L 12 AL 3993/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 1832/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 3993/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10.07.2007 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Dauer eines Arbeitslosengeldanspruchs im Streit.

Der am 28.02.1948 geborene Kläger beantragte bei der Beklagten am 24.05.2004 die Zahlung von Arbeitslosengeld, nachdem ihm am 25.02.2004 von seinem Arbeitgeber, der Firma P.N. Offsettdruckerei GmbH, zum 31.05.2004 gekündigt worden war. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 04.06.2004 ab dem 26.05.2004 Arbeitslosengeld für die Dauer von 780 Tagen. Da der Kläger gegen seine Kündigung vor dem Arbeitsgericht vorging, machte die Beklagte vorsorglich einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber des Klägers geltend.

Der Kläger meldete sich nach Ortsabwesenheit vom 23.02. bis 22.03.2005 am 23.03.2005 erneut arbeitslos und erhielt erneut Arbeitslosengeld. Der Arbeitgeber des Klägers kündigte diesem erneut am 05.08.2005 zum 31.12.2005; in einem Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg wurde dieses Datum als Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit seinem Arbeitgeber bestätigt.

Auf Aufforderung der Beklagten begann der Arbeitgeber des Klägers daraufhin mit der Erstattung der dem Kläger geleisteten Entgeltersatzzahlungen für die Zeit vom 26.05.2004 bis zum 31.12.2005 im Rahmen einer Ratenzahlungsvereinbarung.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 03.02.2006 weiter Arbeitslosengeld für eine Anspruchsdauer von 175 Kalendertagen ab dem 01.02.2006. Mit seinem Widerspruch trug der Kläger vor, dass er einen Anspruch auf die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Dauer von 32 Monaten habe. Ab dem 01.02.2006 bestehe danach ein Restanspruch von 929 Tagen. Er sei vor dem 31.01.2006 arbeitslos geworden und über 57 Jahre alt.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2006 zurück, da Arbeitslosengeld bereits ausgezahlt worden und der Betrag von dem ehemaligen Arbeitgeber des Klägers noch nicht erstattet worden sei. Sofern eine Erstattung durch den Arbeitgeber erfolge, fände im Umfang der Erstattung wieder eine Verlängerung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld statt (unter Hinweis auf § 128 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Die Anspruchsdauer des am 26.05.2004 entstandenen Anspruchs auf Arbeitslosengeld betrage indes maximal 780 Tage.

Der Kläger hat am 24.04.2006 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben, mit der sich auf seinen bisherigen Vortrag bezog.

Die Beklagte trug vor dem SG vor, dass sie die Anspruchsdauer mit Bescheid vom 07.06.2006 auf höchstens 87 Tage festgesetzt habe; der Kläger bestritt den Erhalt eines solchen Bescheids. Weiter trug die Beklagte vor, dass der Kläger eine Gutschrift für eine längere Anspruchsdauer bis zur Dauer von 87 Tagen erhalten könne, wenn die Beklagte die bereits geleisteten Zahlungen vom ehemaligen Arbeitgeber des Klägers jeweils zurückerhalten habe.

Mit Folgebescheid vom 31.10.2006 hat die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 26.07.2006 für die Dauer von 60 Tagen bewilligt. Mit weiterem Bescheid vom 04.01.2007 erfolgte die Bewilligung ab dem 26.07.2006 für eine Dauer von 152 Tagen, mit Bescheid vom 09.03.2007 für die Dauer von 214 Tagen sowie mit Bescheid vom 09.05.2007 für die Dauer von 275 Tagen (jeweils ab 26.07.2006; wobei in allen Bescheiden die Anspruchsdauer jeweils vorläufig festgesetzt wurde). Mit Schreiben vom 23.01.2007 hat die Beklagte dem Kläger zudem ausdrücklich eingeräumt, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für maximal 780 Kalendertage ab dem 01.01.2006 bestehe, wenn der Arbeitgeber alle Arbeitslosengeldzahlungen vor diesem Datum erstattet habe.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 10.07.2007 als unbegründet abgewiesen. Eine Anspruchsdauer von mehr als 87 Tagen stehe dem Kläger nicht zu. Nach § 127 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in Verbindung mit § 434 l Abs. 1 SGB III stehe dem Kläger lediglich ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für 26 Monate (780 Tage) zu. Nach § 124 SGB III beginne die Rahmenfrist mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Kläger habe am 25.05.2004 die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld erfüllt. Nach diesem Zeitpunkt habe der Kläger keine neue Anwartschaftszeit nach § 123 SGB III erfüllt, so dass ab dem 01.01.2006 Arbeitslosengeld aus dem bereits früher entstandenen Anspruch weiter zu bewilligen gewesen sei. Dies bedeute, dass dem Kläger ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für 26 Monate (780 Tage), nicht aber für 960 Tage (32 Monate) zustehe. Die Verhältnisse bei Beginn des Anspruchs auf Arbeitslosengeld am 26.05.2004 seien daher nach wie vor maßgeblich. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger zwar die Dauer von Versicherungspflichtverhältnissen von 64 Monaten erfüllt, er habe aber das 57. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt. Die Beklagte führe zu Recht aus, dass der Arbeitslosengeldanspruch des Klägers nicht erst am 01.01.2006, sondern schon am 26.05.2004 entstanden sei, so dass die danachliegenden Zeiten nicht erfasst würden. Insbesondere sei der Kläger infolge der Kündigung durch seinen Arbeitgeber bereits am 26.05.2004 arbeitslos im Sinne des § 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung gewesen, nämlich faktisch ohne Beschäftigung. Dies gelte unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung wirksam zum 31.05.2004 beendet worden sei oder fortbestanden habe. Auch wenn die Klage vor dem Arbeitsgericht Erfolg habe und der Arbeitgeber nachträglich Entgelt zahle, bleibe es in solchen Fällen hinsichtlich des dem Arbeitslosengeld zugrunde liegenden Arbeitsentgelt bei dem alten Bemessungszeitraum. Dies gelte auch dann, wenn die Beklagte hinsichtlich des auf sie übergegangenen Arbeitsentgeltanspruchs durch den Arbeitgeber befriedigt worden ist; auch dann finde keine Korrektur der Rahmenfrist statt (BSG, Urteil vom 03.12.1998 - B 7 AL 34/98 R -). Eine Rückabwicklung des Leistungsfalls, insbesondere die rückwirkende Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung, sei nicht vorgesehen. Die Gewährung von Arbeitslosengeld im Rahmen der Gleichwohlgewährung nach § 143 Abs. 3 SGB III erfolge nicht vorbehaltlich einer späteren Gehaltsnachzahlung durch den Arbeitgeber, sondern endgültig. Die Gewährung von Arbeitslosengeld bleibe deshalb auch rechtmäßig, wenn nachträglich Arbeitsentgelt gezahlt werde. Bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft bleiben deshalb die tatsächlichen Umstände maßgeblich, die der ursprünglichen Bewilligung von Arbeitslosengeld zugrunde gelegen hätten. Im vorliegenden Fall bedeute dies, dass der Kläger zum maßgeblichen Stichtag bis 26.05.2004 das 57. Lebensjahr noch nicht vollendet habe, so dass ihm höchstens ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für 26 Monate zustehen könne. Der hieraus für den Kläger entstehende Nachteil sei auch im konkreten Fall nicht unter Gleichheitsgesichtspunkten zu korrigieren. Der Rückgriff auf die Merkmale, die für die Bemessung des Arbeitslosengeldes ab dem 26.05.2004 maßgeblich gewesen seien, führe nicht stets und zwangsläufig zu Nachteilen für den Arbeitslosen. So hätte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem späteren Zeitpunkt, etwa zum 31.01.2006, lediglich zur Gewährung von Arbeitslosengeld für eine Gesamtdauer von höchstens 18 Monaten führen können. Nach der vom SG vertretenen Auffassung verbleibe dem Kläger aber der einmal entstandene Anspruch auf Arbeitslosengeld für 26 Monate. Der Kläger sei auch nicht mit einem Arbeitslosen zu vergleichen, der das Risiko auf sich nehme, unter vorübergehendem Verzicht auf Arbeitslosengeld zunächst sein Entgelt vor den Arbeitsgerichten einzuklagen und anschließend erst sein Arbeitslosengeld bei der Beklagten geltend zu machen, wobei ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für 32 Monate entstehen könnte. Der Kläger sei dieses Risiko nicht eingegangen und es bestehe kein sachlicher Grund, ihn mit einem solchen Arbeitslosen gleichzustellen. Das Urteil des SG wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 16.07.2007 zugestellt.

Die Bevollmächtigten des Klägers haben 15.08.2007 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Das SG sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass am 26.05.2004 die Voraussetzung der Arbeitslosigkeit/Beschäftigungslosigkeit im Sinne von § 118 SGB III vorgelegen habe. Der Kläger habe seine Arbeitskraft nach seiner Genesung ab dem 26.05.2004 wieder angeboten, und der Arbeitgeber habe seine Verfügungsgewalt über den Kläger nicht abbedungen. Allenfalls habe eine Freistellung, jedoch nicht eine Aufhebung der Verfügungsgewalt unabhängig vom Ausgang der Kündigungsschutzklage vorgelegen. Außerdem habe der Kläger auch neue Anwartschaftszeiten im Sinne von § 123 SGB III erfüllt, da unstreitig bis einschließlich 31.12.2005 ein Arbeitsvertrag einschließlich der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen vorgelegen habe. Schließlich sei die Beklagte auch durch den Arbeitgeber entschädigt worden, so dass die tatsächliche Arbeitslosigkeit erst am 01.01.2006 begonnen habe und nach § 137 SGB III a.F. ein Arbeitslosengeldanspruch in Höhe von 32 Monaten entstanden sei. Der Leistungsfall sei danach rückabzuwickeln, um eine Benachteiligung des Klägers zu vermeiden, der anders als andere Arbeitslose zum 01.01.2006 sonst nicht 32 Monate lang Arbeitslosengeld erhalten könne. Die Argumentation des SG mit Sinn und Zweck des § 143 SGB III gehe fehl, da die Vermeidung einer Doppelleistung im Sinne der Vorschrift auch vorliegend erfolge. Vorliegend bestehe gerade kein Fall der typischen Gleichwohlgewährung, da der Arbeitgeber bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses in die Sozialkassen eingezahlt habe. Die Beklagte sei nicht nur schadlos gehalten worden, sondern habe sogar Einnahmen verzeichnet, ohne dass dies bei dem Kläger Berücksichtigung gefunden habe; darin liege ein Verstoß gegen Artikel 3 des Grundgesetzes (GG).

Der Kläger beantragt, teils sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10.07.2007 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 03.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2006 sowie die Folgebescheide vom 31.10.2006, vom 04.01.2007, vom 09.03.2007 und vom 09.05.2007 abzuändern sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld ab dem 01.01.2006 für eine Anspruchsdauer von insgesamt 32 Monaten (960 Tagen) zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat hat vorliegend mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden.

Die Beklagte und das SG haben zutreffend entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Arbeitslosengeld maximal für die Dauer von 780 Tagen zusteht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe in dem angegriffenen Urteil des SG Bezug genommen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt.

Darüber hinaus ist auf Folgendes hinzuweisen:

Streitig ist vorliegend allein die Dauer des Anspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld.

Nach § 434 l Abs. 1 SGB III ist § 127 SGB III betreffend die Anspruchsdauer beim Arbeitslosengeld in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden für Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum 31.01.2006 entstanden ist; insoweit ist § 127 SGB III in der vom 01.01.2004 an geltenden Fassung nicht anzuwenden. § 127 Abs. 2 SGB III in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung bestimmt, dass bei Personen wie dem Kläger, die über 57 Jahre alt sind und ein Pflichtversicherungsverhältnis in der Arbeitslosenversicherung von mindestens 64 Monaten zurückgelegt haben, eine Anspruchsdauer des Arbeitslosengeldes von 32 Monaten (960 Kalendertage) gilt.

Demgegenüber ist bei Personen ab 52, aber unter 57 Jahren, nach dieser Vorschrift eine maximale Anspruchsdauer von 26 Monaten (780 Kalendertagen) möglich.

Der Kläger hatte erstmalig am 26.05.2004 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld im Rahmen der sogenannten Gleichwohlgewährung nach § 143 SGB III. Zu diesem Zeitpunkt der Entstehung seines Anspruchs war der Kläger erst 56 Jahre alt, weswegen die Beklagte zutreffend eine Anspruchsdauer von 780 Tagen festgesetzt hat.

Sofern der Klägerbevollmächtigte ausführt, der Kläger sei nicht freigestellt gewesen und am 26.05.2004 habe keine Arbeitslosigkeit vorgelegen, ist dies nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat Arbeitslosengeld bezogen, und der Arbeitgeber hat sein Direktionsrecht nach der zweifachen Kündigung des Klägers ersichtlich aufgegeben.

Arbeitslos ist nach § 119 Abs. 1 SGB III ein Arbeitnehmer, der 1. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), 2. sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und 3. den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).

Von diesen Kriterien ist alleine das Kriterium der "Beschäftigungslosigkeit" im Sinne von § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III fraglich.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist der leistungsrechtliche Begriff der Beschäftigungslosigkeit von anderen Definitionen dieses Begriffs, etwa der beitragsrechtlichen Definition, zu unterscheiden. Die Beschäftigungslosigkeit ist in diesem Sinne unabhängig vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des Arbeitsrechts durch die tatsächliche Nichtbeschäftigung des Versicherten gekennzeichnet (BSGE 73, 126, 129 = SozR 3-4100 § 101 Nr. 5). Die rechtliche Möglichkeit der Arbeitslosigkeit bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis ist im Gesetz ausdrücklich vorgesehen, da anderenfalls die Ruhensvorschrift für Ansprüche bei Arbeitslosigkeit während des Bezuges von Arbeitsentgelt überflüssig und nicht verständlich wäre (§ 143 Abs. 1 SGB III). Auch für das Sperrzeitrecht geht die Rechtsprechung des BSG zu § 119 AFG bzw. § 144 SGB III davon aus, dass die Sperrzeitfolgen mit der Arbeitslosigkeit und nicht etwa erst mit der Inanspruchnahme von Leistungen eintreten (BSGE 54, 41, 44 = SozR 4100 § 119 Nr. 20; BSGE 76, 12, 13 f. = SozR 3-4100 § 119a Nr 2; BSGE 84, 225, 231 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17; BSG SozR 3-4100 § 110 Nr. 2, vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 25.04.2002 - B 11 AL 65/01 R - m.w.N.).

Das BSG hat inzwischen sogar entschieden, dass die unentgeltliche Tätigkeit für einen Arbeitgeber im Rahmen einer stufenweisen Wiedereingliederung kein die Arbeitslosigkeit ausschließendes leistungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis begründet, wenn nicht eine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung, sondern ein aliud (etwa der Gesichtspunkt der Rehabilitation) im Vordergrund steht (Urteil vom 21.03.2007 - B 11a AL 31/06 R -, für SozR 4-000 vorgesehen).

Demnach ist vorliegend maßgeblich davon auszugehen, ob der Kläger im Zeitraum bis zum Abschluss des Vergleichs mit seinem Arbeitgeber weiterhin dessen Weisungsrecht unterstand oder der Arbeitgeber sich insoweit wenigstens ein Weisungsrecht vorbehalten hat. Dies ist zu verneinen, da der Arbeitgeber des Klägers im Verfahren der Kündigungsschutzklage (Landesarbeitgericht Baden-Württemberg - 16 Sa 20/05) sogar ausdrücklich vorgetragen hat, nach der Übernahme der Firma des Arbeitgebers des Klägers habe ein Firmenübergang nicht stattgefunden, so dass ein Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nie bestanden habe.

Die Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld wird auch durch die Gleichwohlgewährung von Arbeitslosengeld gemindert. Die Minderung entfällt, wenn und soweit die Bundesagentur für Arbeit für das Arbeitslosengeld Ersatz erlangt (vgl. BSG vom 24.7.1986 - 7 RAr 4/85 = BSGE 60, 168 = SozR 4100 § 117 Nr. 16).

Dementsprechend war nach dem Eintreffen von Erstattungszahlungen des Arbeitgebers des Klägers die Minderung insoweit wieder rückgängig zu machen, was sich auf den vorliegenden Rechtsstreit indes nicht auswirkt, weil die Beklagte eine längere Anspruchsdauer als eine solche von 780 Tagen nie bewilligt hat. Der Wegfall der Minderung nach Erstattung durch den Arbeitgeber bedeutet auch nicht, dass insoweit Arbeitslosengeld zu Unrecht gewährt worden ist, weil die Gleichwohlgewährung zu Recht erfolgt ist.

Hat der Arbeitslose Arbeitslosengeld trotz noch ausstehender Gehaltsansprüche in Anspruch genommen, so findet bis zur Erfüllung einer neuen Anwartschaftszeit eine Korrektur der Rahmenfrist oder eine Neubestimmung des Bemessungszeitraums auch dann nicht statt, wenn die Bundesanstalt für Arbeit aus dem nachzuzahlenden Arbeitsentgelt in Höhe ihrer Leistungen befriedigt worden ist (BSG vom 11.6.1987 - 7 RAr 40/86 -, SozR 4100 § 117 Nr. 19; BSG, Urteil vom 03.12.1998 - B 7 AL 34/98 R -, SozR 3-4100 § 117 Nr. 17 zu der Vorläuferregelung der Gleichwohlgewährung in § 117 Abs. 4 AFG).

Das bedeutet vorliegend, dass eine neue Anwartschaftszeit nach § 123 SGB III wegen der rechtmäßigen Gleichwohlgewährung nach § 143 SGB III nicht erfüllt worden ist. Diese Folgen einer Gleichwohlgewährung entsprechen der ständigen Rechtsprechung der Sozialgerichte.

Da der Kläger auch erst am 28.02.2005 das Alter von 57 Jahren erreichte, geht der Senat davon aus, dass die Beklagte dem Kläger keinen Hinweis geben musste, dass er durch eine spätere Antragstellung ab Vollendung des 57. Lebensjahres gegebenenfalls eine längere Anspruchsdauer hätte erreichen können (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 5.8.1999 - B 7 AL 38/98 R - und vom 5.9.2006 - B 7a AL 70/05 R -). Denn zum einen war der Kläger für seinen Lebensunterhalt ab dem 26.05.2004 auf Entgeltersatzleistungen angewiesen, und sein 57. Geburtstag war noch nicht nahe; insofern wäre es auch möglich gewesen, bis zu diesem Zeitpunkt wieder in Arbeit vermittelt zu sein. Gegen einen Beratungsfehler spricht insbesondere, dass der Kläger auch aufgrund der damals diskutierten Verkürzung der Anspruchsdauer beim Arbeitslosengeld bis zum 31.01.2006 einen Anspruch geltend machen musste, um nicht eine noch drastischere Kürzung seiner Anspruchsdauer zu erleiden (vgl. § 127 SGB III n.F.). Ein zu weites Hinauszögern der Anspruchsentstehung hätte für den Kläger die Gefahr beinhaltet, eine rechtzeitige Anspruchsentstehung - etwa wegen plötzlicher Krankheit, vergleiche §§ 119 Abs. 5, 125, 126 SGB III - nicht verwirklichen zu können.

Die von dem Klägerbevollmächtigten geäußerten Gleichheitsbedenken unter Berufung auf Art. 3 des Grundgesetzes (GG) vermag der Senat nicht zu teilen. Die Beklagte ist im Rahmen ihrer Massenverwaltung gerade auch durch die den Arbeitslosen prinzipiell begünstigende Regelung der Gleichwohlgewährung in § 143 SGB III dazu angehalten, im Interesse einer nahtlosen Gewährung von Entgeltersatzleistungen pauschalisierende Verfahren anzuwenden. Dies dient der Funktionsfähigkeit der Verwaltung und kommt im Ergebnis auch den Versicherten zugute, die einen schnelleren Bescheid über die Bewilligung von Arbeitslosengeld erhalten. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen wie bei der Berechnung und Gewährung von Arbeitslosengeld ist der Gesetzgeber jedoch grundsätzlich berechtigt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. BVerfGE 84, 348 (360); 87, 234 (255 f.)).

Dem Senat erscheint im Übrigen auch bereits der Ansatz verfehlt, dass der Kläger sich mit Arbeitslosengeldbeziehern ab dem 01.01.2006 vergleichen will, weil er dieser Vergleichsgruppe nicht angehört; denn der Kläger hat Arbeitslosengeld bereits zu einem früheren Zeitpunkt bezogen, als er auch noch nicht die Grenze des Lebensalters von 57 Jahren überschritten hatte.

Mit Schreiben vom 23.01.2007 hat die Beklagte dem Kläger zudem ausdrücklich bestätigt, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für maximal bis zu 780 Kalendertage ab dem 01.01.2006 besteht, wenn der Arbeitgeber alle Arbeitslosengeldzahlungen vor diesem Datum erstattet hat. Diese Entscheidung entspricht nach den obigen Ausführungen der Rechtslage, eine längere Anspruchsdauer kann nicht geltend gemacht werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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