Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
24 U 616/96
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 11/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11. Oktober 2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren noch die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen von Berufskrankheiten nach Nummern 1302 und/oder 1310 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung streitig.
Der im XXXXX 1922 geborene Kläger war vom 1. April 1969 bis zum 30. Juni 1983 bei der Firma B. im Werk Hamburg-1 als Chemiearbeiter beschäftigt. Dabei war er in erheblichem Umfang den Einwirkungen von polychlorierten Dibenzodioxinen und –furanen (im folgenden Dioxin) sowie Hexachlorcyclohexan (HCH) ausgesetzt. Die im September 1994 gemessene Blutfettwertkonzentration der toxikologisch relevantesten Substanz aus der Gruppe der Dioxine, nämlich 2, 3, 7, 8 – Tetrachlordibenzo–P–Dioxin (TCDD), betrug 28,3 ng/kg (= ppt), während der im Dezember 1994 gemessene Wert an Beta-HCH mit 35,3 Mikrogramm/Liter bestimmt wurde. Seit dem 30. Juni 1983 ist der Kläger, der 1985 einen Myokardinfarkt erlitten hatte, Rentner. Im September 1993 musste er sich einer Bypass-Versorgung unterziehen.
Mit Schreiben vom 14. Juli 1994 machte der Kläger gegenüber der Beklagten das Vorliegen einer Berufskrankheit mit Folgen in Form von häufig auftretenden Schwindelerscheinungen, gelegentlichen Bewusstseinsstörungen sowie wiederkehrend auftretenden Hautausschlägen geltend und verwies auf die 1993 aufgetretene Herzmuskeldurchblutungsstörung. In seiner ärztlichen Anzeige über eine Berufskrankheit vom 18. Juli 1994 führte der Arzt Prof. Dr. M. als gesundheitliche Beschwerden neben den Schwindelgefühlen auch eine Nervosität sowie eine Allergie auf HCH an. Die Beklagte zog im Rahmen ihrer Ermittlungen die den Kläger betreffenden Unterlagen der Betriebskrankenkasse B., des Werksarztes der Fa. B., des Kardiologen Dr. S., des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. S1, des allgemeinen Krankenhauses (AK) E. sowie der S2 Kliniken bei. In seinem auf Veranlassung der Beklagten erstellten Gutachten vom 20. Februar 1995 gelangte der Hautarzt Dr. K. zu dem Ergebnis, die beim Kläger bestehenden Hautveränderungen seien weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung auf Einwirkungen während der beruflichen Tätigkeit bei der Fa. B. zurückzuführen. Das Vorliegen einer Chlorakne könne ausgeschlossen werden.
Der Nervenarzt Dr. L. kam in seinem Gutachten vom 21. August 1995 nach Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis, dass bei diesem auf nervenärztlichem Fachgebiet keine pathologischen Befunde zu erheben seien. Insbesondere lägen weder eine Enzephalopathie noch eine Polyneuropathie vor. Die erst auf gezielte Nachfrage angegebenen Schwindelanfälle seien mit hoher Wahrscheinlichkeit flüchtigen Durchblutungsstörungen im Rahmen des Herz- und Gefäßleidens zuzuordnen.
Nachdem der Staatliche Gewerbearzt in seiner Stellungnahme vom 17. November 1995 ausgeführt hatte, das Vorliegen einer Berufskrankheit lasse sich bei dem Kläger nicht feststellen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Dezember 1995 die Anerkennung der geltend gemachten Gesundheitsstörungen in der Form von Schwindelerscheinungen und gelegentlichen Bewusstseinsstörungen sowie Hautausschlägen und Herzmuskeldurchblutungsstörungen als Folgen einer Berufskrankheit nach Nummern 1302, 1310 oder 5101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung ab.
Mit seinem gegen diese Entscheidung erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass es ihm seit seiner Tätigkeit bei der Fa. B. gesundheitlich schlecht gehe. Schon während der Tätigkeit seien Kopfschmerzen, Schwindelerscheinungen und allgemeine Abgeschlagenheit aufgetreten. Nach der Arbeit sei er oft regelrecht zusammengebrochen. Nach Überprüfung der ihm vorliegenden Unterlagen teilte der Betriebsarzt der Fa. B., der Arzt für Arbeitsmedizin Dr. M1, unter dem 8. Mai 1996 mit, dass sich darin keine Angaben zu den vom Kläger behaupteten Beschwerden während seiner Tätigkeit fänden. Am 6. Juni 1996 gab der Kläger mit Unterstützung seiner Ehefrau gegenüber dem Arzt für Arbeitsmedizin Dr. E1 an, dass Schwindelanfälle erstmals im Sommer 1978, danach alle zwei Monate, gelegentlich aber auch alle 14 Tage, fast ausschließlich während der Sommermonate aufgetreten seien. Sie seien nur zu Hause und dort am Tisch sitzend aufgetreten, niemals am Arbeitsplatz oder sonst irgendwo während des täglichen Lebens. Der Hausarzt habe wegen dieser Beschwerden zunächst Kreislaufmittel verschrieben, die aber keine Wirkung gezeigt hätten. Zeitgleich mit dem ersten Schwindelanfall seien auch Potenzstörungen aufgetreten. Nachdem der Nervenarzt Dr. V. in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 5. Juli 1996 weiterhin die Auffassung vertreten hatte, es gebe keinen Grund zur Annahme, dass die geklagten Schwindelanfälle in ursächlichem Zusammenhang mit der beruflichen Exposition zu sehen seien, lehnte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 2. August 1996 die Anerkennung der Herzkrankheit als Folge einer Berufskrankheit nach Nummern 1302 oder 1310 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung unter Hinweis auf die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse ab. Der Arzt für Psychiatrie Dipl. Med. M2 kam in seinem Gutachten vom 17. Oktober 1996 nach Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis, dass eine krankheitswertige neurotische Erkrankung bei diesem nicht vorliege und die von ihm geschilderten Beschwerden ihre Erklärung in dem vorliegenden Herz- und Gefäßleiden fänden. Nach Beiziehung der einen Arbeitsunfall des Klägers am 12. März 1973 betreffenden Unterlagen, bei welchem sich dieser durch das Tragen einer Schutzmaske Entzündungen der Haut im Gesicht zugezogen hatte, blieb der Hautarzt Dr. K. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 4. November 1996 bei seiner Einschätzung, dass bezüglich der beim Kläger vorliegenden Hautveränderungen keine Berufskrankheit anzunehmen sei. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 21. November 1996 zurück.
Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat das Sozialgericht den Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. S1 vom 6. Dezember 1997 beigezogen, in welchem die Beschwerden wie Abgeschlagenheit, Kopfschmerz, Schwindel, Mattigkeit und Herzschmerzen als Folgen des im Jahre 1985 durchgemachten Herzinfarktes dargestellt werden. Der Arbeitsmediziner Dr. P. ist in seinem auf Veranlassung des Sozialgerichts erstellten Gutachten nach Aktenlage vom 29. Mai 1998 sowie der dazu ergangenen ergänzenden Stellungnahme vom 26. Oktober 1998 zu dem Ergebnis gelangt, dass zwar nach den bisher vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen Dioxin sehr wahrscheinlich generell geeignet sei, eine koronare Herzkrankheit zu verursachen. Dies gelte jedoch nur bei einer sehr hohen Dioxin-Exposition, wie sie beim Kläger eindeutig nicht vorgelegen habe. Für einen Einfluss von HCH auf das Herz-Kreislauf-Erkrankungsrisiko gebe es bisher keine wissenschaftlich gesicherten Belege. Die vom Kläger geklagten unspezifischen Befindlichkeitsstörungen in Form des Schwindels und der Nervosität würden aufgrund ihrer Symptomatik nicht den Störungen entsprechen, wie sie häufig bei hirnorganischen Veränderungen beobachtet würden. Insoweit sei eine von den Folgen der Herz- und Gefäßerkrankung abgrenzbare Symptomatik als eigenständiges Krankheitsbild nicht zu belegen. Hinsichtlich der Hauterkrankungen sei festzuhalten, dass nach fachdermatologischer Beurteilung eine Chlorakne zu keinem Zeitpunkt aufgetreten sei. In der wissenschaftlichen Literatur gebe es keine Hinweise für einen Zusammenhang der beim Kläger bestehenden Hauterkrankungen mit einer Dioxin- oder HCH-Exposition. Keine der festgestellten Gesundheitsstörungen lasse sich daher ursächlich auf die Schadstoffexposition bei der Fa. B. zurückführen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 11. Oktober 2000 hat der Kläger angegeben, vor 1985 bei seinem Hausarzt Dr. S3 unter anderem wegen Schwindelerscheinungen und Kopfschmerzen in Behandlung gewesen zu sein. Bereits in den 70iger Jahren habe er während der Arbeit häufiger Kopfschmerzen gehabt und dagegen vom Pförtner Tabletten erhalten.
Der Sachverständige Dr. P. hat in diesem Termin unter anderem dargelegt, dass dann, wenn die Befindlichkeitsstörungen und Kopfschmerzen schon seit Anfang der 70iger Jahre chronisch aufgetreten seien, das Krankheitsbild im Rahmen einer neuropsychologischen Untersuchung genauer analysiert werden müsse. Hinsichtlich des jetzt neu aufgetreten Verdachts auf eine Polyneuropathie sei zu berücksichtigen, dass eine Latenzzeit von mehr als zehn Jahren zwischen Exposition und Erkrankung gegen einen Zusammenhang spreche. Der als sachverständiger Zeuge gehörte Prof. Dr. M. hat unter anderem angegeben, die beim Kläger nachgewiesenen Schadstoffbelastungen seien ausreichend, um die bei ihm aufgetretene Herzerkrankung zu erklären. Hinsichtlich einer Enzephalopathie sei festzustellen, dass es sich sowohl bei HCH als auch bei Dioxin um neurotoxische Substanzen handele, die zu akuten Störungen führen könnten. Eine Erklärung für zeitlich versetzte Auswirkungen sei darin zu sehen, dass es sich in beiden Fällen um Speichergifte handele und summierende Effekte zu erwarten seien.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 11. Oktober 2000 abgewiesen und sich zur Begründung auf die Ergebnisse der Begutachtungen durch Dr. P., Dr. L., Dipl. Med. M2 und Dr. K. berufen. Demgegenüber hätten die Ausführungen und Schlussfolgerungen des sachverständigen Zeugen Prof. Dr. M. hinsichtlich der Ursächlichkeit der Schadstoffexposition für die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht zu überzeugen vermocht.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 14. Februar 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14. März 2001 Berufung eingelegt. Unter Hinweis auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur toxischen Wirkung von sowohl Dioxin als auch HCH führt er aus, das Sozialgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Es habe nicht berücksichtigt, dass Dioxin nach wissenschaftlichen Erkenntnissen in der Lage sei, direkt - das heißt ohne Vorhandensein der bekannten Risikofaktoren - eine koronare Herzkrankheit zu verursachen. Soweit Dr. P. dies dahingehend einschränke, dass ein derartiger Zusammenhang nur bei sehr hoher Dioxinbelastung anzunehmen sei, verkenne er, dass sich derartige Erkenntnisse auf Sterbefälle an Herzinfarkten bezögen. Im Übrigen sei es wahrscheinlich, dass im Falle des Klägers der bereits 1979 festgestellte erhöhte Cholesteringehalt des Blutes als einleitende Ursache des Herzinfarktes Bedeutung gehabt habe. Bis zum Beweis des Gegenteils sei davon auszugehen, dass eine Dosis-Wirkung-Beziehung zwischen HCH und Cholesterinspiegel bestehe und dass demgemäß auch diese Störung toxisch bedingt sei. Sowohl Dioxin als auch HCH würden schädigend auf das periphere und insbesondere auf das zentrale Nervensystem wirken. Beim Kläger hätten sich erste Störungen der typischerweise auftretenden Befindlichkeitsstörungen bereits während der Tätigkeit bei der Fa. B. gezeigt. Im Vordergrund hätten dabei Schwindelerscheinungen und Kopfschmerzen gestanden. Demgegenüber sei das Herzleiden erst zwei Jahre nach dem Ausscheiden des Klägers bei der Fa. B. in Erscheinung getreten, so dass die Befindlichkeitsstörungen, die sich als Symptome einer toxischen Enzephalopathie darstellen würden, nicht auf diese Erkrankung zurückzuführen seien. In Anbetracht der zu Grunde zu legenden hohen Schadstoffbelastung sei es geradezu abwegig, hier eine andere Ursache als die Wirkung der beruflich aufgenommenen Gifte anzunehmen. Dies gelte umso mehr, als jetzt auch Störungen peripherer Nerven festgestellt worden seien. Es sei anzunehmen, dass auch dieser Schaden bereits geraume Zeit bestehe, nur bislang gezielte Untersuchungen nicht durchgeführt worden seien.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11. Oktober 2000 sowie die Bescheide der Beklagten vom 27. Dezember 1995 und 2. August 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 1302 und/oder 1310 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung eine Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Trotz dreimaliger nervenärztlicher Begutachtung seien bei dem Kläger keine eigenständigen Befindlichkeitsstörungen nachgewiesen worden, die auf eine Schadstoffeinwirkung zurückgeführt werden könnten. Im Übrigen spreche die lange Latenzzeit im Falle des Klägers gegen einen Ursachenzusammenhang. Hinsichtlich der Herzerkrankung sei der Beurteilung von Dr. P. zu folgen, der sämtliche medizinische Literatur zu dieser Thematik ausgewertet habe. Ein Zusammenhang zwischen HCH und einem erhöhten Cholesterinwert sei entgegen der Auffassung des Klägers durch den derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht bewiesen und somit reine Spekulation.
Der Nervenarzt Dr. N. ist in seinem auf Veranlassung des erkennenden Gerichts erstellten Gutachten vom 15. Januar 2003 nach Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis gelangt, bei diesem lägen eine vertebrobasiläre Insuffizienz und cerebrovasculäre Durchblutungsstörungen mit Vertigo, jedoch kein Anhalt für eine Enzephalopathie oder eine Polyneuropathie vor. Die bestehenden Gesundheitsstörungen seien nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die Schadstoffexposition zurückzuführen.
Der auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Sachverständigen bestellte Prof. Dr. M. hat in seinem arbeitsmedizinischen Gutachten vom 29. Januar 2004 auf die Ergebnisse einer 1979 durchgeführten Untersuchungsreihe hingewiesen, bei welcher 60 Beschäftigte – darunter auch der Kläger – aus der Lindanproduktion erfasst wurden. Untersuchungen zur Erfassung psychischer Störungen seien nicht durchgeführt worden. Nachträglich hätten die Teilnehmer aber geäußert, solche Beschwerden zum Untersuchungszeitpunkt bereits gehabt zu haben. Dies treffe auch auf den Kläger zu. Hervorzuheben sei außerdem, dass bei der untersuchten Gesamtgruppe durchschnittlich erhöhte Werte an Blutlipiden, insbesondere an Cholesterin festgestellt worden seien und dass entsprechende Analysen ursächliche Zusammenhänge mit den Konzentrationen an HCH erkennen ließen. Bei etwa jedem zweiten seien auch juckende Hautausschläge abgelaufen, die lange Zeit über die Exposition hinaus fortbestanden und – wie im Fall des Klägers – meistens entsprechende Narben hinterlassen hätten. Zwar habe Dr. N. richtig festgestellt, dass die beim Kläger dokumentierte Hypercholesterinämie als ein wichtiger Faktor der später aufgetretenen allgemeinen Arteriosklerose anzusehen sei. Jedoch hätten 1979 noch keine Zeichen einer derartigen Erkrankung bestanden. Der Cholesterinspiegel habe aber schon deutlich in einem pathogenen Bereich gelegen. Der Schwellenwert für ein hohes Risiko von damals 260 mg/dl sei mit den ermittelten 258 mg/dl fast erreicht worden. Entsprechend der bei der Untersuchung 1979 erzielten Ergebnisse sei deshalb beim Kläger ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Schadstoffbelastung und der Fettstoffwechselstörung sowie den später dadurch eingetretenen sklerotischen Gefäßschäden anzunehmen, zumal andere Ursachen für die Hypercholesterinämie nicht auszumachen seien. Derartige Beeinträchtigungen des Fettstoffwechsels durch HCH-Einwirkungen seien auch aus der Literatur bekannt. Hinsichtlich der Befindlichkeitsstörungen sei festzuhalten, dass diese beim Kläger nach dessen Angaben gegenüber Dr. E1 bereits während der Tätigkeit bei der Fa. B. aufgetreten seien. Damals habe es aber noch keine klinischen Hinweise auf eine allgemeine Arteriosklerose gegeben. Man müsse daher von zwei unterschiedlichen Krankheitsgeschehen ausgehen, zumal die psychischen Beschwerden nicht zum Krankheitsbild einer koronaren Herzkrankheit passen, jedoch vollends den Folgeerscheinungen einer chronischen Einwirkung der hier zur Diskussion stehenden Schadstoffe entsprechen würden. Selbst wenn die Beschwerden ursächlich auf einer Arteriosklerose beruhen sollten, behielte die beim Kläger nachgewiesene Belastung mit HCH ihre ursächliche Bedeutung, da sie als maßgebliche Ursache der Fettstoffwechselstörung und damit der Arteriosklerose anzusehen sei. Hinsichtlich der Hauterscheinungen könne die durch Dr. K. durchgeführte Diagnostik nicht in Frage gestellt werden, wenn auch eine spezifische Reaktion auf eines der Isomere des HCH nicht ausgeschlossen sei.
Im Ergebnis hat der Sachverständige ausgeführt, dass die Einwirkung der berufsbedingten Schadstoffe ursächlich für die psychovegetativen Störungen sowie die allgemeine Arteriosklerose mit besonderem Befall der Beinarterien sowie der Herzkranzgefässe mit der klinischen Erscheinung einer koronaren Herzkrankheit und möglicherweise auch für die wiederkehrend auftretenden Hautausschläge sei. Es liege eine Berufskrankheit nach Nr. 1302 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung vor. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage ab Juli 1994 insgesamt 40 vom Hundert.
Dieser Beurteilung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 5. März 2004 widersprochen und darauf hingewiesen, dass sie sich lediglich auf Vermutungen, nicht aber auf den allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnisstand stütze. Die generelle Geeignetheit von HCH zur Verursachung von Fettstoffwechselstörungen werde unterstellt, obwohl die auf der Untersuchungsreihe von 1979 basierende Studie, die wegen inhaltlicher Fehler zwischenzeitlich überarbeitet worden sei, dazu keine validen Ergebnisse liefere. Weder von der WHO noch der MAK-Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft würden Fettstoffwechselstörungen als toxische Folgewirkungen von HCH eingestuft. Im Übrigen stelle ein einmalig festgestellter Cholesterinwert im Grenzbereich zum Normalwert keine geeignete Grundlage für weitergehende Interpretationen dar. Bereits die Nahrungszusammensetzung bzw. die Einnahme einer Mahlzeit vor der Blutabnahme könne eine derartige Cholesterinerhöhung zwanglos erklären. Hinsichtlich der Befindlichkeitsstörungen lasse Prof. Dr. M. unberücksichtigt, was in den Befundberichten insbesondere des Hausarztes Dr. S1 dokumentiert sei. Danach gebe es keine ärztlichen Befunde aus der Zeit bis 1984, die die Angaben des Klägers bestätigen könnten.
Prof. Dr. H. ist in seinem arbeitsmedizinischen/internistischen Gutachten vom 13. Oktober 2006, welches er nach Aktenlage erstellt hat, weil der Kläger aus gesundheitlichen Gründen die vorgesehene Untersuchung nicht wahrzunehmen vermochte, zu dem Ergebnis gelangt, die Hautveränderungen stellten sich nach allen Untersuchungsergebnissen eindeutig nicht als Folge einer beruflichen Schadstoffbelastung dar. Zwar könnten die 1973 einmalig aufgetretenen Erscheinungen als Ausdruck einer unfallartigen Intoxikation angesehen werden, jedoch hätte sich daraus keine unfallversicherungsrechtlich relevante Dauerschädigung entwickelt. Hinsichtlich des Nervensystems würden sich vor 1994 keine Hinweise auf Bewusstseinsstörungen aus der Akte ergeben. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger im Rahmen seiner Prostatabehandlung und insbesondere der Bypass-Operation einer sorgfältigen präoperativen Diagnostik unterzogen worden sei. Hätte es Bewusstseinsstörungen relevanten Ausmaßes gegeben, wären diese mit Sicherheit in den Arztberichten erwähnt worden. Im Übrigen hätten die nervenärztlichen Sachverständigen Dr. L., Dr. V., Dipl. Med. M2 und Dr. N. übereinstimmend seitens des Nervensystems trotz vielfältiger testpsychologischer Untersuchungen keinerlei Hinweise auf toxische Schädigungen festgestellt. Soweit Dr. D. im September 1999 als Nebenbefund eine leichte Polyneuropathie beschrieben habe, sei der zeitliche Abstand zur Exposition zu lang, um noch einen Zusammenhang annehmen zu können. Die vom Kläger beschriebenen flüchtigen Bewusstseinsstörungen und der Schwindel könnten als Symptom von Durchblutungsstörungen aufgefasst werden, zumal sie stets in den Sommermonaten aufgetreten sein sollen. Hinsichtlich der Arteriosklerose sowie der Sklerose der Herzkranzgefäße mit der Komplikation des Herzinfarktes 1985 komme der Exposition gegenüber HCH keine nennenswerte Relevanz zu, während es bezüglich Dioxinexpositionen auffällige Ergebnisse in der wissenschaftlichen Literatur gebe. Zu Recht habe aber bereits Dr. P. darauf hingewiesen, dass beim Kläger die Dioxinbelastung nicht eine Größenordnung erreicht habe, bei der z.B. in der Studie von Flesch-Janys et al. eine Risikoerhöhung festgestellt worden sei. Im Übrigen müsse der Nikotinkonsum des Klägers berücksichtigt werden. Nach dem Bericht des Reha-Zentrums Bad S2 habe er dort einen Konsum von 40 Zigaretten täglich angegeben. Schon bei 25 Zigaretten/Tag ergebe sich eine Risikoverdoppelung für ischämische Herzerkrankungen und andere Gefäßerkrankungen. Hinzu käme mit der dokumentierten Hypercholestrinämie ein weiterer, ebenso bedeutsamer Risikofaktor für das Herz- und Gefäßleiden. Soweit Prof. Dr. M. einen Ursachenzusammenhang zwischen HCH und Cholesterinwert herstelle, sei ein solcher Zusammenhang keineswegs gesichert. Die Graphik auf Seite 16 des Gutachtens von Prof. Dr. M. zeige auch keineswegs eine deutliche Korrelation zwischen HCH und Cholesterinwert. Insgesamt bestünden beim Kläger keine Gesundheitsstörungen, die wahrscheinlich durch die gesicherte Exposition gegenüber Schadstoffen am Arbeitsplatz wesentlich verursacht worden seien.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger, der sein ursprüngliches Begehren nach Anerkennung auch einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung nicht weiter verfolgt hat, angegeben, seit den 60iger Jahren bis zu seinem Herzinfarkt bei Dr. S3 in Behandlung gewesen zu sein. Dieser habe ihn allgemein behandelt, wenn er z.B. mal eine Grippe oder Kopfschmerzen gehabt oder wenn er mal einen gelben Schein gebraucht habe.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (§§ 143, 144, 151 SGG) ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 27. Dezember 1995 und 2. August 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 1996 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Entgegen seiner Auffassung hat er keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen der als Berufskrankheiten nach Nummern 1302 und/oder 1310 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung geltend gemachten Gesundheitsstörungen, insbesondere der Herz- und Gefäßerkrankung sowie der Befindlichkeitsstörungen.
Zutreffend hat das Sozialgericht in seiner Entscheidung unter Beachtung des Umstandes, dass auf den Rechtsstreit noch die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) anzuwenden sind, weil ein Versicherungsfall vor dem Inkrafttreten des Siebten Sozialgesetzbuches, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) am 1. Januar 1997 geltend gemacht wird (vgl. Artikel 36 Unfallversicherungs – Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII), dargelegt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente (§ 580 RVO) hat, weil bei ihm Folgen einer Berufskrankheit (§ 551 Abs. 1 RVO) nach Nummern 1302 und/oder 1310 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung nicht vorliegen. Zu Recht ist es dabei davon ausgegangen, dass der Kläger während der versicherten Tätigkeit bei der Fa. B. einer – nachgewiesenen – grundsätzlich schädigenden HCH- und Dioxinbelastung ausgesetzt war. Ebenfalls zutreffend hat das Sozialgericht aber unter vollständiger Berücksichtigung der beim Kläger erhobenen medizinischen Befunde und aller vorliegenden ärztlichen Beurteilungen ausgeführt, dass es an der erforderlichen Wahrscheinlichkeit des wesentlichen (teil-)ursächlichen Zusammenhanges der vorliegenden Gesundheitsstörungen mit dieser Schadstoffeinwirkung fehlt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen in vollem Umfang an, sieht deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt Bezug auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Vorbringen des Klägers während des Berufungsverfahrens und die vom Senat zusätzlich durchgeführten Ermittlungen haben keine – neuen – Erkenntnisse erbracht, die den Anspruch des Klägers stützen und zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen könnten. Insbesondere durch das überzeugende Gutachten von Prof. Dr. H. ist vielmehr bestätigt worden, dass es zwar wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, die für einen (Ursachen-) Zusammenhang zwischen Dioxinbelastung und koronaren Herzerkrankungen sprechen und Dioxin somit wohl generell geeignet ist, eine derartige Erkrankung hervorzurufen. Ein derartiger Zusammenhang konnte jedoch ausschließlich in der Gruppe von außerordentlich hoch mit Dioxin belasteten Personen festgestellt werden. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Studie von Flesch-Janys et al. (1995/1998) lässt sich ein Ursachenzusammenhang allenfalls bei einer Dioxinexposition von mindestens 344 ppt wahrscheinlich machen. Einer Exposition in dieser Größenordnung war der Kläger bei weitem nicht ausgesetzt. Unter Berücksichtigung der 1994 festgestellten Blutfettwerte hat Dr. P. bereits in seinem Gutachten vom 29. Mai 1998 eine Dioxinbelastung zum Zeitpunkt des Endes der Beschäftigung im Jahre 1983 von etwa 80 ppt zurückgerechnet. Zwar weist Prof. Dr. H. in seinem Gutachten zutreffend darauf hin, dass die Rückrechnung mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist, jedoch lässt sich beim Kläger auch nicht annähernd ein Wert, der einen Ursachenzusammenhang wahrscheinlich machen könnte, mit der für eine Anknüpfungstatsache erforderlichen Sicherheit feststellen. Dies wird zusätzlich dadurch bestätigt, dass auch nach einer Berechnung der Dioxinbelastung unter Berücksichtigung der durchschnittlich in den einzelnen Bereichen der Fa. B. vorkommenden Belastungen der Kläger mit 1429 ppt x Jahre als TCDD-Gesamtdosis nicht zu der Gruppe der am höchsten belasteten B.-Arbeitern zählt (mindestens 2503 ppt x Jahre), für die allein nach der angeführten Studie relevante Risikoerhöhungen für Erkrankungen an Herz- und/oder Kreislauferkrankungen festgestellt werden konnten.
Ebenfalls überzeugend ist durch das Gutachten von Prof. Dr. H. bestätigt worden, dass es derzeit keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einem – direkten – Einfluss von HCH auf das Risiko für eine Herzerkrankung gibt. Es fehlt somit an der generellen Eignung von HCH, eine Herzerkrankung hervorzurufen, wobei der Senat insoweit dahingestellt lassen kann, ob diese generelle Eignung nur mit hinreichender, oder vielmehr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (Gewissheit) feststehen muss. Mangels wissenschaftlicher Erkenntnisse ist auch eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhanges nicht festzustellen. Hierbei bedarf es keines Eingehens auf die von Prof. Dr. H. zu Recht angesprochene außerberufliche Belastung durch den Zigarettenkonsum. Insoweit verkennt der Senat nicht, dass Prof. Dr. M. in seinem auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG erstellten Gutachten vom 29. Januar 2004 eine mittelbare Verursachung der Herzerkrankung durch HCH in der Weise für wahrscheinlich hält, dass HCH zu einer Hypercholesterinämie, diese wiederum zu einer allgemeinen Arteriosklerose und diese zu der Herzerkrankung geführt habe. Allerdings fehlt es zur Überzeugung des Senats schon an der Grundvoraussetzung für diese These, nämlich dass HCH eine Erhöhung des Colesterienspiegels bewirkt. Zu Recht weist Prof. Dr. H. in seinem Gutachten unter Hinweis auf die WHO und die MAK-Kommission darauf hin, dass die Annahme eines derartigen Zusammenhanges nicht der in der Wissenschaft herrschenden Auffassung entspricht. Somit ist die generelle Geeignetheit nicht gegeben (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 31. Januar 1984 – 2 RU 67/82 - ). Zwar ergeben sich aus der von Prof. Dr. M. in Bezug genommenen Untersuchungsreihe 1979 unbestreitbar gewisse Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen HCH und einer Fettstoffwechselstörung, die aber in erster Linie die Triglyceridwerte und nur weniger die Cholesterinwerte betreffen und insgesamt nicht ausreichen, einen Ursachenzusammenhang wahrscheinlich zu machen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist gerade nicht bis zum Beweis des Gegenteils davon auszugehen, dass zwischen HCH und Cholesterinspiegel eine Dosis-Wirkung-Beziehung besteht. Vielmehr geht es zu Lasten des Klägers, wenn eine solche Beziehung – wie hier – nicht mit dem erforderlichen Grad der Sicherheit festzustellen ist. Darüber hinaus hat bereits die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass aus einem einzigen Messwert beim Kläger, der die Grenze zum hohen Risiko von 260 mg/dl immer noch – wenn auch knapp – unterschritten hat, nicht derartig weite Konsequenzen gezogen werden können, wie dies Prof. Dr. M. getan hat. Ein einmalig festgestellter Cholesterinwert im Grenzbereich zwischen normalem und erhöhtem Wert lässt sich schon durch die Nahrungszusammensetzung bzw. die Einnahme einer Mahlzeit vor der Blutabnahme zwanglos erklären.
Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Befindlichkeitsstörungen ist zu berücksichtigen, dass diese nur dann ursächlich auf die Einwirkungen der grundsätzlich neurotoxisch wirkenden Schadstoffe Dioxin und/oder HCH zurückzuführen sind, wenn sie sich als Symptome einer hirnorganischen Erkrankung im Sinne einer Enzephalopathie (nicht entzündliche Erkrankung des Gehirns) darstellen. Die generelle Eignung von sowohl Dioxin als auch HCH, Befindlichkeitsstörungen hervorzurufen, besteht nämlich nur insoweit, als es sich bei ihnen um Symptome einer Erkrankung des Zentralnervensystems handelt (vgl. Abschnitt III des Merkblatts des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung für die ärztliche Untersuchung, Bundesarbeitsblatt 6/1985, S. 55). Eine derartige Hirnerkrankung ist beim Kläger jedoch nach der übereinstimmenden Beurteilung aller tätig gewordenen nervenärztlichen Sachverständigen nicht zu diagnostizieren. Es konnte nämlich bei der durchgeführten testpsychologischen/psychometrischen und klinischen Untersuchung keine Leistungsbeeinträchtigung in den Testergebnissen festgestellt werden, welche auf eine diffuse Hirnschädigung hindeuten würde. Darüber hinaus haben diese Sachverständigen ebenfalls übereinstimmend darauf hingewiesen, dass die vom Kläger im Wesentlichen geklagten Beschwerden in Form von Schwindelerscheinungen, Bewusstseinseintrübungen und Kopfschmerzen nicht das typische Bild von bei einer Enzephalopathie auftretenden Befindlichkeitsstörungen aufweisen. Dies wird bestätigt durch das Ergebnis der bei Dr. N. durchgeführten Untersuchung, bei welcher ebenfalls mnestische oder kognitive Störungen nicht festzustellen sowie Konzentration und Ausdauer erhalten waren. Dies übersieht Prof. Dr. M., wenn er trotz der entgegenstehenden nervenärztlichen Beurteilungen in seinem Gutachten vom 29. Januar 2004 einen ursächlichen Zusammenhang der vom Kläger geklagten Beschwerden mit der HCH-Exposition annimmt. Zwar verweist er zu Recht darauf, dass entsprechend belastete B.-Arbeiter gehäuft unter Befindlichkeitsstörungen als Ausdruck des Vorliegens einer Enzephalopathie leiden würden, diagnostiziert selbst beim Kläger aber auch keine hirnorganische Erkrankung und nimmt auch keine Abgrenzung der allenfalls bei toxischen Einwirkungen zu erwartenden hirnorganischen Störungen von rein psychischen (seelischen) oder durchblutungsbedingten Störungen vor. Entgegen seiner Auffassung ist es zur Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung der Beurteilung aller Sachverständigen außer Prof. Dr. M., die im völligen Einklang mit der Einschätzung des behandelnden Arztes Dr. S1 stehen, sehr viel wahrscheinlicher, dass es sich bei den beklagten Schwindelerscheinungen und Kopfschmerzen um Symptome der unstreitig vorliegenden Herz-Kreislauferkrankung handelt. Soweit der Kläger darauf verweist, dass die Befindlichkeitsstörungen bereits während der Tätigkeit bei der Fa. B. bestanden hätten, während die Herzerkrankung erst 1985 manifest geworden sei, steht dies im Widerspruch zu allen aus den Jahren vor 1994 vorliegenden ärztlichen Unterlagen. Letztlich kann diese Frage aber dahingestellt bleiben, da nach den vorliegenden Sachverständigengutachten feststeht, dass bei dem Kläger eine Enzephalopathie nie vorlag, die geklagten Störungen somit nicht Folge einer solchen Erkrankung und deshalb auch nicht Folge einer beruflichen Schadstoffeinwirkung sein können. Einer Beweiserhebung durch Vernehmung des früheren Hausarztes Dr. S3 oder durch Beiziehung von dessen Unterlagen zu der Frage des Zeitpunktes des Auftretens entsprechender Beschwerden bedarf es daher nicht.
Hinsichtlich des von der behandelnden Nervenärztin Dr. D. im Jahre 1999 geäußerten Verdachts auf das Vorliegen einer Polyneuropathie ist darauf hinzuweisen, dass diese Verdachtsdiagnose sich bei der nachfolgend erfolgten gutachterlichen Untersuchung durch Dr. N. nicht bestätigen ließ. Ausdrücklich hat dieser Sachverständige darauf hingewiesen, dass sich bei seiner Untersuchung kein Anhalt für das Vorliegen einer derartigen Gesundheitsstörung gezeigt habe. Unabhängig davon, dass das Auftreten einer Polyneuropathie erstmals mehr als 15 Jahre nach Expositionsende schon gegen einen ursächlichen Zusammenhang der Schadstoffeinwirkung mit der Erkrankung sprechen würde, braucht deshalb der Frage der Kausalität nicht weiter nachgegangen zu werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Regelung des § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren noch die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen von Berufskrankheiten nach Nummern 1302 und/oder 1310 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung streitig.
Der im XXXXX 1922 geborene Kläger war vom 1. April 1969 bis zum 30. Juni 1983 bei der Firma B. im Werk Hamburg-1 als Chemiearbeiter beschäftigt. Dabei war er in erheblichem Umfang den Einwirkungen von polychlorierten Dibenzodioxinen und –furanen (im folgenden Dioxin) sowie Hexachlorcyclohexan (HCH) ausgesetzt. Die im September 1994 gemessene Blutfettwertkonzentration der toxikologisch relevantesten Substanz aus der Gruppe der Dioxine, nämlich 2, 3, 7, 8 – Tetrachlordibenzo–P–Dioxin (TCDD), betrug 28,3 ng/kg (= ppt), während der im Dezember 1994 gemessene Wert an Beta-HCH mit 35,3 Mikrogramm/Liter bestimmt wurde. Seit dem 30. Juni 1983 ist der Kläger, der 1985 einen Myokardinfarkt erlitten hatte, Rentner. Im September 1993 musste er sich einer Bypass-Versorgung unterziehen.
Mit Schreiben vom 14. Juli 1994 machte der Kläger gegenüber der Beklagten das Vorliegen einer Berufskrankheit mit Folgen in Form von häufig auftretenden Schwindelerscheinungen, gelegentlichen Bewusstseinsstörungen sowie wiederkehrend auftretenden Hautausschlägen geltend und verwies auf die 1993 aufgetretene Herzmuskeldurchblutungsstörung. In seiner ärztlichen Anzeige über eine Berufskrankheit vom 18. Juli 1994 führte der Arzt Prof. Dr. M. als gesundheitliche Beschwerden neben den Schwindelgefühlen auch eine Nervosität sowie eine Allergie auf HCH an. Die Beklagte zog im Rahmen ihrer Ermittlungen die den Kläger betreffenden Unterlagen der Betriebskrankenkasse B., des Werksarztes der Fa. B., des Kardiologen Dr. S., des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. S1, des allgemeinen Krankenhauses (AK) E. sowie der S2 Kliniken bei. In seinem auf Veranlassung der Beklagten erstellten Gutachten vom 20. Februar 1995 gelangte der Hautarzt Dr. K. zu dem Ergebnis, die beim Kläger bestehenden Hautveränderungen seien weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung auf Einwirkungen während der beruflichen Tätigkeit bei der Fa. B. zurückzuführen. Das Vorliegen einer Chlorakne könne ausgeschlossen werden.
Der Nervenarzt Dr. L. kam in seinem Gutachten vom 21. August 1995 nach Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis, dass bei diesem auf nervenärztlichem Fachgebiet keine pathologischen Befunde zu erheben seien. Insbesondere lägen weder eine Enzephalopathie noch eine Polyneuropathie vor. Die erst auf gezielte Nachfrage angegebenen Schwindelanfälle seien mit hoher Wahrscheinlichkeit flüchtigen Durchblutungsstörungen im Rahmen des Herz- und Gefäßleidens zuzuordnen.
Nachdem der Staatliche Gewerbearzt in seiner Stellungnahme vom 17. November 1995 ausgeführt hatte, das Vorliegen einer Berufskrankheit lasse sich bei dem Kläger nicht feststellen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Dezember 1995 die Anerkennung der geltend gemachten Gesundheitsstörungen in der Form von Schwindelerscheinungen und gelegentlichen Bewusstseinsstörungen sowie Hautausschlägen und Herzmuskeldurchblutungsstörungen als Folgen einer Berufskrankheit nach Nummern 1302, 1310 oder 5101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung ab.
Mit seinem gegen diese Entscheidung erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass es ihm seit seiner Tätigkeit bei der Fa. B. gesundheitlich schlecht gehe. Schon während der Tätigkeit seien Kopfschmerzen, Schwindelerscheinungen und allgemeine Abgeschlagenheit aufgetreten. Nach der Arbeit sei er oft regelrecht zusammengebrochen. Nach Überprüfung der ihm vorliegenden Unterlagen teilte der Betriebsarzt der Fa. B., der Arzt für Arbeitsmedizin Dr. M1, unter dem 8. Mai 1996 mit, dass sich darin keine Angaben zu den vom Kläger behaupteten Beschwerden während seiner Tätigkeit fänden. Am 6. Juni 1996 gab der Kläger mit Unterstützung seiner Ehefrau gegenüber dem Arzt für Arbeitsmedizin Dr. E1 an, dass Schwindelanfälle erstmals im Sommer 1978, danach alle zwei Monate, gelegentlich aber auch alle 14 Tage, fast ausschließlich während der Sommermonate aufgetreten seien. Sie seien nur zu Hause und dort am Tisch sitzend aufgetreten, niemals am Arbeitsplatz oder sonst irgendwo während des täglichen Lebens. Der Hausarzt habe wegen dieser Beschwerden zunächst Kreislaufmittel verschrieben, die aber keine Wirkung gezeigt hätten. Zeitgleich mit dem ersten Schwindelanfall seien auch Potenzstörungen aufgetreten. Nachdem der Nervenarzt Dr. V. in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 5. Juli 1996 weiterhin die Auffassung vertreten hatte, es gebe keinen Grund zur Annahme, dass die geklagten Schwindelanfälle in ursächlichem Zusammenhang mit der beruflichen Exposition zu sehen seien, lehnte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 2. August 1996 die Anerkennung der Herzkrankheit als Folge einer Berufskrankheit nach Nummern 1302 oder 1310 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung unter Hinweis auf die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse ab. Der Arzt für Psychiatrie Dipl. Med. M2 kam in seinem Gutachten vom 17. Oktober 1996 nach Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis, dass eine krankheitswertige neurotische Erkrankung bei diesem nicht vorliege und die von ihm geschilderten Beschwerden ihre Erklärung in dem vorliegenden Herz- und Gefäßleiden fänden. Nach Beiziehung der einen Arbeitsunfall des Klägers am 12. März 1973 betreffenden Unterlagen, bei welchem sich dieser durch das Tragen einer Schutzmaske Entzündungen der Haut im Gesicht zugezogen hatte, blieb der Hautarzt Dr. K. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 4. November 1996 bei seiner Einschätzung, dass bezüglich der beim Kläger vorliegenden Hautveränderungen keine Berufskrankheit anzunehmen sei. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 21. November 1996 zurück.
Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat das Sozialgericht den Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. S1 vom 6. Dezember 1997 beigezogen, in welchem die Beschwerden wie Abgeschlagenheit, Kopfschmerz, Schwindel, Mattigkeit und Herzschmerzen als Folgen des im Jahre 1985 durchgemachten Herzinfarktes dargestellt werden. Der Arbeitsmediziner Dr. P. ist in seinem auf Veranlassung des Sozialgerichts erstellten Gutachten nach Aktenlage vom 29. Mai 1998 sowie der dazu ergangenen ergänzenden Stellungnahme vom 26. Oktober 1998 zu dem Ergebnis gelangt, dass zwar nach den bisher vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen Dioxin sehr wahrscheinlich generell geeignet sei, eine koronare Herzkrankheit zu verursachen. Dies gelte jedoch nur bei einer sehr hohen Dioxin-Exposition, wie sie beim Kläger eindeutig nicht vorgelegen habe. Für einen Einfluss von HCH auf das Herz-Kreislauf-Erkrankungsrisiko gebe es bisher keine wissenschaftlich gesicherten Belege. Die vom Kläger geklagten unspezifischen Befindlichkeitsstörungen in Form des Schwindels und der Nervosität würden aufgrund ihrer Symptomatik nicht den Störungen entsprechen, wie sie häufig bei hirnorganischen Veränderungen beobachtet würden. Insoweit sei eine von den Folgen der Herz- und Gefäßerkrankung abgrenzbare Symptomatik als eigenständiges Krankheitsbild nicht zu belegen. Hinsichtlich der Hauterkrankungen sei festzuhalten, dass nach fachdermatologischer Beurteilung eine Chlorakne zu keinem Zeitpunkt aufgetreten sei. In der wissenschaftlichen Literatur gebe es keine Hinweise für einen Zusammenhang der beim Kläger bestehenden Hauterkrankungen mit einer Dioxin- oder HCH-Exposition. Keine der festgestellten Gesundheitsstörungen lasse sich daher ursächlich auf die Schadstoffexposition bei der Fa. B. zurückführen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 11. Oktober 2000 hat der Kläger angegeben, vor 1985 bei seinem Hausarzt Dr. S3 unter anderem wegen Schwindelerscheinungen und Kopfschmerzen in Behandlung gewesen zu sein. Bereits in den 70iger Jahren habe er während der Arbeit häufiger Kopfschmerzen gehabt und dagegen vom Pförtner Tabletten erhalten.
Der Sachverständige Dr. P. hat in diesem Termin unter anderem dargelegt, dass dann, wenn die Befindlichkeitsstörungen und Kopfschmerzen schon seit Anfang der 70iger Jahre chronisch aufgetreten seien, das Krankheitsbild im Rahmen einer neuropsychologischen Untersuchung genauer analysiert werden müsse. Hinsichtlich des jetzt neu aufgetreten Verdachts auf eine Polyneuropathie sei zu berücksichtigen, dass eine Latenzzeit von mehr als zehn Jahren zwischen Exposition und Erkrankung gegen einen Zusammenhang spreche. Der als sachverständiger Zeuge gehörte Prof. Dr. M. hat unter anderem angegeben, die beim Kläger nachgewiesenen Schadstoffbelastungen seien ausreichend, um die bei ihm aufgetretene Herzerkrankung zu erklären. Hinsichtlich einer Enzephalopathie sei festzustellen, dass es sich sowohl bei HCH als auch bei Dioxin um neurotoxische Substanzen handele, die zu akuten Störungen führen könnten. Eine Erklärung für zeitlich versetzte Auswirkungen sei darin zu sehen, dass es sich in beiden Fällen um Speichergifte handele und summierende Effekte zu erwarten seien.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 11. Oktober 2000 abgewiesen und sich zur Begründung auf die Ergebnisse der Begutachtungen durch Dr. P., Dr. L., Dipl. Med. M2 und Dr. K. berufen. Demgegenüber hätten die Ausführungen und Schlussfolgerungen des sachverständigen Zeugen Prof. Dr. M. hinsichtlich der Ursächlichkeit der Schadstoffexposition für die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht zu überzeugen vermocht.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 14. Februar 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14. März 2001 Berufung eingelegt. Unter Hinweis auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur toxischen Wirkung von sowohl Dioxin als auch HCH führt er aus, das Sozialgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Es habe nicht berücksichtigt, dass Dioxin nach wissenschaftlichen Erkenntnissen in der Lage sei, direkt - das heißt ohne Vorhandensein der bekannten Risikofaktoren - eine koronare Herzkrankheit zu verursachen. Soweit Dr. P. dies dahingehend einschränke, dass ein derartiger Zusammenhang nur bei sehr hoher Dioxinbelastung anzunehmen sei, verkenne er, dass sich derartige Erkenntnisse auf Sterbefälle an Herzinfarkten bezögen. Im Übrigen sei es wahrscheinlich, dass im Falle des Klägers der bereits 1979 festgestellte erhöhte Cholesteringehalt des Blutes als einleitende Ursache des Herzinfarktes Bedeutung gehabt habe. Bis zum Beweis des Gegenteils sei davon auszugehen, dass eine Dosis-Wirkung-Beziehung zwischen HCH und Cholesterinspiegel bestehe und dass demgemäß auch diese Störung toxisch bedingt sei. Sowohl Dioxin als auch HCH würden schädigend auf das periphere und insbesondere auf das zentrale Nervensystem wirken. Beim Kläger hätten sich erste Störungen der typischerweise auftretenden Befindlichkeitsstörungen bereits während der Tätigkeit bei der Fa. B. gezeigt. Im Vordergrund hätten dabei Schwindelerscheinungen und Kopfschmerzen gestanden. Demgegenüber sei das Herzleiden erst zwei Jahre nach dem Ausscheiden des Klägers bei der Fa. B. in Erscheinung getreten, so dass die Befindlichkeitsstörungen, die sich als Symptome einer toxischen Enzephalopathie darstellen würden, nicht auf diese Erkrankung zurückzuführen seien. In Anbetracht der zu Grunde zu legenden hohen Schadstoffbelastung sei es geradezu abwegig, hier eine andere Ursache als die Wirkung der beruflich aufgenommenen Gifte anzunehmen. Dies gelte umso mehr, als jetzt auch Störungen peripherer Nerven festgestellt worden seien. Es sei anzunehmen, dass auch dieser Schaden bereits geraume Zeit bestehe, nur bislang gezielte Untersuchungen nicht durchgeführt worden seien.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11. Oktober 2000 sowie die Bescheide der Beklagten vom 27. Dezember 1995 und 2. August 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 1302 und/oder 1310 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung eine Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Trotz dreimaliger nervenärztlicher Begutachtung seien bei dem Kläger keine eigenständigen Befindlichkeitsstörungen nachgewiesen worden, die auf eine Schadstoffeinwirkung zurückgeführt werden könnten. Im Übrigen spreche die lange Latenzzeit im Falle des Klägers gegen einen Ursachenzusammenhang. Hinsichtlich der Herzerkrankung sei der Beurteilung von Dr. P. zu folgen, der sämtliche medizinische Literatur zu dieser Thematik ausgewertet habe. Ein Zusammenhang zwischen HCH und einem erhöhten Cholesterinwert sei entgegen der Auffassung des Klägers durch den derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht bewiesen und somit reine Spekulation.
Der Nervenarzt Dr. N. ist in seinem auf Veranlassung des erkennenden Gerichts erstellten Gutachten vom 15. Januar 2003 nach Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis gelangt, bei diesem lägen eine vertebrobasiläre Insuffizienz und cerebrovasculäre Durchblutungsstörungen mit Vertigo, jedoch kein Anhalt für eine Enzephalopathie oder eine Polyneuropathie vor. Die bestehenden Gesundheitsstörungen seien nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die Schadstoffexposition zurückzuführen.
Der auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Sachverständigen bestellte Prof. Dr. M. hat in seinem arbeitsmedizinischen Gutachten vom 29. Januar 2004 auf die Ergebnisse einer 1979 durchgeführten Untersuchungsreihe hingewiesen, bei welcher 60 Beschäftigte – darunter auch der Kläger – aus der Lindanproduktion erfasst wurden. Untersuchungen zur Erfassung psychischer Störungen seien nicht durchgeführt worden. Nachträglich hätten die Teilnehmer aber geäußert, solche Beschwerden zum Untersuchungszeitpunkt bereits gehabt zu haben. Dies treffe auch auf den Kläger zu. Hervorzuheben sei außerdem, dass bei der untersuchten Gesamtgruppe durchschnittlich erhöhte Werte an Blutlipiden, insbesondere an Cholesterin festgestellt worden seien und dass entsprechende Analysen ursächliche Zusammenhänge mit den Konzentrationen an HCH erkennen ließen. Bei etwa jedem zweiten seien auch juckende Hautausschläge abgelaufen, die lange Zeit über die Exposition hinaus fortbestanden und – wie im Fall des Klägers – meistens entsprechende Narben hinterlassen hätten. Zwar habe Dr. N. richtig festgestellt, dass die beim Kläger dokumentierte Hypercholesterinämie als ein wichtiger Faktor der später aufgetretenen allgemeinen Arteriosklerose anzusehen sei. Jedoch hätten 1979 noch keine Zeichen einer derartigen Erkrankung bestanden. Der Cholesterinspiegel habe aber schon deutlich in einem pathogenen Bereich gelegen. Der Schwellenwert für ein hohes Risiko von damals 260 mg/dl sei mit den ermittelten 258 mg/dl fast erreicht worden. Entsprechend der bei der Untersuchung 1979 erzielten Ergebnisse sei deshalb beim Kläger ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Schadstoffbelastung und der Fettstoffwechselstörung sowie den später dadurch eingetretenen sklerotischen Gefäßschäden anzunehmen, zumal andere Ursachen für die Hypercholesterinämie nicht auszumachen seien. Derartige Beeinträchtigungen des Fettstoffwechsels durch HCH-Einwirkungen seien auch aus der Literatur bekannt. Hinsichtlich der Befindlichkeitsstörungen sei festzuhalten, dass diese beim Kläger nach dessen Angaben gegenüber Dr. E1 bereits während der Tätigkeit bei der Fa. B. aufgetreten seien. Damals habe es aber noch keine klinischen Hinweise auf eine allgemeine Arteriosklerose gegeben. Man müsse daher von zwei unterschiedlichen Krankheitsgeschehen ausgehen, zumal die psychischen Beschwerden nicht zum Krankheitsbild einer koronaren Herzkrankheit passen, jedoch vollends den Folgeerscheinungen einer chronischen Einwirkung der hier zur Diskussion stehenden Schadstoffe entsprechen würden. Selbst wenn die Beschwerden ursächlich auf einer Arteriosklerose beruhen sollten, behielte die beim Kläger nachgewiesene Belastung mit HCH ihre ursächliche Bedeutung, da sie als maßgebliche Ursache der Fettstoffwechselstörung und damit der Arteriosklerose anzusehen sei. Hinsichtlich der Hauterscheinungen könne die durch Dr. K. durchgeführte Diagnostik nicht in Frage gestellt werden, wenn auch eine spezifische Reaktion auf eines der Isomere des HCH nicht ausgeschlossen sei.
Im Ergebnis hat der Sachverständige ausgeführt, dass die Einwirkung der berufsbedingten Schadstoffe ursächlich für die psychovegetativen Störungen sowie die allgemeine Arteriosklerose mit besonderem Befall der Beinarterien sowie der Herzkranzgefässe mit der klinischen Erscheinung einer koronaren Herzkrankheit und möglicherweise auch für die wiederkehrend auftretenden Hautausschläge sei. Es liege eine Berufskrankheit nach Nr. 1302 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung vor. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit betrage ab Juli 1994 insgesamt 40 vom Hundert.
Dieser Beurteilung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 5. März 2004 widersprochen und darauf hingewiesen, dass sie sich lediglich auf Vermutungen, nicht aber auf den allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnisstand stütze. Die generelle Geeignetheit von HCH zur Verursachung von Fettstoffwechselstörungen werde unterstellt, obwohl die auf der Untersuchungsreihe von 1979 basierende Studie, die wegen inhaltlicher Fehler zwischenzeitlich überarbeitet worden sei, dazu keine validen Ergebnisse liefere. Weder von der WHO noch der MAK-Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft würden Fettstoffwechselstörungen als toxische Folgewirkungen von HCH eingestuft. Im Übrigen stelle ein einmalig festgestellter Cholesterinwert im Grenzbereich zum Normalwert keine geeignete Grundlage für weitergehende Interpretationen dar. Bereits die Nahrungszusammensetzung bzw. die Einnahme einer Mahlzeit vor der Blutabnahme könne eine derartige Cholesterinerhöhung zwanglos erklären. Hinsichtlich der Befindlichkeitsstörungen lasse Prof. Dr. M. unberücksichtigt, was in den Befundberichten insbesondere des Hausarztes Dr. S1 dokumentiert sei. Danach gebe es keine ärztlichen Befunde aus der Zeit bis 1984, die die Angaben des Klägers bestätigen könnten.
Prof. Dr. H. ist in seinem arbeitsmedizinischen/internistischen Gutachten vom 13. Oktober 2006, welches er nach Aktenlage erstellt hat, weil der Kläger aus gesundheitlichen Gründen die vorgesehene Untersuchung nicht wahrzunehmen vermochte, zu dem Ergebnis gelangt, die Hautveränderungen stellten sich nach allen Untersuchungsergebnissen eindeutig nicht als Folge einer beruflichen Schadstoffbelastung dar. Zwar könnten die 1973 einmalig aufgetretenen Erscheinungen als Ausdruck einer unfallartigen Intoxikation angesehen werden, jedoch hätte sich daraus keine unfallversicherungsrechtlich relevante Dauerschädigung entwickelt. Hinsichtlich des Nervensystems würden sich vor 1994 keine Hinweise auf Bewusstseinsstörungen aus der Akte ergeben. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger im Rahmen seiner Prostatabehandlung und insbesondere der Bypass-Operation einer sorgfältigen präoperativen Diagnostik unterzogen worden sei. Hätte es Bewusstseinsstörungen relevanten Ausmaßes gegeben, wären diese mit Sicherheit in den Arztberichten erwähnt worden. Im Übrigen hätten die nervenärztlichen Sachverständigen Dr. L., Dr. V., Dipl. Med. M2 und Dr. N. übereinstimmend seitens des Nervensystems trotz vielfältiger testpsychologischer Untersuchungen keinerlei Hinweise auf toxische Schädigungen festgestellt. Soweit Dr. D. im September 1999 als Nebenbefund eine leichte Polyneuropathie beschrieben habe, sei der zeitliche Abstand zur Exposition zu lang, um noch einen Zusammenhang annehmen zu können. Die vom Kläger beschriebenen flüchtigen Bewusstseinsstörungen und der Schwindel könnten als Symptom von Durchblutungsstörungen aufgefasst werden, zumal sie stets in den Sommermonaten aufgetreten sein sollen. Hinsichtlich der Arteriosklerose sowie der Sklerose der Herzkranzgefäße mit der Komplikation des Herzinfarktes 1985 komme der Exposition gegenüber HCH keine nennenswerte Relevanz zu, während es bezüglich Dioxinexpositionen auffällige Ergebnisse in der wissenschaftlichen Literatur gebe. Zu Recht habe aber bereits Dr. P. darauf hingewiesen, dass beim Kläger die Dioxinbelastung nicht eine Größenordnung erreicht habe, bei der z.B. in der Studie von Flesch-Janys et al. eine Risikoerhöhung festgestellt worden sei. Im Übrigen müsse der Nikotinkonsum des Klägers berücksichtigt werden. Nach dem Bericht des Reha-Zentrums Bad S2 habe er dort einen Konsum von 40 Zigaretten täglich angegeben. Schon bei 25 Zigaretten/Tag ergebe sich eine Risikoverdoppelung für ischämische Herzerkrankungen und andere Gefäßerkrankungen. Hinzu käme mit der dokumentierten Hypercholestrinämie ein weiterer, ebenso bedeutsamer Risikofaktor für das Herz- und Gefäßleiden. Soweit Prof. Dr. M. einen Ursachenzusammenhang zwischen HCH und Cholesterinwert herstelle, sei ein solcher Zusammenhang keineswegs gesichert. Die Graphik auf Seite 16 des Gutachtens von Prof. Dr. M. zeige auch keineswegs eine deutliche Korrelation zwischen HCH und Cholesterinwert. Insgesamt bestünden beim Kläger keine Gesundheitsstörungen, die wahrscheinlich durch die gesicherte Exposition gegenüber Schadstoffen am Arbeitsplatz wesentlich verursacht worden seien.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger, der sein ursprüngliches Begehren nach Anerkennung auch einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung nicht weiter verfolgt hat, angegeben, seit den 60iger Jahren bis zu seinem Herzinfarkt bei Dr. S3 in Behandlung gewesen zu sein. Dieser habe ihn allgemein behandelt, wenn er z.B. mal eine Grippe oder Kopfschmerzen gehabt oder wenn er mal einen gelben Schein gebraucht habe.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (§§ 143, 144, 151 SGG) ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 27. Dezember 1995 und 2. August 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 1996 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Entgegen seiner Auffassung hat er keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen der als Berufskrankheiten nach Nummern 1302 und/oder 1310 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung geltend gemachten Gesundheitsstörungen, insbesondere der Herz- und Gefäßerkrankung sowie der Befindlichkeitsstörungen.
Zutreffend hat das Sozialgericht in seiner Entscheidung unter Beachtung des Umstandes, dass auf den Rechtsstreit noch die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) anzuwenden sind, weil ein Versicherungsfall vor dem Inkrafttreten des Siebten Sozialgesetzbuches, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) am 1. Januar 1997 geltend gemacht wird (vgl. Artikel 36 Unfallversicherungs – Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII), dargelegt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente (§ 580 RVO) hat, weil bei ihm Folgen einer Berufskrankheit (§ 551 Abs. 1 RVO) nach Nummern 1302 und/oder 1310 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung nicht vorliegen. Zu Recht ist es dabei davon ausgegangen, dass der Kläger während der versicherten Tätigkeit bei der Fa. B. einer – nachgewiesenen – grundsätzlich schädigenden HCH- und Dioxinbelastung ausgesetzt war. Ebenfalls zutreffend hat das Sozialgericht aber unter vollständiger Berücksichtigung der beim Kläger erhobenen medizinischen Befunde und aller vorliegenden ärztlichen Beurteilungen ausgeführt, dass es an der erforderlichen Wahrscheinlichkeit des wesentlichen (teil-)ursächlichen Zusammenhanges der vorliegenden Gesundheitsstörungen mit dieser Schadstoffeinwirkung fehlt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen in vollem Umfang an, sieht deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt Bezug auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Vorbringen des Klägers während des Berufungsverfahrens und die vom Senat zusätzlich durchgeführten Ermittlungen haben keine – neuen – Erkenntnisse erbracht, die den Anspruch des Klägers stützen und zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen könnten. Insbesondere durch das überzeugende Gutachten von Prof. Dr. H. ist vielmehr bestätigt worden, dass es zwar wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, die für einen (Ursachen-) Zusammenhang zwischen Dioxinbelastung und koronaren Herzerkrankungen sprechen und Dioxin somit wohl generell geeignet ist, eine derartige Erkrankung hervorzurufen. Ein derartiger Zusammenhang konnte jedoch ausschließlich in der Gruppe von außerordentlich hoch mit Dioxin belasteten Personen festgestellt werden. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Studie von Flesch-Janys et al. (1995/1998) lässt sich ein Ursachenzusammenhang allenfalls bei einer Dioxinexposition von mindestens 344 ppt wahrscheinlich machen. Einer Exposition in dieser Größenordnung war der Kläger bei weitem nicht ausgesetzt. Unter Berücksichtigung der 1994 festgestellten Blutfettwerte hat Dr. P. bereits in seinem Gutachten vom 29. Mai 1998 eine Dioxinbelastung zum Zeitpunkt des Endes der Beschäftigung im Jahre 1983 von etwa 80 ppt zurückgerechnet. Zwar weist Prof. Dr. H. in seinem Gutachten zutreffend darauf hin, dass die Rückrechnung mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist, jedoch lässt sich beim Kläger auch nicht annähernd ein Wert, der einen Ursachenzusammenhang wahrscheinlich machen könnte, mit der für eine Anknüpfungstatsache erforderlichen Sicherheit feststellen. Dies wird zusätzlich dadurch bestätigt, dass auch nach einer Berechnung der Dioxinbelastung unter Berücksichtigung der durchschnittlich in den einzelnen Bereichen der Fa. B. vorkommenden Belastungen der Kläger mit 1429 ppt x Jahre als TCDD-Gesamtdosis nicht zu der Gruppe der am höchsten belasteten B.-Arbeitern zählt (mindestens 2503 ppt x Jahre), für die allein nach der angeführten Studie relevante Risikoerhöhungen für Erkrankungen an Herz- und/oder Kreislauferkrankungen festgestellt werden konnten.
Ebenfalls überzeugend ist durch das Gutachten von Prof. Dr. H. bestätigt worden, dass es derzeit keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einem – direkten – Einfluss von HCH auf das Risiko für eine Herzerkrankung gibt. Es fehlt somit an der generellen Eignung von HCH, eine Herzerkrankung hervorzurufen, wobei der Senat insoweit dahingestellt lassen kann, ob diese generelle Eignung nur mit hinreichender, oder vielmehr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (Gewissheit) feststehen muss. Mangels wissenschaftlicher Erkenntnisse ist auch eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhanges nicht festzustellen. Hierbei bedarf es keines Eingehens auf die von Prof. Dr. H. zu Recht angesprochene außerberufliche Belastung durch den Zigarettenkonsum. Insoweit verkennt der Senat nicht, dass Prof. Dr. M. in seinem auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG erstellten Gutachten vom 29. Januar 2004 eine mittelbare Verursachung der Herzerkrankung durch HCH in der Weise für wahrscheinlich hält, dass HCH zu einer Hypercholesterinämie, diese wiederum zu einer allgemeinen Arteriosklerose und diese zu der Herzerkrankung geführt habe. Allerdings fehlt es zur Überzeugung des Senats schon an der Grundvoraussetzung für diese These, nämlich dass HCH eine Erhöhung des Colesterienspiegels bewirkt. Zu Recht weist Prof. Dr. H. in seinem Gutachten unter Hinweis auf die WHO und die MAK-Kommission darauf hin, dass die Annahme eines derartigen Zusammenhanges nicht der in der Wissenschaft herrschenden Auffassung entspricht. Somit ist die generelle Geeignetheit nicht gegeben (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 31. Januar 1984 – 2 RU 67/82 - ). Zwar ergeben sich aus der von Prof. Dr. M. in Bezug genommenen Untersuchungsreihe 1979 unbestreitbar gewisse Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen HCH und einer Fettstoffwechselstörung, die aber in erster Linie die Triglyceridwerte und nur weniger die Cholesterinwerte betreffen und insgesamt nicht ausreichen, einen Ursachenzusammenhang wahrscheinlich zu machen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist gerade nicht bis zum Beweis des Gegenteils davon auszugehen, dass zwischen HCH und Cholesterinspiegel eine Dosis-Wirkung-Beziehung besteht. Vielmehr geht es zu Lasten des Klägers, wenn eine solche Beziehung – wie hier – nicht mit dem erforderlichen Grad der Sicherheit festzustellen ist. Darüber hinaus hat bereits die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass aus einem einzigen Messwert beim Kläger, der die Grenze zum hohen Risiko von 260 mg/dl immer noch – wenn auch knapp – unterschritten hat, nicht derartig weite Konsequenzen gezogen werden können, wie dies Prof. Dr. M. getan hat. Ein einmalig festgestellter Cholesterinwert im Grenzbereich zwischen normalem und erhöhtem Wert lässt sich schon durch die Nahrungszusammensetzung bzw. die Einnahme einer Mahlzeit vor der Blutabnahme zwanglos erklären.
Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Befindlichkeitsstörungen ist zu berücksichtigen, dass diese nur dann ursächlich auf die Einwirkungen der grundsätzlich neurotoxisch wirkenden Schadstoffe Dioxin und/oder HCH zurückzuführen sind, wenn sie sich als Symptome einer hirnorganischen Erkrankung im Sinne einer Enzephalopathie (nicht entzündliche Erkrankung des Gehirns) darstellen. Die generelle Eignung von sowohl Dioxin als auch HCH, Befindlichkeitsstörungen hervorzurufen, besteht nämlich nur insoweit, als es sich bei ihnen um Symptome einer Erkrankung des Zentralnervensystems handelt (vgl. Abschnitt III des Merkblatts des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung für die ärztliche Untersuchung, Bundesarbeitsblatt 6/1985, S. 55). Eine derartige Hirnerkrankung ist beim Kläger jedoch nach der übereinstimmenden Beurteilung aller tätig gewordenen nervenärztlichen Sachverständigen nicht zu diagnostizieren. Es konnte nämlich bei der durchgeführten testpsychologischen/psychometrischen und klinischen Untersuchung keine Leistungsbeeinträchtigung in den Testergebnissen festgestellt werden, welche auf eine diffuse Hirnschädigung hindeuten würde. Darüber hinaus haben diese Sachverständigen ebenfalls übereinstimmend darauf hingewiesen, dass die vom Kläger im Wesentlichen geklagten Beschwerden in Form von Schwindelerscheinungen, Bewusstseinseintrübungen und Kopfschmerzen nicht das typische Bild von bei einer Enzephalopathie auftretenden Befindlichkeitsstörungen aufweisen. Dies wird bestätigt durch das Ergebnis der bei Dr. N. durchgeführten Untersuchung, bei welcher ebenfalls mnestische oder kognitive Störungen nicht festzustellen sowie Konzentration und Ausdauer erhalten waren. Dies übersieht Prof. Dr. M., wenn er trotz der entgegenstehenden nervenärztlichen Beurteilungen in seinem Gutachten vom 29. Januar 2004 einen ursächlichen Zusammenhang der vom Kläger geklagten Beschwerden mit der HCH-Exposition annimmt. Zwar verweist er zu Recht darauf, dass entsprechend belastete B.-Arbeiter gehäuft unter Befindlichkeitsstörungen als Ausdruck des Vorliegens einer Enzephalopathie leiden würden, diagnostiziert selbst beim Kläger aber auch keine hirnorganische Erkrankung und nimmt auch keine Abgrenzung der allenfalls bei toxischen Einwirkungen zu erwartenden hirnorganischen Störungen von rein psychischen (seelischen) oder durchblutungsbedingten Störungen vor. Entgegen seiner Auffassung ist es zur Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung der Beurteilung aller Sachverständigen außer Prof. Dr. M., die im völligen Einklang mit der Einschätzung des behandelnden Arztes Dr. S1 stehen, sehr viel wahrscheinlicher, dass es sich bei den beklagten Schwindelerscheinungen und Kopfschmerzen um Symptome der unstreitig vorliegenden Herz-Kreislauferkrankung handelt. Soweit der Kläger darauf verweist, dass die Befindlichkeitsstörungen bereits während der Tätigkeit bei der Fa. B. bestanden hätten, während die Herzerkrankung erst 1985 manifest geworden sei, steht dies im Widerspruch zu allen aus den Jahren vor 1994 vorliegenden ärztlichen Unterlagen. Letztlich kann diese Frage aber dahingestellt bleiben, da nach den vorliegenden Sachverständigengutachten feststeht, dass bei dem Kläger eine Enzephalopathie nie vorlag, die geklagten Störungen somit nicht Folge einer solchen Erkrankung und deshalb auch nicht Folge einer beruflichen Schadstoffeinwirkung sein können. Einer Beweiserhebung durch Vernehmung des früheren Hausarztes Dr. S3 oder durch Beiziehung von dessen Unterlagen zu der Frage des Zeitpunktes des Auftretens entsprechender Beschwerden bedarf es daher nicht.
Hinsichtlich des von der behandelnden Nervenärztin Dr. D. im Jahre 1999 geäußerten Verdachts auf das Vorliegen einer Polyneuropathie ist darauf hinzuweisen, dass diese Verdachtsdiagnose sich bei der nachfolgend erfolgten gutachterlichen Untersuchung durch Dr. N. nicht bestätigen ließ. Ausdrücklich hat dieser Sachverständige darauf hingewiesen, dass sich bei seiner Untersuchung kein Anhalt für das Vorliegen einer derartigen Gesundheitsstörung gezeigt habe. Unabhängig davon, dass das Auftreten einer Polyneuropathie erstmals mehr als 15 Jahre nach Expositionsende schon gegen einen ursächlichen Zusammenhang der Schadstoffeinwirkung mit der Erkrankung sprechen würde, braucht deshalb der Frage der Kausalität nicht weiter nachgegangen zu werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Regelung des § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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