägerin die Höhe der Nachbarschaftshilfe. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück, soweit dem Widerspruch nicht mit dem Änderungsbescheid vom 2. Februar 2006 abgeholfen worden sei.

Deswegen hat die Klägerin am 27. April 2006 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Mit Urteil vom 15. Februar 2007 hat das SG, das das Klagebegehren auf die Gewährung höherer Leistungen zur Grundsicherung gerichtet ausgelegt hat, die Klage abgewiesen; wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das der Klägerin am 28. Februar 2007 zugestellte Urteil verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 27. März 2007 beim SG Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 17. April 2008 hat sie vorgebracht, sie gebe ihrer Enkelin seit 2005 jeden Samstag, wenn sie komme und ihr helfe, 20,00 Euro.

Die Beklagte hat sich in der mündlichen Verhandlung vom 17. April 2008 bereit erklärt, der Klägerin wegen der zu hoch in Abzug gebrachten Energiepauschale insgesamt 12 Cent nachzuzahlen. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen, ihre Berufung im Übrigen jedoch aufrechterhalten.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 17. April 2008 noch beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15. Februar 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 10. November 2005 und 2. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2006 zu verurteilen, ihr für den Zeitraum vom 1. Juni 2005 bis 31. Mai 2006 höhere Leistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten des SG (S 13 V 3588/99 und S 6 SB 1089/00) sowie des Landessozialgerichts (L 8 V 4134/00) beigezogen.

Zur weiteren Darstellung wird auf die beigezogenen Akten, die Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände), die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die - über das von ihr angenommene und daher insoweit den Rechtsstreit gemäß § 101 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erledigende Teilanerkenntnis der Beklagten hinaus aufrechterhaltene - Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Gemäß § 95 SGG Gegenstand des Verfahrens ist der Bewilligungsbescheid vom 10. November 2005 und der "Änderungsbescheid" vom 2. Februar 2006, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2006. Diese Bescheide greift die Klägerin einerseits deswegen an, weil sie mit der Höhe der ihr im Zeitraum vom 1. Juni 2005 bis 31. Mai 2006 (vgl. zur zeitlichen Begrenzung des Streitgegenstands Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 12/06 R und B 8/9b SO 13/06 R - (beide juris)) bewilligten Leistungen der Grundsicherung im Alter - trotz des Teilanerkenntnisses der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17. April 2008 - nicht einverstanden ist, und andererseits, weil sie meint, ihr stehe eine höhere als die bewilligte "Nachbarschaftshilfe" zu.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 und 2 SGG eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG). Die Beschwerdewertgrenze des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier - mangels Übergangsregelung im Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) - unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmittelsicherheit (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht BVerfGE 87, 48) weiterhin anzuwendenden, bis 31. März 2008 geltenden Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1983) ist überschritten. Bei überschlägiger Berechnung (vgl. hierzu BSGE 93, 42, 43 = SozR 4-4300 § 64 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 1)) ist davon auszugehen, dass zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungseinlegung der Wert des Beschwerdegegenstandes mehr als 500,00 Euro betragen hat (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Mehrere Ansprüche sind bei der objektiven Klagehäufung zusammenzurechnen (vgl. BSGE 24, 260, 261; Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 8. Auflage, § 144 Rdnr. 16); mit Blick darauf, dass die Klägerin nach ihrer Darstellung ihrer Enkelin wöchentlich 20,00 Euro für ihre Mithilfe im Haushalt zahlen soll, ist selbst unter Berücksichtigung der von der Beklagten im streitbefangenen Zeitraum bewilligten zusätzlichen Leistung von monatlich 25,00 Euro schon mit diesem Streitgegenstand ein Erreichen der erforderlichen Berufungssumme anzunehmen, sodass es auf den Wert des weiteren Begehrens der Klägerin auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter nicht mehr ankommt. Ein Fall der willkürlichen Beschränkung der Berufung (vgl. hierzu BSG SozR 1500 § 146 Nrn. 6 und 7) liegt nicht vor. Die jetzt noch aufrechterhaltene Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet.

a) Der Klägerin stehen im Zeitraum vom 1. Juni 2005 bis 31. Mai 2006 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter nicht zu, soweit ihr Begehren über die von der Beklagten in der streitbefangenen Zeit bewilligten und im Teilanerkenntnis vom 17. April 2008 um weitere 12 Cent (1 Cent monatlich) erhöhten Leistungen hinausgeht. Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 41 Abs. 1 und 2 SGB XII (beide in der Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022)) können Personen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, bei gewöhnlichem Aufenthalt im Inland zur Sicherung des Lebensunterhaltes im Alter auf Antrag Leistungen der Grundsicherung im Alter erhalten, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen (§§ 82 bis 84 und 90 SGB XII), beschaffen können.

Den Bedarf der Klägerin hat die Beklagte in der streitbefangenen Zeit zutreffend berechnet; hinsichtlich der konkreten Bedarfsberechnung hat die Klägerin auch keine Einwendungen erhoben. Der Senat nimmt deshalb, was den Regelsatz, den Mehrbedarfszuschlag sowie die Kosten der Unterkunft und Heizung betrifft, Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil und macht sie sich zu Eigen (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Leistungen für die Heizung sind allerdings nicht, wie vom SG angenommen, pauschal um 6,23 Euro, sondern - gemäß dem Teilanerkenntnis vom 17. April 2008, mit dem die Beklagte dem Urteil des BSG vom 28. Februar 2008 - B 14/7b AS 64/06 R - (bislang lediglich vorliegend im Terminbericht Nr. 10/08) Rechnung getragen hat - lediglich anteilig um 6,22 Euro monatlich wegen der im Regelsatz bereits enthaltenen Aufwendungen für die Warmwasserbereitung und den Strom zu kürzen, sodass sich im Zeitraum vom 1. Juni 2005 bis 31. Mai 2006 ein monatlicher Gesamtbedarf von 656,58 Euro ergibt. Dahingestellt bleiben kann, ob die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin, die im Übrigen trotz Aufforderung seitens der Beklagten (vgl. Schreiben vom 23. Juni und 26. Juli 2005) den Kontostand ihrer Sterbegeldversicherung bislang nicht mitgeteilt hat, einem Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter entgegenstünden. Selbst wenn bei der Klägerin Einkommen (§ 82 SGB XII i.V.m. § 1 der Verordnung zur Durchführung des SGB XII (in der Fassung durch Gesetz vom 21. März 2005, BGBl. I S. 818)) aber lediglich in Form ihrer Altersrente vorhanden wäre, sind diese bereiten Mittel als ihren Bedarf verringernd zu berücksichtigen. Die Klägerin kann demnach in der streitbefangenen Zeit keine höheren Grundsicherungsleistungen - als nunmehr von der Beklagten zugestanden (für Juni 2005 63,10 Euro (Bedarf 656,58 Euro abzügl. Altersrente 593,48 Euro), für die Monate Juli 2005 bis Mai 2006 jeweils 66,05 Euro (Bedarf 656,58 Euro abzügl. Altersrente 590,53 Euro)) - beanspruchen.

b) Die Klägerin vermag ferner mit ihrem Begehren auf höhere als die von der Beklagten für die "Nachbarschaftshilfe" bewilligten 25,00 Euro monatlich nicht durchzudringen. Als Anspruchsgrundlage heranzuziehen ist hier - die Hilfebedürftigkeit der Klägerin im Sinne der §§ 19 Abs. 2 Satz 1, 41 Abs. 2 SGB XII unterstellt - die Bestimmung des § 19 Abs. 3 SGB XII i.V.m. §§ 61 Abs. 1 Satz 2, 63 Satz 2 und 65 Abs. 1 Satz 1 SGB XII (vgl. BSG, Urteile vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 12/06 R und B 8/9b SO 13/06 R - (a.a.O.)). Nach § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ist Hilfe zur Pflege auch Kranken und behinderten Menschen zu leisten, die nur einen Pflegebedarf unterhalb der Schwelle der §§ 14, 15 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) und des § 64 SGB XII haben, bei denen also keine erhebliche Pflegebedürftigkeit vorliegt; die Bestimmung des § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII erfasst demnach auch die sog. "Pflegestufe 0" (vgl. BSG, Urteile vom 11. Dezember 2007 a.a.O.; ferner schon Senatsbeschluss vom 7. März 2006 - L 7 SO 509/06 ER-B - FEVS 2007, 93; BSGE 85, 278, 287 =SozR 3-3300 § 43 Nr. 1). Ein derartiger, nach Art und Umfang unterhalb der Pflegestufe I angesiedelter Hilfebedarf für bestimmte hauswirtschaftliche Verrichtungen kann zwar vorliegend unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Sozialarbeiters Blum vom 27. Januar 2006 angenommen werden. Daraus ergibt sich jedoch noch nichts für die von der Klägerin sinngemäß begehrte Erstattung der ihrer Enkeltochter für deren hauswirtschaftliche Mithilfe angeblich geleisteten Zahlungen durch die Beklagte unter Anrechnung der von dieser bereits zugestandenen Leistung von 25,00 Euro monatlich in der streitbefangenen Zeit.

Heranzuziehen sind insoweit die Bestimmungen der §§ 63 Sätze 1 und 2 i.m.V. § 65 Abs. 1 Satz 1 SGB XII (vgl. BSG, Urteile vom 11. Dezember 2007 a.a.O.). Nach § 63 Satz 1 SGB XII soll der Träger der Soziahilfe darauf hinwirken, dass die Pflege einschließlich der hauswirtschaftlichen Versorgung durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen wird. In diesem Fall sind die angemessenen Aufwendungen zu erstatten (§ 65 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB XII); außerdem können angemessene Beihilfen geleistet werden (§ 65 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz 1. Alt. SGB XII). Vorliegend kommt nur die letztgenannte Regelung in Betracht, denn die Enkeltochter der Klägerin, welche im streitbefangenen Zeitraum über eine Schülermonatskarte verfügte, hatte in der fraglichen Zeit ausweislich der Stellungnahme des Sozialarbeiters Blum vom 27. Januar 2006 keine zusätzlichen Unkosten für ihren Einsatz im Haushalt ihrer Großmutter (vgl. hierzu H. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Auflage, § 65 Rdnr. 5; Krahmer in LPK-SGB XII, 8. Auflage, § 65 Rdnr. 3; Knickrehm, NZS 2007, 128, 130).

Die Voraussetzungen für eine Beihilfe nach § 65 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz 1. Alt. SGB XII - über die von der Beklagten bereits zugestandenen monatlichen Leistungen hinaus - sind hier freilich nicht gegeben. Dahingestellt bleiben kann vorliegend, ob die von der Enkelin der Klägerin verrichteten Hilfen in deren Haushalt sich in der streitbefangenen Zeit ihrer Art und dem Umfang nach lediglich auf einzelne einfache hauswirtschaftliche Tätigkeiten beschränkt hatten, für welche ohnehin eine Beihilfe nach der oben genannten Vorschrift nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteile vom 11. Dezember 2007 a.a.O.). Denn auch wenn die Mithilfe der Enkelin über solche einfache Verrichtungen hinausgegangen wäre, ihre Unterstützungsleistungen im Haushalt der Klägerin ferner unentgeltlich nicht realisierbar gewesen wären und ferner ihrer Einschaltung auch nicht der Gedanke des § 77 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB XI (Verbot des Vertragsabschlusses mit Verwandten bis zum dritten Grad) entgegengestanden hätte (vgl. zum Ganzen nochmals BSG, Urteile vom 11. Dezember 2007 a.a.O.; zur Rechtslage nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Buchholz 436.0 § 69 BSHG Nr. 14; BVerwG, Beschluss vom 4. August 1998 - 5 B 39/98 - (juris)), könnte die Klägerin von der Beklagten eine weitere Kostenübernahme im Rahmen der von ihr sog. "Nachbarschaftshilfe" nicht verlangen. Selbst wenn sie darüber hinaus - wie von ihr behauptet - ihrer Enkeltochter in der streitbefangenen Zeit wöchentlich 20,00 Euro zur Verfügung gestellt und dies ein Entgelt für deren Hilfe im Haushalt dargestellt hätte, müsste die Beklagte hierfür - über das bereits Geleistete hinaus - nicht aufkommen.

Der Ersatz von Entgelten durch den Sozialhilfeträger nach § 65 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz 1. Alt. SGB XII steht nämlich unter der Voraussetzung, dass eine derartige Vergütung entsprechend den gesetzlichen Regelungen (z.B. Sozialversicherungsbeiträge, Steuern) gezahlt worden ist und die Arbeitsleistungen nicht gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen (vgl. BSG, Urteile vom 11. Dezember 2007 a.a.O.). Die Klägerin hat indes in der mündlichen Verhandlung vom 17. April 2008 eingeräumt, für einen Unfallversicherungsschutz ihrer Enkeltochter nicht gesorgt zu haben. Gemäß § 4 Abs. 4 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) ist jedoch von der Versicherung als arbeitnehmerähnlich Beschäftigter nach § 2 Abs. 2 SGB VII nur frei, wer in einem Haushalt als Verwandter bis zum zweiten Grad unentgeltlich tätig ist. Nach der Darstellung der Klägerin will sie ihrer Enkeltochter in der streitbefangenen Zeit aber jeden Samstag 20,00 Euro für ihre Haushaltsdienste gegeben haben; dies entspricht unter Berücksichtigung eines durchschnittlich zweistündigen wöchentlichen Einsatzes (vgl. die Stellungnahme des Sozialarbeiters Blum vom 27. Januar 2006) einem Stundenlohn von rund 10,00 Euro. Bei einem derartigen Stundenlohn, der auch bei einer familienfremden ungelernten Haushaltshilfe durchaus nicht in einem unangemessenen Verhältnis zur erbrachten Dienstleistung stünde, kann indessen von einer unentgeltlichen Tätigkeit keine Rede sein. Unterstellt, die Enkelin der Klägerin wäre ohne das Entgelt als Angehörige zur Hilfeleistung im Haushalt nicht bereit gewesen, könnte unter derartigen Umständen auch nicht von einem familienhaften, aus bloßer Gefälligkeit verrichteten Hilfsdienst gesprochen werden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 26. April 1990 - 2 RU 39/89 - (juris); BSG SozR 3-2200 § 548 Nrn. 20 und 37).

Schon aus den genannten Gründen vermag die Klägerin mit ihrem Begehren auf eine höhere "Nachbarschaftshilfe", als von der Beklagten bewilligt, im Zeitraum vom 1. Juni 2005 bis 31. Mai 2006 nicht durchzudringen. Deshalb bedarf es auch keiner näheren Erörterungen dazu, ob die Gewährung von Beihilfen nach § 65 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB XII als "Kann-Leistung" im pflichtgemäßen Ermessen des Sozialhilfeträgers steht (vgl. hierzu H. Schellhorrn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, a.a.O., § 65 Rdnr. 7; Krahmer in LPK-SGB XII, a.a.O., § 65 Rdnr. 6).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; hierbei hat der Senat wegen des nur geringfügigen Obsiegens der Klägerin von einer Kostenquotelung abgesehen.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved