L 8 AS 1984/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AS 3520/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 1984/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. März 2007 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat den Klägern auch ihre außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Eigenheimzulage auf die Kosten der Unterkunft (KdU) anzurechnen ist.

Der 1955 geborene Kläger zu 1 und die 1966 geborene Klägerin zu 2 sind Eheleute; die 2001 geborene Klägerin zu 3 ist deren gemeinsame Tochter. Die Kläger wohnen in einer dem Kläger zu 1 und der Klägerin zu 2 je zur Hälfte gehörenden Eigentumswohnung mit einer Größe von 73 m². Die ihnen zustehende Eigenheimzulage beträgt jährlich 3.527,91 EUR (monatlich 293,99 EUR). Die Kläger erhalten seit 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - (SGB II).

Mit Bescheid vom 11.11.2005 bewilligte die Agentur für Arbeit Heilbronn den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 117,40 EUR für die Zeit vom 01.12.2005 bis zum 31.05.2006. Sie ging dabei von einem monatlichen Bedarf von 829,00 EUR (Regelleistungen für den Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 jeweils 311,00 EUR und Sozialgeld für die Klägerin zu 3 in Höhe von 207,00 EUR) aus, auf den das Krankengeld der Klägerin zu 2 (624,60 EUR monatlich) und das Kindergeld für die Klägerin zu 3 (154,00 EUR) angerechnet wurden. Bei der Klägerin zu 3 ergab sich ein Einkommensüberhang von 67 EUR monatlich. Ab 16.02.2006 bezog die Klägerin zu 2 anstatt Krankengeld Arbeitslosengeld. Die Bundesagentur für Arbeit bewilligte den Klägern daher für den Monat Februar 2006 Leistungen in Höhe von 139,38 EUR und für die Monate März bis Mai 2006 solche in Höhe von 90,49 EUR monatlich (Bescheid vom 07.04.2006).

Mit Bescheid vom 05.01.2006 bewilligte die Beklagte den Klägern für Dezember 2005 KdU in Höhe von 210,18 EUR. Darin hieß es u.a., die Eigenheimzulage in Höhe von 293,99 EUR monatlich sei auf den Bedarf für die KdU anzurechnen. Als entsprechenden Bedarf berücksichtigte die Beklagte insgesamt 571,17 EUR, wovon sie die Eigenheimzulage in Höhe von 293,99 EUR und den von der Bundesagentur für Arbeit ermittelten Einkommensübergang in Höhe von 67,00 EUR in Abzug brachte. Wegen Änderungen des den Bedarf übersteigenden Einkommens der Klägerin zu 3 ab Februar 2006 erfolgte mit Bescheid vom 12.04.2006 eine Neuberechnung der Leistungen durch die Beklagte. Die Leistungen wurden für Februar 2006 auf 215,41 EUR und für die Monate März bis Mai 2006 auf 203,79 EUR festgesetzt. Die Eigenheimzulage wurde jeweils in Höhe von 293,99 EUR bedarfsmindernd berücksichtigt.

Am 09.01.2006 bzw. 07.02.2006 legte der Kläger zu 1 gegen den Bescheid vom 05.01.2006 Widerspruch ein und machte höhere KdU geltend. Insbesondere wandte er sich gegen die Anrechnung der Eigenheimzulage und legte eine Abtretungsanzeige gegenüber dem Finanzamt vom 13.12.2005 vor. Daraus geht hervor, dass der Kläger die Eigenheimzulage für 2006 in voller Höhe an die S.kasse H. abgetreten hat. Am 27.04.2006 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 12.04.2006 Widerspruch ein und verwies auf die genannte Abtretungserklärung. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2006 gab die Beklagte den Widersprüchen teilweise statt. Sie bewilligte für die Zeit vom 01.12.2005 bis 31.01.2006 für die KdU monatlich 382,87 EUR, für den Monat Februar 2006 388,10 EUR und für die Monate März bis Mai 2006 jeweils 376,48 EUR monatlich. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte sie im Wesentlichen aus, bei in der Zeit vom 01.12.2005 bis 31.05.2006 durchschnittlich monatlich 602,13 EUR Schuldzinsen, von denen ein Pauschalbetrag für den Tiefgaragenstellplatz in Höhe von 35,00 EUR monatlich abzuziehen seien, beliefen sich die berücksichtigungsfähigen Aufwendungen für Schuldzinsen auf 567,13 EUR monatlich. Die Eigenheimzulage von 293,99 EUR monatlich mindere die berücksichtigungsfähigen Schuldzinsen auf 273,14 EUR. Die Nebenkosten seien mit 148,87 EUR monatlich zu veranschlagen und die Kosten für Heizung und Warmwasserbereitung beliefen sich auf 39,43 EUR monatlich, wovon die in den Regelleistungen bzw. im Sozialgeld enthaltenen Energieanteile für die Warmwasserbereitung in Höhe von insgesamt 11,57 EUR abzuziehen seien, sodass reine Heizkosten von 27,86 EUR monatlich verblieben. Die zu berücksichtigenden KdU würden somit 449,87 EUR monatlich betragen, wovon der von der Bundesagentur für Arbeit ermittelte Einkommensüberhang in Höhe von 67,00 EUR (Dezember und Januar 2006) 61,77 EUR (Februar 2006) und 73,39 EUR (März bis Mai 2006) anzurechnen seien.

Am 27.09.2006 haben die Kläger Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben, mit der sie (nur) noch geltend machen, dass die Eigenheimzulage nicht auf die KdU angerechnet werden könne, da der Anspruch hierauf an die S.kasse abgetreten worden sei. Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat vorgebracht, der Bedarf hinsichtlich der KdU sei durch die Eigenheimzulage bereits zum Teil befriedigt. Aufgrund der Abtretung der Eigenheimzulage an die Kredit gebende Bank seien die Schuldzinsen verringert worden, sodass insoweit ein verminderter Bedarf bestehe. Würde die Eigenheimzulage nicht angerechnet, dienten die Leistungen nach dem SGB II nicht mehr - wie gesetzlich vorgesehen - der Bedarfsdeckung und Existenzsicherung, sondern der Vermögensbildung. Auf Veranlassung des SG legte der Kläger die Bescheinigung der S.kasse H. vom 24.01.2007 vor, wonach die Eigenheimzulage für das Jahr 2006 in Höhe von 1.812,79 EUR auf die Schuldzinsen und in Höhe von 1.715,12 EUR auf die Tilgung angerechnet worden sei.

Mit Urteil vom 22.03.2007 änderte das SG die Bescheide vom 05.1.2006 und 12.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2006 ab und verurteilte die Beklagte, den Klägern für die Zeit vom 01.12.2005 bis 31.05.2006 weitere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 293,99 EUR zu gewähren. Zur Begründung führte es aus, die Eigenheimzulage sei nicht bedarfsmindernd im Rahmen der KdU zu berücksichtigen. Dies gelte sowohl hinsichtlich des Teils der Eigenheimzulage, der zur Tilgung des zur Finanzierung der Eigentumswohnung aufgenommenen Darlehens gedient habe als auch des Teils, der zur Zahlung von Schuldzinsen verwendet worden sei. Auf die Entscheidungsgründe im Einzelnen wird Bezug genommen.

Dagegen hat die Beklagte am 19.04.2007 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, das SG gehe zu Unrecht davon aus, dass die Eigenheimzulage, soweit sie auf die Schuldzinsen geleistet werde, nicht bedarfsmindernd anzurechnen sei. Dies folge schon aus § 9 Abs. 1 SGB II, wonach Leistungen nur bei einer entsprechenden Hilfebedürftigkeit erbracht werden dürfen. Im vorliegenden Fall seien Schuldzinsen in Höhe der Eigenheimzulage jedoch infolge deren Abtretung gar nicht angefallen. Nach den Sozialhilferichtlinien senke die Eigenheimzulage die Unterkunftskosten. Sie sei daher bei den tatsächlichen Schuldzinsen bedarfsmindernd zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 22. März 2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten die Entscheidung des SG für zutreffend. Die Eigenheimzulage sei im Unterschied zur Auffassung der Beklagten grundsätzlich als Einkommen zu werten. Für die Annahme der Beklagten, die Schuldzinsen seien durch die Eigenheimzulage insoweit als bereits gedeckt anzusehen, gebe es keine gesetzliche Grundlage.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückgewiesen werden könne, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte und diese Verfahrensweise aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes beabsichtigt sei. Die Beteiligten habe Gelegenheit erhalten, hierzu Stellung zu nehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des weiteren Vorbringens wird auf die Akten erster und zweiter Instanz und die Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann über die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, da er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.

Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 01.12.2005 bis 31.05.2006 weitere Leistungen für die KdU in Höhe von 293,99 EUR monatlich zu gewähren. Die Beklagte hat die den Klägern zu 1 und 2 zustehende Eigenheimzulage zu Unrecht als bedarfsmindernd angesehen und deshalb den Bedarf für die KdU entsprechend gekürzt. Der Senat schließt sich in allen Punkten der Auffassung des SG an, weist deshalb die Berufung der Beklagten aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Ausführungen der Beklagten zur Begründung ihrer Berufung überzeugen den Senat nicht. Es ist zwar richtig, dass die Beklagte die Eigenheimzulage formal nicht als Einkommen gewertet hat, sondern angenommen hat, dass dadurch der Bedarf für die KdU verringert worden sei. Dies trifft aber nicht zu. Denn durch die Gewährung einer Eigenheimzulage wird der Anspruch der KreisS.kasse gegen die Kläger zu 1 und zu 2 auf Zahlung von Schuldzinsen nicht berührt, der Bedarf insoweit als gar nicht verändert. Soweit der Zinsanspruch der Bank dadurch erloschen ist, dass die Kläger die Zinsen mit Hilfe der Eigenheimzulage getilgt haben, beruht dies auf einer Erfüllung der Zinsforderung mit Einkünften, welche die Bedürftigkeit gerade nicht mindern. Denn nach § 9 Abs. 1 SGB II hängt der Umfang der Hilfebedürftigkeit u. a. davon ab, ob und inwieweit der Betroffene seinen Lebensunterhalt "aus dem zu berücksichtigenden Einkommen" sichern kann. Da die Eigenheimzulage in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum nicht zu dem zu berücksichtigenden Einkommen zählt, wenn sie - wie hier - nachweislich der Finanzierung einer als Schonvermögen zu behandelnden Eigentumswohnung dient, kann sie auch die Bedürftigkeit bzw. den Bedarf in Bezug auf die KdU nicht mindern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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