L 3 AL 3138/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 2837/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 3138/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 27.07. bis 16.09.2004 und die Erstattung der für diese Zeit gewährten Arbeitslosenhilfe sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung streitig.

Mit Bescheid vom 12.11.2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 20.10.2003 bis 19.10.2004 (Bemessungsentgelt wöchentlich 432,04 EUR, Leistungsgruppe A0). In der Folgezeit bezog der Kläger Arbeitslosenhilfe.

Vom 27.07. bis 30.07.2004 war der Kläger bei der Firma B. GmbH als Fliesenleger beschäftigt, ohne dies der Beklagten mitzuteilen.

Nachdem die Beklagte hiervon durch die Mitteilung einer Überschneidung des Leistungsbezuges mit einer Beschäftigungszeit Kenntnis erlangt hatte, teilte der Arbeitgeber auf Anfrage der Beklagten in der Arbeitsbescheinigung vom 05.11.2004 mit, der Kläger sei vom 27.07.2004 bis 30.07.2004 als Gipserhelfer beschäftigt gewesen und habe in dieser Zeit 32 Stunden gearbeitet. Das Arbeitsverhältnis sei durch Kündigung des Arbeitgebers beendet worden. Weiter vorgelegt wurde eine Mehrfertigung der am 30.07.2004 ausgesprochenen schriftlichen Arbeitgeberkündigung.

Mit Bescheid vom 08.11.2004 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab dem 27.07.2004 auf und setzte die Erstattung der für die Zeit vom 27.07.2004 bis 31.10.2004 gewährten Arbeitslosenhilfe in Höhe von 1.535,51 EUR gemäß § 50 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) fest. Weiter verfügte sie die Erstattung der für die selbe Zeit gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 771,20 EUR und setzte die Gesamtforderung in Höhe von 2.306,71 EUR fest.

Nachdem der Kläger darauf hingewiesen hatte, dass er am 17.09.2004 einen Antrag auf Gewährung von Alg II persönlich abgegeben habe, änderte die Beklagte mit Bescheid vom 12.11.2004 den Bescheid vom 08.11.2004 ab und hob die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe lediglich für die Zeit vom 27.07.2004 bis 16.09.2004 auf, setzte die Erstattung der für die Zeit vom 27.07.2004 bis 16.09.2004 bewilligten Arbeitslosenhilfe in Höhe von 823,16 EUR sowie der für die Zeit vom 31.07.2004 bis 16.09.2004 gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 136,65 EUR (Gesamtforderung 959,81 EUR) fest.

Den hiergegen am 15.11.2004 eingelegten, nicht begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2006, auf den insoweit Bezug genommen wird, zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 16.06.2006 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben mit der Begründung, er habe bei der Firma B. vom 27.07. bis 30.07.2004 lediglich zur Probe gearbeitet. Der Chef der Firma B. habe ihm erklärt, dass dieser alles ordnungsgemäß veranlassen würde, von ihm, dem Kläger, seien keinerlei Veranlassungen zu treffen.

Mit Urteil vom 23.04.2007 hat das SG die Klage unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheides abgewiesen.

Gegen das am 16.05.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger über das SG Berufung eingelegt, die am 25.06.2007 dem Landessozialgericht Baden-Württemberg vorgelegt worden ist. Er trägt vor, bei seiner Tätigkeit bei der Firma B. vom 27.07. bis 30.07.2004 habe es sich lediglich um eine Probearbeitsverhältnis gehandelt. Er habe dem Firmeninhaber Herrn B. gegenüber erklärt, dass er im Bezug von Arbeitslosenhilfe stehe. Daraufhin habe dieser erklärt, der Kläger müsse sich um nichts kümmern, dies werde von diesem erledigt. Auch als Herr B. ihm am 30.07.2007 erklärt habe, er werde ihn nicht einstellen, habe Herr B. angegeben, er müsse sich um nichts kümmern. Herr B. werde die vier Tage als Probetage dem Arbeitsamt melden, diese würden dem Leistungsbezug des Klägers nichts schaden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. April 2007 sowie die Bescheide der Beklagten vom 08. November 2004 und 11. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, der Kläger habe vom 27.07. bis 30.07.2004 in einem normalen Arbeitsverhältnis gestanden. Der Kläger habe seine Mitteilungspflicht zumindest grob fahrlässig verletzt und sich nicht auf eine Mitteilung durch den Firmeninhaber verlassen dürfen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht erhoben worden. Da es das SG versäumt hat, das Eingangsdatum der Berufung festzuhalten, ist zugunsten des Klägers davon auszugehen, dass die Einlegung der Berufung fristgerecht erfolgt ist. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab dem 27.07.2004 aufgehoben und die Erstattung der bis zum 16.09.2004 erbrachten Leistungen sowie der für diese Zeit erbrachten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in zutreffender Höhe festgesetzt.

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 2 Nr. 4 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Nach § 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ist der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, wenn die in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorliegen.

Durch die Arbeitsaufnahme des Klägers am 27.07.2004 ist eine wesentliche Änderung eingetreten, die zum Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosenhilfe geführt hat.

Der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe setzt nach § 190 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung voraus, dass der Arbeitnehmer arbeitslos ist. Arbeitslos ist ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (§ 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Nach § 118 Abs. 2 SGB III schließt die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung Beschäftigungslosigkeit nicht aus; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt.

Der Kläger stand ab dem 27.07.2004 in einem mehr als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigungsverhältnis. Unbeachtlich ist, dass es sich hierbei um ein Probearbeitsverhältnis gehandelt hat. Insbesondere lag keine Befristung des Arbeitsverhältnisses auf weniger als 15 Wochenstunden vor. Der Arbeitsbescheinigung des Arbeitgebers kann vielmehr entnommen werden, dass ein Vollzeitarbeitsverhältnis mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden vereinbart war. Der Arbeitgeber hat dementsprechend den Kläger auch am 27.07.2004 als Arbeitnehmer zur Sozialversicherung angemeldet. Der Arbeitgeber hat weiter entsprechende Angaben in der Arbeitsbescheinigung gemacht. Er hat schließlich am 30.07.2004 eine schriftliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen und darin mitgeteilt, der Kläger erhalte seine Arbeitspapiere nach Fertigstellung.

Durch die Aufnahme der Beschäftigung ist die Arbeitslosigkeit des Klägers und die Wirkung der Arbeitslosmeldung erloschen (BSG, Urteil vom 13.07.2006 - B 7 a AL 16/05 R - SozR 4-4300 § 122 Nr. 5). Der Kläger hatte deshalb auch nach Aufgabe der Beschäftigung ab dem 31.07.2007 keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe mehr bis zur erneuten Arbeitslosmeldung, die frühestens durch die Vorsprache am 17.09.2004 erfolgt ist.

Der Kläger fällt auch zumindest grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der Kenntnis vom Wegfall des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe zur Last. Sein Vortrag, er habe lediglich in einem Probearbeitsverhältnis gestanden und der Firmeninhaber Herr B. habe ihm gegenüber erklärt, er müsse sich "um nichts kümmern", kann als wahr unterstellt werden, so dass eine diesbezügliche Beweisaufnahme unterbleiben konnte. Die grobe Fahrlässigkeit des Klägers ergibt sich nämlich daraus, dass er durch das Merkblatt für Arbeitslose Nr. 1, dessen Erhalt und Kenntnisnahme er durch seine Unterschrift bestätigt hatte, darüber informiert war, dass er eine Arbeitsaufnahme persönlich der Beklagten mitteilen muss.

Im Merkblatt wird unter Nr. 3 der 10 wichtigsten Punkten ausgeführt: "Bitte melden Sie der für Sie zuständigen Agentur für Arbeit sofort alle Änderungen, die ihren Leistungsanspruch beeinflussen können, und zwar auch dann, wenn andere Personen im Auftrag der Agentur für Arbeit für sie tätig sind." Das Merkblatt enthält weiter folgenden Hinweis: "Insbesondere in den nachstehend aufgeführten Fällen müssen Sie ihre Agentur für Arbeit sofort benachrichtigen, wenn Sie eine berufliche Tätigkeit aufnehmen. Eine Mitteilung des Arbeitgebers an die Krankenkasse über ihre Arbeitsaufnahme reicht nicht aus. Verlassen Sie sich auch nicht auf eventuelle Zusagen anderer, z.B. ihres Arbeitgebers, ihre Beschäftigungsaufnahme ihrer Agentur für Arbeit gegenüber anzuzeigen. Hierzu sind ausschließlich Sie selbst verpflichtet. Dies gilt auch für sog. Probearbeitsverhältnisse." Aufgrund dieser eindeutigen und mehrfachen Hinweise im Merkblatt für Arbeitslose wusste der Kläger oder hätte er wissen müssen, dass er persönlich verpflichtet war, seine Arbeitsaufnahme der Beklagten mitzuteilen.

Durch die Arbeitsaufnahme ist die Arbeitslosigkeit des Klägers entfallen. Eine für die erneute Entstehung des Anspruchs erforderliche Arbeitslosmeldung des Klägers gemäß § 122 SGB III ist erst wieder am 17.09.2004 erfolgt.

Die Beklagte hat den Erstattungsanspruch sowohl bezüglich der Arbeitslosenhilfe als auch der zur Kranken- und Pflegeversicherung gezahlten Beiträge in zutreffender Höhe festgesetzt. Da der Erstattungsbescheid am 08.1.2004 erlassen wurde, ist Rechtsgrundlage für die Erstattung § 335 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung. Wurden danach von der Bundesagentur für einen Bezieher von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder Unterhaltsgeld Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung gezahlt, so hat der Bezieher dieser Leistungen der Bundesagentur die Beiträge zu ersetzen, soweit die Entscheidung über die Leistung rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Hat für den Zeitraum, für den die Leistung zurückgefordert worden ist, ein weiteres Krankenversicherungsverhältnis bestanden, so erstattet die Krankenkasse, bei der der Bezieher nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 des Fünften Buches versicherungspflichtig war, der Bundesagentur die für diesen Zeitraum entrichteten Beiträge, der Bezieher wird insoweit von der Ersatzpflicht nach Satz 1 befreit. Gem. § 335 Abs. 3 SGB III sind für die Beiträge der Bundesagentur zur sozialen Pflegeversicherung für Versicherungspflichtige nach § 20 Abs. 1 Satz 2 des Elften Buchs die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden. Der Kläger stand in der Zeit vom 27.07.2004 bis 30.07.2004 aufgrund seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung in einem weiteren Krankenversicherungsverhältnis, so dass die Beklagte zutreffend die Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erst ab dem 31.07.2004 festgesetzt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved