Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 53 (27,51) R 274/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 280/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.09.2007 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Entscheidung - auch wegen der Kosten des Berufungsverfahrens - an das Sozialgericht Düsseldorf zurückverwiesen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Ghettobeitragszeiten streitig.
Der Kläger ist am 00.00.1933 in T (Polen) als polnischer Staatsangehöriger geboren. Er ist jüdischen Glaubens und lebt als israelischer Staatsangehöriger in Israel.
Am 19.12.2002 beantragte der Kläger die "Berücksichtigung" einer "Beitragszeit" in einem polnischen Ghetto, "vor- und nachher liegender Ersatzzeiten" sowie "die Gewährung einer Rente". Die Beklagte übersandte ihm unter dem 30.4.2003 einen Fragebogen zur "Anerkennung von Zeiten unter Berücksichtigung der Vorschriften des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG)". Nachdem der Kläger trotz Erinnerungen bzw. Sachstandsmitteilungen der Beklagten vom 24.7.2003, 21.8.2003 und 4.2.2003 sowie erneuter Übersendung des Fragebogens am 29.4.2004 keine näheren Angaben zu der behaupteten Beschäftigung gemacht hatte, lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 26.10.2004 ab. Den hiergegen erhobenen, aber nicht begründeten Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 19.5.2005 zurück.
Mit der am 30.5.2005 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und vorgetragen, er habe von August 1941 bis März 1943 freiwillige und entgeltliche Arbeit im Ghetto Lemberg geleistet und hierfür 130 Zloty im Monat durch den Judenrat erhalten. Er habe von 8 Uhr früh bis 5 Uhr abends gearbeitet. Nähere Auskunft könne der mit ladungsfähiger Anschrift benannte Zeuge H C geben. Er habe zudem eine einmalige Leistung aus dem Artikel-2-Fonds der Jewish Claims Conference erhalten.
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt. Seinem Vortrag ist sinngemäß das Begehren zu entnehmen,
den Bescheid der Beklagten vom 26.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.5.2005 aufzuheben und ihm Regelaltersrente ab 1.7.1997 unter Berücksichtigung von Ghettobeitragszeiten von August 1941 bis März 1943 zu gewähren.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die angefochtenen Bescheide verwiesen.
Das Sozialgericht (SG) hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen und im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung die Beklagte verurteilt, dem Kläger Altersrente unter Berücksichtigung einer Beitragszeit vom 1.8.1941 bis 31.3.1943 und Ersatzzeiten nach Maßgabe des ZRBG ab dem 1.7.1997 zu gewähren (Urteil v. 7.9.2007). Es hat ausgeführt: Nach § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) hätten Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt hätten. Auf die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 SGB VI) seien nach § 51 Abs. 1 und 4 SGB VI Kalendermonate mit Beitragszeiten und Kalendermonate mit Ersatzzeiten anzurechnen. Beitragszeiten seien nach § 55 Abs. 1 SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht Beiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden seien. Pflichtbeitragszeiten seien auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gälten. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger. Er verfüge über auf die Wartezeit anrechenbare Pflichtbeitragszeiten. Pflichtbeitragszeiten könnten hier nach der einzig von dem Kläger geltend gemachten Rechtsgrundlage (§§ 1, 2 ZRBG) Berücksichtigung finden. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG seien erfüllt. Der Kläger habe sich im Ghetto Lemberg aufgehalten, das sich in einem vom Deutschen Reich besetzten Gebiet befunden habe. Es sei auch glaubhaft, dass der Kläger eine Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt habe (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b) ZRBG). Der Kläger habe hierzu glaubhaft dargelegt, dass er für seine Tätigkeit im Ghetto 130 Zloty erhalten habe. Weiter stelle die vom Kläger im Ghetto Lemberg ausgeübte Arbeit eine freiwillige Arbeitsleistung dar. Die Kammer halte es für glaubhaft, dass der Kläger die Beschäftigung im Ghetto Lemberg aus freiem Willensentschluss aufgenommen habe.
Gegen dieses ihr am 23.10.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 31.10.2007 Berufung eingelegt. Der Kläger habe im Klageverfahren lediglich angegeben, 130 Zloty durch den Judenrat erhalten zu haben. Es fehle somit jede Angabe zur Art der Arbeit und zum Arbeitgeber. Hier sei weitere Sachverhaltsaufklärung erforderlich. Ergänzend weise sie darauf hin, dass die deutschen Besatzungsbehörden erst am 8.11.1941 die Errichtung des Ghettos Lemberg bekannt gegeben hätten, in das alle Juden bis zum 15.12.1941 umgesiedelt werden sollten. Im Januar 1943 sei das Ghetto in ein Arbeitslager umgewandelt worden. Im Übrigen seien auch keine Feststellungen getroffen worden, ob die Wartezeit für eine Regelaltersrente erfüllt sei. Da der Kläger erst im April 1947 das 14. Lebensjahr vollendet habe, dürften auch keine Ersatzzeittatbestände berücksichtigt werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 7.9.2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen oder vertreten war, weil er mit der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
Die Berufung ist zulässig und im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreites an das SG Düsseldorf begründet.
Die Zurückverweisung kann gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erfolgen, da das Verfahren an wesentlichen Verfahrensmängeln leidet, die Zurückverweisung zweckmäßig ist und der erkennende Senat nicht abschließend in der Sache entscheiden kann.
Ein Verfahrensmangel iS des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG ist ein Verstoß gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift oder ein Mangel der Entscheidung selbst. Insbesondere kann eine Zurückverweisung auch bei unzureichender Begründung der angefochtenen Entscheidung, bei Verstößen gegen die Grundsätze der Beweiswürdigung oder bei Verletzung der Pflicht zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes von Amts wegen erfolgen (vgl. Senat, Urteil v. 19.12.2007, L 8 R 262/07 m.w.N.). Auszugehen ist von der Rechtsansicht des SG. Ein Verfahrensfehler liegt daher dann nicht vor, wenn das SG Ermittlungen unterlassen hat, auf die es nach seiner Rechtsauffassung nicht ankam.
Die Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG sind erfüllt. Es liegen Verstöße gegen die §§ 103, 128 und 136 SGG vor, die auch wesentlich sind.
Die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils genügen nicht den Mindestanforderungen der §§ 136 Abs. 1 Nr. 6, 128, 202 SGG iVm § 313 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO).
§ 136 Abs. 1 Nr. 6 SGG bestimmt, dass das Urteil ua die Entscheidungsgründe enthält. Diese Vorschrift nennt zwar nicht die Anforderungen, die an die Entscheidungsgründe eines Urteils zu stellen sind. Diese ergeben sich jedoch aus den §§ 128, 202 SGG iVm § 313 Abs. 3 ZPO. Nach § 202 SGG iVm § 313 Abs. 3 ZPO enthalten die Entscheidungsgründe eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht. Nach § 128 Abs. 1 Satz 2 SGG sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Die Beteiligten sollen Kenntnis erhalten, von welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Gericht ausgegangen ist (vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. (2005), § 136 Rn. 7c). Die Begründung soll zwar bündig kurz, muss aber derart ausführlich sein, dass die höhere Instanz das angefochtene Urteil zuverlässig nachprüfen und der unterlegene Beteiligte aus ihm ersehen kann, worauf das Gericht seine Entscheidung stützt. Eine den Anforderungen des § 136 Abs. 1 Nr. 6 SGG nicht genügende Begründung liegt nicht erst dann vor, wenn überhaupt keine Gründe vorhanden sind, sondern fehlt schon dann, wenn zu einem entscheidungserheblichen Streitpunkt die Erwägungen, die das Gericht zum Urteilsausspruch geführt haben, dem Urteil selbst nicht zu entnehmen sind. Zum Mindestinhalt gehört die Angabe der angewandten Norm und der für erfüllt bzw. nicht gegeben erachteten Tatbestandsmerkmale sowie der dafür ausschlaggebend gewesenen tatsächlichen und rechtlichen Gründe (BSG SozR 1500 § 136 Nr. 10; Meyer-Ladewig, aaO. § 136 Rn. 7a). Ein wesentlicher Teil der Entscheidungsgründe ist ferner die Beweiswürdigung (LSG NRW, Urteil v. 20.2.2002, L 10 SB 141/01 mwN; sozialgerichtsbarkeit.de; Meyer-Ladewig, aaO, § 136 Rn. 7b). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.
Den Entscheidungsgründen ist nicht zu entnehmen, welche Beschäftigung iS des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG das SG der Annahme einer freiwillig aufgenommenen Tätigkeit zugrunde gelegt hat. Es fehlen in den Entscheidungsgründen und auch im Tatbestand Angaben zu Art und Ort einer entsprechenden Beschäftigung. Die Entscheidungsgründe enthalten somit nicht die Tatsachen, die unter das Tatbestandsmerkmal der Beschäftigung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG zu subsumieren sind, sodass letztlich nur behauptet wird, dass dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt sei.
Das SG hat seine Pflicht zur Begründung seiner Entscheidung auch verletzt, soweit es ohne Beweiswürdigung die Angabe des Klägers zugrunde gelegt hat, dieser habe monatlich 130 Zloty verdient. Hiermit hätte sich das SG kritisch auseinandersetzen müssen. Nach dem auch dem SG über das Extranet der Sozialgerichtsbarkeit ohne weiteres zugänglichen, allgemein bekannten Sachverständigengutachten des Historikers Prof. Dr. Golczewski zur Region Generalgouvernement - insbesondere den Ghettos in Krakau, Warschau und Lemberg v. 9.9.2005 (erstattet u.a. im Verfahren S 20 RJ 674/04 SG Hamburg) hat der ausgezahlte Lohn in Lemberg lediglich zwischen 2 und 4 Zloty am Arbeitstag betragen, sodass der Kläger, sollte sein Vortrag zutreffen, auch bei Annahme einer Arbeitswoche von sieben Tagen bei einem Auszahlungsbetrag von 130 Zloty noch oberhalb dieser Beträge verdient hätte. Dies ist angesichts des geringen seinerzeitigen Lebensalters des Klägers jedoch einer kritischen Prüfung zu unterziehen.
Außerdem enthalten die Entscheidungsgründe keine Feststellungen zu der Frage, ob der Kläger Verfolgter iS des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG ist und ob der Ausschlussgrund der anderweitigen Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit (§ 1 Abs. 1 Satz 1 aE iVm § 1 Abs. 1 Satz 2 ZRBG) vorliegt.
Schließlich fehlen Feststellungen dazu, welche weiteren Zeiten zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB VI führen, die das SG - im Übrigen zutreffend (vgl. BSG, Urteil v. 26.7.2007, B 13 R 28/06 R; Senat, Urteil v. 6.6.2007, L 8 R 54/05) - als Voraussetzung eines Regelaltersrentenanspruchs erachtet. Mit den zuerkannten 20 Monaten an Ghettobeitragszeiten wird die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten ersichtlich nicht erfüllt. Welche weiteren Beitrags- und/oder Ersatzzeiten auf die fehlenden 40 Monate gemäß § 51 Abs. 1 und 4 SGB VI angerechnet werden können, wird im angefochtenen Urteil weder in den Entscheidungsgründen noch im Tatbestand dargelegt.
Das SG hat zudem gegen seine Pflicht zur umfassenden Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts aus § 103 SGG verstoßen. Die Amtsermittlungspflicht aus § 103 SGG ist verletzt, wenn der dem SG bekannte Sachverhalt von seinem materiell-rechtlichen Standpunkt aus nicht für das Urteil ausreichte, sondern das Gericht sich zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (vgl. BSG, Urteil v. 6.5.2004, B 4 RA 44/03 R).
Im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale der Verfolgung, des Aufenthalts in einem Ghetto (§ 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG), der Beschäftigung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG), des eigenen Willlensentschlusses (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a) ZRBG), der Ausübung der Beschäftigung gegen Entgelt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b) ZRBG) sowie des Ausschlussgrundes einer anderweitigen Leistung der sozialen Sicherheit hätte sich das SG zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müssen, die es jedoch unterlassen hat.
Aufzuklären war zunächst, ob der Kläger Verfolgter iSv § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG ist. Die Verfolgteneigenschaft richtet sich nach § 1 Abs. 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG). Danach ist Verfolgter, wer aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verfolgt worden ist und hierdurch Schaden an Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum, Vermögen, in seinem beruflichen oder in seinem wirtschaftlichen Fortkommen erlitten hat. Die Verfolgteneigenschaft ist zwar vom Rentenversicherungsträger bzw. dem SG in eigener Verantwortung festzustellen. Sie kann aber angenommen werden, wenn an die Verfolgteneigenschaft nach dem BEG anknüpfende Leistungen gewährt worden sind. Hierzu sind bislang Feststellungen nicht getroffen worden. Der Kläger hat lediglich im Verwaltungsverfahren vortragen lassen, er sei Jude. Ob die weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEG vorliegen, wenn das SG aufzuklären haben. Hierzu kann es sich anbieten, den Kläger zu befragen, ob er als Verfolgter iSd § 1 Abs. 1 BEG anerkannt ist und ggf. die Entschädigungsakte beizuziehen. Falls ein entsprechender Bescheid einer Entschädigungsbehörde nicht vorliegt, wird das SG die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEG in eigener Verantwortung prüfen müssen, wobei hier ebenso wie bei den übrigen Voraussetzungen des § 1 ZRBG Glaubhaftmachung ausreicht.
Aufzuklären war weiter, in welchem Zeitraum ein Ghetto in Lemberg bestanden hat. Zweifel hieran ergeben sich vor allem aus dem bereits erwähnten Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Golczewski vom 9.9.2005 (erstattet u.a. im Verfahren S 20 RJ 674/04 SG Hamburg), aus dem zu ersehen ist, dass die Ghettoisierung in Lemberg zwar im November 1941 angeordnet, bereits am 8.12.1941 aber wegen Verwaltungsschwierigkeiten wieder abgebrochen worden ist. Erst nach den ersten großen Massendeportationen aus der Stadt ist danach am 7.9.1942 neuerlich die Bildung eines Ghettos angeordnet und am 10.11.1942 abgeschlossen worden. Wenn das SG angesichts dessen der Auffassung ist, dass bereits im August 1941 in Lemberg ein Ghetto bestanden hat, so hätte es zunächst entscheiden müssen, nach welchen Kriterien es den Begriff des "Ghettos" i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG bestimmt und sodann durch zeitgeschichtliche Ermittlungen, etwa durch Einholung eines zeitgeschichtlichen Gutachtens oder durch Beiziehung etwaiger in anderen Streitverfahren erstellter historischer Gutachten, feststellen müssen, ob und in welchen Zeiträumen diese Kriterien erfüllt sind.
Sodann hätte sich das SG gedrängt fühlen müssen aufzuklären, ob und ggf. welche Beschäftigung der Kläger im Zeitraum des Aufenthalts im Ghetto Lemberg verrichtet hat. Der Kläger selbst hat in seinem lückenhaften Sachvortrag keine konkrete Beschäftigung genannt. Er hat lediglich vorgetragen, er sei im Ghetto Lemberg in der Zeit von August 1941 bis März 1943 von morgens 8 Uhr bis nachmittags 17 Uhr beschäftigt gewesen. Angaben zur konkreten Tätigkeit, insbesondere zu Ort und Art der Arbeit fehlen dagegen bislang. Hierzu wird das SG zunächst die Möglichkeit nutzen können, den Kläger selbst zu befragen (vgl. § 103 Satz 1 aE SGG). Im Rahmen der Beweiswürdigung wird es sich jedoch mit den (noch ausstehenden) Angaben des Klägers kritisch auseinandersetzen müssen. Dabei kann es sich anbieten, etwaige frühere Angaben des Klägers in einem Entschädigungsverfahren zum Vergleich heranzuziehen. Nahe liegend ist auch der Ermittlungsansatz, die Jewish Claims Conference zu befragen, aufgrund welcher Tatsachen bzw. Angaben dem Kläger Leistungen aus dem Artikel-2-Fonds gewährt worden sind. Weiter wird das SG dem vom Kläger ordnungsgemäß angebotenen Zeugenbeweis nachgehen müssen, wobei neben einer Vernehmung des Zeugen im Wege der Rechtshilfe durch ein israelisches Gericht auch die schriftliche Befragung (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 377 Abs. 3 Satz 1 ZPO) in Betracht kommt. Je nach dem Ergebnis dieser Ermittlungen kann es sich überdies anbieten, den Kläger zu befragen, ob er sein Verfolgungsschicksal gegenüber anderweitigen Stellen, zB Yad Vashem oder der Shoah Foundation, geschildert hat, und derartige Schilderungen mit seinem Einverständnis beizuziehen.
Unzureichend aufgeklärt ist der entscheidungserhebliche Sachverhalt weiter, soweit die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss des Klägers (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a) ZRBG) stattgefunden haben muss. Das SG hat hierzu ohne nähere Begründung festgestellt, es sei glaubhaft, dass der Kläger die Beschäftigung (welche?) aus freiem Willlensentschluss aufgenommen habe. Der Annahme eines freiwilligen Beschäftigungsverhältnisses stehe nicht entgegen, dass "im Entschädigungsverfahren die Beschäftigung im Ghetto zum Teil als ‚Zwangsarbeit’ bezeichnet worden sei". Hierbei handelt es sich indessen nicht um eine auf den konkreten Fall bezogene Beweiswürdigung. Zunächst ist nicht ersichtlich, von welchen Angaben des Klägers im Rahmen eines Entschädigungsverfahrens das SG ausgeht, nachdem gegenwärtig nicht einmal feststeht, ob ein solches überhaupt durchgeführt worden ist. Im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren hat der Kläger zur Frage des freien Willensentschlusses keine konkreten Angaben gemacht. Er hat in den beiden an seinen Prozessbevollmächtigten gerichteten und von diesem zum Gegenstand seines Vortrags gemachten Schreiben zweimal das Wort "Zwangsarbeit" verwendet. Im Hinblick hierauf hätte das SG sich gedrängt gefühlt müssen, die Umstände der Arbeitsaufnahme näher aufzuklären. Das gilt nicht zuletzt angesichts der Besonderheit, dass der Kläger seine Beschäftigung im Alter von 8 bzw. 9 Jahren ausgeübt haben will. Insofern wird das SG bei der Beurteilung des freien Willensentschlusses insbesondere die Art der Tätigkeit zu berücksichtigen haben. Weiter wird das SG aufzuklären haben, wie der Kläger zu der Beschäftigung gekommen ist. Auch hierzu fehlen bislang jegliche Angaben. Der Kläger hat lediglich vorgetragen, er habe die Vergütung für die Arbeit durch den Judenrat erhalten. Dies besagt jedoch noch nichts über den Weg der Arbeitsaufnahme. Hierzu wird das SG, wiederum angesichts des Alters des Klägers, insbesondere auch aufzuklären haben, ob der Kläger der Beschäftigung allein oder aber lediglich als Begleiter seiner ebenfalls arbeitenden Eltern oder anderweitiger Verwandter nachgegangen ist.
Wie bereits dargelegt, fehlen des Weiteren ausreichende Ermittlungen zur Frage des für die Beschäftigung geleisteten Arbeitsentgelts. Hierzu bieten sich neben einer Befragung des angebotenen Zeugen ggf. auch zeitgeschichtliche Ermittlungen an.
Im Hinblick darauf, dass das SG die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von 60 Kalendermonaten als Anspruchsvoraussetzung ansieht, hätte es sich auch insoweit gedrängt fühlen müssen, den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufzuklären. Wie bereits ausgeführt, fehlen hierzu selbst dann, wenn man zugunsten des Klägers von 20 Beitragsmonaten aufgrund von Ghettobeitragszeiten ausgeht, noch 40 Monate. Hierzu hat der Kläger im Verwaltungsverfahren lediglich die Rechtsauffassung geäußert, es seien Ersatzzeiten zu berücksichtigen. Die Beklagte hat indessen mit der Berufungsbegründung zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Anerkennung von Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 SGB VI erst nach Vollendung des 14. Lebensjahres, d.h. im Falle des Klägers nach dem 1.5.1947 in Betracht kommt. Vor diesem Hintergrund wird das SG den Kläger eingehend zu befragen haben, auf welche tatsächlichen Umstände er seine Auffassung stützt, einen Anspruch auf Anerkennung von Ersatzzeiten zu haben, und hierzu gegebenenfalls weitere Ermittlungen durchführen müssen. Zusätzlich, ggf. auch alternativ wird das SG in Betracht ziehen dürfen, dass Beitragszeiten in der israelischen Sozialversicherung ebenfalls zur Erfüllung der Wartezeit nach deutschem Rentenrecht dienen (Art 20 Abs. 1 Satz 1 deutsch-israelisches Sozialversicherungsabkommen). Zur Frage, ob und ggf. in welchem Umfang der Kläger über solche Zeiten verfügt, kann das SG entweder unmittelbar Nachfrage beim israelischen Sozialversicherungsträger Bituach Leumi halten oder aber der Beklagten aufgeben, dort im Wege der Amtshilfe einen entsprechenden Versicherungsverlauf des Klägers einzuholen und vorzulegen.
Seine Pflicht zur umfassenden Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts hat das SG schließlich auch dadurch verletzt, dass es nicht aufgeklärt hat, ob die Voraussetzungen des Ausschlussgrundes gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 aE ZRBG erfüllt sind. Zu der Frage, ob der Kläger für Zeiten nach § 1 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz ZRBG bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erhält, bietet sich zunächst eine direkte Befragung der Beteiligten an. Soweit der Kläger vor dem Jahr 1954 nach Israel eingereist ist - der Zeitpunkt der Einreise ist vom SG bislang nicht festgestellt worden -, wird das SG als gerichtsbekannt unterstellen dürfen, dass entsprechende Leistungen nach israelischem Recht nicht gewährt werden und aus anderweitigen Leistungssystemen nicht in Betracht kommen.
Die vom Senat festgestellten Verfahrensmängel sind wesentlich iS des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG, weil das Urteil des SG auf ihnen beruhen kann. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das SG bei ordnungsgemäßer Beweisaufnahme und Beweiswürdigung eine andere Entscheidung getroffen hätte.
Die gemäß § 159 Abs. 1 SGG im Ermessen des Senates stehende Zurückverweisung ist gerechtfertigt. Eine Sachentscheidung ist dem Senat nicht möglich, da der entscheidungserhebliche Sachverhalt bisher nicht ausreichend aufgeklärt worden ist. Angesichts der Kürze des Berufungsverfahrens und der Vielzahl der Verfahrensfehler sieht es der Senat als geboten an, dem SG nochmals die Gelegeheit zur ordnungsgemäßen Bearbeitung der Streitsache zu geben, zumal so den Beteiligten zwei Tatsacheninstanzen erhalten bleiben. Den Schutzinteressen der Beteiligten an einem ordnungsgemäßen Verfahren gebührt daher vorliegend der Vorrang vor ihrem Interesse an einer baldigen Sachentscheidung und dem Grundsatz der Prozessökonomie. Dies gilt auch vor dem Hintergrund einer fast zweijährigen Untätigkeit des SG (Eingang des Einverständnisses des Klägers mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung am 22.12.2005, Urteil am 7.9.2007). Das SG wird aufgrund der von ihm zu vertretenden Verzögerungen eine beschleunigte Förderung des Verfahrens zu gewährleisten haben.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten - auch im Berufungsverfahren - bleibt dem SG vorbehalten.
Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Ghettobeitragszeiten streitig.
Der Kläger ist am 00.00.1933 in T (Polen) als polnischer Staatsangehöriger geboren. Er ist jüdischen Glaubens und lebt als israelischer Staatsangehöriger in Israel.
Am 19.12.2002 beantragte der Kläger die "Berücksichtigung" einer "Beitragszeit" in einem polnischen Ghetto, "vor- und nachher liegender Ersatzzeiten" sowie "die Gewährung einer Rente". Die Beklagte übersandte ihm unter dem 30.4.2003 einen Fragebogen zur "Anerkennung von Zeiten unter Berücksichtigung der Vorschriften des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG)". Nachdem der Kläger trotz Erinnerungen bzw. Sachstandsmitteilungen der Beklagten vom 24.7.2003, 21.8.2003 und 4.2.2003 sowie erneuter Übersendung des Fragebogens am 29.4.2004 keine näheren Angaben zu der behaupteten Beschäftigung gemacht hatte, lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 26.10.2004 ab. Den hiergegen erhobenen, aber nicht begründeten Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 19.5.2005 zurück.
Mit der am 30.5.2005 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und vorgetragen, er habe von August 1941 bis März 1943 freiwillige und entgeltliche Arbeit im Ghetto Lemberg geleistet und hierfür 130 Zloty im Monat durch den Judenrat erhalten. Er habe von 8 Uhr früh bis 5 Uhr abends gearbeitet. Nähere Auskunft könne der mit ladungsfähiger Anschrift benannte Zeuge H C geben. Er habe zudem eine einmalige Leistung aus dem Artikel-2-Fonds der Jewish Claims Conference erhalten.
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt. Seinem Vortrag ist sinngemäß das Begehren zu entnehmen,
den Bescheid der Beklagten vom 26.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.5.2005 aufzuheben und ihm Regelaltersrente ab 1.7.1997 unter Berücksichtigung von Ghettobeitragszeiten von August 1941 bis März 1943 zu gewähren.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die angefochtenen Bescheide verwiesen.
Das Sozialgericht (SG) hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen und im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung die Beklagte verurteilt, dem Kläger Altersrente unter Berücksichtigung einer Beitragszeit vom 1.8.1941 bis 31.3.1943 und Ersatzzeiten nach Maßgabe des ZRBG ab dem 1.7.1997 zu gewähren (Urteil v. 7.9.2007). Es hat ausgeführt: Nach § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) hätten Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt hätten. Auf die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 SGB VI) seien nach § 51 Abs. 1 und 4 SGB VI Kalendermonate mit Beitragszeiten und Kalendermonate mit Ersatzzeiten anzurechnen. Beitragszeiten seien nach § 55 Abs. 1 SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht Beiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden seien. Pflichtbeitragszeiten seien auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gälten. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger. Er verfüge über auf die Wartezeit anrechenbare Pflichtbeitragszeiten. Pflichtbeitragszeiten könnten hier nach der einzig von dem Kläger geltend gemachten Rechtsgrundlage (§§ 1, 2 ZRBG) Berücksichtigung finden. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG seien erfüllt. Der Kläger habe sich im Ghetto Lemberg aufgehalten, das sich in einem vom Deutschen Reich besetzten Gebiet befunden habe. Es sei auch glaubhaft, dass der Kläger eine Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt habe (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b) ZRBG). Der Kläger habe hierzu glaubhaft dargelegt, dass er für seine Tätigkeit im Ghetto 130 Zloty erhalten habe. Weiter stelle die vom Kläger im Ghetto Lemberg ausgeübte Arbeit eine freiwillige Arbeitsleistung dar. Die Kammer halte es für glaubhaft, dass der Kläger die Beschäftigung im Ghetto Lemberg aus freiem Willensentschluss aufgenommen habe.
Gegen dieses ihr am 23.10.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 31.10.2007 Berufung eingelegt. Der Kläger habe im Klageverfahren lediglich angegeben, 130 Zloty durch den Judenrat erhalten zu haben. Es fehle somit jede Angabe zur Art der Arbeit und zum Arbeitgeber. Hier sei weitere Sachverhaltsaufklärung erforderlich. Ergänzend weise sie darauf hin, dass die deutschen Besatzungsbehörden erst am 8.11.1941 die Errichtung des Ghettos Lemberg bekannt gegeben hätten, in das alle Juden bis zum 15.12.1941 umgesiedelt werden sollten. Im Januar 1943 sei das Ghetto in ein Arbeitslager umgewandelt worden. Im Übrigen seien auch keine Feststellungen getroffen worden, ob die Wartezeit für eine Regelaltersrente erfüllt sei. Da der Kläger erst im April 1947 das 14. Lebensjahr vollendet habe, dürften auch keine Ersatzzeittatbestände berücksichtigt werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 7.9.2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen oder vertreten war, weil er mit der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
Die Berufung ist zulässig und im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreites an das SG Düsseldorf begründet.
Die Zurückverweisung kann gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erfolgen, da das Verfahren an wesentlichen Verfahrensmängeln leidet, die Zurückverweisung zweckmäßig ist und der erkennende Senat nicht abschließend in der Sache entscheiden kann.
Ein Verfahrensmangel iS des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG ist ein Verstoß gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift oder ein Mangel der Entscheidung selbst. Insbesondere kann eine Zurückverweisung auch bei unzureichender Begründung der angefochtenen Entscheidung, bei Verstößen gegen die Grundsätze der Beweiswürdigung oder bei Verletzung der Pflicht zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes von Amts wegen erfolgen (vgl. Senat, Urteil v. 19.12.2007, L 8 R 262/07 m.w.N.). Auszugehen ist von der Rechtsansicht des SG. Ein Verfahrensfehler liegt daher dann nicht vor, wenn das SG Ermittlungen unterlassen hat, auf die es nach seiner Rechtsauffassung nicht ankam.
Die Voraussetzungen des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG sind erfüllt. Es liegen Verstöße gegen die §§ 103, 128 und 136 SGG vor, die auch wesentlich sind.
Die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils genügen nicht den Mindestanforderungen der §§ 136 Abs. 1 Nr. 6, 128, 202 SGG iVm § 313 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO).
§ 136 Abs. 1 Nr. 6 SGG bestimmt, dass das Urteil ua die Entscheidungsgründe enthält. Diese Vorschrift nennt zwar nicht die Anforderungen, die an die Entscheidungsgründe eines Urteils zu stellen sind. Diese ergeben sich jedoch aus den §§ 128, 202 SGG iVm § 313 Abs. 3 ZPO. Nach § 202 SGG iVm § 313 Abs. 3 ZPO enthalten die Entscheidungsgründe eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht. Nach § 128 Abs. 1 Satz 2 SGG sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Die Beteiligten sollen Kenntnis erhalten, von welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Gericht ausgegangen ist (vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. (2005), § 136 Rn. 7c). Die Begründung soll zwar bündig kurz, muss aber derart ausführlich sein, dass die höhere Instanz das angefochtene Urteil zuverlässig nachprüfen und der unterlegene Beteiligte aus ihm ersehen kann, worauf das Gericht seine Entscheidung stützt. Eine den Anforderungen des § 136 Abs. 1 Nr. 6 SGG nicht genügende Begründung liegt nicht erst dann vor, wenn überhaupt keine Gründe vorhanden sind, sondern fehlt schon dann, wenn zu einem entscheidungserheblichen Streitpunkt die Erwägungen, die das Gericht zum Urteilsausspruch geführt haben, dem Urteil selbst nicht zu entnehmen sind. Zum Mindestinhalt gehört die Angabe der angewandten Norm und der für erfüllt bzw. nicht gegeben erachteten Tatbestandsmerkmale sowie der dafür ausschlaggebend gewesenen tatsächlichen und rechtlichen Gründe (BSG SozR 1500 § 136 Nr. 10; Meyer-Ladewig, aaO. § 136 Rn. 7a). Ein wesentlicher Teil der Entscheidungsgründe ist ferner die Beweiswürdigung (LSG NRW, Urteil v. 20.2.2002, L 10 SB 141/01 mwN; sozialgerichtsbarkeit.de; Meyer-Ladewig, aaO, § 136 Rn. 7b). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht.
Den Entscheidungsgründen ist nicht zu entnehmen, welche Beschäftigung iS des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG das SG der Annahme einer freiwillig aufgenommenen Tätigkeit zugrunde gelegt hat. Es fehlen in den Entscheidungsgründen und auch im Tatbestand Angaben zu Art und Ort einer entsprechenden Beschäftigung. Die Entscheidungsgründe enthalten somit nicht die Tatsachen, die unter das Tatbestandsmerkmal der Beschäftigung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG zu subsumieren sind, sodass letztlich nur behauptet wird, dass dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt sei.
Das SG hat seine Pflicht zur Begründung seiner Entscheidung auch verletzt, soweit es ohne Beweiswürdigung die Angabe des Klägers zugrunde gelegt hat, dieser habe monatlich 130 Zloty verdient. Hiermit hätte sich das SG kritisch auseinandersetzen müssen. Nach dem auch dem SG über das Extranet der Sozialgerichtsbarkeit ohne weiteres zugänglichen, allgemein bekannten Sachverständigengutachten des Historikers Prof. Dr. Golczewski zur Region Generalgouvernement - insbesondere den Ghettos in Krakau, Warschau und Lemberg v. 9.9.2005 (erstattet u.a. im Verfahren S 20 RJ 674/04 SG Hamburg) hat der ausgezahlte Lohn in Lemberg lediglich zwischen 2 und 4 Zloty am Arbeitstag betragen, sodass der Kläger, sollte sein Vortrag zutreffen, auch bei Annahme einer Arbeitswoche von sieben Tagen bei einem Auszahlungsbetrag von 130 Zloty noch oberhalb dieser Beträge verdient hätte. Dies ist angesichts des geringen seinerzeitigen Lebensalters des Klägers jedoch einer kritischen Prüfung zu unterziehen.
Außerdem enthalten die Entscheidungsgründe keine Feststellungen zu der Frage, ob der Kläger Verfolgter iS des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG ist und ob der Ausschlussgrund der anderweitigen Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit (§ 1 Abs. 1 Satz 1 aE iVm § 1 Abs. 1 Satz 2 ZRBG) vorliegt.
Schließlich fehlen Feststellungen dazu, welche weiteren Zeiten zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB VI führen, die das SG - im Übrigen zutreffend (vgl. BSG, Urteil v. 26.7.2007, B 13 R 28/06 R; Senat, Urteil v. 6.6.2007, L 8 R 54/05) - als Voraussetzung eines Regelaltersrentenanspruchs erachtet. Mit den zuerkannten 20 Monaten an Ghettobeitragszeiten wird die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten ersichtlich nicht erfüllt. Welche weiteren Beitrags- und/oder Ersatzzeiten auf die fehlenden 40 Monate gemäß § 51 Abs. 1 und 4 SGB VI angerechnet werden können, wird im angefochtenen Urteil weder in den Entscheidungsgründen noch im Tatbestand dargelegt.
Das SG hat zudem gegen seine Pflicht zur umfassenden Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts aus § 103 SGG verstoßen. Die Amtsermittlungspflicht aus § 103 SGG ist verletzt, wenn der dem SG bekannte Sachverhalt von seinem materiell-rechtlichen Standpunkt aus nicht für das Urteil ausreichte, sondern das Gericht sich zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (vgl. BSG, Urteil v. 6.5.2004, B 4 RA 44/03 R).
Im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale der Verfolgung, des Aufenthalts in einem Ghetto (§ 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG), der Beschäftigung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG), des eigenen Willlensentschlusses (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a) ZRBG), der Ausübung der Beschäftigung gegen Entgelt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b) ZRBG) sowie des Ausschlussgrundes einer anderweitigen Leistung der sozialen Sicherheit hätte sich das SG zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müssen, die es jedoch unterlassen hat.
Aufzuklären war zunächst, ob der Kläger Verfolgter iSv § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG ist. Die Verfolgteneigenschaft richtet sich nach § 1 Abs. 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG). Danach ist Verfolgter, wer aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verfolgt worden ist und hierdurch Schaden an Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum, Vermögen, in seinem beruflichen oder in seinem wirtschaftlichen Fortkommen erlitten hat. Die Verfolgteneigenschaft ist zwar vom Rentenversicherungsträger bzw. dem SG in eigener Verantwortung festzustellen. Sie kann aber angenommen werden, wenn an die Verfolgteneigenschaft nach dem BEG anknüpfende Leistungen gewährt worden sind. Hierzu sind bislang Feststellungen nicht getroffen worden. Der Kläger hat lediglich im Verwaltungsverfahren vortragen lassen, er sei Jude. Ob die weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEG vorliegen, wenn das SG aufzuklären haben. Hierzu kann es sich anbieten, den Kläger zu befragen, ob er als Verfolgter iSd § 1 Abs. 1 BEG anerkannt ist und ggf. die Entschädigungsakte beizuziehen. Falls ein entsprechender Bescheid einer Entschädigungsbehörde nicht vorliegt, wird das SG die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEG in eigener Verantwortung prüfen müssen, wobei hier ebenso wie bei den übrigen Voraussetzungen des § 1 ZRBG Glaubhaftmachung ausreicht.
Aufzuklären war weiter, in welchem Zeitraum ein Ghetto in Lemberg bestanden hat. Zweifel hieran ergeben sich vor allem aus dem bereits erwähnten Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Golczewski vom 9.9.2005 (erstattet u.a. im Verfahren S 20 RJ 674/04 SG Hamburg), aus dem zu ersehen ist, dass die Ghettoisierung in Lemberg zwar im November 1941 angeordnet, bereits am 8.12.1941 aber wegen Verwaltungsschwierigkeiten wieder abgebrochen worden ist. Erst nach den ersten großen Massendeportationen aus der Stadt ist danach am 7.9.1942 neuerlich die Bildung eines Ghettos angeordnet und am 10.11.1942 abgeschlossen worden. Wenn das SG angesichts dessen der Auffassung ist, dass bereits im August 1941 in Lemberg ein Ghetto bestanden hat, so hätte es zunächst entscheiden müssen, nach welchen Kriterien es den Begriff des "Ghettos" i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG bestimmt und sodann durch zeitgeschichtliche Ermittlungen, etwa durch Einholung eines zeitgeschichtlichen Gutachtens oder durch Beiziehung etwaiger in anderen Streitverfahren erstellter historischer Gutachten, feststellen müssen, ob und in welchen Zeiträumen diese Kriterien erfüllt sind.
Sodann hätte sich das SG gedrängt fühlen müssen aufzuklären, ob und ggf. welche Beschäftigung der Kläger im Zeitraum des Aufenthalts im Ghetto Lemberg verrichtet hat. Der Kläger selbst hat in seinem lückenhaften Sachvortrag keine konkrete Beschäftigung genannt. Er hat lediglich vorgetragen, er sei im Ghetto Lemberg in der Zeit von August 1941 bis März 1943 von morgens 8 Uhr bis nachmittags 17 Uhr beschäftigt gewesen. Angaben zur konkreten Tätigkeit, insbesondere zu Ort und Art der Arbeit fehlen dagegen bislang. Hierzu wird das SG zunächst die Möglichkeit nutzen können, den Kläger selbst zu befragen (vgl. § 103 Satz 1 aE SGG). Im Rahmen der Beweiswürdigung wird es sich jedoch mit den (noch ausstehenden) Angaben des Klägers kritisch auseinandersetzen müssen. Dabei kann es sich anbieten, etwaige frühere Angaben des Klägers in einem Entschädigungsverfahren zum Vergleich heranzuziehen. Nahe liegend ist auch der Ermittlungsansatz, die Jewish Claims Conference zu befragen, aufgrund welcher Tatsachen bzw. Angaben dem Kläger Leistungen aus dem Artikel-2-Fonds gewährt worden sind. Weiter wird das SG dem vom Kläger ordnungsgemäß angebotenen Zeugenbeweis nachgehen müssen, wobei neben einer Vernehmung des Zeugen im Wege der Rechtshilfe durch ein israelisches Gericht auch die schriftliche Befragung (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 377 Abs. 3 Satz 1 ZPO) in Betracht kommt. Je nach dem Ergebnis dieser Ermittlungen kann es sich überdies anbieten, den Kläger zu befragen, ob er sein Verfolgungsschicksal gegenüber anderweitigen Stellen, zB Yad Vashem oder der Shoah Foundation, geschildert hat, und derartige Schilderungen mit seinem Einverständnis beizuziehen.
Unzureichend aufgeklärt ist der entscheidungserhebliche Sachverhalt weiter, soweit die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss des Klägers (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a) ZRBG) stattgefunden haben muss. Das SG hat hierzu ohne nähere Begründung festgestellt, es sei glaubhaft, dass der Kläger die Beschäftigung (welche?) aus freiem Willlensentschluss aufgenommen habe. Der Annahme eines freiwilligen Beschäftigungsverhältnisses stehe nicht entgegen, dass "im Entschädigungsverfahren die Beschäftigung im Ghetto zum Teil als ‚Zwangsarbeit’ bezeichnet worden sei". Hierbei handelt es sich indessen nicht um eine auf den konkreten Fall bezogene Beweiswürdigung. Zunächst ist nicht ersichtlich, von welchen Angaben des Klägers im Rahmen eines Entschädigungsverfahrens das SG ausgeht, nachdem gegenwärtig nicht einmal feststeht, ob ein solches überhaupt durchgeführt worden ist. Im Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren hat der Kläger zur Frage des freien Willensentschlusses keine konkreten Angaben gemacht. Er hat in den beiden an seinen Prozessbevollmächtigten gerichteten und von diesem zum Gegenstand seines Vortrags gemachten Schreiben zweimal das Wort "Zwangsarbeit" verwendet. Im Hinblick hierauf hätte das SG sich gedrängt gefühlt müssen, die Umstände der Arbeitsaufnahme näher aufzuklären. Das gilt nicht zuletzt angesichts der Besonderheit, dass der Kläger seine Beschäftigung im Alter von 8 bzw. 9 Jahren ausgeübt haben will. Insofern wird das SG bei der Beurteilung des freien Willensentschlusses insbesondere die Art der Tätigkeit zu berücksichtigen haben. Weiter wird das SG aufzuklären haben, wie der Kläger zu der Beschäftigung gekommen ist. Auch hierzu fehlen bislang jegliche Angaben. Der Kläger hat lediglich vorgetragen, er habe die Vergütung für die Arbeit durch den Judenrat erhalten. Dies besagt jedoch noch nichts über den Weg der Arbeitsaufnahme. Hierzu wird das SG, wiederum angesichts des Alters des Klägers, insbesondere auch aufzuklären haben, ob der Kläger der Beschäftigung allein oder aber lediglich als Begleiter seiner ebenfalls arbeitenden Eltern oder anderweitiger Verwandter nachgegangen ist.
Wie bereits dargelegt, fehlen des Weiteren ausreichende Ermittlungen zur Frage des für die Beschäftigung geleisteten Arbeitsentgelts. Hierzu bieten sich neben einer Befragung des angebotenen Zeugen ggf. auch zeitgeschichtliche Ermittlungen an.
Im Hinblick darauf, dass das SG die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von 60 Kalendermonaten als Anspruchsvoraussetzung ansieht, hätte es sich auch insoweit gedrängt fühlen müssen, den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufzuklären. Wie bereits ausgeführt, fehlen hierzu selbst dann, wenn man zugunsten des Klägers von 20 Beitragsmonaten aufgrund von Ghettobeitragszeiten ausgeht, noch 40 Monate. Hierzu hat der Kläger im Verwaltungsverfahren lediglich die Rechtsauffassung geäußert, es seien Ersatzzeiten zu berücksichtigen. Die Beklagte hat indessen mit der Berufungsbegründung zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Anerkennung von Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 SGB VI erst nach Vollendung des 14. Lebensjahres, d.h. im Falle des Klägers nach dem 1.5.1947 in Betracht kommt. Vor diesem Hintergrund wird das SG den Kläger eingehend zu befragen haben, auf welche tatsächlichen Umstände er seine Auffassung stützt, einen Anspruch auf Anerkennung von Ersatzzeiten zu haben, und hierzu gegebenenfalls weitere Ermittlungen durchführen müssen. Zusätzlich, ggf. auch alternativ wird das SG in Betracht ziehen dürfen, dass Beitragszeiten in der israelischen Sozialversicherung ebenfalls zur Erfüllung der Wartezeit nach deutschem Rentenrecht dienen (Art 20 Abs. 1 Satz 1 deutsch-israelisches Sozialversicherungsabkommen). Zur Frage, ob und ggf. in welchem Umfang der Kläger über solche Zeiten verfügt, kann das SG entweder unmittelbar Nachfrage beim israelischen Sozialversicherungsträger Bituach Leumi halten oder aber der Beklagten aufgeben, dort im Wege der Amtshilfe einen entsprechenden Versicherungsverlauf des Klägers einzuholen und vorzulegen.
Seine Pflicht zur umfassenden Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts hat das SG schließlich auch dadurch verletzt, dass es nicht aufgeklärt hat, ob die Voraussetzungen des Ausschlussgrundes gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 aE ZRBG erfüllt sind. Zu der Frage, ob der Kläger für Zeiten nach § 1 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz ZRBG bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erhält, bietet sich zunächst eine direkte Befragung der Beteiligten an. Soweit der Kläger vor dem Jahr 1954 nach Israel eingereist ist - der Zeitpunkt der Einreise ist vom SG bislang nicht festgestellt worden -, wird das SG als gerichtsbekannt unterstellen dürfen, dass entsprechende Leistungen nach israelischem Recht nicht gewährt werden und aus anderweitigen Leistungssystemen nicht in Betracht kommen.
Die vom Senat festgestellten Verfahrensmängel sind wesentlich iS des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG, weil das Urteil des SG auf ihnen beruhen kann. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das SG bei ordnungsgemäßer Beweisaufnahme und Beweiswürdigung eine andere Entscheidung getroffen hätte.
Die gemäß § 159 Abs. 1 SGG im Ermessen des Senates stehende Zurückverweisung ist gerechtfertigt. Eine Sachentscheidung ist dem Senat nicht möglich, da der entscheidungserhebliche Sachverhalt bisher nicht ausreichend aufgeklärt worden ist. Angesichts der Kürze des Berufungsverfahrens und der Vielzahl der Verfahrensfehler sieht es der Senat als geboten an, dem SG nochmals die Gelegeheit zur ordnungsgemäßen Bearbeitung der Streitsache zu geben, zumal so den Beteiligten zwei Tatsacheninstanzen erhalten bleiben. Den Schutzinteressen der Beteiligten an einem ordnungsgemäßen Verfahren gebührt daher vorliegend der Vorrang vor ihrem Interesse an einer baldigen Sachentscheidung und dem Grundsatz der Prozessökonomie. Dies gilt auch vor dem Hintergrund einer fast zweijährigen Untätigkeit des SG (Eingang des Einverständnisses des Klägers mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung am 22.12.2005, Urteil am 7.9.2007). Das SG wird aufgrund der von ihm zu vertretenden Verzögerungen eine beschleunigte Förderung des Verfahrens zu gewährleisten haben.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten - auch im Berufungsverfahren - bleibt dem SG vorbehalten.
Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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